Jägerprüfung Sachsen-Anhalt - Thorsten Franz - E-Book

Jägerprüfung Sachsen-Anhalt E-Book

Thorsten Franz

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Beschreibung

Das Werk ermöglicht dem Jagdschüler eine sichere Vorbereitung auf die Jägerprüfung in dem Wissensgebiet Jagdrecht. Zum Erwerb des Grünen Abiturs bedarf es auch einiger Kenntnisse des im jeweiligen Bundesland geltenden Jagdrechts. Wer mit dem Rechtswissen für die Jägerprüfung etwa in Bayern dort die Jägerprüfung besteht, würde sie mit diesem Wissen in Sachsen-Anhalt vermutlich nicht bestehen, weil es viele landesrechtliche Eigenheiten gibt. Es bedarf daher unbedingt einer Beschäftigung mit dem Recht des Bundeslandes, in dem die Prüfung abgelegt wird.

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Seitenzahl: 280

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Vorwort

Dieses Buch richtet sich an Jagdschüler, Jäger und Jagdgenossen. Dargestellt wird der Inhalt der wichtigsten für die Jagd geltenden Vorschriften, die Jagdschüler zum Bestehen der Jägerprüfung kennen müssen. In welchem Paragraph etwas geregelt ist, müssen sie in der Regel nicht wissen. Deshalb enthält der Fließtext keine Paragrafen. Die Beschränkung auf ca. 200 Seiten erlaubt es, das Buch bzw. eBook zu einem geringen Preis anzubieten.

Will der juristisch interessierte Jagdschüler, Jäger oder Jagdgenosse wissen, wo etwas geregelt ist, sei ihm ein anderes Buch von mir empfohlen: „Jagdrecht Sachsen-Anhalt für Jagdschüler, Jäger und Jagdgenossen“. Dort finden sich neben den Paragrafen- auch zahleiche Rechtsprechungs- und Literaturangaben sowie Hinweise auf Rechtsfragen.

Thorsten Franz

(im Februar 2022)

Inhaltsverzeichnis

Teil 1 - Jagdausübung regelndes Recht

A. Jagdrecht im engeren Sinne

I. Jagdrecht als Rechtsgebiet

II. Jagdrecht als individuelles Recht der Grundeigentümer

1. Inhalt des Rechts

a) Jagdrecht als Bestandteil des Grundeigentums

b) Aneignungsrecht

c) Hegerecht und -pflicht

aa) Bestandsregulierung

bb) Biotopverbessernde Maßnahmen

cc) Wildfütterung

dd) Aussetzen von Wild

ee) Hegegemeinschaft

2. Bindung an den Jagdbezirk

a) Eigenjagdbezirk und gemeinschaftlicher Jagdbezirk

b) Jagdgenossenschaft

c) Ruhen der Jagd/Befriedeter Bezirk

d) Jagd in Schutzgebieten und Jagdgehegen

3. Haftung für Wildschäden

III. Jagdausübungsrecht des Jägers

1. Verhältnis von Jagdrecht und Jagdausübungsrecht

2. Jagdpacht

3. Jagderlaubnis

4. Jagdschutz

5. Jagdliche Einrichtungen

6. Haftung für Wild- und Jagdschäden

IV. Beschränkungen der Jagdausübung

1. Jagdschein

2. Jagdbezirk

a) Reviersystem

b) Jagd außerhalb des eigenen Reviers, insbes. Wildfolge

c) Jägernotwegerecht

3. Wild

4. Abschussplan

5. Jagdzeiten

6. Jagdmethoden

a) Weidgerechtigkeit und Brauchtum

b) Sachliche Verbote

c) Vorgaben für besondere Jagdmethoden

d) Verhalten nach der Schussabgabe

e) Jagdhunde

7. Jagdwaffen

V. Verwaltung des Jagdwesens

1. Jagdbehörden

2. Forstbehörden und Gemeinden

3. Jagdbeirat/Kreisjägermeister/Landesjägerschaft

B. Waffenrecht

I. Rechtsquellen, Grundaussage und Grundbegriffe

1. Rechtsquellen

2. Grundaussage

3. Grundbegriffe

II. Gesetzliche Anforderungen an Jagdwaffen

1. Amtlicher Beschuss

2. Waffenbezogene Beschränkungen nach dem BJagdG

III. Personenbezogene gesetzliche Anforderungen

1. Erwerb und Besitz von Waffen

a) Jagdscheininhaber

b) Jagdschüler

c) Erben

2. Sonderregelungen für Personen unter 18 Jahren

3. Maßnahmen der Behörde bei Rechtsverstößen

IV. Anforderungen im Hinblick auf Ort und Art des Umgangs mit Waffen

1. Führen im Revier

2. Führen außerhalb des Reviers

3. Schussabgabe

4. Aufbewahrung

5. Überlassung an Dritte

6. Verkauf von Waffen

7. Abhandenkommen/Zerstörung

V. Anforderungen an die Munition

1. Zulässige Munition

2. Erwerb und Besitz von Munition

3. Verkauf von Munition

C. Naturschutz- und Waldrecht, Recht der Feld- und Forstordnung

I. Rechtsgrundlagen, Ziele und Grundsätze

II. Eingriffsgenehmigung

III. Flächen- und Objektschutz

IV. Artenschutzrecht

V. Naturschutzverwaltung/Verbandsbeteiligung

VI. Waldrecht

VII. Feld- und Forstordnungsrecht

D. Fleischhygienerecht

I. Fleischuntersuchung bei Haarwild

II. Trichinenuntersuchung bei fleischfressendem Wild

III. Fleischuntersuchung beim Federwild

IV. Wildhackfleisch

E. Tierseuchenrecht

I. Wildseuchen

II. Tollwut-Verordnung

III. Schweinepest-Verordnung

F. Tierschutzrecht

G. Versicherungsschutz und Verkehrssicherung

I. Versicherungspflicht

II. Umgang mit Schusswaffen

III. Verhalten auf Gesellschaftsjagden

IV. Fallenjagd

V. Nachsuche

VI. Bau jagdlicher Einrichtungen

Teil 2 – Musterfragenkatalog Jägerprüfung

A. Musterfragenkatalog Jägerprüfung

B. Antworten

Stichwortverzeichnis

Teil 1 – Jagdausübung regelndes Recht

A. Bundes- und Landesjagdrecht

I. Jagdrecht als Rechtsgebiet

1

Das Wort „Jagdrecht“ hat mehrere Bedeutungen. Zum einen versteht man hierunter ein Rechtsgebiet, zum anderen ein individuelles Recht. Jagdrecht als Rechtsgebiet ist die Gesamtheit aller Rechtsnormen, die das Jagdwesen regeln. Jagdrecht als Rechtsgebiet ist nicht in einem einzigen Gesetzeswerk enthalten. Es findet sich verstreut vor allem in den Jagdgesetzen und Jagdverordnungen des Bundes und der Länder. Das Recht der Jagd ist ein sehr altes Rechtsgebiet, das gegenwärtig sehr dynamisch ist.

2

Das Jagdrecht als Rechtsgebiet dient vor allem einem gerechten Ausgleich der Interessen der Jagdausübenden (an Jagd und Hege des Wildes) mit den Interessen der Grundeigentümer und den Nutzungsinteressen der Land- und Forstwirtschaft. Es gestaltet zudem die Rechtsverhältnisse zwischen den Jagdausübenden. Außerdem geht es um das öffentliche Interesse am Artenschutz. Viele jagdrechtliche Regelungen, wie z.B. die Hegepflicht, die sog. sachlichen Verbote oder die Schonzeitenregelungen sind der Sache nach Artenschutzrecht, weil sie auf den Schutz von Tieren wildlebender Arten zielen. Schließlich dienen manche Regelungen der Vermeidung unnötiger Leiden und Qualen von Tieren und sind damit der Sache nach Tierschutzrecht.

3

Ein europäisches Jagdrecht im Sinne eines eigenständigen Rechtsgebiets existiert nicht. Es gibt nur wenige jagdbezogene Gesetzeswerke der EU wie die Tellereisenverbotsverordnung und die Richtlinie zur Regelung der gesundheitlichen und tierseuchenrechtlichen Fragen beim Erlegen von Wild und bei der Vermarktung von Wildfleisch. Daneben finden sich noch jagdbezogene Einzelregelungen in unionsrechtlichen Naturschutz-, Tierseuchen- oder Lebensmittelgesetzen (z.B. in der Fauna-Flora-Habitat- und der Vogelschutz-Richtlinie).

4

Innerhalb des Jagdrechts des Bundes nimmt das Bundesjagdgesetz die zentrale Stellung ein. Es gilt zwar in allen Bundesländern, jedoch dürfen die Länder von seinen Vorgaben abweichen. Zwischen den Bundesländern bestehen daher zum Teil erhebliche Unterschiede im geltenden Jagdrecht (!), auch wenn die Grundzüge des Jagdrechts überall gleich sind. Auch in Sachsen-Anhalt wurden die Vorgaben des Bundesjagdgesetzes an einigen Stellen durch Landesrecht verändert und ergänzt.

5

Hinzu treten einige Bundesverordnungen, wie die Jagdzeitenverordnung, von der Sachsen-Anhalt aber ebenfalls Abweichungen bestimmt hat. Nicht zum Bundesjagdrecht (im formellen Sinn) zählt das Waffenrecht. Zumindest die in spezifischer Weise das Jagdwesen betreffenden Waffengesetze können aber als Jagdrecht im weiteren Sinne bezeichnet werden.

6

Zentrales Regelungswerk des Landesjagdrechts ist das Landesjagdgesetz. Es wird vor allem durch eine Durchführungsverordnung konkretisiert. Auf der Ebene unterhalb der Jagdgesetze des Parlaments und der Jagdverordnungen der Verwaltung finden sich so genannte Verwaltungsvorschriften (Erlasse, Richtlinien etc. Insoweit ist in Sachsen-Anhalt vor allem die Hegerichtlinie hervorzuheben.

7

Wer die Jagd ausübt, muss nicht lediglich Vorschriften des Jagdrechts im engeren Sinne beachten. Im Zusammenhang mit der Jagdausübung sind etwa auch Vorschriften des Waffen-, des Naturschutz-, des Forst- und des Lebensmittelrechts zu beachten und daher jagdscheinrelevant.

II. Jagdrecht als individuelles Recht

1. Inhalt des Jagdrechts

a) Jagdrecht als Bestandteil des Grundeigentums

8

Jagdrecht im Sinne eines individuellen Rechts ist die ausschließliche Befugnis auf einem bestimmten Gebiet Wild zu hegen, zu bejagen und es sich anzueignen. Das Jagdrecht steht in Deutschland dem jeweiligen Grundeigentümer zu. Dies kann eine Einzelperson, Personenmehrheit (Erbengemeinschaft etc.) oder eine juristische Person sein (GmbH etc.). Das Jagdrecht ist untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden. Im Falle von Flächen, die niemandem gehören (Meeresstrand, Küstengewässer, Haff, Wasserläufe, herrenlos gewordene Grundstücke etc.), steht das Jagdrecht den Ländern zu.

Aus dem Jagdrecht des Eigentümers folgt allerdings – anders als der missverständliche Begriff nahelegt! – nicht zugleich das Recht auch tatsächlich auf dem eigenen Grund zu jagen. Soweit in der Umgangssprache davon die Rede ist, jemand stehe in einem Revier das „Jagdrecht“ zu, ist hiermit nicht das Jagdrecht, sondern das hieraus abgeleitete Jagdausübungsrecht gemeint. Jagdrecht und Jagdausübungsrecht sind also streng zu unterscheiden. Sie können, müssen aber nicht in einer Person vereint sein. Jagdrecht und Jagdausübungsrecht fallen zusammen, wenn ein Jagdscheininhaber Eigentümer eines unverpachteten Eigenjagdbezirks ist. Im Falle des gemeinschaftlichen Jagdbezirks steht hingegen das Jagdausübungsrecht der Jagdgenossenschaft zu, die allerdings das Recht in der Regel verpachtet.

Da das Jagdrecht ein individuelles Rechtsgut des Rechtsinhabers ist, kann er rechtswidrige Beeinträchtigungen seines Rechts abwehren und bei Schäden infolge von Rechtsverletzungen vom Schädiger Schadensersatz verlangen.

b) Aneignungsrecht

9

Aus dem Jagdrecht leitet sich das Recht zur Aneignung des Wildes ab. Aneignung von Wild bedeutet, dass der Jagdausübungsberechtigte mit der Erlangung der unmittelbaren Herrschaftsgewalt über zuvor herrenloses Wild das Eigentum am Tierkörper erlangt. Herrenlos sind wilde Tiere, die sich in Freiheit befinden. Dabei kann es sich auch um aus einem Wildgehege entlaufene Exemplare einer Wildtierart handeln, wenn sie weder einen Rückkehrwillen haben, noch vom Eigentümer unverzüglich verfolgt werden bzw. wenn dieser die Verfolgung aufgegeben hat. Das von angestellten Jägern oder Jagdgästen erlegte Wild wird mit Inbesitznahme durch sie Eigentum des Jagdausübungsberechtigten. Der Jagdausübungsberechtigte muss ihnen lediglich das gewohnheitsrechtlich anerkannte „kleine Jägerrecht“ überlassen und – sofern nichts anderes vereinbart ist – die Trophäen des rechtmäßig erlegten Wildes übereignen. Eigentum erlangt der Jagdausübungsberechtigte am Wild auch dann, wenn Treiber oder Jagdhelfer das Wild für ihn als Besitzdiener in Besitz nehmen. Hingegen erlangt der Wilderer kein Eigentum am Wildkörper.

Der Jagdausübungsberechtigte hat das Recht, das seinem Aneignungsrecht unterliegende Wild zu verwerten. So kann er etwa Wildkörper zur Präparation verkaufen, Bälge und Trophäen verkaufen oder das Wildbret vermarkten, wobei insoweit das Fleischhygienerecht zu beachten ist. Einnahmen aus der Vermarktung unterliegen dem Einkommensteuerrecht.

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Bei einem Wildunfall verendete Stücke bleiben herrenlos. Nur der Aneignungsberechtigte kann die Herrenlosigkeit beenden, während der Fahrzeuglenker zwar Besitz (tatsächliche Sachherrschaft), nie jedoch Eigentum an dem Stück erlangen kann. Nimmt er Unfallwild mit, begeht er Jagdwilderei. Er darf das verendete Stück im Interesse der Verkehrssicherheit lediglich von der Straße an den Straßenrand verbringen. Die Entscheidung über die Verwertung bzw. Entsorgung liegt allen beim Jagdausübungsberechtigten. Eine Aneignungspflicht hat er nicht. Der Fahrzeugführer ist (bußgeldbewehrt) verpflichtet, einen Wildunfall mit Schalenwild unverzüglich einer Polizeibehörde, dem Jagdaufseher oder dem Jagdausübungsberechtigten anzuzeigen, damit der Jagdausübungsberechtigte von seinem Aneignungsrecht Gebrauch machen und notfalls das Leiden des Stücks beenden kann. Wird das Wildbret jedoch nur deshalb entwertet, weil die Anzeige unterbleibt, kann er vom Unfallverursacher Schadensersatz verlangen. Welche Ansprüche Jagdausübungsberechtigten im Einzelnen gegen Unfallverursacher und Straßenverkehrsbehörden zustehen, muss jedoch als ungeklärt bezeichnet werden. Ein Anspruch gegen Straßenverkehrsbehörden auf das Aufstellen von Wildschutzzäunen besteht jedenfalls nicht.

11

Das Aneignungsrecht umfasst auch die (ausschließliche) Befugnis, sich krankes oder verendetes Wild, Fallwild und Abwurfstangen sowie die Eier von Federwild anzueignen. Dies macht deutlich, dass die Aneignung nicht notwendig der Wildbret-Verwertung dienen muss. Die ansonsten nach der Bundeswildschutzverordnung geltenden Besitz-, Vermarktungs- und sonstigen Verbote für bestimmte Wildarten, insbesondere für die meisten Flugwildarten, lassen ausdrücklich das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten unberührt. Die entgeltliche Weitergabe dieser Tiere an Dritte ist jedoch erheblich eingeschränkt. Zu beachten ist auch das Verbot des Ausnehmens der Gelege von Federwild.

Das Aneignungsrecht gilt nur für Wild. Tiere der besonders oder streng geschützten Arten sind i.d.R. kein Wild, so dass der Jäger hier kein Aneignungsrecht hat. Für sie gilt ein Verbot der Inbesitznahme. So ist etwa der Besitz einer tot aufgefundenen Waldohreule durch den Jagdausübungsberechtigten selbst dann unzulässig, wenn er sie präparieren und zu Demonstrationszwecken im Rahmen der Jägerausbildung verwenden will. Nur im Hinblick auf besonders oder streng geschützte Arten, die Wild sind, verdrängt das Jagdrecht das artenschutzrechtliche Inbesitznahme-Verbot und es besteht das jagdliche Aneignungsrecht. Der Jagdausübungsberechtigte darf sich in seinem Jagdrevier sogar aufgefundene tote Tiere der streng geschützten Arten des Anh. A der EG-Artenschutzverordnung (>) aneignen (und präparieren lassen), sofern diese Wild sind. Dies betrifft vom Haarwild Luchs, Fischotter sowie Wildkatze (und den hier nicht heimischen Wisent) und vom Federwild Turteltaube, Knäkente, Moorente, Großtrappe und alle heimischen Greifvögel. Er darf Totfunde von Anh. A-Arten aber nicht verkaufen. Insoweit gilt ein Vermarktungsverbot. Er darf im Übrigen auch tote Vögel von europäischen Vogelarten, soweit diese dem Jagdrecht unterliegen, zum persönlichen Gebrauch oder als Hausrat ohne eine Ausnahme oder Befreiung aus einem Drittstaat unmittelbar in das Inland verbringen. Durch die genannten jagd- und artenschutzrechtlichen Besitz- und Vermarktungsverbote wird vor allem der Erwerb von Tieren durch Tierpräparatoren erheblich beschränkt, weswegen beim Ankauf des Tieres vom Präparator stets geklärt sein sollte, ob der Veräußerer zu Besitz und Verkauf berechtigt ist.

c) Hegerecht und -pflicht

12

Das Jagdrecht umfasst nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Hege. Unter Hege versteht man alle Maßnahmen des Jagdausübungsberechtigten, die auf die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und die Sicherung seiner Lebensgrundlagen zielen. Sie muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden. Wild darf nicht „überhegt“ werden. Maßnahmen der Hege sind neben der Bestandsregulierung in erster Linie solche zur Biotopschaffung, -verbesserung und -vernetzung, nur in sehr engen Grenzen auch die Fütterung und das Aussetzen von Wild.

aa) Bestandsregulierung

13

Der Abschussplan für Schalenwild, aber auch der Abschuss sonstigen jagdbaren Wildes muss dem gesetzlichen Ziel der Hege gerecht werden. Jeder Abschuss soll auch ein Abschuss im Rahmen der konkreten Hegeziele sein. Die Bestandsregulierung des Wildes zählt daher letztlich der Sache nach ebenfalls zur Hege, soweit sie dazu dient, eine Überpopulation einer Wildart einzudämmen, die zu übermäßigen Wildschäden führen würde, der Gesundheit des Wildes abträglich wäre oder andere Tierarten verdrängen würde. Zudem kann der Abschuss zur Bekämpfung bzw. Prävention von Seuchen geboten sein.

Bestandsregulierung setzt vorherige Bestandserfassung voraus. Der Jagdausübungsberechtigte muss sich vor Abschüssen einen Überblick über den Bestand der zu bejagenden Wildarten verschafft haben. Diese Pflicht gilt nicht nur im Hinblick auf die Wildarten des Abschussplans, sondern aufgrund der Hegepflicht für alle Wildarten, die bejagt werden, zumal (von Ausnahmen abgesehen) keine Art in ihrem Bestand gefährdet werden darf. Zur Bestandserfassung reichen weder bloße Vermutungen aus, noch bedarf es wildbiologischer Untersuchungen. Notwendig und ausreichend ist eine Schätzung auf der Grundlage zumutbarer Beobachtung von Wild und Wildspuren (Trittsiegel, Verbissschäden etc.). Wer daher etwa einen Dachs streckt, bevor er den Dachsbestand im Revier oder Nachbarrevieren nachvollziehbar geschätzt hat, verstößt gegen die Hegepflicht.

Hege bedeutet auch, dass grundsätzlich keine Art der jagdbaren Tiere in ihrem Bestand gefährdet wird (Verbot der Ausrottung). Bei bestandsgefährdeten Arten, wie dem Rebhuhn, gebietet die Hegepflicht den Jagdverzicht (!). Das Verbot der Bestandsgefährdung gilt nicht für die Arten Waschbär, Marderhund, Mink, Nutria und Nilgans. Zudem kann die Jagdbehörde gebietsweise aus Gründen der Landeskultur oder Wildschadensvermeidung den Totalabschuss anderer Wildarten durch eine Schonzeitenaufhebung zulassen.

13a

Unter einem „Hegeabschusses“ wird meist ein Abschuss aus Gründen der Hege über den Abschussplan hinaus oder in der Schonzeit verstanden. Ein Abschuss von krankgeschossenem oder schwerkrankem Wild über den Abschussplan hinaus oder außerhalb der Schonzeiten ist zulässig (und gesetzlich geboten), um die kranken Stücke vor weiteren bzw. drohenden starken Schmerzen oder Leiden zu bewahren. Die Pflicht zum Abschuss trifft jeden befugten Jäger (wie den Jagdgast), der ein solches Stück sicher beschießen kann, unabhängig davon, ob er das Stück selbst krankgeschossen hat. Ob etwa ein von der Dasselfliege befallenes Stück oder ein Perückenbock „schwerkrank“ sind, kann erst anhand weiterer Merkmale beurteilt werden, die den Schluss auf ein schweres Leiden zulassen.

Verursacher von Wildunfällen oder zufällig am Unfallort anwesende Jagdscheininhaber haben mangels Jagdausübungsrecht selbst dann kein Recht zur Tötung angefahrenen Wildes, wenn es erkennbar dem Tod geweiht ist und stark leidet. Da die Rechtslage bis heute nicht als vollständig geklärt erscheint, ist es ratsam, in diesen Fällen als Revierfremder einen Fangschuss nur nach Kontaktaufnahme und Billigung durch die Polizei abzugeben.

bb) Biotopverbessernde Maßnahmen

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Zur Hege gehören insbesondere biotopverbessernde Maßnahmen (einschließlich der Schaffung und Vernetzung von Biotopen). Sie zielen vor allem auf mehr Ruhe, Deckung und Äsung des Wildes ab. Zu nennen sind insoweit z.B. die Anlage von Feldholzinseln oder Pflanzungen entlang von Wegen einer ausgeräumten Feldflur.

In der Aufgabe der Biotopverbesserung ist als „Minus“ die Aufgabe enthalten, rechtswidrige Biotopzerstörung abzuwehren. So sollte der Jäger etwa folgende Biotopzerstörungen bekämpfen: Wegpflügen und Totspritzen gemeindlicher Feldwegeseitenstreifen, Missachtung des Gewässerrandstreifenschutzes oder Gewässerunterhaltung, die nicht die gesetzlich gebotene Rücksicht auf das Gewässer und seiner Ufer als Lebensraum nimmt.

Die Pflicht, biotopverbessernde Maßnahmen durchzuführen, ist allerdings nicht bußgeldbewehrt, so dass sie tatsächlich eher Appellcharakter hat. Zudem ist ihre Erfüllung abhängig von tatsächlichen (geeignete Flächen, finanzielle Mittel etc.) und rechtlichen Voraussetzungen (Einwilligung der Grundeigentümer etc.). Biotopverbesserung wird vom Land, Landesjagdverband und manchen Jagdgenossenschaften gefördert. Dies gilt sinngemäß für das gesetzliche Gebot, die natürlichen Bedingungen für das Vorkommen der einzelnen Wildarten (Biotope) zu erhalten und nach Möglichkeit wiederherzustellen sowie vorhandene Biotope nicht zu beeinträchtigen.

cc) Wildfütterung

15

Die Wildfütterung ist im Grundsatz verboten und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ohne besondere Genehmigung zulässig sind nur die Fütterung in Notzeiten und die (anzeigepflichtige) Eingewöhnungsfütterung für ausgesetztes Wild. Ob eine Notzeit vorliegt, richtet sich nicht nach der Einschätzung des Jägers, sondern wird von der jeweiligen Jagdbehörde wildartbezogen festgelegt. Angesichts immer milderer Winter ist in Sachsen-Anhalt nur im Falle eines ganz außergewöhnlich langen kalten und schneereichen Winters eine Notzeitfeststellung für stark betroffene Regionen (z.B. Hochharz) zu erwarten. Wird eine Notzeit festgestellt, so ist die ausreichende Fütterung sogar eine Rechtspflicht des Revierinhabers, ihr Unterlassen indes nicht bußgeldbewehrt.

Nur mit besonderer Genehmigung der Jagdbehörde sind die Ablenkfütterung zur Vermeidung übermäßiger Wildschäden und die Schaufütterung zu Fremdenverkehrszwecken gestattet.

Eine zulässige Hegemaßnahme ist die Anlage von Wildäckern jedenfalls dann, wenn sie im Falle unzureichender bzw. artenarmer Äsung das Äsungsangebot mit heimischen wildwachsenden Pflanzen verbessern. In der Jagdrechtsliteratur wird sogar die Praxis der Anlage von Wildäckern mit Mais oder anderen Ackerfrüchten für zulässig gehalten. Ob dem die Verwaltungsgerichte im Land folgen oder dies als unzulässige Wildfütterung werten werden, erscheint offen, weil derartige Wildäcker der Sache nach nicht anders wie das unzulässige massenhafte Ausbringen von Futtermitteln wirken. Eindeutig unzulässig ist die Anlage von Wildäckern in FFH-Gebieten, wenn dies einen dortigen Lebensraumtyp verändert. Die in engen Grenzen zulässige Lockfütterung zur Bejagung (sog. Kirrung) gilt nach dem Landesrecht nicht als „Fütterung“ im Sinne des Gesetzes.

16

Für die Fütterung gelten verschiedene Futtermittelverbote. Die Fütterung von Wild mit proteinhaltigen Erzeugnissen, mit Fetten aus Gewebe warmblütiger Landtiere, mit Fischen oder Fischteilen, mit Mischfuttermitteln, die diese Einzelfuttermittel enthalten, sowie mit Futtermitteln, die durch eine industrielle Aufarbeitung ihre natürliche Rohfaserzusammensetzung verloren haben, ist verboten (ausgenommen auszuwildernde Fasanen- und Rebhuhnküken). Zur Fütterung von Schalenwild sind als Futtermittel ohne Zusätze Heu, Grassilage, heimische Baumfrüchte (Buchecker, Eichel etc.) sowie Hackfrüchte zugelassen. Zu den Hackfrüchten zählt man Kartoffeln, Zuckerrüben, Futterrüben, Feldgemüse und Mais. Unzulässig als Futtermittel ist daher etwa das Ausbringen von Apfel- oder Weintrester (Treber), von Küchenabfällen, Brot und anderen Backwaren oder Südfrüchten. Werden landwirtschaftliche Produkte, die als verbotene Futtermittel gelten, ausgenommen Heu, in der freien Landschaft nicht nur vorübergehend gelagert, dürfen diese außerhalb von Notzeiten dem Schalenwild nicht zugänglich sein.

17

Nicht zu den Hegemaßnahmen zählt das Kirren. Unter der Kirrung von Wild versteht man das gelegentliche Ausbringen von Lockfutter in geringen Mengen zur erleichterten Bejagung des Wildes. Sie ist nach neuer Rechtslage im Grundsatz für sämtliche Wildarten zulässig (!).Zulässige Kirrmittel sind nicht die zulässigen Futtermittel (!). Als Kirrmittel für Schalenwild dürfen ausschließlich heimische Baumfrüchte, Mais oder Getreide ausgebracht werden. Unzulässig ist daher etwa die Kirrung mit Backwaren, Fertigfuttermitteln (Hundefutter etc.), Kartoffeln, Wurst oder Zuckerrüben. Zulässig sind die Handausbringung und die Ausbringung unter Verwendung einfacher mechanischer Vorrichtungen. Eine einfache Vorrichtung ist etwa die Maistrommel, nicht aber ein elektrischer Kirrautomat mit Sensor. Bei der Handausbringung ist die Kirrmittelmenge so zu bemessen, dass am Kirrplatz nicht mehr als drei Kilogramm Kirrmittel verfügbar sind. Hingegen dürfen die mechanischen Vorrichtungen ein Fassungsvermögen von höchstens fünf Kilogramm besitzen.

Zur Kirrung von Raubwild dürfen Wildaufbrüche verwendet werden. Sie müssen am Luderplatz nicht vor der Aufnahme durch das Wild geschützt sein. Die Verwendung von Schlachtabfällen ist auch nach dem Tierkörperbeseitigungsrecht unzulässig. Die angeführten Wildarten dürfen selbstverständlich an der Kirrung erlegt werden.

Keine Kirrung ist die erwähnte Ablenkfütterung zur Verhinderung von Wildschäden. An ihr darf i.Ü. das Schadwild nicht bejagt werden.

17a

Der Einsatz von Lockstoffen bzw. Lockmitteln ist gesetzlich nicht explizit geregelt. Üblich ist etwa die Verwendung von Buchenholzteer oder Lockmitteln in Raubwildfallen. Soweit das Ausbringen einen Eingriff in das Grundeigentum darstellt, bedarf es der Zustimmung der Eigentümer. Buchenholzteer darf nicht in Gewässer gelangen. Salzsteine sind Lockmittel, wenn an der Salzlecke gejagt werden soll. Die Anlage von Salzlecken in NATURA 2000-Gebieten ist nach näherer Maßgabe der Verordnung stark eingeschränkt.

dd) Aussetzen von Wild

18

Zu den Hegemaßnahmen zählt auch das Aussetzen von Wild. Dieses ist in Sachsen-Anhalt allerdings nur eingeschränkt zulässig. Der Revierinhaber darf Wild in seinem Jagdbezirk nur mit schriftlicher Genehmigung der oberen Jagdbehörde aussetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Maßnahme aus Gründen der Hege notwendig ist und Schäden für die Land- und Forstwirtschaft nicht zu befürchten sind. Nicht genehmigungsfähig ist das Aussetzen von Waschbär, Marderhund, Mink, Nutria, Aaskrähe, Elster und Nilgans.

Verboten ist es, eingefangenes oder aufgezogenes Wild später als vier Wochen vor Beginn der Jagdausübung auf dieses Wild auszusetzen.

Das Aussetzen von Tieren einer fremden Tierart in der freien Natur (z.B. nichtheimische Enten- oder Fasanenarten) bedarf der Genehmigung der obersten Jagdbehörde. Als fremd gelten Tierarten, die bei Inkrafttreten des Bundesjagdgesetzes, d.h. am 1.04.1953, in Deutschland frei lebend nicht heimisch waren. Die Genehmigung, Tiere einer solchen Art in der freien Wildbahn auszusetzen, darf nur erteilt werden, wenn die Art die heimische Tierwelt wesentlich bereichert und Schäden für die öffentliche Sicherheit, die Landespflege, die heimische Tierwelt, die Land- oder Forstwirtschaft nicht zu befürchten sind. Haustiere dürfen generell nicht ausgesetzt werden.

19

Das Ausbringen von Tieren in die freie Natur bedarf dem Grundsatz nach auch einer naturschutzrechtlichen Genehmigung. Dies gilt nicht für Wild, deren Art im betreffenden Gebiet in freier Natur in den letzten 100 Jahren vorkommt oder vorkam. Genehmigungspflichtig ist aber etwa das Aussetzen von heimischen Eulen (z.B. Uhu) oder von Exoten. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist. Etwaige Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers, zumal z.B. Neozoen ein oft unkalkulierbares Risiko für die heimische Tier- und Pflanzenwelt darstellen.

20

Zur Hege im weiteren Sinne zählt auch die Haltung von jagdbaren Tierarten in Gehegen, in denen die Tiere auf ihre Auswilderung vorbereitet werden sollen (etwa Wald- und Feldhühner). Derartige Auswilderungsgehege bzw. Volieren können (je nach Standort, Größe und Bauart) bau- und naturschutzrechtlichen Anforderungen unterliegen. Die Errichtung von Tiergehegen ist im Grundsatz anzeigepflichtig. Die Anzeigepflicht entfällt u.a. bei Tiergehegen von nicht mehr als 50 qm, die keine Tiere besonders geschützter Arten enthalten, bei Auswilderungsgehegen für dem Jagdrecht unterliegende Tierarten, in denen die Tiere jeweils nicht länger als einen Monat verbleiben und Tiergehegen, in denen nicht mehr als fünf Tiere der Arten Rothirsch, Damhirsch, Reh, Mufflon oder Wildschwein gehalten werden. Soweit im BJagdG davon die Rede ist, Schwarzwild dürfe nur in solchen Einfriedungen gehegt werden, die ein Ausbrechen verhindern, geht es nicht um den allgemeinen Hegebegriff des BJagdG, sondern um das Hegen im Sinne der Haltung von Schwarzwild in Gehegen, seien es (nun unzulässige) Jagdgehege oder sonstige Tiergehege.

ee) Hegegemeinschaft

21

Jagdausübungsberechtigte räumlich zusammenhängender Jagdbezirke können sich zu einer Hegegemeinschaft zusammenschließen (freiwillige Hegegemeinschaft). Zur gemeinsamen Hege und Bejagung von Rot-, Dam-, Muffel- oder Rehwild sollen sie sich zu Hegegemeinschaften zusammenschließen. Jagdbehördlich anerkannte Hegegemeinschaften können den Abschuss in einem gemeinsamen Abschussplan regeln. Die Anerkennung als Hegegemeinschaft setzt vor allem voraus, dass die einheitliche Bewirtschaftung der Jagd für die betreffende Wildart in dem Gebiet der Gemeinschaft biologisch und jagdwirtschaftlich zweckmäßig ist. Über die Abschussplanung hinaus kann die Hegegemeinschaft auf der Basis einheitlicher Abstimmung Lebensraumgutachten und Artenschutzprogramme erstellen und Maßnahmen für ausreichende Äsungs-, Deckungs- und Ruhebereiche ergreifen.

Die Länder können die Bildung von Zwangshegegemeinschaften regeln. In Sachsen-Anhalt sind aber Zwangszusammenschlüsse nicht vorgesehen.

Umgangssprachlich werden Hegegemeinschaften oft als „Hegeringe“ bezeichnet. Dies ist missverständlich, weil auch die Zusammenschlüsse der Mitglieder des Landesjagdverbandes unterhalb der Kreisebene Hegeringe heißen.

2. Bindung an den Jagdbezirk

a) Eigenjagdbezirke und gemeinschaftliche Jagdbezirke

22

Das Jagdausübungsrecht bezieht sich auf einen bestimmten Jagdbezirk. Zur Jagdausübung berechtigt ist der Rechtsinhaber nur innerhalb seines Jagdbezirks. Den Jagdbezirk bezeichnet man auch als „Jagdrevier“ und den Jagdausübungsberechtigten als Revierinhaber. Zu unterscheiden sind Eigenjagdbezirke und gemeinschaftliche Jagdbezirke. Im Grundsatz gilt, dass zusammenhängende Grundflächen eines Eigentümers von mindestens 75 Hektar einen Eigenjagdbezirk bilden. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich nutzbare Flächen handelt. Die Flächen müssen also nicht zu diesen Zwecken tatsächlich genutzt werden, sondern es reicht aus, dass sie diesen Zwecken dienstbar gemacht werden könnte. Im Eigenjagdbezirk ist der Eigentümer Inhaber des Jagdrechts und grundsätzlich auch jagdausübungsberechtigt. Besitzt er indes keinen Jahresjagdschein (oder ist der Eigentümer eines Eigenjagdbezirks eine juristische Person oder eine Personenmehrheit) und wird die Jagd weder durch Verpachtung noch durch angestellte Jäger ausgeübt, so wird sie von demjenigen ausgeübt, den der Verfügungsberechtigte der Jagdbehörde benennt (z.B. Sohn oder Tochter). Sofern im Hinblick auf die Benannten keine Hinderungsgründe vorliegen (fehlender Jagdschein, kein Überschreiten der zulässigen Personenhöchstzahl oder der 1000 Hektar-Grenze in einer Person, fehlendes Einverständnis etc.), werden sie zum Revierinhaber. Ein weiterer Sonderfall ist der Verzicht des Eigentümers auf die Selbständigkeit des Jagdbezirks, so dass seine Flächen Bestandteil eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks werden.

23

Sonstige Grundflächen einer Gemeinde oder abgesonderten Gemarkung bilden (unabhängig von ihrer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzbarkeit!) einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk. Wenn die Jagdbehörde nichts anderes festlegt, verläuft die Grenze des jeweiligen Jagdbezirks entlang der Grenzen der zum Jagdbezirk gehörenden Flurstücken der Gemeinde (bzw. der abgesonderten Gemarkung). Auf Antrag, etwa des Pächters benachbarter Bezirke, können gemeindegebietsübergreifend gemeinschaftliche Jagdbezirke gebildet werden. In Sachsen-Anhalt beträgt die Mindestgröße des gemeinschaftlichen Jagdbezirks grundsätzlich 250 Hektar. Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk sind die Grundeigentümer Inhaber des Jagdrechts, jagdausübungsberechtigt ist jedoch im Grundsatz die aus den Grundeigentümern gebildete Jagdgenossenschaft.

24

Das geschilderte System der Verteilung der Grundflächen auf Eigenjagdbezirke und gemeinschaftliche Jagdbezirke wird in verschiedener Weise modifiziert. So kann ein Eigentümer eines Eigenjagdbezirks gegenüber der Jagdbehörde schriftlich auf die Selbständigkeit seines Bezirks verzichten. Hierdurch wird dieser Bestandteil des gemeinschaftlichen Jagdbezirks des Gemeindegebiets – sofern ihn die Jagdbehörde nicht durch besondere Verfügung anderen Jagdbezirken angliedert. Zudem kann durch freiwillige Vereinbarung oder behördliche Verfügung der Zuschnitt der Bezirke jagdlichen Erfordernissen anpasst werden. In Betracht kommen hierfür die Abrundung, die Zusammenlegung und die Teilung von Jagdbezirken.

Jagdbezirke können durch Abtrennung, Angliederung oder Austausch von Grundflächen durch Vertrag (einvernehmlich) oder von Amts wegen (zwangsweise) abgerundet werden, wenn dies aus Erfordernissen der Jagdpflege und Jagdausübung notwendig ist (Abrundung). Eine Abrundung kann etwa dadurch begründet sein, dass ein Jagdbezirk schon aufgrund seines Zuschnitts eine Jagd vor allem an den Reviergrenzen erwarten lässt und damit die Gefahr von Grenzverstößen und unzulässiger Wildfolge schafft. Keine zwingende Notwendigkeit zur „Abrundung“ eines Jagdbezirks folgt etwa daraus, dass die Grenze zweier Jagdbezirke an der Wald-Feld-Linie verläuft, so dass das Wild aus seinem Einstand in das Feld wechselt. Die Jagdbehörde kann einen Abrundungsvertrag beanstanden, wenn die Abrundung nicht erforderlich ist. Dabei ist ein Austausch von Flächen ungefähr gleicher Größe anzustreben, d.h., die Gesamtfläche der Bezirke soll sich per Saldo möglichst nicht bzw. kaum verändern.

24a

Ausnahmsweise kann die Jagdbehörde auch kleinere Gebiete ab 200 Hektar als selbständige Jagdbezirke festsetzen, wenn Belange der Jagdpflege nicht entgegenstehen. Sinkt die Größe allerdings unter 200 Hektar, hat die Jagdbehörde diese Flächen benachbarten Jagdbezirken anzugliedern (Angliederung). Dies gilt entsprechend, wenn infolge einer Befriedung von Teilflächen (s.u.) die tatsächlich bejagbare Fläche auf weniger als 100 Hektar sinkt. Die Einzelheiten dieser Verfahren sind nicht jagdscheinrelevant.

25

Die Jagdbehörde kann einen gemeinschaftlichen Jagdbezirk in mehrere selbständige, mindestens 250 Hektar große gemeinschaftliche Jagdbezirke teilen, wenn sich die Mehrheit der Jagdgenossen nach der Kopfzahl und nach der Fläche der Grundstücke, mit denen sie der Jagdgenossenschaft angehören, für diese Teilung erklärt und Belange der Jagdpflege nicht entgegenstehen. Mit der Teilung ihres Jagdbezirks ist die dazugehörige Jagdgenossenschaft aufgelöst.

26

Sonderregelungen gelten, wenn Bezirke infolge einer Gemeindegebietsreform zusammengelegt werden. Auf Antrag kann ein Jagdbezirk auch über Gemeindegrenzen hinweg eingerichtet werden. Voraussetzung der Zusammenlegung von zusammenhängenden Grundflächen mehrerer Gemeinden ist, dass sie zusammen die Erfordernisse eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks erfüllen. Mit der Zusammenlegung hört die dazugehörige Jagdgenossenschaft zu bestehen auf.

Die Jagdbehörde hat die Verfügung über die Angliederung, Teilung oder Zusammenlegung gemeinschaftlicher Jagdbezirke den beteiligten Jagdgenossenschaften und Gemeinden zuzustellen und die Verfügung öffentlich bekannt zu machen.

b) Jagdgenossenschaft

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Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk bilden die Eigentümer der zusammengeschlossenen Grundflächen (die „Jagdgenossen“) eine Jagdgenossenschaft. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht der Jagdbehörde. Im Grundsatz besteht Pflichtmitgliedschaft. Aufgabe der Genossenschaft ist es, ihr Jagdausübungsrecht am gemeinschaftlichen Jagdbezirk gemeinschaftlich zu nutzen und zu verwalten.

Ihre Organe sind Jagdvorstand und (Mitglieder- bzw.) Genossenschaftsversammlung. Der Jagdvorstand besorgt die laufende Geschäftsführung und vertritt die Genossenschaft gerichtlich wie außergerichtlich. Er führt die Beschlüsse der Genossenschaft aus. Der Jagdvorstand wird von den Mitgliedern der Jagdgenossenschaft gewählt. Meist ist eine Amtszeit von vier Jagdjahren vorgesehen.

27a

Solange die Jagdgenossenschaft keinen Jagdvorstand gewählt hat, nimmt der „Gemeindevorstand“ die Geschäfte der Genossenschaft als sog. Notvorstand wahr. In Sachsen-Anhalt ist Notvorstand kraft ausdrücklicher Regelung der Hauptverwaltungsbeamte der Gemeinde, das heißt der Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister.

27b

Oberstes Organ der Genossenschaft ist nicht der Vorstand, sondern die Mitgliederversammlung. Soweit nichts anderes durch Satzung oder Beschluss geregelt ist, entscheidet die Versammlung über die Nutzung der Jagd, d.h. über Abschluss, Änderung, Verlängerung oder Beendigung von Pachtverträgen. Im Hinblick auf das Auswahlverfahren und die Auswahlkriterien besitzt die Genossenschaft einen großen Spielraum. Nicht auf den Vorstand übertragbar ist ihre Aufgabe, über die Verwendung des Reinertrags (d.h. Einnahmen abzüglich notwendiger Kosten) der Verpachtung zu beschließen. Jeder Jagdgenosse kann verlangen, dass ihm sein rechnerischer Anteil am Reinertrag ausbezahlt wird (sog. Auskehrungsanspruch). Der Auszahlungsanspruch für das jeweilige Jagdjahr verjährt nach drei Jahren.

28

Die Jagdgenossenschaft muss eine Satzung beschließen. Die Satzung bedarf der jagdbehördlichen Genehmigung.

29

Die Satzungen der Jagdgenossenschaften sehen in der Regel vor, dass mindestens einmal im Jahr eine Sitzung der Genossenschaftsversammlung stattfindet. Die Mitgliederversammlung entscheidet in nicht-öffentlicher Sitzung. Sofern nicht einstimmig die Öffentlichkeit oder bestimmte Nicht-Jagdgenossen zugelassen werden, dürfen daher nur die Jagdgenossen an der Sitzung teilnehmen. Alle Beschlüsse der Genossenschaft bedürfen sowohl der Mehrheit der abgegebenen Stimmen als auch der Mehrheit der bei der Abstimmung vertretenen Grundflächen (Prinzip der doppelten Mehrheit). Jagdgenossen können sich durch andere bei der Stimmabgabe vertreten lassen, jedoch bedarf dies einer schriftlichen Vollmacht, auf der die Unterschrift amtlich beglaubigt wurde.

c) Ruhen der Jagd, Befriedeter Bezirk

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Im Eigenjagdbezirk kann der Eigentümer mit Zustimmung der Jagdbehörde die Jagd ruhen lassen. Im gemeinschaftlichen Jagdbezirk kann die Jagdgenossenschaft das Ruhen der Jagd mit Zustimmung der zuständigen Jagdbehörde anordnen.

Unabhängig von solchen Anordnungen ruht die Jagd auf Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehören und innerhalb sog. befriedeter Bezirke. Befriedete Bezirke sind Gebäude, Hofräume und Hausgärten, die an eine Behausung anschließen und durch eine Umfriedung begrenzt sind (i.d.R. nicht: Landschaftsparks und Streuobstwiesen), Friedhöfe, sonstige bebaute Flächen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und Flächen innerhalb einer geschlossenen Bebauung sowie Schaugehege und Sportplätze. Die Jagdbehörde kann weitere Flächen zu befriedeten Bezirken erklären. So können etwa Baumschulen, Fischteiche, Golfplätze oder Landschaftsgärten befriedet werden. Die Entscheidung ergeht auf Antrag der jeweiligen Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten oder von Amts wegen.

Anders als die jagdbezirksfreien Flächen gehören befriedete Bezirke zu einem Jagdbezirk, obwohl auf ihnen im Grundsatz die Jagd ruht (!). Ihre Eigentümer sind gleichwohl keine Mitglieder der Jagdgenossenschaft.

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Im befriedeten Bezirk ist die Jagdausübung grundsätzlich verboten. Die Jagd darf dort nur mit besonderer Gestattung der Jagdbehörde ausgeübt werden. Der „befugte Jäger“ darf jedoch im Rahmen von Nachsuchen den befriedeten Bezirk betreten, um dort krankgeschossenes Wild zu erlegen und sich anzueignen. Mit Ausnahme dieses Nachsucherechts hat ein Jagdpächter im befriedeten Bezirk keine öffentlich-rechtlichen Pflichten oder Rechte. Innerhalb des befriedeten Bezirks dürfen die Eigentümer und Nutzungsberechtigten der Grundflächen „unabhängig von jagdrechtlichen Beschränkungen“ (!) Füchse, Steinmarder, Waschbären, Marderhunde, Minke, Nutria und Kaninchen fangen, töten und für sich behalten. Diese Befugnis wird mitunter auch „beschränktes Jagdausübungsrecht“ der Grundeigentümer genannt. Im Hinblick auf sonstiges Wild steht ihnen ein Aneignungsrecht zu, wenn es auf dem eigenen Grund verendet, ohne als zuvor krankgeschossenes und nachgesuchtes Wild dem Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten zu unterliegen. Eigentümer und Nutzungsberechtigte können Jagdausübungsberechtigten gestatten, für sie Füchse, Steinmarder, Waschbären etc. zu töten und sich anzueignen.

Unanwendbar ist das Jagdrecht auf Tiergärten, sofern diese nicht als Schau- oder Sondergehege befriedete Bezirke sind.

32

Bei der Jagd innerhalb des Jagdbezirks muss in Sachsen-Anhalt kein gesetzlicher Mindestabstand vom befriedeten Bezirk bzw. von Gebäuden oder Einfriedungen eingehalten werden (kein Verbot der „Grenzjägerei“). Zu beachten ist aber das Verbot der Jagd an Orten im Jagdbezirk, wenn die Jagd dort nach den Umständen des einzelnen Falles die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit stören oder das Leben von Menschen gefährden würde (Störungs- und Gefährdungsverbot). Maßgeblich ist mithin, dass die Jagd im Jagdbezirk ausgeübt wird, ohne die öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung zu stören oder Menschenleben zu gefährden. Ein Schießen entlang des befriedeten Bezirks oder gar in dessen Richtung verbietet sich in der Regel aus eben diesen Gründen. Hingegen ist ein Schießen im Jagdbezirk unmittelbar vor der Grenze (etwa einem Gartenzaun) in Richtung der offenen Landschaft in der Regel zulässig, sofern ein Kugelfang, Sicherheit im Übrigen und der Schutz der öffentlichen Ruhe gewährleistet sind. Auf besonders lärmempfindliche Bereiche wie Krankenhäuser, Seniorenheime und Pferdekoppeln ist Rücksicht zu nehmen. Befinden sich gar Pferde mit Reitern in der Nähe, verbietet sich wegen der Schreckempfindlichkeit der Pferde i.d.R. ein Schuss. Hingegen kann auf Viehweiden – bei angemessener Rücksicht auf die Weidetiere – ein Schuss vertretbar sein, nicht jedoch eine Treibjagd.

Flächen, auf denen dieses Jagdverbot außerdem eingreift, können in Wald und Flur etwa Naherholungsanlagen (z.B. offene Grillplätze), Sportanlagen, die keine Sportplätze sind (z.B. Trimm-Dich-Pfade), oder sonstige Ausflugsziele (z.B. Großsteingräber) sein. Kein allgemeines Jagdverbot gilt für Landschaftsschutzgebiete, obwohl sie meist der naturgebundenen Erholung (in Ruhe) dienen. Der Schusslärm ist von Besuchern von Naherholungsgebieten grundsätzlich hinzunehmen. Das Verbot ist nicht nur flächenbezogen, sondern greift etwa auch aufgrund von Nebel. Im Übrigen kann der Schutz der Ruhe auch aufgrund des Sonn- und Feiertagsschutzgesetzes geboten sein (z.B. Verbot der Jagd nahe Gottesdienst oder von Großjagd am Totensonntag).

33

Straßen, Wege und Eisenbahnkörper sind im Grundsatz keine befriedeten Bezirke, sondern gehören in der Regel zu dem Jagdbezirk, durch den sie verlaufen. Gehören sie indes keinem gemeinschaftlichen oder Eigenjagdbezirk an, gilt, dass sie jeweils bis zur Mitte als angegliederte Flächen zu den beiderseits angrenzenden Jagdbezirken zählen (gesetzliche Abrundung). Natürliche und künstliche Wasserläufe, Wege, Triften und Eisenbahnkörper sowie ähnliche Flächen, etwa Handtuchgrundstücke, bilden keinen Jagdbezirk für sich, wenn sie nach Umfang und Gestalt für sich allein keine ordnungsgemäße Jagdausübung gestatten. Sie unterbrechen den Zusammenhang eines Jagdbezirks nicht und stellen auch den Zusammenhang zur Bildung eines Jagdbezirks zwischen getrennt liegenden Flächen nicht her.

Die Jagd auf Straßen, Wegen und Eisenbahnkörpern ist trotz ihrer Zugehörigkeit zum Jagdbezirk stark eingeschränkt. Sie ist allgemein unzulässig, wenn sie nicht gefahrlos möglich ist. Autobahnen dürfen vom Jagdausübungsberechtigten gar nicht betreten, Kraftfahrstraßen nur an Kreuzungen und Einmündungen oder sonstigen dafür vorgesehenen Stellen überschritten werden, die Fahrbahnen sonstiger Straßen dürfen nur eingeschränkt betreten werden. Für die Jagd auf Wanderwegen gelten strenge Sorgfaltsanforderungen. Bahnanlagen