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Schleswig-Holstein ist das nördlichste Bundesland Deutschlands – und ein Paradies für Wohnmobilfans: Denn es bietet Stell- und Campingplätze an der Nord- und an der Ostsee, an Seen und Flussufern, in verschlafenen Dörfern und großen Städten wie Kiel, Lübeck oder Flensburg. Jetzt haben Sie die Qual der Wahl: entweder alles im Schnelldurchlauf erleben oder eine Tour herauspicken und genießen – und dann einfach wiederkommen für den Rest!
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Seitenzahl: 221
Wohnmobil und norddeutscher Charme – eine perfekte Symbiose!
Marion Landwehr
Die schönsten Routen zwischenFlensburg und Lübeck
Die Deiche sind bevölkert von Schafen – ein Markenzeichen des Bundeslandes.
Mölln ist die Till-Eulenspiegel-Stadt.
WILLKOMMEN IN SCHLESWIG-HOLSTEIN
»MOIN« IM HOHEN NORDEN
DIE ROUTEN
1VON DER ELBE BIS ZUR MARZIPAN-HAUPTSTADT
Im südöstlichen Binnenland
2IM OSTEN GEHT DIE SONNE AUF
Entlang der Lübecker Bucht zur Sonneninsel Fehmarn
3»ALPEN«-IDYLLE UND GROSSSTADTFLAIR
Durch die Holsteinische Schweiz nach Kiel
4IM HÖCHSTEN NORDEN
Unterwegs in Deutschlands nördlichsten Gefilden
5STRAND, WIND, WELLEN UND MEER
Deutschlands wilde Nordseeküste
6CHARMANTE DITHMARSCHER URLAUBSORTE
Zwischen Nordsee, Eider, Elbe und Nord-Ostsee-Kanal
REISEINFOS VON A BIS Z
PACK- UND CHECKLISTEN
REGISTER
PS: DA FÄLLT MIR NOCH WAS EIN!
STRASSENATLAS
IMPRESSUM
… oder, wie der Norddeutsche sagt, einfach »moin«: moin an den beiden Meeresküsten, moin im abwechslungsreichen Binnenland, in den bezaubernden Städten und auf den schönen Inseln.
Das nördlichste Bundesland
Der hohe Norden der Republik ist nicht nur mit der Nord- und der Ostseeküste gesegnet. Eine unendliche Weite, eine abwechslungsreiche Flora und Fauna, die stets leichte bis auch mal stärkere Brise, ein ganz besonderer Menschenschlag und charmante Städte machen den Reiz dieses Bundeslandes aus, das trotz aller Attraktivität immer noch wie ein verträumtes Juwel wirkt. Dabei kommen weder Landschaft noch Kunst und Kultur zu kurz – im Gegenteil: Es passen gar nicht alle Eindrücke in nur eine Reise.
Nationalgericht
Fischbrötchen in allen Variationen und Ausführungen sind Grundversorgungsmittel Nr. 1 in Schleswig-Holstein.
Erscheinungsbild
Das zweitkleinste Flächenland Deutschlands wird umrahmt von der Nordsee im Westen, der Ostsee und Mecklenburg-Vorpommern im Osten sowie Hamburg und Niedersachsen im Süden. Und im Norden? Endet Deutschland und Dänemark schließt sich an.
Architektur
Zwei augenscheinliche Merkmale prägen die norddeutsche Architektur: reetgedeckte Häuser und Backsteingebäude. Beides ist sehr schmuck anzuschauen.
Ebbe und Flut
Während die Nordseeküste charakterisiert ist durch die Gezeiten und infolgedessen die Nordsee regelmäßig »weg« ist, fallen Ebbe und Flut an der Ostsee weit weniger deutlich aus, da die Ostsee fast ein Binnenmeer ist.
Höchste Erhebung
Ein Bayer wird darüber lächeln, aber der höchste – na ja – Berg Schleswig-Holsteins ist mit 167,4 Metern der Bungsberg bei Schönwalde.
Charmante Städte
In Schleswig-Holstein gilt keinesfalls, dass Großstädte nicht hübsch sein dürfen. Selten präsentiert sich eine Landeshauptstadt so schick wie Kiel mit dem schmucken Hafen, der Altstadt und der Kieler Förde. Auch die nördlichste Stadt Deutschlands, Flensburg, hat viel mehr zu bieten als nur den Punkte-Sündenkatalog der Verkehrs-Rowdies. Und dann ist da natürlich Lübeck mit den Bauten im Stil der Backsteingotik. Das berühmte Holstentor ist der prominenteste Vertreter.
Ein paar Superlative
Der Nord-Ostsee-Kanal zwischen Brunsbüttel und Kiel-Holtenau ist die meistbefahrene Schifffahrtstraße der Welt. Das Bundesland verfügt über 1105 Kilometer Küstenlinie. Fehmarn ist mit 179 Quadratkilometern die größte Insel. 10 000 Tierarten leben im Nationalpark Wattenmeer.
Schafe, so weit das Auge reicht!
Man könnte meinen, in Schleswig-Holstein leben mehr Schafe als Einwohner. Fast 200 000 sollen es sein und sie stehen nicht nur dekorativ auf den Deichen – das tun sie nebenher auch –, sondern sie sind arbeitstechnisch recht ausgelastet mit Küstenschutz, Landschaftspflege, Umwelt- und Naturschutz.
Schleswig-Holstein entschleunigt. Es sind nicht zuletzt die beiden Meere und die offene, weite Landschaft, die zu einem genussvollen Aufenthalt beitragen.
Dom in der Inselstadt Ratzeburg
Häufig kommt man an Windmühlen vorbei, hier die Farver Mühle.
Die endlose Weite, das saftige Grün, die beiden Meere, die gemütlich wirkenden Schafe und letztendlich sogar der fast immer präsente Wind sind Faktoren, die uns innehalten und zur Ruhe kommen lassen. Beim Betrachten der grasenden Schafe kann man die Seele ebenso baumeln lassen wie beim Drachensteigenlassen, beim Wandern durchs Watt mit dem warmen Schlick unter den Füßen oder bei einer Radtour entlang der Deichkrone – auf der einen Seite das Meer, auf der anderen die offene, weite Landschaft. Aber auch im Binnenland mit den zahlreichen Seen, den unterschiedlichen Naturschutzgebieten, dem Marschland und charmanten Städten mit historischen Stadtkernen lässt es sich herrlich verweilen.
… so lautet der Slogan des nördlichsten Bundeslandes. Was ist wichtig zu wissen vor einer Reise nach Schleswig-Holstein, damit man diesen »echten Norden« auch richtig kennenlernt? 2,9 Millionen Einwohner leben dort und 245 000 davon in der Landeshauptstadt Kiel, das ist zugleich die größte Stadt im Land. Was die Bevölkerungsdichte anbelangt, so liegt Schleswig-Holstein mit 184 Einwohnern pro Quadratkilometer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Landesfläche beträgt 15 800 Quadratkilometer. Wasser ist ein zentrales Thema des Bundeslandes, das zwischen zwei Meeren liegt: Die gesamte Küstenlänge beträgt 1190 Kilometer, die Fließgewässer sind 32 000 Kilometer lang und die Seen beanspruchen eine Fläche von 28 000 Hektar. Die größten Seen sind der Plöner See, der Selenter See und der Große Ratzeburger See. Mit dem Nord-Ostsee-Kanal befindet sich außerdem die meistbefahrene Wasserstraße der Welt in Schleswig-Holstein – mehr befahren also als der Panama- und der Suezkanal! Die Inseln Fehmarn, Sylt, Föhr, Nordstrand, Pellworm, Amrum und Helgoland gehören zum Bundesland.
Einen weiteren Superlativ verdient sich das Radverkehrsnetz: Mit 6000 Kilometern rangiert Schleswig-Holstein deutschlandweit auf Platz 1. Der Tourismus des beliebten Urlaubslandes prägt als Wirtschaftsfaktor Leben und Arbeit der Bevölkerung. Schleswig-Holstein ist das einzige deutsche Bundesland, in dem zwei nationale Minderheiten und eine Volksgruppe leben, nämlich die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe und die deutschen Sinti und Roma.
Ein paar charakteristische Merkmale des nördlichsten deutschen Bundeslandes wurden nun schon genannt – es sind aber sehr viel mehr, die Schleswig-Holstein auszeichnen: Die schmucken Leuchttürme, meist in rot-weißem Ringellook gehalten, wachen über malerischen Häfen. Insgesamt 60 Leuchttürme stehen an der Nord- und Ostseeküste Schleswig-Holsteins, davon sind noch rund 50 in Betrieb. Kilometerlange Strände mit weißem Sand erhalten Farbkleckse durch die Strandkörbe, die in Reih und Glied oder auch mal völlig durcheinander den Strand bereichern und – nebenbei bemerkt – ihre absolute Berechtigung haben. Denn sie sind nicht nur schön anzusehen, sondern bieten an manch stürmischem Tag auch einen idealen Ort, um die Naturgewalten windgeschützt zu betrachten.
Auch die Architektur ist eine besondere: Ein Blickfang und urtypisch für das Bundesland sind die reetgedeckten Häuser. Reet bezeichnet getrocknetes Schilfrohr, das zur Dacheindeckung verwendet wird. Reetdächer haben einen großen Dachüberstand und gelten als atmungsaktiv und witterungsbeständig. Sie sorgen für ein gutes Raumklima und das chemisch wenig behandelte Schilfrohr ist allergikerfreundlich. Auch Windmühlen, ein weiteres Symbol Schleswig-Holsteins, haben oft Reetdächer. Über 100 Windmühlen zieren das Bundesland und man kommt meist ganz unverhofft an einem solchen Schmuckstück vorbei.
»Pötte Gucken« kann man beispielsweise in der Kieler Förde.
Prominenter Vertreter der Backsteingotik ist das Holstentor in Lübeck (siehe Tour 1). Mit Backsteingotik ist das dekorative Bauen mit Backsteinen gemeint. Auch der Kirchenbau in Schleswig-Holstein ist geprägt von der Backsteinarchitektur aus der Zeit der Romanik und der Gotik. Backstein wird oft »der rote Baustoff der Hanse« genannt. Er gab der Hanse jahrhundertelang ihr Gesicht und hinterließ eindrucksvolle Bauwerke. Mit diesem Baustoff konnten standfeste Mauern, mächtige Kirchen und wehrhafte Burgen errichtet werden. Auch heute noch prägt der Backstein das Bild der Städte in Schleswig-Holstein.
Ebbe und Flut gibt es …
Und nicht zuletzt sind Schiffe ein Markenzeichen Schleswig-Holsteins. Ob Tretboot, Segelboot, Jacht, kleine Fußgängerfähre, Autofähre oder Ozeanriese – man begegnet auf den Flüssen und den Meeren allem, was die Schifffahrt zu bieten hat. Hierfür sind natürlich auch Häfen vonnöten und auch davon hat Norddeutschland einige zu bieten, von höchst pittoresken kleinen Museumshäfen über bunte, mediterrane Stadthäfen bis hin zu den Übersee-Kais, an denen Kreuzfahrtschiffe und Ozeanriesen anlegen.
Betrachtet man die Natur Schleswig-Holsteins, so kommt man nicht umhin, das Wahrzeichen des Bundeslandes zuvorderst zu nennen: Das von der UNESCO als Weltnaturerbe ausgezeichnete Wattenmeer erstreckt sich auf einer Fläche von 4367 Quadratkilometern und reicht von der Elbmündung im Süden bis zur dänischen Grenze im Norden. Es steht unter Schutz des Nationalparks Wattenmeer – das ist der größte Nationalpark zwischen dem Nordkap und Sizilien. In ihm darf sich die Natur frei entfalten, weshalb das Motto gilt: die Natur Natur sein lassen.
… im Nationalpark Wattenmeer.
Dünenlandschaft mit feinem weißen Sand
Das Watt lebt! Und in ihm mehr als 10 000 Arten mit einem sogar recht hohen Anteil an seltenen Arten. Man findet Wattwürmer und Herzmuscheln, Queller und Strandastern, Austernfischer, Rotschenkel, Ringelgänse und sogar Schweinswale und Seehunde. Manche dieser Lebewesen, die im Nationalpark Schutz finden, kommen nur hier vor, deshalb ist dieser Lebensraum für sie überlebenswichtig. Als Weltnaturerbe spielt das Wattenmeer in derselben Liga wie der Serengeti-Park in Afrika, der Grand Canyon in den USA oder das Great Barrier Reef in Australien.
Das Kontrastprogramm zum Wattenmeer mit seiner Naturgewalt bildet die liebliche Strandlandschaft der Ostsee mit ihren malerischen Buchten, langen Sandstränden und Strandpromenaden sowie den berühmten Ostseebädern. Mal spülen die sanften Wellen gemächlich über die flachen Sandstrände, mal donnern sie tosend gegen die Klippen der Steilküste. Da es an der Ostsee kaum Tidehub gibt, ist vor allem der südliche Bereich ein Badeparadies.
Die drei Begriffe »Hallig«, »Koog« und »Siel« begegnen jedem Schleswig-Holstein-Touristen regelmäßig – zumindest an der Nordseeküste. Halligen sind kleine Marschinseln vor der Küste, die nicht geschützt sind und deshalb bei Sturmfluten überschwemmt werden können. Nur die Warften, die künstlich aufgeschütteten Hügel, können nicht überspült werden. Darauf sind die Häuser errichtet.
Wenn der Wasserstand der Nordsee ansteigt, ist auf den Halligen »Land unter« – in besonders extremen Fällen ragen dann nur noch die auf den Warften errichteten Häuser aus dem Wasser. Zehn Halligen liegen vor der Nordseeküste Schleswig-Holsteins, das sind Langeneß, Hooge, Nordstrandischmoor, Oland, Gröde, Habel, Norderoog, Süderoog, Südfall und die Hamburger Hallig. Es sind aber nur sieben davon ständig bewohnt, ein paar bieten Gaststätten und Übernachtungsmöglichkeiten. Hooge und Langeneß haben mit jeweils etwas mehr als 100 Einwohnern die meiste Bevölkerung (wohingegen auf Süderoog nur vier und auf Südfall sogar nur zwei Menschen leben!). Die meisten Halligen werden während der Saison mit dem Schiff angesteuert, manche erreicht man im Rahmen einer Wattwanderung, manche mit einer Lorenbahn und die Hamburger Hallig sogar mit dem eigenen Auto über einen Damm.
Auch typisch für die Westküste Schleswig-Holsteins sind die Köge. Als Koog wird ein aus den Seemarschen gewonnenes Stück Land bezeichnet, das mittels Deichbau entstand. Das Marschland wird dem Meer durch Entwässerung entzogen und zum Schutz eingedeicht. So kommt es, dass um manche Orte zwei Deiche existieren und das Land dazwischen entwässertes Marschland ist, das als Acker- und Weideland genutzt wird.
Um das Wasser, das dem Marschland entzogen wurde, durch den Deich Richtung Meer abzuleiten, wird eine Schleuse beziehungsweise ein Sperrwerk im Deich errichtet. Das Siel bezeichnet dabei die Stelle, durch die das Wasser ausfließen kann.
Überall malerische Häfen!
Die günstige Lage wird für die Windenergie genutzt.
Zwei Meere, zahlreiche Seen und Marschland machen es möglich: Viel Wasser ist die beste Voraussetzung für die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein. Hinzu kommen ein gesundes Klima und guter Boden. So ist es also kein Wunder, dass das Bundesland von der Landwirtschaft geprägt ist. 63 Prozent der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt (im Vergleich dazu sind es im Bundesdurchschnitt nur 47 Prozent). Zwar dient die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein vorrangig der Nahrungsmittelproduktion, doch sie breitet sich zunehmend auf andere Gebiete aus, auf den Tourismus zum Beispiel, auf die Energiewirtschaft, die Landschaftspflege und die Direktvermarktung.
Eine große Rolle in der Landwirtschaft der Westküste des Bundeslandes spielen Schafe. Sie gelten als »Küstenschützer«, weil Deiche, die von Schafen schon seit vielen Jahren beweidet werden, Naturkatastrophen wie Sturmfluten besser standhalten. Denn durch den tiefen Biss der Schafe bleibt die Grasnarbe kurz und dicht und verfestigt sich mit dem Tritt der Tiere, was wiederum für einen erosionsbeständigen Deichboden sorgt. Von der Landschaftspflege abgesehen ist das Schaf eines der ältesten Nutztiere und liefert dem Menschen Wolle, Fleisch, Milch, Felle und Dünger. 1100 Schaf-Betriebe gibt es in Schleswig-Holstein, das Bundesland verfügt insgesamt über fast 200 000 dieser Tiere. Einige Betriebe haben sich auf die Erzeugung von Schafs- und Ziegenkäse spezialisiert.
Oft bietet sich dieses Bild: Im Vordergrund weiden Schafe, im Hintergrund drehen sich munter die Windkrafträder. Denn als Land zwischen zwei Meeren ist Schleswig-Holstein so gut wie kein anderes Bundesland für die Nutzung von Windenergie als regenerative Energiequelle geeignet – und zwar sowohl im Binnenland (onshore) als auch auf See (offshore). Schleswig-Holstein gilt als Geburtsland der Windenergie und trägt neben den Auswirkungen für den Klimaschutz zur Wertschöpfung im ländlichen Bereich bei. 2014 hat Schleswig-Holstein als erstes Bundesland 100 Prozent seines Energiebedarfs mit erneuerbarer Energie gedeckt.
Unabdingbar für die Windenergie ist nun einmal … der Wind! Er kommt erstaunlicherweise immer von vorne. Und er ist auch immer da. Mal als regelrechter Sturm, mal als frische Brise, mal als sanftes Streichen über die Haut. An der Nordsee kann es schon mal kräftig stürmen, zwischen den Küsten bläst eher mäßiger Wind durch die Baumwipfel, an der Ostsee werden Wellen und Wolken übers Meer gepustet und an den Häfen der Städte kann der Wind auch schon mal Boote zum Schaukeln bringen und das Haar zerzausen. Wichtig ist also, eine der Jahreszeit entsprechende Kopfbedeckung dabeizuhaben!
Rund 25 Hektar Anbaufläche des Bundeslandes beansprucht der Grünkohl. Das norddeutsche »Kultgemüse« wird in kleinen Einheiten angebaut und verfügt über hohe Gehalte an Vitamin A, C und B2, an den Mineralstoffen Kalium, Calcium, Magnesium und Phosphor sowie einen großen Gehalt an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Es schmeckt zudem höchst lecker als deftiges Gericht mit Kartoffeln und Speck, Mettenden oder Kassler.
Sowohl der Grünkohl als auch andere Produkte aus Schleswig-Holstein werden vorwiegend direkt vermarktet, also über Wochenmärkte, Hofläden und den regionalen Einzelhandel. Vor allem die Wochenmärkte spielen eine große Rolle in Schleswig-Holstein. Dort gibt es frische Produkte direkt vom Erzeuger sowie regionale und saisonale Köstlichkeiten. Meist finden die Märkte auf den herausgeputzten Marktplätzen der historischen Altstädte statt – dann ist das Einkaufserlebnis noch mal so schön! In den diversen Touren sind die Termine der Wochenmärkte in den besuchten Städten immer mit angegeben.
Die deftige Küche Schleswig-Holsteins zeichnet sich durch ihre bisweilen eigenwilligen Rezepte aus. Unter den meisten Begriffen kann sich der Nicht-Norddeutsche auch gar nichts vorstellen – so hat ein Süddeutscher schon das eine oder andere Fragezeichen in den Augen, wenn es um »Sauerfleisch«, »Fliederbeersuppe«, »Möwenschiss« oder »Labskaus« geht. Um das Geheimnis zu lüften: Sauerfleisch ist ein Gericht aus Schweinefleisch, das durch die Zugabe von Essig oder Weißwein einen säuerlichen Geschmack erhält. Hinter der Fliederbeersuppe versteckt sich eine Fruchtsuppe mit Fliederbeersaft und Apfelstückchen mit Mehl- oder Grießklößchen darin – diesem Gericht sagt man wärmende Eigenschaften nach. Besonders eigenartig hört sich Möwenschiss an – das ist ein Glas Doppelkorn mit einer Scheibe Salami darauf, garniert mit einem Klecks Senf und Meerrettich; der Name wirkt sehr passend. Labskaus ist ein altes Seemannsgericht, das aus Kartoffeln, Pökelfleisch, Stockfisch oder Hering und Roter Beete besteht. Der Hintergrund dieser deftigen Küche ist, dass die Bewohner des Bundeslandes von jeher schwere körperliche Arbeit zu verrichten hatten und hierfür eine gute und vor allem gehaltvolle Ernährung vonnöten war und auch immer noch ist. Deshalb ist die traditionelle Küche in Schleswig-Holstein robust und nahrhaft.
Natürlich steht ganz oben auf dem Speiseplan Fisch – und zwar in allen Variationen. Dank Nord- und Ostsee und den vielen Seen bietet die maritime Küche vielfältige kulinarische Schätze: Matjes mit Pellkartoffeln zum Beispiel, Kieler Sprotten oder geräucherten Aal – es gibt fast nichts Fischiges, das man in Schleswig-Holstein nicht finden würde. Dabei haben viele Fischarten einen ganz besonderen, lokalen Bezug: Die Matjesproduktion wird Glückstadt zugeordnet, die Sprotten (heringsartige Fische) stammen aus Kiel, und Büsum ist für die Krabbenfischerei bekannt. Serviert werden die Fischspezialitäten in urigen Räucherkaten, an Verkaufsständen am Hafen, mitunter auch direkt am Kutter und in gemütlichen bis hin zu gediegenen Fischrestaurants.
Fischliebhaber kommen voll auf ihre Kosten.
Fast jede Stadt hat einen Wochenmarkt.
Der Fischfang ist ein riesengroßer Wirtschaftszweig.
Relikt aus der Wikingerzeit: das Freilichtmuseum Haithabu
Der speziellen norddeutschen Küche entsprechen auch einige Getränke. So rätselten wir lange über den Begriff »Tote Tante« auf den Getränkekarten der Cafés. Wir brachten in Erfahrung, dass es sich dabei um einen heißen Kakao mit einem ordentlichen Schuss Rum und einem Klecks Schlagsahne obendrauf handelt. Die eigenwillige Getränkebezeichnung geht auf eine Legende zurück. Ihr zufolge wanderte eine Dame von der Insel Föhr nach Amerika aus. Nach ihrem Tod wollten ihre Verwandten die Urne nach Deutschland zur Beerdigung transportieren lassen. Sie waren aber zu geizig, die offiziellen Transportkosten der Urne zu bezahlen, und ließen sie deshalb in einer Kiste mit Kakao transportieren. Zum Leichenschmaus gab es dann heißen Kakao mit Rum und Schlagsahne.
Nun haben wir bereits einiges über das nördlichste Bundesland erfahren – es wird Zeit, sich dem geschichtlichen Hintergrund Schleswig-Holsteins zuzuwenden, denn der ist richtig spannend. Es ist eine deutschdänische Geschichte und sie handelt von Wikingern. Schleswig-Holstein war schon in der frühen Vorzeit besiedelt, wovon beispielsweise Megalithgräber wie die von Arnkiel zeugen, einer archäologischen Freilichtanlage nahe Flensburg (siehe Tour 4). Die Wikingersiedlung Haithabu an der Schlei (ebenfalls Tour 4) entstand im 9. Jahrhundert und ist eine der größten und wichtigsten Wikingersiedlungen Europas. In Häusern aus Lehm lebten viele Handwerker und Händler, umgeben war die Siedlung von einem hohen Schutzwall. Sieben dieser Wikingerhäuser wurden rekonstruiert und können in der Freilichtanlage besichtigt werden. Die Stadt Schleswig (ebenfalls Tour 4), zu der Haithabu gehört, ist gleichermaßen von den Wikingern geprägt. Auch diese Siedlung und späterer Handelsplatz entstand im 9. Jahrhundert. Nachdem die Slawen die Siedlung zerstörten, übernahmen sie die heutige Stadt Schleswig und bauten die Siedlung zu einer wichtigen Drehscheibe für den Handel aus. Die Dänen ließen sich bereits im 6. Jahrhundert auf Jütland nieder, im 9. Jahrhundert wurde die Eider als südlichste Grenze Dänemarks definiert. Lange erstreckte sich Dänemark viel weiter nach Süden und Norden, als es heute der Fall ist, und so waren Teile Norddeutschlands, Schwedens und Norwegens dänisch. Im Mittelalter präsentierten sich die heutigen Schleswig-Holsteiner sprachlich und kulturell gemischt deutsch, dänisch und friesisch. Im 12. und 13. Jahrhundert konzentrierte sich sowohl die dänische als auch die holsteinische Machtpolitik auf das Herzogtum Schleswig. Das Herzogtum existierte von 1200 bis 1864, und als preußische Provinz ging Schleswig-Holstein schließlich 1867 nach dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864) und dem Deutschen Krieg (1866) aus den Herzogtümern Schleswig und Holstein hervor. Schleswig war schon lange ein dänisches Lehen, aber vertraglich seit 1460 »Up ewig ungedeelt« (auf ewig ungeteilt) mit Holstein verbunden. »Auf ewig ungeteilt« ist auch heute noch der Wahlspruch Schleswig-Holsteins.
Noch heute finden sich sprachliche Spuren der deutsch-dänischen Geschichte in Norddeutschland. Ganz besonders im nördlichsten Norden des Bundeslandes fällt auf, dass etliche Ortsnamen auf »-by« enden – das hat die Bedeutung »Hof« und später »kleine Stadt« und schlägt sich in Ortsnamen wie Sieseby oder Rieseby (siehe Tour 4) nieder. Die Endung »-holm« steht für »kleine Insel« und findet sich beispielsweise im Schleswiger Ortsteil Fischersiedlung Holm (Tour 4) – tatsächlich war dieser Holm bis zum 20. Jahrhundert durch das Holmer Noor vom Festland getrennt. Heute ist der Holm mit dem Festland verbunden.
Plattdeutsch (auch Niederdeutsch genannt) ist die Regionalsprache in Schleswig-Holstein. Es wird auf dem Land stärker benutzt als in den Städten und ist für Nicht-Schleswig-Holsteiner mitunter nahezu unverständlich. Einzig und allein das zu jeder Tageszeit gebräuchliche »Moin« wird jeder verstehen – warum man sich aber abends mit »Moin« grüßt, wird wohl weiter unverständlich bleiben …
Die Dialektvielfalt in Schleswig-Holstein ist groß und mit fünf anerkannten Sprachen – nämlich Hochdeutsch, Niederdeutsch, Dänisch (mit Südjütisch), Nordfriesisch und Romanes – stellt Schleswig-Holstein im deutschsprachigen Raum Europas die Region mit den meisten Sprachen dar. Auf vielen offiziellen Schildern findet man deshalb nicht nur die deutsche Bezeichnung; so steht auf den Schildern der Polizeireviere in Schleswig-Holstein nicht nur »Polizei«, sondern auch der dänische Begriff »Politi«. Auch auf den Verkehrsschildern steht manches Ziel zusätzlich auf Dänisch geschrieben.
Schleswig-Holstein ist »zweisprachig«.
Wir erkunden die Ostsee- und die Nordseeküste, Seebäder und schmucke historische Städte, wandern durchs Wattenmeer und erleben Perlen des Binnenlands.
Herrlich! Strandkörbe am feinen Sandstrand von Grömitz an der Ostsee
Im südöstlichen Binnenland
START- UND ENDPUNKT
Geesthacht und Lübeck
STRECKENLÄNGE
141 km
FAHRZEIT
4 bis 6 Tage
BESTE JAHRESZEIT
April bis Oktober
Wer an Schleswig-Holstein denkt, hat zwangsläufig die Küsten der Nord- und Ostsee vor Augen. Das Binnenland gerät da leicht in Vergessenheit. Mit Start in Geesthacht an der Elbe führt die Tour über das malerische Wasserschloss Ahrensburg und die Inselstadt Ratzeburg mit ihrem Dom in romanischer Backsteinarchitektur durchs Innere Schleswig-Holsteins bis nach Lübeck. Neben dem Holstentor, dem Wahrzeichen der Hansestadt, sorgen zahlreiche Sehenswürdigkeiten für Kurzweil.
Höhepunkt jeder Norddeutschlandreise: Lübeck mit dem Holstentor
Die Lage an der Elbe und die Nähe zu Hamburg sind nicht die einzigen Aspekte, die Geesthacht zu einem attraktiven Urlaubsziel machen. Ausgangspunkt für diese Tour ist der naturbelassene Campingplatz Hohes Elbufer, der – wie der Name schon sagt – direkt an der Elbe liegt. So kann man nicht nur einen der Strände an der Elbe aufsuchen und sogar in ihr baden, sondern auch Ausflugsfahrten per Boot und Schiff unternehmen. Da der Platz mitten im Naturschutzgebiet liegt, bietet er zahlreiche Möglichkeiten für Wanderungen und Radtouren.
Alfred Nobel steht im Vordergrund der Kulturgeschichte des knapp 30 000-Einwohner-Ortes. Denn der schwedische Chemiker und Erfinder gründete 1865 im heutigen Ortsteil Krümmel eine Nitroglycerinfabrik und erfand kurz darauf das Dynamit. Die Ruinen dieser Fabrik finden sich heute als Industriemuseum Geesthacht versteckt im Wald rund um den Wasserturm Geesthacht und können im Rahmen einer Führung erkundet werden. Der Rundgang dauert zwei Stunden und führt zum Teil durch unwegsames Gelände.
Angler-Bootshäuschen in Geesthacht
SPECIAL
DYNAMITFABRIK KRÜMMEL
Durch die Erfindung des Dynamits erlangte der schwedische Chemiker Alfred Nobel Berühmtheit. Seine Fabrik im Geesthachter Ortsteil Krümmel war die erste, die den Sprengstoff außerhalb Schwedens produzierte, und ein großer Arbeitgeber in der Region. Nach schweren Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion eingestellt und die Fabrik anschließend von den Alliierten demontiert. Deshalb sind heute nur noch Ruinen übrig, die Natur erobert sich das Gelände zurück. Manche Bauwerke haben die Zeit jedoch auch gut überstanden und so ist dieser Lost Place heute ein wirklich sehenswerter Ort.
Elbschleuse in Geesthacht
Im selben historischen Gebäude wie die Touristeninformation, dem Krügerschen Haus, befindet sich das GeesthachtMuseum!. Das Haus stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist das älteste der Stadt. Wechselnde Ausstellungen zeigen Werke einzelner Künstler oder auch Schulprojekte.
In Friedrichsruh, ein Ortsteil von Aumühle und mit dem Wohnmobil zwölf Kilometer von Geesthacht entfernt, liegt mit dem Bismarck-Museum ein weiteres kulturelles Ziel. Das Museum beschäftigt sich mit dem Leben und Wirken des preußischen Ministerpräsidenten und ersten deutschen Reichskanzlers. Die Ausstellung präsentiert die Dauerausstellung »Otto von Bismarck und seine Zeit« sowie wechselnde Sonderausstellungen.
Der Fokus der Stadt liegt jedoch unbenommen auf der Elbe und deren Freizeitwert. Einfach nur den Frachtern beim Vorbeituckern zuzuschauen oder sich selbst an Bord eines Schiffes den Wind um die Nase wehen zu lassen – vieles ist möglich. In Geesthacht legen einige Fahrgastschiffe an, zwei Schiffsanleger befinden sich in der Stadt (einer am Veranstaltungsgelände Menzer-Werft-Platz und ein kleiner im Ortsteil Tesperhude).
Ziele sind unter anderem Hamburg, der Elbe-Seitenkanal oder der Elbe-Lübeck-Kanal. Wer es eine Nummer kleiner haben möchte, geht an Bord der historischen Stadtbarkasse »Piep«.
Ein eindrucksvolles Erlebnis ist ein Besuch der Geesthachter Elbschleuse. Die Elbbrücke mit Staustufe und Schleuse wurde 1957 erbaut. Von ihr hat man einen tollen Blick sowohl auf den Schiffsverkehr als auch auf die Technik der Schleuse. Ebenfalls im Blick hat man von der Brücke aus die nahe gelegene Fischaufstiegsanlage – es ist die größte Europas. Eine Abkühlung in der Elbe ist aufgrund der guten Wasserqualität bedenkenlos möglich – Schwimmfreudige sollten jedoch die Strömung nicht unterschätzen. Baden ist an der Südseite der Elbinsel Geesthacht möglich. Dort gibt es einen Strandabschnitt mit lauschigen Plätzen, ausgestattet mit originellen, augenscheinlich selbst gebastelten Bänken, und ansonsten sehr viel Natur. Für einen entspannenden Spaziergang sind zwei Rundwege vorhanden.
An der Mühle Artlenburg …
… radelt man auf dem Radweg Hohes Elbufer vorbei.
Elbbrücke in Geesthacht
RADTOUR
GEESTHACHTER RADTOUREN
Statt per pedes kann man natürlich auch mit dem Drahtesel die Gegend erkunden. Sei es auf Teilen des Elberadweges (zum Beispiel durch die Vier- und Marschlande und die Elbmarsch), während der Elbe-Radtour Hohes Elbufer oder auch auf einer der Thementouren wie der Techniktour, die an interessanten historischen und modernen Bauwerken und Plätzen vorbeiführt. Fahrräder und E-Bikes kann man bei der Touristeninformation Geesthacht ausleihen.
Überhaupt gibt es rund um Geesthacht viel Natur. Neben der Elbinsel Geesthacht, ein wahres Kleinod mit den weiten Wiesen, seltenen Vögeln und dem Blick auf die Elbe, ist das Hohe Elbufer ein schönes Fleckchen. Man kann das Naturschutzgebiet Hohes Elbufer am besten im Rahmen einer Wanderung kennenlernen. Diese verläuft ab Geesthacht-Tesperhude an der Elbe entlang und ist ein Teilbereich des Biosphärenreservates »Flusslandschaft Elbe«. Startpunkt ist die Gaststätte Elbkantinchen am Strandweg in Tesperhude. Wer auf dem Campingplatz Hohes Elbufer steht, kann gleich vom Platz aus starten, denn die Wanderung führt direkt daran vorbei. Es geht gegen den Uhrzeigersinn immer mehr oder weniger nah an der Elbe entlang – auf dem Weg ergeben sich tolle Blicke auf den Fluss. Kurz nach dem Campingplatz folgt der nach Süden hin abfallende Steilhang des Elbe-Urstromtals – von oben betrachtet kann man die Bezeichnung Hohes Elbufer gut nachvollziehen.
Es gibt aber auch direkte Wasserzugänge am Weg. Etwa fünf Kilometer nach dem Startpunkt kann man sich im »Sandkrug« stärken. Danach führt ein kleiner Abstecher über eine alte Kopfsteinpflasterstraße zur ehemaligen Befestigungsanlage Ertheneburg, dann geht es durch den Laubwald zurück nach Tesperhude. Der Rückweg ist relativ unspektakulär, weshalb man auf den Elberadweg ausweichen könnte, der parallel zum Hinweg verläuft. Holzschilder mit der Aufschrift »Rundweg« weisen immer wieder vom oberen Weg auf Verbindungswege zum Radweg hin. Die Wanderung ist zwölf Kilometer lang, beinhaltet etwa 70 Höhenmeter und ist in zweieinhalb bis drei Stunden zu bewerkstelligen.
Im Elbkantinchen kann man auch auf dem Radweg Hohes Elbufer einkehren.
Die Elbe ist auch ständiger Begleiter auf der Elbe-Radtour Hohes Elbufer, welche den Fluss, Laubwald und Ausblicke miteinander kombiniert. Wir starten in Geesthacht und folgen dem Elbradweg, der mit einem entsprechenden Wegweiser ausgestattet ist. Der Hinweg erfolgt in Schleswig-Holstein, wir radeln auf einem gut angelegten Forstweg, immer schattig, und manchmal haben wir einen Blick auf die Elbe. Die 45 Kilometer lange Tour ist ein Rundweg, Umkehrpunkt ist zwischen Lauenburg und Hohnstorf, wo wir über die Elbbrücke die Flussseite und das Bundesland wechseln. Hier sollte man unbedingt kurz anhalten und den Blick auf die malerische Lauenburger Altstadt mit den Fachwerkhäusern genießen! Es lohnt sich auch, die Altstadt genauer unter die Lupe zu nehmen, bevor es zurück nach Geesthacht geht.