Seelenverwandt, Julia - Die Rogue-Mate - Bea Stache - E-Book

Seelenverwandt, Julia - Die Rogue-Mate E-Book

Bea Stache

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Beschreibung

Julia ist erst fünfzehn Jahre alt, doch bereits seit einigen Monaten ein Werwolf. Als das Geheimnis um ihre Verwandlung eines Tages auffliegt und ihren Großvater, der Werwölfe abgrundtief hasst, wie auch die Hunter, die für ihn arbeiten, auf den Plan ruft, gelingt es ihr nur mit knapper Not und der Hilfe des besten Freundes ihres Vaters zu entkommen und beim Taunus-Rudel Schutz zu suchen. Noch auf dem Weg dorthin begegnet sie zufällig dem jungen Alpha Nathaniel, der sich gerade auf dem Weg zum diesjährigen Mate-Ball im Taunus befindet und das junge gebissene Mädchen kurzerhand entführt, da er selbst den blutigen Angriff auf sie und ihre Familie anführte, um sich so an ihrem Großvater für den Mord an seinen Eltern zu rächen. Aber Julia ist tatsächlich seine Mate und nun, da sie seine erste grausame Ablehnung wider Erwarten überlebte, die zukünftige Luna des bayrischen Rudels...

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Inhaltsverzeichnis

Ein Bild, das Text, Whiteboard enthält. Automatisch generierte Beschreibung

Impressum

Begriffe

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Impressum

Vertrieb über

Tolino Media GmbH

1. Auflage 12.2021

Copyright© 2021 by Bea Stache

Brunnenweg 4

34628 Willingshausen

[email protected]

Lektorat: Franziska Eife und Troubleblack

Umschlaggestaltung: © 2021 by RiaRaven_Coverdesign

Unter Verwendung von Lizensierten Bildern und Motiven von Shutterstock

In dieser Reihe bereits erschienen:

Band 1 Seelenverwandt – Rahel, Die Mate des Alpha

Band 2 Seelenverwandt – Mia, Die Alpha-Luna

Band 3 Seelenverwandt – Marnie, Die wilde Luna

Band 4 Seelenverwandt – Julia, Die Rogue-Mate

Begriffe

AlphaDer Alpha ist der anführende Werwolf eines Rudels, sein Beschützer und Versorger.

Er wird entweder in sein Amt hineingeboren oder erwirbt es im Kampf auf Leben und Tod, gegen den alten Alpha. Ein Alpha kann mit seiner Alpha Stimme sein ganzes Rudel unterwerfen und zur Mitarbeit zwingen, auch wenn sie es nicht wollen, sie müssen ihm gehorchen.

LunaDie Luna ist die Gefährtin des Alpha. In den meisten Fällen seine Seelenverwandte (Mate).

Sie sorgt für den Zusammenhalt im Rudel, kümmert sich besonders um Schwache und Verletzte und besitzt einen natürlichen Instinkt zum Schutz ihres Rudels und der Welpen. Mit ihrer Lunastimme kann sie ebenfalls das Rudel unterwerfen, außer den Alpha, der ihr stets Überlegen ist.Beta Der Beta ist der Stellvertreter des Alpha und kommuniziert seine Befehle mit dem Rudel und deren Leadern, wenn der Alpha das nicht selbst machen kann oder will. Er führt dessen Befehle aus und ist der zweitstärkste Werwolf im Rudel, gleich nach dem Alpha. Wenn der Alpha nicht da oder verletzt ist hat er das Kommando über die Verteidigung, ist aber immer noch der Luna unterstellt, die diese Aufgabe ebenfalls übernehmen kann.

Third in Comand – Tic

Er ist der Stellvertreter des Beta und führt außerdem als Leader eine Gruppe im Rudel an. Ist der Beta abwesend übernimmt er vorrübergehend dessen Aufgaben und bleibt im Falle eines Rudelkrieges oft zurück, um die Luna und die Welpen zu beschützen. Er ist der drittstärkste Werwolf im Rudel.LeaderLeader sind die Anführer der verschiedenen Territoriengebiete und Gruppierungen innerhalb des Rudels. Sie erkämpfen sich diesen Rang innerhalb ihrer Gruppe und können durch weitere Rangordnungskämpfe innerhalb der Leader die Position des Tic oder Beta für sich erstreiten.

MateEin/e Mate ist der oder die Seelenverwandte eines Werwolfes. Der erwachsene Werwolf weiß es immer sofort, wenn er seine oder seinen Mate findet, denn er liebt diese Person sofort und ist nahezu besessen nach seiner oder ihrer Nähe. Dabei ist es aber ganz gleichgültig ob der Mate nun ein Mensch oder ein Werwolf ist, männlich oder weiblich. Der Werwolfmate kann ohne seinen Seelenverwandten auf Dauer nicht überleben.

Stirbt ein Mate stirbt meistens auch sein Gefährte oder seine Gefährtin, im selben Augenblick.

Es gibt nur wenige Ausnahmen von dieser Regel und das sind alleine Mütter, deren Kind oder Kinder sie noch brauchen, weil sie zu klein, zu schwach oder aber gerade schwer verletzt sind und ohne sie vermutlich sterben würden.

In den meisten dieser seltenen Fälle überleben aber nur gebissene Werwolfmate, die nicht schon als solche geboren wurden.

Der Link

Das ist die Werwolftelepathie.

Es gibt drei verschiedene Links:

Der Matelink, der nur zwischen zwei Mate oder auch deren Familie funktioniert, der Leaderlink, der nur von Alpha, Luna, Beta, Tic und den Leadern genutzt werden kann und den Rudellink, in dem das gesamte Rudel sich miteinander unterhalten, Neuigkeiten austauschen oder Alpha und Luna und die Führungsebenen Mitteilungen an das Rudel bekannt geben kann.

Ein Werwolf kann willentlich den Rudellink unterbrechen, indem er eine innere Barriere dagegen aufbaut, sodass ein Wolf nicht immer automatisch am Rudellink teilnehmen muss. Nur wenn Alpha und Luna zum Rudel sprechen, kann man diese Barriere vorübergehend nicht benutzen.

Alpha-LunaDie Alpha-Luna ist eine Luna die den Alpha ihres Rudels und Gefährten ernst gemeint und voller Zorn zum Kampf herausgefordert und diesen gewonnen hat. Dieser Kreiskampf endet aber nicht wie andere Alpha-Kämpfe mit dem Tod des Gegners, sondern mit einem schlichten KO.

Es kommt nur extrem selten vor das eine Luna zur Alpha-Luna wird und ihren Gefährten besiegt. Doch wenn es so ist muss sie Zeit ihres Lebens als Alpha-Luna keine Kämpfe mehr bestreiten, keine Herausforderungen annehmen und auch ihr Gefährte darf vom eigenen Rudel nicht mehr auf Leben und Tod kämpfend herausgefordert werden. Einzig wenn die Alpha-Luna selbst jemanden herausfordert, darf der Gegner um die Position des Alphas mit ihr Kämpfen, dann allerdings in Menschengestalt, nicht als Wolf doch hier auch wieder auf Leben und Tod.

Rogue-Alpha

Ein Rogue-Alpha ist der Anführer einer Gruppe rudelloser Wölfe, die ein eigenes kleines oder auch großes in sich geschlossenes Rudel bilden, das sich selbst innerhalb eines schon bestehenden Rudels ergeben kann. Der Alpha qualifiziert sich hier nicht durch Kampf im Kreis, für dieses Amt, sondern durch Führungsstärke und Hilfsbereitschaft, Schutz und Sorge um sein Rudel, das ebenso wie er selbst oft nur aus gebissenen Personen besteht. Eine Besonderheit ist, dass das Rudel hierbei unter Umständen auch nur aus zwei Personen bestehen kann und es ist auch egal ob dieser Alpha nun männlich oder weiblich ist. Er oder sie ist Alpha.

Rogue

Ein Rogue kann ein zufällig oder böswillig gebissener Mensch sein, der nichts über Werwölfe weiß, sich einfach bei Vollmond verwandelt hat und nun allein damit lebt, ein Werwolf zu sein. Meistens wurden sie von einem wilden „Hund“ gebissen.

Ein Rogue kann außerdem ein geborener oder gebissener Werwolf sein, der, ohne je aufgenommen worden zu sein, bei einem Rudel lebt.

Zudem kann ein Rogue auch noch ein Werwolf sein, egal, ob geboren oder gebissen, der von seinem Rudel verstoßen wurde und nun zu keinem solchen mehr gehört. Viele dieser Verstoßenen werden irgendwann zu wilden Bestien wie aus dem Horrorfilm, die Menschen und Werwölfe gleichsam anfallen und zu töten versuchen.

Prolog

Es regnete wie aus Kübeln, so wie fast immer im einsetzenden Frühjahr, als sie alle erschöpft aus den Autos ausstiegen. Es war schon fast Mitternacht, doch der Platz vor dem Rudelhaus wurde von mehreren Flutlichtern erhellt.

Die Stimmung war gedrückt, auch wenn viele der in Bonn gefundenen und geretteten Welpen beim Anblick ihrer glücklichen und erleichtert weinenden Eltern oder Verwandten laut aufschrien und sich, auf sie zuhetzend, aus Aufregung sogar verwandelnd in deren Arme stürzten. Es war ein Glück im Unglück, dass fast alle der verschleppten Welpen überlebt hatten. Ein Glück, dass alle Wächter unbeschadet zurückgekehrt waren, so auch er.

Das Rudel hatte schon stundenlang vollständig versammelt auf ihre Ankunft gewartet … und gebangt, weil Nathaniel zuvor noch einen kurzen Abstecher befohlen hatte, eine Rachemission.

Nun standen sie alle schweigend da, düster, … unbehaglich zum Sohn ihres bisherigen Alpha hinblickend, der aber noch viel düsterer blickend ausgestiegen war. Er stand nun einfach da und sah still und schwer atmend beim Ausladen der beiden Leichen zu.

Eine davon war sein eigener Baba, der andere ein Teenagerwolf, den sie in Bonn nur noch tot in seinem Käfig liegend gefunden hatten. Erschossen von den Huntern.

Dessen Mahmen Rebecca schluchzte nun an der Schulter ihres Gefährten Kai, der mit zornig-verzweifeltem Blick zu ihm hinsah. Doch Nathaniel hatte gerade keine tröstenden Worte für ihn … oder für sonst wen. Nichts konnte jemanden trösten, der sein eigen Fleisch und Blut verloren hatte … und nichts konnte gerade auch ihn selbst trösten. Denn Finn und Peter legten nun die zugedeckte Leiche ihres ermordeten Alpha sanft zu seinen Füßen nieder. Dann erst traten sie beide an seine Seiten, leicht versetzt hinter ihm.

Er war ihnen dankbar für ihr Schweigen, … war ihnen dankbar, dass sie nun ganz offensichtlich seine Flanken schützten, denn gerade jetzt wäre er so leicht zu besiegen gewesen wie ein neugeborener Welpe.

Doch es wagte kein einziger Wolf, auch nur etwas zu sagen, zu fragen oder gar laut zu atmen. Nathaniel war sich bewusst, wie geschockt das Rudel gerade war. Nicht zuletzt von seinem Anblick.

Denn seine Augen glühten noch immer in diesem intensiv leuchtenden Alpha-rot, dass er noch lange nicht an sich selbst hatte sehen wollen, derweil sein Gesicht aber aschfahl und totenbleich aussah.

Ja, er sah aus wie ein irrer Zombie.

Kein Wunder, … denn er hatte in den letzten drei Tagen weder gefressen noch geschlafen, - nur getrunken, … ja, das hatte er. Literweise Wasser, … vor allem in den letzten Stunden. Doch er bekam den Blutgeschmack einfach nicht mehr von der Zunge und den Geruch nicht mehr aus seiner Nase heraus.

Gut, dass es hier nun regnete, das machte es etwas erträglicher. Auch wenn seine Brust gerade regelrecht in Flammen stand, … da er sich selbst heute das Herz herausgerissen hatte.

Doch davon durfte hier niemand erfahren. Noch nicht.

Denn er wusste genau … Die Ältesten hatten bereits mehrere Mitteilungen von den bisherigen alten Leadern erhalten, die den Angriff auf ihren Alpha überlebt und sich seiner Jagd nach den Feinden des Rudels angeschlossen hatten, um die Familie des Alpha-Mörders wie auch die Hunter in Bonn, die ihre Jungen verschleppt und gequält hatten, zu richten. Nur den Mörder selbst hatten sie nicht mehr erwischt. Diesen Feigling, Waldemar Schulze, den amtierenden Bundeskanzler von Deutschland. Ja, … ihn nicht, weil er untergetaucht war und nun vom BND beschützt wurde.

Doch wie Nathaniel musste nun auch er unter dem Verlust der einzigen Familie leiden, die ihm geblieben war. Heute hatte er seinen einzigen Sohn mit seiner Frau wie auch seine beiden Enkelkinder getötet.

Und zu wissen, dass es nur seine Schuld war, würde ihn noch mehr leiden lassen. Zumindest das, wenn er diesen irren Alten schon nicht völlig zerfetzt in seinem Blute liegend sehen konnte. Doch das schlechte Gefühl, trotzdem versagt zu haben, wie auch das Wissen, dass er nun ebenfalls niemals glücklich und zufrieden werden konnte, weil er gleichsam mit seinen Todfeinden auch das einzige Wesen gemordet hatte, das ihm noch mal irgendwann inneren Frieden hätte schenken können, wie auch eine liebende Familie, war niederschmetternd … seine ganz eigene private Hölle.

Ob er jemals wieder ruhig schlafen würde, ohne die flehenden blauen Augen seiner noch viel zu jungen Mate vor sich zu sehen, die er heute getötet hatte?

Er bezweifelte es ernsthaft.

Er konnte nicht mehr richtig atmen, sah sie immer wieder vor sich liegen, … sterbend, … langsam verblutend …

Wenn Finn und Peter ihn nicht beide gepackt und mitgezerrt hätten, wäre er wohl für immer neben dem Mädchen knien geblieben. Hätte sein Leben gleichsam mit ihrem ausgehaucht, so wie seine Mahmen es getan hatte in der Sekunde, da ihr Gefährte starb. Und wer weiß, … vielleicht wäre das auch besser so gewesen, als dieses nun so triste und trostlose Dasein beginnen zu müssen, ohne jede Hoffnung auf wahre Liebe.

Er wandte den Kopf und betrachtete sich im verregneten Seitenspiegel eines Autos. Er sah einfach nur schaurig aus. Als sei auch er tödlich verwundet worden … und tatsächlich fühlte er sich auch so.

Fast tot.

Doch er hatte keine Wahl gehabt. Er hatte sein Herz opfern müssen … um der Blutrache Willen und der Ehre des bayrischen Rudels.

„Es war meine Pflicht, zu tun, was ich tat, mein Alpha, und ich habe sie erfüllt, so gut ich nur konnte, um die Ehre unseres Rudels wieder herzustellen und Gerechtigkeit zu üben“, flüsterte er leise und brach dann auf ein Knie herunter, schwer atmend eine Hand auf den eingewickelten Leichnam legend.

Finn kniete nur einen Moment später neben ihm.

„Er wird nun Frieden finden, Nathan, … und mit Stolz auf dich herabblicken. Du hast nun ihn und auch deine Mahmen gerächt. Du bist ein starker und ehrenhafter Alpha!“, sprach er ihm gut zu und auch Peter nickte ernsthaft und presste sich ernsthaft die Faust auf sein Herz.

„Wir folgen dir, Nathaniel. Also walke nun mit uns, … walke mit dem Rudel und gib ihnen und auch uns damit einen neuen guten Alpha, bevor wir unsere Lieben begraben und dann ein neues Leben beginnen. Denn das alte ist nun vergangen … Unsere Kindheit ist vergangen … und auch ich schwöre dir meine Treue und Gefolgschaft, Cousin, bis zu dem Tag, an dem Luna uns heimruft.“

Nathaniel atmete wieder langsam ein und dann ganz tief und bewusst aus, öffnete sich nun für den allgemeinen Rudel-Link, das kollektive Bewusstsein des Rudels … und war sich der Gefühle seiner Freunde aus Kinderzeiten sofort überdeutlich bewusst. Sorge, Angst um ihn, Verzweiflung, weil sie ihm nicht helfen konnten und er so schlimm leidend aussah … und auch alle anderen Wolfsseelen drückten nun alle auf einmal auf seinen Geist. Anteilnahme, Zweifel, Sorge, Furcht vor der Zukunft, ob er überhaupt noch Kraft genug hatte, um ihrer aller Alpha zu sein, Ärger und Gereiztheit bei den Ältesten, weil er sich gerade vor allen so schwach präsentierte. Wie auch reine Hoffnung bei seiner Mahmu, der Schwester seiner Mahmen, die auch Peters Mahmen war, und nun in den Schatten des Rudelhauses stand und ihn still im Familien-Link anfeuerte …

Steh auf, … los, … du kannst es, Nathan! Mach meine Schwester stolz!, hörte er ihr leises Murmeln. Sie hatte ihn nur selten benutzt, eigentlich nur mit ihrer Schwester, … doch nun ging es auch so, … weil sie ihn nun ebenso wie Peter als ihren Sohn betrachtete, … angenommen, geliebt, … es wärmte seine kalte Seele und er kam wieder mühsam hoch auf die Beine, während er ihren Blick im Schatten suchte und das Leuchten und Glühen in seinen Alpha-roten Augen sich noch verstärkte.

Gut so, … sei stark, Nathan! Für das Rudel! Wir sind für dich da, ganz egal, was auch passiert!, versprach sie ihm noch einmal und da legte er seinen Kopf in den Nacken und heulte noch in Menschengestalt los, laut und klagend und noch bevor es endete, hatte er die Wandlung zum Wolf vollzogen. Er heulte erneut … und diesmal fordernd … Denn er war nun der Alpha … und wer das nicht akzeptieren wollte, konnte ihn jetzt sofort herausfordern. Unbändige Kraft durchdrang ihn, zugleich er heulte, noch lauter, und nun im doppelten Alphaklang. Es kräftigte noch seinen Geistruf nach Herausforderern, doch diejenigen, die eben noch gezweifelt hatten, verwandelten sich nun folgsam, um mit ihm zu heulen, … mit ihm zu walken … und ihm zu folgen, dem neuen Alpha des bayrischen Rudels, Nathaniel Stark.

1.

Das Auto hielt auf offener Straße mitten im Wald an. „Wir sind da!“, sagte Achim, der ehemalige Personenschützer ihrer Familie, angespannt zu ihr. Julia wusste es natürlich schon, schluckte aber dennoch hart an den aufsteigenden Tränen. Sie musste nun stark sein, … auch für Achim …

„Ich wünschte, ich könnte einfach da draußen im freien Raum bleiben, Achim ...“, sagte sie zu dem nun finster blickenden Fahrer.

Der nickte lediglich zustimmend. „Ich bin von diesem Plan auch nicht sonderlich begeistert, nach allem, was du herausgefunden hast, Jule, aber es ist so, wie du sagst. Nur dort, wo man sich bereits erfolgreich gegen die Regierungs-Hunter und die völlige Ausrottung der Kranken und genmutierten Menschen wehren konnte, kannst du nun noch sicher sein ... Du wolltest immer Ärztin werden … und Leben retten, ich weiß noch. Da willst du das Virus sicher auch nicht versehentlich an jemand normalen weitergeben, der sich irgendwann in dich verliebt? Hier zumindest gibt es auch Typen, die so mutiert geboren wurden, und ihren wie auch deinen Zustand als normal empfinden.“

„Mit denen werde ich aber garantiert nichts anfangen, selbst wenn ich irgendwann erwachsen bin, Achim. Ich will schließlich nicht noch mehr von diesen Monstern erschaffen. Das könnte ich sonst mit meinem Gewissen nicht verantworten …“

„Oh, Jule … Sei lieber vorsichtig mit solchen Worten, wenn du bei ihnen bist. Du weißt schließlich am besten um deren Ammenmärchen von dem einen perfekt passenden Partner, der den anderen dann auch noch abgöttisch liebt und auf ihn abfährt, dass sogar der Tod sie nicht trennen kann …“

„Ja, klar, … von wegen“, schnaubte Julia schwach lächelnd. „Die Berichte des neuen, nun abgespalteten Rudels aus dem Schwarzwald dazu sind ziemlich eindeutig. Die geborenen Werwölfe tun nur so, als ob es diese Mate-Sache gibt … Vermutlich geben sie den Frauen, die ihnen gefallen, bei diesen irrsinnigen Sklavenhandel-Bällen bewusstseinsverändernde Drogen ins Essen und Trinken, damit sie sich total high fühlen und später schlagen und bedrohen sie sie, bis sie gebrochen sind und einfach bei allem mitspielen. So zumindest haben es die zwangsverheirateten jungen Frauen berichtet … und nicht nur in dem Rudel“, knurrte sie leise.

„Und trotzdem hast du dich dazu entschlossen, nun doch zu diesen Bestien zu gehen ...“, erinnerte Achim sie wieder seufzend und sah sie tief durchatmend an. „Ich nehme dich lieber mit nach Russland. Es lief doch gut so weit, … du hast im Keller lernen können, Geld verdient. Wir müssen einfach nur einen Ort finden, der vielleicht etwas abseits liegt.

Bei deinen fulminanten Sprach- und Computerkenntnissen schaffst du dir einfach eine neue Identität und kaufst dir ein großes Grundstück in Sibirien, wo du sicher bist und einfach leben kannst“, schlug er sicher zum zehnten Mal vor, doch Julia wusste es besser.

Mit ihrem Großvater im Hintergrund und den vielen Huntern, die sie jetzt schon überall fieberhaft suchten, würde sie noch nicht mal bis zur polnischen Grenze kommen.

„Hör bitte auf. Sie sind schon viel zu dicht an uns dran, Achim. Und wenn du heute Morgen nicht gewesen wärst, wäre ich noch nicht mal bis hierhin gekommen“, flüsterte sie resignierend und rieb sich kurz den schmerzenden Arm.

Er runzelte besorgt die Stirn. „Meinst du, das war ein starkes Gift, das sie dir da gespritzt haben?“, fragte er sie erneut unbehaglich und Julia dachte an den Überfall im Morgengrauen zurück, als gut ein Dutzend Hunter in das Haus ihrer Eltern eingedrungen waren, sie aus dem Bett gerissen und dann mit einer pistolenartigen Spritze etwas Grünes in den Arm geschossen hatten, bevor sie sie niederrangen und fesselten und ...

Nein!

Nein, daran wollte sie jetzt lieber nicht mehr denken. Sie hatte die halbe Fahrt in diesem fassungslosen Schockzustand verbracht und gleich würde sie sich auch noch weiteren Herausforderungen stellen müssen. Da konnte sie keine weiteren Zusammenbrüche mehr gebrauchen. Und auch kein Geheule, auch wenn es ihr tatsächlich danach war, und es ihr gar scheußliche Sorgen bereitete, was man ihr da heute verabreicht hatte, also seufzte sie schließlich leise auf.

„Also Elektrolyte waren es nicht! Es fühlt sich … nicht gut an, … kalt und seltsam in mir drin. Ich zittere auch total. Aber wenn es richtig toxisch wäre, wäre ich nun vermutlich schon tot oder zumindest bewusstlos“, vermutete sie unsicher und schluckte erneut hart, bevor sie dann seufzte. „Besser ich zögere es jetzt nicht mehr länger hinaus, auch wenn‘s mir schwerfällt. Ich steige jetzt aus … Du musst schließlich schnellstens weiter und weg von hier. Ohne mich wirst du es dann sicher schaffen. Sie suchen nach einem Auto mit anderem Kennzeichen und zwei Personen im Fahrzeug, … das sollte dir zumindest einen Vorsprung verschaffen“, sprach sie tonlos und griff sich den Rucksack.

„Du weißt, dass mir das alles scheißegal ist, Jule. Ich habe deinem Vater etwas versprochen und wenn er jetzt hier wäre und wüsste, dass ich dich nun einfach so mitten im Wald aussetze …“

„Du hast keine Wahl, … ebenso wenig wie ich, Achim!“, unterbrach Julia ihn nur wieder gequält. Der Leibwächter umfasste das Lenkrad noch einmal um einiges fester und knurrte leise auf, als wäre auch er eine solche Bestie, wie sie es nun sein musste. Also bemühte Julia sich nun zumindest mal um ein klein wenig Zuversicht. „Sie werden mich schon nicht sofort abschlachten. Das Rudel, das hier lebt, ist doch wohl viel liberaler als alle anderen. Sie behandeln die gebissenen Menschen sogar richtig menschlich und haben auch gute Hilfsprogramme, bei psychologischen oder medizinischen Problemen, nach den Bissen. Zudem hat dieser Vermittler, Disuki2368, vorhin noch gesagt, dass sie mich immer noch erwarten, als ich mich wegen der Verspätung entschuldigt habe, … sie halten schon seit heute Vormittag nach mir Ausschau, hat er gemeint und mir auch noch mehrfach versichert, dass es mir bei ihnen wirklich gut ergehen wird, trotz der vielen gegenteiligen Gerüchte.“

„Trotzdem hast du jetzt gerade gewaltig Schiss, das sehe ich dir an, Jule. Und das hätte ich an deiner Stelle ebenfalls“, flüsterte er leise.

„Mach dir bitte trotzdem keine Sorgen mehr, okay? Ich bin sicher, dass alles klappen wird. Ein junges, unwichtiges, irgendwann von wilden Rogues angefallenes Teenager-Mädchen, das nun vor Werwolfjägern auf der Flucht ist, hat um fünfzig Prozent bessere Chancen, in so einem Rudel aufgenommen und auch irgendwann vollständig akzeptiert zu werden. Und das hier ist zudem auch noch ein Territorium, das einen wild gebissenen Menschen ohne jede Überprüfung seines Hintergrundes aufnimmt“, versuchte sie ihn noch einmal zu beruhigen, doch es half nicht viel. Bei ihnen beiden nicht.

„Wenn du meinst …“, schüttelte er nur wieder frustriert den Kopf und presste die Lippen erbittert zusammen. „Doch dann lebe nun besser ab sofort ein gutes, unauffälliges und hoffentlich äußerst langweiliges Leben!“, empfahl er ihr noch leise.

Julia schluckte erneut hart und kämpfte mit den Tränen. „Du auch, Achim. Und lass über das Postfach von dir hören. Wenn ich kann, schicke ich dir noch etwas mehr Geld. Ich habe einiges vom angelegten Geld von Papa und Mama schon abgezogen und neu investiert. Ich habe es nur vorrübergehend auf Fake-Namen-Konten umgebucht, so hat Opa keinen Zugriff mehr darauf. Wenn ich wieder mehr Zeit habe, wasche ich das Geld noch mal gründlich, dass es auch nicht mehr nachverfolgt werden kann, und wenn du mir dann eine Bank oder Kontonummer nennst ...“

„Schon gut, Jule, mach dir bitte keine Sorgen um mich. Ich bin erwachsen, habe Freunde auf der ganzen Welt. Ich komme zurecht“, unterbrach er diesmal sie und Julia nickte schniefend.

„Tut mir so leid, dass ich jetzt nicht noch mehr für dich tun kann, bei allem was du für mich riskiert hast, schon seit Monaten.“

„Das war meine gottverdammte Pflicht. Also Schwamm drüber. Und schicke mir an jedem Ersten eine Nachricht, dass du noch lebst, okay? Das muss ich wissen!“, erinnerte er sie noch einmal, während Julia schniefte und nickte und dann ihren Rucksack und die Jacke schloss.

„Ich danke dir, dass du mich da noch mal rausgeholt hast, Achim. Und ich hoffe, ... ich sehe dich irgendwann wieder“, flüsterte sie leise.

Er lächelte eher hoffnungslos und schüttelte nur kurz den Kopf. „Ich kann nur hoffen, sie sind auch nett zu dir. Aber wenn nicht, dann tu einfach, was du musst, damit sie es irgendwann sind und dich mögen, klar? Du kannst dich gut verteidigen, sogar gegen mehrere Männer, das wissen wir beide, doch tu es nur dann, wenn du wirklich in Lebensgefahr gerätst. Besser du hältst nun ab sofort hinterm Berg. Dasselbe gilt für den Schulbesuch. Die werden dich sicher wieder hinschicken, da du erst fünfzehn bist. Also falle besser nicht zu sehr auf, verstanden, Einstein? Auch wenn eine Zweiplus eine persönliche Beleidigung für dich darstellt, ist es doch besser, solche Noten zu schreiben, als andauernd nur Einsen. Also tritt auf die Bremse, erklär den Lehrern nicht, was sie falsch machen, und werde schlicht für alle unsichtbar. Selbst wenn sie dich dann und wann anpöbeln, halt einfach den Kopf unten und dich aus allem raus, was nicht unmittelbar dich betrifft! Und auch wenn’s sicher schwerfällt, … tu, … was sie sagen! Besonders bei deren Alpha-Monstern, sonst dringen sie telepathisch in deinen Kopf ein und machen dich fertig, sobald sie erfahren haben, wer du wirklich bist“, erinnerte er sie an die Verhaltensregeln der Rudel. Sie nickte nur wieder besorgt und öffnete die Autotür. So oder so hatte sie nur noch diese eine Chance auf ein Überleben, wusste sie zweifellos.

„Ich werde es nicht vergessen ... und dich auch nicht, Achim. – Danke“, flüsterte sie noch einmal leise, senkte dann wie befohlen den Kopf und stieg schnell aus und schlug die Tür zu.

Und da stand sie nun. Mitten auf einer Landstraße im Nirgendwo.

Doch in nur zehn Metern Entfernung befand sich die Grenze zum Territorium des Taunus-Rudels. Sie hatte sich diese Stelle auf Google Maps bereits zwanzig Mal angesehen, die Koordinaten zehn Mal gecheckt und den weiteren Verlauf des Weges im Kopf bereits mehrfach durchgespielt.

Sie musste nur einfach weiter die Straße entlanglaufen. Einfach nur weiter, immer geradeaus und dann bei der nächsten Abzweigung rechts, bis sie zu den wild geborenen Werwölfen kommen würde, die genauso krank wie sie waren.

Virulente Monster …!

Kurz blickte sie noch einmal zurück und sah erzitternd den Wagen ihres alten Freundes und Leibwächters wenden und nach einem letzten Winken davonfahren. Er war ein wirklich guter Mann.

Der beste Freund ihrer Eltern. Fast schon ein Onkel, der nach ihrem furchtbaren Tod auf sie aufgepasst hatte.

Zeit, ihn aus der Schusslinie zu bringen. Auch wenn er sich vielleicht immer noch schuldig fühlte, da er als ihr Leibwächter nicht mit in den Freizeitpark gegangen war … und damit nun dachte, versagt zu haben. An ihr, an ihrem Vater, an Mama und Ben. Doch Julia konnte es nicht mehr ertragen, ihn noch länger so leiden zu sehen. Das war sie schon längst nicht mehr wert, nur noch ein Schatten ihrer selbst, also warum bemühte er sich denn nun so sehr? Noch nicht mal ihr eigener Großvater hielt sie für die Mühe wert, noch mit ihr zu sprechen, oder ihr, noch schlimmer, zuzuhören. Nein, das hatte er tatsächlich noch nie getan. Und all ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft waren nun nicht mehr. War alles aus, vorbei … und zu Ende.

Sie war jetzt nur noch klug und kannte die Risiken. Ihre Chancen, doch noch sechzehn Jahre alt zu werden, standen bestenfalls fifty-fifty. Also würde sie nun entweder mit diesem Schritt in die nächste bereits für sie gestellte Falle laufen und dann demnächst ebenso getötet werden wie in dem Verwahr- und Experimentierzentrum in Bonn, wo sie noch diversen Tierversuchen dienen und dann wie ein Hund eingeschläfert würde oder aber sie konnte doch noch etwas weiterleben.

Nun, … zumindest hatte sie Achim noch eine reelle Chance gegeben und gerade noch ihre kleine Schultertasche mit einer Nachricht an ihn hinter seinen Sitz geschoben, als er kurz weggeschaut hatte. Denn für seinen Neustart im nächsten und hoffentlich besseren Leben hatte sie ihm alles Geld gegeben, das sie im letzten Jahr an der Börse erwirtschaftet und nicht in die fest angelegten Fonds ihrer Eltern gesteckt hatte.

Es waren über zweihundertfünfzigtausend Euro, die sie nun ja nicht mehr brauchen würde, da sie tatsächlich als arme, von Huntern gejagte Waise unter die Wölfe ging.

Inkognito!

Nur noch schlicht Julia, statt Julia Schulze - die Enkelin des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, der sie nun aber aufgrund dieses wahnsinnigen Rogue-Werwolf-Angriffs im Frühjahr, der seinen einzigen Sohn, ihre ihm verhasste Mutter und den Bruder getötet hatte, nun lieber tot sehen wollte als lebendig, … weil nun auch sie so ein mit dem Werwolf-Virus infizierter Mensch war – mutiert zu einer Bestie … und tatsächlich hochansteckend wie auch gefährlich.

Oh, es stach in ihrer Brust, vor Schmerz und Sorge.

Die Regierung und die Rudel waren sich doch immerzu spinnefeind gewesen, oder? Da hatte es so viele Hasskommentare im Internet gegeben … Und wenn sie nun doch noch herausfanden, wer ihr Großvater war …

Zwecklos, … darüber hatte sie schon zweihundert Mal nachgegrübelt, Wahrscheinlichkeitsberechnungen angestellt und sich gesorgt. Doch mit den Huntern im Genick … war das hier nunmehr ihre einzige noch reelle Chance.

Also ging sie sich nun schlicht umdrehend die Straße entlang. Über die Grenze drüber. Weiter und weiter immer geradeaus und immer tiefer in das dicht bewaldete Gebiet hinein, das seltsam normal und friedlich wirkte. Eigentlich hatte sie ja damit gerechnet, gleich hinter der Grenze gefangengenommen zu werden, … so als unbekannter Rogue, wie man die wild gebissenen Menschen gemeinhin nannte. Doch es tat sich nichts, regte sich nichts… und sie ging einfach weiter und weiter.

Ein Blick auf ihre Sports-Armband-Uhr verriet ihr schließlich, dass sie sogar schon fünftausend Schritte weit gegangen war und ihr Puls gerade alle Rekorde schlug, ebenso ihr Blutdruck… war das etwa wegen des Giftes? Oh je...

In den Institutsunterlagen des Centers in Bonn hatte sie gelesen, dass sie dort mit verschiedenen Giften experimentierten, die A) den Wolfwandel unterdrückten, B) den Werwolf betäubten oder C) ihn töteten sollten, auch wenn Dank der inneren Bestie die Wirkung aller Mittel immer erst sehr zeitverzögert auftrat.

Doch eine Betäubung konnte sie nun wohl ausschließen, blieben also noch Optionen A und C…

Sie kramte zittrig fühlend die Wasserflasche heraus und trank ängstlich umherspähend einige Schlucke, wobei sie sich zu beruhigen versuchte. Aufregung kurbelte nur den Kreislauf an, … ergo … ihr Blut pumpte schneller, … ergo … das Gift würde sich schneller verteilen.

Wenn da nur irgendjemand in der Nähe wäre, um ihr zu helfen.

Ob sie vielleicht schon von deren Wächtern entdeckt worden war und nun beobachtet wurde? Es hieß im Forum, viele Rudel hätten Angst vor wilden Rogues, weil diese sogar noch schlimmere Monster werden konnten als die hiesigen Ungeheuer.

Sie sah und hörte aber rein gar nichts außer Blätterrauschen im Wind und Vogelzwitschern. Dabei hieß es doch im Forum, dass die Werwölfe ihre Grenzen akribisch bewachen würden …

Sie ging unsicher weiter, ... noch weitere tausend Schritte. Eine Abzweigung wies nach rechts, das Schild verhieß den Ort, den Achim ihr genannt hatte. Sie zog aber doch noch mal zur Sicherheit den Zettel aus der Tasche und las ihn mit dem Schild vergleichend, einfach nur um sich zu sammeln, bevor sie wieder ängstlich ausatmete.

Ja, ... ja, ... sie musste nun nach rechts abbiegen.

Nur noch zwei Kilometer bis zum Zielort, dem Wohnsitz des Taunus-Rudels.

Da kam plötzlich ein Auto, ... sie hörte es ... und rannte dann auch schon panisch ins nächstbeste Gebüsch, um sich dort vor den Menschen zu verstecken, die da vermutlich gerade unwissend, um der Gefahr sie zu treffen, entlangfuhren. Erbebend duckte sie sich hinter einen dicken Baum und wartete.

Sie durfte nicht gesehen werden, bis sie bei dem Wolfsrudel angekommen war. Bis diese dann auf sie aufpassen würden ... Das hatte Achim ihr noch während der Fahrt dringend eingeschärft. Denn wenn sie plötzlich zum Wolf werden würde und jemanden anfiele, könnte sie sich das niemals verzeihen.

Oh, Gott …

Ob sie jemals wieder ohne diese quälende Angst, von jetzt auf gleich zur Bestie zu werden, unter normale Menschen gehen konnte? Vielleicht hätte sie doch besser freiwillig in das Verwahr-Zentrum in Bonn gehen sollen. Denn Werwölfe gehörten tatsächlich am besten weggesperrt oder eingeschläfert. Sie selbst hatte es ja auch so mit sich gehalten. Sie hatte sich selbst weggesperrt, um niemanden je anzufallen und zu verletzen.

Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie wartete, bis das Auto abgebogen oder weitergefahren sein würde ...

Aber nein, ... oh nein, es hielt an!

Jemand stieg aus und kam dann auch noch mit festen Schritten durch das Geäst auf sie zumarschiert. Sie wollte noch rasch aufspringen und tiefer in den Wald hinein flüchten, doch da tauchten plötzlich drei sehr wild und böse knurrende, riesige Wölfe vor ihr auf und versperrten ihr zähnefletschend und wild knurrend den Weg.

Ach du Schande …!!!

„Bi...bitte ...!“, hob sie, sich sofort ergebend, die Hände und senkte hastig den Kopf. „Ich … bin Julia! Hört ihr? Julia aus Brandenburg … Und ein gebissener Mensch! Di- Disuki2368 hat mich hergeschickt! Ich bin angemeldet! D…Da draußen … da sind Leute hinter mir her! Böse Leute, die mich heute Morgen töten wollten, mich einschläfern wie einen kranken Hund …“ Der vorderste Wolf kam ein paar Schritte näher heran und knurrte noch stärker. Entsetzt sank Julia daraufhin auf ein Knie herunter und hob ihre Hände prompt noch höher.

„Entschuldigung … Bitte! Verzeiht mir … Wenn ich jetzt einfach hier stehe … I-Ich weiß, … ich bin viel zu spät dran, aber die hatten mich heute früh noch erwischt, ... die Hunter … und … nur einem Freund ist es zu verdanken, dass ich ihnen doch noch mal entkommen bin! Er hat mich rausgeholt, zwei Männer, die mich wegschaffen sollten, getasert und dann so schnell wie möglich hierher bis an die Grenze gefahren. Doch er musste schnell weiter, weil die doch hinter uns beiden her waren. U…und Disuki2368 hat gesagt, ich wäre hier sicher und kriege A…Asyl ...!“, flüsterte sie das letzte nur noch leise.

Denn der vorderste Wolf, der eben noch so seltsam erstarrt war, erschauerte nun und kam dann langsam noch näher herangeschlichen, duckte sich dann aber so seltsam herunter und knurrte dabei nun gefährlich grollend auf. Seltsam tief klingend … und irgendwie doppelstimmig?! Julia duckte sich hastig noch tiefer herunter. War das hier etwa einer dieser Alpha? Oh … Nur niemanden anblicken, ... niemandenanblicken!!!

Doch das Grollen des riesigen hellbraun-weißen Wolfes ging ihr gerade regelrecht durch Mark und Bein. Sie konnte nicht. mehr. atmen …!

„Was, bei Luna, tut ihr da?“, fragte eine weibliche Stimme plötzlich laut und forsch. Julia fuhr erschrocken auf und sah eine bildhübsche blonde junge Frau zwischen den Bäumen hervortreten, die sicher nur wenige Jahre älter war als sie selbst. Ihr Gesicht war zutiefst zornig verzogen.

„Wir erwarten dieses Rogue-Mädchen schon seit Stunden hier im Territorium! Sie hat seit zwei Wochen Kontakt mit uns und Asyl erbeten! Das hier ist unser Gebiet, Alpha von Bayern!

Also sei willkommen auf dem Mate-Ball, aber halte dich an die Regeln und aus unserer Rudelpolitik heraus!“

Auf einmal waren die Wölfe verschwunden und schwere Stiefel traten in Julias Blickfeld. Sie hob die zitternden Hände noch höher vor ihr Gesicht und duckte sich zugleich noch tiefer runter, bis sie fast schon mit der Nase im Dreck hing. Das hier war also wirklich ein Werwolf-Alpha?! Aus Bayern?

Die sollten Rogues angeblich nur zum Spaß jagen und töten, wann immer sie einem solchen begegneten.

Oh je …!!!

„Das Mädchen hat sich auffällig benommen, Alpha-Luna Mia. Und sie soll ein gebissener Rogue sein!? - Wie alt? Nimmt sie ebenfalls am Ball teil?“, knurrte die tiefe Stimme nun gefährlich ruhig.

„Nein, tut sie nicht! Sie ist erst fünfzehn und hat absolut keine Ahnung, was genau mit ihr geschehen ist, seit sie von einem - ich zitiere - „wilden Hund“ halb tot gebissen wurde.Doch seither verwandelt sie sich unkontrolliert bei jedem Moon. Ihr Onkel hat sie aus Angst vor ihrer wilden Seite betäubt gehalten und in seinem Keller eingesperrt, okay? Ein Freund ihrer toten Eltern hat sie da erst vor drei Wochen rausgeholt und geforscht, wo sie nun hingehen könnte. Aus Angst nach ihrem Ausbruch hatte ihr Onkel aber bereits die Behörden und damit auch die Hunter verständigt. Letzte Meldung von unserem Strohmann war heute Morgen, dass sie es vielleicht nicht schaffen wird, den Huntern zu entkommen, weil sie sie heute Früh entdeckt hatten. Sie wird schon seit Wochen quer durch Deutschland gejagt und hat nun eine scheiß Angst, okay?! Wäre also nett, wenn du sie nun einfach in Ruhe lassen und nicht noch mehr einschüchtern würdest, Alpha Nathaniel!“, schimpfte die junge Frau mit dem Alpha weiter und der ... hockte auf einmal seufzend vor ihr nieder und fasste sie mit warm anfühlenden Händen an beiden zitternden Armen.

„N...nein, bitte …!“, hob sie erneut leise schniefend die Hände vor ihr Gesicht, doch er zog sie lediglich hoch und klopfte auf einmal auch noch das Laub und den Dreck von ihr ab, während sie nun heftig bebend stehen blieb.

„Verzeih, kleine Wölfin, die von einem wilden Rogue gebissen wurde ... Wenn ich dich erschreckt habe, bitte ich um Verzeihung. Doch da du ja nun bei unseren Gastgebern erwartet wirst, gehe nun zu deinem neuen Rudel!“, sagte er fast schon hohnspottend.

Julia wagte es nicht, für mehr als nur für einen winzigen Moment lang zu ihm aufzublicken ... und begegnete prompt den kühlsten, aber auch faszinierendsten, tiefblauen Augen, die sie jemals im Leben gesehen hatte. Oh, … und er war ja auch noch so jung, … sicher erst so Anfang zwanzig, wenn überhaupt … und hatte lange blonde Haare, die sich fast bis auf seine Schultern herabwellten. Rein von der Stimme her hatte er viel älter geklungen. Doch waren die Rudelanführer anscheinend alle ganz junge Leute … oder nur diese beiden hier? Wenn sein Blick sie nur nicht so gebannt hätte …

Ihr Herz setzte prompt einen Schlag lang aus. Ein seltsames Beben fuhr ihr durch Mark und Bein, doch dann riss sie sich doch noch den Kopf drehend los und blickte lieber wieder zu der jungen Frau hin, die sich gerade wieder lautstark räusperte.

„Alpha ...!?“, fauchte sie nun wirklich tiefstimmig warnend und mit grellrot aufglühenden Augen.

Julia zuckte erneut darunter zusammen und der Werwolf ließ sie nun endlich grummelnd los.

„Na, geh schon!“, befahl er ihr grollend und sie beeilte sich stolpernd, zu der jungen Frau hinzulaufen, die nun aber plötzlich von unglaublich vielen anderen Wölfen wie auch jungen kräftigen Männern umgeben war und blieb dann zögernd, hart schluckend und mit wieder tief gesenktem Kopf vor ihr stehen. Ihr Atem flog nun und sie bebte so heftig, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

„H...Hallo!“, wagte sie nur einen ganz leisen Gruß.

Die junge Frau seufzte prompt kurz auf, das Glühen in ihren Augen verging und sie versuchte sogar ein kleines Lächeln. „Hey, ... Julia. Schön, dass du es doch noch zu uns geschafft hast. Wir freuen uns wirklich sehr darüber und sind zutiefst erleichtert. Wenn wir außerdem gewusst hätten, dass du zu Fuß hier ankommst, hätten wir dir natürlich jemanden entgegengeschickt, der dich abholt. Aber ich vermute mal, der Freund deiner Eltern ist nun ebenfalls auf der Flucht vor der Regierung … wegen Körperverletzung an den Huntern, oder? Disuki2368 hat uns gemeldet, dass er dich gewaltsam befreien musste, nachdem heute Früh der Zugriff erfolgt ist.

Das war sicher total beängstigend für dich. Und es tut mir auch ehrlich leid, was hier gerade eben geschehen ist.

Normalerweise wird ein Neuankömmling nicht gleich so derbe begrüßt. Nimm es unserem Gast trotzdem nicht allzu übel, okay? Sie sind zu einer Veranstaltung hergekommen, die einmal im Jahr bei uns stattfindet und gerade überhaupt nichts mit dir zu tun hat. Und ich, als hiesige Alpha-Luna des Taunus-Rudels, heiße dich auf dem Boden unseres Territoriums willkommen und stelle dich hiermit zugleich auch unter meinen Schutz!“, sagte sie mit plötzlich verändertem Tonfall, bevor er dann doch wieder normal wurde. „Ich weiß, dass du gerade große Angst haben musst. Disuki2368 hat gesagt, dass du und auch dein Helfer sicher noch zwanzig Mal nachgefragt habt, ob das mit dem Asyl auch wirklich klappt und du hier sicher sein wirst. Das wirst du … ab sofort. Darauf gebe ich dir mein Wort. Kein Mensch oder Werwolf hier im Taunus wird dir schaden, solange du dich nur an unsere Regeln hältst. Doch davon erfährst du morgen dann noch mehr und es sind auch zunächst nicht sehr viele. Du musst dich zuerst mal eingewöhnen, uns alle näher kennenlernen und von deiner wilden Flucht erholen. - Ole!“, wandte sie sich an einen jungen Typen mit braunen welligen Haaren und einem hellbraunen Lederhemd, der auch sofort einen Schritt vortrat und ihr kurz zunickte, bevor er wieder seine Alpha-Luna ansah, um ihren Befehl zu empfangen.

„Nimm sie nun erst mal mit ins Krankenhaus auf die Gebissenen-Station und untersucht sie bitte gründlich, da die Hunter sie heute Morgen ja erwischt haben! Ihre Wölfin konnte Alpha Nathaniel selbst über den Alpha-Bann angesprochen nicht hören. Das heißt, sie steht vermutlich unter starken wolfsbannenden Drogen oder wurde sogar richtig derbe vergiftet. Sieh zu, was du für sie tun kannst, damit sich ihre innere Wölfin baldmöglichst befreien und sie sich wandeln wie auch mit uns allen walken gehen kann und rufe mich, wenn du mich brauchst!“, befahl die Alpha-Luna dem Wolf, der nur kurz ernsthaft nickte, und Julia dann freundlich lächelnd winkte, ihm zu folgen. „Na, dann komm mal mit, Kleine.“

Doch ihre Beine trugen sie nun plötzlich nicht mehr.

Oh, … die ganze Anspannung fiel auf einmal von ihr ab … oder war es vielleicht doch das tödliche Gift, das nun wirkte? Sie wusste es wirklich nicht, schluchzte aber leise auf und war auch schon auf direktem Weg zu Boden, als sie wider Erwarten doch noch aufgefangen und schwungvoll hochgehoben wurde.

Huch …?!

Es war wieder dieser unheimliche Gast-Alpha.

„Wa...?!“, klammerte sie sich unwillkürlich an seinem Hals und der Schulter fest, weil sie Angst hatte zu fallen, doch der kräftige Junge lächelte nur kurz wieder so spöttisch und sah sie erneut eindringlich an.

„Hab dich, kleine Rogue-Wölfin! Du scheinst ja wirklich ziemlich mitgenommen zu sein. Oder habe etwa ich dich so erschreckt?“, fragte er sie schnaubend, schien aber gar keine Antwort von ihr zu erwarten und wandte sich nur an den nun knurrenden Wolf Ole, der sie eigentlich hatte mitnehmen sollen.

„Ja, schau nich so - Geh voraus, Rudeldoc! Ich bringe sie dir nur bis zum Wagen hin. Das ist wohl das mindeste, was ich gerade noch tun kann, um mich bei der Kleinen für den Schrecken zu entschuldigen“, knurrte er, doch seine Augen sahen sie dabei schon wieder so seltsam an, ... so glühend, ... beängstigend eindringlich, fand Julia und senkte prompt wieder eingeschüchtert den Blick.

Doch die Alpha-Luna war keineswegs einverstanden mit diesem Gehabe und brauste erneut zornig auf. „Das ist nicht nötig und das weißt du auch, Alpha Nathaniel! Wir können uns selbst um unser neues Rudelmitglied kümmern!“, zürnte die blonde junge Wölfin ihm erneut, doch der ließ sich nun nicht mehr beirren und folgte dem nun ziemlich misstrauisch und verwirrt blickenden Ole schlicht schweigend zur Straße hin, wo gerade ein Geländewagen anhielt.

„Setze sie bitte da hinein, Alpha! Sie muss nun schnellstens ins Krankenhaus, untersucht und auch behandelt werden“, sagte der junge Mann ausdruckslos. Julia blickte ganz kurz wieder ängstlich zu dem Alpha auf.

Oh, ... diese irre blauen Augen waren so teuflisch. Warum wurde ihr nur heiß und kalt zugleich, wenn sie da hineinblickte? War das etwa der viel beschriebene Alpha-Bann? Las er also jetzt schon ihre Gedanken? War es das? Doch warum hatte sie zugleich auch noch dieses seltsame Gefühl von Vertrautheit und ein noch nie so gespürtes nervöses Kribbeln im Bauch, wann immer sie in dieses unglaubliche Blau hineinblickte? Er war ein bestienhafter geborener Werwolf. Und ein Alpha!

Sie musste sich von so einem weit fernhalten, damit sie nicht am Ende noch getötet werden würde. Ja ... Das musste sie. - Kopf runter und unten lassen!

Warum aber fiel ihr das nun gerade nur so entsetzlich schwer?

„Wann hast du eigentlich Geburtstag, kleine Wölfin!?“, fragte er sie aus heiterem Himmel vollkommen kühl und nebensächlich, so als würde er sich nach dem Wetter erkundigen und trotzdem war der Tonfall so bezwingend ... wow ...

„I...Im April!“, flüsterte sie unwillkürlich leise, obwohl sie lieber gar nichts sagen wollte.

Keine Ahnung, wieso sie ihm trotzdem antwortete.

Der Ausdruck auf seinem Gesicht wurde prompt finster. Er ließ sie abrupt los, so als hätte er sich an ihr verbrannt, trat von ihr zurück und der Rudeldoc schloss rasch die Tür.

Julia wusste nicht wieso, doch sie atmete prompt leise auf. „Eberesche und Kirschlorbeere! Ich konnte es gerade an ihr riechen. Die kleine Wölfin ist wirklich stark vergiftet worden und schwebt in Lebensgefahr!“, wandte der Alpha sich sofort an den Rudeldoc, der nun allerdings eher bissig reagierte.

„Danke, Bayern-Alpha! Das ist nicht unser erster Fall von Vergiftung durch Hunter-Gift. Und wenn ich das richtig sehe, wird es auch nicht mein letzter Fall gewesen sein. Schließlich habt ihr konservativen Rudel euch ja dazu entschlossen, lieber sämtliche unschuldigen Rogues von außerhalb, die ihr zumeist auch noch selbst zu solchen gebissen habt, zu jagen und töten, statt ihnen ein Heim anzubieten und natürlich Hilfe bei der Umstellung in ihrem neuen Leben“, spottete der Doc nur sarkastisch und stieg dann vorne im Wagen ein.

Julia sah noch, wie der Blick des jungen Werwolf-Alpha wieder zu ihr hinglitt, derweil nun mehrere andere junge Typen an seine Seite traten und scheinbar wortlos mit ihm kommunizierten, denn er sah kurz nach rechts zu einem braunhaarigen Typen hin, der auch sofort unmerklich nickte und verschwand, bevor er ihren Blick bemerkte und sie erneut so seltsam eindringlich und düster durch die Scheibe anstarrte. Rasch senkte sie also wieder den Kopf.

Nichts denken, nichts denken, ... nichts denken, befahl sie sich selbst rasch und schloss erneut erbebend die Augen.

Sie musste dabei einen Ton von sich gegeben haben, denn auf einmal berührte sie etwas am Bein. Der Rudelarzt war vorne eingestiegen und hatte sich zu ihr umgedreht.

„Hey, Julia. Nur keine Angst. Es wird alles gut, okay? Und mach dir erst mal keine Gedanken um das, was dich hier nun erwarten könnte. Letztlich bist du immer noch ein Mensch, genau wie wir auch! Ich selbst wurde zum Beispiel mit elf Jahren gebissen, okay? Ich habe aber schnell gelernt, damit umzugehen und finde es nun sogar richtig cool! Du brauchst also gar keine Angst zu haben! Solange du bereit bist zu lernen, zeitweise auch mal ein Wolf zu sein, zu walken, zu heulen und die Regeln zu befolgen, wird es dir bei uns sehr gut gehen und du bist absolut sicher vor den Huntern. Denn hier bei uns trauen sie sich inzwischen nicht mehr rein!“, versicherte er ihr erneut mitfühlend. Julia schluckte hart an ihren Tränen. „I...ich tue wirklich alles, was ihr sagt. Nur bitte, ... beißt mich nicht, ja?“, flüsterte sie leise.

Der Rudelarzt zog unwillkürlich die Brauen zusammen. „Warum sollten wir dich denn beißen wollen? - Wo hast du das her?“, fragte er sie schließlich verdutzt. Julia wandte sich fast schon unter seinem ernsthaften Blick. „A...aus dem Chatroom. Sie haben gesagt, ... die Werwölfe beißen einem bei einem Fehler die Finger ab. U...und die Alpha töten die Wölfe, die ... die ungehorsam sind oder verletzten sie schwer, bis sie absolut gehorchen und nicht mehr aufmucken. A…Aber ... I...ich tue alles, was Sie sagen, ... wirklich. Oder ... ich versuch's zumindest!“, schwor sie noch einmal unsicher und der Rudeldoc seufzte ganz schwer auf, während der Wagen nun anfuhr und auf der Straße wendete.

„Also ehrlich ... Das muss ich gleich nachher mal Mia, Torben, Silas und Maron erzählen. Wird sie sicher brennend interessieren, dass wir den neuen Wölfen neuerdings die Finger abbeißen. So ein Schwachsinn! Das müssen Werwolfhasser da reingeschrieben haben. Oder sogar Hunter.

Aber so sind wir nicht. Keine Sorge.

Es muss dich letztlich echt viel Überwindung gekostet haben, zu uns zu kommen, wenn du an diesen Scheiß geglaubt hast. Kein Wunder, dass ihr da noch so oft nachgefragt habt, ob es dir hier auch wirklich gut gehen wird. Das ist echt voll crazy …“, spottete der junge Arzt nur locker, während Julia sich das verschwitzte Gesicht am Jackenärmel abwischte und dabei insgeheim tief durchatmete.

„Also, … ich wäre sicher nicht hierhergekommen bei solchen Berichten ... und dann auch noch dieser Empfang eben, durch den Bayernalpha … Da wäre ich vermutlich sogar so schnell wie möglich wieder umgedreht und weggelaufen, statt mich so mutig vor Alpha-Luna Mia hinzustellen und „hallo“ zu sagen“, meldete sich nun auch der Fahrer zu Wort. Er war auch ein junger Kerl, der ziemlich menschlich und normal auf sie wirkte.

„I...ich kann doch sonst doch nirgendwo mehr hin. D...die wollten mich heute Morgen in einen Käfig stecken und n...nach Bonn bringen, … die … waren so viele … und echt fies und brutal. Sie … haben gesagt, dass sie dort noch ein paar … ein paar Tierversuche mit mir machen, bevor sie mich dann irgendwann … einschläfern würden. Weil ich … im Februar von einem wilden Hund gebissen worden bin und jetzt ... auch infiziert bin. Mit diesem Werwolf-Virus...

Und nun bin ich ebenfalls so ein unkontrolliertes Monster, das vielleicht irgendwann arglose Menschen anfällt und sie beißt oder … sogar tötet“, flüsterte sie leise und verkrampfte ihre Finger ganz fest in ihrer Jacke.

Sie fragte sich kurz, ob sie nicht besser geschwiegen hätte. Aber dieser Ole schüttelte nur wieder leise schnaufend den Kopf. „Du bist kein Monster geworden, Kleine, und du bist auch nicht wirklich krank, nur weil deine Gene nach diesen Bissen mutiert sind. Das denken die da draußen zwar, doch dem ist nicht so. Vielmehr sind auch die Werwölfe nur Menschen, … lediglich mit etwas mehr Potenzial als normale, jedoch im Grunde fast gleichzusetzen. Du wirst schon sehen! Es gibt tatsächlich nur wenige Unterschiede in unserer Lebensweise. Ja, ich wage sogar zu behaupten, dass du in ein paar Wochen sicher schon über deine heutigen Worte und deine Angst vor uns lachst …“

Plötzlich krachte ein Auto in die Seite des Wagens hinein und drängte ihn von der Straße ab und gegen einen dicken Baum. Julia schrie auf und versuchte, sich noch irgendwo festzuhalten, doch ihr Kopf schlug bereits gegen die Seitenscheibe ...

- Licht aus!

Julia fühlte Splitter und kalte Erde unter ihrer Wange, als an ihr gezogen wurde, ... fühlte, dass gleich darauf jemand ihr Gesicht berührte. Hörte dumpfe, aber barsche Worte von weit her, ... fühlte schließlich, dass sie aufgehoben und weggetragen wurde.

Ihr Ohr landete an einer nackten breiten Brust, sie hörte ein Herz rasch, ja fast panisch schnell schlagen, eine tiefe, barsche Stimme erklang ...

„… war viel zu heftig, verdammt!“

Dann verlor sich alles wieder in lautem Brummen und Summen in der Dunkelheit.

2.

Irgendwann lichtete es sich wieder. Der schwebende Zustand endete beinahe. Erneut trug sie jemand auf den Armen, erteilte laute Befehle: „Ruft sofort Doc Marianne in die Notaufnahme! - Beeilung!“

„Ja, Alpha!“

„Sofort, Alpha!“

„Hier entlang, Alpha!“

„Hatte das Mädchen einen Unfall, Alpha?“

Julia stöhnte leise auf und blinzelte in grelles Licht von steril und kalt strahlenden Leuchtstoffröhren, die sie im Vorbeitragen immer wieder kurz blendeten. Dann wurde sie gleich darauf irgendwo abgelegt.

Gott, was war hier nur los, … wo war sie denn nun wieder gelandet? In diesem Krankenhaus, in das die Alpha-Luna sie eingeliefert hatte sehen wollen …? Aber warum war der Alpha dann auf einmal ein Kerl?

Sie hatte doch selbst noch gelesen, dass es entweder einen Alpha oder eine Alpha-Luna gab, die ein Rudel anführten, aber nie beides …

Eben war es doch noch die blonde junge Frau gewesen, oder?

Oh Gott, ihr Kopf tat so höllisch weh … und ihre Ohren piepsten …

Jemand maß ihren Puls, jemand anderes den Blutdruck und als sie kurz blinzelte, beugte sich gerade eine geschäftig aussehende Ärztin über sie und horchte mit ernsthafter Miene ihren Brustkorb ab.

Kurz drehte sie den Kopf und erblickte … den bayrischen, fiesen Alpha-Typen, der sie vorhin noch so derbe angegangen hatte …?! WHAT …???

Oh, verdammt …

Oh, … wie war sie denn bitte nun bei dem gelandet? Oder hatte er sie nach dem Crash nur ins Taunuskrankenhaus gebracht? Aber warum gab er dann hier Befehle und wusste außerdem die Namen der Ärzte?

Oh, ihr armer Kopf …

„Ja, das war ein Autounfall … und was für einer. Dieser närrische Sauhund Anton hat’s gewaltig übertrieben mit seiner Showeinlage und die Kleine beinahe erledigt. Außerdem wurde das Rogue-Wölfchen zuvor wohl schon von Huntern vergiftet, ist denen aber trotzdem noch mal entkommen. I hab ihr schon auf der Herfahrt mein Alpha-Blut ‘geben, weil sie unterwegs fast gestorben ist, doch ihre Wölfin rührt sich nicht. Behebt das also, Marianne, damit sie sich wandeln und sich dann beizeiten selbst heilen kann!

Dann bringt‘s ihr sie später rüber ins Internat. Sie ist eine gebissene Rogue, aber erst fünfzehn Jahre alt und unerfahren. Sie wird also bei uns aufgenommen und unterwiesen, bis sie alt genug ist, um ihren Mate ebenfalls zu spüren. Kein Wort, falls jemand nach ihr fragt. Wir haben sie dem Taunus schließlich gewaltsam abgenommen, noch bevor die sie sich in ihrem Sinne einverleiben konnten. Doch ihr Mate befindet sich nachweislich hier bei uns in Bayern. Sie sollte darum besser auch gleich hier lernen, was es bedeutet, ein echter Werwolf zu sein, statt von diesen Rogues im Taunus erst mal kirre gemacht zu werden.“

„Sehr wohl, Alpha.“

„Darf man fragen, wer der Mate des Mädchens ist, Alpha? Kommt er sie bald besuchen?“

„Nein, wird er nicht! Sie wurde von einem hiesigen Werwolf erkannt, der heute mit im Taunus war und die Suche nach einer Mate eigentlich schon aufgegeben hatte. Ich entschied dann, diese Angelegenheit zum Wohle meines Rudels auf diese Weise zu regeln. Auch wenn wir dadurch nicht am Ball teilnehmen konnten.

Doch sowieso haben sich die närrischen Rogues schon längst zusammengetan und auch den Menschen alle Werwolf-Rechte eingeräumt, wie auch ihren wählbaren Mädchen und Jungs dringend geraten, sämtliche Mate-Verbindungen mit Bayern und dem Kellerwald abzulehnen, nur weil wir noch richtige Alpha sind, die nach alter Tradition geboren und aufgezogen wurden, … diese Sauhunde!

Das haben wir bereits letztes Jahr so festgestellt. Also besser, wir haben nun eine Mate für Bayern, als gar keine. Und da sie gerade erst von außerhalb angekommen war, hatte Alpha-Luna Mia auch noch keine Gelegenheit, mit ihr zu walken und sie damit in ihr Rudel zu integrieren.“

„Doch, … Alpha, … was machen wir, wenn der Taunus sich nun mit dem Schwarzwald und der Rhön zusammentut und herkommen wird?“, fragte die Ärztin ihn unbehaglich.

Doch das entlockte dem Werwolf nur ein spöttisches Schnauben. „Wegen eines jungen Teenager-Wölfchens von außerhalb, das noch gar nicht zu ihnen gehört hat und das sie auch gar nicht kennen?

- Nein … Sie bedeutet für den Taunus noch nichts, also werden sie sich hüten, mit uns Krieg anzufangen. Zudem hatte ich Alpha-Luna Mia bereits angedeutet, dass wir ihren Mate bei uns haben, fragte sie sogar, ob die Kleine am Ball teilnimmt, doch sie war verstockt und wollte sie unbedingt erst mal dortbehalten. Sicher um sie auch nur wieder so negativ gegen uns zu beeinflussen, während bei uns derweil ihr Mate zum wilden Rogue wird, weil er sich schon viel zu lange nach ihr verzehrt.

Und genau das werde ich der Taunus-Alpha-Luna mitteilen, wenn ich später mit ihr über diese Sache sprechen werde, dann wird sie schon einsehen, dass es so am besten und sinnvollsten für uns alle ist.“

„Ja, Alpha“, murmelte die Ärztin nur wieder und leuchtete Julia dann rasch in die Augen, die sie gleich danach aber wieder leise und schmerzlich aufstöhnend schließen konnte.

Doch die Worte des bayrischen Alpha ließen sie nun vor Angst erzittern. Denn die Gerüchte im Netz waren wohl wirklich wahr. Kein menschlich denkender Wolf und erst recht kein Menschen-Mädchen wollte je freiwillig zu diesen konservativen Bestien in Bayern und Kellerwald gehen, die gebissene Werwölfe sämtlichst verachteten und ständig nur herabsetzten, unterdrückten, ja, … schon richtiggehend versklavten. Doch nun hatten sie sie einfach mitgenommen … und diesen Autounfall selbst verursacht? - Um sie für einen ihrer älteren Wölfe zu rauben, der sie heute im Taunus gesehen hatte und nun für sich haben wollte? Hatte er also seinen Alpha angelogen und behauptet, sie sei seine Seelenverwandte, nur weil keine andere Frau ihn hatte haben wollen? Und weil sie ein Niemand war, würden alle dem fraglos zustimmen?

Vor ungläubigem Schock kamen ihr die Tränen und sie schluchzte prompt leise auf.

„Marianne! Los doch, sie leidet Schmerzen von dem Unfall! Kümmert euch also nun endlich um die Vergiftung, damit sie sich baldmöglichst wandelt, heilt und vielleicht dann schon heute Abend mit dem ersten Walk in das Rudel integriert werden kann“, befahl er kalt klingend. Oh, so gefühllos, … diese Bestie.

Julia schluchzte erneut, doch diesmal auch zornig. Was fiel ihm ein, das jetzt einfach so für sie zu entscheiden?

Wo sie leben würde, … wen sie heiraten sollte … irgendeinen Typen, den sie noch nicht einmal kannte?!

Oh, dieses irre Monster!

„Ich will nicht …“, brachte sie leise krächzend hervor, doch zugleich sie das sagte, sprach auch schon die Ärztin wieder. „Das geht aber schnell, Alpha. Wozu diese Eile, da sie doch nur ein gebissenes Wölfchen von außerhalb ist …?“, fragte sie ihn deutlich missbilligend. Julias Worte wurden indes von allen ignoriert.

Gott …

„Ja, ich weiß, das ist unüblich. Doch auch wenn sie nur eine gebissene Rogue ist, … für ihren Mate wird sie irgendwann wohl doch noch etwas bedeuten und als Alpha ist es meine Pflicht, für mein ganzes Rudel zu sorgen, ... für jeden einzelnen Wolf“, knurrte er finster und leises, zustimmendes Geraune setzte ein.

„Nein …“ Julia schüttelte hastig den Kopf und rang nach Atem, doch die sahen sie noch nicht einmal an. Ja, sie war denen wirklich vollkommen egal, oder?

„Doch, … wenn der arme Wolf, der schon länger auf der Suche war und sicher bereits sehr gelitten hat, nun durch die weitere Abstinenz ernsthafte Schwierigkeiten bekommt, … sollen wir ihm dann nicht besser direkten Zugang zu dem Rogue-Mädchen gewähren ...?“, wandte die Ärztin wieder ernsthaft ein und übersah ihr erneutes Kopfschütteln, ebenso dieser irre Typ von Alpha, der nun leise schnaubte. „Vergiss es. Wie gesagt, sie ist noch nicht ausgewachsen und wir halten uns in diesem Fall vorerst an die Gesetze, es sei denn, es wird ein ernsthaftes Problem. Und da ich die Sache nun geklärt habe, wird es nun sicher wieder werden. Denn sie ist ja jetzt schon hier. Ab und zu ein Blick aus der Ferne muss daher vorerst genügen … Das beruhigt den Wolf dann schon. Doch wir wahren den Anstand. Ihr Mate wird sich ihr nicht nähern, bis sie das für einen Menschen erforderliche Alter erreicht hat. Kein anderer wird bis dahin irgendeinen Anspruch auf sie erheben. Ich gab dem Wolf mein Wort, mich zu kümmern und darum ist das nun auch mein Befehl!

Keine Sondierungen, Marianne!

Der betroffene Werwolf weiß es, wird sich aber von ihr fernhalten und nichts darüber verlautbaren, so wie es das Gesetz vorsieht!“

„Ja, Alpha!“

„Ja, Alpha!“

„Wir sagen auch nichts, Alpha!“

„Ich will keinen Mate, ... ich lehne ihn ab, wer immer es auch ist!“, mischte Julia sich nun ächzend ein und versuchte, sich aufzusetzen, doch die ignorierten sie immer noch, … nicht wahr?!

„Besorgt ihr besser auch noch einen erfahrenen Paten oder auch zwei. - In ihrem Alter! Sie wurde anscheinend viele Monate lang in einem Kellerloch gefangen gehalten, nachdem sie vor einigen Monaten gebissen wurde. Die Lehrer im Internat sollen sie also testen und ihren Wissensstand einstufen!“

„Ja, Alpha!“

„Ich gehe hier nicht zur Schule! Ich gehöre nun in den Taunus und nicht nach Bayern!“, versuchte Julia nun, sich aufzusetzen, doch die Krankenschwestern drückten sie einfach nur wieder zurück auf die Liege.

„Wöchentlicher Bericht über ihren Zustand, Eingewöhnung und Sozialisationsfortschritt!“, fuhr das Monster seelenruhig fort, zu sagen, und blickte dann doch kurz mal eiskalt auf sie herunter. „Darauf habe ich mich mit dem betroffenen Wolf geeinigt.“

„Ja, Alpha!“, antworteten sowohl Schwestern als auch die Ärztin nur wieder unisono.

Julia kämpfte sich erneut in eine sitzende Position zurück und knurrte, laut den Kopf schüttelnd, auf, doch der fiese Alpha-Typ war schon dabei zu gehen ... und drehte sich auch nicht noch einmal zu ihr um.

„Ihr könnt mich nicht einfach so hierher entführen und denken, damit auch noch durchzukommen. Ich habe Asyl im Taunus und werde den Teufel tun, einen dreckigen bayrischen Werwolf zu nehmen, ganz egal ob der sich nun einbildet, ich sei seine Seelenverwandte. DAS BIN ICH NICHT!!“, rief sie ihm noch keuchend hinterher, obwohl ihr davon sogleich nun sauübel und schwindelig wurde. Sogleich wurde sie wieder umgeworfen und die Ärztin sah sie nun höchst missbilligend an.

„an deiner Stelle wäre ich nun lieber ruhig, Rogue, und zudem dankbar für die Güte, die der Alpha dir da erwiesen hat … Wir nehmen nicht oft Rogues von außerhalb auf, die auch noch zu jung und noch zu gar nichts nütze sind“, schalt sie sie mit gelblich aufleuchtenden Augen und spritzte ihr dann etwas in den Schlauch, der bereits mit ihrem Arm verbunden war.

„Hören Sie auf, mir diesen Dreck zu geben! Ich will zurück in den Taunus!“, wiederholte sie und wollte sich die Infusion abreißen. Doch da packten sie die anderen Schwestern nun genervt knurrend und banden sie nun tatsächlich mit starken Lederfesseln an das Bettgestell.

„Halt still, Rogue! Und sei froh, dass der Alpha gerade wohl gut drauf war, sonst hätte er dich für den Spruch über einen unserer geehrten Wölfe eben hart bestraft!“, zischte die Jüngere ihr dabei erbost zu und Julia sah sie nur wieder hart aufkeuchend an, bevor sie aufgab und sich zurück in die Kissen sinken ließ.