Strassengespräche - Stefan Dietrich - E-Book

Strassengespräche E-Book

Stefan Dietrich

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Beschreibung

Personen begegnen einander. Manchmal wollen sie einander treffen, manchmal geschehen die Begegnungen rein zufällig. Es entwickeln sich spontane Gespräche über Gott und die Welt, über Sinn und Zweck, über Anfang und Ende, über Sein und Werden. Die verschiedenen Strassengespräche zwischen zwei oder mehreren Personen sind ausschliesslich in direkter Rede gehalten. Ein Erzähler/eine Erzählerin oder eine Rahmenhandlung fehlt. So wird der Leser/die Leserin unmittelbare Zeugin sehr unterschiedlicher Begegnungen. Stefan Dietrich lässt in "Strassengespräche" auf eine besondere Art Personen aufeinander zugehen. Manchmal verlaufen die Gespräche glatt und beruhen auf gegenseitigem Verstehen, manchmal ist zu spüren, dass verschiedene Welten aufeinandertreffen. Ein besonderer Lesegenuss.

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«Jener glaubt etwas zu wissen, weiss aber nichts. Ich weiss zwar auch nichts, glaube aber auch nichts zu wissen.» (Sokrates)

Ich: «Und?»

Sie: «Lässt auf sich warten.»

Ich: «Wer?»

Sie: «Er.»

Ich: «Sollte er denn kommen?»

Sie: «Ja, schon seit zweiundzwanzig Minuten.»

Ich: «Wurde sicher aufgehalten.»

Sie: «Muss. Er ist sonst pünktlich.»

Ich: «Wie ist er denn so?»

Sie: «Er ist kein Roboter. Hat seine schwachen Minuten. Aber er gibt sich Mühe. Auch bei mir. Ich meine, er ist wirklich ein Guter. Da gäbe es ganz andere.»

Ich: «Ja, sicher.»

Sie: «Einmal war mir alles zu viel. Es stank mir. Nichts ging mehr. Aber so richtig.

Er sagte zu mir: Kopf hoch. Und ich: Es ist zu schwer. Und er: Das wird. Und ich: Wie denn? Und er: Ich bin bei dir, wenn du mich brauchst.»

Ich: «Aha.»

Sie: «So einer, der da ist, wenn ich ihn besonders brauche.»

Ich: «Gut.»

Sie: «Ein Menschlicher.»

Ich: «Hoffentlich.»

Sie: «Bestimmt!»

Ich: «Wenn ja, dann ist es gut.»

Sie: «Ein Mit-Menschlicher. Er denkt nicht nur an sich. Schon auch, aber nicht nur. Über sich denkt er nach, das schon. Auch kritisch. Aber nicht nur an sich. Auch an mich.»

Ich: «Bei meinem Letzten, nun ja, bei dem stellte sich irgendwann heraus, dass er nicht so war, wie ich dachte.»

Sie: «Meiner ist so, wie ich ihn kenne. Da ist nichts mehr, was mich überraschen könnte.»

Ich: «Aber es ist doch gut, vom anderen überrascht zu werden.»

Sie: «Ich meine die negativen Überraschungen.»

Ich: «Ich brauche eine Pause.»

Sie: «Wovon?»

Ich: «Von einem anderen.»

Sie: «Du willst keinen neuen?»

Ich: «Vorläufig nicht. Irgendwann einmal. Vielleicht. Single hat auch was.»

Sie: «Was denn?»

Ich: «Keine Angst davor, enttäuscht zu werden. Oder verlassen. Oder beides.»

Sie: «Aber da gibt es nie eine Garantie.»

Ich: «Mag sein.»

Sie: «Es ist doch auch immer ein Sprung ins kalte Wasser.»

Ich: «Was?»

Sie: «Eine Beziehung.»

Ich: «Wahrscheinlich.»

Sie: «Das Leben überhaupt. Es ist ein Wagnis. Eine Suche nach dem Sonnenstrahl im Nebel. Du fühlst dich gut. Wie auf Wolke Sieben. Und dann, plötzlich, fängt der ganze Mist wieder von vorne an. Und du musst wieder aufstehen. Nach einem Weg suchen. Den Halt wiederfinden. Irgendwie. Irgendwo.»

Ich: «Ich lebe so vor mich hin. Hin und her. Manchmal mehr Hin. Manchmal mehr Her. Es plätschert so vor sich hin, das Leben.»

Sie: «Ich juble und geniesse. Ich versuche, das Schöne zu finden. Bemühe mich, positiv zu denken. Lasse mich begeistern. Und dann gibt es irgendwann einen Schlag. Von hinten. Hinterrücks. Und ich komme ins Straucheln. Zuerst stöhne ich, dann kann ich es nicht fassen, dann verzweifle ich, schliesslich rapple ich mich wieder auf. Wie ein angezählter Boxer stemme ich mich wieder auf die Beine.»

Ich: «Und dann boxt du zurück?»

Sie: «Meistens nur innerlich. In Gedanken. Mitten auf die Zwölf. Dann verlasse ich den Ring und mache weiter. Versuche sogar ein Lächeln auf den Lippen. Etwas verkrampft vielleicht. Aber trotzdem.»

Ich: «Womit machst du weiter?»

Sie: «Mich nicht nur treiben zu lassen. Sondern Begeisterung zu spüren. Für eine Sache. Für einen Menschen. Für ihn. Für sie.»

Ich: «Begeisterung? Ist das nicht zu viel?»

Sie: «Wieso?»

Ich: «Ich übe Zufriedenheit. Nicht zu viel nach oben. Nicht zu viel nach unten. Ein gleichmässiger Pendelschlag für alle Lebenslagen. Das gibt mir Halt, gerade wenn es schwer ist.»

Sie: «Zufriedenheit?»

Ich: «Innerlich zur Ruhe kommen.»

Sie: «Wenn es dir nicht gut geht?»

Ich: «Ja, dann. Vor allem dann.»

Sie: «Und wenn es dir gut geht? Wenn du etwas überraschend toll findest? Wenn dich etwas vom Hocker reisst?»

Ich: «Ich glaube nicht, dass ich plötzlich juble und tanze. Auch nicht innerlich. Das bringt doch aus der Balance.»

Sie: «Du musst nicht zur Ruhe kommen. Du bist es bereits.»

Ich: «Irgendwie schon.»

Sie: «Aber wo ist der Nervenkitzel? Die Grenzerfahrung? Der Augenblick, in dem du dich spürst?»

Ich: «Ich gehe nicht bis zur Grenze. Die Zufriedenheit zählt. Es annehmen, wie es ist. Akzeptieren, was kommt. Sich damit abfinden. Mich hineinschicken.»

Sie: «Und wenn dich jemand aufregt? Oder ärgert? Oder jemand, der es nicht gut meint mit dir?»

Ich: «Ich mache die Faust im Sack.»

Sie: «Bei mir muss es heraus. Dann renne ich auf einen Hügel. Oder malträtiere meinen Boxsack. Ungerechtigkeiten vertrage ich schlecht. Dann verkrampft sich meine Seele, und in meinem Magen bildet sich ein Knoten. Nein, eher ein Klumpen. Es tut mit der Zeit richtig weh. Irgendwie muss ich mich wieder davon befreien. Man solle in ein Kissen schreien, sagt man. Das hilft mir nicht viel.»

Ich: «Beim mir ist halt nicht viel. Aber genug. Für meine Bedürfnisse reicht es aus.»

Sie: «Und sonst?»

Ich: «Na ja. Es geht.»

Sie: «Die Sonne kommt wohl doch noch.»

Ich: «Vielleicht.»

Sie: «Aber Regen hat auch was.»

Ich: «Sicher.»

Sie: «Das Gras wird schon braun.»

Ich: «Früher war mehr Wasser.»

Sie: «Kann sein.»

Ich: «Am Horizont wird es dunkel.»

Sie: «Aber die Wolken werden wohl keinen Regen geben. Für die Natur. Für uns.»

Ich: «Ja, schade.»

Sie: «Was trinkst du gerne?»

Ich: «Jetzt?»

Sie: «So allgemein.»

Ich: «Oft zu wenig. Ich sollte mehr.»

Sie: «Ich habe immer eine Flasche mit Wasser dabei.»

Ich: «Ich trage nicht gerne.»

Sie: «Es ist wichtig, auf die Signale des Körpers zu hören. Auch auf das Gefühl des Durstes.»

Ich: «Dann setze ich mich hin. In eine Beiz und bestelle mir etwas.»

Sie: «Aber in der Beiz kostet es etwas.»

Ich: « Die Angestellten dort müssen auch leben. Und die Auswahl ist grösser.»

Sie: «Es geht nichts über Wasser.»

Ich: «Es gibt auch eine Auswahl an verschiedenem Wasser.»

Sie: «Wasser ist Wasser ist Wasser.»

Ich: «Mag sein.»

Sie: «Du kannst es mir glauben.»

Ich: «Aber die Leute, die in der Beiz sind. Das ist interessant, sie zu beobachten. Sie lachen, manchmal auch weinen zu hören. Man nimmt Anteil am Gegenüber.»

Sie: «Das kann ich auch draussen.»

Ich: «Und wenn es regnet?»

Sie: «Tut es ja nicht.»

Ich: «Aber wenn doch?»

Sie: «Dann suche ich Schutz vor dem Regen.»

Ich: «In einer Beiz?»

Sie: «Vielleicht.»

Ich: «Wie macht er das?»

Sie: «Was? Das mit dem Durst?»

Ich: «Nein, nicht das.»

Sie: «Gut, ich wüsste es auch nicht.»

Ich: «Vielleicht geht er allein in die Beiz. Oder mit Freunden.»

Sie: «Manchmal auch mit mir.»

Ich: «Aha.»

Sie: «Ich weiss ja nicht alles.»

Ich: «Okay.»

Sie: «Ich meine, er hat sein eigenes Leben.»

Ich: «Das nehme ich an.»

Sie: «Man braucht auch etwas Eigenes.»

Ich: «Vermutlich.»

Sie: «Ein Mensch bleibt immer auch etwas Eigenes. Etwas Einzigartiges. Etwas Geheimnisvolles.»

Ich: «Eigentlich meinte ich, ob er auch die Faust im Sack macht. Wie du.»

Sie: «Ach, weisst du, er ist halt ein Mann.»

Ich: «Was soll das jetzt bedeuten?»

Sie: «Männer sind rätselhaft.»

Ich: «Findest du? Manche behaupten genau das Gegenteil.»

Sie: «Ihr Umgang mit schwierigen Dingen im Leben.»

Ich: «Ist das bei allen Männern gleich?»

Sie: «Mehr oder weniger ja.»

Ich: «Und wie ist der Umgang damit?»

Sie: «Es gibt keinen.»

Ich: «Ich verstehe nicht ganz.»

Sie: «Er geht damit um, indem er es nicht zur Kenntnis nimmt.»

Ich: «Du meinst, er ignoriert das Schwere?»

Sie: «Ja, er lässt es nicht an sich herankommen.»

Ich: «Und dann ist es nicht da?»

Sie: «Ich denke, für ihn nicht.»

Ich: «Ich überlege mir seit Jahren, wie ich mit dem umgehen kann, was mich heimsucht, wenn mich etwas trifft wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Und er ignoriert es einfach? Und gut ist es?»

Sie: «Einmal ging ich mit ihm die Strasse entlang und habe mich über irgendwas geärgert. Und er: Nimm es nicht tragisch. Und ich: Wie sollte ich nicht? Und er: Siehst du den Pantomimen da hinten auf dem Podest mitten zwischen den Leuten? Und ich: Dafür habe ich jetzt keinen Nerv. Und er: Warum? Und ich: Weil ich mich ärgere. Und er: Sag, wenn es wieder geht.»

Ich: «Er wollte nicht wissen, was dich ärgert?»

Sie: «Nicht wirklich.»

Ich: «Aber aus dem Umgang mit dem Schweren lernt man doch, sagt man. Es verleihe einem Menschen besondere Erfahrungen. Eine gewisse Sensibilität auch. Die Seele entwickle einen Tiefgang.»

Sie: «Aber die Frage ist doch, ob man es überhaupt an sich heranlässt.»

Ich: «Dann müsstest du ja Mauern um dich bauen. Hohe Schutzwälle, die alles von dir fernhalten.»

Sie: «Vielleicht hilft auch, es zu verdrängen.»

Ich: «Ja, aber wohin?»

Sie: «Wie?»

Ich: «Ich meine, es ist doch noch irgendwo. Man kann es doch nicht wegzaubern.»

Sie: «Verdrängung nicht in dem Sinn, weil man es nicht wahrhaben will. Sondern Verdrängung, als sei es nie da gewesen. Oder kaum.»

Ich: «Ich weiss nicht, ob das funktionieren kann.»

Sie: «Er hat es geübt. Jahrelang.»

Ich: «Übung macht den Meister.»

Sie: «Das soll vorkommen.»

Ich: «Wahrscheinlich braucht es dazu auch ein gewisses Talent.»

Sie: «Kann sein.»

Ich: «Eine bereits anwesende Veranlagung, eine Grundvoraussetzung, die schon da ist. Wenn man diese durch Üben verstärkt, kann man ein Meister oder eine Meisterin darin werden.»

Sie: «Das geht wohl nicht nur im Sport.»

Ich: «Möglicherweise auch im Verdrängen.»

Sie: «Das ist wahr.»

Ich: «Und?»

Sie: «Schon zweiunddreissig Minuten zu spät.»

Ich: «Er?»

Sie: «Ja.»

Ich: «Da hinten.»

Sie: «Wo?»

Ich: «Dort. Da kommt einer eilig.»

Sie: «Das könnte er sein.»

Ich: «Er kommt näher. Auf uns zu.»

Sie: «Das ist er.»

Ich: «Das ist er.»

Sie: «Hallo du.»

Er: «Na?»

Sie: «Und?»

Er: «Läuft.»

Sie: «Es läuft? Aber du bist zu spät.»

Er: «Easy.»

Sie: «Ich habe gewartet. Du hättest wenigstens schreiben können. Ein `Komme' hätte schon gereicht.»

Er: «Ich habe es vergessen.»

Sie: «Vergessen? Warum?»

Er: «Weiss ich nicht. Ich war wohl abgelenkt.»

Sie: «Wie kannst du von mir abgelenkt sein?»

Er: «Das hat nichts mit dir zu tun.»

Sie: «Du machst mich wütend.»

Er: «Kuss!»

Sie: «Zum Glück war sie da. Ich hatte Gesellschaft. Beim Warten.»

Ich: «Hallo.»

Er: «Hallo. Wie ihr immer Worte findet.»

Ich: «Es war nett.»

Er: «Wie ihr immer was zum Reden findet. Erstaunlich.»

Sie: «Du kannst ja schweigen. Und denken. So still vor dich hin. Aber es ist manchmal wichtig, dass man es auch sagt.»

Ich: «Es bietet sich an, über einen Abwesenden herzuziehen.»

Er: «Lustig.»

Ich: «War nur Spass.»

Sie: «So wichtig bist du auch wieder nicht.»

Er: «Ich nehme das jetzt mal einfach zur Kenntnis.»

Ich: «Ich muss dann mal.»

Sie: «Ach, wir könnten doch zusammen essen. Ich koche uns was.»

Er: «Muss das sein?»

Ich: «Eigentlich wollte ich gerade weiter.»

Sie: «Es ist schnell gemacht. Spaghetti Bolognese oder so.»

Ich: «Wenn du meinst. Danke.»

Er: «Na gut. Du lässt dich ja sowieso nicht umstimmen.»

Sie: «Erraten. Der Kandidat hat die hundert Punkte fast erreicht.»

Ich: «Ist es weit?»

Er: «Fünf Minuten zu Fuss. Wenn man nicht vor jedem Schaufenster stehenbleibt.»

Sie: «Sei brav.»

Ich: «Dann gehen wir lieber.»

Er: «Schweigen ist aber wichtig.»

Sie: «Aber nicht immer.»

Ich: «Seht ihr das?»

Sie: «Ja.»

Er: «Was denn?»

Ich: Das Kind. Es weint. Hat es sich verirrt? Wo sind denn Vater und Mutter?»

Sie: «Ich gehe mal hin.»

Ich: «Lass mal. Da hinten rennt jemand.»

Er: «Ist es der Vater?»

Ich: «Sieht so aus.»

Sie: «Sonst würde er das Kind wohl nicht umarmen.»

Ich: «Wie lange kennt ihr euch schon?»

Sie: «Seit drei Jahren. Es passierte an einem Nachmittag. Ich sass auf einer Bank. Er setzte sich neben mich. Wir kamen ins Gespräch. Wir tauschten nicht nur Höflichkeiten aus. Er fragte, ob wir mal zusammen was machen wollen. So hat es angefangen. Ziemlich unspektakulär.»

Ich: «Eigentlich nicht.»

Sie: «Warum läufst du so schnell?»

Er: «Ich kann nicht langsamer.»

Sie: «Es geht, wenn du nur willst.»

Er: «Wenn du meinst.»

Ich: «Moment, mein Telefon. Da muss ich schnell abnehmen.»

Er: «Da bin ich.»

Sie: «Schönes Schaufenster, das hier, findest du nicht? Schön dekoriert.»

Er: «Allerdings. Spielzeug, das aussieht, als sei es gerade dabei zu spielen.»

Sie: «Das erinnert mich an diese schönen Animationsfilme. Es gibt mehrere davon.»

Ich: «Das war mein Chef. Es ist dringend. Ich muss leider. Tut mir leid.»

Sie: «Du kannst ja nichts dafür.»

Er: «Das ist höhere Gewalt.»

Sie: «Sehr witzig!»

Ich: «Macht’s gut. Man sieht sich.»

Er: «Immer zweimal im Leben.»

Sie: «Bis bald. Hat mich gefreut.»

Ich: «Ja.»

Kind: «Ich habe Durst.»

Vater: «Wir sind gleich zu Hause.»

Kind: «Wann ist gleich?»

Vater: «Nimm meine Hand.»

Ich: «Schade. Ich dachte, ich könnte einen Moment geniessen. Ihm und ihr zuhören. Mit ihnen essen. Aber das scheint mir nicht vergönnt. Der Chef ruft.»

Kind: «Ich glaube, es ist nicht mehr weit.»

Vater: «Nein, es ist da vorne um die Ecke.»

Kind: «Oh, ein Spielzeugladen.»

Vater: «Ja.»

Kind: «Gehen wir hinein?»

Vater: «Na gut.»

Kind: «Ich will nur anschauen, was es so gibt.»

Vater: «Okay. Hast du keinen Durst mehr?»

Kind: «Nein.»

Mann am Telefon: «Ich bin gerade unterwegs. Ich kann frühestens in etwa sechzig Minuten da sein. Ja, ich weiss, was heute für ein Tag ist. Hast du schon eingekauft? Sonst bringe ich etwas mit. Was hättest du denn gerne?

Können Sie bitte auf meinen Hund aufpassen? Er bellt, wenn ich in den Laden gehe.»

Ich: «Dann bellt er halt.»

Er: «Aber das ist mir peinlich.»

Ich: «Kennen wir uns?»

Er: «Wer weiss?»

Ich: «Warum sollte ich auf Ihren Hund aufpassen?»

Er: «Ich dachte nur…»

Ich: «Wissen Sie, ich habe es eilig. Ein Notfall in der Firma.»

Er: «Es ist immer ein Notfall.»

Ich: «Sind Sie sicher?»

Er: «Der Notfall ist die Normalität geworden. Finden Sie nicht?»

Ich: «Nicht wirklich. Es plätschert manchmal so vor sich hin. Wenn nur Notfälle wären, wüsste ich nicht mehr, wenn es wirklich ein Notfall wäre.»

Er: «Vielleicht haben Sie recht.»

Ich: «Ich muss gehen.»

Er: «Du bleibst hier und wartest. Sei schön brav.»

Hund: «Wuff.»

Er: «Still.»

Hund: «Wuff. Wuff, wuff.»

Er: «Dann bell halt.»

Ich: «Süss ist er ja schon.»

Er: «Gewiss.»

Ich: «Ein guter Freund.»

Er: «Er hat seinen eigenen Kopf.»

Ich: «Wer nicht?»

Er: «Es gibt auch andere.»

Ich: «Was für andere?»

Er: «Solche, die sich immer anpassen. Fähnlein im Wind. Sie wissen schon.»

Ich: «Möglicherweise.»

Er: «Nett, dass Sie auf meinen Hund aufpassen.»

Ich: «Ich habe nicht ja gesagt.»

Er: «Es dauert nicht lange.»

Ich: «Und weg ist er.»

Hund: «Winsel!»

Ich: «Es dauert nicht lange. Mehr weiss ich leider auch nicht. Na du?»

Hund: «Winsel!»

Ich: «Ist ja auch blöd, dass du nicht in den Laden darfst. Als wärst du irgendwie unhygienisch. So ein Blödsinn, du Süsser. Er kommt gleich. Ist er das? Na, so wie du wedelst, das muss er wohl sein.»

Er: «Danke, das war sehr nett.»

Ich: «Sie haben mir keine andere Wahl gelassen.»

Er: «Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden.»

Ich: «Sind Sie sicher? Zwang und Glück, passt das zusammen?

Er: «Na ja, ich meinte, dass man dem Glück ab und an etwas nachhelfen muss.»

Ich: «Sie meinen: Nachhilfe?»

Er: «Keine Ahnung. Hatte ich nie.»

Ich: «Für mich bedeutet Glück nicht viel. Da wird doch viel zu sehr hineingeheimnist. Für mich ist Glück nur die Abwesenheit von Unglück.»

Er: «Für mich ist es ein Gefühl.»

Ich: «Ein Gefühl?»

Er: «Gefühle sind nicht käuflich. Wenn mich das Glücksgefühl ergreift, gehe ich ganz darin auf. Dieses Erlebnis, das nur einen Augenblick dauert, selten länger, ist für mich Glück.»

Ich: «Ihr Hund wird langsam unglücklich. Diese Warterei.»

Er: «Ich muss dann auch mal…»

Ich: «Wie bitte?»

Er: «Das war ziemlich ungeschickt ausgedrückt.»

Ich: «Vieles, was wir sagen, ist nicht eindeutig.»

Er: «Zeit ist schliesslich Geld.»

Ich: «Ich bezahle oft mit Zeit. Das ist die neue Währung.»

Er: «Sie Witzbold!»

Ich: «Nein, ernsthaft. Mit Zeit lässt sich Geld verdienen. Mit der Freizeit. Mit der Brotzeit. Mit der Zeitschrift.»

Er: «Ich habe keine Zeit.»

Ich: «Ich spare Zeit. Und irgendwann schwimme ich darin.»