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Akazia ist ein heranwachsendes Mädchen mit kindlichem Honigduft wie aus den gelben Köpfchen der Akazie. In dieser für sie dramatischen Zeit im Brennnesseltal stößt sie auf die Spuren des vielleicht ersten Eifersuchtsmordes der Menschheitsgeschichte. Sie ahnt, dass sie möglicherweise darin eine Rolle spielt. Und auch ihr liebevoller Akazienduft Zum Glück meinen die Göttinnen es gut mit ihr. Am Ende weist das Schicksal diesem Mädchen die Verantwortung für ihre ganze Gruppe zu.
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Seitenzahl: 251
In Erinnerung an Dr. med. Gerhard Madaus und sein Pflanzenwissen
Imre Kusztrich
Sie hatten noch kein Wort für Liebe
Urzeit-Roman
Impressum
IGK-Verlag, 22393 Hamburg, Volksdorfer Weg 81C, Deutschland
www.igk-verlag.com
Autor: Imre Kusztrich
Copyright: © 2024 IGK-Verlag
Foto: © robertrob - depositfoto.com, Engel-Fotolia.com
ISBN: 9783989955400
In dieser Nacht verliert ihr wachsamer Körper den kindlichen Honigduft. Er ist einfach weg. Erwachen und Erschrecken sind eins. Nichts ist mehr da!
Wohin? Wohin? Ihr Duft ist nicht irgendeiner. Er erinnert an Akazien. An die winzigen gelben Köpfchen, die in den Ähren stehen. An den frischen Wind, der einen süßen Hauch vom Fluss bis vor die Höhlen trägt. An den Morgentau, der im Sonnenlicht schmilzt.
Die kurzen, aber kräftigen Dornen der Akazie haben in ihren Gedanken nie eine Rolle gespielt. Ja, sie wehren vielleicht Bedrohliches von der Pflanze ab - dass so etwas einmal in Bezug auf sie selbst ebenfalls notwendig sein könnte, erschließt sich ihr noch nicht.
Die Unverwechselbarkeit ihres Duftes bedeutet ihr viel. In ihren geheimsten Selbstgesprächen nennt sie sich sogar Akazia. Nur für sich - so wichtig ist ihr dieser Duft. Unter ihresgleichen, den anderen, Ahnungslosen, ist sie Dritte Schwester.
Aber wie kann das sein? Wirklich alles weg?
Alle Mädchen riechen irgendwie blumig. Wirklich jedes. Einige wie Bockshornklee, Heidelbeere, die ebenfalls gelbe und süßliche Lupine. Andere wie Pulsatilla, Melisse, Digitalis und Malve.
Das weiß sie genau. Jede für sich und miteinander erkunden sie spielend ihre Körper. Sie tasten, sie streicheln, sie fingern, sie schmecken wirklich alle Stellen. Ja, jede ist einzigartig. Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel.
Aber von keiner anderen geht auch nur ein Hauch von Akazie aus. Sie liebt diese Pflanze auch wegen der hellen, warmen sonnigen Flecken, wo sie gedeiht. Ob stattlicher Baum oder ähriger Strauch, ihre sonnengelben traubigen Blütenstände verströmen einen starken Duft und gleichwohl bringen sie reichlich süßen Staub hervor, der Bienen anlockt und Insekten. Ja, die Akazie zieht auch sie an. Bereits ihre Samen schmecken süßlich. Die Blüten, auf nackter Haut verrieben, hinterlassen einen schimmernden Glanz.
Sie ist stolz auf dieses Aroma.
Noch etwas prägt sich ihr bereits ein lange vor dieser Nacht und vor diesem Erwachen, wie noch keines ist: Die Älteren riechen nicht mehr so frisch. Beinahe an allen haftet ein moderiger Hauch der schweren Brennnessel, die sich überall im Tal verbreitet. Auf den der Sonne zugeneigten Hängen ebenso wie im Schatten der Bäume. Auf seltsame Weise fügt uns die kantige Pflanze bei unvorsichtiger Berührung ihrer feinen Haare einen Schmerz zu. Gleichzeitig lockt sie in Scharen muntere Schmetterlinge an. Die Frauen schlagen die kräftige Brennnessel gegen schmerzende Glieder und stärken sich mit der Kraft der Brennnessel, die sie trocknen und zerreiben. Frisch zerrieben und auf Wunden aufgetragen, hilft sie bei der Heilung.
Dennoch ist für Akazia die Brennnessel die verhassteste unter allen Pflanzen. Wie viel feiner, milder, lieblicher ist doch all das, was jedem Mädchen anhaftet! Und vor allem ihr - wie Sirup aus den Samenschoten der Akazie, die lange genug gekaut werden.
Ja, sie leben wahrlich in einem Brennnesseltal. Und deshalb sehen sie Maua als ihre Brennnesselfrau an, der sie folgen und gehorchen. Wiewohl manche Frauen eher an den würzigen Geschmack des kräftigen Bärenlauchs erinnern, der auf den feuchten Waldböden entlang des Flusses wuchert.
Alle am Ende salzig, bitter, dunkel, fast düster.
Seltsam. Das Heranwachsen ist mit einem frischen Geruch verbunden. Nicht für immer.
Das gilt auch für die Knaben. An ihren zarten Körpern hängt die eine oder andere unverwechselbare Witterung, vielleicht die des Löwenzahns oder der Wolfsmilch, der blauen und bitteren Lupine, von Attich oder Akelei. Allerdings sehr blass.
Auch sie haben jedoch keinesfalls etwas Saures, Dumpfes an sich, so lange sie klein sind. Wie es dann mit ihnen weiter geht, weiß Akazia eigentlich nicht wirklich genau. Irgendwann ist es nämlich keinem Mädchen erlaubt, mit ihnen länger Beeren zu sammeln, Früchte zu kosten oder Kaninchen zu jagen. Die Knaben ihrerseits dürfen dann Dritte Schwester und die anderen nicht mehr berühren … und können es auch nicht länger. Zwar ist von Geburt an Maua auch ihre Brennnesselfrau. Doch plötzlich wird ein jeder von ihr aus dem Tal verbannt.
Ja, für Maua sind sie entbehrlich. Nur einer wird geduldet, vielleicht zwei, warum auch immer, wofür auch immer. Und warum gerade dieser oder jener Knabe bleiben darf und alle weiteren nicht, weiß ebenfalls nur die Brennesselfrau.
Die übrigen haben irgendwo in einem anderen Tal für sich selbst zu sorgen. Mit jedem von ihnen verschwindet eine Prise von Löwenzahn, Wolfsmilch, der bitteren blauen Lupine, von Attich oder Akelei hinter dem Horizont.
Und später, wenn ein Junge zum Mako heranwächst, wagt er es besser nicht, heimlich zurückzukehren und sich vielleicht in unseren Wäldern zu verstecken, aus welchen Gründen auch immer.
Er riskiert den Tod. Wir Mädchen wissen das schon.
Das Fortschicken der Knaben erfolgt aus dem Nichts, vielleicht auf ein Zeichen aus der gütigen Schar der Göttinnen. Maua kann jedes erkennen und ehrt sie durch ihren Gehorsam. Auch uns, die wir bleiben, gebietet die Brennnesselfrau unermüdlich, die Wünsche der himmlischen Wesen zu erahnen und zu erfüllen. Auch wenn wir niemals auch nur eines zu Gesicht bekommen.
Alles, was gelingt und unser Dasein erleichtert, verdanken wir ihnen. Die Flussgöttin lenkt sauberes Wasser durch unser Tal. Der Göttin der Luft gehorchen die Vögel. Ihnen folgen unsere Jägerinnen in ihrem rastlosen Flug. Die Waldgöttin schenkt uns heilende Kräuter. Die Mondgöttin nimmt uns die Last des Tages ab.
Über die Vulvagöttin Aatapu darf ich mehr wissen als andere Mädchen, weil die Brennnesselfrau es will.
Obwohl wir jede der Göttinnen achten und vielleicht eines Tages um Hilfe bitten, erfahren wir als allererstes den Namen der Erdgöttin. Queema. Sie entscheidet über Geburt und Tod. In ihren Schoß kehren wir zurück.
Doch eine andere ist die Mächtigste unter allen himmlischen Wesen. Sie schenkt in ihrem Wohlwollen uns den größtmöglichen Schutz und droht zugleich mit dem Untergang. An ihren Willen dürfen wir nie leichtfertig und nur zum Wohle der Gemeinschaft denken. Sie ist die Bärengöttin Urs-Aana.
Wie hilflos und schwach stehen wir vor ihr und vor Queema. Wie könnten wir ohne Grund unsere Stimme zu ihnen erheben? Wir sind nicht einmal wie die Vögel, die ihre Behausung hoch oben in der Luft kennen.
So ist das in unserem Brennnesseltal.
Was Akazia nicht weiß, denn wie auch sollte sie es wissen, ist, auf welche Weise wie sich ebenfalls der Geruch eines Knaben verändert, sobald er ein Alter erreicht, das bei den Mädchen die ersten Ansätze der Brüste hervorbringt? Denn ein Mako riecht ja nach Femmel, Geilhemp oder Giftlattich. Das lässt sich nicht verbergen.
Maua ist schon gezeichnet von dieser Landschaft. Das Säuerliche, Bittere ist auch für eine Brennnesselfrau unausweichlich.
Akazia erinnert sich: Sie ist noch ein kleines Kind, als Maua das erste Wort direkt an sie richtet. Das ist nicht üblich. Denn Erwachsene beschäftigen sich mit ihresgleichen.
Vielleicht sind inzwischen so viele Sommer vergangen wie sie Finger an ihren Händen hat. Heute ist sie selbst fast so weit wie Maua seinerzeit. Und noch einmal so viele Sommer später wird Maua als Brennnesselfrau von uns gegangen sein wie jede Frau, eine nach der anderen, wie auch schon jene, deren Brust vor vielen Monden Akazia genährt hat.
Noch etwas ist ihr bewusst. Der Geruch von Brennnesseln ist in der Nacht stärker, wenn sich nichts mehr ihren Augen bietet. Denn für das Sehen brauchen wir bei Tag das Licht der Sonne und im Dunkeln den Schein des Feuers. Für unser Riechen jedoch nicht.
Aber jetzt schießt ihr ein Gedanke durch den Kopf.
Sie glaubt und hat sich darauf verlassen, dass ihr von Maua alles Wichtige vermittelt werde. Wirklich alles. Darauf vertraut sie: Alles, was die Brennnesselfrau selbst erfahren hat, darf auch sie wissen und verstehen. Maua hat dafür allein Dritte Schwester auserwählt. Ob da ein Zusammenhang besteht mit dem Duft der Akazie, der doch alle anderen Gerüche der Mädchen an Süße und Würze übertrifft?
Möglicherweise aber haben die Götterwesen genau das Maua auferlegt. Bestimme Dritte Schwester als die nächste Brennnesselfrau. Ob die Himmelswesen wissen, dass sie sich heimlich Akazia nennt? Maua weiß es nicht.
Jedenfalls sind es nun schon zwei Besonderheiten, die Akazia von den übrigen Mädchen unterscheidet. Ich darf alles wissen, was die Brennnesselfrau weiß. Das ist auch ein Muss, dass eine die Gemeinschaft führt, wenn wir Maua einmal nicht mehr bei uns haben. Natürlich wird das ohne sie eine schwierige Zeit. Aber wenn es so beschlossen ist, wird Dritte Schwester es annehmen.
Deshalb ist es sonderbar. Maua hat sie nicht auf eine Leere wie heute Morgenvorbereitet. Sie spricht auch niemals mit ihr über Honigduft oder Brennnesselgeruch. Und schon gar nicht, wie rasch er verschwinden kann.
Schon keine Süße der Mädchen mehr aber noch keine Bitternis der Frauen.
Was kann das bedeuten?
Was hat sie selbst gedacht, falls sie überhaupt daran gedacht hat?
Kein Mädchen hat mit Dritte Schwester je darüber gesprochen. Wahrscheinlich glaubt jedes so wie sie auch … der Duft wandelt sich allmählich. Er geht langsam über in einen Hauch von Säuerlichkeit und Schärfe. Aber etwas von ihrer Süße wird bleiben.
So werden sie wohl alle denken.
Keinesfalls hätte sie sich vorstellen können, dass die Kraft der Akazie so ist es ihre Erwartung, dass die Honigsüße erst verschwindet, wenn sie die nächste Brennnesselfrau ist?
Eines erstaunt sie. Maua hat sie in dieser Frage nicht angeleitet.
Maua ist unsere Wissende. Sie führt die Zwiesprache mit den Ahnen und lauscht den Mächtigen im Himmel. Wir alle vertrauen und gehorchen ihr. Sie hat die Gefolgschaft beherzt und mit Umsicht in dieses Tal der Brennnesseln. Ich lerne von ihr. Jede von uns muss das. Aber ich besonders.
Was kommt, ist das, was Maua weiß. Und dieses Wissen von ihr saugt Akazia, wann immer sie mit der Brennnesselfrau beisammen ist, begierig auf. In solchen Augenblicken ist sie Dritte Schwester und vernimmt mit Staunen, was sein wird.
Hat sie es sich einfach gemacht und ein eigenes Nachdenken versäumt? Hätte sie es längst selbst begreifen müssen? Dass es geschehen kann … Mädchen verlieren so urplötzlich die Frische, selbst ein von den Übermächtigen vielleicht geliebtes Wesen wie sie die Honigsüße. Ihr wird das jedoch mit keinem Zeichen angekündigt. Auch nicht durch Maua. Ist das, was mit ihr geschieht, für Maua nichts Wichtiges? Warum nur? Will die Brennnesselfrau sie nicht beunruhigen? Wird es möglicherweise noch schlimmer?
***
Die Brennnesselfrau ist unser Schicksal. Sie treibt mit Feuer Tiere in unsere Fallen. Und sie gebietet über das gleiche Feuer, mit dem ihr Fleisch gegart wird.
Alles kommt von ihr. Sie allein bestimmt.
Dass gilt auch für den Mako.
Stets ist sie allein es, die den Gefährten wählt. Einen einzigen, vermutlich aus der Schar herangewachsenen Knaben in irgendeinem anderen Tal. Wie sie ihn sucht, findet und wählt, ist ihr Geheimnis. Dieser eine Mako ist ihr Besitz und ständig unter ihren Augen. Er teilt mit Maua das Lager, wann immer sie es befiehlt. Und nur wie die Brennnesselfrau es bestimmt, paart jede Frau sich mit ihm. So dass seine Kraft der ganzen Gemeinschaft zu Gute kommt. Seine und nur seine.
Die Brennnesselfrau ist seine Führerin. Der Gefährte fügt sich willenlos. Das gilt auch für jeden Kontakt mit den anderen Frauen. Auf diese Weise übt sie die vollständige Kontrolle über ihn und die Gefolgschaft aus. Der Mako kann damit seinen Frieden haben. Hier bei ihnen im Tal hat er es allemal besser als anderswo allein auf eigenen Füßen.
Dass in Mauas Augen Jungen darüber hinaus unnütz sind, nicht gebraucht werden, Schmarotzer, das bekommen auch ihre bisherigen Begleiter zu spüren. Maua kann mit ihren Launen den Mako nach Belieben unterdrücken, quälen, bestrafen und am Ende wegschicken oder verstümmeln.
Der derzeitige Mako ist schon mehrere Sommer und Winter geduldet.
Er ist gut gebaut und er handelt klug genug, seine Kraft niemals gegen diese Mächtige zu lenken, die über ihn entscheidet. Er richtet sein Verhalten streng an ihren Erwartungen aus. Niemals handelt er aus eigenem Antrieb. Aus ihren Blicken entfernt er sich nur zur Erledigung ihm übertragener Aufgaben und um sich zu entleeren. Seine Rückkehr muss er durch Rufe ankündigen.
Warum immer nur einer? Ja, denkt Akazia, weil die Macht der Brennnesselfrau und aller Frauen immer übermächtig bleiben muss.
Damit nicht zwei oder drei Makos sich verbünden gegen ihre Gemeinschaft.
Für diesen einzigen Mako holt stets auch nur Maua das Mannesholz aus dem Kräuterwald, weil es seine Liebeskraft stärkt. Das geschieht so bis zu dem Tag, an dem sie einen anderen für geeigneter hält. Dann muss der bisherige Mako schnell das Weite suchen.
Kein von ihr gewählter Mako sollte es auch je riskieren, aus eigenen Stücken weiter zu ziehen. Ohne fortgeschickt zu werden, das Tal zu verlassen, müsste in allergrößter Heimlichkeit geschehen. Maua würde es nicht gefallen, dass sich hinter dem Horizont ein enttäuschter Mako, ein ungebrochener Mako, ein wissender Mako aufhält. Einer, der alles über sie und ihre Gefolgschaft weiß. Der sich im Tal zurechtfindet. Der womöglich die Pflanzen kennt, die sie nutzen, und Fährten der Tiere aufspüren kann, denen sie nachstellen. Einer, der sich auf die Frauen im Brennnesseltal versteht.
Was für Maua wichtig ist, weiß sie inzwischen genau. Ihre Regeln leuchten ein. Einzig jener Mako wird geduldet, dessen Fähigkeiten unserer Gemeinschaft den größten Nutzen bringen. Da denkt Maua an sich und alle anderen. Er muss seine Sache gut machen. In jeder Hinsicht.
Dabei lässt sie niemals je erkennen, ob oder wie sehr sie selbst den Mako schätzt. Ist er für sie nur der Beste, den sie finden konnte, oder ist da mehr?
Noch verharrt Akazia auf ihrer Liegestatt. Ein Gedanke ergreift jetzt Besitz von ihr. Maua muss doch bald erkennen, dass der Dritten Schwester die Honigsüße entschwunden ist. Die Brennnesselfrau beherrscht alle Künste der Ahnung.
Sie versteht sich auf die Deutung. Sie ist doch die Fähigste von allen.
Sie zieht ihr Wissen aus den Wolken, aus dem Wind, aus den Pflanzen, aus den Gedärmen von Tieren. Und sie kann als einzige sehen, was Sterbende schauen, und die erweisen sich doch als besonders nützlich für Weissagungen. Sie zieht die richtigen Ahnungen aus den Befehlen der Götterwesen.
Durch jede dem Tod geweihte Frau teilt sich die Erdgöttin ihnen mit. Es ist Queema. Ihr Reich ist der Boden des Waldes und der Auen. Ihre Werkzeuge sind Stämme und Sträucher. Aus bestimmten Zeichen lässt sich verstehen, ob von ihr der Gemeinschaft Unheil droht oder ob die Gottheiten uns mit Freude betrachten.
Die Maua konnte sogar den Willen der Gottgestalten erkennen, wer ihr als nächste folgen muss. Im Brennnesseltal wird es eben Dritte Schwester sein.
Von Maua wurde Dritte Schwester vorbereitet auf das, was sein wird. Nichts dergleichen kam von der Frau, aus deren Bauch sie stammt. Jene war entweder selbst ohne Ahnung oder sie durfte kein Wissen weitergeben. Vielleicht bedeutete sie ihr ja nichts. Wie jede Heranwachsende kommt sie recht rasch in die Obhut der größeren Mädchen. Bis heute.
Ja, wahrscheinlich ist für Maua alles andere an der Dritten Schwester wichtiger als der honigsüße Geruch, falls sie ihm überhaupt je eine besondere Bedeutung beigemisst. Ihr scharfer Blick. Ihr feines Ohr. Ihre natürliche Wachsamkeit.
Ein Duft verflüchtigt sich. Die magischen Kräfte in den Leibern der Frauen entstehen und bleiben.
Immer wieder betont Maua: Du musst alles wissen. Dir vertraue ich alles an. Alles wovon kein Mako etwas ahnt und was keiner je wissen darf. Jeder Mako fürchtet die Macht des Blutes. Den Monatsfluss. Dieses aus uns fließende Zeichen. Es macht uns in ihren Augen stark und sie schwach. Dann das Geheimnis der Geburt.
Und die Brennnesselfrau macht ihr deutlich: Sei dir immer bewusst, sie kennen nicht das Gute und nicht das Böse in der Frau. Sie sind blind. Wir sind sehend.
Für Akazia schildern diese Worte das Verlockendste und zugleich Drohendste, was ihre Sinne je erreicht.
So vertraut Maua ihr, der Unfertigen, in unzähligen Begegnungen alles an. Fast alles ist ihr neu und sie ist nicht darauf vorbereitet.
Und immer wieder: Du bist die Nächste. Du bist die Auserwählte. Du bist die Beste.
Seitdem zittert sie diesem einen Tag entgegen. Es ist ein Sehnen und ein Fiebern. Es kommt ein Abend und ein Morgen. Dazwischen hörst du auf, Mädchen zu sein. Du bist Frau.
In dieser Nacht hört sie auf, honigsüß zu duften.
Ist es das? Jetzt schon? Nein. Noch nicht. Das kann nicht sein. Das hätte sie mitbekommen.
Mit der Kuppe des Zeigefingers der rechten Hand tastet sie jetzt die von den Haaren bedeckte Erhebung ab. Diesmal ist es kein Spiel. Es geht um eine wichtige Erkundung. Kein Blutstropfen. Dann der äußere Rand. Keine Veränderung. Dann ihre vordere Kolo - Kolo nennen sie jede einzelne Öffnung ihrer Körper. Auch sie ist wie immer. Kein Blut, das spürt sie ganz deutlich. Alles trocken. Das hat ein Gutes. Sie dare auch heute im See ein Bad nehmen.
Es ist seltsam. Der Körper ist noch nicht bereit für ein blutiges Signal. Ihr Duft schon. Weshalb? Was ist das für ein Zeichen? Für mich? Für Maua? Für die anderen? Für wen sonst noch?
Natürlich ist ihr seit Langem bewusst: Was Dritte Schwester von Maua und den übrigen Frauen unterscheidet, ist ja mehr als ihre frische, blumige Witterung. Auch die anderen Mädchen sind nicht mit den Alten zu vergleichen. Wir alle werden vieles genauso machen wie sie, einiges aber auch nicht. Allerdings, der Geruch wird sich wie immer verändern, daran hat sie nie gezweifelt. Das ist ganz natürlich und wird so bleiben.
In Bezug auf sich selbst erlaubt sie sich sogar Überheblichkeit. Die alten Frauen mit ihrem säuerlichen Geruch sind nicht anders als Pappeln mit grauer oder schwarzer Rinde. Aber in derselben Niederung nehmen es sogar mit silbrigen Zitterpappeln die niedrigen Sträucher der Akazie auf.
Diese Nacht macht ihr jedoch bewusst, dass sie in Bezug auf ihre Honigsüße unbekümmert gewesen ist. Ohne sie ist alles in Frage gestellt, was sie für sich erwartet hat.
Fast zu viel geht ihr jetzt durch den Kopf.
Hat der Honigduft gar nicht aufgehört? Hat er sich nur von ihr entfernt? Ist er womöglich jetzt bei einem anderen Mädchen? Woher ist er eigentlich gekommen? Nicht von der Haut, das ist ihr klar. Sie reinigt sich jeden Tag im See, es sei denn, er ist zugefroren. Nie ist der Geruch, den sie an sich hat, danach schwächer, vom Wasser wegespült. Eher stärker. Also entsteht er irgendwo in ihr. Jedenfalls im Körper.
Aber wie kann etwas so tief und stark in ihr so plötzlich entweichen und abhandenkommen? Und sie merkt es nicht einmal.
Akazia hätte längst auf solche Fragen kommen können. Sie hat sie unterdrückt. Es war so bequem: Jeden Tag weiß ich und verstehe ich allein durch Wissen von Maua ohne mein Zutun mehr. Nun aber, wo eine Antwort so hilfreich wäre, wird ihr ein Versäumnis bewusst. Um ihren Geruch hat sie sich nie gesorgt. Das bereut sie. Was kann mir noch abhandenkommen auf so unerklärliche Weise, fragt sie sich jetzt.
Und: Wenn Maua mir etwas so Wichtiges verschweigen kann, was verschweigt sie noch?
Was ist nun zu tun?
***
Sie liegt noch immer auf dem Rücken. Der Duft hat sich vielleicht noch nicht sehr weit entfernt. Und tatsächlich: Ein wenig haftet an der Felsschräge direkt neben ihrer rechten Schulter. Jedoch in der Achselhöhle, wo er stets am kräftigsten ist, ist rein nichts mehr. Ebenso am übrigen Körper. So sehr sie Luft einsaugt – nichts. Eine Leere wie nie zuvor. Auch ihr aus Rehleder gefertigter Umhang speichert nur ihre Wärme, mehr nicht. Einen blassen Hauch Akazie wittert sie noch an ihrem Lager.
Unruhe drängt sie jetzt, etwas zu unternehmen. Im Dunkeln blickt sie um sich. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis den übrigen alles bewusst wird.
Bin ich bereits irgendwie anders? Eigentlich nicht. Aber aufzuhalten ist nichts.
Erst geht der Duft. Er macht Platz für einen neuen. Wie wird er sein? Kräftig? Herb? Bitter? Säuerlich? Gar jetzt bereits wie Brennnessel? Der Gedanke daran lässt sie schaudern. So richtig sagt ihr kein einziger Geruch der Großen zu. Manche flößen natürlich Respekt ein. Aber die meisten stoßen ab.
Welcher wird es werden? Welches Götterwesen wählt ihn für sie aus? Wer teilt ihn zu?
Nicht allein, dass sie einen neuen Geruch annehmen muss. Ihre Anmutung wird sich wandeln. Das ist Naturgesetz. Was wird dieser Wechsel mit sich bringen? Kann sie gleichzeitig Dritte Schwester mit anderem Geruch werden und Akazia bleiben ohne das Aroma der winzigen gelben Köpfchen? Wird sie je wieder einen Geruch aufweisen, der wahrhaftig ihr entspricht und nur ihr gehört? Den sie überaus mag und voll akzeptiert?
Wie kann sie nur das alles auf sich zukommen lassen, ohne sich eine einzige dieser Fragen zu stellen! Akazia verspürt jetzt die feste Absicht, sich nie wieder auf derartige Weise überraschen zu lassen! Nun geht es bestenfalls darum, Zeit zu gewinnen, ehe alle es wissen.
Ihr Schlafplatz ist bei den Mädchen. Auch das wird sich ändern.
Das Blut pocht in ihren Schläfen. Sie horcht ins Dunkel der Höhle. Nur übliche Geräusche. Es scheint, als beschäftige nur sie allein sich mit diesen Gedanken. Keine andere ahnt etwas. Das ist auch zu erklären. Der alte Duft mochte verschwunden sein. Aber dein neuer ist noch nicht da.
Sie richtet sich behutsam auf und presst die Häute mit einer Hand schützend an sich. Die andere greift nach dem aus getrockneten Sehnen geflochtenen Gürtel.
Ihre Lieblingsmaus hat wie immer die Nacht auf ihrer Brust verbracht. Nun kriecht sie hoch und macht es sich auf ihrer linken Schulter bequem. Rund um die Liegestatt wuselt das kleine Schwein, das sie üblicherweise begleitet. Das beruhigte. Für ihre Tiere hat sich anscheinend nichts geändert.
Im letzten Augenblick ergreift sie noch ihr Totem.
Was sie jetzt vorhat, ist ungewöhnlich.
Keine setzt sich ohne Not den Mächten der Finsternis aus. Über uns wachen die Geister des Tages, nicht die der Nacht. Die sollten wir auf besondere Art ehren und fürchten.
Aber Akazia hat einen ungewöhnlichen Grund, sich jetzt schon nach draußen zu begeben, und fühlt sich deshalb auch geschützt. Sie erhebt sich und steigt geschickt über die noch Schlafenden. Eine erstaunliche Kraft drängt sie vorsichtig zum Ausgang – mit jedem Schritt das Ungewöhnliche empfindend, in Anbetracht der Dunkelheit.
Die Tiere folgen ihr. Ihnen scheint es gleich, ob sie wie Honig duftet oder nicht.
Zur Mitte der Höhle hin, wo die Großen lagern, nehmen die Gerüche an Intensität zu. Attichwurzel. Holderkraut. Majoran. Erika. Wasserlinse. Belladonna. Schminkbohne. Vielleicht ist sie jetzt besonders empfänglich.
Am kräftigsten natürlich Brennnessel - dort wo sie Maua mit dem Gefährten weiß.
Sie bewegt sich immer rascher hin zur Öffnung der Höhle. Und doch zögert sie im gleichen Atemzug. Fast hadert sie jetzt mit ihrem eigenen Plan. Es ist im Grunde nicht ratsam, allein bis zu den Akazien zu gehen. Doch es muss sein. Sie braucht ihre Nähe.
Sie tritt ins Freie. Hier erst atmet sie tief und vernehmlich. Die erfrischende Kühle bekommt ihr gut. Sie schlüpft mit den Armen in die Öffnungen der Häute und knotet sie mit dem Gürtel um ihren Leib.
Langsam gewöhnen ihre Augen sich an das Dunkle. Kein Himmelslicht liegt über der Landschaft. Auch der Mond rüstet sich erst für einen Neufang. Alles, von dem sie weiß, dass es da ist und sein muss, beginnen die Augen erst allmählich auch wahrzunehmen. Schemenhaft.
Aber nicht das Sehen ist in diesem Augenblick wichtig.
Immer wieder saugt Akazia die nächtliche Luft durch die Nase ein. Schließlich richtet sie den Kopf zu den großen Wiesen der Hirsche. Ihr Grün leuchtet aus einiger Entfernung. Dort war sie gestern, während das Licht des Tages sich von den Büschen, den Bäumen, den Hügeln und zuletzt von den Felswänden zurückzog. Jetzt drängt es sie wieder dorthin. Womöglich kann sie ein letztes Mal ihren Honigduft einfangen, solange es noch ein wenig von ihm gibt.
Sie denkt an ein gefährliches Unterfangen! Diesmal sind sie nicht wie sonst eine muntere Gruppe, jedes Mädchen mit Fischspeer oder Keule bewaffnet und von ihren Totems beschützt. Die Körper sind zur Abwehr jeder nur denkbaren Gefahr grell bemalt. Roter Ocker. Gelber Ocker. Das lernen sie so von den gefährlichsten Tieren. Auch sie warnen mit auffallenden Farben.
Darauf hat Akazia in der Eile natürlich verzichtet. Obendrein ist sie allein! Wenn das Maua wüsste! Unter keinen Umständen darf sie da draußen auf eine Gruppe herumstreunender Makos stoßen. Besser auch nicht auf einen allein.
Beides ist zum Glück nicht sehr wahrscheinlich, so nahe am Lager.
Mit jeder nur denkbaren Umsicht sorgt Maua für ihre Schar. Das Ausgraben der Wurzeln, das fleißige Einsammeln der Pflanzen, das Fischen mit dem Speer – diese mühsamen Anstrengungen kräftigen jeden Tag stärker ihre noch junge Muskulatur.
Schon die Mädchen erwerben durch das Sammeln von Kräutern und Pilzen und die Beschäftigung damit eigene Fähigkeiten. Bei einem Angreifer können sie durch eine List eine Vergiftung erzeugen oder eine Ekstase auslösen. Kein Mako sollte es darauf ankommen lassen! Jeder Knabe ist bei seiner Vertreibung aus dem Brennnesseltal bereits erfahren genug und nimmt dieses Wissen als Warnung mit. Kein guter Ort für die Verstoßenen.
In ihrem Tal können sie sich wahrlich sicher fühlen.
Akazia ist von den eigenen Kräften überzeugt. Auch ist sie schon einigen jungen Makos begegnet, die nicht ihre Größe erreichen. Das heißt, mit einem oder zweien würde sie vielleicht allein fertig werden. Auch rituelle Handlungen können sie vor schlimmen Absichten solcher Heimatloser retten.
Im Notfall würde sie zu wilden Tanzgesten einer Teufelsfrau Zuflucht nehmen. Auch davor schrecken Makos zurück.
Aber auf eine Horde ihresgleichen in den Wäldern will Akazia jetzt auf keinen Fall stoßen. Wie Tiere würden sie über sie herfallen. Weder mit ihrer Verschlagenheit noch mit dem Schutz ihres Totems könnte sie ihnen ihren Willen aufzwingen.
Gleichzeitig ist sie sich sicher: Da ist jetzt keine Horde.
Deshalb hält nichts sie von ihrem Vorhaben ab. Sie ist noch nicht bereit, ganz ohne Akazienduft zu sein.
Übertreibe ich? Macht das Sinn? Ja und nein.
Keinesfalls stellt sie sich dem entgegen, was Maua vorhersagt. Sie wird die nächste Brennnesselfrau sein. Selbstverständlich wird sie das Unausweichliche annehmen. Aber was ist unausweichlich? Ein vorgegebener Zeitpunkt? Ein ungewollter Geruch? Solche Gedanken gehen ihr durch den Kopf. Es geht schließlich auch um mich. Wer werde ich sein? Bis jetzt bin ich die Süße. Akazia. Ja, das ist sie tatsächlich.
Dass während einer Nacht etwas so Bedeutendes über sie kommen kann, ohne dass sie selber etwas dazu beiträgt, das will sie noch nicht glauben.
Immer wieder vermisst sie ihren Akazienduft. Es ist nicht allein die Leere. Sie kennt den nächsten Schritt von Maua. Bald wird ihr jetzt der Geruch ihres Mako sehr nahekommen, das weiß sie.
Es ist das Schicksal jeder gebärfähigen Frau. Es folgt den Regeln der Vulvagöttin Aatapu. Später einmal wird ihr selbst dieses Recht zufallen, einen Mako zu wählen und ihm erlauben, in ihrer Mitte zu leben. Aber Maua hat ihr eines deutlich gemacht: Es kann nur einer sein, der von Wert ist, soweit ein Mako das verdient.
Akazia fühlt sich schon eingeweiht dank der Brennnesselfrau. Gleichzeitig ist sie noch sehr ahnungslos. Vieles ist für sie unfassbar, und an die ersten Eindrücke diesbezüglich kann sie sich nur vage erinnern. Plötzlich ist da ein Mako in ihrer Mitte. Sein Körper größer und mächtiger als der eines Jungen. Sein Geschlechtsteil auch. Die Frauen geben sich mit ihm ab, aber nicht so wie Mädchen ihresgleichen und sie selbst mit den Jungen spielen. Heftiger, kräftiger, bis sie alle zusammen keuchen. Die Mädchen und die Jungen können alles sehen, immer wieder. Welchen tiefen Sinn dieses Treiben hat, ist ihr damals nicht bewusst. Noch weniger natürlich, was das eines Tages für sie selbst bedeuten wird.
Viel darüber hat Maua ihr bereits offenbart. Aber wohl kaum alles, das spür sie instinktiv. Und Maua warnt oft und oft: Der Mako weiß nichts vom Mysterium der Zeugung. Und darf es nie wissen!
Ja, eines Tages werde ich Maua sein und es genauso machen.
Schon deshalb wird sie wohl ihren Frieden mit dem Brennnesselduft schließen müssen. Aber auf keinen Fall will sie sich aufgeben dabei und dafür. Warum sollte es ihr nicht gelingen, so viel wie möglich von sich zu bewahren, ohne die Pflichten gegenüber der Gemeinschaft zu verraten? Denn während jede für sich besteht, ist doch keine etwas ohne die anderen. Ich kann jedoch erwachsen sein auf meine Art. Auch die eigene Honigsüße war doch bisher kein Problem.
***
Akazia verliert sich in ihren Gedanken. Das könnte jetzt jedoch gefährlich werden.
Die Dunkelheit bereitet ihr zum Glück nicht die geringste Mühe. Sie geht mit gerade vorwärts gerichteten Schritten. Sicher setzt sie einen Fuß vor den anderen, prüfend die Luft einsaugend und mit all ihren Sinnen die Umwelt wahrnehmend. Das Riechen ist ihr stets besonders wichtig. Um Gerüche zu unterscheiden und um Geräusche einzuschätzen, benötigt sie nur den Wind, und an dem mangelt es jetzt nicht.
So beruhigt sie sich.
Die Wiese der Hirsche liegt noch im Dunkeln. Sie hockt sich ins Gras und erwartet den Morgen.
Soviel ist gewiss. Er wird kommen. Jeder Tag liefert unabänderlich das gleiche Schauspiel. Das Dunkle weicht dem Licht. Das Meiste verstrahlt die Sonne. Wenn sie jenseits des Tales entschwindet, kehrt die Dunkelheit zurück.
Sie hat bereits zahlreiche Frauen erlebt, die sie als Kind schon mit eigenen Augen gesehen hat und dann als alte Gestalt bis zu einem letzten Lebenshauch. Und plötzlich war alles vorbei. Keine kehrte wieder.
Nur der Tag und die Nacht vermögen das.
Jetzt liegt die große Höhle, aus der sie gekommen ist, in ihrem Rücken. Sie hat einen Plan. Nichts drängt sie mehr, seitdem sie sich der Gemeinschaft entzogen hat. Sie genießt das Alleinsein. Und ist doch nicht ganz allein. Zu ihren Füßen wuselt munter das kleine Schwein, das sie vom Lager bis hierher begleitet hat. Auf ihrer Schulter thront weiterhin die Maus.
Vor ihr, in der Ferne, färbt der Himmel sich jetzt mit erstem Rot. Es leuchtet stärker und stärker aus der von ihren Blicken gewählten Richtung. Akazia erhebt sich und schreitet jetzt kräftig auf eine Stelle zu, wo vereinzelt stattliche Stieleichen hoch in den Himmel ragen. Wie eine Mahnung erinnern diese Bäume sie an die vielen Geheimnisse, die nur Frauen zuteil werden. Denn auch das weiß sie von Maua: Die tiefrissige Borke der Stieleiche wird getrocknet, feinst zerrieben und in das Geschlecht gesetzt. Dadurch wird die Frau kräftig und fruchtbar.
Auch ihr steht das bevor.