Schule des Grauens - Akif Turan - E-Book

Schule des Grauens E-Book

Akif Turan

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Beschreibung

Eine neue Schule hat im 23. Wiener Gemeindebezirk ihre Tore geöffnet. Sämtliche Schülerinnen und Schüler weisen seither ein seltsames Verhalten auf. Ein junges Mädchen namens Defne Mutlu geht der Sache auf den Grund. Wird sie das dunkle Geheimnis ans Tageslicht bringen können?

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Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1: DIE BEGEHRTE SCHULE

KAPITEL 2: SEHNSUCHT

KAPITEL 3: DER AUFREISSER

KAPITEL 4: TEURE FREUNDSCHAFT

KAPITEL 5: ROYAL SCHOOL OF VIENNA

KAPITEL 6: DIE KÜNDIGUNG

KAPITEL 7: DIE MASKE IST GEFALLEN

KAPITEL 8: DAS RITUAL

KAPITEL 9: WIEDER VEREINT

KAPITEL 1

DIE BEGEHRTE SCHULE

Weder den eigenen Augen noch den eigenen Ohren konnte man glauben, als noch etwa vor einem Jahr die erste TV Reportage über eine Schule ausgestrahlt worden war, die eher einer Oase für Kinder glich als eine weitere gewöhnliche und langweilige Schule in der Stadt mit 1,9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern.

Sie war ein richtiges Erholungszentrum in der man sehr viel Wert für das Wohl sämtlicher wiener Schülerinnen und Schüler zu legen schien.

Und nun war der Tag endlich gekommen, in der die vielversprechende Schule durch die wiener Bürgermeisterin Dr. Manuela Schlinke, der neuen Schuldirektorin Mag. Andrea Janssen und dem Bezirksvorsteher des dreiundzwanzigsten Wiener Gemeindebezirkes Mag. Philipp Moser feierlich eröffnet wurde.

In Begleitung des immerwährenden Jubelns und dem fast noch lauterem Händeklatschen des Publikums und den vielen Schnappschüssen sowie Videoaufnahmen der zahlreichen Medien und der Presse, schnitten alle drei das rote Band, genau zum selben Zeitpunkt, ab und gaben somit den Eintritt in die neue Schule in Liesing für die neugierigen Besucherinnen und Besucher frei.

Somit war die neue und besondere Schule offiziell eröffnet und für alle, die an diesem Tag, an diesem großartigen Ereignis teilgenommen hatten, für eine Führung freigegeben worden.

Unter der ganz aufgeregten Menge, befand sich auch das zehnjährige Mädchen mit dem Namen Defne Mutlu.

Defne war mit ihren Eltern und ihren beiden älteren Geschwistern Demet und Demiray gekommen, die sie allesamt mit viel Mühe dazu überreden musste.

Denn ihr Vater Rami würde an diesem Dienstag Nachmittag viel lieber vor seinem Fernseher sitzen und den Tag mit Kannenweise Schwarztee an sich vorüber ziehen lassen. Aber dazu würden ihm noch die restlichen Tage der Woche zur Verfügung stehen. Denn Rami befand sich in dieser Woche in seinem wohlverdienten Urlaub.

Es waren zwar nur fünf Tage, aber Rami genügten sie vollkommen.

Er wollte ohnehin nicht zu viele Urlaubstage verschwenden, da er sich die längeren Urlaubstage immer für den Sommer aufsparte, um den Urlaub gemeinsam mit seiner Familie in deren Heimatstadt Konya in der Türkei genießen konnte.

Doch hin und wieder brauchte er eben zwischendurch auch eine kleine Auszeit, weil ihm die Arbeit ganz einfach zu viel wurde.

Denn Rami hatte einen sehr stressigen Vollzeitjob, den er zwar nicht besonders mochte, aber auch nicht einfach so aufgeben konnte.

Rami war Paketzusteller.

Er arbeitete für ein Transport- und Logistikunternehmen, das im Auftrag für einen viel größeren und weltweit bekannten Onlineversandhändler Pakete an die Kundinnen und Kunden in ganz Österreich zustellte.

Rami war ein sehr guter Lieferant, der sich stets bemühte ganz gute Arbeit zu leisten, um nicht negativ aufzufallen wie einiger seiner Kolleginnen und Kollegen.

Viele von ihnen bekamen regelmäßige Beschwerden von den Kundinnen und Kunden, die direkt an die Vorgesetzten weitergeleitet wurden. Trotz mehrfachen Ermahnungen, kam es vor, dass sich die Beschwerden über gewisse Zustellerinnen und Zusteller nicht reduzierten. Dann blieb den Vorgesetzten nichts anderes mehr übrig als sich von ihnen zu trennen.

Und Rami wollte auf gar keinen Fall zu ihnen gehören.

Schließlich war er auf diesen Job angewiesen. Zum einen bekam er ein überaus großzügiges Gehalt und zum anderen konnte er mit seinen zweiundvierzig Jahren nur schlecht einen neuen Job finden. Und dann müsste es auch noch schnell passieren, da er es als Arbeitsloser nicht länger schaffen würde, sich sowohl um seine Familie als auch um das Haushalt zu kümmern.

Selbstverständlich hatte seine Ehefrau Derya ebenfalls eine gut bezahlte Vollzeitstelle als Buchhalterin in einer bekannten und erfolgreichen Bankfiliale, aber er konnte und würde es niemals zulassen, dass seine geliebte Ehefrau ganz allein die finanzielle Last auf sich nimmt. Als Mann und Familienvater konnte er das einfach niemals zulassen. Dann würden ihn viele Gewissensbisse plagen, unter anderem auch Fragen wie Was für ein Mann wäre ich dann? Was für ein Vater wäre ich dann? und so weiter.

Nein, er musste seinen Beitrag leisten und durfte auf gar keinen Fall die gesamte Verantwortung an seine Ehefrau übertragen.

Sie war ohnehin schon, genau so wie er auch, beruflich überfordert gewesen und hätte sich demnächst ebenfalls einen entspannten Urlaub genehmigen können.

Den Job zu verlieren oder gar aufzugeben, würde von daher überhaupt nicht in Frage kommen.

Also musste Rami die wenigen Zähne, die er noch in seinem Mund besaß, zusammenbeißen und weiterhin fleißig seinem stressigen Job nachgehen.

Derya hatte zwar keinen Urlaub, aber sie hatte extra für die Eröffnungszeremonie der besonders begehrten Schule, früher Dienstschluss gemacht, um ihrer Tochter Defne den Wunsch erfüllen und mit der gesamten Familie dabei sein zu können.

Das würde Defne ihrer Mutter sehr hoch anrechnen und es gäbe schon bald wieder einen weiteren selbstgemachten Blumentopf, den ihre Mutter zu den sieben anderen dazustellen könnte.

Doch es war für Derya auch ein guter Vorwand gewesen, sich so schnell wie möglich vom engen Büro in die Freiheit zu begeben, weil sie einen weiteren schlechten Witz von einem ihrer nervtötenden und schlecht gekleideten Kollegen, mit dem sie, zu ihrem großen Bedauern, das Büro teilen musste, nicht länger ertragen konnte.

Er war fünfundvierzig Jahre alt und trug meist die selbe graue Hose aus Baumwolle und dazu hellbraune Lederschuhe, die so aussahen als würde er sie seit zwanzig Jahren verwenden.

Möglicherweise traf das in seinem Fall sogar zu. Er hat definitiv schon sehr viele Kilometer mit ihnen zurückgelegt. Zudem zog er immer, wöchentlich abwechselnd, langärmelige und eng anliegende Hemden an, ebenfalls aus Baumwolle bestehend, die ständig den Kampf gegen seinen Achselschweiß verloren.

Und er band sich immer die selbe orange Krawatte um seinen dicken Hals, die ihm gerade mal bis über den großen und seltsam geformten Bauchnabel reichte und den Eindruck erweckte als sei ein Krater auf einem Berghügel entstanden, seit sie vor fünf Jahren die Stelle dort angenommen hatte.

Seine Witze und Scherze waren alles andere als lustig und unterhaltsam. Derya konnte jedoch viel Geduld aufweisen und setzte hin und wieder ein falsches Lächeln auf in der Hoffnung, dass ihr älterer Kollege, der oft nach einer Mischung aus Schweiß, Tabak und Schnaps stank, endlich aufhören würde sie weiter auf die ewige Folterbank des schlechten Humors zu spannen. Sie hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach ihren Vorgesetzten darum gebeten in ein neues Büro umzuziehen, jedoch wurde ihr dieser Wunsch jedes Mal mit dem Argument abgeschlagen, dass einfach nicht genügend Büroräumlichkeiten zur Verfügung stehen würden. Und schon gar keine Einzelbüros. Daher blieb Derya nichts anderes übrig als weiterhin geduldig das Büro mit ihrem Kollegen Konstantin zu teilen und versuchte die meiste Zeit über ihn zu ignorieren und ihre gesamte Konzentration der Arbeit zu widmen.

Sie konnte es kaum erwarten, die Eröffnungszeremonie hinter sich zu bringen und zu Hause einen schönen und angenehmen Bad zu nehmen.

Die ältere und achtzehnjährige Schwester Demet hatte bereits Schulschluss und wurde quasi gezwungen direkt nach der Schule, mitsamt ihrer roten Schultasche von JanSport an der Eröffnung der neuen Schule teilzunehmen.

Dabei hatte sie vor ganz schnell etwas zu essen und anschließend sich mit ihren Klassenkameradinnen für eine kleine Shoppingtour zu verabreden.

Ihr Vater kreuzte ihre Pläne und meinte, dass es, zumindest für diesen Tag, genügen müsse, dass sie ihre Klassenkameradinnen bereits in der Schule gesehen hatte.

Jeglicher Versuch ihren Vater zu überreden und davon zu überzeugen, dass ein Treffen außerhalb der Schule nicht dasselbe ist wie ein Treffen in der Schule, scheiterten vergebens.

Somit blieb ihr nichts anderes übrig, als mit einer miesen und genervten Laune den Rest ihrer Familie zu begleiten und die unausstehliche Menschenmenge über sich ergehen zu lassen, die sich vor der neuen Schule versammelt hatte, wie ein Ameisenhaufen rund um einen frisch ausgespuckten Bonbon.

Der Bruder, das Mittelkind der Familie Mutlu, war fünfzehn Jahre alt und hatte ebenso wie seine ältere Schwester Demet bereits Schulschluss. Jedoch hatte er weder vor sich mit Freunden zu treffen oder wie sein Vater vor dem Fernseher abzuhängen.

Demiray hatte ganz andere Pläne.

Er wäre viel lieber seinem Trainingsplan im Fitnessstudio, das sich in unmittelbarer Näher ihrer Wohnung befand, nachgegangen und sich im Spiegel dabei selbst bewundert, während er die fünf Kilogramm Hanteln auf und ab bewegte, um seine, noch weichen, Muskeln zu formen.

Er wollte sein Training, das er sonst so eifrig und diszipliniert verfolgt hatte, nicht vernachlässigen, aber auch er musste sich dem nervigen Betteln seiner jüngeren Schwester, aber vor allem dem wütenden Ton seines Vaters geschlagen geben.

Doch Demiray würde das schon wieder gut machen, indem er am nächsten Tag doppelt so viel trainieren und den verpassten Tag somit nachholen würde.

Das war einem jungen Mann in seinem Alter besonders wichtig. Denn sämtliche junge Mädchen aus seiner Schule, redeten von nichts anderem als davon, dass ihr Interessensgebiet ganz besonders auf muskulösen und durchtrainierten Männern liegen würde und sie sich darüber unterhielten, wessen aktueller oder zukünftiger Freund mehr Bauchmuskeln haben würde als die der anderen.

Das war das Hauptthema sämtlicher junger Mädchen von denen die meisten auf Männer mit einem athletischen Körper und einem Babyface standen. So waren sie alle ganz große Fans von den Abercrombie Models von denen jeder einzelner, die Mädchen auf verschiedene Art zum Schmelzen brachten.

Sie waren regelrecht verliebt in all diese jungen Männer, die sie nur aus dem Fernsehen und aus Zeitschriften kannten und kein einziges Mal einen von ihnen wirklich gesehen hatten.

Daher wollte Demiray genau wie ein Abercrombie Model aussehen, damit auch die jungen Mädchen ihn toll finden und bewundern sollten.

Nicht selten hatte er Tagträume darüber, wie er eines dieser beliebten Models gewesen war, der sich vor einer kreischenden und jubelnden weiblichen Fangemeinde nicht mehr retten konnte.

Und dieser Traum war gar nicht weit hergeholt gewesen. Na gut, ein Abercrombie Model konnte er vielleicht nicht so einfach werden, aber ein durchtrainierter junger Mann mit einem athletischen Körper konnte er sehr wohl noch werden.

Immerhin war er noch sehr jung und hatte alle Zeit der Welt sich in Form zu bringen.

Das einzige Problem könnte vielleicht sein Gesicht darstellen.

Denn Demiray hatte nicht unbedingt ein Babyface.

So schlecht hat er zwar auch nicht ausgesehen, aber ein Hingucker war er leider auch nicht.

Doch er hoffte und war sich sogar ziemlich sicher, dass die Frauen sein Gesicht gar nicht betrachten würden, weil sie die ganze Zeit damit beschäftigt gewesen wären seinen stählernen Körper zu bewundern.

Ja, davon träumte Demiray jeden Tag und zu jeder Zeit.

Doch im Moment war sein einziger Gedanke, dass er dieses Durcheinander, bestehend aus einer großen Menschenversammlung, gut überstehen würde.

Die Leute zwängten und drängten sich förmlich voreinander, sodass sie zu den ersten gehören konnten, die die begehrte neue Schule betreten. Dabei würden sie alle hineinkommen. Die Schule war schließlich äußerst groß und hatte dementsprechend auch eine große Eingangshalle.

Sie sah aus wie eine elitäre Schule, die nur von reichen, berühmten und adeligen Kindern besucht werden konnte.

Doch sie war eine Schule, die offen für alle war.

Defne war die Schönheit der Schule sofort aufgefallen. Sie sah genau so aus, wie aus dem Fernsehen.

Von Außen sah die Schule aus wie ein Schloss aus der Renaissance. Sie hatte ganz weiße Wände mit kupferroten Dächern darüber, die ähnlich spitz geformt waren wie die Pyramiden in Ägypten.

Die Fenster waren groß, rechteckig und ebenso wie die Dächer mit kupferroten Rahmen versehen. Und genau in der oberen Mitte, befand sich eine große runde Uhr mit einem gelben Hintergrund und dicken schwarzen römischen Zahlen darauf, die sich in einem Dreieck befand.

Die gesamte Schule war von einem grünen Schulgarten umrundet gewesen in dessen Zentrum sich ein großes Blumenbeet befand, das ein besonderes Muster aufwies.

Das Logo der Schule, der Buchstabe R aus blauen Iris Blumen, stach direkt aus der Mitte hervor.

Das R stand für THE ROYAL SCHOOL OF VIENNA.

Man entschied sich für einen englischen Namen, um die Schule dadurch noch interessanter wirken zu lassen.

Und, obwohl sie so hieß, war sie dennoch für alle Kinder der Stadt zur Verfügung gestellt worden und verlangte weder Einschreibgebühren noch sonstige Kosten. Dies wiederum machte die Schule noch begehrenswerter und zog jede Menge interessierte Eltern, aber auch Kinder an sich.

Zudem war aus zahlreichen roten Rosen die Zahl 666 direkt über dem blauen R angelegt worden.

Laut der Schuldirektorin Mag. Andrea Janssen stand diese Zahl für folgendes. Die erste Zahl 6 stand für den Monat Juni. Denn da wurden die Bauarbeiten der Schule komplett abgeschlossen, sodass sie bereits ab dem darauffolgenden September offiziell besucht werden konnte. Die zweite Zahl 6 stand für das Glück der Schule. Denn die Zahl Sechs ist die vollkommene Zahl des Glücks, der Harmonie, des Gleichgewichts und der Kraft. Und die dritte Zahl 6 stand für die fünf Sinnesorgane und dem „sechsten Sinn“. Denn laut der Schuldirektorin Mag. Andrea Janssen sollten nicht nur die fünf Sinne sämtlicher Schülerinnen und Schüler verschärft werden, sondern auch der „sechste Sinn“, um die „außergewöhnlichen Wahrnehmnungen“ ebenfalls zu trainieren und zu verschärfen.

So wurde nämlich von Anfang an für diese besondere Schule geworben und immer wieder betont, dass man sehr viel Wert, nicht nur auf die mentalen, auch auf die körperlichen und geistigen Entwicklungen der zukünftigen Schülerinnen und Schüler legen würde.

Man würde ganz besonders auf die jeweiligen Talente der einzelnen Schülerinnen und Schüler eingehen und ihnen dabei helfen diese zu verstärken und weiter auszubauen, sodass sie eine bessere Chance bekommen, um weiterhin schulisch, aber auch beruflich Karriere machen zu können.

Und welcher Elternteil würde es nicht wollen, dass das eigene Kind eine besonders gute Schulerziehung beziehungsweise einen ausgesprochen vielfältigen und zukunftsorientierten Unterricht erhält?

Selbstverständlich wollten alle von dem Potenzial dieser Schule profitieren, sodass die Anmeldungsliste bereits zu Beginn vollkommen überlastet gewesen war.

Das Blumenbeet selbst war mit schwarzen und weißen Rosen, die wie Kacheln neben- und untereinander aufgereiht worden waren, gelegt worden, das an ein Schachbrett erinnerte.

Die dafür verwendeten schwarzen Rosen hatte man extra aus der Türkei importiert. Denn die natürlichen schwarzen Rosen gab es nur in Halfeti, eine Gemeinde in der türkischen Provinz Şanlıurfa.

Und genau so war auch die Schulflagge designt worden, die am Fahnenmast, direkt vor dem Schuleingang, gehisst worden war und durch den leicht vorüberziehenden Wind, zehn Meter über dem Boden, stolz wehte.

Defne und ihre Familie befanden sich bereits, gemeinsam mit vielen weiteren Besucherinnen und Besuchern, im Schulinneren und setzten ihre Bewunderung mit teilweise offenen Mündern und ausgeweiteten Pupillen fort.

Die Schule sah von innen betrachtet noch schöner und gepflegter aus.

Im Erdgeschoss befand sich sogar ein Aufenthaltszimmer für Eltern beziehungsweise für Gäste, das mit einer eigenen kleinen Bibliothek und einer geräumigen Sitzgruppe aus echtem Leder ausgestattet worden war.

Weiters befanden sich im Erdgeschoss ein großes Gemälde von der Schuldirektorin Mag. Andrea Janssen, ein Wasserspender sowie Getränke-, Snack- und Kaffeeautomaten, der Eingang zum Kellergeschoss und das Arbeits- beziehungsweise Aufenthaltszimmer vom Herrn Konrad Welsch, dem Schulwart.

Zudem war der komplette Fußboden, ähnlich wie das Blumenbeet und der Schulflagge designt und mit schwarzen und weißen Bodenfließen bestückt worden, sodass man das Gefühl bekam auf einem großen Schachbrett zu stehen.

Der Boden konnte hypnotisierend wirken, je länger man auf das karierte Muster drauf starrte.

Defne und einige andere Kinder, aber auch einige Erwachsene, fanden das großartig.

Es war etwas Neues, etwas Außergewöhnliches gewesen.

Eine Treppe, die gerade mal so breit gewesen war, dass zwei Personen nebeneinander gehen konnten, führte in das erste Stockwerk, wo sich die Klassen sowie das Büro und die Direktion befanden.

Eine weitere Treppe, führte in das oberste und letzte Stockwerk, auf der sich viele weitere Klassen sowie die Schulkantine befanden.

Das Dachgeschoss war für unbefugte Personen versperrt gewesen.

Getrennte WC Räumlichkeiten befanden sich an allen Stockwerken sowie auch ein getrenntes WC im Erdgeschoss für die Eltern beziehungsweise den Gästen der Schule.

Die einzelnen Klassen waren identisch mit höchst modernem Technik ausgestattet gewesen.

Es befanden sich keine gewöhnlichen Tische und Stühle drinnen. Stattdessen wurden die Klassenräume ähnlich ausgestattet wie die Lehrsäle einer Universität.

Anstatt einer gewöhnlichen grünen Tafel an der Wand, befand sich ein Whiteboard auf dem man sowohl mit den dazugehörigen Farbstiften schreiben als auch mit einem Beamer, der ganz hinten an die Decke montiert worden war, die Unterrichtsstoffe sowie auch Bilder und Videos projizieren und abspielen.

Doch das Whiteboard hatte auch eine weitere Funktion zu bieten. Per Knopfdruck auf der dazugehörigen Fernbedienung, konnte es sich in einen überdimensionalen Bildschirm verwandeln, den man durch Berührungen bedienen konnte. So wurde es auch als Smartboard mit Touchfunktion bezeichnet.

Sowohl die Lehrerinnen und Lehrer als auch die Schülerinnen und Schüler konnten ihre Tablets, die sie alle von der Schule zur Verfügung gestellt bekommen sollten mit dem Smartboard verbinden und so, ohne aufstehen und an die Tafel gehen zu müssen, ihre Präsentationen vorzeigen, aber auch die Unterrichtsfragen ihrer Klassenvorstände beantworten, wie zum Beispiel, um mathematische Gleichungen zu lösen.

Das war für alle, ganz besonders für Defne, vollkommen neu und aufregend gewesen.

Sie verfiel in einen kurzen Tagtraum, in der sie zu einem der glücklichen Schülerinnen gehörte, die diese großartige Schule besuchen und ein Teil von ihr werden durften. Sie war sich absolut sicher, dass man zu den coolen der Stadt, ja vielleicht sogar der ganzen Welt gehören würde, sobald man diese Schule besucht.

Doch zu ihrem Bedauern, war es bereits viel zu spät für sie gewesen. Ihre Eltern hatten sie nicht rechtzeitig von ihrer jetzigen Schule umgemeldet. Und die Warteliste war bereits meterlang gewesen. Sie hatte somit keine Ahnung, wann und, ob sie jemals dran kommen würde.

Das frustrierte sie sehr. Dabei hatte sie sich so sehr auf diese Schule gefreut.

Das hatte diese besondere Schule auch an sich. Kinder, die die Schule sonst nicht mochten, schwärmten plötzlich für diese neue und außergewöhnliche Schule in der Stadt. Sie zog die Kinder regelrecht an und war total in und sehr beliebt gewesen.

Sie alle wollten plötzlich in diese Schule gehen. So auch die kleine Defne, die nun auf der langen Warteliste stand, weil ihre Eltern sich, aufgrund ihren stressigen Jobs, nicht rechtzeitig um eine Anmeldung kümmern konnten.

Mehr Glück hatte dafür ihre beste Freundin aus ihrer aktuellen Klasse gehabt. Ihr Name war Tamara Schmidinger und sie stammte aus Wien.

Ihre Eltern hatten sie rechtzeitig für die neue Schule angemeldet und sie würde, gemeinsam mit vielen weiteren glücklichen Schülerinnen und Schülern, am kommenden Montag in der ersten Septemberwoche ihre neue Schule besuchen können.

Defne beneidete sie dafür, aber freute sich auch gleichzeitig für das Glück ihrer besten Freundin. Tamara hingegen freute sich zwar auch sehr darüber, war jedoch auch traurig, weil sie dadurch ihre beste Freundin Defne dadurch verlieren würde.

Den beiden Mädchen war schon klar gewesen, dass sie sich auch weiterhin in ihrer Freizeit treffen können, aber sie wussten auch ganz genau, dass es nicht mehr dasselbe sein würde.

Sie wussten beide, dass ihr Kontakt zueinander immer schwächer werden und am Ende sogar komplett abbrechen würde.

Dann müssten sie sich neue beste Freundinnen suchen.

Doch daran wollten die beiden Mädchen ihre Gedanken in diesem Moment nicht verschwenden. Sie wollten einfach an diesem Tag der offenen Tür die neue Schule in der Stadt bewundern und ihren Aufenthalt darin genießen, seitdem sie sich im ersten Stockwerk zufällig begegnet waren.

Sie hatten sich, nachdem sie die Erlaubnisse ihrer Eltern eingeholt hatten, gemeinsam auf den Weg gemacht, die gesamte Schule zu erkunden.

Sie wollten nichts außer Acht lassen und wollten sich jeden Winkel ansehen und jede Ecke bestaunen.

Sie hatten dabei keine Ahnung wie schnell die Zeit dabei verflogen ist.

Viele Besucherinnen und Besucher waren bereits wieder gegangen.

Doch die beiden Mädchen wollten noch etwas länger bleiben und konnten ihre Eltern gerade noch dazu überreden.

Und während die Eltern ganz erschöpft gewesen waren, weil sie den ganzen Tag gehen und stehen mussten, machten sie es sich auf den Ledersesseln im Erdgeschoss bequem, während sie ein Becher vom köstlichen Kaffee, den sie um 0,50 Cent vom Kaffeeutomaten geholt hatten, gemütlich und entspannten sich erst einmal.

Die beiden Geschwister von Defne seufzten währenddessen und kühlten sich dabei mit jeweils einer Flasche Limonade ab, die sie vom Getränkeautomaten für 0,80 Cent geholt hatten.

Demiray aß zudem noch einen speziellen Schokoriegel, den er vom Snackautomaten für 0,60 Cent geholt hatte. Die Schokoriegel schienen eigens für die Schule produziert worden zu sein, weil die Verpackungen ebenfalls die Motive hatten, die man auf dem Blumenbeet und auch auf der Schulflagge sehen konnte.

Schwarz und Weiß kariert und mit einem blauen R und der Zahl 666 drauf.

Demiray fand den Schokoriegel sehr lecker und wollte, rein aus Provokation, seiner älteren Schwester Demet kein Stück davon abgeben, als sie ihn darum gebeten hatte. Hinterher leckte er sich noch ganz genüsslich und schmatzend die Finger ab während er den bösen und genervten Blicken seiner Schwester mit einem frechen Grinsen entgegnete.

Tamara war ein Einzelkind, weswegen ihre Eltern vom ständigen Jammern und Klagen von weiteren Kindern verschont geblieben waren.

Defne und Tamara waren weiterhin auf Erkundungstour.

Sie hatten bereits sämtliche Stockwerke durch und befanden sich nun auf der obersten Etage und blickten direkt der Kantine entgegen.

Sie näherten sich gespannt und voller Begeisterung der Tür und wollten einen Blick hinein werfen.

Doch schnell mussten die beiden besten Freundinnen feststellen, dass die Tür, die zur Kantine führte, versperrt worden war.

Nur zu gerne würden sie sich auch die Kantine angesehen haben, bevor sie wieder nach Hause gehen mussten.

Doch es schien so, als wäre die Kantine an diesem Tag für die Besucherinnen und Besucher nicht zugänglich gewesen.

Womöglich aus hygienischen Gründen, dachten sich die beiden jungen Mädchen und waren gerade dabei, mit enttäuschten Gesichtern, zurück zu ihren Familien zu kehren.

Es wurde nämlich allerhöchste Zeit für den Heimweg.

Schließlich hatten sie den ganzen Nachmittag in der Schule verbracht und es waren ohnehin bereits die meisten Menschen gegangen.

Und kaum hatten sich die beiden Mädchen umgedreht, hatten sie sich vor lauter Schreck beinahe in die Höschen gemacht.

Denn direkt vor ihnen, nur wenige Schritte entfernt, stand der Schulwart, Herr Welsch, der sich still und heimlich zu den beiden Mädchen geschlichen zu haben schien.

Oder aber, die Mädchen hatten ihn nicht kommen hören, weil sie vor lauter Gespanntheit und Nervenkitzel in der sie sich in diesem Moment befunden hatten, ihre komplette Umgebung nicht wahrnehmen konnten.

Auf jeden Fall stand nun ein sportlicher Mann mittleren Alters und einem Dreitagebart mit einer kurzen und gepflegten Frisur vor ihnen und starrte sie eine Weile an. Die beiden Ärmel seines Flanellhemdes, hatte er bis über seinen Ellenbögen hochgekrempelt. An der rechten Seite seiner Jeanshose, hing ein Schlüsselbund mit so vielen Schlüsseln dran, sodass die beiden Mädchen sich wohl im selben Moment gedacht haben müssen, dass er mehr Schlüsseln hatte, als die gesamte Türanzahl der Schule.

Schließlich hatten die beiden alles gründlich inspiziert.

>>Was habt ihr beiden Mädchen hier verloren?<< fragte er sie mit einer ruhigen und ernster Stimme.

>>Äähmm...<< fing Defne an zu stottern >>...wir wollten uns nur die Kantine ansehen, aber sie ist zugesperrt.<<

>>Ganz recht.<< sagte Herr Welsch und fügte hinzu >>Die Kantine ist an diesem Tag für Besucherinnen und Besucher nicht zugänglich. Ihr solltet lieber ganz schnell wieder zu euren Eltern zurückkehren.<<

Die beiden Mädchen rannten ganz schnell davon ohne etwas zu sagen und Herr Welsch konnte nur noch ihre arrhythmischen Fußstapfen hören, die immer leiser wurden, als sie die Treppe hinunterliefen.

Wieder zurück im Erdgeschoss angekommen, liefen die beiden jungen Mädchen Defne und Tamara in das Wartezimmer, in der ihre Eltern bereits auf sie gewartet hatten.

>>Na endlich! Das wurde aber auch langsam Zeit.<< beschwerte sich Demiray während er dabei seine jüngere Schwester Defne angesehen hatte.

Tamara lief, ebenso wie Defne, zu ihrer Mutter und packte ihre Hand ganz fest zu.

Ohne Zweifel, der seltsame Schulwart, hatte den beiden Mädchen einen Schreck eingejagt.

>>Und? Wie hat die Schule dir so gefallen Schatz?<< wollte Defne's Mutte von ihr wissen, woraufhin Defne, nach einem tiefen Atemzug, folgende Antwort darauf gegeben hatte >>Super!<< und warf dabei einen Blick zu Tamara hinüber, die ihren Blick erwiderte.

>>Und? Hat dir deine zukünftige Schule auch so gut gefallen wie deiner Freundin Defne meine Süße?<< wollte Tamara's Mutter wissen. Sofort antwortete Tamara wie folgt >>Ja, sehr Mama!<<

>>Na das ist doch fabelhaft!<< sagte ihr Vater daraufhin und sie alle fingen zu lachen an.

>>Können wir jetzt bitte endlich nach Hause gehen?<< jammerte Defne's ältere Schwester Demet, woraufhin ihr Vater sagte >>Ja, jetzt gehen wir nach Hause. Ab ins Auto mit euch!<<

>>Na endlich!<< jubelte Demiray und lief als erster, allen voran, direkt zum Auto zu.

Defne und Tamara umarmten und verabschiedeten sich voneinander in der Hoffnung, dass sie sich, trotz getrennten Schulen, weiterhin treffen würden.

Doch Defne verspürte dabei so ein mulmiges Gefühl, das ihr womöglich, unterbewusst, das Gegenteil signalisierte.

KAPITEL 2

SEHNSUCHT

Der erste Schultag des neuen Schuljahres hatte begonnen und Defne saß erneut auf ihrem Platz in ihrer Klasse.

Es war ein warmer Herbsttag und die Sonne schien herrlich am klaren Himmel während die Vögel, die sich in den Bäumen eingenistet hatten gesangvoll zwitscherten.

Alle waren da. Sämtliche Klassenkameradinnen und Klassenkameraden von Defne waren gekommen und sie alle wirkten überaus glücklich. Das war auch kein Wunder, denn sie hatten sich über den gesamten Sommer hinweg nicht gesehen. Und jetzt wo sie endlich wieder alle vereint waren, war ihnen klar geworden, wie sehr sie sich eigentlich alle vermisst hatten.

Einzig und allein Defne schien nicht besonders erfreut darüber zu sein. Denn der Platz neben ihr war nicht besetzt gewesen.

Der Platz an dem noch vor dem Sommer ihre beste Freundin Tamara gesessen hatte.

Seit sie das Klassenzimmer mit all den jubelnden Kindern darin betreten hatte, konnte sie nicht aufhören auf Tamara's Platz zu starren.

Schon vor ihrer Ankunft noch, wusste sie, dass sie ihrer besten Freundin nicht begegnen und mit ihr all ihre schönen Sommererlebnisse nicht teilen würde.

Zum ersten Mal in ihrem so jungen Leben freute sich Defne nicht auf die Schule.

Doch jetzt war sie da und musste das beste aus der Situation machen. Sie wusste, dass es ihr zwar schwer fallen würde, aber sie versprach sich zu bemühen und nicht so oft an die Abwesenheit von Tamara zu denken.

Sie wusste auch, dass ganz besonders die ersten Tage ihr sehr