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Tork Poettschke

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Beschreibung

Eine auto-/biografische Erzählung (...) Tork Poettschke alias Christopher Doemges, *1980 in Dortmund, NRW, Deutschland, Westeuropa,seit Besuch des Gymnasiums leben und arbeiten am Borsigplatz in der als bundesdeutscher Brennpunkt bekannten Dortmunder Nordstadt als freier Künstler und inter/nationaler Journalist, etliche Publikationen, spielt behände Saxophon - auch in der Straße. (doemgespress.webnode.com)

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Veröffentlichungsjahr: 2013

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Tork Poettschke

Staatenlos ...

Die Gedichte eines Freundes -

Meinen russischen Freunden ...BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Tork Poettschke alias Christopher Doemges

Dienstag, 15. Oktober 2002

Es war an einem kalten, verregneten Abend in der Nervenheilanstalt. Die Vormunde waren gegangen, der kalte Zigarettenrauch hing in der Luft. Jeder der Patienten hing seinen eigenen Gedanken nach, oder lebte sie auf die seltsamste Art und Weise aus. Peter, der mit 25 Jahren am längsten „einsaß“, erzählte laut in die Stille hinein die Schauermärchen aus seiner kriminellen Vergangenheit. Beim Zuhören konnte Einem speiübel werden …

Und ich? Saß in der Ecke auf einem der schlecht gepolsterten Stühle, rauchte und ließ bereits seit über einem Monat über mich ergehen, was Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern mit mir anstellten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Selbstredend waren die Erlebnisse kein Zuckerschlecken. Vieles, ganz viel mündete auch in roher Gewalt. Wie etwa meine Fixierung aufgrund aufmüpfigen Verhaltens. Auf die Einzelheiten muss man aus Pietätsgründen hier nicht näher eingehen. Das Beste an Allem: Ich hatte einen Freund gefunden, der annähernd auf meiner Wellenlänge lag; ein Russe – Sergej. Wir unterhielten uns häufig, und im Laufe dieser Gespräche reifte in mir die Idee, über seine Geschichte ein Buch zu füllen, was ich hiermit tue. Die Geschichte beginnt im Moskau der 1960er Jahre. Alles, was ich über Sergej weiß, was er mir von sich, von seinem bewegten Leben berichtete, wird erzählt. Der Rest sei der Phantasie zuzuordnen. Einige Dinge mögen unglaubwürdig erscheinen. Es liegt im Ermessen des Lesers, sie für wahr zu erachten oder nicht. Punktum: Einen Lesespaß wünscht euer Tork.

RUSSLAND …

Moskau in den 60ern des 20. Jahrhunderts. Sergejs Oma wird zu Grabe getragen. Die Klageweiber singen ihre Lieder, weinen, werden für alles bezahlt. Der junge Sergej steht schluchzend am Grab. Auf einem Tonbandgerät spielt die Musik von Bach. Mozart hatte die Oma, eine bekannte Schauspielerin, strikt abgelehnt. Auf dem Sterbebett hatte sie außerdem verfügt, dass keine Rosen ihr Grab zieren sollen. Keine Rosen … Wo um alles in der Welt kann Sergej jetzt etwas Anderes auftreiben. Die Geschäfte sind ja alles andere als gut bestückt. „Was macht dein Studium?“, fragt Sergejs Mutter. Sie ist eine angesehene Ärztin in der Stadt, wo sie mit ihrer Familie lebt. „Gut, gut“, antwortet Sergej, wohlwissend, dass es in der frühen Sowjetunion nicht erlaubt ist, frei seine Meinung zu äußern. Er studiert Musikwissenschaften an einem Moskauer Konservatorium. Die Kunst ist ja eine Nische, eine windgeschützte Ecke, mit der man nicht nur in totalitären Regimes nicht alles, aber doch ziemlich viel sagen kann.

„Sie waren alle ganz menschlich“, erzählt Sergej mir später, „besonders die Klavierlehrerin. – Habt ihr genug zu essen? Habt ihr die Kraft zum Spielen? – Das waren Fragen, die sie uns jeden Tag stellte.“ Wir sitzen in einem Cafe. Ich rauche und blättere in der Zeitung. Sergej, strenger Nichtraucher, trinkt einen Kaffee, schwelgt in Erinnerungen, Geschichte …

Es nieselt. Kleine, kalte Tropfen fallen auf das Grab der Oma, Sergejs Gesicht, die Umstehenden. Sergej weint nicht mehr. Vielmehr ist er nachdenklich geworden. Was hatte die Wahrsagerin gesagt, die er kürzlich konsultiert hatte? „Dein Leben wird hart. Du wirst immer unglücklich sein.“ An mehr kann Sergej sich nicht entsinnen. Wie, ja, wie wird sein Leben wohl verlaufen? Jedoch: Noch geht es ihm gut. Sieht man einmal von dem schmerzlichen Verlust seiner Oma ab. Ach … wie war es doch schön, als die Oma ihm zu seinem ersten Klavier verhalf. Alle waren dagegen. Der Vater, die Mutter, seine Geschwister. Und dann – Oma hatte das Ding schon geschaukelt. Sie war so gut … Hingegen nun heißt es erwachsen werden. Das Leben ruft mit all seiner Schönheit, seinen Entbehrungen und Kummer. Ach was, denkt der junge Sergej, zur Hölle mit der Wahrsagerin. Er werde sehen, was ihm die Zukunft bringt, das Beste daraus machen. Schließlich ist Sergej nicht unbegabt.

Der Kaffee ist getrunken. Sergej stellt die Tasse ab, nickt bedeutungsschwer. „So war das“, meint er mit einer tiefen Melancholie, die ja vielen Russen eigen ist. Aber: Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Sie fängt ja gerade erst an.

Mittwoch, 16. Oktober 2002

Sergej kommt zum vereinbarten Treffpunkt etwa zehn Minuten zu früh. Was will er heute erzählen? Gibt es einen Punkt in seiner Vergangenheit, über den es ihm schwerfällt zu reden? Nein, er will alles erzählen! Nach den üblichen Formalitäten – Bestellung des Kaffees, Zeitungskauf – kehren wir zurück ins Moskau der 1960er Jahre. „So lernte ich meine Frau kennen“, erzählt Sergej, während das Tonbandgerät läuft. Also dann.

„Sie kennen sich?“, fragte der Kellner in jenem Cafe, das an eines der Moskauer Konservatorien grenzt, in dem Sergej nun zufällig studierte, und in dem er nun mal immer nach den Studien seinen Feierabend verbrachte. Am gleichen Tisch, neben Sergej, saß heute eine wunderschöne schwarzhaarige junge Frau. Ein Mädchen noch fast. Man sprach russisch, lachte, amüsierte sich. „Du kennst sie?“, fragte der Kellner, zu Sergej gewandt. „Oh ja“, lacht Sergej, „sie ist mein neues Mädchen.“ Der Kellner: „Herzlichen Glückwunsch, Sergej. Wie heißt sie denn?“ „Ich bin Ludmilla“, antwortet Ludmilla kess, „studiere an Sergejs Uni.“ Das ist also Ludmilla, die hübsche, intelligente Studentin von Sergejs Konservatorium. Ihre weißen Zähne blitzen im trüben Licht des Cafes, das lange schwarze Haar fällt ihr in Wellen bis auf den Rücken. „Sergej“, strahlt sie, und ihre dunklen Augen leuchten, „lass‘ uns heiraten.“ „Na gut“, erwidert Sergej. „Hier ist der Ring, den ich dir schon lange geben wollte. Nimm‘ ihn.“ Er reicht ihr den schönen goldenen Ring. Und damit steht dem Familienglück nichts mehr im Wege.

Donnerstag, 17. Oktober 2002

Man saß mit dem Rücken aneinander auf einer Bank vor dem Kreml. Die Leute zogen vorüber. Es regnete leicht. Sergej liebte diese trüben russischen Tage. „Nimm‘ meine Hand, Sergej“, sagte Ludmilla leise und strich dem zukünftigen Ehemann mit der anderen zärtlich über das Haar. Doch: Jäh und plötzlich wurde man wieder von der harten, russischen Realität eingeholt. Zwei KGB-Männer erschossen unweit einen Mann mittleren Alters, der es aus Gott weiß was für einem Grund gewagt hatte, sich gegen das kommunistische Regime aufzulehnen. Sofort bildete sich eine Menschentraube um das Geschehen und Sergej und Ludmilla trennten sich, gingen jeder ihrer Wege.

„Das war damals“, erklärt Sergej. Er wird sentimental. „Wenn die Welt doch gut wäre … Der Kommunismus an sich ist ja eigentlich keine schlechte Idee.“ Fahren wir fort mit der Erzählung.

Alsbald wurde geheiratet. Man nahm sich eine gemeinsame Wohnung und war, soweit es die Umstände zuließen, glücklich. Die Freunde kamen und gingen. Doch: Ein Schatten hing über der Beziehung. Was hatte die Wahrsagerin zu Sergej gesagt? ‚Du wirst viel Unglück erleben.‘ Der erste Rückschlag kam bald. Diebe suchten die Moskauer Wohnung von Ludmilla und Sergej heim. In der sechsten Etage eines Hochhauses. Die Diebe kamen während des Besuchs des Paares bei einigen alten Freunden in der kleinen Provinzstadt, in der Sergej geboren war. Man informierte die Polizei, erstattete Anzeige. Eben der übliche Behördenkram. Die Beamten in der kleinen Amtsstube waren frustriert, behandelten das junge Paar abweisend und schroff. Sie alle hatten ihre Maschinenpistolen am Gürtel und warteten nur darauf, dass jemand eine falsche Bewegung tat. Sergej ging zum Schreibtisch des Wachhabenden Genossen. „Darf ich eine Meldung machen, Genosse Offizier?“ „Bitte, bitte“, antwortete jener, nahm ein Formular zur Hand und begann mit einem altmodisch aussehenden Tintenschreiber, auf das vor ihm liegende, schon leicht vergilbte Formular zu kritzeln. Sergej machte seine Einbruchsmeldung, gab die Anzeige auf.

Ludmilla bleibt im Hintergrund, beobachtet das Geschehen genau. Sie nimmt Anteil, verfolgt alles. Fast alle Polizisten in der kleinen Moskauer Amtsstube sind Raucher, stecken sich eine nach der anderen an. Die Aschenbecher sind überfüllt. Auf dem Boden Schmutz und Dreck, heruntergefallene Kippenstummel. Es ist nicht das erste Mal, dass Ludmilla mit der Staatsmacht zu tun hat. Aber sie verabscheut es zutiefst. Sergej ist fertig mit seiner Anzeige, er nimmt Ludmilla beim Arm und die Beiden verlassen die Wache. Wieder auf der Straße, befindet man sich im vollen Gedränge des frühabendlichen Moskau. Da es Winter wird, setzen sich Ludmilla und Sergej in ein warmes Cafe am Roten Platz und beratschlagen ihr weiteres Vorgehen. „Es gefällt mir hier nicht“, sagt Sergej leise, denn der KGB ist überall. Und auch den Leuten ist nicht zu trauen. „Was hast du vor, Lieber?“ Die Nase der Frau Sergejs‘ ist von der Wärme im Cafe leicht gerötet. „Ich muss weg“, entgegnet Sergej. „Muss weg. Nicht gleich, aber in nächster Zukunft.“ Ludmilla: „Und wo willst du hin?“ „Ins Ausland“, erwidert Sergej. „Hier wird es zu gefährlich.“ Sein Entschluss ist unwiderruflich. „Ich komme mit dir“, ruft Sergejs Frau dem Ehemann zu. Die Augen des jungen Mädchens sind feucht. „Nicht so laut.“ Sergej muss sich Mühe geben, nicht auch zu weinen. „Es geht nicht, du kannst mich nicht begleiten“, flüstert er flehentlich. „Das Risiko wäre zu groß.“ Ludmilla wird auch weggehen. In ein anderes Land – nach Deutschland. Und während das junge Paar langsam die Abreise vorbereitet, bekommt Sergej schon eine leise Ahnung von den Strapazen und Entbehrungen der kommenden Jahre.

Freitag, 18. Oktober 2002

So nehmen die Beiden Abschied von ihrem Heimatland, gehen getrennte Wege. Am Flughafen in Moskau gibt es zunächst keine Probleme. Das Personal ist gleichgültig, die blassen Gesichter zeigen keine Emotion. Auch hier wird geraucht – hinter den Schaltern. Auch hier überall Maschinenpistolen an den Gürteln der Sicherheitsleute. Urplötzlich ein Geschrei. Die Menschentraube an der Gepäckaufnahme gerät in Bewegung. „Sergej!“ Ludmilla klammert sich verzweifelt an den Arm ihres Mannes. „Sergej!“ Dieser versucht, seine Frau zu beruhigen, ist aber auch selbst neugierig. „Warte.“ Beschwichtigend schiebt er sein Mädchen zur Seite, geht vorsichtig ein paar Schritte auf die in Bewegung geratene Menge zu. Zwei Beamte mit gezogenen Maschinenpistolen durchsuchen einen am Boden liegenden Mann. Aus seiner Nase quillt ein rotes Rinnsal – Blut! Helfen wäre gefährlich. Von den Umstehenden erfährt Sergej jedoch - man spricht leise, um nicht aufzufallen – dass der Mann keine Papiere habe, wohnungs- und mittellos sei. Er wird – jetzt stark blutend – abgeführt, die Hände hinter dem Rücken zusammengekettet. ‚No emotion‘, das war das Gebot der Stunde.

Da geht Sergej zurück zu seinem Mädchen, nimmt sie beschwichtigend in den Arm. Ein Schluchzen aus Mitleid mit dem armen, mittellosen Mann vermag er kaum zu unterdrücken. „Bald ist es vorbei“, sagt Sergej zu Ludmilla, und die beiden jungen Leute wandern gemeinsam einem unbekannten Ziel entgegen, das sie trennt.

Es mag sein, dass Sergej seine eigene Geschichte stark bewegt. Jedenfalls verfügt er über genug Fassung, die Worte mit manchmal zitternder Stimme über die Lippen zu bringen. Das Tonbandgerät ist kaputt, schlagartig sind wir wieder in der Realität, im Deutschland von Heute. Jedenfalls: „Das war der Anfang meines Abenteuers“, sagt Sergej.

Man umarmte, küsste sich ein letztes Mal, bevor Sergej die Kontrollen passierte; zur Maschine in Richtung Neuseeland. Ludmilla tat das Gleiche, um in die Bundesrepublik Deutschland zu gelangen. Sie war mit Sergejs Sohn Oleg schwanger.

In der Business-Class des russischen Flugzeugs Sergejs‘ herrschte Hochbetrieb. Er hatte sich diese teure Reisemöglichkeit gegönnt. Viele – meist Moskauer Geschäftsleute – saßen an der Bordbar, aßen, tranken, genossen das Leben. Einer der Männer kam zu Sergej. „Sie möchten einen Drink?“, fragte er auf russisch. „Ja, gern“, erwiderte Sergej. „Kommen Sie an die Bar, ich lade Sie ein.“ Die beiden Männer gingen zum Ausschank. Sergej orderte einen Kognak; der Geschäftsmann hatte sein stark alkoholisches Getränk noch nicht ausgetrunken. „Sie sind Moskauer?“, fragte er im Plauderton, zu Sergej gewandt. „Fast“, sagte Sergej. „Gebürtig komme ich aus einer kleinen Stadt nahe der Metropole – aus Rasanje.“ „Misstrauen Sie mir“, fragte der Geschäftsmann. Die Gesichter der Beiden waren einander zugewandt. Sie betrachteten sich prüfend. „Möchten Sie eine Zigarette?“ Die Frage an Sergej war ernst und aufrichtig. „Danke“, meinte dieser, „ ich rauche nicht. Mit meinem Kognak bin ich glücklich.“ „Was wollen Sie denn machen in Neuseeland?“ Der Geschäftsmann war ehrlich interessiert. „Ich will schreiben. Außerdem wollen wir später gemeinsam irgendwohin emigrieren, meine Frau und ich. Sie ist jetzt auf dem Weg nach Deutschland.“ Das Gespräch wurde auf Russisch geführt. Allerdings mischten sich in Sergejs Silben immer wieder englische, französische sowie hebräische Brocken. Er sprach viele, viele Sprachen. Er hatte sie daheim, in Russland lernen müssen – und wollen. „Sie wollen schreiben?“ Der Geschäftsmann war ein wenig überrascht. „Na ja, ich schreibe Gedichte, bin Poet. Einige meiner Bücher wurden bereits veröffentlicht. Andere habe ich verbrannt, wurden verboten.“ „Ja, ja“, der Neuseeländische Geschäftsmann war erschüttert, „die Sowjetmacht.“ Nach einem kurzen, nachdenklichen Blickwechsel mit dem Gegenüber fragte er Sergej: „Haben Sie Kinder?“ „Ja, einen Sohn. Meine Frau ist mit Oleg schwanger.“ Der Alkohol in den Gläsern war geleert. Man bestellte sich neuen. Scotch diesmal. Immerhin, die fünf noch verbleibenden Flugstunden wollten genossen werden. Nach allen Strapazen, die beide, Sergej wie der Geschäftsmann, hatten über sich ergehen lassen müssen, als sie noch in Russland weilten. Psychisch wie physisch. Sergej nutzte den restlichen Flug um zu dichten. Wörter, Fetzen der Vergangenheit …

moskau – eine große stadt

in der die fußwege meist weit das

leid das

anzusehen man

gezwungen war nicht das wenigste

war und bis heute ist ()

NEUSEELAND …

Sonntag, 20. Oktober 2002

Innerhalb von wenigen Stunden waren Sergej und seine Frau in jenen Ländern, die das Schicksal für sie bestimmt hatte. Ludmilla checkte um 16.30 Uhr aus am Flughafen von Berlin Tegel. Sergej tat das Gleiche um 19.07 Uhr Ortszeit in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands. Natürlich telefonierte man nach der Landung. Gleich am Flughafen von Wellington suchte Sergej ein öffentliches Telefon, seiner Frau von der Ankunft zu berichten. Sie befand sich in einem billigen Hotel in Berlin. Beide hatten vor ihrer Abreise alles genau geplant und organisiert. „Wie geht es dir?“, fragte Sergej seine Frau auf Russisch. Aus Nervosität hatte er sich eine Zigarette angezündet, die er unaufhörlich zwischen Daumen und Zeigefinger hin- und herrollte und dabei das Rauchen vergaß, bis der Filter qualmte und die Zigarette auf dem Boden des Telefonhäuschens ihr jähes Ende fand. Die Frau sprach unablässig von ihrem Flug, kam zu dem Schluss: „Wenn ich in Deutschland glücklich werden will, dann musst du nachkommen.“ „Wir werden sehen“, murmelte Sergej nachdenklich. Man sprach immer noch Russisch, obwohl beide wussten, dass sie sich künftig auf die jeweilige Landessprache verlegen mussten.