Rudolf Bahro: Vorlesungen und Diskussionen1994 – 1997 Humboldt-Universität Berlin - Jürgen G. H. Hoppmann - E-Book

Rudolf Bahro: Vorlesungen und Diskussionen1994 – 1997 Humboldt-Universität Berlin E-Book

Jürgen G.H. Hoppmann

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Beschreibung

Rudolf Bahro: Vorlesungen 1994 – 1997 Humboldt-Universität Berlin. Audio-Transkriptionen des Rudolf-Bahro-Archivs, Dr. Maik Hosang, Integralis e.V. im LebensGut Pommritz

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Vorlesungen und Diskussionen
1994 – 1997
Humboldt-Universität Berlin
18. April 1994
Selbstreflexion: Wer bin ich?
25. April 1994
Kann Wissenschaft ökologisch sein?
2. Mai 1994
Was ist ökologisch notwendig?
9. Mai 1994
Woher droht Ökototalitarismus wirklich?
16. Mai 1994
Al Gores amerikanischer Traum
26. April 1994
Weshalb richten wir uns keine rettende politische Struktur ein?
27. Juni 1994
Initiation in höhere Wesenskräfte
4. Juli 1994
Das geistige Klima einer politischen Regeneration
31. Oktober 1994
Ehe Versöhnung gut denkbar wird
14. November 1994
Naturgerechte Ordnung und menschliche Emanzipation heute
24. November 1994
Spiritualismus und Materialismus
16. Januar 1995
Jan Gebsers Unterscheidung der Weltalter
3. Juni 1996
Ritterliche Individualität vor dem Übergang zur Moderne
14. Oktober 1996
Tugend des Unterlassens
25. November 1996
Zukunft im Schatten der Conditio humana
9. Dezember 1996
Sind wir abgefallen?
6. Januar 1997
Aurobindo
28. April 1997
Die Menschheit als Organ der Erde
12. Mai 1997
Zur Tür hinaus, zum Fenster wieder herein?
26. Mai 1997
Herrschaft, Ausbeutung und Expansion
22. Juni 1997
Unsichtbare Kirche
7. Juli 1997
Der Weg zu einer Ordnung der Weltbewahrung
Literaturhinweise

Jürgen G. H. Hoppmann (Hrsg.)

RUDOLF BAHRO

Vorlesungen und Diskussionen

1994 – 1997

Humboldt-Universität Berlin

Audio-Transkriptionen des Rudolf-Bahro-Archivs

Prof. Dr. Maik Hosang, Integralis e.V. im LebensGut Pommritz

© 2023 ArsAstrologica Verlag Jürgen G. H. Hoppmann Krischelstraße 13, 02826 Görlitz

Supervision Dr. Maik Hosang, Integralis e.V. Pommritz 1b, 02627 Hochkirch

Buchsatz, Umschlaggestaltung, digitales Publishing: ArsAstrologica

Abbildungen: Rudolf-Bahro-Archiv im Lebensgut Pommritz

Schriftfont: Palatino Linotype Font: Microsoft, Redmond

Druck und Distribution: tredition GmbH, Hamburg

ISBN 978-3-384-04901-8 bod

ISBN 978-3-384-04902-5 ebook

Integralis e.V.

https://pikok.de/

Gesellschaft für Kultur und Bildung

www.bahro-archiv-pommritz.jimdofree.com

Die auf der Basis von Tonbandaufnahmen der 90er-Jahre veröffentlichten Texte wurden vom Herausgeber gemäß Dudenempfehlungen behutsam korrigiert.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung bedarf der Zustimmung von Herausgeber bzw. Verlag.

Vorwort des Herausgebers der Gesamtausgabe

Jürgen G. H. Hoppmann 6

Vorlesungen und Diskussionen 1994 – 1997

18. April 1994 Selbstreflexion: Wer bin ich? 8

25. April 1994 Kann Wissenschaft ökologisch sein? 34

2. Mai 1994 Was ist ökologisch notwendig? 67

9. Mai 1994 Woher droht Ökototalitarismus wirklich? 125

16. Mai 1994 Al Gores amerikanischer Traum 175

26. April 1994 Weshalb keine rettende politische Struktur? 223

27. Juni 1994 Initiation in höhere Wesenskräfte 259

4. Juli 1994 Das geistige Klima einer politischen Regeneration 289

31. Oktober 1994 Ehe Versöhnung gut denkbar wird 336

14. November 1994 Naturgerechte Ordnung und Emanzipation 361

24. November 1994 Spiritualismus und Materialismus 393

16. Januar 1995 Jan Gebsers Unterscheidung der Weltalter 429

3. Juni 1996 Ritterliche Individualität 459

14. Oktober 1996 Tugend des Unterlassens 488

25. November 1996 Zukunft im Schatten der Conditio humana 516

9. Dezember 1996 Sind wir abgefallen? 544

6. Januar 1997 Aurobindo 570

28. April 1997 Die Menschheit als Organ der Erde 595

12. Mai 1997 Zur Tür hinaus, zum Fenster wieder herein? 601

26. Mai 1997 Herrschaft, Ausbeutung und Expansion 614

22. Juni 1997 Unsichtbare Kirche 642

7. Juli 1997 Der Weg zu einer Ordnung der Weltbewahrung 653

Literaturhinweise 680

Vorwort des Herausgebers der Gesamtausgabe

Die Suche nach Alternativen in Ost und West ist seit mehr als einem halben Jahrhundert jene Gemeinsamkeit, die ich mit Maik Hosang teile, so unterschiedlich unsere Lebenswege waren, sich kreuzten, überschnitten und bündelten. Als ich 2023 im LebensGut Pommritz bruchstückhafte Audioaufzeichnungen von Vorlesungen und Diskussionen Rudolfs Bahros an der Humboldt-Universität einsehen konnte, ergab sich die Notwendigkeit, erstmals gesamte Veranstaltungsserie herauszugeben, komplett und nicht nur auszugsweise – denn nur so lässt sich diese bedeutende Phase in der deutsch-deutschen Geschichte weitgehend unverfälscht, unzensiert und zugleich kritisch hinterfragt erfassen.

Als Maik Hosang Mitte der 60er-Jahre weit im Osten der DDR visionär über die Oberlausitzer Berge schaute, starb in Westberlin meine Mutter, die vor den Kommunisten geflüchtet war, und mein Vater, im Kapitalismus aufgewachsen, wurde Landgerichtsrat im Hamburg. Eine neue Familie mit großem Bruder, der auf der Suche nach Alternativen mit dem VW-Bus nach Indien fuhr, das gerade gegründete Auroville besuchte, ziemlich enttäuscht war. Lange Diaabende, Musik von Pink Floyd, bunte indischen Tücher und so manches qualmende Schillum. Ach ja: Jimmy Hendrix war gerade gestorben. Jahrzehnte später erzählte mir ein Apotheker, welch gewaltigen Medikamentencocktail zum Eindämmern seiner Heroinsucht der Rockstar beim ihm gekauft hatte, bevor es zum letzten Festivalauftritt in Fehmarn ging.

Als Rudolf Bahro 1977 in der DDR für sein Buch »Die Alternative« zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde, kam bei uns im Westen »The Tao of Physics« heraus, diskutierten wir es bei einem Workcamp in den Französischen Alpen, eine Gruppe von Iren, Dänen, Französen und Deutschen. Maik Hosang begann mangels Alternativen sein Philosophie-Studium an der Humboldt-Universität in Ostberlin. Und als Bahro ausgebürgert wurde und zu uns in den »Goldenen Westen« kam, waren wir schon längst zu Punks und Hausbesetzer mutiert, hörten von morgens bis abends »Ist ja so schön bunt hier, ich glotz TV«. Nina Hagen hatte uns die DDR quasi mit Bahro im Doppelpack geschickt. Die hatte es echt drauf! Wir fuhren nach Findhorn in Schottland, wo irgendwas komisch-sektenhaftes abging, lasen John Brunners »Schafe blicken auf«. Dieter Duhms »Der Mensch ist anders« stand auf dem Lehrplan der Hochschule für Sozialwesen in Bremen. Windräder bauen, die Tvind-Schule als großes Vorbild. Rauf nach Dänemark. Das Ding war angeblich kaputt, die Community merkwürdig schweigsam. Kaputte Alternative, der Chef ein Steuerbetrüger, der im Knast landen wird. Mitte der 80er-Jahre zieht Bhagwan auf eine Ranch in den USA, hermetisch abgeschirmt von Security mit Maschinengewehren. Westdeutsche Sektenanhänger beten vor seinen 100 Rolls Royce und bekamen als Reiseandenken die Ecstasy-Droge. Der Guru flüchte im Firmenjet. Das FBI sperrt ihn ein. Kein Land der Welt gab ihm Asyl. Heimwärts nach Indien. Die mussten ihn nehmen. Hier eigentlich Chandra Mohan Jain. Gab sich diverse Guru-Namen. Schwerkrank wegen Drogenmissbrauch, vorzugsweise Lachgas, taufte er sich »Osho«, was eigentlich nur Japanern zusteht, und dort nur Mönchen, die clean sind, starb 1990.

1990, just in diesem Moment, ging im Osten die Sonne auf: Maik Hosang, einst Philosophie-Student an der Humboldt-Universität, gab Rudolf Bahro einen Freiraum für Vorträge, bringt ihn mit Kurt Biedenkopf zusammen, der im Westen, als Helmut Kohl ihn ins Abseits gedrängt hatte, philosophisch an der Ruhr-Universität Bochum tätig war. Auch ihm bietet die untergegangene DDR eine Alternative. Es sind magische sieben Jahre, in denen Bahro und Biedenkopf, von Hosang moderiert, an alternativen Modellen arbeiten. 2010, Bahro ist verstorben, bringt er den sächsischen Alt-Ministerpräsidenten in Bautzen mit Gerald Hüther auf Podium, einem Brückenbauer zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesellschaftlicher bzw. individueller Lebenspraxis. Ich halte die Kamera drauf. Wenige Jahre später filme ich einen glücklichen Kurt Biedenkopf bei der Neu-Eröffnung des LebensGut Pommritz. Die alternativen Ideen Bahros und Biedenkopf, gebündelt und realisiert durch die Zähigkeit eines Oberlausitzers, der in den 60er-Jahren eine Vision hatte.

All dies trotz der chaotischen Diskussionsteilnehmer bei den Bahro-Vortragen, jenen beim uns im Westen längst abgehalfterten Esoterik-Gurus, die sich in den Seminaren in Ostberlin produzierten, ihre maroden Finanzen an Aufbau-Ost-Fördergeldern gesundstießen. Maik Hosang aus der Oberlausitz gehört Lob und Anerkennung, dass er bei all dem einen kühlen Kopf bewahrte, dass er im sächsischen Pommritz zwar nicht das Paradies auf Erden verwirklichte, zumindest jedoch eine lebens- und liebenswerte Alternative in unser an Merkwürdigkeiten nicht gerade armen Zeit, und als Professor an der Hochschule Zittau/Görlitz einen Freiraum für alternatives Denken bietet.

Eine lückenlose, unzensierte und vollständige, lediglich behutsam editierte Gesamtausgabe der Vorträge und Diskussionen 1990 -1997 herauszubringen, dies sei mein bescheidener Beitrag.

Jürgen G. H. Hoppmann

Wintersonnenwende 2023 Görlitz/Zgorzelec

18. April 1994

Selbstreflexion: Wer bin ich?

Ich freue mich erst einmal über das große Interesse - das hängt auch damit zusammen, dass ich - im Zusammenhang - ich würde sagen, zu dem Aktivismus des Buchs »Logik der Rettung« - und jetzt nicht, was die Fragestellung betrifft, aber irgendwie zu dem Gestus: Wenn wir - dass wir das nun nicht nur richtig ansehen, diese ganze Angelegenheit - und wir werden uns das richten.

Es ist also mit dem Wort - natürlich, wenn man nach Rettungspolitik fragt, ich traue mich das immer noch, aber - es ist mit dem Wort zusammen verbunden, dass man sich dann also selbst in die Attitüde wirft, also: Wie werden wir das retten?, während es, glaube ich, bei alledem – also, bei dem Grad an Verwirrung, in dem sich die Welt eigentlich befindet: Dass es bei alledem um nichts mehr geht, als darüber erst mal ruhig nachzudenken. Ich habe diese erste Vorlesung – also, »Selbstreflexion«, und »Wer bin ich, und was will ich einrichten?«, die habe ich also eigentlich auf diese Einstimmung hin, auf das Gespräch darüber, wie wir es mit dem Thema halten wollen, angelegt. Ich will nebenbei, weil es vielleicht bei einigen, die sonst nicht hier sind, Irritationen auslöst, auf dieses eine Flugblatt hinweisen, das ich hier nicht verteilt habe, »Bahros grüne Adolfs« (Flugblatt). Das, womit ich eben angefangen habe, bezieht sich schon auf diese Art Konflikt, der da aufgebrochen ist. Ich will zu dem Flugblatt hier jetzt nur soviel sagen: Da steht nichts drin, auf das wir uns nicht bei der Vorstellung, als hier Dieter Duhms Vorlesung hier verboten war, schon ganz ausführlich bezogen haben - das ist ein alter Text, der jetzt neu verteilt wird. Ich verstehe also, die lassen da nicht nach. Ich sehe auch, es sind Plakate absichtlich abgemacht worden, weil es manche gefährlich finden, was wir hier machen. Ich kann es zwar sozusagen nicht fassen, aber ich sehe jedenfalls, dass da Beunruhigung ist. Es gibt eine Vorlesung, sage ich aus dem Anlass dieses Flugblattes noch, und zwar heißt die: »Was motiviert die ›Warnungen vor einer Neuinstitutionalisierung, woher droht Ökototalitarismus wirklich?« Das ist die vierte Vorlesung am 9.5. da werden wir auf diesen Zusammenhang noch einmal kommen.

Eine Mitteilung bei der Gelegenheit: Ich hatte ja bei der Ankündigung für das vorige Semester – also, für das, das dann erst einmal ausgefallen ist und das sich jetzt etwas anders gestaltet, Jutta Ditfurth eingeladen - das steht auch in diesem Zusammenhang. Ich habe ihr viele Sachen geschickt und einen sehr ausführlichen Brief (R. Bahro: Brief an Jutta Ditfurth) ich glaube, der hatte neun Seiten, wo ich mich auf sehr vieles einlasse, was sie zur Diskussion stellt und was ja in dem Flugblatt-Zusammenhang da auch irgendwie relevant ist. Die Jutta Ditfurth hat mir nicht geantwortet – also, sie will hier offenbar nicht sprechen: Gut, das ist dann so. Warum sie überhaupt nicht geantwortet hat - ich weiß es nicht. Vielleicht heißt es ja, mit Faschisten spricht man nicht, oder mit Öko-Faschisten, vielleicht hat sie auch entnommen oder ist rausgekommen bei der Veranstaltung damals, wo es um Dieter Duhm ging, dass das hier nicht das richtige Publikum ist, damit sie das entfalten könnte. Aber mein Wunsch war, dass sie hier wirklich einmal umfassend darlegt, was denn sozusagen ihre der meinen entgegenstehende Konzeption ist. Ich habe ganz gemischte Gefühle dabei, dass ich da einen Korb gekriegt habe, aber es ist jedenfalls so. Und ich hoffe eigentlich, dass selbst in Bezug auf diese Geschichte, die mir damals gar nicht gefallen hat - dass wir da mit diesem Semester jetzt einen Schritt weiter kommen. Was sich bei mir geändert hat, dass weiß ich jetzt. Ich war damals also im Gegenangriff, als wir hier diese Sache mit Dieter Duhm (Auftrittsverbot Dieter Duhm) gehabt haben, das ist meine Stimmung nicht mehr. Ich glaube also, dass die Polemik und solche grundlegenden Dinge, um die es da eigentlich geht, also das Auskämpfen solcher Gegensätze: Dass das irgendwie zu dem Karussell gehört, in dem sich alles abwärts dreht. Deswegen - also, ich weiß noch nicht, natürlich, ob es mir dann immer gelingen wird, auf andere Weise damit umzugehen.

Auch das, was ich jetzt zu der ersten Frage: »Wer bin ich?«, sagen will - das steht auch mit in diesem Zusammenhang. Es ist mir wichtig, diesen Zusammenhang noch einmal darzustellen, und zwar nicht diese ganze umfassende Frage »Wer bin ich?«. Ich habe in dem Saal hier oft über dieses Enlightenment intensive (Bahro, R.: Enlightenment intensive) gesprochen, wo es dann sozusagen in die tiefsten der Tiefstrukturen bei uns geht, sondern ich will mich auf dieses Thema »Wer bin ich?« gerade einmal einlassen, um etwas zu zeigen, das vielleicht etwas aufhellen kann an der Art und Weise, wie man in der Welt ist.

Beginnen will ich noch einmal - ich kann innerlich, noch nicht jedenfalls, daran vorbei, auch nicht in dieser Öffentlichkeit, weil wir ja am Anfang des vorletzten Semesters auch darüber gesprochen haben - mit dem, ich sage einmal: unfreiwilligen, letztlich doch unfreiwilligen Freitod meiner Frau. Das hat mich innerlich und äußerlich so unterbrochen wie noch niemals etwas zuvor. Besonders auch in diesen Vorlesungen, natürlich - das ist jetzt bekannt - hat es mich unterbrochen. Ich bin zunächst einmal der Universitätsleitung - und hier ganz besonders dem Vizepräsidenten, Professor Hofmann, der, soweit ich gehört habe, wegen Herzstress sich zurückgezogen hat - dem bin ich sehr dankbar, der ist sehr menschlich mit dieser Angelegenheit umgegangen, sodass mir das möglich war - auch die Präsidentin hat das unterstützt, das fand ich irgendwie ermutigend, obwohl, beiläufig gesagt, die Sache mit dem Institut – also, mit dieser institutionellen Form - an der Uni wohl nicht weitergehen wird. Allerdings, diese Professur und noch eine zweite Stelle und die technische Arbeit werden wir wahrscheinlich irgendwie schaffen. Es hängt auch mit den - ja, mit anderthalb Milliarden Schulden in Berlin sicherlich zusammen, mit Schulden der Universität, die unter Druck steht. Noch ist das alles nicht geklärt. Ich bin auch noch nicht anders als damals durch die DDR berufen, immer noch nicht, aber es ist jetzt vorgeschlagen. Irgendwann werden sie das wahrscheinlich machen.

Mich hat in der Pause, die jetzt war – also, in diesen sieben Jahren halt umgetrieben, wodurch ich dieses persönliche Geschick angezogen und mitverursacht habe und worüber also ich belehrt sein sollte. Ich habe meine alte, uralte Selbstsucht – also, die Sucht, jemand zu sein, nach Selbstdurchsetzung - habe ich gesehen. Ich sah mich aus Angst vor der Frau Welt ins Eigentümliche, ums eigene Recht und Freibleiben besorgt – also: Besetz mich nicht. Ich sah ebenso, dass sie mit diesem äußersten Schritt noch einmal zeigte, wie sehr sie über mich bestimmen wollte. Aber wäre ich bei mir, wäre ich ganz in meiner Kraft gewesen, hätte das gar nicht gezählt und die Antwort wäre aus der Liebe gekommen. Ich hätte zuerst als Hilferuf gehört, was sich in diesen Absprung kleiden wollte. So wie ich aber wirklich war damals, habe ich mich aus dem bedrohten Bauch gewehrt und mit dem Kopf dagegen abgesichert. An diesen beiden Polen war die Kraft und sie war nicht mit dem für solche Augenblicke einzig hinlänglichen Ort: Das ist das Herz. Da fließt die Energie eben aufwärts in die Haltung und nach unten ins Handeln, daran vorbei - und ich sage das, ich erinnere auch mich daran, weil sich so eine Herzinsuffizienz, will ich das einmal nennen, so ein Herzversagen, was es wohl war, das äußert sich ja dann in der ganzen Art und Weise, wie man in der Welt ist, das heißt einfach, ich bin nur durch die Welt gejagt … so steht es im Faust. Also, es ist - eigentlich ist man selbst das Projekt, dem man nachjagt und weswegen man in entscheidenden Situationen manchmal den Menschen nicht zur Verfügung steht - und es gibt ja nicht nur den einzelnen Menschen, sondern es handelt sich ja um den Gesamtzusammenhang. Und ich glaube einfach, dass es gut ist für mich, erst einmal jedenfalls, wenn ich mir bei allem, was ich politisch zu sagen habe, auch dessen bewusst bin. Gerade die politischen Schlussfolgerungen, um die es im vorigen Semester gehen sollte und in diesem Semester geht - ich glaube, die sind nur zu bewältigen, soweit wir uns ein Herz fassen. Ich bin jedenfalls in der damaligen Situation dazu nicht ganz in der Lage gewesen und ich habe auch jetzt noch - auf diese Vorlesung hin wieder, auf das, was ich auf die Vorbereitung, auf den Wunsch, das nun möglichst gut zu machen: Mich hat gerade Ruhelosigkeit die letzten Wochen wieder erwischt, noch. Das ist also auch die Liebe. Also etwas, was vielleicht nicht immer so sichtbar ist, höchstens in etwas chaotischer Gestik manchmal. Aber diese Ruhelosigkeit hat, glaube ich, nichts mit der Weltunruhe als solcher zu tun, sondern sie hat zu tun, letzten Endes, mit einem selbst – also, damit, wie sicher oder unsicher man sich im Tiefsten eigentlich fühlt. Die Schwierigkeiten liegen eigentlich nicht auf der begrifflichen Ebene, auf der Ebene des politischen Denkens in erster Linie, sondern einfach in der Sicherheit auf der Erde, soweit ich weiß - und damit hängt es dann eben auch zusammen, ganz stark: Mit dem Verhältnis des Mannes zur Frau; eher der Frau - da sind die Verwundungen und Verletzungen, mit denen man so schwer umgeht und die man dann weitergibt. In meiner »Logik der Rettung«, glaube ich, leidet die Behandlung des Stoffes auch noch an – ja, an einer gewissen Art Lieblosigkeit, d. h, daran, dass ich sozusagen mit kalten Blick feststelle: Das und das ist manchmal auch bewusst erschreckend. Franz Alt (Alt, Franz: Rezension) in einer freundlichen Rezension hat gesagt, ich sei ein begnadeter Provokateur. Aber das Erschrecken der Leute mit der Wahrheit: ich glaube, das ist etwas Aushilfsweises – also, man denkt: Kann ich das durchdrücken? Es ist eigentlich eine Technik, es ist ein Stück Manipulation und hängt auch damit zusammen, dass ich in der »Logik der Rettung« diese Megamaschine oder überhaupt das ökologische Übel also so formuliere, dass es, wenn ich grob damit umgehe, eben irgendwie einschließt, Leute dann zu dem Sprung, der dann - Notwendiges erpressen zu wollen, mit dem Gedanken: Also, wenn ihr das nicht seht, dann geht überhaupt nichts mehr, hier muss gesprungen werden. Womöglich liegt der Schwerpunkt überhaupt zu sehr auf der Analyse dessen, was ist – also, auf der Krankheitsanalyse - als auf der Frage, was könnte da geschehen? Und ich bin ja auch im Schlussteil dann wahrscheinlich wieder zu schnell, zu kurz auf institutionelle Lösungen gekommen. Das sind ja Lösungen, die am Herzen vorbei die Machtfrage stellen. Die Machtfrage - also, wie muss das eingerichtet werden, damit hier noch etwas zu machen ist. Die Lust an der Zuspitzung, an der Zuchtmeisterei, musste ich also sehen, war in diesem Buch enthalten und irgendwie in der Art des Vorschlags auf ein rettendes Regiment – also, mit dem Druck und Schwung, der dahinter ist, irgendetwas Altes, Rechthaberisch-Tyrannisches, was wahrscheinlich auch diese Gegenreaktionen, ob sie nun rational sind oder nicht, auf den Plan beruft, dass also manche nicht bloß erschrocken sind, sondern dann auch das gefährlich finden. Ich denke, ich habe es zwar beschrieben in dem Buch, dass Sicherheitspolitik - Sicherheitspolitik um des Überlebens willen: Dass das keine Lösung ist. Ich habe da irgendwo, glaube ich, auch geschrieben, dass diese Einstellung – also, die Erde zuerst und jetzt müssen wir das Gesellschaftliche möglichst danach richten, wenn es nicht besser geht, kann also mit Maßnahmen, die durchschlagen: dass das nicht aufgehoben wird. Also, gerade Sicherheitspolitik - Bonhoeffer sagte, Sicherheit und Frieden sind Gegensätze, das ist nicht dasselbe. Es wird ja direkt so formuliert: Ökologische Politik ist eine Sicherheitspolitik heutzutage und es passt auch in dieser Art friedenspolitischer Ansätze - die meiner Meinung nach keine sind - aber es geht aus der Art, wie ich das Buch geschrieben habe, doch auch hervor, dass es, wenn schon, dann um des Überlebens willen, damit es weitergeht: Dass wir dann Vorkehrungen treffen müssen. Der Punkt ist nicht, dass diese Frage falsch ist: Was könnte man noch tun?, sondern dass ich sie allerdings in ihrer Schrift - wenn man dann alleine sitzt am Schreibtisch, dann ist man autistischer, da ist man also egozentrischer in Form von … da geht es eher mit einem durch als in so einem Saal.

Nicht alles, was ich jetzt da zur »Logik der Rettung« gesagt habe, würde ich sagen, habe ich hier auf dieselbe Weise herübergebracht. Ich habe versucht - ich bin vorsichtiger geworden, und zwar nicht aus Zurückweichung vor den Problemen, sondern in dem Umgang mit dem heißen Stoff - dass man es wirklich auch verantwortungsbewusst macht. Ich bin mir also ebenfalls darüber klar - jetzt mehr als vorher - dass es falsch ist, in Anspruch zu nehmen – also, wenn man der Bote für irgend was ist, dass man dann auch nahtlos mit der Botschaft übereinstimmt, dass also an dem, was man sagt und was man ist, auch gleich abgelesen werden muss, wie es richtig ist. Das ist anmaßend und vielleicht unausdrücklich ist etwas davon - ich wollte das immer nicht - aber unausdrücklich ist manches davon vielleicht in dem, was ich ja geschrieben habe vor allem - ist darin enthalten gewesen. Gerade Ökopolitik wird eben heute so oft auch eingerichtet, dass man damit also auch die Leute müde macht. Naturschutz kann manchmal schlimm sein – so, jetzt, in der Wahrnehmung der Leute. Und ich denke, dass es sehr auf das Gespräch ankommt, das Sich-gegenseitig-Aufeinandereinlassen. Ich habe lange darauf gebaut, natürlich - und ich glaube, dass das richtig ist: Dass Themen sich Leute suchen und dass man insofern dann beauftragt ist - mit einem bestimmten Thema. Aber man verspielt, glaube ich, den Auftrag wieder, wenn man sich nicht zugleich darüber klar ist, dass sich Leute auch Themen suchen, um sich durchzusetzen, um sich zu verstärken. Wie kann ich also mich in ein Thema, das nicht ganz unentrinnbar notwendig erscheint - wie kann ich mich da durchsetzen? Und Grün, das war so ein Auftrag – also, damals, Ende der 70er, Anfang der 80er-Jahre, vor 15 Jahren habe ich ja damit angefangen - das ist auch richtig geblieben. Das ist so ein Auftrag – bloß, ob man und in welchem Grade es einem gelingt, davon abzusehen: Das also scheint mir wichtig. Ich weiß jedenfalls, dass ich wie - bei der »Alternative« war der real existierende Sozialismus, da war der damals ein guter Anlass – also, der Selbstdarstellung. Und das war eigentlich mit dem real existierenden Kapitalismus bei Grün noch einmal so. Also, Grün war für mich auch am Anfang - so vielleicht um die Jahre 1979, 1981, 1982 - noch ein zusätzlicher Hammer, dass der Kapitalismus wegmuss. Das mag so sein oder das mag nicht so sein: Mir geht es um die Psychologie, in der solche Sachen so verhandelt werden können, dass nicht Frontbildung rauskommt, die das bloß verhärtet und das andere jeweils mehr, das man bekämpfen will, sondern dass der Raum frei bleibt für wirkliche Nachdenklichkeit und für Nachfühlen in diese Zusammenhänge. Ich hatte vorher vor, diese Vorlesungsreihe hier – also, auch vor dem Unglück dann im September - auf diesen Punkt »Wer bin ich?« zu kommen. Das hängt auch damit zusammen, dass ich im Sommer - als das vorige Semester schloss, war mir das noch nicht klar, aber - dass ich im Sommer noch eine tiefe Selbsterfahrung hatte, die sozusagen die deutschen Wurzeln - ich will einmal wagen zu sagen: Die germanischen Wurzeln - meiner Existenz betreffend, nämlich als unbewusste, als durch den Kommunismus einfach zugedeckte. Und das ist der zweite Punkt, über den ich unter der Frage »Wer bin ich?« jetzt noch etwas sagen will.

Es ist ein speziellerer Punkt. Ich glaube, nicht so gewichtig wie das andere - und doch ein Punkt, der natürlich in den Auseinandersetzungen um ökologische Politik in Deutschland ganz wichtig ist.

Ich will anfangen mit einem Interview, das im vorigen Herbst im »Spiegel« gestanden hat und das mich getroffen hat, und zwar ein Interview mit Alain Finkelkraut, das ist jemand - Pascal Bruckner / Finkelkraut (Finkelkraut: Interview - Bosnien), die haben zusammen einmal etwas über »Die neue Liebesunordnung« geschrieben. Es ist sehr viele Jahre her – also, die hängen mit den Entwicklungen nach 1968 in Paris zusammen. Sie sind sehr jung gewesen bei diesem Kampf, aber der Finkelkraut - das ist jetzt ein Denker, der sich so um die Grundeinstellung, auf den historischen Prozess geworfen hat und dort eine sehr gründliche - und ich glaube auch, er versuchte, eine objektiv beschreibende Arbeit zu machen. Und dieses Interview hier - der Anlass ist Bosnien - und der Hintergrund für das, was er dann zu Bosnien sagt, das ist – also, wie schnell und wie leicht das war, vom Kommunismus zum Faschismus zu kommen, in dieser Figur von Milosevic, auch Tudjman und so – also, die Leitfiguren zeigen das ja bloß an. Das ist sozusagen - ich behaupte jetzt nicht einmal, wie gut die Beschreibung ist, ich will bloß andeuten, wo der Zusammenhang ist, damit man versteht, was er jetzt sagt. Und ich zitiere das jetzt auch nicht als der Weisheit objektiven letzten Schluss, sondern nur im Hinblick darauf, dass es mich in Bezug auf einen bestimmten Hintergrund in meiner Eigenbiografie getroffen hat, was da steht. Er wird Folgendes gefragt vom Spiegel:

Der Faschismus und der Kommunismus sind die beiden großen Besiegten des Jahrhunderts. Erklärt ihre Niederlage schon ihr geheimes Einverständnis (ist gemeint jetzt), ihr geheimes Einverständnis – also, dass da auch in Russland manchmal etwas zusammenzukommen scheint, zwischen dem Pat-Bolschewismus und dem, was da Pamjat‹ ist?

Finkelkraut: Nein, ein geheimes Einverständnis hatten sie schon früher. Am besten hat das Wassili Grossman (Wassili Grossmann: Leben und Schicksal) - manche von uns werden Bücher von ihm gelesen haben - in seinem Buch »Leben und Schicksal« beschrieben. Darin gibt es den unglaublichen Dialog zwischen einem kommunistischen Gefangenen und dem Wächter eines Nazilagers. Der Nazi sagt dem Kommunisten sinngemäß: »Wir sind doch Zwillinge, wir sind dieselben, denn für dich wie für mich ist die Welt Wille.«

Spiegel: Soll das heißen, sie verbindet eine Ideologie, welche die Wirklichkeit für total manipulierbar hält – also, die beiden eine Ideologie, die die Wirklichkeit für manipulierbar hält?

Finkelkraut:

Ja, was sie vereint, ist die Verachtung des Gegebenen. Für den Nationalsozialismus ebenso wie für den Kommunismus ist alles möglich, sie folgen derselben Devise.

Dann noch eine Spiegel-Frage:

Die Annäherung erklärt sich letztlich eher durch das Desaster des Kommunismus. Dieses Desaster hat kein unmittelbares Gefühl der Befreiung erzeugt, man befindet sich vielmehr noch mitten in der Katastrophe; wo die Marktwirtschaft nicht zur Freiheit, sondern zu einer gigantischen Demoralisierung führt, zu einem furchtbaren Chaos, kann der Appell an die Ordnung besonders anziehend wirken.

Das heißt, er meint also, man hat jetzt eine Situation, in der also sowieso Konjunktur für Ordnungsvorstellungen wäre – also, es fehlt, dass etwas gerichtet wird, dass durchgegriffen wird. Aber da habe ich jetzt nur den Zusammenhang herstellen wollen. Diese Stelle, die mich getroffen hat, war dieser Punkt: »Was sie vereint, ist die Verachtung des Gegebenen. Für den Nationalsozialismus und ebenso wie für den Kommunismus ist alles möglich, sie folgen derselben Devise.« -

Was ich sehen kann, ist, was Finkelkraut hier nicht betont – also, wenn man von der Art, wie C.G. Jung übers kollektive Unbewusste denkt, ausgeht, dann muss man wohl sehen, dass sowohl Nationalsozialismus als auch Kommunismus Schatten des Kapitalismus sind - also, der Raum - und die sich jetzt als siegreich erwiesen hat, d. h, Schatten in dem Sinne: Das ist das in einem anderen Zusammenhang Abgedrängte in psychologischem Sinne. Aber mir scheint, dass ich für den Kommunismus in meiner »Alternative« gezeigt habe, wie sehr wir praktisch durch den Gegensatz mit den Verhältnissen da drüben auf der anderen Seite geprägt gewesen sind und wie sehr wir damit also durch und durch die Strukturen, die Gesetzmäßigkeiten an uns hatten, die das regieren. Und wenn denn auf unserer Seite hier die Idee gewesen ist, den Kapitalismus einzuholen und zu überholen, und man ist der Schwächere, dann fällt man da letzten Endes mit einer gewissen Notwendigkeit hinein. Und was mir wichtig erscheint im Hinblick auf diese Geschichte hier: »Was sie vereint, ist die Verachtung des Gegebenen«: Das ist - also, wenn wir uns angesichts dieser Gesamtsituation, wo also die zwei Alternativen - der Nationalsozialismus war ja im Anfang nicht nur Hitlerbewegung, da waren auch sozialrevolutionäre Momente drin - also, auch in dem ist noch etwas schiefgegangen, wenn auch das Ganze von Anfang an viel mehr vergiftet gewesen ist - aber: Wenn das beides also sozusagen nur ins immer Fürchterlichere hineingelaufen ist und dann eigentlich mit einem Seufzer - was ja nicht gerade passieren sollte - der Kommunismus geendet hat und der Nationalsozialismus mit diesem fürchterlichen Krach, dann heißt das natürlich, dass wir wirklich aufgefordert sind, auf das Gegebene zu sehen, und zwar: Es ist ja eben nicht so, dass, wenn man etwas anerkennt als faktisch, als das ist - und dann natürlich vermuten muss, da steckt auch Gesetzmäßigkeit drin, das kann ein Zufall sein. Das kann nicht einfach mit - die haben das gewollt und haben sich irgendwie verschworen und die anderen haben es bloß nicht richtig gemacht: Die ganze Fehler- und Kritikdiskussion, die man dann machte, warum hat der Sozialismus und so, sondern - es geht dann schon darum, dass wir, glaube ich, ohne Ressentiment versuchen müssen, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen, mit der wir es jetzt zu tun haben. Und wo die natürlich für den Sieger in diesem doppelten Systemwettstreit alles andere als komfortabel ist, gerade auf der subjektiven Ebene, auf der geistigen Ebene, wenn man nicht mehr delegieren kann: Da sind die Diktaturen, wir sind die Demokratie. Wenn sich herausgestellt hat, eigentlich, wir nehmen den Schatten in uns zurück, das ist etwas von uns in die übrige Welt - bei der Dritten Welt ist das heute völlig klar, dass die Diktaturen also Schatten sind, von der Übermacht des weißen Imperiums bestimmt - aber dieser Zusammenhang ist heute, glaube ich, intern kenntlicher. Und man muss sich dann wirklich auf den Boden dieser Verhältnisse stellen, so wie das Marx nach 1848 dann auch gemacht hat, nach 1848 beispielsweise: sich auf den Boden dieser Wirklichkeit zu stellen - um fragen zu können: Was könnte denn auf dieser Ebene, auf dieser Basis weitergehen?

Jetzt will ich auf diese Erfahrungen eingehen, die ich voriges Jahr im August gemacht habe.

Der Ausgangspunkt war ganz harmlos. Das war so eine Art Spiel, das sollte in Ägypten stattfinden - und ich fand da für das Spiel zufällig einen schwarzen ägyptischen Kutscherkittel -; das sollte – also, ein richtiges schwarzes Gewand, das von oben bis unten reichte - und das sollte in so einem Isis-Tempel spielen. Das hat dann auch vordergründig da gespielt, diese schöne Veranstaltung, um die es da gegangen ist. Aber da war eine lange Phase, wo ich mit dieser ägyptischen Angelegenheit überhaupt nichts zu tun hatte, sondern wo ich von innen her fühlte - und ich weiß nicht, woher das kommt, denn diese Erfahrung ist mir nicht bewusst; wenn, dann - ich selbst weiß nicht einmal aus eigener Erfahrung, ob es frühere Leben gegeben hat. Ich weiß nur, dass das auf einmal ein Gewand war wie aus der Kreuzritterzeit - dass das nicht aus Ägypten war, sondern dass das von hier war und dass das, was ich glaube, mehr aus persönlichen, mit Untergründen einfach unserer verdammten Geschichte hier zu tun hat. Ich weiß beispielsweise, dass ich kurz nach 1945/46 – also, in der Zeit, ehe dann alle unser waren – also, indem wir die Klassik hier verbreiteten und noch eher dann Stalin, Lenin, Marx und Engels kamen - beides kam für mich stark - kamen Goethe und Thomas Mann - also, bis Thomas Mann, dieser ganze Bogen, Heinrich Mann war für mich die wichtigste Figur - und es kam dann Marx und Engels. Aber vorher war eine Phase - das ist mir erst durch diese Selbstwahrnehmung wieder richtig bewusst geworden - wo ich ganz andere Sachen gelesen habe, und zwar verhältnismäßig viele; und meine war Gustav Freitag (Freitag, Gustav: Die Ahnen), »Aus der deutschen Vergangenheit«, »Ingo und Ingraban«, »Die Ahnen« - alles das, wo also die Kreuzritter zugange sind. Ich weiß gar nicht, ob die wirklich schwarze Kutten trugen. Aber dieses Schwarz, das dann auch die SS getragen hat: irgendwo muss es ja herkommen - jedenfalls es war auf einmal dieses Gewand gewesen und ich habe mich dann erinnert, dass ich mehr von dergleichen gelesen habe. Das war Felix Dahn, »Ein Kampf um Rom«, das waren zwei oder gar drei Bücher, die von Konterrevolution handelten - aber auf der Seite der Konterrevolution. Ein Ernst von Malzan, glaube ich, schrieb ein Buch »Hosanna in Excelsis«, das rechnete mit der Französischen Revolution ab. Der General Krassnow schrieb ein Buch: »Vom Zarenbanner zur roten Fahne«. Das war gar kein intellektueller Umkreis, in dem ich da aufgewachsen bin. Es waren verhältnismäßig einfache Leute; es war auch nicht mein Vater, woher diese Bücher kamen. In dieser Zwischenzeit - von 1946 auf 1948, wo ich zwischen 11 und 13 war - habe ich die gelesen und da ist man ja sehr bildsam – also, diese Sachen. Dann kam, die Novemberrevolution betreffend oder das, was danach der Ernst von Salomon »Die Geächteten« - das ist der Roman derer, die Rathenau umgebracht haben – also, deren Rechtfertigungsschrift. Also eine lange Latte solcher Schriften, die mir da damals untergekommen sind. Am meisten beeindruckt hat mich »Ein Kampf um Rom« (Dahn, Felix) und diese schwarze Sache - es kann auch sein: »Der letzte Gotenkönig«. Das handelt davon, wie die Goten aus Italien wieder vertrieben wurden durch die Byzantiner - und das ist so ein Epos vom tragischen Untergang der Goten am Ende. Nach 1870 oder um 1870 muss das entstanden sein: »Abend auf dem Geisterberg«, natürlich ganz unterschwellig - und dort, dieser König, Theo, ist also so ein schwarz gepanzerter dunkler Typus, der so die Schattenseite der nordischen Existenz irgendwie widerspiegelt und den Untergang verinnerlicht hat, vorher schon, und dann als letzter Gotenkönig fällt. Und ich war ganz identifiziert mit seinem Vorgänger von den sieben Königen, der sechste, der da in »Ein Kampf um Rom« eine Rolle spielt - mit König Totila, so einer nordischen Lichtfigur. Das war nun übrigens nicht so, dass diese Ideologie von Felix Dahn nicht diese ganze arische und nordische Theorie - es ist so geschildert wie die Ilias - bloß später, nicht als Epos und natürlich nicht auf dem homerischen Rang. Aber es ist einfach eine epische Darstellung dieses Gotenkrieges. Ich habe mich identifiziert mit dieser Königsfigur, ohne das auch nur zu merken, damals. Und wenn ich dann noch daran denke – also, ich bin 1935 geboren, bis 1945 sind es fast zehn Jahre: Es kann ja nicht sein, dass also diese deutsche Stimmung, diese Stimmung des nationalsozialistischen Deutschlands - dass die einen gar nicht erreicht hätte. Mein Vater war 1942 noch in der NSDAP, und zwar nur, um nicht an die Front zu müssen. Der stammte so aus Bismarck-gläubiger Bauernschaft. Und ich weiß: Die einzige wirklich politische Erfahrung - sozusagen Früherfahrung - das war, als Hitler die Sowjetunion überfiel, da war meinem Vater sehr mulmig zumute und er sagte im Familienkreise: Das wird nicht gut gehen – so, in Erinnerung an das, was man so über Napoleon und von Bismarck her wusste. Mehr war damit nicht gemeint, sondern nur: Das wird nicht gut gehen. Also, es ist nicht aus der Familie, solche Sachen zeugen sich auch nicht unbedingt auf diesem direkten Wege fort, sondern es ist einfacher – also, dass die kollektive Psyche dann nämlich völlig undurchlässig ist, und als Kinder sind wir da nicht völlig undurchlässig - dass die natürlich davon erreicht wird. Ich weiß, ich habe, als die Kanonen von Breslau schon zu hören waren, noch mit der Ukrainerin, die dort unten in der Wirtschaft arbeitete - wir wohnten im Haus drüber, unten war noch eine Bauernwirtschaft - dass die Deutschen natürlich den Krieg gewinnen, als Acht- oder Neunjährige. Also, das ist eine Schicht, die mir abhandengekommen war, eigentlich in ihrer ja vielleicht doch irgendwie noch Wirksamkeit, was bestimmte Gesten betrifft. Und ich war mir, als ich dann diese Selbstwahrnehmung hatte, mit diesem schwarzen Gewand, und als mir so bestimmte Gesten kamen – also, ein Gestus kam, der wahrscheinlich zu dem König Totila gepasst hätte. Mir war nun natürlich - es ist dann ein Leichtes jetzt und völlig klar, dass alles das nicht gehen kann jetzt. Dass also in diesem ganzen nationalen Erbe mit Sicherheit keine Haltung steckt, mit der längst die ökologische Krise zu bewältigen ist, dass also alles Ordnen, was also diese königlichen Gesten zu benutzen sucht - das kann nur schiefgehen, und - insofern natürlich, so gut ich das gerechtfertigt und begründet habe, von Gramsci her, dass ich mein letztes Kapitel in der »Logik der Rettung« genannt habe »Der Fürst der ökologischen Wende« Es erinnert natürlich im besten Fall an aufgeklärten Absolutismus, irgendwie – »und nun kommt und spielt mit bei der ganzen Angelegenheit« (der Hintergrund für diesen Schlussteil war natürlich das Auftreten Gorbatschows) - und ich habe natürlich gedacht. Hoffentlich ist das so ein Fürst – also, wie soll man der KPdSU anders beikommen als mit aufgeklärten Despotismus - gegen den Despotismus? Denn die KPdSU ist es - hat natürlich mit dringesteckt und ich habe Gorbatschows Perspektive damals noch ganz falsch gesehen, d. h, ich habe noch gedacht: Das läuft irgendwie auf die Wiedergeburt von kommunistischer Partei hinaus, noch - wie viele andere das gedacht haben. Und das war natürlich die Grundillusion meiner Alternative, die ich, als ich zurückkam, auch noch nicht hinter mir hatte. Ich bin jetzt bei diesem Durchgang beim Kommunismus wieder gelandet - und ich kann da abschließen, was diesen Punkt betrifft, über den ich da gerade gesprochen habe. Es war ja vielleicht so. Und deswegen müssen wir - aber ich sage es vor allem für mich: muss ich jetzt vorsichtiger sein als vorher, in gewisser Hinsicht, mit mir selbst. Es war wohl so, dass der Kommunismus also viel zugedeckt hat davon. Abgesehen, dass - ich meine jetzt nicht: in erster Linie - dass wir hier so von Grund auf antifaschistisch waren, dass wir uns mit Kindheitsmustern gar nicht mehr befassen mussten, auf der Seite der Sieger der Geschichte. Das ist schlimm genug, es geht um etwas tiefer Liegendes. Es geht einfach darum: Der Kommunismus hat in diesem Willensgestus, den ich da zitiert habe, in der Nichthinnahme des Gegebenen, in »Wir-werden-es-richten«, »Wir-werden-die-Welt-richtig-einrichten«, hat er etwas, wo man vieles von dem, was sich auch in Naziideologie integrieren ließ, sehr gut, an Haltungen - wo man das wieder einbauen konnte. Und es war legitimiert, es war gerechtfertigt, man war völlig in Ordnung - und ich war ein Sanfter in dem kommunistischen System hier.

Also, ich habe die Leute - wie soll ich das ausdrücken jetzt? - ich habe sie gewinnend terrorisiert, sagen wir einmal, im Diskussionsstil. Dass hinter mir die ganze Macht stand, die sonst auch anders kann als ich, war mir eigentlich nicht bewusst genug.

Das habe ich erst spät, beim Forum, gelernt, als ich Peter Kuhnert fertiggemacht hatte, auf meine eigene Rechnung - und dann mich wunderte, was für Geschütze gegen den auf einmal losgehen. Wollte ich nicht, aber die Mächte hinter meiner Schreibmaschine waren mir nicht klar. Jetzt also, nachdem diese kommunistische Formation, die in Deutschland offenbar übergestülpt war - es ist ja selbst unter Erich hier Friedrich auf seinem Denkmal wieder erschienen, nicht? Da haben wir es natürlich mit dieser deutschen Hinterlassenschaft in uns wieder verstärkt zu tun. Und ich bin nun weit entfernt, mit alledem hier jetzt gesagt haben zu wollen: Also bin ich doch ein Ökofaschist oder überhaupt ein Faschist. Es mögen ja Leute sein, die das gerne so verstehen wollen. Was ich damit sagen wollte, ist: Wenn man mit diesen ganzen Hintergründen und mit denen – gerade, was daran nicht von der Oberfläche her diskreditiert ist – also, die ganze Hitlerei, das kann man heute vergessen, irgendwie. Ich meine jetzt, so legitimieren sich Leute, die vielleicht doch nicht sehr weit gedacht haben und wo es auch nicht weit reichen wird, sondern wenn, dann regeneriert sich so was natürlich, und zwar anders - es kommt doch nicht dasselbe wieder - dann regeneriert sich das natürlich aus der heutigen Thematik und aus der Art, wie unsere innersten psychischen Kräfte auf die Welt bezogen sind - und wenn es die Art ist, notfalls einmal mit dem Schwert also den richtigen Schlag zu machen, an der richtigen Stelle, den sauberen Schnitt oder so, dann muss das da nicht so gesagt werden. Es kann sogar sein, dass man es gar nicht machen will, dass aber das mitspielt bei der ganzen Angelegenheit - und das ist also erstens überhaupt die ökologische Frage, zu Machtpolitik herausfordert. Wir haben gar keine Zeit mehr, wenn wir überleben wollen, es muss sein. Und zweitens: Wenn nun die ökologische Bewegung nicht zufällig in Deutschland stärker herausgekommen ist als anderswo, dann hat das auch mit Deutschland zu tun, mit seiner Licht- und mit seiner Schattenseite, mit alledem - ich erinnere noch einmal daran, dass ich sehr ausführlich hier einmal über Horde, Stamm, Volk, Nation gesprochen habe – also, über die tieferen Untergründe jedes gegenwärtigen Regierens, wenn Deutsche in Deutschland Politik machen. Und Deutsche sind wir dann einmal. Das sind wir jetzt wohl bewusster geworden. In Westdeutschland konnte man eine ganze Weile so was gar nicht sagen. Da gab es einen Aufschrei - zumindest aus bestimmter Richtung: wie kann man sich überhaupt deutsch nennen? Das ist auch Verdrängung, glaube ich - und ich ziehe es eigentlich vor, mich so darauf einzustellen, dass wir wissen müssen, wo das spielt, jetzt - und gerade, wenn ich dabei bleiben will, dass wir ökologische Rettungspolitik brauchten. Das heißt dann einfach: Wir sind dabei, uns kaputtzumachen – also, wir brauchten es eigentlich. Vielleicht sollte ich das Wort »Rettung« auch noch wegfallen lassen. Jedenfalls wirklich ökologische Politik zu machen - genannt habe ich das ja eine »ökologische Politik der Umkehr« - und ich habe nach Einrichtung gefragt. Dann ist es aber doch so: Wer bin ich, und was will ich einrichten? Das zielt darauf – also, erstens nicht zu schnell einrichten zu wollen, ehe man wirklich angesehen hat, was ist eigentlich. Und vor allem: Man kann – also, die Oktoberrevolution - ich habe das immer verleugnet - war doch putschistisch, in letzter Instanz - und nicht, weil das dann paar wenige Bewaffnete waren, die das Winterpalais erstürmt haben, sondern da war eine Konzeption, die war mit den Millionenmassen der Bauern, mit der Mehrheit der russischen Bevölkerung in keiner Weise abgestimmt und abgesprochen. Das war ein Gewaltakt über die Köpfe der überwältigenden Mehrheit Russlands hinweg - aus Gründen, die wirklich nicht in Lenins Kopf entstanden waren, das ist schon klar. Darum geht es mir auch nicht, sondern nur - es geht darum, dass also Institutionalisierungen, wenn man sie auch als notwendig darstellen kann - das will ich tun - aber das heißt noch nicht, dass sie jetzt durchgedrückt werden müssen, auch wenn eine Mehrheit der Bevölkerung – also, selbst, dass sie passiv »Ja« sagt, dass sie es sich überstülpen lässt, genügt nicht, sondern - es muss wissentlich gewollt sein, was man da ändert. Und das heißt also, dass das, was man als Vorschlag entfalten kann - dass das auf eine Diskussion orientiert. Ich spitze das in dieser Vorlesungsreihe jetzt so zu, auf eine Verfassungsdiskussion, wie wir sie jetzt nicht zufälligerweise nicht hatten und auch nicht haben konnten - also, das, was wir da geliefert haben in puncto Verfassungsdiskussion vom Runden Tisch her, um ein bisschen die gesamtdeutsche zu verbessern. Abgesehen jetzt davon, dass das kleine Ergänzungen für einzelne Artikel waren, die die Grundfunktionsweise des Grundgesetzes nicht beeinflusst hätten, wenn man dort jetzt den Umweltschutz als Verfassungsziel reinschreibt. Das würde hier funktionell fast nichts ändern, aber - was ich – also, das ist halt abgeschlagen worden. Sie wären gescheiter gewesen, wenn sie viel davon aufgenommen hätten - aber das Problem, um das es mir geht, wäre nicht gelöst worden. Und außerdem will ich sagen – also, wenn das hier wirklich erst einmal ein restaurativer Prozess ist, jetzt in weitem historischen Sinne gemeint, wenn also tatsächlich der Kommunismus zurückgenommen worden ist, wenn also dieser Ausbruchsversuch gescheitert ist und es sind - also, es herrschen jetzt in Deutschland wie weltweit - eindeutig und bedrohende Alternative - die Verhältnisse, gegen die dann man also vor 50 Jahren oder 60; 70 Jahren einmal angetreten ist: Wenn das so ist, dann ist es ja wohl nicht wahrscheinlich, dass im Augenblick dieses Sieges, dieses Triumphs nun also kleine Errungenschaften einer schwachen Opposition in der DDR hier die Verfassung der BRD auf die Höhe der Geschichte bringen. Da würden wir uns auch überschätzen. Also, ich glaube, dass es keine Katastrophe ist und dass man nicht darüber sauer sein muss, dass wir keine andere Verfassung als dieses Grundgesetz haben. Dieses Grundgesetz finde ich als Ausgangspunkt für eine neue Verfassungsdiskussion insofern ausgezeichnet, als es ein Text ist, gegen den man nicht viel haben kann - während auf der Grundlage dieses Verfassungstextes zusammen mit der Realverfassung, die die Gesellschaft hat, die Welt daran kaputtgeht. Also, ganz offensichtlich ist das eine Verfassung, die sozusagen selbstverständlich - mit Selbstverständlichkeit - auf dem Boden dieser vom Besitzindividualismus angetriebenen Expansionsstrategie liegt. Das ist nicht eine Frage von Schild und Schwert in erster Linie, sondern so ist also der europäische Geschichtsprozess in den Zeiten gelaufen, als sich dieser Machtwille - oder diese historische Motorik - dass sich der von kriegerischen Wandervölkern mit Schild und Schwert äußerte - und jetzt äußert sie sich …

Die Verfassung des Grundgesetzes ist gut als Text so, wenn man sie erst einmal in ihren historischen Entstehungskontext stellt und es zeigt sich, glaube ich, jetzt schon - und es wird sich für mehr Leute als jetzt schon zeigen - dass sie völlig ungeeignet ist, mit der Herausforderung, die die ökologische Krise darstellt, zum Frieden zu kommen. Das ist eigentlich meine Ausgangsposition für diese Vorlesung und das heißt nicht, dass das Grundgesetz weggeworfen und durch etwas ganz anderes ersetzt werden muss, etwa gar über Nacht, sondern das heißt, dass man erreichen muss, dass es nicht als verfassungsfeindlich gilt, wenn man diese Frage zum Ausgangspunkt nimmt und jetzt eine Verfassung diskutiert, die den neuen Verhältnissen gerecht wird. Ich will das jetzt nicht sehr ausführlich ausführen, dieses ganze Thema, weil ich es auch in dem Papier, das ausgeteilt ist, da stehen habe - über die Problemstellung dieser Vorlesungsreihe stehen drei Seiten noch mit drin und man würde aus der Vorlesungsreihe selbst, aus meinen Seminaren und so, schon irgendwie sehen, worauf es hinauskommt. Ich will nur sagen, hier jetzt noch einmal: Das wird auch nicht für alle neu sein, dass ich das denke; ich glaube, wir haben jetzt schon in Europa seit Jahrhunderten, wenn wir an die Griechen zurückdenken, schon seit zwei Jahrtausenden keine gesellschaftliche Instanz, die verbindlich über unser Verhältnis zur Natur wacht. Indem der Mensch in die Steppe gezogen ist und jetzt – also, die Bundesrepublik ist Weltstadt, einfach. Hier gibt es kein Land mehr - auch wenn Mecklenburg-Vorpommern noch da ist und auch noch die Oberpfalz, es gibt schon noch ein paar Gebiete - aber das ist im Großen und Ganzen Weltstadt hier. Wir sind in die Steppe gezogen. Und in den Steppen interessiert, was Mensch mit Mensch auszutragen hat, was da an Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit spielt, um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen, so stand es eben bei Thukydides über den Peloponnesischen Krieg. Und der schloss –Thukydides - solange das so ist, wird sich der Peloponnesische Krieg wiederholen – also, der Typ von Veranstaltung. Und wir tragen also praktisch jeden der Sozialkonflikte, die da entstehen - die werden dadurch gelöst, dass man in die Natur hineingreift und neue Ressourcen herbeizieht und andere Völker. Also, bei denen, die diesen städtischen Weg zuerst gegangen sind und es ist praktisch die Instanz für das Naturverhältnis überhaupt nicht da. Und nun habe ich in der »Logik der Rettung« - vielleicht auch im Sinne dessen, was ich vorhin sagte - einen gewissen Fehler gemacht, indem ich zu schnell von dieser Fragestellung - es müsste also eine Instanz her - auf so etwas wie ein Oberhaus ökologischen Zusammenhangs gekommen bin, auf einen Hohen Rat, der über dieses Naturverhältnis wacht und wo die richtige Kompetenz hin soll und wo der Bundestag als Unterhaus - eigentlich, wo die Interessenhaufen miteinander kämpfen - eben eine zweite Kammer ist, die aber nicht gegen das, was aus der ersten kommt, vorgehen kann. Nur - was mir also erst jetzt richtig auffällt, ist - obwohl es auch schöne Formulierungen in der »Logik der Rettung« gibt, die das begrenzen wollen. Ich stelle die Frage zugespitzt auf die Nationalstaatsebene - und das erweist sich jetzt, wo wir also ein wiedervereinigtes Deutschland sind, doch als noch problematischer als damals, glaube ich. Also, klar ist, aus der Perspektive, die ich hier im Ganzen vertrete – also, was jetzt den Aufbau von unten betrifft, was das Setzen auf Kommune und Lokalität betrifft: Dass die Frage nach einem Ökologischen Rat, nach so einem Oberhaus, was damit gemeint ist - es müsste auf jeder Ebene, wo gesellschaftlicher Zusammenhang sich artikuliert, sei das die Kommune - jetzt meine ich kommunitär wie Kommune - sei das die Kommune alias Gemeinde, sei das der Kreis, sei das das Land - dann stimmt es auch mit der Bundesrepublik - und seien es die EG und - falls wir diese größeren staatlichen Zusammenfassungen denn nicht loswerden (weil sie - in der Art und Weise, wie sie angelegt sind, kann es nur despotisch eigentlich funktionieren, im Großen und Ganzen) - aber ich meine, wenn man es auf die Nationalstaatsebene konzentriert und einfach dort noch eine Instanz mehr schafft: Ich glaube nicht, dass sich das Übel vermehren wird - also, das in dieser nationalstaatlichen machtorientierten Struktur nun einmal sowieso drinsteckt und wo man überlegen muss, wie man damit rauskommt - verfassungsmäßig, wenn es geht, rauskommt - sondern das ist einfach - da wird der Gedanke entschärft und wird auch in einer gewissen Weise missverständlich. Es ist natürlich die Frage – also, wenn dann so ein Oberhaus berufen ist, wenn die Präsidialfunktion sich dem zuwenden wollte, wieder machtvoll ist, wie sie in Weimar war: gut – also, es wird zwar zuviel Sicherheitspolitik, jetzt also demokratische liberale, gegen diese notwendige Funktion gemacht, nach meiner Meinung - und doch denke ich, dass es Grund gibt, ich werde mich jedenfalls sehr bemühen, ganz genau darüber nachzudenken, vor allem, auf welchen Wegen, in welchen Schritten man an solche Institutionen so herankommt, dass nicht doch bloß wieder ein verbesserter Staatsmoloch dabei herauskommt. Und das war in meinem Herangehen im Schlussteil der »Logik der Rettung« nicht gesichert, sehe ich jetzt. Es mag ja sein, dass die, die dieses Flugblatt verteilt haben da, das auch gesehen haben und darüber also mehr beunruhigt waren - früher beunruhigt waren - als ich. Jedenfalls will ich mit dieser Sache umgehen.

Jetzt will ich also nach diesem Umriss über die Frage: »Was will ich einrichten«, aber auch: »Wie will ich mich auf dieses Einrichten einstellen«, noch ein paar wenige Worte machen, um das Seminarprogramm und das Vorlesungsprogramm etwas zu verdeutlichen.

Das Gesamtprogramm - ich weiß nicht, ob wir noch einmal eines haben werden, das so vollständig ist wie diesmal, weil - die Geschichte, die ich vorhin da erzählt habe über das Institut, die kann natürlich Folgen haben – also, gesichert ist nur, dass eine Vorlesung und ein Seminar und noch zwei Seminare und vielleicht noch ein Seminar – also, dass einiges weitergeht, aber vielleicht können wir nicht so ausführlich bleiben wie dieses Mal. Worauf ich zuerst aufmerksam machen will, das ist eigentlich eine schöne, eine günstigere Ungleichzeitigkeit, die sich diesmal eingestellt hat, nämlich: Die Seminare - fast alle Seminare gehen jetzt eigentlich an einen neuen Anlauf heran, von den anthropologischen Grundlagen, von der Frage her: »Was ist eigentlich der Mensch, diese Sachen zu durchdringen?«. Wenn ihr euch das Vorlesungsthema von Jochen Kirchhoff anguckt, das auf der Rückseite des Dings hier hinten steht: Da geht es um das Menschenbild. Wenn ihr euch anguckt das Seminar von Uwe Haake beispielsweise: Da geht es auch wieder um das Menschenbild. Uwe hat mir vorhin sein Blatt gezeigt, womit er sich näher befassen will - ich sage das jetzt einmal beispielsweise. Er will sich also darauf konzentrieren, die innere Figur des Helden, der wir so - nach der Herkunft, aus der wir kommen - sind, ein bisschen aufzudröseln und zu gucken, welche Archetypen sich jetzt nun einfach besonders zu Wort melden. Ich glaube ziemlich analog zu dem Experiment, das ich da einmal mit mir selbst versucht habe, um herauszufinden – also, um genauer zu wissen: Wer sind wir eigentlich von unseren tiefen Schichten? - und die, um das zu feiern, um es zu verstärken, auch nicht um es mies zu machen - das ist nämlich auch keine Methode, es nur zu negieren, sondern - wie könnte man das integrieren?

Maik Hosang konzentriert sich auf das Thema - neben der Geschichte »Alternative Gemeinschaftsformen« - zusammen mit Michael Wende, »Philosophie des Menschen, Anthropo-Theologie«, das heißt, hier soll sogar von dem, was mit Gott gemeint ist, im Seminar die Rede sein.

Christine Eifler geht der, wenn es dann weitergehen kann - ich weiß, erst einmal geht das los, auch - um das Thema »Mann-Frau-Ökologische- Krise« in verschiedensten Zugängen.

Also, wir sind hier bei dem Grundstoff, aus dem die Krise gemacht ist und nicht bei dem Thema, das durch dieses Ereignis jetzt bei mir sozusagen konterkariert. Ich bin eben noch ein Semester zurück, ich bin bei diesem Thema – also, jetzt der politischen Institution. Und es kann nur gut sein, wenn das also mit zugleich im Raum bleibt. Wir haben es bei den Institutionen mit nichts als sozusagen Vergegenständlichungen von menschlichem Geist zu tun, mit geronnenem Geist - hoffentlich flexibel. Hoffentlich ist er herauslösbar aus Institutionen, die es nicht mehr bringen – also, das ist der Rahmen der ganzen Vorlesung. Jochen fängt nächste Woche Dienstag an, in der Psychologie in der Oranienburger Straße. Und die anderen Seminare sind teils - das steht da aber alles drin - in dem Institut für Sozialökologie. Soweit existiert das schon - es ist nur, dass es als Institut keine Perspektive haben wird. Aber noch ist die Struktur da. Uwe macht in der Canopus-Buchhandlung sein Seminar und Christine Eifler macht es hier am Hegelplatz.

Die Vorlesungsreihe - das sind die letzten Bemerkungen, die ich da jetzt noch machen will - ist also nun so aufgebaut (ich hoffe, dass das vor dem Hintergrund dessen, was ich erzählt habe, dann kenntlicher ist), dass ich zunächst wirklich mich noch einmal dem Weltzustand stellen will, in dem wir Realapokalypse veranstalten, und fragen will: Wozu sind wir da berufen?

Jetzt habe ich heute teils wesentlich über mich gesprochen, um festzustellen, dass man mit dem Einrichten – also, wie sorgfältig an diese Sache herangegangen werden soll. Und in der nächsten Vorlesung, wenn es dann Politik nicht bringt - was ja sozusagen die Ausgangsthese ist, die ich eben losgelassen habe: Dass die Verfassung nicht so angelegt ist - dann sind natürlich sehr viele Hoffnungen da verbunden, dass uns die Wissenschaft aus der ökologischen Krise rettet, dass das sozusagen die eigentlich politische Instanz ist. Keine Umweltpolitik, die sich nicht auf Studien beruft und kein Institut mehr, kein naturwissenschaftlich und technisches, insbesondere wo nicht die Umweltthemen jetzt dominieren. Das ist einfach eine Frage, die will ich irgendwie mit der nächsten Vorlesung ein Stück auf dem Wege bringen. Der Akzent wird sein, das kann ich schon verraten, dass das Problem natürlich nicht in der Wissenschaft, sondern in ihrer Einordnung liegt, dass sie einfach - wenn sie Teil sozusagen dieser Gesamtverhältnisse ist, dann kann man eigentlich nicht hoffen, es wäre sonst die Hoffnung, man kann sich auf ein Segelboot, auf ein eigenes Schiff hinstellen und in die Segel pusten, das also den Kurs ändern soll und Wind machen soll, den richtigen. Und dem will ich halt näher nachgehen. Ich will zeigen, welche Schwierigkeit es mit der Frage hat, ob Wissenschaft ökologisch sein kann. In der dritten Vorlesung will ich sagen: »Wie wir es uns einrichten könnten« - »sollten«. Aber nicht im Sinne – jetzt, sozusagen - des Durchdrückens, sondern: Wie man sich Institutionen der Rettung denken kann - aber natürlich eben nicht ohne eine Diskussion, die wirklich die Mehrheit der Bevölkerung erreicht und wo echte Interessen entgegenkommen. Anders kann es nicht ohne Mord und Totschlag durchgesetzt werden. Durchdrücken bringt da einfach nichts - so ist das gemeint. Das ist alles noch sozusagen Vorhut. Und dann will ich mich noch direkt mit dieser Frage also des Ökototalitarismus, der Ökodiktatur und so auseinandersetzen. In der Literatur habe ich auch dieses Buch angegeben von Dirk Fleck, »Go! Die Ökodiktatur«. Der hat also so ein Szenarium geschrieben, wie das schiefgehen könnte, möchte ich sagen – also, das ist der erste Zirkel von den ersten vier Vorlesungen. Und dann kommen also vier Antwortvorschläge, die andere Leute machen.