Systematik der Ziele und Aufgaben von Forstverwaltungen - Thorsten Franz - E-Book

Systematik der Ziele und Aufgaben von Forstverwaltungen E-Book

Thorsten Franz

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Beschreibung

Forstverwaltungen auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene, einschließlich ihrer oft selbständigen wirtschaftlichen Einheiten, nehmen und nahmen vielfältige Aufgaben wahr. Dieses Werk ist der Versuch, diese Vielfalt der Aufgaben, aber auch der Ziele systematisch zu ordnen. Grundlage hierfür ist eine umfangreiche Auflistung von Aufgabenfeldern. Zudem behandelt das Buch Grundfragen einer Aufgabenkritik staatlichen Waldeigentums und staatlicher Forstwirtschaft. Das Buch richtet sich an Lehrende, Studierende und Forschende der Forstwissenschaft und der Verwaltungswissenschaft.

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Vorwort

Liebe Freunde guter Forstverwaltung,

vor etwa zwölf Jahren erschien das Buch „Forstverwaltungssysteme“. Es enthielt unter anderem eine neue Systematik der Ziele und Aufgaben von Forstverwaltungen. Diese hatte ich als Promovend der damaligen Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer entwickelt, weil mir vorhandene Systematisierungen nicht schlüssig erschienen. Ich hoffe, dass Sie die neue Systematik überzeugt.

Dieses Buch enthält im Wesentlichen die damalige Darstellung. Ich habe sie nur um die Analyse weiterer Aufgabenfelder ergänzt und die Bewertung jüngerer Aufgabenkategorisierungen der Landeswaldgesetze eingebunden.

Mit dieser Schrift sei ein kleiner Beitrag zur fast vergessenen Disziplin „Forstverwaltungslehre“ geleistet.

Mit forstfreundlichen Grüßen

Thorsten Franz Altmark, Ende Dezember 2022

Inhaltsübersicht

A. Ziele

I. Systemziele

II. Einbindung in ein Systemkonzept

B. Aufgaben

I. Erfassung und Systematisierung der Aufgaben

II. Vorfrage der Aufgabenkritik: öffentliches Waldeigentum

III. Aufgabenkritik

C. Zusammenfassung

Anhang

:

Aufgabenbereiche von A bis Z

Inhaltsverzeichnis

A. Ziele

I. Systemziele

1. Gruppen von Zielen

a) Herrschaftsbezogene Ziele

b) Aufgabenbezogene Ziele

c) Organisationsbezogene Ziele

d) Ressourcenbezogene Ziele

e) Ergebnisorientierte Ziele

f) Sonstige Ziele

2. Ziele und Selbstverständnis

II. Einbindung in ein Systemkonzept

B. Aufgaben

I. Erfassung und Systematisierung der Aufgaben

1. Wandel der Aufgaben

2. Aufgabensystematik

a) Vorhandene Systematisierungen

aa)

Albert

bb)

Borchers

cc)

Ellwein

dd)

Janßen

ee)

Krott/Sohn

ff)

Laurop

gg)

Mantel

hh)

Schwappach

ii)

Weber/Thode

b) Aufgabenkataloge der Waldgesetze

aa) Bund

bb) Baden-Württemberg

cc) Bayern

dd) Berlin

ee) Brandenburg

ff) Hamburg

gg) Hessen

hh) Mecklenburg-Vorpommern

ii) Niedersachsen

jj) Nordrhein-Westfalen

kk) Rheinland-Pfalz

ll) Saarland

mm) Sachsen .

nn) Sachsen-Anhalt

oo) Thüringen

3. Neue Aufgabensystematik

a) Forstpolitische Aufgaben

b) Forsthoheitliche Aufgaben

c) Forstbetriebliche Aufgaben

d) Förderung privater Forstwirtschaft

e) Förderung der Schutz- und Erholungsfunktion

f) Wissenstransfer

g) Eigenverwaltung

h) Nicht einzuordnende Aufgaben

4. Weitere Systematisierungsoptionen

II. Vorfrage der Aufgabenkritik: Öffentliches Waldeigentum

1. Vollständige Privatisierung

2. Vollständige Verstaatlichung

3. Nebeneinander von Staats- und Privatwald

4. Vor- und Nachteile der Privatisierung staatl. Waldeigentums.

III. Aufgabenkritik

1. Forstpolitische Aufgaben

2. Forsthoheitliche Aufgaben

3. Forstbetriebliche Aufgaben

a) Verzicht auf staaatliche Forstwirtschaft

b) Rein staatliche Forstwirtschaft

c) Mischformen

d) Vor- und Nachteile staatlicher Forstwirtschaft

4. Förderung privater Forstwirtschaft

5. Förderung der Schutz- und Erholungsfunktion

6. Wissenstransfer

7. Eigenverwaltung

8. Kombination von Aufgabenveränderungen

C. Zusammenfassung

Anhang: Aufgabenbereiche von A bis Z

Literaturverzeichnis

Forstverwaltungen dienen bestimmten Zielen und sie nehmen Aufgaben wahr. Im Folgenden wird der Versuch der Systematierung dieser Ziele und Aufgaben unternommen. Sodann – ausgehend von der Frage der Zweckmäßigkeit staatlichen Waldeigentums und staatlicher Waldwirtschaft – werden die Aufgaben einer Aufgabenkritik unterzogen.

A. Ziele

In diesem Kapitel werden die Systemziele von Forstverwaltungen nach Gruppen geordnet (1.) sowie die Aufgaben erfasst und systematisiert (2.). Schließlich wird der Zweckmäßigkeit öffentlichen Waldeigentums (3.) als Vorfrage der anschließenden Aufgabenkritik (4.) nachgegangen.

I. Systemziele

Jedes Forstverwaltungssystem – bzw. seine Errichtung, Unterhaltung und Veränderung – dient bestimmten Zielen.1 Oberziel ist, eine für die Wahrnehmung der zugewiesenen Aufgaben zweckmäßige Ordnung zu schaffen. Diese Aufgaben erschöpfen sich im modernen Verwaltungsstaat nicht im Gesetzesvollzug. Eine derart mechanistische Sichtweise von Verwaltung würde der Wirklichkeit nicht gerecht, da die klassische Vollzugsfunktion der Verwaltung insbesondere durch politische, planende und koordinierende Funktionen ergänzt wird. Die nachfolgende Analyse der Aufgaben von Forstverwaltungen zeigt denn auch, dass die Ziele von Forstverwaltungssystemen auf die Wahrnehmung multifunktionaler Aufgabenspektren ausgerichtet sind.

Systemziele werden meist anlässlich einer Veränderung von Verwaltungssystemen artikuliert. So wurden etwa in den neuen Bundesländern bei der Umgestaltung der Forstverwaltungssysteme nach bundesrepublikanischem Forstamtssystem oder bei den jüngeren Forstreformen seit 1995 Systemziele benannt. In konzeptioneller Form finden sich die verlautbarten Systemziele etwa als „Waldstrategie“ (des Bundes2oder der Länder3), „Leitlinie“4 oder „Leitbilder“5 in Publikationen von Forstverwaltungseinheiten, Presseerklärungen, Selbstdarstellungen im Internet etc. Mit den Mitteln der empirischen Sozialforschung können die wahren Ziele aber etwa auch aus Befragungen, Zeitschriftenbeiträgen etc. analysiert werden. Die offiziellen Angaben bedürfen indes im Hinblick auf ihre Wahrhaftigkeit und Vollständigkeit kritischer Überprüfung.6

Die Ziele sind von den Maßnahmen der Reform abzugrenzen. Während die Ziele für das stehen, was erreicht werden soll (das „Was“), handelt es sich bei den Maßnahmen um die zur Zielerreichung tatsächlich angewendeten Instrumente (das „Wie“).

1. Gruppen von Zielen

Die Forstverwaltungsgeschichte zeigt neben dem Wandel der Erscheinungsformen auch einen Wandel der mit der Forstverwaltung verfolgten Ziele auf.7 Deutlich wird, dass Veränderungen in einen bestimmten historischen Kontext eingebettet und oft nur vor dem jeweiligen politischen, ökonomischen und sozialen Hintergrund verständlich sind.

Die Ziele von Forstverwaltungssystemen sollen hier nach ihrem primären Gegenstand wie folgt unterschieden werden:

herrschaftsbezogene Ziele,

aufgabenbezogene Ziele,

organisationsbezogene Ziele,

ressourcenbezogene Ziele,

ergebnisorientierte Ziele und

sonstige Ziele.

Diese Ziele sind nicht als sich ausschließende Ziele zu verstehen. Sie können sich vielmehr ergänzen und überlagern.

a) Herrschaftsbezogene Ziele

Jedes Verwaltungssystem ist Ausdruck von Herrschaftsgewalt und hat auch eine herrschaftssichernde Funktion. In formaler Hinsicht drückt sich in den bundesdeutschen Forstverwaltungssystemen die Volksherrschaft aus, da die Systeme in personeller, institutioneller und sachlicher Hinsicht demokratisch legitimiert sind.8 Die Volksherrschaft des Grundgesetzes ist in föderalistische, freiheitlich-rechtsstaatliche Strukturen eingebunden.9 Die Entscheidung für ein bestimmtes Forstverwaltungssystem beinhaltet auf dieser Grundlage insbesondere die Klärung folgender herrschaftsbezogener Fragen:

Reichweite staatlicher Herrschaft (bzw. forstlicher Freiheit) v.a. im Hinblick auf Waldeigentum und Forsthoheit,

Verteilung forstlicher Hoheitsgewalt auf die Hoheitsebenen (zurzeit: EU, Bund, Länder und Gemeinden),

Übertragung von Staatsgewalt auf die funktionale Selbstverwaltung,

Einbeziehung der Zivilgesellschaft und Pluralisierung (Forstbeiräte etc.),

Ausmaß der Gestaltungsmacht der Forstverwaltung (Verordnungsrecht etc.) und

Schutz von Individualrechten gegenüber der Forstverwaltung

Staatliche Herrschaftsmacht äußert sich vor allem in der Wahrnehmung der Forsthoheit. In einem weiteren Sinne kann bereits die Existenz von Staatswald und seine Bewirtschaftung als Ausdruck staatlicher Herrschaft gewertet werden. Mittelbar wirkt Herrschaft dort, wo Forstverwaltung und Private sich zwar in rechtlicher Hinsicht auf der rechtlichen Ebene der Gleichordnung begegnen, jedoch die Rechtsmacht der Forstverwaltung notfalls mit Befehl und Zwang zu handeln ihre Handlungs- und Verhandlungssituation prägt (im Sinne eines „Schattens der Hierarchie“).

Die Änderung eines Forstverwaltungssystems kann eine Änderung von Herrschaftsverhältnissen ausdrücken.10 Man denke insoweit etwa an die Ersetzung erblicher Forsthuben als Elemente feudaler Verwaltung durch neuzeitliche Ämter des Forstdienstes, die Ersetzung der Leitungspositionen durch französische Beamte nach der Besetzung linksrheinischer Gebiete im Jahre 1794 oder an die Umwandlung Staatlicher Forstwirtschaftsbetriebe der sozialistischen DDR in eine Forstverwaltung nach bundesrepublikanischem Vorbild. In den jüngeren Forstreformen drückt sich hingegen keine Veränderung von Herrschaftsgewalt aus.

b) Aufgabenbezogene Ziele

Das wohl wichtigste Ziel – im Sinne der allgemeinen Aufgabe – des bundesdeutschen Forstverwaltungssystems ist es, die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion(en) des Waldes dauerhaft zu sichern. Daneben können auch die Waldmehrung, Mehrung bzw. Verbesserung von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion(en) (aufgabenbezoge) Ziele sein.

Jedes Verwaltungssystem dient im Rahmen der Vollzugsfunktion von Verwaltung vor allem der Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben. Die Entscheidung für bestimmte öffentliche Aufgaben beinhaltet zugleich die Entscheidung, welche Aufgaben dem privaten Sektor vorbehalten bleiben. Insoweit kann es etwa um folgende Entscheidungen gehen: für oder gegen staatliches Waldeigentum und staatliche Forstwirtschaft, mehr oder weniger Forstaufsicht, mehr oder weniger Forstsubventionen, mehr oder weniger Regulierung (bzw. Markt), weniger oder mehr Kooperation mit Privaten und Kunden sowie dem Einsatz oder Verzicht auf das Ehrenamt bis hin zu einer Honoratiorenverwaltung.

Im Falle der grundlegenden Neubestimmung der Aufgaben kann man von einem Systemwechsel sprechen. Die jüngeren Forstreformen haben zwar im Rahmen einer Aufgabenkritik auch zu erheblichen Änderungen von Aufgabenzuweisungen geführt, jedoch kann dies nicht als Systemwechsel gewertet werden, da das multifunktionale Aufgabenspektrum der Forstverwaltung im Hinblick auf Forsthoheit, Bewirtschaftungsaufgabe und Nebenaufgaben im Wesentlichen beibehalten wurde. Die wohl wichtigste Aufgabenveränderung in der Geschichte der Forstverwaltung war die allmähliche Übernahme waldbaulicher Aufgaben, die mit der Professionalisierung des Forstpersonals einherging. Aus der jüngeren Zeit ist die immer stärkere Übernahme von Marketing- und Naturschutzaufgaben hervorzuheben.

c) Organisationsbezogene Ziele

Die Errichtung, Unterhaltung und Änderung eines Forstverwaltungssystems enthält zahlreiche organisationsbezogene Entscheidungen. Sie sind Ausdruck bestimmter Zielvorstellungen, etwa dem Ziel der Steigerung der Effektivität und Effizienz der Organisation.11 Zu entscheiden sind im Hinblick auf die Aufbau- und Ablauforganisation insbesondere, ob bzw. inwieweit Forstverwaltung de-/zentralisiert, de-/konzentriert bzw. kommunalisiert ist, ob und inwieweit das System nach dem Hierarchieprinzip organisiert wird, wie viele Verwaltungsstufen und einzelne Einheiten auf den jeweiligen Ebenen gebildet werden, ob das System nach „Management-“ oder „Bürokratiemodell“ gestaltet wird und welche Rechts- und Handlungsformen vorgesehen werden, einschließlich des Grades der Verselbständigung der Forstverwaltung gegenüber der übrigen Verwaltung, ob bzw. inwieweit Kollegialisierung, Stabsbildung, Demokratisierung und Pluralisierung der Verwaltung Ordnungsprinzipien sind, inwieweit die Verwaltung Organisationsgewalt und auch im Übrigen von der Legislative Raum für autonome Entscheidungen erhält (Bestimmung zulässiger Ingerenz parlamentarischer Forstpolitik) und wie und nach welchen Zielvorstellungen die Abläufe gestaltet werden (z.B. Wirtschaftlichkeit, Kundenfreundlichkeit, Transparenz, Technisierung, Korruptionsfeindlichkeit, Vernetzung mit sonstiger Verwaltung).

Die jüngeren Forstreformen sind, soweit sie Aufgabenzuweisungen und Organisationsstrukturen erheblich verändern – zumindest vordergründig – organisationsbezogene Reformen. Da die Reformen im Kern indes auf Personalabbau abzielen, verfolgen sie primär ein auf Ressourcen bezogenes Ziel.12

d) Ressourcenbezogene Ziele

Systemziele können den Umgang mit den Ressourcen Personal, Sach- und Finanzmittel sowie Informationen fokussieren.13 Denkbare personalbezogene Reformziele sind etwa Personalabbau und -aufstockung, Veränderungen der Personal- bzw. Stellenstruktur,14 Personalentwicklung im Übrigen, etwa hinsichtlich einer Verbesserung der Qualifikation des Personals bzw. einem Absenken der Qualifikationsanforderungen, Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, ungleicher oder chancengleicher Stellenzugang und Aufstieg,15 Ent-/Professionalisierung (bzgl. Berufszugang und Weiterbildung), Änderung der Entlohnung (höhere/niedrigere Entlohnung, reine Geldentlohnung, Naturalien, Aneignungsrechte, Anteile an Einnahmen/Gewinnanteile etc.), Erhöhung bzw. Senkung der Arbeitsbelastung, Einstellungsänderungen (Leistungs-, Gewinn-, Gemeinwohl-, Bürger-, Großkundenorientierung, Identifikation mit der Institution, Steigerung der Arbeitszufriedenheit, Senkung der Korruptionsneigung etc.), Reduzierung oder Erhöhung von Kontrollumfang/-intensität, mehr oder weniger Eigenverantwortlichkeit.

Primär auf die finanziellen Ressourcen bezogene Ziele sind vor allem solche zur Änderung der Finanzierung des Verwaltungsbereichs. Dabei geht es um Fragen der Finanzierung aus öffentlichen Abgaben oder privatrechtlichen Einnahmen, der Steuer- oder Gebührenfinanzierung, der Erreichung eines bestimmten Kostendeckungsgrads im Hinblick auf eigene Einnahmen, der Eigen- oder Fremdfinanzierung, der Vergrößerung oder Verkleinerung des Budgets oder der Finanzautonomie der Einheiten, der Ausdehnung oder Reduzierung des Materialeinsatzes, der Reform der Besoldung bzw. Vergütung, der Einwerbung privater Mittel, dem Ausmaß der Randnutzung etc. Auch die sachmittelbezogenen Ziele bieten eine breite Palette an Änderungsmöglichkeiten, etwa hinsichtlich der Frage, ob Geräte und Material selbst vorgehalten, im Verbund bereitgehalten oder bei Bedarf Leistungen eingekauft werden sollen.

Eine primär auf die Verwaltungsressource „Information“ bezogene Reform kann etwa der Verwirklichung des Ziels der „lernenden Organisation“ dienen oder auf die Technisierung der Informationsverarbeitung zielen. So sind die jüngeren Forstverwaltungsreformen meist von technischen Neuerungen von den höheren bis zu den unteren Ebenen der Forstverwaltungen begleitet gewesen.

Die jüngeren Forstreformen verfolgen, wie dargelegt, primär ressourcen- und zwar personalbezogene Ziele, weil der Personalabbau zentrales Reformziel ist.

Zur Klarstellung sei gesagt, dass die nachhaltige Sicherung und Nutzung der Ressource „Holz“, bzw. weiter gefasst der dauerhafte Erhalt der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes, fraglos das zentrale Ziel des Forstverwaltungssystems ist. Holz bzw. Wald wird hier indes nicht als eine Ressource des Forstverwaltungssystems gewertet, auf das sich die Bezeichnung „ressourcenbezogen Ziele“ allein beziehen soll. Vielmehr werden diese Ressourcen als Gegenstand von aufgabenbezogenen Zielen gewertet.

e) Ergebnisorientierte Ziele

Einem Forstverwaltungssystem werden bestimmte Funktionen im Hinblick auf die Erbringung bestimmter Leistungen des Systems zugewiesen. Nach dem einfachen Input-Output-Schemas der Systemtheorie von Easton sind diese Ergebnisse zum Output zu zählen.16 Hingegen unterscheiden andere Modelle, etwa das Policy-Making-Modell, die nach außen gerichteten Ergebnisse des Systems nach Output, Impact und Outcome.17 Wenn hier von Ergebnissen gesprochen wird, so sind damit sowohl die Entscheidungen (Rechtsnorm- und Verwaltungsakterlass, Subventionsvergabe etc.) als auch deren Wirkungen (Wirtschaftsleistung der Forstbetriebe, Durchsetzung von Ersatzaufforstungen, Erstaufforstungen aufgrund von Förderung etc.) gemeint. Primär auf die Ergebnisse, d.h. auf die Verwaltungsleistung, bezogene Zielsetzungen richten sich etwa vor allem auf die Schaffung, Steigerung oder Verringerung von Verwaltungskraft, die Qualitätssteigerung bzw. -senkung, die Senkung oder Steigerung der Umweltstandards bei der Leistungserbringung, die Verbilligung oder Verteuerung der Leistung für die Leistungsempfänger, die Beschleunigung oder Verlangsamung der Entscheidungen, der Veränderung von Arbeitsprozessen nach bestimmten Leitlinien (Schnelligkeit, Kundenorientierung, Transparenz etc.).

Im Zuge der jüngeren Forstreformen wurden auch ergebnisorientierte Ziele wie etwa die stärkere Großkundenorientierung verfolgt. Mitunter war auch explizit von einer Ergebnis- oder Produktorientierung die Rede.18

f) Sonstige Ziele

Mit der Errichtung, Unterhaltung und Änderung eines bestimmten Verwaltungssystems verbinden sich neben herrschafts-, aufgaben-, organisations-, ressourcen- und ergebnisorientierten Zielen mitunter weitere Ziele wie solche strukturpolitischer Art (z.B. die Wahl der Behördenstandorte) oder sozialer Art (z.B. die Arbeitsplatzsicherung durch die Beibehaltung bestimmter Strukturen).

1 Vereinfacht kann insoweit auch von den „Absichten des Eigentümers“ (Schwappach, Handbuch der Forstverwaltungskunde, S. 3) gesprochen werden.

2 Bundesregierung, Waldstrategie 2020, 9/2011.

3 Kabinett der Sächs. Staatsregierung, Forstpolitisches Forum: Waldstrategie 2050 des Freistaates Sachsen – Eckpfeiler für die Nachhaltigkeit in der multifunktionalen Forstwirtschaft vom 29.11.2013: „Wald als Natur- und Wirtschaftsraum erhalten“.

4 Vgl. etwa die Leitlinie zur Erhaltung und nachhaltigen Entwicklung des Waldes in Sachsen-Anhalt (Leitlinie Wald) (MBl. LSA 51/1997 S. 1873 ff.).

5 Leitbild des Landesbetriebes Wald und Holz NRW: „Die nachhaltige Sicherung und Entwicklung der Waldfunktionen und der Holzwirtschaft für die Menschen in Nordrhein-Westfalen ist Auftrag des Landesbetriebes Wald und Holz.“ (Grundaussage)

6 Im Folgenden geht es indes nicht um die empirische Überprüfung der Wahrhaftigkeit von Zielverlautbarungen, sondern um eine Systematisierung möglicher Ziele.

7 Hierzu die Zusammenfassung der Entwicklungslinien der Foirstverwaltungsgeschichte: Franz, Geschichte der deutschen Forstverwaltung, S. 409 ff.

8 Die Verpflichtung hierzu ergibt sich aus Art. 20 II GG für den Gesamtstaat bzw. für die Bundesländer aus Art. 28 I 1 GG.

9 Vgl. nur Art. 20 I, III GG.

10 Die Änderung des Verwaltungssystems kann der Verwirklichung der Herrschaft Einzelner, von Gruppen oder des Volkes sein. Ziel der Veränderung mag etwa die Schaffung bzw. Stärkung, Beseitigung oder Verringerung des Einflusses einer Regierung, Partei, Gruppe oder Kirche, eines Parlaments oder Ausschusses etc. auf die Forstverwaltung sein. Mit oder ohne organisatorische Änderungen kann die veränderte Herrschaftsstruktur durch eine Ideologisierung bzw. Entideologisierung der Verwaltung bewirkt werden. Dies gilt entsprechend hinsichtlich einer religiösen Ausrichtung oder eben Säkularisierung.

11 Etwa durch mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit, Verbesserung der Kontrolle oder des Lernens der Organisation.

12 Zu fragen ist zudem, inwieweit organisationsbezogene Ziele mitunter lediglich Ausdruck gesetzgeberischen Aktionismus in Reaktion auf Legitimitätsdefizite oder politischen Handlungsdruck sind.

13 Diese „in“ das System eingebrachten Ressourcen werden mitunter auch als „Input“ bezeichnet.

14 Zu untersuchende Parameter sind beispielsweise: Beamtenanteil, Teilzeitquote, Anteil der Beförderungsstellen, Altersstruktur etc.

15 Etwa im Hinblick auf den Zugang zum Amt evtl. benachteiligter Gruppen Frauen, Ausländer, Behinderte etc. Dabei kann etwa die Bedeutung parteipolitisch motivierter Ämterpatronage oder des Einflusses alter „Försterdynastien“ untersucht werden.

16 Vgl. etwa die Visualisierung des Modells von Easton (A Systems Analysis of Political Life) bei Lauth/Wagner, Politikwissenschaft, S. 204.

17 Vgl. die Visualisierung des Policy-Making-Modells bei Lauth/Wagner, a.a.O., S. 276.

18 Vgl. etwa Meskauskas, Reformprozesse in staatlichen Forstverwaltungen, S. 220 f. Dies änderte aber nichts an der Dominanz des Ziels des Personalabbaus.

2. Ziele und Selbstverständnis

Die mit einem Fortverwaltungssystem verfolgten Ziele wirken sich, wie die Aufgaben, auf das Selbstverständnis der einzelnen Forstverwaltungseinheiten aus. So sehen sich staatlichen Forstbetriebe sehen sich heute, wie bereits dargelegt, nicht mehr als Bestandteil einer staatlichen „Forstverwaltung“, sondern betonen, dass sie Wirtschaftsbetriebe seien. Die Staatlichkeit des Wirtschaftsbetriebes wird dabei eher in den Hintergrund gestellt.

II. Einbindung in ein Systemkonzept

Will man unkoordiniertes, inkrementales Handeln vermeiden, bedarf es eines Zielsystems19 unter Einschluss einer Zielhierarchie20. Eine Änderung des Zielsystems zieht jedenfalls immer auch eine Reorganisation nach sich.21 Es bedarf daher auch eines aus dem Zielsystem abgeleiteten Maßnahmensystems (System kohärenter Maßnahmen). Die einzelnen Systemziele, die man i.d.R. in Ober- und Unterziele aufspalten kann,22 und die zu ihrer Erreichung dienenden Maßnahmen werden zu diesem Zweck in einem Konzept zusammengefasst.23 Dabei ist insbesondere das Verhältnis der einzelnen Ziele sowie Maßnahmen zu klären, es sind mögliche Zielkonflikte zu lösen und Maßnahmen in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht zu koordinieren. Ob allerdings das Idealmodell eines in jeder Hinsicht widerspruchsfreien

Zielsystems in der Praxis zu leisten ist, erscheint fraglich.24 Ohnehin sind mit der Entscheidungslehre die Grenzen der Rationalität zu betonen, weil in einer Entscheidungssituation niemals eine vollständige Information vorliegen kann, so dass auch die Rationalität der Entscheidung stets nur eine begrenzte sein kann.25 Diese Erkenntnis entbindet zwar nicht von der Notwendigkeit von Zielsystemen, macht aber deutlich, dass die Zukunftsfähigkeit eines Systems auch von dessen Lern- und Anpassungsfähigkeit abhängt.

In den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts unterschied man den Reformtypus oft nur nach Funktional-, Gebiets- und Dienstrechtsreform.26 Die jüngeren Reformen machen deutlich, dass diese Unterscheidungen nicht die Vielfalt denkbarer Reformansätze widerspiegeln. Seit Beginn der neunziger Jahre haben vor allem das im Zuge der Diskussion des „Neuen Steuerungsmodells“ behandelte Bemühen um eine „Ökonomisierung“ des öffentlichen Sektors und Privatisierungsziele andersartige Reformtypen entstehen lassen.27 Dies machen nicht zuletzt die jüngeren Forstverwaltungsreformen deutlich, obschon sie Elemente der klassischen Reformtypen beinhalten.28 Sie sind Funktionalreformen in einem weiteren Sinne, so weit Zuständigkeiten auf neu geschaffene Verwaltungseinheiten verlagert oder aufgegeben werden. Liegt auch in einzelnen Bundesländern das Schwergewicht auf einer Funktional- oder einer Gebietsreform, so wird ihr Wesen durch diese Begriffe nicht hinreichend beschrieben. Reformen richten sich oft, wie dargelegt, auf das Ziel „weniger Staat“ und beinhalten einen Aufgabenverzicht. Insoweit mag man von Staatsaufgabenreformen sprechen.

Viele Maßnahmen richten sich zudem auf eine anders geartete Steuerung der Verwaltung durch die Politik und auf eine andere Binnensteuerung in der Forstverwaltung. Im Hinblick auf die Reform der Binnensteuerung mag man von einer „Führungsreform“ sprechen. Ein wesentlicher Aspekt der Reformen ist schließlich der beabsichtigte Einstellungswandel beim Personal. Kunden- und Produktorientierung sowie Wirtschaftlichkeitsdenken sollen im Übrigen nicht nur institutionell durch eine Organisations- oder Ablauforganisation gewährleistet werden. In derartigen Maßnahmen drückt sich aus, dass die jüngeren Forstreformen vor allem auch eine „Bewusstseinsreform“ nach innen und auf ein neuartiges Erscheinungsbild nach außen im Sinne einer „Image-Reform“ gerichtet sind.

Weitaus häufiger als mit Reformzielen beschäftigen sich die Verwaltungswissenschaften mit Reformmaßnahmen. Ein typischer Untersuchungsgegenstand ist, Maßnahmen im Rahmen einer Wirkungsanalyse an ihren Zielen zu messen. Maßnahmen können insbesondere im Hinblick auf ihre Zielkonformität, Zweckmäßigkeit und mögliche nicht intendierte Wirkungen untersucht werden. Dabei ist die verwaltungswissenschaftliche Untersuchung an die politische Festlegung der Oberziele gebunden.29 Sie kann nicht selbst die „besten“ Ziele ermitteln, d.h. politisch determinierte Systemziele nicht auf ihre „Richtigkeit“ untersuchen. Untersuchungsgegenstand können die Ziele etwa im Hinblick auf folgende Fragen sein: der ideengeschichtliche Hintergrund der Ziele, die Formulierung von Zielen im Politikprozess, die für die Zielformulierung maßgeblichen Personen und ihre politischen Interessen und Werthaltungen, die Wahrhaftigkeit der Verfolgung erklärter Ziele, die Transparenz der Zielverfolgung, die Kosten der Zielformulierung, die Widerspruchsfreiheit im Zielsystem oder die Rechtmäßigkeit der Ziele.

19 Vgl. etwa Bea/Göbel, Organisation, S. 476 ff.; Eichhorn/Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 30; Mrazek, AFZ/Der Wald 1997, S. 1042 sowie Bolz, Forst und Holz 1995, S. 684 (bezogen auf das forstbetriebliche Zielsystem). Bolz unterscheidet insoweit normative, strategische, operative und dispositive Ebene des forstbetrieblichen Zielsystems.

20 Vgl. Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Geschäftsprozessoptimierung, S. 15. Zielkonflikte in Organisationen bewirken zwar oft, dass ein „fruchtbarer Gärungsprozeß“ in Gang kommt (Mayntz, Soziologie der Organisation, S. 77). Gleichwohl bedarf es eines möglichst klaren Zielsystems.

21 Vgl. Bea/Göbel, Organisation, S. 477.

22 So führt etwa das Oberziel, die Wirtschaftlichkeit der staatlichen Forstwirtschaft zu verbessern, zur Festlegung konkreter Unterziele. Ein Unterziel kann etwa lauten, dass ein Landesforstbetrieb binnen fünf Jahren keine staatlichen Deckungsmittel mehr benötigt, sondern Gewinne erwirtschaftet und an den Haushalt abführt. Dieses Unterziel wird im Rahmen eines Zielsystems durch weitere Unterziele konkretisiert. So können etwa für bestimmte Sachbereiche als „Ressourcenziel“ Ausgabensenkungen um bestimmte Prozentsätze festgelegt werden. Vor allem im Hinblick auf Unterziele kann die Abgrenzung zum Begriff der Maßnahme verwischen. Demzufolge werden Unterziele in Praxis mitunter zugleich als Maßnahmen bezeichnet. So lässt sich etwa die Reduzierung des Bestandes um eine bestimmte Zahl bis zur tatsächlichen Reduktion sowohl als Unterziel (des Oberziels Kostenreduktion) als auch als Maßnahme zur Erreichung des Ziels Kostenreduktion bezeichnen.

23 Vgl. etwa zum zehn Punkte umfassenden Konzept zur Reform der Landesforstverwaltung Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 1995 Meskauskas, Reformprozesse in staatlichen Forstverwaltungen, S. 160 f.

24 Verneinend Eichhorn/Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 30. In eingerichteten Forstverwaltungssystemen dürften reformunabhängige Systemkonzepte selten anzutreffen sein. Systemkonzepte werden aber, wie dargelegt, oft aus Anlass von Reformen aufgestellt und finden sich in Gestalt von Reformkonzepten, die die Ziele und Maßnahmen einer Reform benennen und koordinieren.

25 Vgl. Simon, Administrative Behaviour, S. 88-89, 118-122. Die optimale Lösung bleibt aber auch daher ein Ideal, weil praktischen Bedürfnissen eher die Suche nach einer „befriedigenden” (nicht optimalen) Lösung entspricht: „Because administrators satisfice rather than maximize” (Simon, a.a.O., S. 119). Vgl. auch Bogumil/Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft in Deutschland, S. 165 f.; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 765 ff.

26 Vgl. Wittkämper, Funktionale Verwaltungsreform, S. 11, 13 passim. Die „Künstlichkeit“ der begrifflichen Trennung rügt zu Recht Siedentopf, Funktionalreform in Sachsen, S. 14.

27 Vgl. zu den vier Phasen der Verwaltungsreform in der Bundesrepublik Deutschland Bogumil/Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft, S. 219 ff.

28 So lässt sich etwa das für die Forstverwaltungsreformen zentrale Anliegen der Kostenreduzierung durch Personaleinsparung nicht durch die drei Reformtypen ausdrücken. Die Forstverwaltungsreformen sind jedenfalls Gebietsreformen, soweit sie einen Neuzuschnitt von Verwaltungsbezirken beinhalten. Sie sind Funktionalreformen, sofern Zuständigkeiten auf die bestehenden Verwaltungseinheiten neu verteilt werden. Sie umfassen zwar keine Dienstrechtsreformen, jedoch sind sie unspezifisch in den laufenden Prozess der Dienstrechtsreformen eingebettet. Zum Begriff der Gebietsreform Siedentopf, Funktionalreform in Sachsen, S. 28 f.

29 Vgl. Eichhorn/Siedentopf, Effizienzeffekte der Verwaltungsreform, S. 30 im Hinblick auf die Bedeutung der politischen Werturteile für die Effizienzanalyse.

B. Aufgaben

I. Erfassung und Systematisierung der Aufgaben

Die Zuweisung von Aufgaben an Forstverwaltungen unterliegt einem ständigen Wandel. Auf der Grundlage der Beschreibung gegenwärtiger Aufgaben der Forstverwaltung (Anh. II) und einer Kritik der darzustellenden Aufgabensystematisierungen wird im Folgenden ein eigenständiger Systematisierungsansatz entwickelt.

1. Wandel der Aufgabenzuweisung

Die Darstellung der Forstverwaltungsgeschichte hat gezeigt, dass die Zuweisung von Aufgaben30 - wie die technischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen des Verwaltungshandelns - einem steten Wandel unterliegen, was gerade die jüngeren Forstverwaltungsreformen deutlich vor Augen führen.31 Die Aufgabenzuweisung ist politischer Natur und im demokratischen Staat Gegenstand einer Mehrheitsentscheidung im Rahmen des pluralen Willensbildungsprozesses unter Mitwirkung unterschiedlichster forstpolitischer Akteure.32 Diese Zuweisung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.33 Nicht jede Veränderung des Aufgabenbestandes bewirkt indes bereits eine Systemänderung. Ob dies der Fall ist, kann nur anhand einer Gesamtbewertung aller Veränderungen unter Einbeziehung aller anderen die Verwaltungswirklichkeit verändernden Maßnahmen beurteilt werden.

Aufgrund ihrer politischen Natur ist die Aufgabenzuweisung nicht auf „Richtigkeit“ überprüfbar. In verwaltungswissenschaftlicher Hinsicht können etwa nur Parameter wie Gemeinwohlbezug, Rechtmäßigkeit, Rationalität und Systemgerechtigkeit untersucht werden.34 An der politischen Natur der Aufgabenzuweisung ändert sich im Übrigen auch dann nichts, wenn die Politik der Verwaltung gewisse Freiräume bei der Konkretisierung pauschaler Aufgabenzuweisungen einräumt oder ihr gar die Entscheidung über eine Aufgabenwahrnehmung ausdrücklich delegiert. Eine Verwaltungsreform muss daher bei der Bestimmung der wahrzunehmenden Aufgaben ansetzen. Dabei müssen die bereits wahrgenommenen Aufgaben auf den Prüfstand, ebenso wie geprüft werden muss, ob bisherige Aufgabenfelder ausgeweitet oder neue Aufgaben übernommen werden sollen. Die genaue Kenntnis der wahrgenommenen wie der wahrzunehmenden Aufgaben ist dabei eine unerlässliche Voraussetzung von Aufgabenkritik und einer rationalen Reformdiskussion.

Kurt Mantel führt in seinem Werk „Forstliche Rechtslehre“ aus, der Aufbau einer staatlichen Forstverwaltung sei von den Aufgaben abhängig, die ihr zugewiesen würden.35 Diese Aussage ist als Postulat für die zweckmäßige Gestaltung von Forstverwaltungen grundlegend.36 Die Ausrichtung der Organisation an der Aufgabenzuweisung muss für die Gestaltung der Verwaltungsorganisation zentrale Leitlinie sein. Die Aufgabenzuweisung führt zur Frage zurück, welche Aufgaben die Verwaltung überhaupt wahrnehmen sollte (Aufgabenkritik), sie erinnert an das Erfordernis einer klaren Aufgabendefinition und zwingt zur genauen Betrachtung von Art und Umfang der Aufgaben. Sie gebietet überdies, Forstverwaltungssysteme immer wieder darauf hin zu evaluieren, ob sie noch an den ihnen zugewiesenen Aufgaben ausgerichtet sind. Diese Aufgaben sind von einer konkreten Forstverwaltungsorganisation wahrzunehmen, die unter jeweils spezifischen Bedingungen handelt, die von dem Gestalter des Forstverwaltungssystems nicht oder nur eingeschränkt veränderlich sind. Man denke etwa an die vielfältigen Bedingungen hinsichtlich der Verwaltungsressourcen Personal, Finanz- und Sachmittel, Informationen und den Rechtsrahmen, aber auch an unterschiedliche und veränderliche naturräumliche Bedingungen sowie Einstellungen der Bezugsgruppen der Forstverwaltung (Holzkäufer, Jäger, Naturschützer etc.).

Die Abhängigkeit von Aufgaben und Bedingungen lässt die Vorstellung, es gäbe ein „Ideal einer vollkommenen Forstverfassung und Forstwirthschaft“37 als irrig erscheinen. Die Abhängigkeit der Gestaltung von der konkreten Aufgabenzuweisung und den spezifischen Bedingungen führt zur zentralen Erkenntnis, dass es eine allgemeingültige „ideale“ Gestaltung von Forstverwaltungssystemen „kraft der Natur der Sache“ nicht geben kann.38

Je klarer und konkreter indes die politischen Ziel- bzw. Zweckvorgaben sind, desto mehr verengt sich der Spielraum für die in rechtlicher Hinsicht zulässigen und in tatsächlicher Hinsicht zur Zweckerfüllung geeigneten Organisationsmodelle. Die Betrachtung der Forstverwaltungsgeschichte hat aber vor Augen geführt, dass es angesichts der Veränderlichkeit der politischen, wirtschaftlichen, natürlichen, technischen, rechtlichen und sonstigen Bedingungen kein “ewiges” oder dauerhaft gültiges Idealmodell von Forstverwaltung geben kann. Vielmehr muss gerade die Anpassungsfähigkeit bzw. Reversibilität die Zukunftsfähigkeit eines Forstverwaltungssystems gewährleisten.

Weder die Abhängigkeit der Systemgestaltung von der politischen Zweck- und Aufgabenzuweisung noch der Umstand meist nicht oder nur teilweise veränderbarer, jedoch sich verändernder Systembedingungen entbinden die Verwaltungswissenschaft von der Frage, wie das System bestmöglich zur Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben gestaltet sein sollte. Die folgende Betrachtung des gegenwärtigen Aufgabenspektrums und seine Systematisierung können zu Transparenz und Rationalität solch präskriptiver Tätigkeit beitragen.

2. Aufgabensystematik

Die gegenwärtigen Aufgabenzuweisungen an die Forstverwaltungen stellen einen unübersichtlichen Aufgabenmix dar, der bislang nicht im Hinblick auf alle Aufgaben systematisiert wurde.39 Als Grundlage der vorzunehmenden Systematisierung dient die Auflistung der Aufgabenfelder der Forstverwaltungen im Anhang dieser Arbeit. Die Aufgaben- bzw. Sachbereiche der Forstverwaltung werden dort in alphabetischer Reihenfolge beschrieben und jeweils Oberbegriffen zugeordnet.40 Hieraus ergibt sich die nachfolgend dargestellte Aufgabensystematisierung. Die Auflistung ist primär Bestandsaufnahme der gegenwärtig von Forstverwaltungen wahrgenommenen Aufgaben. Sie erfasst aber auch im Entstehen begriffene Aufgabenfelder. Insgesamt ergibt sich ein sehr vielschichtiges Aufgabenbild.

Trotz aller Veränderung sowie immer stärkeren Ausdehnung und Ausdifferenzierung der Aufgaben der Forstverwaltung besteht im Hinblick auf die Kernaufgaben der Forstverwaltung seit ihrer Blütezeit Kontinuität. Noch immer hat sie in erster Linie staatliche Forstbetriebe zu führen und die staatliche Forsthoheit wahrzunehmen.

a) Vorhandene Systematisierungen

Die Auflistung im Anhang zeigt ein buntes Spektrum öffentlicher Aufgaben auf dem Gebiet des Forstwesens. Die Forstgesetze enthalten keine dieses Aufgabenspektrum widerspiegelnde Aufgabenzuweisung. Ebenso fehlt eine gesetzliche Systematisierung der Aufgaben. Die noch darzustellenden Systematisierungen in der Literatur und Verwaltungspraxis erfassen das Aufgabenspektrum nur unzureichend und beziehen sich oft nur auf die Forsthoheit und die Staatswaldbewirtschaftung.41 Die politischen und rechtsetzenden Funktionen der Forstverwaltung werden in den Systematisierungsansätzen meist nicht berücksichtigt.42 Eine bloße Übernahme der in den Gesetzen explizit genannten Aufgaben, der Aufgabengliederungs- bzw. Geschäftsverteilungspläne unterschiedlicher Verwaltungseinheiten oder forstbezogener Inhalte von Haushaltsplänen führt ebenfalls zu keinem umfassenden Abbild des Aufgabenspektrums der Forstverwaltung, sondern erlaubt allenfalls eine sektorale Betrachtung.43

Bevor im Folgenden die Reformschritte skizziert und die großen Linien des Systemwandels aufgezeigt werden, gilt es, die heutigen Aufgaben von Forstverwaltungen zu beschreiben und systematisieren.

(aa) Ansicht Albert

In seinem Lehrbuch der Forstverwaltung aus dem Jahre 1883 unterscheidet Albert bei „größeren, entwickelten Forstverwaltungen“ folgende „Geschäfte“ oder Gegenstände der „sachlichen Zuständigkeit“: Hand- und Gespannarbeit, Forstschutz, Revierverwaltung, Forstinspection, Kassengeschäfte, Baugeschäfte, Rechnungswesen, Kanzleiwesen, Forsteinrichtung, Forststatistik, forstliches Versuchswesen, forstliche Nebengewerbe, Rechtsvertretung, Forstdirektion und oberste Leitung oder Zentralstelle.44 Die Einteilung ist ersichtlich veraltet. Hand- und Gespannarbeit, Baugeschäfte sowie Rechtsvertretung sind heute keine eigenständigen forstlichen Aufgabenbereiche mehr. Sachlich Zusammengehörendes wird getrennt, wenn etwa das Rechnungswesen von der Revierverwaltung geschieden wird. Die größte Problematik dieser Einteilung liegt in ihrer Unübersichtlichkeit, die die Ordnungsfunktion von Alberts Systematik stark begrenzt. Zudem ist sie lückenhaft, da viele Aufgaben von Forstverwaltungen nicht oder nicht in ihrer Besonderheit erfasst werden. Dies gilt etwa für hoheitliche Maßnahmen wie die Genehmigungserteilung, Maßnahmen des Waldbaus oder der Vorbereitung und Durchführung einer Holzversteigerung sowie Maßnahmen zur Erholungsförderung und zum Wissenstransfer.

(bb) Ansicht Borchert

Wolfgang Borchert unterscheidet die Aufgaben der Forstverwaltung nach

1. Staatsforstbetrieb,

2. Sicherung der Schutz- und Erholungsfunktion,

3. Dienstleistungsaufgaben und

4. Hoheit.45

Diese Einteilung ist zur Erfassung der Hauptaufgaben vertretbar. Die Systematisierung ist aber letztlich zu eng und unpräzise, weil sie das im Anhang dargestellte Aufgabenspektrum nicht zu umfassen vermag. So fehlen etwa die Bereiche der Wahrnehmung forstpolitischer Aufgaben oder der forstlichen Aus- und Weiterbildung. Zudem kann die Abgrenzung der Aufgabenfelder „Staatsforstbetrieb“ und „Dienstleistung“ nicht überzeugen, weil der staatliche Forstbetrieb viele Dienstleistungen erbringt, somit die Trennung allenfalls nach den Leistungsbereichen Urproduktion und Dienstleistung erfolgen könnte. Zudem ist die „Sicherung der Schutz- und Erholungsfunktion“ ein zu eng formuliertes Aufgabenfeld, da es in der Praxis nicht nur um die Sicherung, sondern auch um die Entwicklung dieser Funktionen geht. Nicht klar in diese Gliederung einzuordnen wären Aufgaben wie die Durchführung von Waldinventuren und Waldführungen, sofern sie nicht als entgeltliche Dienstleistungen einzustufen sind.

(cc) Ansicht Ellwein

Thomas Ellwein unterscheidet nach

Leistungsverwaltung (Pflege des Waldes und wirtschaftliche Nutzbarmachung),

Betreuungsverwaltung (Privatwaldberatung),

Hoheitsverwaltung (Forstpolizei),

fiskalische Verwaltung im Hinblick auf den Wald als Wirtschaftswert sowie

planende Verwaltung.

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Dabei wird nicht klar, warum die Betreuung des Privatwaldes, die auf Wunsch privater Waldeigentümer erfolgt, nicht „Leistungsverwaltung“ sein soll. Zudem ist die Abgrenzung Ellweins zwischen der Leistungsverwaltung in Gestalt der „wirtschaftlichen Nutzbarmachung“ des Waldes und der „fiskalischen Verwaltung“ unklar, da die Bewirtschaftung des Staatswaldes insoweit künstlich in zwei in natura nicht zu trennende Aufgabenfelder aufgespalten wird. Hinzu kommt, dass zahllose Nebenaufgaben in dieser Systematik nicht erfasst sind.

(dd) Ansicht Janßen

Gerd Janßen unterscheidet fünf Gruppen von Aufgaben der Landesforstverwaltung. Sie habe

„den landeseigenen Wald zu bewirtschaften,