Rumeli - Patrick Leigh Fermor - E-Book

Rumeli E-Book

Patrick Leigh Fermor

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Beschreibung

Auf der Suche nach Byrons Schuhen Auf einer Landkarte des heutigen Griechenland sucht man Rumeli vergebens. Vor Jahrhunderten bezeichnete man damit den Norden des Landes, vom Bosporus bis zur Adria und von Makedonien bis zum Golf von Korinth. Verführt von der Fremdartigkeit und Schönheit des Namens »Rumeli« bereist Patrick Leigh Fermor diesen Landstrich.Seine Wanderungen in Griechenlands Norden führen ihn unter faszinierende Sarakatsanen, zum Kloster von Meteora und nach Messolonghi, wo er sich auf die Suche nach Byrons Schuhen begibt. Als er sie tatsächlich findet, erwartet ihn - wie so oft auf seinen Wegen - eine große Überraschung.

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Seitenzahl: 417

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PATRICK LEIGH FERMOR

RUMELI

Reisen im Norden Griechenlands

Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié

DÖRLEMANN

Die Originalausgabe »Roumeli – Travels in Northern Greece« erschien 1966 bei John Murray (Publishers) in London.Für Amy und Walter Smart eBook-Ausgabe 2014 Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten © 1966 by Patrick Leigh Fermor © 2012 by Dörlemann Verlag AG, Zürich Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf Umschlagfotografie: Kloster Roussanou, Meteora, Griechenland, © Rechitan Sorin/Shutterstock.com Satz und E-Book-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN 978-3-908778-49-3www.doerlemann.com

Patrick Leigh Fermor

VORBEMERKUNG

Auf einer Landkarte des heutigen Griechenland sucht man Rumeli vergebens. Es ist keine politische oder verwaltungstechnische Bezeichnung, sondern ein lokaler, ja fast umgangssprachlicher Begriff; etwa so, wie wir in England vom West und vom North Country sprechen, von den Fens oder von den Borders. Die Grenzen sind fließend, ja selbst die Lage hat sich im Laufe der Zeiten verschoben. Vor ein paar Jahrhunderten bezeichnete man damit, grob gesagt, den Norden des Landes (im Unterschied zur Morea, den Inseln und den von Griechen besiedelten Gegenden Kleinasiens) vom Bosporus bis zur Adria und von Makedonien bis zum Golf von Korinth. Nach dem Unabhängigkeitskrieg bezog sich der Name nur noch auf den Südteil dieses gewaltigen Gebiets, auf den Streifen Bergland zwischen dem Golf und der Nordgrenze, die das neu erstandene Königreich Griechenland von den noch unbefreiten Landesteilen trennte, die politisch auch weiterhin zum Osmanischen Reich gehörten. Die Grenze erstreckte sich vom Ambrakischen bis zum Pagasäischen Golf. Die Balkankriege und dann der Erste Weltkrieg schoben die griechische Grenze in zwei großen Sprüngen weiter nach Norden und verdoppelten die Fläche des Landes; doch wenn ein heutiger Grieche von Rumeli spricht, dann denkt er noch immer an jene Gegend zwischen dem Golf von Korinth und der längst nicht mehr bestehenden Nordgrenze. Reichlich willkürlich, reichlich anmaßend und nicht ohne Bedenken bin ich, vielleicht verführt von der Fremdartigkeit und Schönheit des Namens – der Akzent fällt auf die erste Silbe, was aus Rumeli einen Daktylus macht1  –, zu der älteren, unschärferen Bedeutung des Namens als Etikett für die Reisen, die ich hier präsentiere, zurückgekehrt. Dieser umfassendere und altmodischere Gebrauch liefert mir die Rechtfertigung dafür, daß ich mein Netz weit auswerfe, und gibt den willkürlichen Wanderungen wenigstens den Anschein eines Zusammenhalts. Ja besser noch, der Dreisilber selbst hallt wider von Anspielungen und verborgenen Bedeutungen, die entscheidend das eigentliche Thema dieses Buches sind.

Griechenland verändert sich schnell, und selbst der aktuellste Report ist in manchem veraltet, bis er erscheint. Der Bericht über meine Reisen, die allesamt schon einige Jahre zurückliegen und stets aus den entlegensten persönlichen Motiven unternommen wurden, könnte als Fremdenführer leicht in die Irre führen. Komfortable Überlandbusse sind an die Stelle der klapprigen Lokalbusse getreten, Asphaltstraßen wurden wie Schneisen mitten durch entlegene Dörfer getrieben, und Hotels schießen aus dem Boden. Klöster und Tempel, die noch vorgestern nur mit einsamen, anstrengenden Kletterpartien zu erreichen waren, sind heute kurze Zwischenstops im bequemen, gut organisierten Massentourismus. Zum erstenmal seit Julian Apostata steigt Rauch zwischen den Säulen auf, und der Reisende muß tief ins Hinterland vordringen, bis Radios außer Hörweite sind. All das beschert den Menschen bitter benötigtes Einkommen und ist für viele ein Quell des Vergnügens, und noch kann der Besucher, gelegentlich sogar der Einheimische, den es stört, sich schmollend in die Einsamkeit zurückziehen. Und in genau diese Einsamkeit werden die folgenden Seiten uns größtenteils führen.

Eine Liste all der griechischen Freunde, die mit Ratschlägen, als Führer, mit Gastfreundschaft, Kritik und jeder nur erdenklichen Unterstützung geholfen haben, wäre ellenlang – doch nicht annähernd lang genug für das, was ich ihnen schulde für die Freundlichkeit, die Anregungen, die Freuden so vieler Jahre. Auch anderen Verbündeten möchte ich für ihre Geduld und Nachsicht während der langen Entstehungszeit danken. Das einzig Traurige an dieser Danksagung ist, daß von den zwei Freunden, denen das Buch gewidmet ist, nur noch eine die Widmung lesen kann.

St. Fermin – Passerano nel Lazio – Forio –

Branscombe – Sevenhampton – Kalomitsi  

  P. M.L.F.

1

DIE SCHWARZEN WANDERER

Alexandroupolis ist eine große Stadt, doch die Leute dort haben nichts Großstädtisches– eher im Gegenteil. Verwaltungsbeamte aus Athen stöhnen, wenn sie hierher versetzt werden, und junge Offiziere werfen sich scheele Blicke zu, sobald das thrakische Exil droht. (Das war nicht immer so. In den Erzählungen meines Freundes Yanni Peltekis, der als Kind noch zu Türkenzeiten hier lebte, erscheint es voller Abenteuer und Geheimnisse, wie eine Stadt aus Tausendundeiner Nacht.) Ich hatte eine große Zuneigung entwickelt, vielleicht weil es meine erste griechische Stadt nach einer Abwesenheit von mehreren Jahren war. Aber ich sah auch, daß die Anziehungskraft verblassen würde, wenn ich zu lange blieb.2 Manches von der Enge einer jungen Provinzstadt findet sich hier, und am Abend erzählen die Offiziere und Beamten altvertraute Geschichten und Anekdoten, man gähnt, ein weiterer Kaffee wird getrunken, Bernsteinperlen klicken zwischen Fingern, die niemals die Manschette hochschieben, um nach der Uhrzeit zu sehen, denn alle wissen, daß es noch zu früh zum Schlafengehen ist. Die Öde immergleicher Gesellschaft droht, Gesellschaft, die man sich nicht selbst ausgesucht hat. Wenn ein Scherz, so meinen manche, einmal gut war, dann ist er immer wieder gut, und empfindsamere Naturen leiden schwer unter der Wiederkehr des Immergleichen.

Plötzlich jedoch blieben auf dem abendlichen Boulevard die Münder im Gähnen offen, denn eine unerhörte Gestalt, ein einsamer Fremdling ging vorüber, ein Mann, den nie ein Haus oder eine Straße einsperren könnte, einer so fremd in dieser beschaulichen Umgebung wie ein Wolf in der Innenstadt von Athen. Auf dem dichten Haar, das als Backenbart tief hinabreichte, saß in keckem Winkel ein grober schwarzer Pillboxhut. Die zweireihige Weste aus handgesponnener Ziegenwolle war in eine schwarze Schärpe gestopft, und darunter reichte ein kratziger, breit gefältelter Kilt steif hinab bis zu den Knien. Schwarze Strümpfe aus demselben spröden Gewebe bedeckten die langen Beine, und an den Füßen trug er die typischen Schuhe der griechischen Bergbewohner, an der Spitze wie ein Kanu nach oben gebogen und mit einer schwarzen Bommel oben auf dem Blatt. Die Sohlen waren beschlagen, und die Nägel knirschten auf dem Pflaster. Mit großen Schritten ging er in der Straßenmitte, blickte starr vor sich hin, als wolle er sein Auge nicht durch den Anblick der Häuser beleidigen. Einen langen Schäferstab, dessen Haken in Gestalt einer hölzernen Schlange geschnitzt war, hatte er quer über die Schulter gelegt und darum die Arme geschlungen, wie in den Bergen viele ihre Stäbe oder Flinten tragen. Ein leibhaftiger Sarakatsane! Köpfe wandten sich unter den staubigen Akazien nach ihm um, als er vorüberkam, und das Knallen, mit dem die Spielkarten auf den Tisch geschlagen wurden, und das Prasseln der Tavlisteine ließen einen Augenblick lang nach. Ich stand auf und ging ihm in diskretem Abstand nach.

Sarakatsanen haben mich seit jeher fasziniert. Zum erstenmal sind sie mir vor Jahren begegnet, als ich durch Bulgarien nach Konstantinopel wanderte. Eine Anzahl Hütten wie Bienenkörbe war über die winterlichen Hügel verstreut, die sich hinab bis zum Schwarzen Meer erstreckten. Reisighürden zogen sich den Berg entlang, mit Tausenden von zottigen Ziegen und Schafen, die in der regennassen Landschaft grasten, und ihre schweren Bronzeglocken erfüllten die Luft mit einem vieltönigen, harmonischen Klimpern. Hie und da, wie schwarze Steinblöcke zu Füßen der kreisenden Krähen, standen Hirten auf ihre Stäbe wie Lanzen gestützt, ihre Gesichter fast ganz von den großen Kapuzen der breitschultrigen, bodenlangen Ziegenhaar-Umhänge verborgen; Umhänge so grob gewebt und so steif vom Regen, daß ihre Bewohner beinahe heraustreten und sie stehen lassen konnten wie Wachhäuschen. Im folgenden Jahr sah ich sie wieder, auf einem Ritt durch die griechischen Gegenden Makedoniens, und übernachtete sogar einmal in einem ihrer verräucherten Wigwams. Später bin ich ihnen noch oft begegnet, in ganz Nordgriechenland: in den Ebenen im Winter und in den Bergen im Sommer; immer sah ich sie am Horizont oder in mittlerer Entfernung. Als echte Nomaden leben diese Ismaels aus freien Stücken am Rande der griechischen Gesellschaft, tauchen auf und verschwinden wie eine Fata morgana; gewöhnliche Sterbliche sehen sie nur aus der Ferne. Am Pindos, in den Rhodopen, auf den trockenen Ebenen von Rumeli gibt etwa eine Wendung in einer Schlucht den Blick auf eins ihrer vergänglichen Kegeldörfer frei. Im Winter sieht man vom Schnee aus, der sie in die Täler getrieben hat, die Versammlungen von Hütten tief unten, den Rauch ihrer Feuer und die grasenden Herden. Im Frühling nach der Schneeschmelze ziehen sie mit den Tieren und einer langen Pferdekarawane, auf die ihre sämtlichen Besitztümer geschnürt sind, wieder in die Berge, schlagen abends ihr Nachtlager aus finsteren Hütten auf; im Herbst kommen sie in Strömen zu Tal, zu den verdorrten Ebenen, auf denen bald der Regen das Gras sprießen läßt. Manchmal sieht man, wie sie abgeschnittene Zweige und Weidengerten zu den halbrunden Hütten flechten, die ihnen für eine Saison als Behausung dienen; später markieren dann die Hütten mit ihrem schwarzen, zergangenen Stroh die Stelle, wo sie ein paar Monate lang gelebt haben und von wo sie schließlich weitergezogen sind. Bisweilen künden Hundegebell und das Klappern der Glocken in weiter Ferne davon, daß sie irgendwo tief in den Stechpalmenwäldern kampieren oder in einer der unglaublich tiefen Schluchten, über denen sich nichts regt als ein Adlerpaar hoch in den Lüften. Kaum einmal zeigen sie sich. Zu seltenen Gelegenheiten tauchen sie auf, ansonsten beherrscht diese geheimnisvolle Gemeinschaft– etwa sechtzigtausend Seelen, mit Herden von mehreren Millionen Tieren– die Kunst, sich unsichtbar zu machen.

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