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Die junge Wittwe Araminta Santiago wurde von ihrer unwissentlich angeheirateten, italienischen Mafia-Familie in die USA entführt, um dort ihr Kind zu bekommen und dann zu sterben. Doch sie nutzt ihre letzte Chance zur Flucht und schlägt sich nach einer Autopanne hochschwanger durch einen ihr vollkommen unbekannten Wald. Dabei gerät sie versehentlich auf den Grund und Boden eines finsteren Eigenbrödlers, der ihr das Leben rettet, nur um sie dann aber gleichfalls gefangen zu nehmen. Doch diese Art von Gefangenschaft ist nun eine vollkommen andere als zuvor. Und Tanner ist zudem ein sehr interessanter wie auch gefährlich-mysteriöser Mann, der aber noch keine Ahnung hat, von wem genau sein ungebetener Gast verfolgt wird … Achtung: Triggerwarnung! Gewaltsame Inhalte, Angriffe, Kampfszenen, Beschimpfungen, Verfolgung.
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Vorwort
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Epilog
Weitere Bücher und Serien der Autorin
Vertrieben durch
Tolino Media GmbH
Deutsche Erstausgabe 09.2023
Copyright © 2023 by Bea Stache
Brunnenweg 4
34628 Willingshausen
Lektorat: Franziska Eife und Trouble Black
Cover © 2023 by Bea Stache
Unter Verwendung von lizensierten Bildern
der Internetplattform Shutterstock
Alle Ereignisse, Orte und Personen dieser Geschichte sind frei erfunden und stehen in keinerlei Zusammenhang mit lebenden Personen, wirklichen Ereignissen oder realen Orten.
LG
Bea Stache
Araminta blickte gepresst aufkeuchend ins tosende Wasser des gerade Hochwasser führenden Baches und atmete anschließend, um Ruhe bemüht, durch.
Das Wetter hatte umgeschlagen. Ganz eindeutig. Und das hier … war nicht gut.
- Oder vielleicht doch?
Große, schaumige Wellen bildeten sich auf der Oberfläche des reißenden Gewässers und verliefen sich dann am steinigen Ufer. Ein Vogel zwitscherte über ihr in den Bäumen und einige letzte, verirrte Sonnenstrahlen blitzten da noch zwischen dem Blattwerk auf.
Bald jedoch würden die dunklen Wolken, die sich gerade über den Bergrücken schoben, die Sonne verdunkeln. Vielleicht würde es sogar einen richtigen Sturm geben. Der Wind hatte jedenfalls schon ganz mächtig aufgefrischt.
Sorgenvoll starrte Araminta auf die sich beständig nähernde Wolkenwand. Das hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt.
Oder nein, … nein, doch nicht. Denn es würde sicher all ihre Spuren verwischen.
Also war es positiv, … trotz des zu erwartenden Regens.
Oh, ihr schwindelte immer noch so sehr und ihre Hände zitterten, bis sie diese zu harten Fäusten ballte und dann erneut ganz tief durchatmete.
Sie musste sich nun konzentrieren!
Hier konnte sie unmöglich bleiben.
Sie befand sich mitten in der Wildnis im Staate Washington … auf einem kleinen Felsen, der bis fast in die Mitte des Flusses hineinragte, und überlegt angespannt, wie sie auf die andere Seite gelangen konnte.
Sie musste da rüber. Denn nur dort würde sie gerade wohl niemand vermuten, … in ihrem Zustand. Sie waren ihr sicher schon ganz dicht auf den Fersen, das spürte sie.
Instinktiv kletterte sie wieder von dem Felsen hinab und eilte zurück in die trügerische Sicherheit der Bäume und Büsche.
Keuchend kämpfte sie sich weiter durch das Gestrüpp, immer flussaufwärts, und versuchte, dabei möglichst wenig Lärm zu machen.
Dabei blieb sie allerdings stets in Sichtweite des Flusses und bewegte sich vorwiegend dort, wo der Boden trocken und steinig war, damit sie nicht so deutliche Spuren hinterließ.
Immer wieder sah sie auf ihrer schnellen Wanderung zum Fluss hinüber. - Verdammt!
Irgendwo musste es doch eine Stelle geben, die etwas flacher war und wo sie dann einfach hinüberwaten konnte.
Es knackte hinter ihr und schnell duckte sie sich tief hinter einen Busch, verharrte dort einen Augenblick lang und sah sich angestrengt lauschend in ihrer unmittelbaren Umgebung um. Doch alles blieb ruhig. Da waren weder Schritte noch Stimmen zu hören.
Kleine, spitze Steinchen bohrten sich in ihre Handflächen, als sie vorsichtig wieder aufstand. Sie musste weiter, obwohl sie sich jetzt schon zerschlagen und zum Umfallen müde fühlte.
Gott …!
Die Schmerzen im Rücken, die sie schon den ganzen Tag über gequält hatten, nahmen wieder stetig zu. Araminta murmelte verzweifelt Beschwörungen, Gebete und versprach dem lieben Herrgott alles Mögliche, nur damit sie erst mal wieder aufhörten.
Ablenkung fand sie, indem sie an das schier Unglaubliche dachte, was sie vor zwei Tagen doch noch geschafft hatte:
Sie war entkommen!
Niemand hatte es ihr jetzt noch zugetraut, aber sie hatte es tatsächlich geschafft.
Verzweifelte Freude erfüllte sie bei diesem Gedanken und sie gewann wieder etwas von ihrem früheren Optimismus zurück. Denn sie würde sie natürlich alle gleich noch einmal überraschen.
Oh ja …
Sie würde ihre Verfolger irgendwie abhängen und sich dann sogar noch über die Grenze bis nach Kanada hinauf durchschlagen!
Großbritannien … Kein US-Hoheitsgebiet mehr, europäische Standards. Sie wünschte sich so sehr, sie hätte es in dem gestohlenen Auto mit gleichfalls gestohlenen Kennzeichen, bis nach Alaska geschafft.
Na ja.
Aber immerhin hatte sie den liegengebliebenen Wagen an der einsam gelegenen Bergstraße in die Büsche gefahren. So würde er hoffentlich nicht sogleich gefunden werden. Und wenn sie jetzt nur immer weiterlief und ihre Verfolger noch auf dem Weg abschütteln konnte …
Halt, rief sie sich energisch zu. Du hast die Flucht geschafft, aber ohne Auto wirst du bald gar nicht mehr vom Fleck wegkommen, wenn erst ...
Nein, ... nein, nicht daran denken, nicht hier, nicht jetzt, verbot sie sich sofort und unterdrückte einen wehen Laut, als ein erneuter, heftiger Schmerz in ihren Rücken fuhr.
Gepresst atmete sie tief ein und aus, bis er endlich wieder nachließ. Dann erst ging sie langsamer weiter, lauschte immer noch auf Schritte oder Rufe.
Gut zehn Minuten lang wanderte sie so, bevor sie erneut anhielt und durchatmete. Da vorne verengte sich der Fluss ein wenig. Sie konnte große Steine im Wasser ausmachen, welche die Fluten zurückhielten und auch eine Art natürliche Brücke bildeten. Allerdings eine Brücke mit sehr großen Löchern, wo die Wassermassen nur so übersprudelten.
Araminta verzog mit einem verzweifelten, ironischen Lächeln das Gesicht und hätte fast mit dem Fuß aufgestampft. Warum konnte in diesem verflixten Land denn auch gar nichts einfach sein?
Langsam trat sie näher heran und besah sich die Stelle etwas genauer.
Vermutlich war der Abstand zwischen den Gesteinsbrocken in Wirklichkeit gar nicht so groß.
Vielleicht konnte sie da einfach rüberspringen?
Wieder sah sie skeptisch auf die tanzenden Schaumkronen, welche die brodelnden Wasserwalzen immer wieder produzierten, und dann auf die Steine im Fluss.
„Ach, Gott, ich mach‘s einfach!“, machte sie sich selbst Mut und ging entschlossen auf die Steine am Flussufer zu.
Mühsam, weil auch der Rucksack auf ihrem Rücken so schwer wog, kletterte sie den größten von ihnen hinauf und blieb oben stehen, um Luft zu schnappen und sich zu orientieren.
Da! Das sah doch eigentlich ganz gut aus.
Der Abstand zwischen den Steinen betrug nur ungefähr anderthalb Meter, das musste doch zu schaffen sein.
Beherzt trat sie zwei Schritte zurück, um einen kleinen Anlauf zu nehmen und sprang dann hinüber.
Dabei kam sie leicht ins Rudern und ging schnell in die Knie, um nicht völlig das Gleichgewicht zu verlieren.
„Okay, Nummer eins, ... jetzt den nächsten, das schaffst du!“, murmelte sie euphorisch.
Entschlossen richtete sie sich wieder auf und maß die Entfernung zum nächsten Stein. Gerade wollte sie abspringen, als eine schroffe Stimme die Stille am linken Bachufer gegenüber zerriss.
„Hey!“ Erschrocken wandte Araminta den Kopf, sah noch das finstere Gesicht eines Mannes, verlor dann darüber aber das Gleichgewicht und stürzte laut aufkreischend in die tosenden Wassermassen, die sie dann sehr schnell mit sich rissen.
*
Fassungslos starrte Tanner auf die Stelle, an der eben noch die junge Frau gestanden hatte.
Er hatte sie schon eine ganze Weile lang beobachtet, wie sie heimlichtuerisch durch den Wald geschlichen war.
Sie war nicht sehr groß, vielleicht 1,60 Meter, und etwas mollig, jedenfalls von hinten betrachtet. Hatte langes, rotes Haar, das sich um die schwer bepackten Schultern lockte.
Ihre Kleidung sah aus, als hätte sie sie von der Heilsarmee! Eine zerrissene, schmutzige Jeanshose und ein überlanger, gestrickter, brauner Männerpullover, der formlos an ihr herunterhing.
Auf ihrem Rücken hatte sie einen alten, zerfledderten army-grünen Rucksack, der prall gefüllt war und viel zu schwer für sie zu sein schien.
Sie stammte offenbar aus ärmlichen Verhältnissen oder war sogar irgendeine verrückte Landstreicherin.
Doch warum dieses andauernde Versteckspiel in den Büschen? Und was machte sie ausgerechnet hier, zum Teufel, … weit weg von der Zivilisation?
Und warum hatte sie dann auch noch versucht, über den Fluss zu kommen? Bei Hochwasser ... - Auf seinLand?!
Misstrauisch war er ihr gefolgt. Auf seiner Seite bleibend, aber bereit einzugreifen, wenn sie hier schon gerne spionieren wollte.
Als sie dann aber zu den großen Steinen kam und dann auch noch versuchte hinüberzuspringen, hatte er sich entschieden, sich bemerkbar zu machen.
Er erinnerte sich noch gut an ihren kurzen, vollkommen entsetzten Blick, bevor sie ins Wasser stürzte.
Mit einem Menschen hatte sie hier anscheinend nicht gerechnet, war also wohl wirklich nur eine dämliche Wanderin. „Verdammt!“ knurrte Tanner und zog sich blitzschnell die Schuhe und Jacke aus.
Kurz dachte er noch an eine Falle, doch sie hatte auf ihn eigentlich nicht wie eine durchtrainierte Spionin gewirkt.
Einen Augenblick später hatte er sich auch schon ins Wasser gestürzt und schwamm mit kräftigen Zügen auf die wild um sich schlagende Gestalt zu, die immer wieder unterging.
Ihre Kleidung und ihr Rucksack zogen sie gerade unbarmherzig unter Wasser, erkannte Tanner.
„Ziehen Sie den Rucksack und die Jacke aus, Lady! ... Halten Sie den Kopf über Wasser, ich bin gleich bei Ihnen!“, schrie er durch das Tosen des Flusses, war sich allerdings sicher, dass sie ihn nicht gehört hatte. Das Wasser war einfach zu laut und sie verschwand außerdem immer wieder mit dem Kopf unter der Wasseroberfläche. Er sah noch, wie sie versuchte, trotzdem irgendwie zu schwimmen, machte allerdings keine Anstalten, ihren Ballast loszuwerden.
Verdammt, sie wollte den Rucksack wohl nicht aufgeben und gefährdete lieber ihr Leben dafür, ... närrisches Weib!
Tanner schwamm schneller. Er kannte diesen Fluss genau und wusste, dass bei der nächsten Biegung große Felsbrocken mitten im Wasser standen, die bei diesem Hochwasser zu gefährlichen Klippen wurden. Nicht einmal mit seinem Kanu hätte er sich, unter normalen Umständen, heute hier ins Wasser begeben. Es war schlicht lebensgefährlich.
Doch er musste es wenigstens versuchen, diese Irre zu retten. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie wirklich nur eine einfache, dumme, wandernde Zivilistin war, auf Erkundungstour in der Wildnis.
Zugegeben, sie benahm sich dafür wirklich sonderbar, hetzte immer wieder vom Flussrand zurück zwischen die Bäume, so als suche sie Deckung. Doch er hatte keine Verfolger in der Umgebung bemerkt, die solch ein Verhalten hätten rechtfertigen können.
Na ja, vielleicht war sie ja auch nur einfach paranoid und durchgeknallt? Ein Teenager, der von daheim getürmt war oder vor einem brutalen Freund oder strengen Vater davonlief, dem sie unten an der Straße aus dem Auto gesprungen war.
Oder sie wollte tatsächlich nur nicht vonihm entdeckt werden!
Scheiße!
Tanner schwamm schneller.
Sie befand sich nun etwa fünf Meter vor ihm, hatte ihn entdeckt und schrie irgendetwas, doch er konnte sie nicht verstehen.
Er sah helle Panik in ihren Augen und ihr schneeweißes Gesicht. Er war fast da!
Da wurde sie zum Glück nur mit dem Rucksack voran gegen einen aus dem Wasser ragenden Felsen geschleudert und ging dann aber in der dort entstandenen Wasserwalze unter.
„Verdammt!“ knurrte Tanner, holte tief Luft und tauchte. An dieser Stelle war der Fluss sehr tief und durch das aufgewühlte Wasser leider auch sehr schlammig. Er konnte nicht die Hand vor Augen sehen und ertastete sich deshalb seinen Weg, derweil er von der Strömung ebenfalls gegen den Felsen gedrückt wurde, und konnte gerade noch verhindern, mit dem Kopf gegen den Stein zu schlagen.
Mit den Händen erforschte er aber davon unbeirrt weiter eine gute Minute lang das schlammige Wasserloch hinter dem Felsen, in der Hoffnung, die Frau dort zu finden.
Langsam ging aber auch ihm die Luft aus.
Er musste unbedingt wieder auftauchen!
Noch einmal durchtastete er hastig mit seinen Händen die nähere Umgebung ...
Da!
... Endlich!
Er bekam ihre Haare zu fassen, die schwerelos im Wasser trieben, und zerrte daran. Augenblicke später durchbrach er keuchend die Wasseroberfläche und zog auch ihren Kopf aus dem Wasser heraus.
Wie eine Puppe hing sie nun schlaff und reglos in seinen Armen, als er sie auf den Rücken drehte, damit sie mit ihrem Gesicht über Wasser blieb.
Eine bemerkenswert schwere Puppe, schoss es ihm noch kurz durch den Kopf. Ihr Körper hatte doch nicht ganz so gewichtig gewirkt. Aber vielleicht war es auch nur der Rucksack, der so bleiern schwer war.
Grimmig hielt er sie mit einem Arm fest an sich gedrückt und schwamm mit dem anderen in Richtung Ufer.
Er war ein sehr geübter Schwimmer, doch die starke Strömung machte nun auch ihm zu schaffen.
Langsam begannen seine Muskeln zu schmerzen und das kalte Wasser schlug in großen Wellen immer wieder über ihnen zusammen. Minutenlang kämpfte er mit der Strömung, die ihn wieder zurück in die Flussmitte reißen wollte, dann hatte er es geschafft.
Hustend und schimpfend zerrte er den reglosen Körper der Frau auf den erhöht liegenden Kiesstreifen. Dort drehte er sie auf den Rücken und kontrollierte zuerst ihren Puls und die Atmung.
Sie lebte und atmete sogar – was ein Wunder.
Außerdem schien sie doch schon etwas älter zu sein, Mitte Zwanzig ungefähr.
Keuchend, aber erleichtert, ließ er sich zurücksinken und holte erst mal tief Luft, bevor er sich die Frau etwas genauer betrachtete, ... sicher war sicher.
Sie lag doch etwas ungewöhnlich verbogen da?! Nein, nicht nur verbogen …
„Heilige Scheiße ...!“
Entsetzen erfasste ihn, als er die vielen Narben an ihrem Arm sah, wo der Pullover hochgerutscht war. Auch am Ansatz ihres Dekolletés hatte sie welche, und er nahm an, dass sich unter ihrem Pullover ebenfalls einige befanden.
Hölle, was war ihr nur zugestoßen?
Da bemerkte er noch etwas, als er ihren dicken Pullover anhob, und dieses Etwas traf ihn mit der Kraft eines Vorschlaghammers.
Die Frau war hochschwanger, ... nicht etwa im Hohlkreuz verbogen liegend durch den Rucksack, oh nein.
Ihr Bauch ragte nun deutlich sichtbar, wie ein verschluckter Wasserball, unter dem klatschnassen Pullover und gedehnten Hosenbund heraus und anhand der kleinen Beulen, die immer wieder plötzlich auftauchten und verschwanden, schien das Baby darinnen nun mindestens ebenso aufgeregt zu sein wie er.
Was natürlich direkt die nächste Frage aufwarf:
Was tat eine hochschwangere, sichtlich abgerissene und irgendwann in der Vergangenheit auch mal schwer verletzte Lady hier in seinem Wald, auf seinem Berg, ... fernab jeglicher Zivilisation?
„Das geht mich überhaupt gar nichts an, Hauptsache, sie verschwindet sofort wieder“, überlegte Tanner halblaut und dachte kurz daran, ihren Rucksack zu durchsuchen, um Antworten zu erhalten.
Stattdessen starrte er nur wieder fasziniert auf ihren stark gerundeten Leib, der sich immer noch heftig ausbeulte und legte schließlich, wie unter Zwang, die Hand auf eine kleine Erhebung, die auch sofort wieder verschwand.
Ein Fuß oder eine Faust?
Er schüttelte kurz besorgt den Kopf.
Hoffentlich war dem Baby nichts geschehen, sie war immerhin ziemlich hart gegen den Felsen geprallt. Doch so, wie das Kleine nun um sich trat, schien es im doch recht gut zu gehen.
Er lächelte unwillkürlich, wurde jedoch gleich wieder ernst, als er es bemerkte und darüber stutzte.
Teufel auch, er konnte sich eine solche Ablenkung im Moment wirklich nicht erlauben!
Der Wind pfiff scharf durch seine nassen Kleider und er bekam eine Gänsehaut. „Du wirst langsam alt!“, murmelte er finster vor sich hin.
Früher hätte so ein bisschen Wind ihm überhaupt nichts anhaben können, ja, noch nicht einmal ein Sturm.
Die junge Frau begann endlich, sich schwach zu regen, zu husten und zu spucken. Dabei drehte sie sich wieder auf die Seite und krümmte sich ein wenig zusammen.
Als ihr Husten etwas nachließ, half Tanner ihr hoch, in eine sitzende Position.
„Da haben Sie ja gerade noch mal Glück gehabt, Lady ... Geht es Ihnen gut?“, brummte er missgelaunt und starrte dann erst wieder ihren Bauch an, auf den sie, in einer beschützenden Geste, ihre schlanken, feingliedrigen Hände gelegt hatte.
Ja …? Von wegen mollig.
Die Frau hatte einzig nur diesen grotesk dicken Bauch, ansonsten war kaum etwas an ihr dran.
„Wer sind Sie?“, fragte sie leise und tonlos und mit starkem Akzent. Also war diese Fremde noch nicht einmal Amerikanerin? ... Wie nett.
„Ich bin der Besitzer dieses Landes und wer sind Sie?“, gab er sich darum besonders ruppig.
„Mein Name ist Araminta ... Newberry.“
Sie log, dessen war er sich ganz sicher. Das leichte Zögern, bevor sie den Namen Newberry aussprach, verriet sie.
Woher sie wohl kommt, überlegte Tanner kurz.
Bestimmt aus Europa – mit dem Akzent.
Außerdem hatte sie einen merkwürdig leeren Blick. Ihre Augen wirkten glanzlos, fast so, als wäre sie in letzter Zeit sehr krank gewesen. Oder als hätte sie großen Kummer.
Ja, ... sie wirkte auf ihn seltsam verloren und einsam, obwohl sie doch hochschwanger war.
Unwillkürlich erwachte sein Beschützerinstinkt und er wünschte sich, diesen Schatten, der ihren Blick trübte, zu vertreiben.
Tanner schüttelte unmerklich den Kopf und verdrängte diesen verwirrenden Gedanken, als ihm wieder einfiel, dass er sie ja gar nicht hier haben wollte. Deshalb waren seine nächsten Worte wohl auch besonders barsch und abweisend.
„Und was haben Sie nun hier auf meinem Grund und Boden verloren, Araminta ... Newberry?“, betonte Tanner besonders ironisch und ließ sie somit wissen, dass er ihre Lüge durchschaut hatte. Araminta hatte sich aufgesetzt und strich sich verängstigt über den Bauch. „Entschuldigen Sie bitte, ich wusste nicht, dass ich auf Ihrem Land bin, Mister, und werde auch gleich wieder verschwinden“, brachte sie mit ton- und emotionsloser Stimme heraus und wich dabei hastig seinem Blick aus.
Sie stand mühsam auf, wobei sie sich zunächst ihren Rucksack ausziehen musste, um überhaupt auf die Beine zu kommen.
„Ich hatte einen kleinen Autounfall, … da hinten an der Straße, also gehe ich zu Fuß weiter“, setzte sie noch mit einem verzerrten Lächeln hinzu und öffnete mit bebenden Händen die Schnallen an ihrem Rucksack.
*
Araminta traute sich nicht, ihn direkt anzusehen.
Der Mann vor ihr war wirklich riesig, dunkelblond, muskulös und sehr unfreundlich. Seine nasse Kleidung, Blue-Jeans, Holzfällerhemd und gefütterte Wildlederweste, klebten an ihm und betonten seine breiten Schultern. Sein Gesicht war braungebrannt, nur ein klein wenig wettergegerbt, weil er noch nicht ganz so alt sein konnte, Anfang-Mitte dreißig vielleicht, und momentan sehr ärgerlich verzogen.
Er stand außerdem entschieden zu dicht neben ihr. Sie spürte die Hitze seines Körpers sogar durch ihrer beider nassen Kleider hindurch. Oh …
Araminta schluckte hart und versuchte dann möglichst unauffällig, etwas Abstand zu ihm zu nehmen. Ihre Hände zitterten aber schon so sehr, dass sie kaum den Gurt des Rucksackes greifen, geschweige denn ihn hochheben konnte. Ihr schwindelte und der moderige Geschmack des Flusswassers in ihrem Mund ließ sie fast wieder würgen.
Ihre Hände waren klamm und verfroren und so fühlte sich auch der Rest ihres Körpers an. Sie musste schleunigst die Sachen wechseln, ... und von diesem beunruhigenden, fremden Mann fortkommen. Ihre Zähne schlugen bereits heftig klappernd aufeinander. Araminta wandte sich halb von ihm ab, hustete erneut krampfhaft und strich sich die langen, nassen Haare aus dem erhitzten Gesicht zurück. Dabei atmete sie tief durch, um sich wieder zu beruhigen.
Es war alles in Ordnung, versicherte sie sich selbst immer wieder. Der Mann starrte sie nur böse an, na und? In den letzten Monaten musste sie sich doch daran gewöhnt haben, oder? Araminta versuchte, ihn zu ignorieren, und machte eine rasche Bestandsaufnahme von sich selbst.
Das eisige Bad im Fluss schien ihr nicht direkt geschadet zu haben. Zwar tat ihr alles weh, vor allem die Schulter und die Rippen, doch sie hatte sich zumindest nichts gebrochen oder schlimm verstaucht, sodass sie ihre Wanderung bestimmt noch fortsetzen konnte.
Sie warf einen raschen, unsicheren Blick zurück und bemerkte, dass der Mann nun noch finsterer dreinschaute als zuvor.
Vielleicht stieß es ihm sauer auf, dass er in den Fluss springen musste, um sie zu retten.
Dabei hatte sie ihn nicht einmal darum gebeten, es gab deshalb für seine schlechte Laune auch gar keinen Grund!
Doch vielleicht mochte er es ja auch nur nicht, von ihr ignoriert zu werden. Sie sah ihn nochmals kurz an.
Seine Augen blickten kalt und hart.
Sie erschauerte kurz, fröstelte und sah dann aber doch wieder schnell weg. Er konnte fest zupacken, wie sie sich erinnerte. Sie war zwar halbwegs ohnmächtig gewesen, als er sie das steinige Ufer hinaufzerrte, doch nicht gänzlich besinnungslos. Lediglich die eisige Kälte des Wassers hatte sie so schrecklich benommen gemacht.
Sie hatte auch seine tastenden Hände gefühlt und dabei eine seltsame Hitze auf der Haut verspürt, wo er sie berührte.
Vor allem an ihrem Bauch. Irgendwie hatte sie sich da nicht rühren können, obwohl sie seine Hände zunächst gerne weggeschoben hätte.
Doch als er zögerlich die Hand dorthin legte, wo das Baby gerade trat, war seine Berührung ihr ganz merkwürdig vertraut vorgekommen. Sie schluckte erneut und Tränen traten ihr in die Augen, der Schock ließ langsam nach und ihr wurde nun endlich bewusst, was überhaupt geschehen war.
- Himmel, beinahe wäre sie ertrunken.
Wäre dieser Mann ihr nicht hinterhergesprungen, wäre sie jetzt tot und ihr Baby auch.
Ihr Baby!
Es bewegte sich gerade wie wild in ihrem Bauch. Hatte es vielleicht etwas abbekommen? Hatte es Schmerzen?
„Ahhh, ... nein, bitte, bitte nicht!“, flüsterte sie ängstlich und zuckte zusammen, als plötzlich eine starke Schmerzwelle ihren gesamten Körper erfasste und sie sich nach vorne krümmen ließ. Sie atmete abgehackt und stöhnte leise, bis es endlich vorbei war.
Das war diesmal eine heftige Wehe gewesen ... Bestimmt!
Der Fremde hatte sie inzwischen an den Schultern gefasst, um sie zu stützen, und beugte sich nun besorgt über sie. Das hatte sie noch nicht einmal bemerkt. Hastig rückte sie von ihm ab und er zog stirnrunzelnd die Hände weg.
„Hey, schon gut. ... Sie sind gerade kreidebleich geworden, Lady. Ist etwas mit ihrem Kind?“, fragte er erstaunlich gelassen.
Araminta versuchte, ruhiger durchzuatmen. Sie kannte diesen Mann nicht und es gab auch keinen Grund, ihm zu vertrauen, doch er sah sie so seltsam zwingend an, dass sie ihm einfach antworten musste.
„I…Ich weiß es nicht. D...Da war ... ein Schmerz. ... Aber es ist bestimmt nicht so schlimm, das vergeht gleich wieder. Ich habe schon seit Tagen immer mal wieder Senkwehen ...“, antwortete sie schnell, mit heiserer, unsicherer Stimme.
Sie war entschlossen, ihn schnell loszuwerden.
Deshalb versuchte sie auch noch, etwas Abstand zu ihm zu gewinnen, und trat erneut einen Schritt von ihm zurück.
„Danke, dass Sie mich aus dem Fluss gezogen haben, Mister. Ich ... Ich gehe dann jetzt, okay? Am besten, Sie vergessen einfach, mich getroffen zu haben, denn ich werde Sie ganz bestimmt nicht noch einmal stören oder Ihr Land betreten. Leben Sie wohl“, keuchte sie atemlos und ängstlich, angesichts seines bedrohlich wirkenden Blickes.
Schnell drehte sie sich um und versuchte, sich zu orientieren, während sie einfach losmarschierte, den Rucksack wieder schulternd und tief durchatmend.
Plötzlich fühlte sie die kräftige Hand des Mannes an ihrem Arm. Er wirbelte sie herum und sah sie sehr böse an.
„Vergessen Sie es, Lady!“, fuhr er sie an. „Sie sind nass bis auf die Haut, Ihnen ist kalt und Sie bekommen wahrscheinlich gerade auch noch Ihr Kind. Ich weiß nicht, was zum Teufel Sie gebissen hat, dass Sie denken, in diesem Zustand hier noch weiter so herumwandern zu können, doch eines ist ganz klar: Sie gehen nirgendwo hin, außer in meine Hütte, dort oben am Berg!“
Araminta sah ihn nun ebenfalls mal wütend an.
Was glaubte dieser Typ eigentlich, wer er war?
„Das können Sie glatt vergessen!“, fauchte sie aufgebracht und versuchte, sich aus seinem festen Griff zu befreien.
Tanner fluchte innerlich und hob den Blick zum Himmel, den Herrn da oben um Geduld bittend. Dabei fielen ihm die sich dort oben tiefschwarz zusammenballenden Wolken auf.
- Ein Blizzard?
Auch das noch.
„Verdammt!“, fluchte er wild und Araminta sah ihn verstört an. Sein Griff wurde nun schmerzhaft und sie bekam es mit der Angst zu tun.
Da schoss ihr siedend heiß ein Gedanke durch den Kopf, der sie augenblicklich erblassen ließ.
Was, wenn dieser Kerl zu ihren Entführern gehörte?
Was, wenn er sie in diese Hütte zerrte und dann darauf wartete, bis ihr Baby da war, bevor er sie umbrachte?
Erschrocken schrie sie leise auf und verstärkte ihre Bemühungen, von ihm freizukommen.
„Lassen Sie mich los!“, schrie sie beinahe hysterisch und Tanner funkelte sie ungeduldig an.
„Hören Sie endlich auf, sich zu wehren, Lady! Ob Sie es nun wollen oder nicht. Sie kommen jetzt erst mal mit mir mit.“
Damit fasste er sie am Handgelenk und zerrte sie einfach hinter sich her, den Hügel hinauf.
Araminta stemmte sich nun allerdings mit aller Kraft in den Waldboden, sodass sie möglichst viel Widerstand aufbieten konnte.
So leicht würde sie es ihm garantiert nicht machen.
Tanner fluchte erneut und blieb stehen, nun mit seiner Geduld am Ende.
Unsanft fasste er sie am Kinn und bog ihren Kopf nach oben, damit sie die schwarzen Wolken sehen konnte.
„Sehen Sie sich das an! Sehen Sie, was da auf uns zukommt?“, knurrte er sie tief und dunkel an. „Wenn dieser Sturm uns hier draußen erwischt, wird es verdammt ungemütlich und so tief wie diese Wolken schon hängen, kann es jede Sekunde losgehen! Ich habe absolut keine Lust, hier draußen in einem Blizzard zu erfrieren, deshalb gehe ich jetzt in die Hütte zurück. Und da ich dem hiesigen Sheriff nur ungern erklären möchte, was eine hochschwangere Leiche auf meinem Grund und Boden zu suchen hat, kommen Sie nun gefälligst mit!“
Damit hob er sie schlicht auf, ohne auf ihre erbitterte Gegenwehr zu reagieren - und sie wehrte sich heftig - strampelte mit den Füßen und trommelte mit ihren Fäusten auf seiner Brust herum, bis sie völlig erschöpft war und schluchzend innehielt.
Zitternd vor Kälte und Angst ließ sie schließlich den Kopf sinken.
Sie kam ja doch nicht gegen ihn an.
Vielleicht sollte sie es später noch einmal versuchen, wenn er sie losgelassen hatte.
Es begann zu regnen.
Erst fielen nur ein paar einzelne, dicke Tropfen, doch auf einmal öffnete der Himmel seine Schleusen und der Sturm brach tatsächlich los.
Der Regen peitschte ihr eisig kalt ins Gesicht und durchnässte sie aufs Neue.
Um Fassung bemüht, verschränkte sie die Hände vor ihrem Körper und begann ein Gebet, doch von dem tosenden Wind, der ihr durch die Glieder fuhr, wurden ihr alle Gedanken fortgeweht. Sie schloss müde die Augen und ließ schließlich den Kopf an seine breite Schulter sinken. Er war so warm, ... wunderbar warm. … Und ihr war so kalt.
Die Schmerzen in ihrem Leib kamen und gingen nun. Sie hatte bald schon jegliches Zeitgefühl verloren, spürte nur die kräftigen, ruhigen Bewegungen dieses Mannes, der unbeirrt bergan ging.
Er schien überhaupt nicht müde zu werden.
Er redete auch nicht mit ihr. Doch sie hatte schon bemerkt, dass er wohl eher gar nicht gerne sprach.
Würde er sie nun zu ihren Entführern zurückbringen?
Sie erschauerte vor Angst darüber.
Oder würde er nur warten, bis ihr Baby da war, es nehmen und dann mit ihm fortgehen?
Würde er sie hier einfach allein in der Wildnis zurücklassen oder sie doch gleich töten?
Araminta schluchzte erneut verzweifelt auf und krallte ihre Finger in sein nasses Hemd.
Er sagte irgendetwas, doch sie konnte ihn, über dem Rauschen des Regens, nicht verstehen.
Ihre Glieder fühlten sich zunehmend tauber an und jegliches Gefühl verließ ihren Körper. Auch die Kälte und die Schmerzen verschwanden und sie wurde mit einem Mal sehr müde.
Die Augen fielen ihr immer wieder zu, obwohl sie sich darum bemühte, sie offen zu behalten. Bilder aus der Vergangenheit stiegen in ihr auf und sie sah sie in ihrem Kopf, wie in einem Film, vor sich ablaufen. Es rauschte und brauste in ihren Ohren, bevor ihre Sinne schließlich schwanden und sie in eine bodenlose Dunkelheit fiel.
*
Tanner bemerkte, wie ihr Körper erschlaffte und ihr Griff um seine Schultern sich löste. Ihr Kopf rollte nach hinten und ihr Arm rutschte zur Seite weg. Sie war ohnmächtig geworden.
„Verdammt, verdammt, verdammt!“, fluchte er laut und beschleunigte seine Schritte.
Warum musste das gerade ihm passieren?
Er hatte sich hier auf seinem Berg vor der gesamten Welt abgeschottet und versteckt gehalten und diese schwangere, störrische und ganz und gar unvernünftige Frau hatte ihn nun doch noch hervorgelockt.
Er wollte sie nicht hier haben, wollte niemanden hier haben, doch sie brauchte offensichtlich Hilfe. Es gab hier sonst keinen anderen außer ihn.
Wenn ihn nicht alles täuschte, stand auch die Geburt ihres Babys kurz bevor.
Aber bei diesem Sturm konnte er sie auch nicht ins Krankenhaus, geschweige denn zu einem Arzt schaffen.
Der Fluss war schon vor diesem Unwetter zum Bersten voll gewesen. Der weitere Regen würde ihn nun weit über die Ufer treten lassen und ganz sicher auch die Brücke überspülen, wenn nicht sogar mit sich fortreißen.
Er war keine Hebamme und hatte gewiss auch nicht vor, eine zu werden, also musste er sich auf ihre Worte von vorhin verlassen, dass ihre eben noch gezeigten Schmerzen nichts weiter zu bedeuten hatten.
Doch sein Instinkt sagte ihm da leider etwas anderes.
Ihr Bauch war viel zu dick, um es nicht zumindest in Erwägung zu ziehen.
Endlich sah Tanner seine Hütte am Fuße des zwölf Meter hohen Felsens auftauchen, den er Lewelyns Rock nannte, nach dem Vorbesitzer des Landes.
Tanner hatte damals ein echtes Schnäppchen getätigt, denn der gesamte Streifen Land, von der Straße über den Fluss und auch noch der gesamte Lewelyns Rock, gehörten ihm, insgesamt so um die fünf Quadratmeilen. Nach einiger Zeit hatte er begonnen, sich hier ein richtiges Zuhause zu errichten, in das er immer dann flüchtete, wenn er von der ganzen Welt da draußen die Schnauze voll hatte.
Die Hütte, die er als Alibi-Wohnstätte gebaut hatte, stand mit dem Rücken zur Felswand und beherbergte doch so einige Überraschungen, die man jedoch nicht so ohne weiteres finden würde. Doch er hatte nicht vor, diese Frau hier in seine Geheimnisse einzuweihen, und entschied sich, schnell einiges für sie herzurichten, sofern sie noch länger ohnmächtig bliebe.
Verdammt, verdammt!
Sie war nun bestimmt stark unterkühlt.
Er musste sie aufwärmen, unbedingt.
Das Baby würde sonst vielleicht Schaden nehmen oder sogar sterben. Die Dinger waren ja so unglaublich zart, wenn sie gerade erst auf die Welt kamen.
Herrje …
Mit dem Fuß stieß er die Tür der Hütte auf und trat mit seiner Last schnell ein, gerade noch rechtzeitig, denn eben begann der Regen in Schnee überzugehen. Die Temperatur ging nun sturzflutartig in den Keller und der Himmel hatte bereits sämtliche Schleusen geöffnet. Ja, wirklich ganz toll.
Obwohl er kaum etwas erkennen konnte, wusste er doch, wo das alte, staubige und abgewetzte Sofa stand, auf dem er bestimmt seit einem Jahr nicht mehr gesessen hatte. Er legte die Frau, … Araminta, vorsichtig darauf nieder und ging dann in die Küche, um die Sturmlampen aus dem Küchenschrank zu holen und zu entzünden.
In Sekunden verbreiteten sie ihr warmes Licht und Tanner trat wieder zu Araminta, die endlich anfing, sich ein wenig zu bewegen. Er kniete sich neben sie und überprüfte Puls und Atmung. Sie atmete flach und seltsam gepresst, aber ihr Puls ging zumindest regelmäßig.
Tanner wusste, er musste sie nun ausziehen und in warme Decken wickeln, vielleicht zusammen mit einer oder zwei Wärmflaschen, doch er blieb immer noch neben ihr knien und strich ihr sanft eine nasse, lange Haarsträhne aus dem bleichen, erschöpften Gesicht.
Ihre Haut war zart und glatt wie Marmor - zumindest dort wo sie nicht von den Narben verunstaltet war - und ihr nasses Shirt unter dem Pullover, der wieder hochgerutscht war, umschmiegte ihre gerundete Gestalt wie eine zweite Haut.
Ihre Brustspitzen waren von der Kälte hart geworden und man sah, wie sie sich deutlich unter dem Stoff hindurch abzeichneten. Tanner hatte ein unbehagliches Gefühl dabei, sie so anzustarren, obwohl sie ohnmächtig war, und wollte sich nun rasch zurückziehen. Da schlang sie ihm plötzlich, in einer unbewussten Geste, ihre Arme um den Hals und vergrub die Hände in seinen Haaren.
Allmächtiger ...
Als wäre ich ihr Geliebter, schoss es Tanner verwirrt durch den Kopf und ein leiser Schauer rann ihm den Rücken hinunter, als er sich einen verrückten und aberwitzigen Augenblick lang tatsächlich wünschte, es wäre so.
Er käme nach Hause, seine Frau würde ihn schlafend auf dem Sofa erwarten, schwanger mit seinem Kind ...
Es war nur ein verrückter, merkwürdiger Moment und er wusste es, doch sein Körper reagierte dennoch auf ihre Berührungen, ganz unwillkürlich.
Ihre Finger zogen eine brennende Spur auf seiner Haut, als sie diese langsam in seinen Nacken wandern ließ und ihn noch dichter an sich heranzog.
Tanner atmete unwillkürlich schneller und strich ihr noch einmal mit den Fingerspitzen sanft über die Wange. Eigentlich hätte er sich danach von ihr losmachen wollen, doch es kam anders.
Sie schmiegte ihr entspanntes Gesicht in seine Handfläche und murmelte undeutliche Worte. Ihre Lippen waren leicht geöffnet und sie lächelte süß und unschuldig.
Tanner, was denkst du da? Eine hochschwangere Frau lächelt unschuldig?
Er schloss die Augen und versuchte, das sehnsüchtige Gefühl in sich zu unterdrücken.
Was, zum Teufel, tat er hier eigentlich?
Und woher kam dieses komplett durchgedrehte Gefühl …?
Verdammt, sie war nichts für ihn. Sie war halbwegs ohnmächtig, ... und stand kurz vor der Geburt.
Außerdem hatte sie ganz offensichtlich auch noch Angst vor ihm.
Ich muss den Verstand verloren haben.
Ich war ganz eindeutig zu lange ohne eine Frau.
Mein innerer Aufruhr rührt daher, dass sie das erste weibliche Wesen seit über einemJahr ist, das ich zu Gesicht bekomme, entschied er beklommen. Dennoch konnte er sich an ihr nicht satt sehen, an dem farblichen Unterschied, zwischen seiner noch immer leicht gebräunten und von der harten Arbeit rau gewordenen Hand und ihrer weichen, schneeweißen Wange.
An ihren zarten Gesichtszügen und an ihrer Schönheit, der auch die Schwangerschaft keinen Abbruch tat.
Sie hatte einen vollen roten Mund, der ihn zum Küssen einlud. Und dann erst ihr Haar! Lockig, dicht und lang und dazu so rot, wie das einer Waldfee – wenn es trocken war.
Wie unter Zwang beugte Tanner sich vor und strich mit seinen Lippen über ihre, die sich daraufhin leicht öffneten und zu einem noch seligeren Lächeln verzogen. Himmel, sie fühlten sich so zart, so zerbrechlich und ... kalt an.
Kalt!
Himmel …
Er musste sie nun erst mal aufwärmen, bevor sie noch erfror.
Ruckartig zog er sich aus ihrer Umarmung zurück. Sie ließ aufseufzend die Arme sinken und kuschelte sich wieder in die Polster des Sofas, ohne die Augen zu öffnen. Undeutlich hörte Tanner, wie sie einen Namen murmelte, und sah, wie ihr Gesicht sich kurz schmerzhaft verzog.
Schnell und mit sparsamen Berührungen streifte er ihr also nun die nassen Sachen ab und versuchte, dabei nicht auf ihre Nacktheit zu achten, auf ihre Formen und Rundungen, den Duft ihrer Haut …
Verdammt.
Schluss jetzt!
Tanner atmete tief durch, gewann endlich seine Disziplin zurück und wickelte sie in zwei dicke Decken ein, bevor er in der Küche verschwand, um zwei altmodische Wärmflaschen mit heißem Wasser aus dem Boiler zu füllen, die er für solche Trainings-Notfälle seiner Leute hier in der Hütte eingelagert hatte.
Eine davon legte er ihr auf den Bauch, die andere an die Füße.
Danach entkleidete er sich ebenfalls komplett und warf die nassen Sachen zunächst auf einen Haufen neben die Küchentür. Nackt kniete er am Kamin und entfachte ein Feuer, das sie beide wieder aufwärmen sollte.
Dann ging er, um sich frische Sachen zu holen, und nahm dabei die nassen Sachen gleich mit, um sie im Badezimmer über die ebenfalls staubige Wäscheleine zu hängen.
Seufzend hielt er inne.
Nein, ... das ging so nicht.
Er musste wohl oder übel erst mal ein wenig putzen und auch noch zwei, drei Dinge herschaffen, um zumindest den Anschein zu erwecken, gerade hier in diesem Haus zu leben. Sonst würde Araminta Newberry noch auf den Gedanken kommen, dass hier irgendetwas faul sei und vielleicht neugierig nachforschen gehen. Oder sich am Ende noch mehr vor ihm fürchten, ... vor dem verrückten, grimmigen Einsiedler aus dem Wald.
Also, ... auch wenn er die Unannehmlichkeiten nun wirklich hasste, … an die Arbeit!
Das Haus bestand in seiner ursprünglichen Form aus vier Räumen. Wenn man zur Tür hereinkam, stand man schon im Wohnzimmer, einem circa 20 m² großen Raum.
Zur Linken führte eine Tür in die Küche, die mit gemütlichen, handgeschnitzten Holzmöbeln ausgestattet war.
Diese waren mal sein ganzer Stolz gewesen, denn er hatte sie allesamt mit seinen eigenen Händen hergestellt. Doch ebenso wie alles andere wirkten sie nun unter dieser dicken Staubschicht doch sehr verwahrlost und alt.
Na ja. Er nahm einen Lappen, um wenigstens den schlimmsten Schmutz von der Oberfläche zu entfernen, und wusch ihn anschließend im Waschbecken aus.
Toll, … kein warmes Wasser in der Küche. Er hatte die Hütte wohl etwas vernachlässigt, da er sie lange nicht gebraucht hatte, doch nun unter diesen Umständen … schon.
Er schüttelte den Kopf, als er die von Ratten oder Mäusen angefressenen, elektrischen Kabel des Boilers betrachtete.
Ja, das hatte er nun davon, wenn er hier oben alles schleifen ließ.
Er fluchte leise auf und ging zurück durch das Wohnzimmer, an der Couch mit der noch immer besinnungslosen Frau vorbei.
Nach hinten ging es noch weiter in das Schlafzimmer, mit dem ebenfalls selbstgezimmerten großen Bett und dem edlen Mahagonikleiderschrank seiner Mutter, von dem er sich nicht so ohne weiteres hatte trennen wollen, weshalb er ihn kurzerhand ebenfalls mit auf den Berg gebracht hatte.
Glücklicherweise hatte er noch ein paar seiner Sachen darinnen gelagert. Damit das Haus zumindest ansatzweise bewohnt aussah, wenn jemand nachschauen kam.
Er nahm sich frische Kleidung und ein Handtuch aus dem Schrank im Schlafzimmer und ging damit ins angrenzende Badezimmer.
Es hatte ein relativ modernes Klo, ein kleines Waschbecken, einen Spiegel mit Ablage und eine winzige Wanne, jedenfalls ihm kam sie winzig vor, doch er war ja auch 1,94 Meter groß und inzwischen wohl auch schon etwas mehr als nur athletisch gebaut.
Nicht so wie diese zierliche kleine Frau auf seinem Sofa.
Doch auch hier lag zunächst einmal eine zentimeterdicke Staubschicht auf der Toilette und dem Waschtisch.
Tanner schloss frustriert die Augen und wischte auch hier rein oberflächlich alles etwas ab. Sonst würde die Frau niemals glauben, dass er hier tatsächlich lebte.
Hach, … wieso ihr das überhaupt weismachen …?
Vielleicht war er ja gerade schon dabei durchzudrehen?
Ich muss aufhören, an ihr Aussehen und das Gefühl ihrer Lippen auf den meinen zu denken, sagte er sich selbst.
Denn Frauen waren definitiv Gift für ihn.
Sie kamen in sein Leben und waren noch schneller wieder weg.
Also, warum machte er sich nun über die Meinung einer Hochschwangeren Gedanken?
Nun, … letztlich war wohl auch sein Misstrauen gegenüber ihrer Person vollkommen unbegründet. Denn vielleicht war sie tatsächlich wirklich nur das, was sie gesagt hatte: Eine Reisende, die einen Unfall hatte, ... hochschwanger und furchtsam … vor Männern?
Hölle! - Wen interessierte das?
Er musste sie so schnell wie möglich wieder loswerden, bevor er sich am Ende noch zu weiteren Dummheiten hinreißen ließ.
Dieser Kuss gerade war schon schlimm genug gewesen.
... Nein, nicht eigentlich schlimm, verbesserte er sich frustriert, warf den Lappen in das Waschbecken und wischte sich dann mit dem Ärmel finster blickend über den Mund.
Verdammt.
Er konnte der Frau noch nicht einmal böse sein, dass sie ihn so umarmt hatte. Denn sie war ja noch nicht einmal richtig bei Sinnen gewesen, das wusste er. Und doch war er nun echt übel verstimmt über ihre allzu zärtlichen Liebkosungen.
- Einem vollkommen Fremden gegenüber.
Doch ebenso ärgerlich, wenn nicht sogar noch mehr, war er auf sich selbst, weil er sie tatsächlich wieder geküsst hatte, obwohl sie ja gar nicht wusste, was sie da mit ihm tat.
Hölle! Er lehnte sich schwer atmend gegen das kleine Waschbecken und starrte gedankenverloren vor sich hin, wobei er sich seine triefnassen Haare kurz ausschüttelte.
Wenn morgen das Unwetter nachließ und nicht allzu viel Regen aus den Bergen kam, könnte er sie vielleicht von einem Rettungsteam abholen lassen.
… Ha!
Was machte er sich hier bitte gerade selbst vor?
Sie waren beide vorerst von der Außenwelt abgeschnitten.
Mindestens für zwei Tage, wenn nicht sogar noch länger. Zudem erschien es ihm auch für die Frau nicht gerade ratsam, einfach in ein öffentliches Krankenhaus zu gehen, wenn er ihr Verhalten und ihre Blicke richtig deutete.
Er vermutete, dass sie vor irgendetwas, oder besser gesagt, vor jemandem auf der Flucht war.
Vielleicht einem brutalen Kindsvater?
Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass eine normale, hochschwangere Frau nach einem Autounfall von der Straße weggelaufen wäre, … ja, sogar noch über Flusssteine gesprungen, und nach der Aktion in den Wildbach zu fallen, einfach den Rucksack schulterte, bereit, weiter zu laufen, klitschnass und mit Schmerzen und wer weiß welchen Verletzungen? Sie war im Wasser ja ziemlich hart gegen die Felsen geprallt.
Also nein, … sie hätte ganz sicher nicht ohne guten Grund ihr Leben und das ihres Babys riskiert.
Ihre Blicke fielen ihm wieder ein, … als sie am Ufer erwachte und dann einfach Anstalten machte zu gehen. Da war so viel Misstrauen in ihren Augen gewesen … und Verzweiflung?
Ja, … sie war beinahe schon panisch gewesen bei seinem Anblick, oder?
Sie hatte also große Angst … vor ihm?!
Woher sie wohl stammte?
Ihr Englisch war gut genug, um jedes seiner Worte zu verstehen und auch selbst fehlerlos zu sprechen, nur eben mit europäischem Akzent.
Definitiv kein britischer Akzent, ... auch kein französischer und für eine Spanierin oder Italienerin hatte sie wohl zu helle Haut. Nun, vielleicht war sie Deutsche …
Erneut überkamen ihn Zweifel, denn er hatte schon zu viel erlebt, um jetzt nicht ebenfalls vorsichtig und misstrauisch zu sein, wenn da plötzlich jemand auf seinem Grund und Boden auftauchte.
Vielleicht war sie ja eine sehr gut schauspielernde Agentin eines Geheimdienstes.
Aber … hochschwanger?
Waren sie dann nicht außer Dienst gestellt?
Doch vielleicht verfolgte sie nun ja auch ihr letzter Einsatz …?!
Er zischte leise auf und atmete dann entnervt durch.
Nein!
Er war schon wieder paranoid, nichts weiter.
Die Frau war offensichtlich auf der Flucht … oder doch nicht?
- Ach, verflucht ...!
Was machte es schon, wer sie wirklich war, dachte er frustriert.
Er hatte doch schon vor Jahren allen bodenständigen Frauen abgeschworen. Die wollten doch immer nur dasEine und das war ganz sicher nicht er, sondern nur sein Geld.
Er lebte heute nicht mehr so wie früher als junger Mann und man sah ihm seinen Reichtum auch nicht mehr ohne Weiteres an.
Doch der Beweis dafür befand sich hier, … direkt neben der Hütte, die er zur optimalen Tarnung am Berg erbaut hatte.
Im Berg hatte er, vor gut einem Jahrzehnt, als er hier durchwanderte, einen alten Luftschutzbunker gefunden, der in den Zeiten der Kuba-Krise erbaut worden war. Er hatte damals fast sein gesamtes Erspartes zusammengekratzt, da er ja mit zwanzig noch keinen Zugriff auf sein in Treuhand befindliches Vermögen gehabt hatte, und auch das ganze Land um den Berg herum gekauft, um hier dann ganz allmählich seine Anlagen zu errichten ...
Na ja.
Tanner spritzte sich etwas klares Wasser ins Gesicht, wischte dann mit dem Lappen gereizt über den ebenfalls vor Staub fast blinden Spiegel und betrachtete dann erstmals richtig finster fühlend seinen struppigen Drei-Wochen-Bart.
Er musste sich dringend mal wieder rasieren, stellte er fest.
Kein Wunder, dass die Frau solche Angst vor ihm gehabt hatte, wirkte er doch fast schon wie ein Bigfoot … oder das Ding aus dem Sumpf. Da hatte sich sogar moderiges Gras in seinem Bart verfangen.
Tanner säuberte sich, so gut es ging, und bemühte sich dabei redlich, nun wieder auf andere Gedanken zu kommen, doch die gerade alles entscheidende Frage schwirrte noch immer durch seinen Kopf:
Sollte er nicht doch besser zurückkehren, wenn auch zweieinhalb Jahre hier am Berg rein gar nichts an seinem Misstrauen den Menschen gegenüber geändert hatten?
Er nahm ja sogar von einer hochschwangeren Frau, die einen simplen Autounfall gehabt und dann wegen ihm fast ertrunken war, an, sie sei eine Spionin. Ja, sogar eine Agentin oder auf andere Weise hinter ihm her. Wenn es schon so weit war, dann sollte er doch vielleicht besser nach Hause gehen …
Falsch, korrigierte er sich im nächsten Moment wieder grimmig. Das hier ist nun mein Zuhause.
Ich habe es mir nach meinen eigenen Vorstellungen gebaut und eingerichtet.Hierher kann ich mich zurückziehen, wenn ichallein sein will, kann es sogar für immer und ewig so tun, und so sicher wie hier, bin ich nirgendwo auf der Welt.
Also warum zurückkehren?
Wozu?
Tanner seufzte laut und rubbelte sich mit einem leicht muffigen Handtuch aus dem Schrank im Badezimmer die Haare und den Bart trocken, derweil er ins Schlafzimmer zurückkehrte.
Dort zog er sich eine frische Jeans und ein Sweatshirt an und sah dann erst um die Ecke ins Wohnzimmer hinein, um festzustellen, ob diese zweifelhafte Araminta, falls das wirklich ihr Vorname war, inzwischen aufgewacht war.
Doch sie lag noch immer schlafend, in derselben Haltung auf dem Sofa, wie zuvor.
Sie war also noch nicht wieder erwacht, ein Glück, denn so blieb ihm noch ein wenig mehr Zeit für weitere Vorbereitungen.
Er nahm noch eine zusätzliche Decke aus dem Schrank und legte ihr diese über, bevor er Holz nachlegte, und dann beschloss, doch besser hinüber in seinen Bunker zu gehen, um die Zeit zu nutzen und sich heiß zu duschen, wie auch seine nasse, schmutzige Wäsche zu waschen - denn hier drüben gab es ja keine Waschmaschine. Er konnte sich und der Frau auch noch rasch etwas zum Essen machen, während er ein Bild vom Flussufer nutzen würde, um noch etwas mehr über seinen Gast herauszufinden. Vielleicht war sie ja irgendwo aktenkundig.
Oder ihr Steckbrief hing bei der Polizei aus, was auch ihr seltsames Misstrauen und Fluchtverhalten erklären würde.
Vielleicht hatte sie ja irgendeinen armen Tropf, der sie geschwängert hatte, ermordet und befand sich nun deshalb auf der Flucht …
- Ja, klar!
Tanner ging kopfschüttelnd zu dem rückwärtigen Teil des Zimmers und drückte dort auf einen kleinen, nur etwas hervorstehenden Nagelkopf zwischen den Holzstämmen. Und die geheime Tür zu seinem zweiten Reich, in welches er noch nie eine andere Person mitgenommen hatte, schwang leise auf.
Er trat schnell hindurch und zog sie hinter sich wieder zu.
Man konnte ja nie wissen, ob Araminta nicht vielleicht, nach dem Aufwachen, auf Entdeckungsreise gehen würde.
Eine schmale Treppe führte hinunter, in einen mit LED-Lampen ausgeleuchteten, langen Tunnel, der schließlich an einer dicken Stahltür endete.
Hier öffnete Tanner eine kleine, versteckte Klappe in Felsoptik, hinter der sich der moderne Handscanner befand. Ein internes Sicherheitssystem überprüfte seinen Abdruck ganz ausführlich, inklusive Pulsschlag, dann nannte er seinen Zugangscode und in der nächsten Sekunde klickte es leise, was allerdings im sonst so stillen Tunnel hörbar widerhallte.
Jetzt erst öffnete sich die schwere Panzertür und ließ ihn ein. Sein Stimmbefehl an die Lichtanlage sorgte für Helligkeit und sofort fuhren auch all seine Computer und Überwachungsbildschirme hoch und ließen ihn die Außenanlage und das Innere der Hütte erkennen, welche er großzügig mit versteckten Minikameras ausgestattet hatte.
Das fand er sehr nützlich für den Fall, dass sich mal jemand in seine Hütte verirrte, oder, was wahrscheinlicher war, sich auf der Suche nach ihm befand.
Dann konnte er entweder hinaufgehen, um dem Wanderer die Tür zu weisen, oder in aller Seelenruhe abwarten, bis der unerwünschte Eindringling endlich verschwunden war.
Insgesamt war dieser, in den Fels gebohrte Tunnel, der ehemals als Schutzbunker mit mehreren kleinen Räumen gedacht war, circa einen Kilometer lang und an manchen Stellen bis zu zehn Meter breit. Es hatte viel Zeit gebraucht, um die winzigen Zimmer einzureißen.
Nachdem er jedoch den ganzen Schutt abgetragen und losgeworden war, hatte er seine eigene Idee umgesetzt und genau in der Mitte des Tunnels einen einzigen großen Wohnraum für sich geschaffen.
Der ausgebaute und modern renovierte Raum umfasste nun gut 70 m², wirkte aber kleiner, da er Schlafzimmer, Küche, Dusche, Toilette und natürlich auch eine Schrankwand mit seiner Kleidung und diversen Arbeitsutensilien wie auch das Arbeitszimmer beinhaltete.
Er hatte da zunächst keinen Platz mehr gehabt, um auch ausreichend Vorräte für den Notfall einzulagern. Letzten Endes hatte er sich im vergangenen Jahr doch noch dazu durchgerungen, eine große Vorratskammer anzubauen, damit er von der Außenwelt, sprich seiner Hütte, nun für längere Zeit gänzlich unabhängig sein konnte.
Ihn heute und hier im Bunker auf absehbare Zeit auszuhungern, war praktisch unmöglich dank der vielen Vorräte, die nun in den zehn großen Gefriertruhen und in unzähligen Dosen und Trockennahrung in den Regalen lagerten.
Auch an einen zweiten Ausgang hatte der Vorbesitzer des Bunkers gedacht.
Die lange Tunnelröhre führte an der anderen Seite zu einer kleinen ehemaligen Bärenhöhle, die jedoch ganz versteckt lag und von außen schwer zu finden war.
Auch von dieser Seite her war der eigentliche Wohnraum durch ein dreifaches, vier Meter dickes Panzertor gesichert, das nach unten glitt, wenn er hereinkam.
Tanner wusste, er war paranoid, aber er kannte nun mal die Hartnäckigkeit und Intelligenz mancher Leute, die ihn suchten.
Er hatte fünf Jahre lang seinen gesamten Urlaub nur für dieses Projekt geopfert, als er noch nicht hier lebte. Dann errichtete er vor drei Jahren die Hütte, zog ein und fuhr insgeheim damit fort, den Bunker modern und vor allem wohnlich zu gestalten.
Insgesamt hatte er acht Jahre lang daran gearbeitet und war nun mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Tanner wandte seine Aufmerksamkeit dem Computer zu, dem er innerhalb weniger Minuten die gewünschten Informationen aus dem Polizeicomputer entlockte.
Doch Araminta oder eine Frau, auf die ihre Beschreibung passte, stand nicht auf der Fahndungs- oder Vermisstenliste – auch nicht bei Interpol.
Auch in den Verbrecherdateien des FBI, CIA, MI6 und der HSO fand er ihr Bild nicht.
Sie war also wirklich ein vollkommen unbeschriebenes Blatt.
Und solange er nicht ihren echten Nachnamen wusste, würde es vermutlich auch so bleiben.
Wenn er wieder drüben war, würde er sich noch ihren Rucksack vornehmen. Vielleicht fand er ja dort ihren Ausweis.
Unwillkürlich wanderte sein Blick zu einem bestimmten Bildschirm, auf dem er Araminta, die noch immer auf dem Sofa lag, beobachten konnte.
Sie hatte sich bewegt und eine Hand unter ihr Gesicht geschoben.
Dabei war eine der Decken leicht verrutscht und gab den Blick auf eine entblößte, makellose Schulter frei, an die sie anmutig ihre Wange schmiegte.
Ihr Haar war bereits halb getrocknet und lockte sich wieder wild und dunkelrot auf ihrem Rücken.
Im Mittelalter wäre sie vermutlich als allzu schöne Hexe verbrannt worden, dachte Tanner und spürte erneut die starke Anziehung, die von ihr ausging.
Gebannt sah er, wie sie sich bewegte, um eine bequemere Haltung auf dem Sofa einzunehmen und so aber gleichzeitig noch mehr ihres alabasterweißen Körpers entblößte.
- Dort, wo sie keine Narben hatte.
Er hatte vorhin ja nicht so genau hinsehen wollen, aber jetzt konnte er sich von ihrem Anblick nicht losreißen, sosehr er sich das auch wünschte.
Verdammt!
Sie kam ihm allmählich wie eine stark wirkende Droge vor, von der er nur einmal gekostet hatte und nun schon süchtig war.
Tanner bemerkte, wie ein bestimmtes Teil seines Körpers reagierte, und das gab ihm die Kraft, sich mit einem deftigen Fluch von ihrem Anblick loszureißen.
„Ich hoffe, es ist noch genügend kaltes Wasser im Brunnen, sonst kehre ich vielleicht doch besser zum Bach zurück und springe da einfach noch einmal rein!“, spottete er voller Selbstironie und ging hinüber zu der ultramodernen Duschkabine, … um sich abzukühlen.
*
Zitternd erwachte Araminta und sah sich verwirrt um.
Oh, … was zum Teufel …? Nein, wo zum Teufel war sie hier?
Der offenbar ganz aus Holz gebaute Raum war recht warm und das Sofa, auf dem sie gerade lag, stand vor einem offenen Naturstein-Kamin, in dem ein ordentliches Feuer prasselte.
Sicher wäre das unter normalen Umständen nicht so schockierend, doch zu ihrem hellen Entsetzen war sie unter den Decken, die sie genauso wie die altmodischen Wärmflaschen wärmten, splitternackt und das grüne Sofa war so verstaubt und verdreckt, als hätte hier schon seit Monaten keiner mehr gesessen.
Sie hob leise ausatmend den Kopf.
Doch sie hörte nur den Sturm und Regen, der draußen auf das Dach der Holzhütte einprasselte, das Knacken des Holzes im Feuer und ihre eigenen gepressten Atemzüge, … mehr nicht.
Wo war der fremde Mann hingegangen?
Sie stützte sich auf ihrem Ellenbogen auf und zog die Decke wieder etwas mehr um sich herum. Wo waren ihre Sachen hin?
Auf dem Tisch in der Ecke neben der Haustür konnte sie eine Sturmlampe brennen sehen, die noch zusätzlich zum Feuer im Kamin etwas Licht abgab, derweil es draußen nun ziemlich dunkel geworden war. Nicht, weil es schon Abend war, das nicht. Aber die schwarzen Wolken und der Sturm verschluckten wohl fast das gesamte Licht.
Oh je.
Da draußen war also vermutlich gerade die Hölle los.
Und der Fremde hatte sie hierhergebracht, … ausgezogen und in Decken gepackt … Ein Feuer gemacht …
Aber … Moment!
Ein Blick durch den Raum genügte ihr, um den recht verwahrlosten Zustand der Hütte zu bemerken.
Sie sah eigentlich genauso aus wie das Sofa. Als hätte hier seit Monaten niemand gelebt. Überall hingen Spinnenweben und eine dicke Staubschicht lag auf allem, Gott!
Wo war sie hier nur gelandet?
Die Gedanken rasten in ihrem Kopf.
Hatte der Fremde nicht gesagt, er würde sie zu seiner Hütte bringen?
Aber wenn das hier seine war, und er hier lebte, warum sah es dann so aus?
Na ja … Vielleicht war der Mann gerade erst auf dem Weg zu seiner Hütte gewesen … aus irgendeinem Grund.
Aber vielleicht wusste er auch nur davon, weil er sich auf der Suche nach ihr erkundigt hatte, wo er erst mal mit ihr unterkommen könnte.
Vielleicht hatte er ihren Schmerz auch richtig gedeutet und sie hierhergebracht, um sie zumindest noch für die Geburt am Leben zu erhalten, mit ihr zusammen den Sturm auszusitzen … und sie dann erst zu töten.
Das untermauerte dann auch ihre Theorie, dass er zu ihren Entführern gehören musste oder wenigstens für sie arbeitete.
Ich muss hier sofort raus!
Schnell richtete Araminta sich auf, nur um gleich wieder stöhnend umzusinken, denn ein scharfer Schmerz schoss ihr durch den Unterleib. Schmerzlich keuchend lag sie da und wartete darauf, dass er wieder verschwinden würde, doch das tat er nur ganz kurz, um dann gleich darauf noch stärker wiederzukommen.
Gott!!!
Gepeinigt schrie sie auf und krümmte sich klein und dabei hechelnd zusammen, um sich die Schmerzen zu erleichtern. Doch es half nicht mehr. Die Geburt hatte ja eigentlich schon vor zwei Tagen begonnen und sie hatte das alles immer noch dank der zu schwachen Wehen so weit unterdrücken und verschieben können. Doch nun nicht mehr. Nach dem Sturz in den Wildbach und dem Schock …
Die nächste Wehe überrollte sie, nach nur wenigen Sekunden Pause. Sie kamen nun heftig und in viel zu kurzen Abständen und schon verspürte sie den ersten schlimmen Drang zu pressen.
„Oh Gott, OH GOTT!!! Nein ...! - Ahhhhuuuuh!!!“
Araminta versuchte, sich auf irgendeinen Punkt zu konzentrieren und ihn mit ihren Augen festzuhalten, eine Übung, die sie bei Debbys Geburt angewandt hatte, doch das klappte gerade nicht.
Etwas rann heiß und flüssig ihre Beine hinab.
Sie schlug die Decke zurück. Neinneinnein …! Das Fruchtwasser ging ab … und sie blutete ... Oh, scheiße!
„Hilfe!“, rief sie laut auf.
Doch nur der Sturm und der Regen waren zu hören, sonst nichts.
Gott!
Wo zum Teufel war nur dieser Mann?
Hatte er sie hier allein gelassen, damit sie ihr Kind nun ganz von selbst bekam?
Weinend und unter der nächsten Wehe aufschreiend, hielt sie sich den Bauch und betete unwillkürlich um Hilfe und Erlösung.
Und dass ihr Kind bitte nicht dabei sterben würde …
Tanner kam nur geringfügig besser gelaunt aus der Badezimmerecke heraus, zog sich wieder an und ging dann erst einmal zu der Küchenzeile hinüber, um sich dort ein Sandwich zu richten.
Kauend kehrte er dann vor die Überwachungsmonitore zurück und erstarrte.
Die Frau, die er drüben auf die Couch gelegt hatte, schlief nun nicht mehr, sondern wand sich in heftigen Krämpfen.
Er drückte auf einen Knopf am entsprechenden Bildschirm, um sie hören zu können, und ihr durchdringender Schmerzschrei fuhr ihm durch Mark und Bein.
- Oh, Fuck!
Er warf sein Sandwich beiseite und griff nach seinem Hoodie, um ihn sich überzuziehen, derweil er, so schnell er nur konnte, zum Ausgang und dann durch den Tunnel zurück zur Hütte rannte.
Die Tür zum Schlafzimmer öffnete er mit solchem Schwung, dass sie krachend an die Wand schlug. Doch das bemerkte er kaum. Er rannte ins Wohnzimmer hinüber und blieb entsetzt vor Araminta stehen, die gerade wieder gellend laut aufschrie.
„Was ist los? Was hast du denn?“, fragte er sie knurrig.
Unwillkürlich war er zum vertrauten Du übergegangen und kümmerte sich nicht mehr um seine eigene strikte Anweisung, möglichst viel Distanz zu ihr zu halten.
Araminta warf ihren Kopf hin und her und hatte ihn scheinbar nicht gehört.
Er kniete sich unwillkürlich vor sie und zwang sie, ihn anzusehen.
„Kommt das Baby?“, fragte er sie grimmig ... und das vermutlich auch nicht sehr schlau.
Sie keuchte lediglich und schrie dann wieder nur auf, antwortete nicht und Tanner sah kurz unschlüssig zu, wie sie sich quälte.
„Okay, … okay, sag was, Frau …! Was kann ich für dich tun?“, verlangte er von ihr zu wissen.
Sein nun ruhiger, brummiger Tonfall drang irgendwie zu Araminta durch und ließ sie ihn endlich wahrnehmen. Sie krallte ihre Finger in sein Hemd und hielt ihn fest, aus Angst, er könnte wieder fortgehen.
„Es kommt nicht!“, schrie sie ihn hysterisch an. „Es muss jetzt ... kommen, ... doch es ... kommt nicht!“
Entsetzt starrte er sie einen Augenblick sprachlos an, bevor er sich an den Decken zu schaffen machte.
Araminta stöhnte laut auf, ließ ihn los und hielt stattdessen die Decken fest.
„Nein!“ „Doch, verdammt! Ich muss zumindest mal nachsehen, was da nicht stimmt, ... wenn etwas nicht stimmt.“
„Ich ... sagte ... doch ...“
„Und woher willst du das so genau wissen?“, unterbrach Tanner sie gereizt und öffnete mit sanfter Gewalt ihren Griff um die Decken.
Araminta schluchzte auf und schloss gequält die Augen.
„Das ... ist nicht ... mein erstes ... Kind“, flüsterte sie gepresst und Tanner erstarrte.
„Wie viele Kinder hast du denn noch?“ wollte er wissen und zog hastig die Decken von ihrem Körper.
„Keins!“, schrie sie wieder und presste die Beine fest zusammen. Tanner schüttelte den Kopf angesichts dieser merkwürdigen Antwort, beschloss aber, dass dies erst einmal nebensächlich war.
„Hör zu, entspann dich ein bisschen und öffne mal eben kurz deine Beine. Ich will nur nach dem Baby sehen.“
Seine Stimme klang nun wieder ruhig und emotionslos und das half Araminta zumindest ein ganz klein wenig in ihrer Pein.
Sie öffnete die Schenkel etwas und Tanner erkannte mit Grausen etwas, das er so aber wirklich nicht erwartet hatte zu sehen.
Einen Fuß.
Er war winzig, klein, weiß-bläulich und ragte gerade so eben aus ihr heraus. Und er zappelte sogar ein bisschen!
Tanner wurde eisig kalt und das Blut wich aus seinem Gesicht, als er überlegte, was das nun bedeutete.
Er war zwar kein Experte, aber … kamen Babys nicht eigentlich mit dem Kopf zuerst?
Es lag dann ja wohl verkehrt herum ... und nur ein Fuß war da! Einer! Wo war der andere?
Panik stieg in ihm auf.
Er war doch kein Arzt, aber diese Situation erforderte nun ganz eindeutig einen solchen. Er überlegte, mit ihr in den Bunker zu gehen und Hilfe anzufordern, doch das würde wahrscheinlich zu lange dauern. Hölle, wieviel Zeit blieb ihnen denn in dieser Situation überhaupt noch? Oder besser gefragt … dem Baby?
„Was ist? Was ... siehst du?“, schrie Araminta keuchend und brachte Tanner damit wieder zur Besinnung.
„Das Baby liegt verkehrt!“, stieß er leise hervor und sah ihr in die angstgeweiteten Augen.
Sie schüttelte benommen den Kopf und wollte nicht glauben, was er da sagte.
„Wie kannst du ... das ... wissen? Du hast mich ... doch noch ... nicht einmal berührt!“, fuhr sie ihn an und versuchte, sich, trotz der Schmerzen, aufzurichten, um etwas zu sehen.
Tanner sah immer noch auf den winzigen Fuß und schluckte hart. „Ähm, ... das brauche ich auch nicht, Lady, denn ...“
Er zögerte. Sollte er es ihr nicht besser verschweigen?
„Ja, was denn nun!?“, schrie sie ihn da aber nun wütend und verzweifelt an. Sie wollte jetzt endlich wissen, warum er so komisch guckte, ... so, als wäre ihm übel.
„Ein ... Fuß guckt heraus!“, brummte er schließlich finster.
„EIN FUß???“
Araminta schrie es fassungslos heraus.
Ihre Gedanken wirbelten durcheinander und einige Sekunden lang hatte sie Mühe, sich trotz der Schmerzen zu konzentrieren. Eine Steißlage!
Neinneinnein ...!
Das durfte doch nicht wahr sein! Kein Wunder, weshalb es da nicht voranging.
Die Schmerzen tobten nun fast ohne Unterbrechung in ihrem Leib, sodass sie das Gefühl hatte, gleich wieder ohnmächtig zu werden ... oder zu sterben. So hörte sie es auch nicht gleich, als Tanner wieder zu ihr sprach.
Er musste sie letztlich sogar anschreien, damit sie ihn verstand.
„Was soll ich jetzt tun? Kommt das Baby auch so herum raus oder nicht?“
Araminta schluckte einen erneuten Schmerzensschrei herunter und versuchte, sich zu erinnern, was sie vielleicht irgendwann einmal darüber gelesen hatte.
Ein Fuß ... ein Fuß, ... nur einer!
„Wo ist … der andere ... Fuß?“, keuchte sie schließlich hilflos. Tanner sah wieder nach, doch er konnte ihn nicht sehen.
Hilflos zuckte er die Schultern.
„Ich weiß es nicht, wo sollte er denn sein?“
Oh, … Männer!
Araminta hätte ihn schrecklich beschimpft, wenn sie nur die Luft dazu gehabt hätte.