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Sherlock Holmes wird von einem Freund aus alten Tagen, dessen Tochter entführt wurde, um Hilfe gebeten. Der englische Detektiv reist nach Hamburg und gerät in ein Abenteuer, das seinen Ursprung offenbar in einer indischen Legende und in der Cholera-Epidemie von 1892 hat.Achtung:Die Print-Ausgabe unserer Sherlock-Holmes-Reihe ist nur noch exklusiv in unserem Shop erhältlich.
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Seitenzahl: 372
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DIE NEUEN FÄLLE DES MEISTERDETEKTIVS
SHERLOCK HOLMES
In dieser Reihe bisher erschienen:
3001 – Sherlock Holmes und die Zeitmaschine von Ralph E. Vaughan
3002 – Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge von J. J. Preyer
3003 – Sherlock Holmes und die geheimnisvolle Wand von Ronald M. Hahn
3004 – Sherlock Holmes und der Werwolf von Klaus-Peter Walter
3005 – Sherlock Holmes und der Teufel von St. James von J. J. Preyer
3006 – Dr. Watson von Michael Hardwick
3007 – Sherlock Holmes und die Drachenlady von Klaus-Peter Walter
3008 – Sherlock Holmes jagt Hieronymus Bosch von Martin Barkawitz
3009 – Sherlock Holmes und sein schwierigster Fall von Gary Lovisi
3010 – Sherlock Holmes und der Hund der Rache von Michael Hardwick
3011 – Sherlock Holmes und die indische Kette von Michael Buttler
3012 – Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic
Michael Buttler
SHERLOCK HOLMES
und die indische Kette
Basierend auf den Charakteren von
Michael Buttler wohnt mit seiner Familie und zwei Katzen im Rhein-Main-Gebiet. Er arbeitet als Bankkaufmann bei einem Kreditinstitut.
Anthologien, an denen der Autor beteiligt war, wurden verschiedentlich für den Deutschen Phantastik-Preis nominiert. Im Jahr 2012 war er mit einer Geschichte in dem Buch vertreten, das den ersten Preis gewann.
Bislang sind zwei historische Kriminalromane erschienen, die beide zur Zeit Johann Wolfgang von Goethes in Weimar spielen, weshalb Buttler sie seine Goethe-Krimis nennt: Die Bestie von Weimar und Der Teufelsvers.
Auf Anfrage steht der Autor gern für Lesungen zur Verfügung.
www.michael-buttler.de
© 2015 by BLITZ-Verlag
Redaktion: Jörg Kaegelmann
Lektorat: Dr. Richard Werner
Titelbildgestaltung: Mark Freier
Satz: Winfried Brand
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-95719-210-3
Hochgeschätzter Leser,
niemals zuvor standen mein Freund Sherlock Holmes und ich so viel Elend, Tod und menschlicher Niedertracht gegenüber wie in dem folgenden Abenteuer. Ich habe lange überlegt, ob ich tatsächlich alles so wiedergeben soll, wie wir es erlebt haben. Weil die Geschichtsschreibung jedoch einen Anspruch auf eine unverfälschte Berichterstattung hat, habe ich mich letztendlich dafür entschieden. Immerhin war nicht alles schlecht, was wir bei dem vorliegenden Abenteuer erlebten. Es gab auch den einen oder anderen kleinen Lichtblick.
Aus den Briefen meiner Leser weiß ich, dass viele von Ihnen sich eine lebendigere Darstellung der Ereignisse wünschen, damit sich die Fälle, die ich veröffentlichen lasse, weniger wie ein Bericht, sondern mehr wie ein Roman lesen lassen. Dies habe ich mir zu Herzen genommen – sehr zum Unmut meines Freundes Sherlock Holmes übrigens, der mehr Wert auf den lehrreichen Charakter meiner Notizen legt. Ich konnte ihn jedoch dahingehend überzeugen, dass die Verpackung der Erlebnisse eine wichtige Rolle spielt. Denn nur wer die Aufzeichnungen mit Vergnügen liest, wird auch alles Lehrreiche, das darin enthalten ist, in sich aufnehmen.
Und so habe ich die Erzählform Ihren Bedürfnissen angepasst. Daraus folgt, dass ich nicht alles, was auf den nächsten Seiten steht, selbst erlebt habe. In diesen Passagen habe ich mich an den Erzählungen der beteiligten Personen orientiert. Anderes habe ich aufgrund eigener logischer Schlussfolgerungen niedergeschrieben. Einiges, das gebe ich gern zu, hat auch mein Freund Sherlock Holmes beigetragen.
Sie können also getrost jedes Wort glauben.
Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass ich den Dialekt, den einige Protagonisten in Wirklichkeit sprechen, der Lesbarkeit halber meistens angepasst habe. Ich hoffe, damit in Ihrem Interesse gehandelt zu haben.
Ihr
1870 – Golf von Bengalen
Die vom Sturm aufgewühlten Wellen warfen die Blue Bird von einer Seite zur anderen. Noch nie zuvor hatte der Erste Offizier in Küstennähe solch ein Unwetter erlebt. Vor wenigen Minuten erst hatten sie es geschafft, die Segel zu reffen. Zu schnell war die Hölle über sie hereingebrochen. Leichtgläubige Menschen hätten an einen Fluch denken mögen, denn trotz aller Aufklärung war die indische Halbinsel immer noch gut für jeden Aberglauben.
Der letzte Matrose kletterte gerade an den Wanten herunter und hatte es fast geschafft, als das Schiff nach unten sackte. Eine nachfolgende Welle verpasste ihnen eine Breitseite und spülte den Seemann fort.
„Mann über Bord!“, rief der Erste Offizier, einem eingebläuten Instinkt folgend, und deutete auf die Stelle, an der es geschehen war.
Sein Signal wurde mehrfach wiederholt. Die wenigen Männer, die noch an Deck waren, begaben sich sofort mit einem Rettungsring zum Unglücksort. Es war ein hilfloses und sinnloses Unterfangen. Die Matrosen mussten sich gegenseitig festhalten, um nicht hinterhergespült zu werden. Mittlerweile war ihr Kamerad unrettbar verloren.
Eine weitere ungeheuerliche Welle brachte die Welt um sie herum ins Schwanken. Dem Ersten Offizier wurden die Beine weggezogen. Er schlug hart auf den Planken auf, versuchte noch, sich im Fallen auf die Seite zu drehen, doch es ging alles viel zu schnell. Mit dem Schädel donnerte er auf das Holz und wurde ohnmächtig.
Er fühlte sich wie nach einem Besäufnis. Vorsichtig öffnete er die Augen und starrte auf die Decke seiner Kabine. Das Schiff lag ruhig im Wasser. Wenn dies nicht das Jenseits war, dann hatten sie es geschafft.
„Er ist wieder bei Bewusstsein“, sagte jemand. Es war der Schiffsarzt, den die Reederei ihnen zugestand.
„Ich sage dem Käpt’n Bescheid“, antwortete eine andere Stimme, die der Erste Offizier allerdings nicht zuordnen konnte.
„Ist das Schiff in Sicherheit?“, brachte er mit Mühe heraus und wusste im selben Moment, wie unsinnig seine Frage war.
Die Tür wurde geöffnet und wieder zugeschlagen, während sich der Arzt über ihn beugte.
Der Erste wollte ihm keinesfalls so kraftlos begegnen. „Es geht schon“, nuschelte er und kämpfte sich in eine sitzende Haltung. Als durch seine Hüfte ein kurzer, stechender Schmerz jagte, sog er geräuschvoll die Luft ein.
Alles in der Offizierskajüte war durcheinandergeworfen. Bücher, Bilder und alle anderen Habseligkeiten lagen in wilder Unordnung kreuz und quer über den Boden verstreut. Der Stuhl hatte ein Bein eingebüßt und lag wie ein erlegtes Tier in einer Ecke des Raums, deshalb hatte der Arzt eine Truhe an das Bett geschoben und nutzte sie als Sitzmöbel.
„Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen liegen bleiben.“
„Zum Ausruhen ist später noch Zeit. Ich muss die Schäden und die Ladung inspizieren. Wie viele Männer haben wir verloren?“
„Durch einen glücklichen Zufall nicht einen einzigen.“
„Das kann nicht sein … Ich habe selbst gesehen, wie einer über Bord ging.“
„Der wurde wieder herausgefischt. Sein Zustand ist erstaunlich gut für das, was er durchgemacht hat.“
Der Erste ignorierte den Schmerz und stieg aus dem Bett. Für einen Moment musste er sich an dem Arzt festhalten, weil sich alles um ihn drehte. Mit geschlossenen Augen wartete er ab, bis das Schwindelgefühl verging.
„Sie sollten wirklich auf mich hören“, sagte der Arzt.
„Wo befindet er sich?“
„Der Matrose? Im Zwischendeck.“
Der Erste schaute an sich hinunter. Jemand hatte ihn bis auf die Unterwäsche ausgezogen.
„Geben Sie mir eine Hose und ein frisches Hemd aus der Truhe, auf der Sie sitzen.“
Kopfschüttelnd folgte der Arzt dieser Bitte.
Der Erste Offizier zog sich im Sitzen an. „Kommen Sie mit und helfen Sie mir“, sagte er schließlich. „Sie müssen mich stützen.“
„In Ordnung. Ich bringe Sie zu dem Matrosen und anschließend wieder ins Bett zurück.“
„Oder zur Brücke.“
Der Arzt seufzte. „Oder auch das.“
Die Treppe hinauf an Deck hätte er niemals ohne fremde Hilfe geschafft. Oben angekommen, betrachtete er den Zustand des Schiffes. Auch hier herrschte Unordnung, doch auf den ersten Blick hatte eine ihnen wohlgesonnene Macht ihre schützende Hand über sie gehalten.
„Kommen Sie“, sagte der Arzt nach einer Weile. „Ich habe noch andere Patienten zu versorgen.“
„Wie ist dein Name?“, fragte der Erste Offizier die dürre, bleiche Gestalt, die in dicke Decken eingeschlagen in der Hängematte lag und mit den Zähnen klapperte. Mehr war in dem herrschenden Zwielicht nicht zu sehen. Es stank nach Schweiß, Urin und etwas Undefinierbarem.
„Barker … John.“
„Also gut, John Barker, ich freue mich, Sie wieder an Bord zu haben. Sie hatten unverschämtes Glück.“
Der Matrose nickte.
In diesem Moment betrat der Kapitän das Zwischendeck. Wie die anderen musste auch er sich ducken.
„Da sind Sie ja!“, polterte er los. „Man sagte mir, Sie seien wieder auf den Beinen.“
Der Arzt holte Luft, um etwas darauf zu erwidern, doch der Erste kam ihm zuvor.
„Jawohl, Herr Kapitän.“
„Haben Sie schon von dem ungewöhnlichen Fund gehört, den Mister Barker aus dem Meer gefischt hat?“
„Nein.“
„Dann kommen Sie an die frische Luft, damit Sie es sehen können. Ich möchte Sie deshalb auch um etwas bitten.“
Der Erste Offizier nickte und wandte sich wieder dem Matrosen zu. „Ich hoffe, Sie sind bald wieder auf dem Damm.“
„Danke, Sir.“
Als sie die drückende Enge des Zwischendecks verlassen hatten und unter freiem Himmel standen, atmete der Erste auf. Der Kapitän fischte etwas aus seiner Jackentasche und hielt den Gegenstand, offensichtlich eine Halskette aus Metall, vor sich hin. Sie hatte eine blassgelbe Farbe. Der Erste Offizier nahm die Kette entgegen und untersuchte mit den Fingern die rechteckigen Platten, die mit groben Gliedern zusammengehalten wurden. Das Material war uneben, und als er genauer hinschaute, konnte er ganz schwach ein Muster erkennen. Es mochte eine Szene aus dem Leben darstellen oder nur die Abbildung von etwas, entweder einem Tier oder einem Menschen. Mehr war nicht auszumachen.
„Gold?“, fragte er.
Der Kapitän nickte.
„Und Mister Barker hat das mit an Bord gebracht?“
„Sie hing in seinen Kleidern, hatte sich dort verfangen und …“
„Verzeihen Sie, Sir.“
Beide schauten überrascht zur Seite. Der Erste Steuermann hatte sich unbemerkt zu ihnen gesellt.
„Was ist, Mister Briggs?“, fragte er grantig. Er wusste, der Kapitän mochte es ganz und gar nicht, wenn man sich an ihn heranschlich.
„Es ist wegen dem da …“, antwortete Briggs und deutete auf die Kette.
„Ja?“
Der Steuermann druckste herum und wusste offenbar nicht, wie er das, was er sagen wollte, loswerden konnte.
„Die Männer und ich … na ja, wir alle eben, wir haben uns gedacht, wo das herkommt, da könnte doch noch mehr sein.“
„Ihr wollt allen Ernstes auf Schatzsuche gehen?“, blaffte der Kapitän ihn an.
„Der Sturm hat uns vor Mahabalipuram erwischt. Sie kennen doch sicher die Legende, Käpt’n.“
Der Kapitän schnaufte verächtlich. „Sie meinen dieses Ammenmärchen von den Sieben Pagoden?“
Auch der Erste Offizier kannte die Geschichte. Vor tausend Jahren lag dort die Hauptstadt irgendwelcher Könige. Seitdem hatten Abenteurer immer wieder nach Schätzen gesucht, die dort zu finden sein sollten.
„Aber die Kette! Sie ist der Beweis!“, rief Briggs. „Es gibt den Schatz, und der Sturm hat ihn zutage befördert. Wo sollte die Kette sonst hergekommen sein?“
„Sie gehen jetzt augenblicklich zurück an Ihre Arbeit, Mister Briggs. Und sagen Sie den Männern, dass es keine Schatzsuche geben wird. Sobald wir wieder zu Hause sind, werden wir als wahrhafte Patrioten dieses gute Stück dem British Museum vermachen. Das Einzige, was Sie und die anderen also erreichen würden, wären noch mehr Exponate für bleiche Forscher in stickigen, mit Chemikalien vollgepackten Räumen. Es lohnt sich also nicht, die Zeit mit einer sinnlosen Schatzsuche zu vergeuden.“
Briggs schien mit jedem Wort ein wenig kleiner zu werden und trollte sich schließlich wie ein geprügelter Hund.
„Nehmen Sie diese Kette in Ihre Obhut“, sagte der Kapitän, wandte sich um und ging zur Brücke.
Der Erste Offizier betrachtete die Kette noch einen Augenblick, dann ließ er sie in seine Tasche gleiten. Es war ein unauffälliges, doch sicher wertvolles Stück. Bis sie ihren Heimathafen erreichten, würde er sich den Schmuck genauer ansehen.
London, im Sommer 1894
„Doktor Watson! Gott sei Dank sind Sie wieder da!“ Mrs Hudson hatte vor Aufregung rote Flecken im Gesicht.
„Beruhigen Sie sich doch“, sprach ich auf sie ein und führte sie in ihr eigenes Haus. Vor der Treppe zu den oberen Räumen blieben wir stehen. „Was ist denn los?“
„Er ist weg!“, stieß sie hervor.
„Wer – Holmes?“
„Ja. Und er hat nichts gesagt.“
Ich spürte, wie sich mein Puls beruhigte. Ich hatte bis jetzt gar nicht bemerkt, dass er sich beschleunigt hatte.
„Aber, liebe Misses Hudson, warum regen Sie sich da so auf? Wie oft war Mister Holmes schon verschwunden? Immer ist er als Herr der Lage wieder aufgetaucht, als wäre nichts geschehen. Und meistens löste er nebenbei einen Fall, von dem wir noch nicht einmal wussten, dass es einer werden würde.“
„Ach, Doktor Watson, das dauerte doch meistens nicht länger als zwei oder drei Tage. Nun bleibt er schon eine ganze Woche aus.“
Das war in der Tat ungewöhnlich.
„Hat Holmes denn keine Nachricht hinterlassen?“
„Aber nein. Nicht einmal eine kurze Notiz.“
Das konnte ich nicht glauben. Wenn Holmes so lange fortblieb, dann hatte er mit Sicherheit einen Hinweis hinterlassen.
„Ich gehe nach oben“, sagte ich und ließ Mrs Hudson stehen. „Wir werden ihn schon finden. Sie kennen ihn doch. Ihm kann nichts und niemand etwas anhaben.“
„Wenn ich Sie nicht hätte“, stammelte die gute Hauswirtin und setzte sich sichtlich erschöpft auf die zweite Stufe.
Drei Wochen war ich unterwegs gewesen – eine lange Zeit, wenn man mit Sherlock Holmes befreundet war, denn in der Baker Street Nummer 221b konnte während der eigenen Abwesenheit eine Menge passieren. Die Tür zur oberen Wohnung war nicht abgeschlossen. Es roch ein wenig muffig darin. Mrs Hudson hatte von meinem Freund die strikte Anweisung, während seiner Abwesenheit nichts zu verändern, und so hatte sie die Fenster geschlossen gehalten.
Das Erste, was mir auffiel, war die ungewöhnliche Unordnung auf dem Tisch bei der Sitzgruppe. Ein Stapel Briefe lag kreuz und quer verteilt, dazu ein deutschsprachiger Zeitungsausschnitt (ich konnte das Wort Hamburg lesen) mit einem großen Bild, auf dem ein Mann zu erkennen war, der in aufrechter Pose und mit verschränkten Armen vor einem großen Haus stand. Den Namen Henry Jasper konnte ich genauso entziffern wie das Datum der Ausgabe: 13. April 1880.
Es war nicht meine Art, fremde Briefe zu lesen. So etwas tat man nicht, auch nicht, wenn Holmes sie so offen liegen ließ. Er wusste, ich würde niemals darin stöbern, selbst wenn es mich noch so sehr in den Fingern juckte wie in diesem Moment. Falls Holmes einen Hinweis hinterlassen hatte, wo man ihn antreffen konnte, so war er sicher nicht hier zu finden. Die Briefe waren ausnahmslos neueren Datums, nicht älter als drei Jahre. Offensichtlich hatte Holmes einen Brieffreund; als Absender erkannte ich ebenfalls einen gewissen H. Jasper.
Einmal mehr verfluchte ich, dass Holmes nicht dazu in der Lage war, einen Hinweis klar und deutlich und für jeden verständlich auf ein Blatt Papier zu schreiben. Immer mussten es diese Geheimniskrämereien sein. Brachten mich die Briefe weiter? Ich hatte keine Ahnung, wusste nicht einmal, ob Holmes überhaupt gefunden werden wollte. Eine Indiskretion erlaubte ich mir dann aber doch, indem ich in Holmes’ Schrank nachschaute, der in seinem Schlafzimmer stand. Es fehlte ein Gutteil seiner Anzüge. Das lange Ausbleiben meines Freundes war also eine von vornherein geplante Aktion gewesen. Hatte er es so eilig gehabt, dass nicht einmal Zeit war, Mrs Hudson einen Zettel hinzulegen?
„Doktor Watson!“
Die Stimme unserer Vermieterin riss mich aus meinen Gedanken. Ich lief in den Wohnraum und hörte Schritte auf der Treppe.
„Doktor Watson!“, wiederholte sie ihren Ruf, stieß die Tür heftig auf, was sonst gar nicht ihre Art war, und wedelte mit einem Umschlag in der Hand. „Das ist soeben für Sie abgegeben worden.“
Nun verstand ich ihre Aufregung. Es konnte sich nur um die ersehnte Nachricht von Sherlock Holmes handeln. Ich nahm den Umschlag entgegen und riss ihn auf, ohne Zeit für die Suche nach einem Absender zu vergeuden. Darin befand sich eine Fahrkarte, die auf meinen Namen ausgestellt war. Das betreffende Schiff würde sich morgen früh um acht Uhr dreißig auf die Reise nach Hamburg machen, mit mir oder ohne mich.
„Was ist das?“, fragte Mrs Hudson. „Endlich eine Nachricht von Mister Holmes?“
Ich lächelte, auch wenn es mich einige Anstrengung kostete. Holmes hatte gewusst, dass ich heute zurückkommen und mich mein erster Weg zu ihm führen würde. Die genaue Stunde war ihm nicht bekannt gewesen, und so hatte er dafür gesorgt, dass ich erst am darauffolgenden Morgen abreiste.
„Ja. Unser Freund weilt zurzeit in Hamburg“, sagte ich, die Fahrkarte in den Händen drehend. Natürlich befand sich weder auf dem Umschlag noch auf der Karte eine Notiz, lediglich die Adresse mit meinem Namen: Doktor John Watson, 221b Baker Street, London.
„Was, um Himmels willen, will Mister Holmes denn in Deutschland?“
„Das, Misses Hudson, werde ich wohl bald herausfinden“, erwiderte ich und schaute auf die Uhr. Es war bereits vier Uhr am Nachmittag. Ich würde noch einiges vorzubereiten haben. „Nun muss ich aber los.“
„Wenn Sie Mister Holmes sehen, dann schimpfen Sie ihn für mich tüchtig aus“, sagte Mrs Hudson. Die roten Flecken auf ihrem Gesicht waren einem grimmigen Ausdruck gewichen. „Er wird mich noch ins Grab bringen.“
„Uns alle, Misses Hudson … uns alle.“
Ich ging zur Tür und stockte. Plötzlich wusste ich, weshalb die Briefe auf dem Tisch lagen. Dass Holmes immer diese Spielchen mit mir spielen musste! Ich wartete nur darauf, dass es irgendwann einmal schiefging. Hoffentlich würde dann nicht ein Menschenleben dranhängen. Es würde meinem Freund recht geschehen, wenn ich ihn einmal nicht aus einer prekären Situation retten könnte, die weniger spektakulär als vielmehr pikant wäre. Einmal rettete ich ihn, als er in Unterwäsche einem Mob Tänzerinnen aus einem Nachtclub zu entkommen versuchte. Was wäre geschehen, wenn ich nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen wäre? Seufzend legte ich den Gedanken an jene Begebenheit zur Seite. Es würde Jahre dauern, bis ich von diesem Fall berichten durfte, weil alle beteiligten Personen noch lebten und mächtig genug waren, um mich wegen Verleumdung vor den Richter zu bringen.
Zielstrebig humpelte der grauhaarige, vollbärtige Mann zur frühen Abendstunde durch die Straßen. Mit seiner blassen Haut und seinem gebeugten Gang wirkte er verbraucht und harmlos. Die Pfeife in seinem Mund war kalt. Die Kleidung, die er trug, musste einmal eine Farbe besessen haben. Nun jedoch war sie ausgebleicht und mindestens zwei Nummern zu groß, geradeso, als habe er sie über eine Spende der Heilsarmee erstanden. Hatten die Passanten anfangs noch einen Bogen um seine Gestalt gemacht, so wurde der alte Mann, je näher er dem Hafen kam, kaum noch wahrgenommen.
Der heiße Augusttag hatte in Hamburg Spuren hinterlassen. Die warme, in den Straßen gestaute Luft vermischte sich zum Hafen hin mit dem Gestank der ärmeren Viertel und erschwerte das Atmen. Das war nichts für empfindliche Nasen, doch dem Alten, der unbeirrt weiter seinen Weg entlanghumpelte, schien das nichts auszumachen.
Er kam in einen Stadtteil, der von engen Gassen und verwinkelten Höfen beherrscht wurde. Die Leute hier waren so ähnlich angezogen wie er selbst. Sie hatten meistens keine Schuhe an und nicht wenige starrten vor Dreck und stanken nach Schweiß und Unrat. Kinder hetzten johlend zwischen den Erwachsenen umher. Hier brauchten sie keine Angst davor zu haben, von einem Fuhrwerk oder einer Droschke an- oder gar überfahren zu werden. Beides würde in diese Gassen nicht hineinpassen.
Das Geschrei mehrerer Babys drang durch die geöffneten Fenster, während alte Gesichter aus gegerbter Haut scheinbar teilnahmslos auf die Straße starrten. Hin und wieder zog sich ein Fleet durch das Viertel, an dem Frauen ihre Wäsche auswrangen, Kinder badeten und Männer nach der anstrengenden Arbeit im Hafen saßen, sich unterhielten und ab und zu mit der hohlen Hand einen Schluck Wasser für sich schöpften.
Direkt am Hafen war die Gegend etwas sauberer. Aus dem ersten Stock eines Hauses hörte man die Unterhaltungen von Männern mit teils fröhlicher, teils aufgebrachter Laune. Eine steile Außentreppe aus Holz, deren Geländer an einigen Stellen notdürftig geflickt war, führte nach oben. Als Betrunkener war man gut beraten, sich eher an der Hauswand abzustützen als an dem fragilen Gebilde aus Pfosten und Brettern.
Der Alte arbeitete sich trotz seiner Behinderung Stufe für Stufe hinauf und verharrte dann mehrere Sekunden lang schwer atmend in der Tür, die ebenso wie die Fenster weit offen stand, um die stickige, heiße Luft im Inneren des Gastraums mit einem ständigen Durchzug zu verbessern. Es gelang nicht. Hier oben, direkt unter dem Dach, herrschte eine wahre Gluthitze.
Die Wirtschaft bestand aus einem langen Gang mit einer Anrichte in der Mitte, vor der ein mächtiger glatzköpfiger Kerl stand. In der einen Hand hielt er eine Flasche, während er mit der anderen gestikulierte.
„Du kriegst nichts mehr. Zuerst bezahlst du deine Schulden, dann gibt es wieder was.“
Sein Gegenüber war ein schmächtiger Bursche mittleren Alters. Er sah abgerissener aus als die meisten anderen, die der Neuankömmling in der letzten halbe Stunde zu Gesicht bekommen hatte. Seine Haare und sein Bart wuchsen wild und ungehemmt und waren wahrscheinlich seit Jahren nicht mehr ordentlich gepflegt worden.
„Bitte, Herbert, nur einen kleinen Schluck … von deinem Billigen. Ich zahle es bestimmt zurück.“
„Mach dich weg, Kuddel! Ich will dich heute nicht mehr sehen.“
Der Abgewiesene ließ ein paar deftige Beleidigungen vom Stapel. Die anderen sieben Männer, die an dem einzigen Tisch saßen oder an die Wand angelehnt standen, lachten und grölten. So wurde der Alte nicht beachtet, bis er bei den beiden Streithähnen stand und dem Wirt eine Münze zuwarf, die dieser in einem Reflex auffing.
„Reicht das für eine Flasche von deinem guten Korn?“, fragte der Mann in akzentfreiem Hochdeutsch.
Erst jetzt musterte der Wirt den bärtigen Fremden und bedeutete Kuddel mit einer Handbewegung, die Klappe zu halten.
„Was bist du denn für einer?“
„Ich bin jemand, der durstig ist und Gesellschaft sucht.“ Bei den letzten Worten sah er Kuddel in die Augen.
„Siehst du, Herbert, das ist ein anständiger Mensch“, meinte Kuddel, der offensichtlich sofort verstanden hatte. „Nun rück schon die Flasche und zwei Gläser raus.“
Der Wirt betrachtete noch einmal eingehend das Geldstück. Er schien sich erst jetzt bewusst zu werden, dass der Fremde mindestens den doppelten Preis zahlte, und wandte sich zu seiner Anrichte. Kurz darauf reichte er dem Alten Flasche und Gläser. Kuddel war schnell und grapschte sofort danach.
„Komm, wir setzen uns auf die Treppe. Dort sind die Luft und die Gesellschaft besser“, meinte Kuddel und wurde prompt von den anderen Gästen, die das mitbekommen hatten, als Torfkopp und Dibberbüdel beschimpft.
Kuddel und der Alte setzten sich auf halber Höhe der Treppe auf die Stufen. Der Fremde hielt die Gläser hoch, Kuddel schenkte ein. Sie stießen an und tranken. Kuddel schenkte gleich wieder nach und kippte sich den zweiten und auch den dritten Schluck hinter die Binde.
„So, nun sag, was du von mir willst. Und nur damit du’s gleich weißt: Krumme Sachen sind mit mir nicht drin.“
Der Fremde lächelte und war sichtlich erfreut über den scheinbar wachen Geist, der in dem Trunkenbold steckte.
„Du siehst mir aus wie einer, der ganz genau weiß, was hier im Hafen abläuft.“
„Da hast du verdammt noch eins recht. Ich lebe seit meiner Geburt im Hafen, habe alles schon erlebt.“ Er lachte meckernd. „Ja, fünfzig Jahre sollten genügen, um sich hier ein bisschen auszukennen.“
„Ich denke, als Tagelöhner hast du schon viele Dinge gesehen, hattest Einblick in Ecken und Winkel, die nicht viele kennen. Stimmt das?“
„Jaja, so ist es.“
„Du hast keine Familie und keine Unterkunft, und deshalb musst du genau wissen, wo man ungestört sein kann, ohne dass man im Schlaf überrascht und ausgeraubt wird.“
Kuddel sah den Alten misstrauisch an. „Woher weißt du das alles?“
„Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass dich ein Eheweib so herumlaufen ließe … selbst in dieser Gegend. Außerdem würde sie dir gelegentlich die Haare und den Bart schneiden.“
„Ja, das ist wohl wahr.“
„Das Messer in deiner Hosentasche zeigt, du bist ein vorsichtiger Mensch.“
„Muss man sein in dieser Gegend, das kannst du mir glauben.“
„Und du bist bekannt wie ein bunter Hund, nicht wahr?“
Kuddel lächelte verlegen. „Wäre seltsam, wenn es anders wäre. Schließlich bin ich schon ein paar Jahre mehr hier im Hafengelände unterwegs als die meisten anderen.“
„Aber du hast keinen Besitz. Warum also solltest du dich des Nachts in dunklen Ecken verbergen und mit einem Messer herumlaufen?“
Kuddel setzte zu einer Antwort an, doch der Fremde sprach weiter.
„Weil du viel weißt. Vielleicht sogar mehr, als so mancher es für nötig erachtet.“
Kuddel lachte wieder, dann verstummte er abrupt und spannte seine Muskeln. Seine Hand wanderte langsam zu der Tasche mit dem Messer. „Woher willst du das wissen? Und was willst du von mir?“
„Alles ist so offensichtlich und liegt wie in einem offenen Buch vor mir. Man muss nur eins und eins zusammenzählen können“, meinte der Fremde und deutete mit dem Kinn zum Messer. „Sei versichert, das ist nicht nötig. Ich bin auf der Suche nach einer alten Jolle. Sie ist rot und hat ein Segel, das ehemals weiß war. Sie ist bestimmt schon zwanzig Jahre alt und trägt den Namen Elbkreuzer. Oder trug ihn, denn jemand hat versucht, die Buchstaben mit einer minderwertigen Farbe zu überstreichen.“
„Natürlich kenn ich die Elbkreuzer. Ist ein ziemlich hochtrabender Name für diese löchrige Nussschale.“
„Hast du eine Ahnung, wo ich das Boot finden kann?“
Kuddel rümpfte die Nase und setzte die Flasche direkt an den Mund. Inzwischen schien ihm klar geworden zu sein, dass der Korn die Bezahlung für seine Auskunft war, also beanspruchte er den Rest des Inhalts für sich.
„Hab sie schon lange nicht mehr gesehen. Gehörte mal einem alten Bekannten von mir, der hat damit immer kleinere Aufträge erledigt … Essbares zu den Arbeitern am Hafen bringen oder mal jemanden über die Fleete schippern.“
„Wie heißt dieser Bekannte?“
„Smutje nannten ihn alle. Ist bestimmt schon acht oder zehn Jahre tot.“
„Und danach?“
„Jetzt steht die Jolle in einem alten Schuppen. Ab und zu leiht sich einer mal das Ding aus. Gehört ja niemandem mehr. Und jeder bringt es brav wieder zurück. Ist wie ein Gemeinschaftseigentum.“
„Wo steht der Schuppen?“
„Nicht weit von hier.“
„Bring mich hin.“
„Hör mal!“, rief eine raue Stimme von unten. „Nun ist es aber genug mit der Fragerei.“
Der Alte und Kuddel wandten sich um und schauten hinunter auf sechs kräftige Kerle und eine schmächtigere Gestalt, die sich trotz der Hitze von Kopf bis Fuß in eine Decke gehüllt hatte, sodass man von ihr fast nichts sehen konnte.
„Komm runter!“
Kuddel stand auf.
„Nicht du. Der andere.“
Der Angesprochene erhob sich und humpelte langsam die Stufen hinab. Unten angekommen, umringten ihn die Burschen sofort. Nur der Schmale hielt sich zurück.
„Darf ich fragen, was ihr wollt?“, fragte der alte Mann und drehte sich im Kreis, um die Kerle möglichst alle zu beobachten. Ein Blick nach oben verriet ihm, dass Kuddel inzwischen das Weite gesucht hatte. Er musste sehr schnell gerannt sein, denn seine Gestalt kam soeben hinter dem Haus hervor und lief in eine andere Straße. Also hatte die Gastwirtschaft einen weiteren Ausgang.
Einer der Burschen trat nach vorn und wollte ihn packen, doch der Alte versetzte ihm einen gezielten Hieb auf den Solarplexus, sodass der Angreifer bewusstlos zusammensackte. Dann nahm er sein Halstuch ab und wickelte es in Sekundenschnelle um seine rechte Hand. Ein zweiter Kerl kam auf ihn zu; er war derjenige mit der größten Körpermasse und offensichtlich gewohnt, seine Gegner mit wildem Geschrei und fuchtelnden Armen umzurennen.
Der Lärm hatte die Gäste der Wirtschaft im oberen Stock und ein paar Leute auf der anderen Straßenseite hervorgelockt. Irgendjemand wollte Wetten abschließen, doch darauf reagierte keiner. Die Machtverhältnisse waren einfach zu deutlich.
Plötzlich bewegte sich der Alte im Gegensatz zu seinem bisherigen Gebaren flink und geschmeidig. Er unterlief seinen Gegner und rammte ihm wie jemand, der sich im Boxen auskannte, die Faust dorthin, wo im Allgemeinen die Niere zu sitzen pflegt. Als der Kerl vor Schmerzen schreiend und mit dem Gesicht voran auf dem Boden landete, gingen auch die restlichen vier Schläger auf ihr Opfer los.
Er erwachte, weil sein Kopf immer wieder gegen etwas Hartes stieß. Dunkelheit umgab ihn. Der falsche Bart kratzte an seinem Hals, Schweiß lief ihm über das Gesicht, verschmierte die Schminke und trieb sie in seine Augen. Er war offenbar mit einem langen Seil gefesselt worden. Die Arme lagen eng an den Körper gepresst, die Beine waren ebenfalls verschnürt; lediglich seine Hände konnte er ein wenig bewegen. Der Knebel in seinem Mund war mit einem Strick befestigt, und der Knoten befand sich an seinem Hinterkopf.
Panik drohte ihm beinahe den Verstand zu rauben, als ihm bewusst wurde, dass er sich in einer Kiste, vielleicht sogar in einem Sarg befand und offensichtlich getragen wurde. Er spürte, wie seine Nasenflügel bebten, und sein Atem ging so schnell, als hätte er gerade einen Zehn-Meilen-Lauf hinter sich gebracht. Bevor jedoch die Angst Oberhand gewinnen konnte, schaltete sich sein Verstand ein wie elektrisches Licht nach Betätigung eines Schalters. Hunger und Durst schob er in den Hintergrund; diese Bedürfnisse waren nur hinderlich und lenkten ihn ab. Er musste seine geistige Kraft beisammenhalten.
Sechs Schläger waren letztendlich für ihn doch zu viel gewesen. Er hatte bei einem der Angreifer noch einen harten Treffer landen können, hatte das Knacken, als eine der Rippen brach, deutlich gehört und gleichzeitig gespürt, wie der Knochen unter seiner Faust nachgab. Dann jedoch hatten ihn zwei seiner Gegner links und rechts gepackt und festgehalten, während ihm der letzte eine Reihe von brutalen Schlägen in den Bauch verpasst hatte. Eine Gegenwehr war nicht mehr möglich gewesen – und damit endeten seine Erinnerungen.
Das Atmen fiel ihm schwer. An jenen Stellen, die am heftigsten schmerzten, vermutete er blaue Flecke, möglicherweise auch eine Rippenverletzung. Das dumpfe Stampfen in seinem Kopf und an der rechten Schläfe ließ darüber hinaus den Schluss zu, dass ihn der entscheidende Treffer ebendort getroffen hatte. Seine Armbeuge fühlte sich taub an und auch seine Zunge war dick und ungewöhnlich schwer. Dazu kam das dumpfe Gefühl, mindestens einen ganzen Tag verschlafen zu haben.
Die Sache schien klar: Man hatte ihm ein Narkotikum verabreicht und ihn damit stillgelegt. Und nun schaffte man ihn irgendwohin. Doch warum hatten ihn diese Leute nicht einfach an Ort und Stelle getötet und ins Hafenbecken geworfen? Die Tatsache, dass er in dieser Kiste lag, zeigte, dass man ihn zwar loswerden, sich dabei aber nicht die Finger schmutzig machen wollte. Wer immer das Sagen hatte, war kein Waisenknabe, aber auch kein kaltblütiger Mörder. Das war eine wertvolle Information.
Er konzentrierte sich, um seinen Atem zu beruhigen, und horchte in die Dunkelheit hinein. Ganz klar drang das Klappern von Pferdehufen an sein Ohr. Die schaukelnde Bewegung war regelmäßig, also wurde er mit einem Wagen über Straßenpflaster gekarrt. Was konnte er tun? Die Aussicht, sich selbst zu befreien, war gering, und er vermochte weder durch Rufen noch durch Klopfen auf sich aufmerksam zu machen.
Mit den Fingern tastete er das raue Holz ab. Die Bretter waren nicht gehobelt, es handelte sich also um eine Kiste, nicht um einen Sarg. Da, richtig! Er konnte den Fingernagel in eine Rille stecken. Offenbar hatten sie sich keine große Mühe für ihn gegeben und die Bretter nur notdürftig zusammengezimmert, weil eine sorgfältigere Arbeit aus Sicht dieses zwielichtigen Gesindels wohl nicht notwendig erschien.
Durch ein paar Bewegungen konnte er sein rechtes Handgelenk, über dem sich das Seil straffte, leidlich befreien und die Hand in die Hosentasche schieben. Er bekam zu fassen, was er als seine letzte und einzige Rettung ansah – und die Aussicht darauf war dürftig genug. Doch er musste warten, bis sie stehen blieben.
Er musste sicher sein, dass man ihn finden konnte.
Hamburg begrüßte mich mit noch heißerem Wetter als London. Ich lockerte meinen Kragen und fragte mich, was mich hier wohl erwarten mochte. Eine ganze Weile fuhr unser Schiff die Elbe hoch, und so erhielt ich einen kleinen Eindruck von Deutschlands Norden: flache Landschaft, reich an Kühen und Schafen.
Weil alles sehr schnell und unvorbereitet gegangen war, musste ich schließlich in einer Wechselstube meine geliebten Pfund Sterling in deutsche Mark und Pfennige umtauschen, damit ich den hiesigen Preisen gerecht werden konnte. Vielleicht hätte auch ein Kutscher meine Heimatwährung entgegengenommen, mich dabei möglicherweise aber übervorteilt.
Während der Überfahrt hatte mich die Sorge darüber, dass ich vielleicht die Briefe doch hätte lesen sollen, beinahe wahnsinnig gemacht, aber nun war es zu spät, hier noch etwas zu korrigieren. Ja, manchmal hatte ich es wahrhaftig nicht leicht mit meinem Sherlock Holmes.
Nachdem ich von Bord gegangen war, fand ich einen Kutscher, der die Adresse kannte, zu der ich wollte. Er setzte mich vor einem großen Haus in der Nähe der Alster ab. Das Gebäude hatte einen nahezu quadratischen Grundriss, ein hohes Erdgeschoss und drei weitere Stockwerke. Man konnte es zu drei Seiten umlaufen. An den beiden hinteren Ecken erhoben sich über das flache Dach hinaus kleine Türme, die in angedeuteten mittelalterlichen Wehrgängen endeten. Dieses Haus wäre mit seiner Bauweise in meiner Heimat außerhalb Londons nicht aufgefallen. Es wäre im Besitz irgendeines Landadels gewesen und hätte sich perfekt in die Cotswold Hills eingefügt. Doch hier, in einer deutschen Stadt, wirkte es einfach nur protzig, trotz der Nähe zum Alstersee, wo noch weitere pompöse Gebäude standen. Sollte ich mich in der Adresse nicht geirrt haben, so hatte Sherlock Holmes einen sehr vermögenden Brieffreund.
Das Haus verfügte über eine elektrische Klingel. Ich musste nicht lange warten, bis sich eine junge Frau an der Tür blicken ließ. Sie trug ein Häubchen auf dem Kopf und eine Schürze um den Leib. Ich musste kein Meisterdetektiv sein, um in ihr eine Bedienstete des Hausherrn zu erkennen. Sie schien jedoch ein gutes Gespür für Menschen zu haben, denn sie fragte mich in englischer Sprache: „Sie wünschen?“
Ich zog meinen Hut. „Mein Name ist Doktor John Watson. Ich möchte zu Mister Jasper und zu seinem Gast, Mister Sherlock Holmes.“
„Sind Sie avisiert?“
„Ich werde erwartet.“
Offenbar machte ich Eindruck genug bei ihr, sodass sie mich einließ und in das Vestibül führte. Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt. In künstlichen Mauernischen standen prächtige Vasen, womöglich antik. Sie waren mit Lotosblüten, Bambus, chinesischen Schriftzeichen und Szenen dieser fremden fernöstlichen Kultur bemalt. Von der Decke hing ein vielarmiger Kronleuchter, der mir eine Spur zu überdimensioniert schien. Der dicke Teppich brachte mich fast zum Stolpern. Es machte beinahe schon Mühe, den Fuß für den nächsten Schritt aus dem dichten Gewebe wieder herauszuziehen, und im ersten Moment erschrak ich darüber. Man muss sich wohl zumindest ein Mal durch eines unserer englischen Moore bewegt haben, um dies zu verstehen.
Rechts von uns befand sich eine Treppe. Ich konnte einen Blick zum Flur erhaschen, von dem einige Türen abgingen. Ab dem nächsten Stockwerk führte ein Rundgang zu den einzelnen Zimmern. Nach oben hin war der Blick frei bis zum Dach, und darüber konnte man bis zum Himmel hinaufsehen. So eine gewagte Konstruktion hatte ich bei einem Wohnhaus bisher noch nicht bewundern können. In Gedanken zollte ich dem Architekten meinen Respekt.
Das Dienstmädchen führte mich in die erste Etage und dort direkt in einen Salon, der sich über dem Vestibül befand und dessen Wände von großformatigen Gemälden dominiert wurden.
„Bitte, setzen Sie sich“, sagte die junge Frau und deutete auf eine Sitzgruppe, die aus mehreren Sesseln und einem Sofa bestand. „Ich werde Mister Jasper darüber benachrichtigen, dass Sie hier sind.“
Ich nickte nur und wandte mich interessiert den Bildern zu. Sie waren prächtig und farbenfroh, zeigten fremdländische Szenen, diesmal allerdings nicht aus China, sondern hauptsächlich aus Indien. Ich sah eine Witwenverbrennung, die durch heranstürmende englische Truppen vereitelt wurde, eine Tempelanlage mit sieben Pagoden, eine Tigerjagd und weitere tier- und blütenreiche Szenen aus dem Dschungel. Wahrscheinlich hatte Henry Jasper eine Vergangenheit auf dem asiatischen Subkontinent. Ich dachte daran, womit ich wohl bei einer entsprechenden Begeisterung in meinem Salon aufzuwarten hätte: öde Landstriche einer afghanischen Hochebene, primitive Dörfer in der Steppe, Berghöhlen. All das wäre nicht dazu angetan, einen gesellschaftlichen Raum wie diesen zu schmücken.
„Doktor Watson!“, rief eine männliche Stimme in meinem Rücken. „Gott sei Dank, dass Sie da sind! Er ist weg.“
Ich stutzte. Den gleichen Satz hatte ich erst vor ein paar Tagen von Mrs Hudson gehört. Langsam drehte ich mich um und erblickte einen stattlichen Herrn in einem dunklen Anzug. Er mochte die fünfzig knapp überschritten haben. Seine Haut war sonnengebräunt, die grauschwarzen Haare waren streng nach hinten gekämmt. Seine kräftigen Hände konnten ordentlich zupacken, das spürte ich bereits an seinem Händedruck. Seine blauen Augen blickten mich offen und besorgt an.
„Ich nehme an, ich habe das Vergnügen mit Mister Jasper“, sagte ich.
„Ja. Entschuldigen Sie, doch ich bin in großer Sorge um unseren gemeinsamen Freund Sherlock Holmes.“
Wollte das denn kein Ende nehmen? Ich war neugierig darauf, zu erfahren, was geschehen war, doch es hatte bereits zu häufig unbegründet Anlass zur Sorge gegeben. So verfiel ich erst einmal nicht in Panik, registrierte allerdings etwas befremdet, dass mir weder ein Sitzplatz noch ein Brandy angeboten wurde.
„Was ist denn geschehen?“, fragte ich.
„Er war einfach weg. Noch vor dem Dinner unterhielten wir uns in meiner Bibliothek, dann bat er mich, ihn zu entschuldigen. Zum Essen erschien er nicht. Seit diesem Zeitpunkt ist er verschwunden.“
„Soso“, sagte ich und überlegte. Da heute der Lunch und allenfalls der Fünf-Uhr-Tee gereicht worden waren, musste sich das Beschriebene gestern zugetragen haben. Dabei wurde mir bewusst, dass ich außer einem nicht sehr üppigen Frühstück noch nichts gegessen hatte.
„Also ist er noch keine vierundzwanzig Stunden weg. Das ist gar nichts, mein lieber Mister Jasper. Alles unter drei Tagen ist nicht von Bedeutung.“
„Sie irren, Doktor Watson. Es sind schon fast zwei volle Tage vergangen.“ Wie um sicherzugehen, schaute er auf die Uhr. Es war kurz vor sechs am Abend.
Auch zwei Tage ungeklärter Abwesenheit waren bei meinem Freund noch keine Besonderheit, aber nach dieser Information gesellte sich zu meinem Hungergefühl dann doch eine gewisse Unruhe. „Weshalb könnte er denn weggegangen sein?“
„Es hängt vermutlich mit meiner Tochter zusammen“, sagte Jasper.
„Mit Ihrer Tochter? Ist sie denn auch weg?“
„Ja“, kam es kleinlaut über die Lippen des Hausherrn.
Ich unterdrückte ein Schmunzeln. Der Gedanke, Holmes könnte mit der Tochter seines Brieffreundes durchgebrannt sein, war zwar amüsant, aber in keiner Weise realistisch.
„Alice ist … entführt worden.“
Ein überraschtes „Ach?“ war alles, was ich in diesem Moment herausbrachte. Ohne auf das Angebot zum Hinsetzen zu warten, ließ ich mich nun in einen der Sessel fallen und bat mein Gegenüber: „Erzählen Sie mir mehr. Von Anfang an … und lassen Sie nichts aus.“
Henry Jasper nahm mir gegenüber Platz und sackte in seinem Sessel förmlich zusammen. Es schien, als würde ihn das Möbelstück verschlucken. Die Hand, die er an die Stirn gepresst hielt, während er redete, verdeckte die obere Hälfte seines Gesichtes, und so schaute ich also auf seinen Mund.
„Alice …“, hauchte er, verzog in seiner Verbitterung die Lippen und machte eine Pause.
Ich konnte ihm die Erinnerung an seine augenscheinlich vertrackte Situation nicht ersparen. Immerhin musste ich wissen, was los war.
„Alice“, wiederholte Jasper. „Sie ist alles, was ich noch habe, müssen Sie wissen.“
Ich nickte und wurde mir erst bewusst, dass er das nicht sehen konnte, als er bereits weitersprach.
„Vor zehn Tagen kam sie nicht von einem Spaziergang zurück. Dabei wollte sie nur für ihre Freundin und sich Limonade kaufen.“
„Die Mädchen trennten sich?“
„Ja. Fräulein Bluhm verlor meine Tochter aus den Augen. Der Andrang an dem Stand war sehr groß.“ Er zuckte mit den Schultern. „Die Hitze, wissen Sie?“
Ich konnte es mir vorstellen. Auch heute war das Wetter unangenehm heiß.
„Wie alt ist Ihre Tochter?“
„Neunzehn.“
„Was ist sie für ein Mensch?“
Jasper nahm die Hand von seinem Gesicht und schaute mich durchdringend an. „Sie fragen nach ihrem Charakter? Er ist tadellos. Alice kommt ganz nach ihrer Mutter, wofür ich sehr dankbar bin. Sie ist eine bescheidene junge Frau, zeigt kaum jemals Temperamentausbrüche. Sie spielt Klavier und hat sogar einige kleinere Stücke komponiert. Sie ist das bravste Kind der Welt.“
Das ist wohl die Meinung der meisten Väter, dachte ich. Wahrscheinlich trug Alice Jasper in der Vorstellung ihres Vaters ein oder zwei Heiligenscheine mehr als in Wirklichkeit.
„Am liebsten geht sie in den Zoologischen Garten am Dammtor“, fuhr er fort. „Dort ist es auch passiert.“
„Was können Sie mir über Fräulein Bluhm sagen?“
„Fräulein Bluhm … Lore … Dieses Mädchen ist aus mir unverständlichen Gründen Alices beste und einzige Freundin. Sie stammt aus weniger begüterten Verhältnissen als wir … na ja, ist ja keine Schande“, ergänzte Henry Jasper gönnerhaft.
Mir gab diese Bemerkung einen kleinen Stich, denn auch meine persönlichen Verhältnisse waren nicht gerade als üppig zu bezeichnen.
„Außer ihrer Vorliebe für den Zoo haben die beiden keine Gemeinsamkeiten, die ich erkennen kann. Soweit ich weiß, soll Fräulein Bluhm demnächst als Kindermädchen fortgehen.“
„Wie hat der Entführer mit Ihnen Kontakt aufgenommen?“
„Noch bevor Alices Fehlen überhaupt bemerkt wurde, erhielt ich einen Brief. Ich saß gerade in meinem Büro, als er abgegeben wurde.“
„Von wem?“
„Das hat mich unser gemeinsamer Freund bereits gefragt. Ich weiß es nicht, und Thea, unser Hausmädchen, erinnert sich nur an einen Jungen, der als Bote fungierte. Der Bursche war angeblich so schnell wieder fort, wie er gekommen war.“
„Darf ich den Brief sehen?“
„Oh, Sie dürfen gern einen Blick in alle Briefe werfen.“
„In alle? Es gibt mehrere?“
„Oh ja.“
War Jaspers Stimmung durch die Erzählung wieder etwas aufgelebt, so sackte sie nun spürbar auf einen neuerlichen Tiefpunkt hinab. Er griff in die Innentasche seiner Jacke und zog vier Umschläge hervor, die er mir reichte.
„War es jedes Mal derselbe Bote, der sie brachte?“
„Ja.“
„In welcher Reihenfolge sind die Briefe angekommen?“
„Der erste liegt obenauf.“
Ich runzelte die Stirn. Der Brief war in gebrochenem Englisch verfasst, als wollte der Entführer Rücksicht auf die Herkunft der Jaspers nehmen. In krakeligen Buchstaben stand da: Geben 10.000 Mark für Leben Tochter. Am Donnerstag um sechs in der Früh. Werfen Geld gut eingepackt auf Jolle rote Farbe von Holzbrücke bei Hopfenmarkt. Kein Polizei
Ich hielt den Brief hoch und fragte: „Sind Sie den Anweisungen gefolgt?“
„Selbstverständlich.“
„Was haben Sie von der Jolle gesehen?“
Jasper zuckte mit den Schultern. „Sie war rot, hatte ein schmutziges, ehemals weißes Segel. Der Mast war umgelegt. Am Ruder saß eine dunkel gekleidete Gestalt.“
„Hat die Gestalt nach oben geschaut?“
„Nichts hat sie gemacht, gar nichts. Für einen Moment war ich unsicher, ob ich die richtige Jolle erwischt hatte. Aber jeder andere hätte verwundert nach oben gesehen, als ich das Geld hineinwarf, also musste es die richtige sein.“
Ich nickte. „Ganz recht.“
Der zweite Brief war schon etwas unverschämter: Gut gewesen. Nochmal 10.000 Mark. Morgen. Selbe Zeit, selber Ort. Geht um Leben von Tochter!
„Dieser Brief erreichte mich am selben Tag zur Mittagszeit.“
„Es war kein Problem für Sie, diese Summen so schnell bereit zu haben?“
Henry Jasper zuckte mit den Schultern, was von „Nein“ bis „Das geht Sie nichts an“ alles heißen konnte.
Die anderen beiden Briefe waren im Hinblick auf den Inhalt und das Aussehen ähnlich. Da hatte jemand eine scheinbar unerschöpfliche Quelle ausgemacht und versuchte auszuloten, wie weit er gehen konnte.
„Und wann kam Mister Holmes hinzu?“, fragte ich.
„Ich telegrafierte ihm gleich nach dem ersten Brief. Leider war er nicht sofort abkömmlich. Natürlich erwähnte ich die Entführung nicht in meinem Telegramm, sondern bat ihn nur eindringlich zu kommen. Wer weiß schon, welche Burschen auf dem Amt arbeiten und Informationen weitertragen, obwohl sie es nicht dürfen.“
Ich nickte und konnte seine Bedenken durchaus nachvollziehen. Immerhin schien er allein aufgrund seines Reichtums in dieser Stadt eine bedeutende Persönlichkeit zu sein.
„Deshalb schrieb ich einen Brief, in dem ich ihm meine Lage auseinandersetzte. Rechtzeitig vor der nächsten Geldforderung traf er ein und übernahm es selbst, das Bündel von der Brücke zu werfen.“
„Wann genau war das?“
„Am Tag, an dem er verschwand. Und nun ist schon wieder ein Brief eingegangen. Diesmal werden einhunderttausend gefordert.“
„Der Entführer hat gelernt, dass es Ihnen offensichtlich keine Probleme bereitet, in kurzer Zeit viel Geld aufzutreiben.“
„Ach, wenn doch nur meiner Alice nichts geschieht!“
Es gefiel mir gar nicht, dass der oder die Entführer den Freund meines Freundes derart in der Mangel hatten. Allein wenn ich das Haus betrachtete, so war zu erwarten, dass Henry Jasper sich noch um einige hunderttausend Mark auspressen ließ.
„Was sollen wir nur tun?“, fragte er.
Auch wenn Holmes der Meisterdetektiv war, so hatte ich immerhin so manchen seiner Fälle gemeinsam mit ihm bestritten. Es sollte mir also etwas einfallen. Allein, je mehr ich darüber nachdachte, desto hilfloser fühlte ich mich.
„Ich nehme an, Mister Holmes hat ein Zimmer bei Ihnen?“
„Ja. Und ich werde selbstverständlich auch für Sie eines vorbereiten lassen.“
Ich neigte dankend den Kopf. „Das ist sehr freundlich. Würden Sie mir bitte Holmes’ Quartier zeigen? Vielleicht finde ich einen Anhaltspunkt, wo er sich aufhalten könnte.“
Jasper sprang auf. „Eine gute Idee!“, rief er aus, sichtlich erfreut, dass es endlich etwas für ihn zu tun gab, und war schon an der Tür, bevor ich mich noch von meinem Platz erhoben hatte.