Silvia-Gold 125 - Sandra Heyden - E-Book

Silvia-Gold 125 E-Book

Sandra Heyden

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Beschreibung

»Wissen Sie, mein Vater ist furchtbar! Ständig mischt er sich in mein Leben ein. Jetzt will er mich verheiraten. Mit einem Rechtsanwalt! Wie langweilig!« Henriette, von allen Henri genannt, kraust ihre Näschen und ist ganz Empörung.
Benedikt betrachtet sie fasziniert.
»Dann sind wir ja Leidensgenossen«, stellt er fest. »Meiner Mutter schwebt Ähnliches vor. Und sie hat auch schon die passende Frau ausgesucht. Ich bin nur gespannt, wie ich dieser Falle entkommen kann. - Nebenbei bemerkt, ich habe auch Jura studiert.«
In Henris Augen blitzt es unternehmungslustig auf, und ein verwegener Gedanke nimmt in ihr Gestalt an ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Ehe ohne Hochzeitsnacht

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Drazen Zigic / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0847-0

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Ehe ohne Hochzeitsnacht

Als Benedikt eine Fremde als seine Frau ausgab

Von Sandra Heyden

Wissen Sie, mein Vater ist furchtbar! Ständig mischt er sich in mein Leben ein. Jetzt will er mich verheiraten. Mit einem Rechtsanwalt! Wie langweilig!« Henriette, von allen Henri genannt, kraust ihr Näschen und ist ganz Empörung.

Benedikt betrachtet sie fasziniert.

»Dann sind wir ja Leidensgenossen«, stellt er fest. »Meiner Mutter schwebt Ähnliches vor. Und sie hat mir auch schon die passende Frau ausgesucht. Ich bin nur gespannt, wie ich dieser Falle entkommen kann. – Nebenbei bemerkt, ich habe auch Jura studiert.«

In Henris Augen blitzt es unternehmungslustig auf, und ein verwegener Gedanke nimmt in ihr Gestalt an ...

Erschrocken fuhr Henriette Waldenstedt auf. Schlaftrunken blinzelte sie ihrem Vater entgegen, der gerade wutentbrannt in ihr Zimmer stürmte und zornig die Morgenzeitung schwenkte.

Henriette ließ sich aufstöhnend in die seidenen Kissen zurückfallen, als ihr Vater nun mit einem heftigen Ruck die Gardinen zurückzog und die helle Vormittagssonne erbarmungslos auf ihr Gesicht fiel.

»O bitte, Paps, es ist doch noch mitten in der Nacht!«

»Es ist zehn Uhr vormittags, und ich verlange eine Erklärung«, donnerte der große, kräftige Mann, dem niemand seine sechzig Lebensjahre ansah. Er presste die etwas zu vollen Lippen fest zusammen; die Nasenflügel bebten vor Zorn.

»Nicht jetzt, Paps«, stöhnte Henriette wieder und hielt sich die Stirn. »Mir geht es gar nicht gut. Irgendetwas muss mir gestern auf dieser Party nicht bekommen sein.«

»Dir ist anscheinend eine ganze Menge nicht bekommen, mein Kind«, dröhnte die volle Stimme ihres Vaters und verursachte in Henriettes Kopf ein mittleres Erdbeben.

»Nicht so laut, bitte«, flehte sie. Doch Konstantin Waldenstedt war nicht gewillt, auf seine Tochter Rücksicht zu nehmen.

»Es war die dritte Party in drei Tagen«, stellte er mit Unheil verkündender Stimme fest. »Wie du damit fertig wirst, ist deine Sache, Henri. Aber ich werde nicht länger dulden, wie du dich in aller Öffentlichkeit aufführst.«

Henriette ahnte Schlimmes. Langsam strich sie sich die dunklen schulterlangen Locken aus der Stirn und hob die langbewimperten Lider. Aus großen, graugrünen Augen schenkte sie ihrem Vater einen unschuldig fragenden Blick.

»Ich weiß nicht, was du meinst.«

»Das glaube ich dir gern«, knurrte der vitale grauhaarige Herr, in dem in diesem Augenblick niemand einen der mächtigsten Industriebosse vermutet hätte.

Weil aber Henriette ihrer verstorbenen Mutter von Tag zu Tag ähnlicher wurde, kannte dieser sonst so durchsetzungsfähige Mann keinen Maßstab, er verwöhnte seine Tochter maßlos. Dies rächte sich jetzt bitter, denn es verging kein Monat, keine Woche, in der Henriette nicht in irgendeinen Eklat verwickelt war.

Sie hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, was in der letzten Nacht passiert sein konnte, um ihren Vater derart in Wut zu versetzen, aber sie war sicher, dass er die Sache diskret wieder ausbügeln würde, sobald sein erster Zorn verraucht war. Schließlich hatten ihr Vater und ihr Bruder ihr bisher immer aus der Klemme geholfen.

Henriette setzte sich endlich auf und zauberte ein reizendes Lächeln auf ihr verschlafenes Gesicht, von dem sie wusste, dass es den Vater noch jedes Mal für sich eingenommen hatte.

»Was ist denn schon groß passiert, Paps? Ich war auf einer Party und habe mich amüsiert, das ist alles. Gut, es war die dritte in dieser Woche, und ziemlich spät ist es wohl auch geworden, fürchte ich – aber was ist schon dabei?«

»Ziemlich spät?«, grollte ihr Vater unbeeindruckt. »Du bist vor genau vier Stunden nach Hause gekommen. Rechne dir selbst aus, wie lange diese Party dauerte. Aber darum geht es gar nicht. Du bist inzwischen immerhin dreiundzwanzig Jahre alt, und es ist dein Leben, das du auf diesen Parties vergeudest. Was mich allerdings sehr wohl etwas angeht, ist die Art und Weise, wie du dich in der Öffentlichkeit produzierst.«

Ungeduldig und voller Ärger warf er ihr die Morgenzeitung zu.

»Hier bitte, lies das! Und dann hätte ich gern eine verdammt gute Erklärung.«

Zögernd nahm Henriette die Zeitung auf und musterte ihren Vater überrascht. So zornig und wütend hatte sie ihn noch niemals erlebt. Diesmal schien die Sache wirklich ernst zu sein.

Das Bild prangte auf der ersten Seite. Ganz offensichtlich war es in der letzten Nacht auf der Party des Barons von Herdenburg aufgenommen worden: Eine etwas angeheiterte Henriette Waldenstedt in einem sehr gewagten Abendkleid hing mit einem strahlenden Lächeln am Hals eines athletisch gebauten, gut aussehenden Mannes, der, lediglich mit einer knapp sitzenden Badehose bekleidet, vor dem Swimmingpool ihrer Gastgeber posierte.

Henriette kniff die Augen zusammen. Dunkel erinnerte sie sich an den Abend und an Darius Mengendorf, einen stadtbekannten, mittellosen Frauenhelden, der aber wegen seiner charmanten Art immer gern auf die Partys der Gesellschaft eingeladen wurde.

Sie kannte ihn seit Längerem, und es hatte einige harmlose Flirts mit ihm gegeben. Warum sich ihr Vater aber derart erregte, erfuhr Henriette aus dem Artikel, der das Bild begleitete.

Demnach hatte Henriette die Aufforderung des Barons zum Mitternachtsbaden begeistert aufgenommen. Allerdings nicht im Pool. Nein, unter dem Beifall der männlichen Partygäste hatte sie sich fast hüllenlos in den öffentlichen Springbrunnen mitten auf dem Marktplatz der Stadt gestürzt. Damit nicht genug, hatte sie der vergnügten Menge auch noch verkündet, Darius Mengendorf möglichst bald heiraten zu wollen.

»Nun?«, donnerte Konstantin Waldenstedt erneut. »Ich habe keine Lust, meine Zeit zu vergeuden. Also? Was hast du dazu zu sagen?«

»O Paps«, kicherte Henriette hinter der Zeitung. »Das ist doch alles nur ein Witz.«

»Ein Witz – haha!« Ihr Vater riss ihr das Blatt aus der Hand und griff mit schmerzhafter Härte nach ihrer Schulter. »Für mich ist es kein Witz, absolut nicht. Ich habe, weiß Gott, genug Verständnis für deine Eskapaden aufgebracht, aber jetzt ist es genug! Du weißt genau, dass dieser Mann nur hinter deinem Geld her ist. Er ist nichts und hat nichts. Ein Frauenheld, weiter nichts, der sich von reichen Damen aushalten lässt. Diesen Mann willst du heiraten? Was immer du tust, Henri, aber das werde ich zu verhindern wissen.«

Henriette wurde blass. Mit weißem Gesicht starrte sie ihren Vater an.

»Dich scheinen meine Heiratsabsichten mehr zu stören als alles andere.«

»Natürlich! Glaubst du, ich werde ruhig zusehen, wenn du dir dein Leben ruinierst? Du hast die Wahl, Henri, entweder du heiratest Jochen Werthmann oder du kannst dir deinen Lebensunterhalt in Zukunft selbst verdienen. Ich bin jedenfalls nicht mehr bereit, deine peinlichen Eskapaden zu finanzieren.«

»Jochen Werthmann!«, fuhr Henriette empört auf. »Du kannst mich nicht im Ernst an diesen Langweiler verkuppeln wollen? Ein Rechtsanwalt, mein Gott!«

»Ein sehr vielversprechender junger Mann und zudem der Sohn einer meiner besten Freunde. Eine ausgesprochen wünschenswerte Verbindung also – wünschenswerter jedenfalls als eine Heirat mit diesem Habenichts Darius Mengendorf«, warf ihr Vater ein, aber so leicht ließ sich Henriette nicht beruhigen.

»Eine Verbindung, die ich mir ganz und gar nicht wünsche. Niemals werde ich Jochen heiraten, eher nehme ich Darius!«

»Wie du willst, Henri. Ich sagte es ja – du hast die Wahl! Du kannst auch deinen Lebensunterhalt selbst finanzieren. Ich denke, du hast lange genug dein Vergnügen gehabt. Langsam solltest du an die Zukunft denken.«

»Pah, Zukunft! Ich genieße mein Leben, was ist dabei?«

Konstantin Waldenstedt war fest entschlossen, diesmal nicht nachzugeben, und starrte seine Tochter grimmig an.

»Ich wünsche keine Diskussion mehr, Henri. Du kennst jetzt meine Meinung, also entscheide dich.«

Völlig verstört zuckte Henriette zusammen, als die Tür hinter ihrem Vater ins Schloss fiel.

Solche Töne war sie von ihm nicht gewohnt und war enttäuscht. Wie konnte er glauben, dass sie einen Menschen wie Darius Mengendorf wirklich zu heiraten beabsichtigte? Ein Flirt, eine kurze Affäre, das war okay – aber doch keine Heirat! Traute er ihr so wenig Menschenverstand zu?

Gut, vielleicht war sie wirklich ein bisschen leichtsinnig, na und? Schließlich war sie jung und hübsch und amüsierte sich gern. Bislang hatte ihr Vater diese Lebensweise niemals kritisiert. Im Gegenteil, er hatte ihr zugebilligt, sich austoben zu müssen, wie er es nannte. Auf seine Hilfe und auch die ihres Bruders hatte sie sich immer verlassen können.

Wütend und verständnislos zog sie die Augenbrauen zusammen und nagte an der Unterlippe. Trotz lag in ihren Augen. Na schön, wenn ihr Vater es eben nicht anders wollte, dann würde sie ihm schon zeigen, dass sie auch ohne ihn und sein Geld zurechtkam. Sie brauchte ihn gewiss nicht!

♥♥♥

Konstantin Waldenstedt junior starrte ärgerlich auf das Bild in der Zeitung, ehe er das Blatt wütend zusammenrollte und heftig auf den freien Stuhl neben sich warf. Das war wieder typisch Henri!

Leise seufzte er auf und ahnte, dass sein Vater wieder einmal ihn damit beauftragen würde, diese Geschichte für Henri ins Reine zu bringen.

Ungeduldig blickte er auf die Uhr und winkte dann dem Kellner, der schon seit einigen Minuten unauffällig in seiner Nähe weilte. Der Geschäftspartner, den er hier im Restaurant des Luxushotels zum Frühstück treffen sollte, ließ sich verdammt viel Zeit.

»Nein, das darf nicht wahr sein – Konnie!«

Die dunkle, angenehme Männerstimme ließ Konstantin herumfahren, und unvermittelt sah er sich einem großen, hochgewachsenen Mann von sportlich schlanker Gestalt gegenüber. Hinter den Gläsern einer schmalen Hornbrille blitzte in hellen, blauen Augen die unausgesprochene Überraschung.

»Benedikt van Reeken!«, entfuhr es Konstantin überrascht. »Was machst du denn hier?«

Voller Wiedersehensfreude reichten sich die Männer die Hände und schlugen sich kameradschaftlich auf die Schultern.

»Ich bin nur auf der Durchreise«, erklärte Benedikt van Reeken. »Aber was machst du hier im Hotel? Wohnst du nicht mehr zu Hause bei deinem Vater?«

Bevor Konstantin antworten konnte, trat einer der Pagen des Hotels zu ihm und überbrachte ihm eine Nachricht. Mit gleichgültiger Miene las er die wenigen Zeilen, steckte den Brief achtlos ein und entließ den Pagen mit einem stattlichen Trinkgeld.

Mit einer einladenden Geste wies er dann auf einen der freien Stühle an seinem Tisch.

»Bitte, willst du dich nicht zu mir setzen, Benedikt? Ich war mit einem Geschäftspartner verabredet, aber der gute Mann hat gerade abgesagt.«

Benedikt van Reeken nickte und nahm die Einladung seines alten Studienfreundes dankend an.

»Wir haben uns ja ewig nicht gesehen«, stellte Konstantin fest und musterte den um drei Jahre älteren Freund unauffällig.

Benedikt hatte sich nicht sehr verändert. Er war noch immer der korrekte, ruhige Mensch, der er auch früher schon gewesen war. Der einzige Sohn eines reichen Gutsbesitzers aus dem Münsterland hatte sehr früh seinen Vater verloren und war unter der fürsorgenden Hand einer energischen, keinen Widerspruch duldenden Mutter aufgewachsen.

Es war die größte Enttäuschung ihres Lebens für Thea van Reeken, als ihr Sohn sich nach seinem Studium nicht für den Familienbesitz entschied, sondern es vorzog, die Diplomatenlaufbahn einzuschlagen.

Ein Entschluss, der goldrichtig gewesen war, wie Konstantin fand. Denn aus zuverlässigen Quellen wusste er, dass man Benedikt eine große Karriere voraussagte.

»Bist du immer noch an der Botschaft in Paris?«, erkundigte er sich interessiert.

Benedikt van Reeken nickte und gab seine Bestellung bei einem herbeigeeilten Kellner auf.

»Ja, immer noch. Aber die Gerüchteküche kocht bereits.«

»Aha, und was heißt das?«

»Vermutlich werde ich in nächster Zukunft versetzt. Rumänien ist im Gespräch, vielleicht auch Indien.«

Er sagte es so beiläufig, dass Konstantin sich nur wundern konnte. Auch er war ein weitgereister Mann und kannte einen großen Teil der Welt, und doch war jede Reise für ihn immer noch ein kleines Abenteuer.

»Dir scheint es egal zu sein, wie?«, wunderte er sich.

»Im Grunde genommen ja. Jedes Land hat seine Reize, und überall leben Menschen, man muss sich nur um Verständnis für die nationalen Eigenarten bemühen. Bloß meiner Mutter, fürchte ich, wird diese Versetzung überhaupt nicht gefallen.«

Benedikt van Reeken machte ein derart grimmiges Gesicht, dass Konstantin unwillkürlich auflachte.

»Hat sie es etwa immer noch nicht aufgegeben? So allmählich sollte sie sich doch damit abgefunden haben, dass du mit Leib und Seele Diplomat bist. Ich kann dich mir jedenfalls beim besten Willen nicht als gestrengen Gutsherrn vorstellen.«

Benedikt fiel in das Lachen des Freundes ein, und die markanten Züge seines etwas eckigen Gesichtes lockerten sich.

»Ich auch nicht, das ist ja das Problem. Aber meine Mutter ist da einfach unbelehrbar. Für sie ist das eine Frage der Tradition, und als Letzter derer van Reeken ist es, ihrer Meinung nach, meine verdammte Pflicht, mich um den Familienbesitz zu kümmern. Dabei haben wir auf dem Gut einen wirklich erstklassigen Verwalter. Er wäre noch besser, würde meine Mutter sich nicht ständig in seine Arbeit einmischen.«

Konstantin konnte sich ein freundschaftliches Grinsen nicht versagen.

»Ich erinnere mich an deine Mutter. Sie hatte schon immer eine sehr – nun, sagen wir – bestimmende Art.«

»Ganz recht.« Der Freund verzog sein Gesicht. »Und wenn du mich fragst, wird es langsam unerträglich. Inzwischen ist es schon so weit, dass sie mir die Frau aussucht, die ich heiraten soll!«

»Das meinst du nicht im Ernst, oder?«