School of Talents 6: Sechste Stunde: Nebelalarm! - Silke Schellhammer - E-Book

School of Talents 6: Sechste Stunde: Nebelalarm! E-Book

Silke Schellhammer

0,0
8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Willkommen in der SCHOOL OF TALENTS! In diesem Internat haben alle fantastische Fähigkeiten. Sie können sich verwandeln, Tiere verstehen, Wasser beherrschen ... so was eben! Band 6 der SPIEGEL-Bestseller-Reihe:             Huch, wo ist denn die Schule hin? Eines Morgens liegt dichter Nebel über der SCHOOL OF TALENTS. Alva und ihre Freunde können den Weg zur Mensa kaum finden. Was sind das für gruselige Geräusche? Irgendetwas schleicht durch den Dunst. Und warum steht die Statue von Graf von Donnersberg nicht mehr an ihrem Platz vorm Schlösschen? Oh, wie unheimlich! Ist vielleicht etwas dran an der Legende vom Grafen im Nebel? SCHOOL OF TALENTS Normaler Unterricht? Fehlanzeige! Chaos? An der Tagesordnung! Geheimnisse lüften und Abenteuer erleben? Aber unbedingt! Weitere Bände von "School of Talents": Erste Stunde: Tierisch laut! Zweite Stunde: Stromausfall! Dritte Stunde: Monster in Sicht! Vierte Stunde: Schulfest im Schneckentempo! Fünfte Stunde: Klassen treffen! Sechste Stunde: Nebelalarm! Siebte Stunde: Mutprobe! Noch mehr Abenteuer sind in Vorbereitung! Ein spannendes und lustiges Kinderbuch mit kurzen Kapiteln und vielen Bildern für Mädchen und Jungen ab 8

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Silke Schellhammer

School of Talents

Sechste Stunde: Nebelalarm!

Mit Bildern von Simona M. Ceccarelli

 

Willkommen in der SCHOOL OF TALENTS! In diesem Internat haben alle fantastische Fähigkeiten. Sie können sich verwandeln, Tiere verstehen, Wasser beherrschen ... so was eben!

 

Huch, wo ist denn die Schule hin? Eines Morgens liegt dichter Nebel über der SCHOOL OF TALENTS. Alva und ihre Freunde können den Weg zur Mensa kaum finden. Was sind das für gruselige Geräusche? Irgendetwas schleicht durch den Dunst. Und warum steht die Statue von Graf von Donnersberg nicht mehr an ihrem Platz vorm Schlösschen? Oh, wie unheimlich! Ist vielleicht etwas dran an der Legende vom Grafen im Nebel?

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Personenvorstellung

Viten

Alva rekelte sich in ihrem Bett. Draußen dämmerte gerade erst der neue Tag. Warum war sie denn so früh aufgewacht? Sie schaute rüber zu Fritzi, ihrer Mitbewohnerin. Die schlief leise schnarchend.

Alvas Blick wanderte weiter auf ihren Wecker. „Häääää?“, entfuhr es ihr überrascht. Es war bereits nach sieben. Da stimmte doch etwas nicht. Eigentlich müsste es viel heller sein.

Sie stand auf und ging zum Fenster. In Fritzis Bett raschelte die Decke.

„Was ist denn los?“, fragte ihre Freundin verschlafen.

Alva rieb sich ungläubig die Augen. „Die Welt ist irgendwie verschwunden“, wunderte sie sich.

„Dann weck mich, wenn sie wieder da ist“, murrte Fritzi.

Alva drehte sich vom Fenster weg und betrachtete grinsend den brummenden Deckenberg. „Das musst du dir anschauen. Da draußen ist … nichts.“

Fritzi richtete sich auf. „Wie? Nichts?“, wiederholte sie, rollte aus dem Bett und schlurfte zu Alva ans Fenster. „Echt jetzt?“, muffelte sie missmutig. „DAS ist doch nicht nichts, sondern nur Nebel.“

Alva nickte. „Ja, schon, aber ziemlich viel Nebel, oder? Ich kann nicht mal die Bäume vor dem Haus erkennen.“

Fritzi starrte angestrengt in das Weiß vor dem Fenster. „Ich auch nicht“, gab sie zu und japste auf einmal erschrocken nach Luft. „Hat Mala vielleicht …“

Weiter kam sie nicht. Alva rannte schon los. Riss die Tür auf. Hetzte über den Flur und polterte in das Zimmer der Freundinnen.

„MALA!“, rief sie aufgebracht.

Die tauchte verstrubbelt aus ihrem Kleiderschrank auf. „Hmm?“, brummte sie, denn morgens gehörte sie nicht zu den Gesprächigsten.

„Ah, gut, du bist wach!“, stellte Alva fest.

Malas Blick verriet, dass sie keine Ahnung hatte, was dieser morgendliche Überfall sollte.

Fritzi, die Alva gefolgt war, erklärte: „Wir dachten, du hattest vielleicht wieder einen Albtraum und deshalb ist der ganze Nebel da draußen.“

Mala schnaubte. „Manno, da lässt man ein Mal nachts die Bude einschneien!“, beschwerte sie sich.

„Wir mussten uns freischippen, nur weil du einen Albtraum hattest“, erinnerte Fritzi sie.

Alva lachte, als sie an die Schneemassen dachte. „Aber eigentlich war es auch total witzig“, gab sie zu. Sie waren im ersten Stock aus dem Haus geklettert und auf einem riesigen Schneeberg nach unten gerutscht.

Lenni, Malas Mitbewohnerin, kam mit nassem Haar vom Duschen. „Oh, guten Morgen“, begrüßte sie die Gäste verwundert und erkundigte sich: „Was war witzig?“

„Als wir eingeschneit waren!“, erklärte Fritzi.

Lennis Blick wanderte zum Fenster und dann zu Mala. „Ach, du warst das da draußen?“, fragte sie nur.

Ihre Freundin schüttelte heftig den Kopf und bekräftigte noch einmal mit einem deutlichen „NEIN!“, dass sie nichts mit dem Nebel zu tun hatte.

Kurz bevor sie das Haus verließ, entdeckte Alva im Postkörbchen einen Brief von Carlos, ihrem Bruder. Sie steckte den Umschlag in ihre Tasche.

„Post vom Nerv-Zwerg?“, erkundigte sich Fritzi.

Alva nickte. Seit sie auf dieses Internat ging (und weil Handys hier nicht erlaubt waren), schrieben ihr Bruder und sie sich Briefe. Alva hätte nicht gedacht, dass sie sich jedes Mal so über Nachrichten von ihm freuen würde. Und irgendwie fand sie es richtig cool, Post zu bekommen.

Lenni öffnete die Haustür. Fast erwartete Alva, dass die Nebelschwaden in den Flur wabern würden.

„Was für eine Suppe“, brummte Fritzi und stellte ihr Skateboard stinkig neben die Tür. Bei der schlechten Sicht konnte sie damit auf keinen Fall durch den Nebel flitzen.

Mala ging nur ein paar Schritte nach draußen … und war verschwunden.

„Mala?“, rief Lenni unsicher.

Sofort erhob sich aus dem oberen Stock eine Stimme wie ein Echo. „MALA! MALA! Mia cara ragazza, komm zurück!“ Frau Molina, ihre italienische Hauslehrerin, die immer gern ein paar Worte ihrer Muttersprache in ihre Sätze mischte, kam aufgeregt die Treppe runtergestürmt.

Sie warf ihren Schülerinnen einen besorgten Blick zu. „Bitte nicht einzeln laufen! Haltet euch an den Händen! Sonst geht ihr verloren!“, erklärte sie.

In der weißen Nebelwand konnte man einen ausgestreckten Arm erahnen. „Hier“, hörten die Mädchen Mala sagen. Lenni fasste die Hand, streckte ihre Fritzi entgegen und machte einen Schritt nach draußen. Alva hielt sich an Fritzi fest und so verschwand eine nach der anderen im Nebel.

„Passt gut auf euch auf!“, rief ihnen Frau Molina hinterher und brummelte: „Che confusione!“

Vorsichtig schlichen die Mädchen als Viererkette den Weg entlang, als auf einmal ein Schatten über sie fiel.

Alva hatte das Gefühl, etwas streiche ihr über den Kopf. Erschrocken duckte sie sich. Die anderen gingen ebenfalls in die Knie und schlagartig wurde es dunkel.

„Oooooh! Entschuldigung! Tut mir leid“, hörten sie Sabita rufen. Alva schaute hoch und sah den fliegenden Teppich, der langsamer als sonst über sie hinweggezogen war.

Fritzi, von der Alva neben sich nur einen schemenhaften Umriss ausmachen konnte, richtete sich wieder auf. „Besorg dir Nebelscheinwerfer!“, rief sie dem schon längst verschwundenen Teppich hinterher.

Langsam tasteten sie sich weiter. Fritzi zuckte zusammen, als es irgendwo in ihrer Nähe bedrohlich zu knurren begann. Alva drückte die Hand ihrer Freundin. „Keine Angst. Da findet es jemand einfach nur lustig, im Nebel rumzugeistern.“

Im nächsten Moment zuckte sie selbst zusammen, als ohrenbetäubend laut ein Nebelhorn tutete. Es klang, als würde direkt hinter ihnen ein Ozeankreuzer fahren.

Alva wirbelte herum. „Wilma?“, rief sie in das weiße Nichts, da sie nur eine kannte, die solche Geräusche täuschend echt nachmachen konnte.

„Ja?“, antwortete es aus dem Nebel.

Alva streckte ihre freie Hand in Richtung der Stimme aus. „Hör auf zu hupen und komm mit. Du möchtest doch sicher zur Mensa, oder?“ Im nächsten Moment spürte sie, wie Wilma sich ihre Hand schnappte.

Alle waren froh, als die Umrisse der Mensa vor ihnen auftauchten. Sie mussten sich ein Stück an der Glaswand entlangtasten, bis sie den Eingang fanden.

In der Halle liefen Alva und Fritzi sofort zur Infotafel. Immer, wenn auf der Insel etwas Besonderes passierte, erschien dort ein Gedicht. Alle anderen dachten, die Infotafel würde manchmal spinnen. Doch Alva und ihre Freundinnen und Freunde wussten es besser. Mithilfe der Gedichte hatten sie schon einige Rätsel gelöst.

Vor der Tafel standen Till und Jonas. „Ah, ihr hattet die gleiche Idee“, begrüßte Alva sie.

„Ja, schon“, antwortete Till und ließ sein rotes Jo-Jo neben sich hoch- und runterrollen. „Aber wir schauen bereits die zweite Runde Stundenpläne. Ist nichts Besonderes dabei.“

Jonas richtete sich entrüstet auf. „WAS? Nichts Besonderes?“, wiederholte er und wartete, bis alle ihn erwartungsvoll anschauten. „Ich freu mich, euch mitzuteilen, dass es in der Mensa diese Woche Tikka Masala, Pfannkuchen UND Baklava gibt. Für unsere Mägen scheint hier voll die Sonne“, erklärte er und rieb sich dabei freudig den Bauch.

Alva kicherte. „Ja, aber auch nur für die“, antwortete sie und deutete raus auf die Nebelwand.

Jonas machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, das bisschen Nebel! Der verzieht sich schon wieder“, behauptete er.

Gemeinsam gingen sie weiter in den Speisesaal.

„Gab es so dichten Nebel denn schon öfter?“, fragte Alva die anderen, die schon länger die SCHOOL OF TALENTS besuchten.

Till schüttelte nur den Kopf. Doch Jonas grinste. „Du weißt schon, wie die Insel heißt, oder?“

Alva verdrehte die Augen. „Ja, Nebelfels! Aber ich habe es bis jetzt nur so erlebt, dass die Nebelwand brav zwischen Festland und Insel rumwabert“, erklärte sie. Deshalb war dieser Ort für die SCHOOL OF TALENTS ja so ideal. Hinter den Nebelschwaden konnten sich Ungeheuer, wilde Tiere, plötzlich hochschießende Pflanzen, Schneestürme und andere nur schwer erklärbare Talente bestens verstecken.

„Also, ich bin von uns am längsten hier und habe so was noch nicht erlebt“, erklärte Mala bestimmt.

Während die anderen frühstückten und sich weiter über den Nebel unterhielten, holte Alva den Brief ihres Bruders aus der Tasche. Als sie den Umschlag öffnete, fiel ein Foto raus. Es war ein Bild von der Vorderseite ihres Hauses. Doch irgendwie schien sonst nichts Besonderes darauf zu sehen zu sein. War das ein Suchbild? Oder vielleicht ein Bilderrätsel? Neugierig begann sie zu lesen.

Alva betrachtete grinsend das Foto. Es war also kein versteckter Hinweis darauf, sondern ein unsichtbarer.

Sie faltete den Brief zusammen und steckte ihn mit dem Bild zurück in den Umschlag.

„Der Unterricht fängt gleich an!“, sagte Mala und stand auf.

Überrascht schaute sich Alva in der fast leeren Mensa um.

„Oh, Mist!“, fiel ihr plötzlich ein. „Ich muss ja noch zu Herrn Petrulla!“ Sie sprang auf.

„Wieso das denn?“, fragte Jonas.

Genervt verdrehte Alva die Augen. „Ich darf mein neues Tablet nur während des Unterrichts haben. Die restliche Zeit wohnt es jetzt im Sekretariat.“ Sie warf Fritzi, die leise kicherte, einen wütenden Blick zu.

„Ach, komm schon …“, verteidigte sich ihre Freundin. „Niemand auf der ganzen Schule hat jemals so viele Tablets geschrottet wie du!“

Alva zog eine Schnute. Dagegen ließ sich leider nichts sagen. Sie hatte echt Pech mit ihren Geräten, auch wenn es selten ihre Schuld gewesen war.

Eilig verließ Alva die Mensa. War dieser Nebel etwa noch dichter geworden? Es kam ihr so vor, als gäbe es gar keine Insel mehr. Vorsichtig, den Blick fest auf den Boden gerichtet, schlich sie durch das weiße Nichts. War sie überhaupt auf dem richtigen Weg?

Auf einmal tauchte ein Schatten auf. Eine Krähe landete direkt vor ihren Füßen.

„Rodrigo!“, rief Alva entsetzt, denn fast hätte sie den Vogel, der die Menschensprache verstand, getreten.

„Ah, gut, du bist es!“, krächzte die Krähe. „Ich will, dass du eine Lampe auf dem Kopf trägst. Oder besser etwas, das blinkt!“

Da Alva alle Tiere sprechen hören konnte, grinste sie. „Warum? Bin ich jetzt ein Flughafen, oder was?“

„Nein“, antwortete Rodrigo und schüttelte unwillig seinen kleinen Kopf. Meistens verhielt er sich eher wie ein Mensch und nicht wie eine Krähe. Er tippelte neben Alva her und erklärte: „Ich hab heute bereits zwei fremde Menschen angeflogen. Ihr seid ja sonst schon schwer zu unterscheiden, aber bei der Sicht … keine Chance!“

Der Nebel war so undurchdringlich, dass Alva gerade mal die Umrisse der Krähe auf dem Boden erkennen konnte. „Wieso fliegst du bei der Suppe überhaupt? Könnt ihr das denn?“, wunderte sie sich.

„Gewöhnliche Vögel natürlich nicht!“, antwortete er, hielt kurz inne und bemerkte stinkig: „Hey, du lenkst ab!“

„Vielleicht, aber ich werde auf keinen Fall mit einem Blinklicht auf dem Kopf rumlaufen.“

„Glocke um den Hals?“

„NEIN!“

Inzwischen waren sie am Schlösschen angekommen. „Ich muss jetzt hoch ins Sekretariat“, erklärte Alva, während sie die Tür aufzog. Ganz selbstverständlich tippelte die Krähe mit in die Eingangshalle.

„Ähm, bist du sicher, dass du da reindarfst?“, fragte Alva überrascht.

„Sieht aus, als ob ich schon drin wäre, oder?“

Für die Diskussion hatte Alva jetzt keine Zeit. Und eigentlich war sie auch nicht für ihn verantwortlich. Sollte ihm doch jemand anderes erklären, was er durfte und was nicht.

Sie rannte die Treppe nach oben und klopfte an die Tür des Sekretariats. Niemand antwortete. Hatte Herr Petrulla sie etwa vergessen? Leise öffnete sie die Tür und streckte den Kopf rein. Das Sekretariat war leer. Aber ihr Tablet lag zur Abholung bereit auf der Theke. Ob sie es einfach mitnehmen konnte? Während Alva durch den Raum schlich, hörte sie die Stimme des Schulleiters Direktor Franzen aus dem Nebenzimmer.

„Nun, es ist wirklich sehr kurzfristig.“ Dann war es still.

„Nein, das geht schon“, sprach er weiter.

Alva brauchte einen Moment, bis sie begriff, dass er telefonierte. Und trotzdem hatte er wahrscheinlich schon bemerkt, dass sie da war. Denn der Schulleiter konnte Gedanken lesen. Das wusste Alva, weil er ihr Onkel war. Sie hatten gemeinsam beschlossen, dass sowohl das eine als auch das andere ihr Geheimnis war.

Alva war inzwischen an der Theke angekommen. Vielleicht konnte sie Herrn Petrulla eine Notiz hinterlassen, dass sie ihr Tablet mitgenommen hatte. Sie schaute sich suchend um und entdeckte auf seinem Schreibtisch ein Blöckchen mit Klebezetteln.

Im Nachbarbüro antwortete Onkel Thomas überrascht: „Das ist ja schon in zwei Stunden!“ Seine Stimme wurde lauter, als würde er näher kommen.

Alva drehte sich um. Und tatsächlich stand ihr Onkel mit Telefon am Ohr im Türrahmen. Sie deutete auf das Tablet und dann auf sich. Onkel Thomas hob die Hand zum Zeichen, dass sie kurz warten sollte. „Alles klar. Dann bis nachher“, verabschiedete er sich.

„Kannst du eigentlich auch durchs Telefon Gedanken lesen?“, fragte Alva.

Sofort jagte sein Blick durch den Raum. Glaubte er etwa, der Schulsekretär würde gleich aus einem der Aktenschränke springen?

„Nein, nicht auf die Entfernung“, antwortete Onkel Thomas dann und grinste. Er klärte auch gleich Alvas gedachte Frage. „Ich weiß, dass Herr Petrulla nicht da ist.“

„Und warum schaust du dich dann so erschrocken um?“, wollte Alva wissen.

Onkel Thomas zuckte mit den Schultern. „Gewohnheit. Es gibt nicht viele, die wissen, dass mein Talent noch aktiv ist. Und so soll es auch bleiben!“

Alva nickte. Meistens verschwand die besondere Fähigkeit, wenn man erwachsen wurde. Ihr Onkel war da wohl eher eine Ausnahme.

Er reichte Alva ihr Tablet. „Ich werde Herrn Petrulla sagen, dass du es abgeholt hast …“, Onkel Thomas schaute sich ein bisschen ratlos um, „… wenn er wieder auftaucht.“

„Wieso auftaucht?“, kicherte Alva und raunte übermütig mit monsterhafter Stimme: „Hat das Nebelmonster etwa Herrn Petrulla verschluckt?“

„Sag doch nicht so was!“, fuhr Onkel Thomas erschrocken auf.

Alva musterte ihn überrascht. „Kein Freund vom Nebelmonster?“, erkundigte sie sich.

Ihr Onkel schüttelte heftig den Kopf. „Ich hasse jede Art von Grusel. Schon immer. Dein Großvater schleppte mich deshalb in jede Geisterbahn, die er finden konnte.“

„Opa Florian?“, hakte Alva verwundert nach. „Warum denn das?“

„Er meinte, ich sollte mich meinen Ängsten stellen, um sie zu besiegen.“

„Hat ja voll gut funktioniert!“, brummte Alva mitleidig. Sie war auch kein Fan von Opa Florians echt derben Späßen.

Onkel Thomas stimmte ihren Gedanken nickend zu. Dann räusperte er sich und ermahnte sie laut: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es anderen genauso geht. Also haltet euch mit dem Rumspuken ein bisschen zurück. Denkt dran, nicht alle finden es lustig!“

Nun musste Alva aber wirklich zum Unterricht. Eilig hüpfte sie die Treppe nach unten und öffnete die Eingangstür.

„He, warte, nimm mich mit!“, hörte sie Rodrigo von oben rufen.

Sie suchte die Halle nach der Krähe ab und entdeckte sie im imposanten Kronleuchter.

„Also, das ist ganz sicher verboten“, erklärte sie Rodrigo, der an ihr vorbei nach draußen flog.

Kaum hatte Alva die Tür hinter sich geschlossen, fragte der Vogel: „Und? Hast du dich entschieden? Blinklicht oder Glöckchen?“

Alva hetzte ins Schulhaus, das eigentlich eher eine riesige Halle war. Schnell zog sie ihre Schuhe aus und schaute sich um. Es war nicht ganz einfach, in dem Gewirr aus Rutschen, Stegen, Kletterwänden, Seilen und Flaschenzügen den richtigen Weg zu finden. Vor allem, weil Alva gar nicht genau wusste, wo sie hinmusste.

Heute traf sich ihre Projektgruppe in der fahrenden Hütte … wo auch immer die gerade parkte. Suchend schaute sich Alva um.

Das Projekt „Erneuerbare Energie“ war ziemlich cool. Zusammen mit ihren Freunden hatte Alva es geschafft, bei Frau Molinas Thema „Wind und Luft“ unterzukommen. In den letzten Tagen hatten sie schon Windräder gebaut und versucht, damit Strom zu erzeugen. Am Ende des Projekts war eine große Ausstellung geplant, bei der alle nicht nur ihre Ergebnisse zeigen durften, sondern auch ihre Energiequelle vorstellen sollten. Und genau darüber würde ihre Gruppe gleich ohne Alva sprechen, wenn sie diese fahrende Hütte nicht bald fand.

Sie drehte sich um die eigene Achse. Irgendwo musste das Ding doch stecken.

An der SCHOOL OF TALENTS gab es selten Schulstunden im Klassenzimmer. Meistens wurde auf Plattformen, in Nestern, Hängematten und Ufos unterrichtet. Oder in einer fahrbaren Hütte, die heute irgendwie unsichtbar war.

„Alva, dai, dai! Wir wollen loslegen!“, hörte sie auf einmal Frau Molina durchs Schulhaus rufen.

Sie entdeckte die Lehrerin auf einer Brücke fast unter der Decke der riesigen Halle. Boah, da hatte sie echt noch einen weiten Weg vor sich. Eilig hetzte sie den schmalen Gang zwischen Fensterfront und Stufen entlang, vorbei an der Röhre, die runter ins 3-D-Kino führte. Dann kletterte sie die Strickleiter nach oben auf eine Plattform und stolperte dort über ein Experiment von Herrn Hagenbuschs Gruppe. Drei Kugeln lösten sich aus einer geometrischen Konstruktion.

„Entschuldigung“, rief Alva über ihre Schulter, bevor sie mit der Seilbahn auf das nächste Plateau sauste und von dort über den schwankenden Treppensteg am Nest vorbei in den Flaschenzug-Lift stieg. Etwas atemlos kam sie bei Frau Molina an.

„Tut mir leid, ich bin nicht schneller durch den Nebel gekommen“, entschuldigte sie sich.

„Nessun problema“, antwortete die Lehrerin lächelnd und machte eine einladende Geste. „Gehen wir hinein und hoffen, das Ding funktioniert bei diesem trüben Wetter.“ Die fahrende Hütte bewegte sich mit Sonnenenergie. Und ihr Name war etwas irreführend, denn das Gebilde erinnerte mehr an ein riesiges liegendes Ei als an eine Berghütte. Es war weiß und hatte ringsum ein breites Band aus dunklem Glas, das nur von der geöffneten Schiebetür unterbrochen wurde. Der Sonnenkollektor auf dem Dach sah aus, als würde das Ei eine Mütze tragen.

Alva witschte schnell an der Lehrerin vorbei in den Innenraum. Dort saßen zehn Kinder an einem langen Tisch. Sie schob sich auf die Bank zu Till und Mala.

Frau Molina, die immer noch an der geöffneten Schiebetür stand, zählte die Kinder. „Elwin fehlt!“, stellte sie fest und schaute auf ihre Uhr.

„Der kommt wahrscheinlich nicht. Er hat mal wieder Strafdienst in der Küche“, wusste Simon.

Frau Molina nickte, schloss die Tür und drückte auf einen grünen Knopf. Die Hütte setzte sich langsam ruckelnd in Bewegung.

Fasziniert drückte sich Alva die Nase am Fenster platt. Sie zogen einen weiten Kreis durch das Schulhaus, ganz oben an der Wand entlang.

„Wohin fahren wir?“, fragte Alva begeistert.

„Aufs Dach“, antwortete Till neben ihr.

„Wow“, flüsterte Alva. Sie hatte die Schiene der fahrenden Hütte schon hinter dem Schulgarten und auf dem Weg hoch zur Steilküste entdeckt. Vom Dach hatte sie bislang noch nichts gewusst.

Inzwischen bewegten sie sich schräg an der Wand der Schule entlang nach oben. Die Hütte schwang leicht hin und her, um die Neigung auszugleichen. Bevor sie gegen die Decke stießen, öffnete sich eines der Oberlichter, die so groß wie Garagentore waren. Die Bänke, auf denen sie saßen, wackelten ein bisschen, als sie durchfuhren.

In einem weiten Bogen ging die Fahrt über das Schuldach weiter. Alva blickte sich enttäuscht um, denn leider konnte man nichts erkennen. Der Nebel war viel zu dicht.

Auch Frau Molina warf einen stinkigen Blick durchs Fenster. „Così triste!“, murrte sie. Die Hütte bremste. Die Lehrerin öffnete die Tür und schaute nach draußen. „Ooooh, questa nebbia! Gar nicht schön“, beschwerte sie sich und zog die Tür wieder zu. Sie setzte sich zu den Kindern an den Tisch. „Wir müssen leider drinnen bleiben“, erklärte sie und murmelte: „Es ist viel zu gefährlich da draußen!“

Alva fand das auch ziemlich trist. Auf dem Schuldach Unterricht zu haben, stellte sie sich echt toll vor.

„Aber das ist doch nur Nebel“, widersprach Felix.

Frau Molina betrachtete ihn kopfschüttelnd. „Das meinst du“, sagte sie unheilvoll.

Sofort waren alle Kinder still.

„Wie? Das ist NICHT nur Nebel?“, hakte Alva verwirrt nach.

„Nooooo“, flüsterte Frau Molina mit großen Augen und schüttelte den Kopf.

„Was ist es denn dann?“, fragte Fritzi und schaute unbehaglich zum Fenster.

„Es ist un segno“, raunte Frau Molina.

„Ein Zeichen?“, vergewisserte sich Jonas überrascht.

Frau Molina sagte mit geheimnisvoller Stimme: „Der Nebel streckt seine feuchte Hand …“ Nachdenklich schaute sie auf ihre Hand, die sie unter ihrem Schultertuch hervorgestreckt hatte, als wollte sie etwas packen. Mit der anderen zog sie das Tuch fester um sich. „… und … und zerrt an des … Opfers Gewand.“

Alva lief ein kleiner Schauer über den Rücken.

Auch Till neben ihr schüttelte sich fast unmerklich. „Haben Sie das etwa gerade erfunden?“, fragte er.

Alva richtete sich gespannt auf. Schließlich wussten sie immer noch nicht, wer die Gedichte der Infotafel schrieb. Und nun reimte Frau Molina hier fröhlich vor sich hin.

„Sì, sì!“, strahlte die Lehrerin. „Ich spiele gerne mit Worten!“ Doch dann fuhr sie mit unheimlichem Unterton fort: „Aber es gibt eine Geschichte über den Nebel und den armen Grafen von Donnersberg. Der junge Graf war ein sehr, sehr verwirrter Mensch … er glaubte, Geister zu sehen. Eines Nachts …“ Die Lehrerin schien zu überlegen, ob sie wirklich weitererzählen sollte.

„Was war eines Nachts?“, drängelte Tabea gespannt. Die anderen Kinder nickten ihr aufmunternd zu.

„Eines Nachts …“, wisperte Frau Molina kaum hörbar.

In der Hütte wurde es mucksmäuschenstill.

„… es war eine düstere Nacht. Kein Mond war zu sehen. Der Nebel waberte in dicken Schwaden über die Insel. Er umhüllte das Schloss, als wollte er es verschlingen. Der junge Graf irrte ruhelos durch die Gänge. Ständig murmelte er etwas von einem Ungeheuer und wiederholte immer wieder das gleiche Wort …“

Frau Molina senkte den Kopf und schaute sich um, als würde sie ein Geheimnis verraten. Alle neigten sich zu ihr hin und spitzten die Ohren. Mit weit aufgerissenen Augen flüsterte die Lehrerin: „Diplektrut.“

„Hääää?“ Die Kinder richteten sich verwirrt auf und schauten sich ratlos an.

Ende der Leseprobe