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Das Buch stellt das in Sachsen-Anhalt geltende Kommunalrecht für Studium und Praxis dar. Es wendet sich sowohl an Studierende als auch an "Ehrenamtler" in kommunalen Vertretungen. Es behandelt u.a. die allgemeine Rechtsstellung der Kommunen, ihre Aufgaben, die innere Kommunalverfassung, kommunale Einrichtungen, die Satzungsgebung, kommunales Wirtschafts- und Haushaltsrecht, die Finanzierung und die Aufsicht über die Kommunen. Dem Buch zugrunde liegt die ab dem 1. Juli 2024 geltende neue Rechtslage.
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Seitenzahl: 863
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Gewidmet
zum Ruhestand
meinem Freund und ehemaligen Kollegen
Prof. Dr. Wolfgang Beck
Professur für Verwaltungsrecht, Schwerpunkt Kommunalrecht
Vor zwanzig Jahren erschien im NOMOS-Verlag das Kompendium „Kommunalrecht Sachsen-Anhalt“. Seitdem erschien kein anderes Lehrbuch zum Kommunalrecht Sachsen-Anhalts, was zu bedauern ist. Zwar ist der Erwerb kommunalrechtlichen Wissens fraglos auch ohne Studienliteratur für das jeweilige Land möglich, jedoch ist der Weg zum Wissenserwerb ohne sie mühsamer und riskanter, denn die zahlreichen Besonderheiten des Landesrechts werden vernachlässigt.
Die vorliegende völlige Neubearbeitung der Erstauflage vermittelt einen systematisierenden Überblick über das in Sachsen-Anhalt geltende Kommunalrecht. Kommentierungen kommunalrechtlicher Gesetze kann das Buch nicht ersetzen. Es soll aber Antworten auf die häufigsten kommunalrechtlichen Fragen liefern. Es wendet sich nicht nur an diejenigen, die an den Hochschulen Sachsen-Anhalts das Kommunalrecht studieren, sondern auch an jene, die in Ausbildung, Beruf oder kommunalen Ehrenämtern kommunalrechtliche Kenntnisse erwerben oder vertiefen wollen.
Nahezu alle Rechtssätze des Kommunalverfassungsgesetzes und besonders wichtige Rechtssätze angrenzender Gesetze werden wiedergegeben. Viele Rechtssätze wurden wörtlich übernommen, denn das KVG zeichnet sich dadurch aus, dass seine Aussagen meist in kurze, klare Rechtssätze gekleidet sind. Weniger wichtige und detailliertere Regelungen wurden in den Fußnoten aufgenommen. Im Interesse besserer Lesbarkeit wurde das generische Maskulinum verwendet. Die hier übernommenen Personen- und Funktionsbezeichnungen des KVG sind auf Amtsinhaberinnen in weiblicher Form anzuwenden (so auch die gesetzliche Vorgabe des § 159 KVG). Die Bearbeitung berücksichtigt die neue Rechtslage und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie der sachsen-anhaltischen Gerichte bis zum 1. Juli 2024. An diesem Tag traten aufgrund infolge des Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 16. Mai 2024 zahlreiche Änderungen des KVG LSA, des GKG-LSA und des Eigenbetriebsgesetzes in Kraft.
Wie bereits im Vorwort zur Erstauflage beklagt, befindet sich die kommunale Selbstverwaltung in einer schwierigen, ja bedrohlichen Lage. Die Situation hat sich seit Erscheinen der Erstauflage sogar verschlechtert. Die unzureichende Finanzausstattung ist nach wie vor das kommunale Kernproblem, jedoch sind weitere Probleme hinzugekommen, etwa die abnehmende Bereitschaft zu ehrenamtlicher Tätigkeit. „Die Kommunen sind an einer Belastungs- bzw. Überlastungsgrenze angekommen. Die Handlungsfähigkeit des Staates steht auf dem Spiel. … Unsere heutigen staatlichen Aufgaben bekommen wir mangels personeller und finanzieller Ressourcen kaum hin.“ (Lutz Goebel, Vorsitzender des Normenkontrollrates, Behörden Spiegel 2023/April, S. 6). Wenn die Finanz- und Verwaltungskraft der Kommunen nicht gestärkt werden kann, drohen auch Funktionsverluste des Rechts.
Thorsten Franz
im August 2024
A. Grundlagen des Kommunalrechts
I. Begriffe, Gesetzgebungskompetenzen, Rechtsquellen
II. Gemeinde
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreis
V. Kommunale Zusammenschlüsse
B. Kommunale Aufgaben und ihre Rechtsbindungen
I. Verfassungsrechtliche Aufgabenverteilung
II. Gemeinde
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreis
V. Kommunale Zusammenschlüsse
C. Innere Kommunalverfassung
I. Allgemeines
II. Gemeinde
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreise
V. Kommunale Zusammenschlüsse
VI. Kommunalverfassungsstreit
VII. Plebiszitäre Elemente
D. Kommunales Satzungsrecht
I. Allgemeines
II. Rechtmäßigkeitsanforderungen
III. Folgen von Satzungsmängeln und Satzungsverstößen
E. Recht kommunaler Einrichtungen
I. Wesen und Entstehen kommunaler Einrichtungen
II. Zulassungsanspruch
III. Anschluss- und Benutzungszwang
IV. Regelungen von Benutzung und Benutzungsgebühren/Haftung
F. Wirtschaftsrecht und Haushaltsrecht
I. Kommunales Wirtschaftsrecht
II. Haushaltsrecht
G. Finanzierung der Kommunen
I. Verfassungsrechtliche Grundlage
II. Gemeinde
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreis
V. Zweckverband
A. Grundlagen
I. Begriffe, Gesetzgebungskompetenz, Rechtsquellen
1. Begriffe: Kommune und Kommunalrecht
2. Gesetzgebungskompetenz
3. Rechtsquellen
II. Gemeinde
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreis
V. Kommunale Zusammenschlüsse
1. Überblick
2. Zweckverband
3. Zweckvereinbarung
4. Arbeitsgemeinschaft
5. Höherstufige Gemeindeverbände
6. Sonstige Formen kommunaler Zusammenarbeit
B. Kommunale Aufgaben und Rechtsbindungen
I. Verfassungsrechtliche Aufgabenverteilung
II. Gemeinde
1. Selbstverwaltungsaufgaben
a) Selbstverwaltungsrecht: Grundlage und Inhalt
b) Freiwillige und pflichtige Aufgaben
c) Gemeindehoheiten
aa) Allgemeines
bb) Gebietshoheit
cc) Personalhoheit
dd) Organisationshoheit
ee) Planungshoheit
ff) Finanzhoheit
gg) Rechtsetzungshoheit
hh) Erstreckungsgarantien
d) Aufgabe der Daseinsvorsorge
e) Kommunalwirtschaft
f) Außenbeziehungen, Außen- und Innenpolitik
g) Verkehrspolitik und Klimaschutz
h) Verfassungsrechtliche Gewährleistungs- und Erfüllungspflichten
i) Sonderfälle
2. Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
a) Aufgabenzuweisungen
b) Adressaten der Zuweisung
aa) Allgemeines
bb) Unterschiede von Einheitsgemeinden und Mitgliedsgemeinden
cc) Sonderfall kreisfreie Städte
c) Verfassungsrechtslage
d) Fachaufsicht
e) Zusammenfassung der Unterschiede
3. Aufsicht über die Gemeinden
a) Allgemeines
b) Mittel der Aufsicht
aa) Präventive Mittel
bb) Repressive Aufsicht
cc) Sonstige Aufgaben der Aufsicht
dd) Rechtsschutz und Haftung
ee) Zuständigkeiten
c) Fachaufsicht
4. Verwaltungsverfahren
a) Bindung an das Verwaltungsverfahrensrecht
b) Auskunft, Beratung, amtliche Hilfe und Äußerungen
c) Aktenführung
d) Verwaltungsvollstreckung
e) Widerspruchsverfahren
5. Rechtsschutz
III. Verbandsgemeinde
1. Selbstverwaltungsaufgaben
2. Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
3. Aufsicht über die Verbandsgemeinden
4. Verwaltungsverfahren
5. Rechtsschutz
IV. Landkreis
1. Selbstverwaltungsaufgaben
2. Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
3. Aufsicht über die Landkreise
4. Verwaltungsverfahren
V. Kommunale Zusammenschlüsse
1. Zweckverband
2. Zweckvereinbarung
C. Innere Kommunalverfassung
I. Allgemeines
II. Gemeinde
1. Gemeinderat
a) Rechtsstellung
b) Zusammensetzung
c) Wahl
aa) Rechtsgrundlage
bb) Aktives Wahlrecht
cc) Wahlrechtsgrundsätze
dd) Durchführung der Wahl und Ergebnisfeststellung
ee) Einspruch und Klage
ff) Passives Wahlrecht
d) Zuständigkeiten
aa) Auffangzuständigkeit
bb) Rechtsetzung
cc) Haushaltsplanung
dd) Kontrolle des Bürgermeisters
ee) Nicht übertragbare Angelegenheiten im Übrigen
e) Verfahren
aa) Verfassungsrechtliche Bindungen
bb) Einberufung
cc) Festlegung der Tagesordnung
dd) Analoge oder digitale Sitzung
ee) Herstellung der Öffentlichkeit
ff) Verhandlungsleitung, insbesondere Ordnungsgewalt
gg) Beschlussfassung
α) Abstimmungen
β) Wahlen
γ) Rechtsnatur und Rechtswirkungen von Beschlüssen
δ) Beschlussfähigkeit
hh) Protokollierung
ii) Geschäftsordnung
jj) Sitzungen in Notsituationen
f) Fehlerfolgen
g) Ausschüsse
h) Fraktionen
2. Ratsmitglieder
a) Rechte
aa) Überblick
bb) Freies Mandat
cc) Recht zur Sitzungsteilnahme
dd) Rederecht
ee) Antragsrecht
ff) Recht der Fraktionsbildung, kein Fraktionszwang
gg) Auskunfts- und Fragerecht
hh) Recht auf Einberufung einer Sitzung
ii) Benachteiligungsverbote
jj) Freistellungsanspruch
kk) Anspruch auf Auslagen- und Verdienstausfallersatz
ll) Grundrechte
mm) Nicht anzuerkennende Anspruchspositionen
b) Pflichten der Ratsmitglieder
aa) Allgemeines
bb) Mandatsannahme
cc) Sitzungsteilnahmepflicht
dd) Pflicht zu uneigennützigen und verantwortlichen Handeln
ee) Verschwiegenheitspflicht
ff) Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen (Vertretungsverbot)
gg) Pflicht zur Anzeige der Befangenheit (Mitwirkungsverbot)
hh) Pflichten zum organtreuen und konsequentem Verhalten (…)
ii) Belehrung über die Pflichten und Folgen der Pflichtverletzung
c) Haftung der Ratsmitglieder
3. Bürgermeister
a) Amtsbezeichnung
b) Rechtsstellung
c) Wahl
d) Beginn und Ende der Amtszeit
e) Aufgaben
aa) Stellung im Rat und seinen Ausschüssen
bb) Aufgaben als Leiter der Gemeindeverwaltung
α) Leitung der Gemeindeverwaltung
β) Vollzug der Ratsbeschlüsse
γ) Geschäfte der laufenden Verwaltung
δ) Übertragung weiterer Angelegenheiten durch den Rat
ε) Eilzuständigkeit
ζ) Kontrolle des Rates
η) Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
θ) Vertretung der Gemeinde nach außen
cc) Informationspflicht gegenüber den Einwohnern
f) Vertretung des Bürgermeisters
g) Dienstpflichtverletzung und Haftung
4. Personal und Aufbau der Gemeindeverwaltung
a) Unterschiede zwischen Einheits- und Mitgliedsgemeinden
b) Beigeordnete
c) Gemeindebedienstete neben Bürgermeister und Beigeordneten
d) Binnenorganisation d er Gemeinde
5. Ortschaftsverfassung
6. Besonderheiten bei Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden
III. Verbandsgemeinde
1. Verbandsgemeinderat
a) Rechtsstellung
b) Zusammensetzung und Wahl
c) Zuständigkeiten
d) Verfahren
e) Rechte und Pflichten der Mitglieder
2. Verbandsgemeindebürgermeister
a) Rechtsstellung
b) Wahl
c) Aufgaben
3. Personal und Aufbau der Verbandsgemeindeverwaltung
4. Protokollierung
IV. Landkreis
1. Kreistag
a) Rechtsstellung
b) Zusammensetzung und Wahl
c) Zuständigkeiten
d) Rechte und Pflichten der Kreistagsmitglieder
2. Landrat
a) Rechtsstellung
b) Wahl/Amtszeit
c) Zuständigkeiten
3. Personal und Aufbau der Kreisverwaltung
V. Kommunale Zusammenschlüsse
1. Zweckverband
2. Zweckvereinbarung
VI. Kommunalverfassungsstreit
1. Wesen des Kommunalverfassungsstreits
2. Zulässigkeit
a) Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
b) Statthafte Klageart
c) Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage
d) Subsidiarität der allgemeinen Feststellungsklage
e) Berechtigtes Feststellungsinteresse
f) Klagebefugnis
g) Passive Prozessführungsbefugnis
h) Beteiligungsfähigkeit
i) Prozessfähigkeit
j) Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
3. Begründetheit
4. Vorläufiger Rechtsschutz
5. Kosten
VII. Plebiszitäre Elemente
1. Verfassungsrechtliche Ausgangslage
2. Bürgerbegehren
a) Formelle Anforderungen
b) Materielle Anforderungen
c) Feststellung der Zulässigkeit
d) Rechtsschutz
3. Bürgerentscheid
a) Allgemeines
b) Verfahren
c) Rechtswirkung
4. Sonstige Formen der Mitwirkung i.w.S.
5. Abgrenzung zu Formen nicht plebiszitärer Mitwirkung
D. Kommunales Satzungsrecht
I. Allgemeines
1. Begriff
2. Rechtsgrundlage und Reichweite des Satzungsrechts
3. Satzungstypen
4. Kein Anspruch auf Satzungen
II. Rechtmäßigkeitsanforderungen
1. Formelle Rechtmäßigkeit
2. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Ermächtigungsgrundlage
b) Höherrangiges Recht
c) Ausgewählte fachgesetzliche Schranken
III. Folgen von Satzungsmängeln und Satzungsverstößen
1. Fehlerfolgen
2. Rechtsschutz gegen Satzungen
IV. Folgen der Nichtbeachtung von Satzungsrecht
V. Anhang zu kommunalen Rechtsverordnungen
E. Recht kommunaler Einrichtungen
I. Wesen und Entstehen kommunaler Einrichtungen
1. Begriff der öffentlichen Einrichtung
2. Bereitstellungspflicht
3. Organisationsformen
a) Öffentlich-rechtliche Organisationsformen
b) Privatrechtliche Organisationsformen
4. Benutzungsverhältnis
II. Zulassungsanspruch
1. Allgemeiner Einwohner-Zulassungsanspruch
a) Gemeinde als Einrichtungsträger
b) Verschaffungsanspruch
c) Prozessuales
2. Besondere Zulassungs- und Benutzungsansprüche
III. Anschluss- und Benutzungszwang
1. Voraussetzungen
2. Befreiung
3. Drittschutz
4. Europa- und Bundesrechtskonformität des Zwangs
IV. Regelungen von Benutzung und Benutzungsgebühren/Haftung
F. Wirtschaftsrecht und Haushaltsrecht
I. Kommunales Wirtschaftsrecht
1. Wirtschaftliche Unternehmen
a) Begriff
b) Abgrenzung von Hoheitsbetrieben
2. Organisationsformen
a) Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Organisationsformen
b) Besondere Anforderungen an Unternehmen in Privatrechtsform
3. Schrankentrias
a) Zweckbindung
b) Angemessenheit
c) Subsidiarität
4. Randnutzung und außergebietliche Wirtschaftstätigkeit
5. Sparkassen
6. Offenlegung von Ergebnissen, Beteiligungen
7. Rechtsstellung der privaten Wettbewerber
8. Unionsrecht
II. Haushaltsrecht
1. Überblick
2. Allgemeine Grundsätze
3. Haushaltssatzung
4. Veranschlagungsgrundsätze
5. Ausgaben, Einnahmen und Kassenführung
6. Vermögen der Kommune
7. Rechnungsprüfung
G. Finanzierung der Kommunen
(
mit Kommunalabgabenrecht)
I. Allgemeines
II. Gemeinde
1. Finanzierung nach dem Grundgesetz
2. Finanzierung nach der Landesverfassung
3. Gemeindeabgabenrecht
a) Gesetzgebungskompetenz und Rechtsquellen
b) Gemeindeabgaben
aa) Steuern
bb) Gebühren
cc) Beiträge
dd) Sonstige Abgaben
c) Satzungszwang
III. Verbandsgemeinde
IV. Landkreis
1. Stellung der Kreise in der Finanzverfassung
2. Finanzzuweisungen und Kommunalabgaben
3. Kreisumlage
4. Sonderregelungen
V. Zweckverbände
Lit.: Bull, Kommunale Selbstverwaltung heute – Idee, Ideologie und Wirklichkeit, DVBl. 2008, 1 ff.; Dietlein/Peters, Kommunale Selbstverwaltung im Föderalstaat, 2017; Gern/Brüning, Deutsches Kommunalrecht, 5. Aufl., 2024 (angekündigt); Henneke, Die Kommunen im föderalen Schuldenstaat, VBlBW 2023, 265-275; Kluth, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 96; v. Kraack, Kommunale Selbstverwaltung im Bundes- und Finanzstaat, NWVBl. 2023, 308 ff.; Mann/Püttner, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis: Band 1: Grundlagen und Kommunalverfassung, 3. Aufl., 2007; Preuß, Die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland: Selbstverwaltung im deutschen Rechtssystem: Analyse und historische Perspektiven, 2024
In diesem Kapitel werden die Begriffe Kommune und Kommunalrecht definiert, die Gesetzgebungskompetenzen für das Kommunalrecht behandelt und die Rechtsquellen des Kommunalrechts werden im Überblick genannt (I.). Sodann werden die kommunalen Gebietskörperschaften Gemeinde (II.), Verbandsgemeinde (III.) und Landkreis (IV.) im Hinblick auf ihre allgemeine Rechtsstellung beschrieben. Es folgt eine Beschreibung der Rechtsgrundlagen kommunaler Zusammenschlüsse (V.).
1Einen allgemeingültigen Begriff der Kommune gibt es nicht. Die Begriffsbedeutung ergibt sich aus dem jeweiligen Kontext der Begriffsverwendung. Nach dem engen Begriff der Landesverfassung Sachsen-Anhalts1 sind Kommunen nur Gemeinden und Landkreise.2 Hingegen sind Kommunen im Sinne des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt3 (Kommunalverfassungsgesetz Sachsen-Anhalt – KVG LSA) die Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise.4 Formen der Zusammenarbeit von Kommunen, wie etwa der Zweckverband, fallen nicht unter diese gesetzlichen Begriffe der Kommune.
2Nach einem weiten kommunalwissenschaftlichen Begriffsverständnis sind Kommunen alle rechtsfähigen Selbstverwaltungskörperschaften unterhalb der Landesebene mit Ausnahme der Körperschaften der funktionalen Selbstverwaltung5. M.a.W. sind dies alle rechtsfähigen Kommunalkörperschaften6 und damit insbesondere auch rechtsfähige Zusammenschlüsse zwischen Gemeinden, Verbandsgemeinden und Kreisen. Rechtsfähig sind sie, wenn sie Träger eigener Rechte und Pflichten sind. Derartige „Kommunalkörperschaften“ sind alle im Kommunalrecht vorgesehenen Körperschaften. Zu den Körperschaften auf kommunaler Ebene zählen neben den Gemeinden, Verbandsgemeinden und Kreisen auch die (rechtsfähigen) Zweckverbände.7 Unter einer „Körperschaft“ wird hier eine Organisation verstanden, die durch Hoheitsakt geschaffen und mit bestimmten öffentlichen Aufgaben betraut wird, wobei ihr Spezifikum die mitgliedschaftliche Struktur ist.8
3Mitglieder der Körperschaft sind im Fall der Gebietskörperschaften Gemeinde, Verbandsgemeinde und Landkreis deren Bürger.9 Bürger einer Kommune sind die Einwohner, die Deutsche im Sinne des Art. 116 GG sind oder die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaats besitzen, das 16. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in dieser Kommune wohnen (§ 21 II 1 KVG10).11 Mitglieder der Verbandskörperschaft Zweckverband12 sind die im Verband zusammengeschlossenen Gemeinden (bzw. Kreise).13 Auch die Verbandsgemeinde hat Elemente einer Verbandskörperschaft, jedoch gilt sie kraft gesetzgeberischer Festlegung als Gebietskörperschaft (§ 2 III 1 KVG).
4Das Kommunalrecht ist das Recht der Kommunen. Dies sind alle Rechtssätze, die in spezifischer Weise für Kommunen gelten. Sie regeln insbesondere die Aufbau- und Ablauforganisation der Kommunen, die Wahl ihrer Organe, die Haushaltsführung, Wirtschaftstätigkeit und Abgabenerhebung von Kommunen, ihre Zusammenarbeit und die Aufsicht über sie.
5Innerhalb des Kommunalrechts können Teilrechtsgebiete abgegrenzt werden. Dies sind insbesondere: Kommunalwahlrecht, kommunales Wirtschaftsrecht, kommunales Haushaltsrecht, Kommunalabgabenrecht, Recht der kommunalen Zusammenarbeit und das Recht der Gebietsneugliederung.
6Kommunalrecht wird nach Maßgabe der grundgesetzlichen Kompetenzordnung erlassen. Mangels einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist die Gesetzgebung im Kommunalrecht dem Grundsatz nach Sache der Länder (Art. 70 I GG). Eine Ausnahme bildet die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 74 I Nr. 26 GG). Zudem hat der Bund in wenigen Fällen durch Bundesgesetz den Gemeinden Verwaltungsaufgaben übertragen.
Bsp.: Dies ist etwa in Bezug auf die Bauleitplanung der Fall (vgl. § 1 II BauGB).
7Die Steuergesetzgebungskompetenz richtet sich nach Art. 105 GG. Im Hinblick auf die von den Gemeinden erhobenen Realsteuern Grund- und Gewerbesteuer liegt die Gesetzgebungskompetenz beim Bund. Auf dieser Grundlage wurden das GrdStG und das GewStG erlassen.
8Das Kommunalrecht gilt als Teilgebiet des besonderen Verwaltungsrechts. Die Rechtsquellen des Kommunalrechts sind vielgestaltig und finden sich im Europarecht, Bundesrecht, Landesrecht sowie im Ortsrecht. Unterscheidet man die Rechtsquellen ihrer Rechtsnatur nach können die Verordnungen und Richtlinien des Unionsrechts, Bundesgesetze und Bundesverordnungen, Landesgesetze und Landesverordnungen sowie Satzungen und sonstige Rechtsnormen des Ortsrechts unterschieden werden. Das Schwergewicht der Regelungen liegt bei den Landesgesetzen des Kommunalrechts.14
9Das Europarecht spielt als Rechtsquelle des Kommunalrechts für die Verwaltungspraxis eine geringe Rolle.15 Von einem europäischen Kommunalrecht als eigenständigem Rechtsgebiet kann keine Rede sein und es gelten nur sehr wenige Reglungen mit Kommunalbezug. Die vom Europarat beschlossene Europäische Charta der kommunalen Selbstverwaltung enthält völkerrechtlich verbindliche Grundprinzipien für die Konzeption der kommunalen Selbstverwaltung in den Mitgliedstaaten.16 Sie gilt im deutschen Recht als einfaches Bundesgesetz. Ihr Regelungsgehalt reicht allerdings über den des Art. 28 II GG nicht hinaus.
10Im Hinblick auf den Schutz der Kommunen vor einem Kompetenzverlust an die EU sind vor allem das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 I, II EUV)17 und das Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 III EUV)18 von Bedeutung. Das Subsidiaritätsprinzip bezieht auch die „lokale“ Ebene mit ein.
11Das Europarecht erkennt das im mitgliedschaftlichen Recht verbürgte „lokale“ Selbstverwaltungsrecht an. So achtet die EU gem. Art. 4 II 1 EUV die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Auch im Hinblick auf die herkömmlich von Kommunen wahrgenommenen Zuständigkeiten gilt, dass die EU bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat (Art. 5 I 2 EUV). Gem. Art. 5 III 1 EUV wird die Union nach dem Subsidiaritätsprinzip in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Die Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an (Art. 5 III 2 EUV). Die nationalen Parlamente, für Deutschland der Bundestag, achten auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in jenem Protokoll vorgesehenen Verfahren (Art. 5 III 3 EUV). Über den sog. Europaartikel des Grundgesetzes (Art. 23 I 1 GG) wirkt das Subsidiaritätsprinzip zumindest normativ auf das Verhältnis zwischen Staat und Kommunen ein, insofern der Bund die Aufgabe hat, die Kommunen vor Rechtsakten der Union zu schützen, die das Subsidiaritätsprinzip zu deren Nachteil verletzen.19 Einfachgesetzlich verpflichtet § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Union20 Bund und Länder, das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden und der Gemeindeverbände auch gegenüber der EU zu wahren und zu schützen.
12Auch der (durch den Lissaboner Vertrag gestärkte) Ausschuss der Regionen kann Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht, die gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, abwehren.21 Er kann wegen Verstößen gegen die Pflicht zu seiner Beteiligung gem. Art. 263 AEUV Klage erheben und die Verletzung des Subsidiaritätsprinzips gem. Art. 8 des Protokolls zum Subsidiaritätsprinzip rügen.
13Als „EU-Kommunalrecht“ könnte man die Regelung über das Kommunalwahlrecht für Unionsbürger bezeichnen, wonach diesen das aktive und passive Kommunalwahlrecht zusteht (Art. 22 I AEUV).22
Die Kommunen müssen wie andere Hoheitsträger die grundsätzliche Geltung der Wettbewerbsregeln des Unionsrechts für ihre Unternehmen (Art. 101 ff. AEUV) sowie das grundsätzliche Beihilfeverbot (Art. 107 I AEUV) beachten (vgl. auch Art. 106 I AEUV). Für kommunale Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert (Art. 106 II 1 AEUV). Bedeutung für Kommunen können auch europarechtliche Regelungen erlangen, die das kommunale Selbstverwaltungsrecht mittelbar beschränken, wie z.B. die Regelungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge oder solche, die mitunter die Bauleitplanung betreffen.
Bsp.: Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie bzw. deren Umsetzung im nationalen Recht (§ 34 I BNatSchG)
14Angesichts der Ländergesetzgebungskompetenz für das Kommunalrecht finden sich im Wesentlichen nur solche Regelungen des Bundesrechts, welche die allgemeine Stellung der Kommunen im Staatsaufbau regeln. Dies sind neben der für die Länder allgemein geltenden Bindung an republikanische, demokratische, soziale und rechtsstaatliche Grundsätze (Art. 28 I 1 GG) vor allem die Regelung über die demokratische Binnenstruktur der Gemeinden und Kreise (Art. 28 I 2 GG), die Rechtsgrundlage der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 II GG), die kommunale Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Nr. 4b GG) und die Grundgesetzartikel über die kommunale Finanzausstattung (Art. 28 II 2, 106 V-VIII GG). Auf den Europaartikel Art. 23 GG und § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten der Europäischen Union wurde bereits hingewiesen.
15Die meisten Regelungen des Kommunalrechts sind solche des Landesrechts. Die Landesverfassungen gewährleisten die kommunale Selbstverwaltung23 und regelmäßig auch deren Schutz durch die kommunale Verfassungsbeschwerde. Die Universalität (Allzuständigkeit) des kommunalen Wirkungskreises wird zwar regelmäßig gewährleistet, jedoch ist die jederzeitige Hochzonung von Aufgaben und die Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Kommunen grundsätzlich zulässig (vgl. Art. 87 III VerfLSA).24 Der institutionelle Bestand der Gemeinde darf hierdurch aber nicht ausgehöhlt werden.25 Die Selbstverwaltung steht zudem unter Staatsaufsicht.26 Die meisten Landesverfassungen enthalten Finanzgarantien der Kommunen, wie etwa die Verpflichtung zu einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen und sehen ein eigenes Steuer- und Abgabenrecht der Kommunen vor.
16Zentrale Gesetzeswerke des deutschen Kommunalrechts sind die Kommunalordnungen (Gemeindeund Landkreisordnungen) bzw. Kommunalverfassungsgesetze der Bundesländer. Sie stellen die wichtigsten Rechtsquellen des Kommunalrechts dar und sind gleichsam Zentral- oder Basisgesetze des Kommunalrechts. Die zentrale Stellung eines Kommunalverfassungsgesetzes (bzw. einer Kommunalordnung) drückt sich darin aus, dass andere Kommunalgesetze (im weiten Sinn) auf sie Bezug nehmen bzw. diese Regelungen voraussetzen. Die Kommunalverfassungsgesetze regeln Wesen und Aufgabe der Gemeinde, ihre innere Verfassung und Verwaltung im Hinblick auf Organe, Bedienstete und besondere Verwaltungsformen, die Kommunalwirtschaft, d.h. insbesondere Haushalt und wirtschaftliche Betätigung sowie die Staatsaufsicht über die Kommunen. In manchen Bundesländern heißt das Kommunalverfassungsgesetz Kommunalordnung oder die Länder verfügen über eine Gemeindeordnung und eine Landkreisordnung. Auch Sachsen-Anhalt verfügte neben einer Gemeindeordnung27 über eine Landkreisordnung. Die Regelungen sind außer Kraft getreten und gelten nur noch für den Sonderfall, dass eine Gemeinde ihre Geschäftsvorfälle noch nach dem System der Kameralistik bewirtschaftet (§ 156 II KVG).
17Für Sachsen-Anhalt gilt das Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt28, das der Sache nach eine Gemeindeordnung, eine Verbandsgemeindeordnung und eine Landkreisordnung umfasst. Das Kommunalverfassungsgesetz ist vielfach geändert worden.29 Es ist gleichsam das „Grundgesetz des Kommunalrechts“ des Landes. Die letzten Änderungen erfolgten durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts vom 16. Mai 2024.30 Das Kommunalverfassungsgesetz wird im Folgenden im Interesse der Platzersparnis anstelle der amtlichen Kurzbezeichnung („KVG LSA“) in diesem Buch mit „KVG“ abgekürzt.31
18Neben dem KVG gelten zahlreiche weitere landesrechtliche Vorschriften des Kommunalrechts, die im Folgenden sachgebietsbezogen aufgelistet sind. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um weitere Gesetze im formellen Sinn als auch um Rechtsverordnungen auf Grundlage von Parlamentsgesetzen. Die Rechtsverordnungen werden im Regelfall vom zuständigen Innenministerium erlassen.
19Kommunalwahlrecht: Kommunalwahlgesetz für das Land Sachsen-Anhalt (KWG LSA)32; Kommunalwahlordnung für das Land Sachsen-Anhalt (KWO LSA)33; Kommunalwahlgeräte-Verordnung (KWGer-VO)34
20Kommunale Gemeinschaftsarbeit: Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG-LSA)35
21Kommunalwirtschaft/Daseinsvorsorge: Gesetz über die kommunalen Eigenbetriebe (Eigenbetriebsgesetz – EigBG)36; Verordnung über die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen der Eigenbetriebe (Eigenbetriebsverordnung - EigBVO)37; Gesetz über die kommunalen Anstalten des öffentlichen Rechts (Anstaltsgesetz - AnstG)38; Verordnung über die kommunalen Anstalten des öffentlichen Rechts (Anstaltsverordnung - AnstVO)39
22Kommunales Haushaltsrecht und sonstiges Finanzwesen: Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes der Gemeinden, Landkreise und Verbandsgemeinden im Land Sachsen-Anhalt nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung (Kommunalhaushaltsverordnung - KomHVO)40; Verordnung über die Kassen- und Buchführung der Kommunen im Land Sachsen-Anhalt nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung (Kommunalkassen- und Buchführungsverordnung - KomKBVO)41; Gesetz zur Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens für die Kommunen des Landes Sachsen-Anhalt42; Verordnung über die Erhebung kommunaler Haushaltseckdaten im Rahmen des Haushaltskennzahlensystems in Sachsen-Anhalt (Verordnung Kommunales Haushaltskennzahlensystem - KomHKSVO)43; Kommunalbesoldungsverordnung (KomBesVO)44; Verordnung über die Entschädigung bei ehrenamtlicher Tätigkeit in den Kommunen (Kommunal-Entschädigungsverordnung - KomEVO)45; Kommunalabgabengesetz (KAG-LSA)46; Verordnung über die monatlichen Zuweisungen an die Gemeinden und Verbandsgemeinden im Land Sachsen-Anhalt nach dem Kinderförderungsgesetz für das Jahr 202247
23Gebietsneugliederung: Gesetz über die Grundsätze der Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt (Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz - GemNeuglGrG)48; Gesetz zur Kreisgebietsreform49; Gesetz zur Kreisgebietsneuregelung (LKGebNRG)50; Verordnung zur Gemeindegebietsreform51;52 Gesetz zur Ausführung der Gemeindegebietsreform (GebRefAusfG)53; Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der kommunalen Verwaltungstätigkeit54
24Zuständigkeiten: Allgemeine Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht (AllgZustVO-Kom)55
25Sonstige: Gesetz zu den Staatsverträgen des Landes Sachsen-Anhalt mit den Ländern Brandenburg und Niedersachsen und den Freistaaten Sachsen und Thüringen über grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit56; Verordnung über die Festsetzung von Stellenobergrenzen (Stellenobergrenzenverordnung - StOGVO)57; Gesetz über den kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt (KVSAG LSA)58
26Zahlreiche Fachgesetze enthalten Aufgabenzuweisungen bzw. -übertragungen auf Kommunen.
Bsp.: Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Landkreise und kreisfreien Städte als untere Bauaufsichtsbehörden (vgl. § 56 I Nr. 1, § 57 I BauO LSA)
Neben den oben aufgelisteten kommunalrechtlichen Verordnungen, die den Kommunen Aufgaben übertragen, existieren fachgesetzliche Verordnungen, die den Kommunen Aufgaben zuweisen.
27Originäres Recht der Kommunen stellen die von ihnen erlassenen Satzungen dar. Auf die Rechtsgrundlagen der kommunalen Satzungen wird noch einzugehen sein. In Satzungsform können auch Geschäftsordnungen ergehen. Diese sind aber meist Innenrechtsakte ohne Satzungscharakter bzw. Rechtsnormen eigener Art.
28Nicht zu den Rechtsquellen zählt man gemeinhin für Kommunen geltende Verwaltungsvorschriften. Im Rahmen ihrer Organisationshoheit kann jeder kommunale Verwaltungsträger für seine Selbstverwaltungsangelegenheiten Verwaltungsinnenrecht in Gestalt von Verwaltungsvorschriften erlassen (Organisations- und Dienstvorschriften, etwa Geschäftsverteilungspläne und Dienstkleidungsordnungen, gesetzesauslegende bzw. norminterpretierende, normkonkretisierende und ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften). Für Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises (Fachaufsicht!) ergehen Verwaltungsvorschriften der übergeordneten Behörden.
Bsp.: Verwaltungsvorschrift des Landes Sachsen-Anhalt für das Personenstandswesen59
29Die Gemeinden zählen zur „vollziehenden Gewalt“ im Sinne des Grundgesetzes (Art. 20 II GG).60 Sie sind Verwaltungsträger und auch Träger von Selbstverwaltung. Als Verwaltungsträger sind sie Teil der öffentlichen Verwaltung im Land Sachsen-Anhalt im Sinne der Landesverfassung (Art. 86 I VerfLSA)61. Ihrer Rechtsnatur nach sind die Gemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts,62 d.h. mitgliedschaftlich organisierte Verwaltungsträger des öffentlichen Rechts, die aufgrund gesetzlicher Übertragung öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Da den Gemeinden Gebietshoheit zusteht, zählen sie zu den Gebietskörperschaften. Dies stellt der Landesgesetzgeber auch ausdrücklich fest (§ 2 I KVG63).64 Anders als bei sonstigen Körperschaften knüpft die Mitgliedschaft bei der Gebietskörperschaft an geografische Merkmale an. Das Gebiet der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören (§ 16 I 1 KVG).65 Zum Gemeindegebiet gehören alle im Verwaltungsgebiet gelegenen Grundstücke mit Ausnahme der sog. gemeindefreien Grundstücke. Ein idealtypischer Zuschnitt des Gemeindegebietes wahrt die örtliche Verbundenheit, sichert aber zugleich auch die Leistungsfähigkeit zur Aufgabenerfüllung.66 Dies bedingt eine Mindestgröße und hierauf aufbauende Verwaltungskraft der Gemeinde, die es ihr erlaubt, die typischerweise von Gemeinden zu verwaltenden Angelegenheiten aus eigener Kraft wahrzunehmen. Da sich die Bevölkerungsdichten ändern, wurden und werden in den Bundesländern, so auch in Sachsen-Anhalt, Gemeindegebietsreformen durchgeführt. In Sachsen-Anhalt haben sie bisher im Wesentlichen dazu gedient, die Zahl nicht ausreichend verwaltungs- und finanzkräftiger Gemeinden zu verringern.67
30Eine gesetzliche Mindesteinwohnerzahl68 einer Gemeinde ist nicht vorgesehen. Sinkt die Einwohnerzahl einer Gemeinde aber derart ab, dass sie keine dauerhafte Leistungsfähigkeit zur selbständigen Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben mehr hat, kann die Gemeinde aufgelöst, in ihren Grenzen geändert oder neu gebildet werden,69 sofern es nicht zu einer freiwilligen (vertraglichen) Gebietsänderung kommt.70
31Die Stellung der Gemeinden im Staat und seinem Verwaltungsaufbau wird durch ihre mehrfache Einbindung in übergeordnete Strukturen eines Mehrebenensystems gekennzeichnet. Die Gemeinden sind Bestandteile des Bundesstaats als Ganzem.71 Sie sind nicht nur deutsche Gemeinden, weil sie in Deutschland liegen, sondern weil sie Bestandteile des deutschen Staates sind. Diese dogmatische Zuordnung ist allerdings nicht unbestritten, da sie die Sonderstellung der Gemeinden im Staat als Selbstverwaltungskörperschaften „eher vernebelt als erhellt“72. Richtig ist, dass die Gemeinden keine originäre, sondern eine vom Bundesstaat abgeleitete Hoheitsgewalt besitzen. Nach der verfehlten Gegenansicht soll es sich hingegen um eine dritte Ebene originärer Staatsgewalt neben Bund und Ländern,73 mithin um „kleine Republiken“74, handeln.
32Die Gemeinden sind – anders als etwa die freien Reichsstädte im Mittelalter oder bundesunmittelbare Hauptstädte75 – Bestandteile der jeweiligen Länder. So sind die sachsen-anhaltischen Gemeinden Bestandteile des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Dies drückt sich in Landesverfassung und Organisationsgesetz des Landes aus. Die Gemeinden sind der Geltung von Landesrecht unterworfen, das Land führt eine Staatsaufsicht über sie und ist für ihre ausreichende Finanzausstattung verantwortlich (vgl. die Art. 87, 88 VerfLSA, §§ 17 ff. OrgG LSA). Gleichwohl kommt den Gemeinden aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts eine Sonderstellung im Sinne einer gewissen Eigenständigkeit und Unabhängigkeit innerhalb des Aufbaus der Länder zu. Sie gehören nicht zur unmittelbaren, sondern zur mittelbaren Landesverwaltung (vgl. § 17 I OrgG LSA).76
33Gemeinden gehören in der Regel einem Landkreis an, sind m.a.W. kreisangehörige Gemeinden (§ 12 I KVG), sofern sie nicht ausnahmsweise die Rechtsstellung einer kreisfreien Stadt haben. In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit 11 Landkreise mit 215 kreisangehörigen Gemeinden.77 Nicht kreisangehörig sind die drei kreisfreien Städte Dessau-Roßlau, Halle (Saale) und Magdeburg (§ 12 II KVG).78
34Kreisangehörige Gemeinden sind entweder sog. Einheitsgemeinden oder sie gehören einer Verbandsgemeinde an (§ 12 II 2 KVG). Von den 215 kreisangehörigen Gemeinden sind 101 sog. Einheitsgemeinden und 114 Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden. In Sachsen-Anhalt gibt es 18 Verbandsgemeinden. Für Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden gelten die Vorschriften für Gemeinden entsprechend, sofern nicht ausdrücklich Abweichendes (insbesondere in §§ 9597 KVG) bestimmt ist (§ 12 Satz 2 KVG). Die Unterschiede zwischen Einheitsgemeinden und Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden sind weitreichend. So sind die Mitgliedsgemeinden angesichts ihrer bescheidenen Verwaltungs- und Finanzkraft und der Dominanz ihrer Verbandsgemeinde in tatsächlicher Hinsicht eher mit einer aufgabenstarken „Ortschaft“ als einer allzuständigen klassischen Gemeinde vergleichbar, die als Einheitsgemeinde über eine eigene Verwaltung verfügt und auch zahlreiche staatliche Aufgaben wahrnimmt.
35Die Gemeinde besitzt als juristische Person des öffentlichen Rechts79Rechtsfähigkeit, ist mithin Trägerin eigener Rechte und Pflichten. Dabei kann es sich um öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Rechte und Pflichten handeln. Die Gemeinde besitzt auch Dienstherrnfähigkeit (§ 2 Nr. 1 BeamtStG). Sie darf somit eigene Beamte,80 Angestellte und Arbeiter beschäftigen.
36Die Stellung der Gemeinde im Staatsaufbau wird weiterhin durch ihre Bindung an grundlegende Prinzipien der Staatsorganisation bestimmt. Gemeinden sind trotz ihres Selbstverwaltungsrechts nicht von der Bindung an die Verfassung ausgenommen. So muss die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne des Grundgesetzes entsprechen (Art. 28 I 1 GG). Auch die Binnenordnung in den Gemeinden als Bestandteilen der Länder darf diesen Grundsätzen nicht widersprechen. Das Grundgesetz bezieht das Demokratiegebot ausdrücklich auf die Ebene der Gemeinden (und Kreise) und gebietet eine demokratische Binnenstruktur derselben: In den Gemeinden (und Kreisen) muss das Volk hiernach eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist (Gebot demokratisch legitimierter Volksvertretung gem. Art. 28 I 2 GG).81 Hierin drückt sich in Verbindung mit der Selbstverwaltungsgarantie das Staatsaufbauprinzip der „Demokratie von unten nach oben“82 bzw. einer „Demokratie auf allen Ebenen“ aus. Die rechtstatsächliche Bedeutung der Gemeinden für den demokratischen Staatsaufbau wird deutlicher, wenn auch es in der Kommunalverfassung (etwas pathetisch) heißt, die Gemeinde sei Grundlage und zugleich Glied des demokratischen Staates (§ 2 I KVG).
37Aufgrund des Demokratiegebots müssen alle hoheitlichen Entscheidungen der Gemeinde durch eine ununterbrochene Legitimationskette personell demokratisch legitimiert sein, d.h. auf das Volk zurückgeführt werden können.83 Jeder kommunale Amtsträger, der Staatsgewalt ausübt, bedarf dieser demokratischen Legitimation. Unmittelbar demokratisch legitimiert sind, aufgrund der Volkswahl dieser Organe, die Entscheidungen des Rates und des Bürgermeisters. Alle übrigen Entscheidungen müssen zumindest mittelbar legitimiert sein. Das Demokratieprinzip gebietet ein bestimmtes Legitimationsniveau, das von den Zielen, der Eigenart und Bedeutung des jeweiligen Staatshandelns abhängig ist.84 Dem Demokratieprinzip unterliegt unabhängig von der Rechtsform des Tätigwerdens „alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter“85.
38Die demokratische Grundordnung auf gemeindlicher Ebene folgt dem Prinzip der repräsentativen Demokratie. Diese demokratische Repräsentation vollzieht sich durch die Volksvertretung wie auch durch ihre Ausschüsse.86 Der Landesgesetzgeber könnte im Einklang mit dem Grundgesetz bestimmen, dass an Stelle einer gewählten Körperschaft eine „Gemeindeversammlung“ aller Bürger tritt.87 Diese Form der Willensbildung wäre allerdings nur in sehr kleinen Gemeinden praktikabel. In größeren Gemeinden könnten die Bürger allenfalls durch eine Ausweitung plebiszitärer Elemente stärker an der Willensbildung beteiligt werden. Hierzu mag rechtspolitisch Anlass bestehen, weil die kommunalen Volksvertretungen aufgrund der geringen Wahlbeteiligung den Willen der Bevölkerung in materieller Hinsicht unzureichend repräsentieren. In Wahlbeteiligungen von weniger als der Hälfte der Wahlberechtigten manifestiert sich ein überwiegendes Desinteresse an der Kommunalpolitik. Daher kann davon gesprochen werden, dass das Prinzip der repräsentativen Demokratie auf der örtlichen Ebene sich in einer Krise befindet. Letztlich spiegelt die geringe Wahlbeteiligung wohl auch die geringe Entscheidungsmacht der zu Wählenden wider. Die Wähler erkennen, dass die Kommunen aus finanziellen, rechtlichen und sonstigen Gründen oft mehr in der Theorie denn in der Praxis substanzielle Handlungsspielräume bei der Politikgestaltung besitzen.
39Eher akademischer Natur ist die Frage, ob Rechts- und Sozialstaatsprinzip für die Kommunen bereits unmittelbar aufgrund des Art. 20 I, III GG oder nur mittelbar aufgrund des Art. 28 I GG (i.V.m. dem jeweiligen Landesverfassungsrecht) gelten. Folgt man der herrschenden Zuordnung der Gemeinden zur vollziehenden Gewalt gem. Art. 20 III GG, ergibt sich die Bindung an Rechtsstaatsund Sozialstaatsprinzip bereits aus Art. 20 I bzw. III GG.88 Ein ungeschriebener zentraler Inhalt des Rechtsstaatsprinzips ist die Bindung der vollziehenden Gewalt an den Gesetzesvorbehalt, der somit auch für die Kommunen gilt.89 Hierauf wird bei der Behandlung des Satzungsrechts zurückzukommen sein.
40Die Grundrechtsbindung der Gemeinden ergibt sich unmittelbar aus Art. 1 III GG.90 Sie sind als Teil der vollziehenden Gewalt im Sinne dieses Artikels an die Grundrechte gebunden. Soweit auch die Grundrechtsbindung zum Inhalt des in Art. 28 I GG genannten Rechtsstaatsprinzips gezählt wird, geht die Grundrechtsbindung nach Art. 1 III GG als lex specialis vor.
41Ob die Gemeinden (und andere Kommunen) der Staatsgewalt der Exekutive oder aber der Legislative angehören, wird kontrovers beurteilt. Im Hinblick auf den Erlass von Satzungen als zentralem Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung ist die Einordnung schwierig. Nach einer vom BVerfG in einer Entscheidung aus dem Jahre 1983 geäußerten Ansicht ist die kommunale Rechtsetzung „ungeachtet dessen, daß sie in mancher Hinsicht legislatorischen Charakter aufweist, im System der staatlichen Gewaltenteilung der Exekutive zuzuordnen“91. Im Jahre 1972 war das BVerfG allerdings noch anderer Ansicht und meinte, die Gemeinde sei zwar als solche der Exekutive zuzuordnen, die kommunale Rechtsetzung jedoch müsse dem Bereich der Legislative zugeordnet werden; anders als bei der Verordnungsgebung sei insoweit der Gewaltenteilungsgrundsatz nicht durchbrochen.92 Folgt man indes der heute herrschenden uneingeschränkten Zuordnung der Gemeinden zur Exekutive, sind sprachliche Anleihen an die Parlamentsgesetzgebung in Bezug auf die kommunale Rechtsetzung jedenfalls ungenau. Dies gilt etwa im Hinblick auf die geläufige Bezeichnung der Gemeinden als „Ortsgesetzgeber”93 oder die Bezeichnung des Gemeinderates als „Parlament“.94 Nur wenn man der Gegenauffassung folgt, die Gemeinden würden im Bereich der Satzungsgebung originäre Staatsgewalt wahrnehmen und seien insoweit der Legislative zuzuordnen, erschiene insoweit auch eine Bezeichnung kommunaler Volksvertretungen als Parlamente konsequent.95
42Nach dem Landesverfassungsrecht zählt der Normerlass durch Kommunalkörperschaften nicht zur Gesetzgebung (vgl. Art. 2 IV, 77-82 VerfLSA). Landesverfassungsrechtlich gesehen sind die Kommunen (auch beim Normerlass) Bestandteil der Verwaltung.
43Die Gemeinde ist ein Verwaltungsträger.96 Sie darf daher wie alle Verwaltungsträger nur im Rahmen ihrer gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeit handeln. Dieser Grundsatz drückt sich im Grundgesetz (Art. 28 II 1 GG), der Landesverfassung (Art. 87 II VerfLSA) sowie im KVG aus (§ 2 II KVG). Die Gemeinden sind in ihrem Gebiet die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen (§ 2 II KVG). Man spricht hier von einer „subsidiären Allzuständigkeit“ oder bezeichnet diese umfassende Zuständigkeit der Gemeinden auch als „Universalität des Wirkungskreises“97.
44Mit ihrem rechtlichen „Können“ korrespondiert allerdings oft ein rechtliches „Müssen“, d.h. den Gemeinden sind zahlreiche Aufgaben als Pflichtaufgaben zugewiesen. Pflichtaufgaben können übertragene staatliche Aufgaben oder aber Selbstverwaltungsaufgaben sein. So müssen die Gemeinden etwa die für ihre Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereitstellen (§ 4 Satz 2 KVG). Diese Verpflichtung haben sie indes nur in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Die Gemeinde nimmt ihre Zuständigkeiten durch ihre Organe (Bürgermeister und Rat) wahr. Durch diese erlangt sie (als reine Konstruktion einer „fleischlosen“ Rechtsperson) ihre Handlungsfähigkeit. Geschäftsfähigkeit erhält die Gemeinde durch die rechtsgeschäftliche Vertretung des Bürgermeisters.
45Die Gemeinden sind Selbstverwaltungsträger (i.S.v. Art. 86 I VerfLSA). Dies ändert nichts an der Bindung an die Zuständigkeitsordnung, jedoch sind sie befugt, alle örtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen, die nicht gesetzlich anderen Aufgabenträgern zugewiesen sind. Die Gemeinde kennzeichnet die Selbstverwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten, mögen sie auch teilweise staatliche Aufgaben wahrnehmen.
Bsp. (eigene Angelegenheiten): Bau und Unterhaltung von Gemeindestraßen, Kultur- und Sportförderung
Die Funktion und das Recht der Gemeinden Sachsen-Anhalts, ihre eigenen Angelegenheiten (im Rahmen der Gesetze) zu verwalten, folgen bereits aus dem Grundgesetz (Art. 28 II GG) und der Landesverfassung (Art. 87 I, II VerfLSA). Die Vorgabe des § 1 KVG, dass die Gemeinden (sowie Verbandsgemeinden und Landkreise) ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung mit dem vorgegebenen Ziel verwalten, das Wohl ihrer Einwohner zu fördern geht nicht darüber hinaus. Soweit der Landesgesetzgeber die Gemeinde als „Grundlage und Glied des demokratischen Staates“98 (§ 2 I KVG) bezeichnet, hebt dies die Bedeutung der Gemeinde für die demokratische Ordnung des gesamten deutschen Gemeinwesens hervor, ist aber keine vollzugsfähige normative Vorgabe.99
46Die Aufgaben, die die Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeit wahrnehmen, sind zu unterscheiden nach Aufgaben im eigenen und im übertragenen Wirkungskreis (§ 4 Satz 1 KVG). Während die Gemeinde die eigenen Angelegenheiten (Angelegenheiten im eigenen Wirkungskreis) grundsätzlich kraft und im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts wahrnehmen kann, übernimmt sie staatliche Aufgaben nur kraft gesetzlicher Aufgabenübertragung. Die Verpflichtung, in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen (§ 4 Satz 2 KVG), bezieht sich nicht auf die Aufgaben des übertragenen, sondern nur auf die des eigenen Wirkungskreises. Das Selbstverwaltungsrecht gilt für die Wahrnehmung von Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nicht, wozu bei den Gemeinden die Aufgaben gehören, die ihnen (von Bund oder Land) durch Gesetz als staatliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen sind (§ 6 I Nr. 1 KVG). Den Gemeinden müssen hierfür die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt werden.100
47Als Stadt dürfen sich diejenigen Gemeinden bezeichnen, denen diese Bezeichnung nach altem Recht zustand oder von einer dafür nach Landesrecht vorgesehenen Behörde verliehen wurde.101 In Sachsen-Anhalt gelten als Stadt Gemeinden, denen die Bezeichnung zum 30.06.2014 zustand oder denen die Bezeichnung von der Kommunalaufsichtsbehörde verliehen wird (§ 14 I 1 und 2 KVG). Die Kommunalaufsichtsbehörde kann auf Antrag der Gemeinde die Bezeichnung Stadt einer solchen Gemeinde verleihen, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und Wirtschaftsverhältnissen städtisches Gepräge trägt (§ 14 I 2 KVG). Ob eine Gemeinde städtisches Gepräge trägt, hängt maßgeblich von ihrer Einwohnerzahl ab, wobei der Gesetzgeber eine entsprechende Fiktion vorgeben kann.102Wie bereits angeführt sind bestimmte Großstädte kraft Gesetzes „kreisfreie Städte“, d.h. sie gehören keinem Landkreis an.
48Die Gemeinde kann auch sonstige überkommene Bezeichnungen weiterführen (§ 14 III 1 KVG). Wird eine Gemeinde mit einer sonstigen überkommenen Bezeichnung in eine andere Gemeinde eingegliedert oder mit anderen Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt, kann diese Bezeichnung für den entsprechenden Ortsteil der aufnehmenden oder neu gebildeten Gemeinde weitergeführt werden (§ 14 III 2 KVG). Die Kommunalaufsichtsbehörde kann auf Antrag der Gemeinde Bezeichnungen, die auf der geschichtlichen Vergangenheit, der heutigen Eigenart oder Bedeutung der Gemeinde beruhen, verleihen oder ändern (§ 14 III 3 KVG). In diesem Sinne können insbesondere Zusätze zum Gemeindenamen verliehen werden.
Bsp.: Bäderstadt, Martin Luther-Stadt, Universitätsstadt
Magdeburg führt die Bezeichnung Landeshauptstadt (§ 14 IV KVG).
Sonderregelungen zu den Gemeindenamen gelten für den Fall der gemeindlichen Neugliederung.103
49Großen Gemeinden kann unter bestimmten Voraussetzungen der Status „kreisfreie Stadt“ verliehen werden. An die Kreisfreiheit knüpft insbesondere die Rechtsfolge an, dass die kreisfreie Stadt neben ihren Aufgaben als Gemeinde auch die Aufgaben wahrnimmt, die sonst dem Landkreis zugewiesen sind.
50Jede Gemeinde (bzw. Stadt) führt den Namen, den sie am 30.06.2014 innehatte, fort (§ 13 I 1 KVG).104 Gemeinden (bzw. Städten) steht ein Namensrecht zu.105 Die gemeinderechtlichen Namensregelungen sind Schutznormen i.S.d. Zivilrechts (Schutz auch durch § 12 BGB, § 16 UWG).106
Bsp.: Die Gemeinde hat gegenüber der Deutschen Bahn AG einen Anspruch auf eine Bezeichnung des Gemeindebahnhofs mit dem korrekten amtlichen Gemeindenamen.107
Im Falle einer Namensrechtsverletzung kann daher die in ihrem Recht verletzte Kommune auf Unterlassung klagen. Ob eine unberechtigte Namensanmaßung vorliegt, ist Einzelfallfrage.
Bsp.: Die Benennung der durch Zusammenschluss mehrerer Gemeinden gebildeten Stadt in Sachsen-Anhalt als „Oberharz am Brocken“ ist keine unberechtigte Namensanmaßung gegenüber der in Niedersachsen gelegenen Samtgemeinde „Oberharz“.108
Die Kommunalaufsichtsbehörde kann auf Antrag der Gemeinde den Namen der Gemeinde ändern (§ 13 II 1 KVG). Vor der Antragstellung sind die betroffenen Bürger zu hören (§ 13 II 2 KVG).
51Die Gemeinde darf Ortsteilen Namen geben. Über die Benennung oder die Änderung der Benennung von Ortsteilen entscheidet die Gemeinde nach Anhörung der betroffenen Bürger (§ 13 III KVG). Ortsteilen, die vor einer Gebietsänderung als ehemalige Gemeinden eine sonstige Bezeichnung geführt hatten, kann die Kommunalaufsichtsbehörde auf Antrag der Gemeinde, des Ortschaftsrates oder des Ortsvorstehers das Recht verleihen, diese Bezeichnung wieder führen zu dürfen (§ 14 III 4 KVG). Dies gilt nicht, wenn der Name des Ortsteils mit dem der Gemeinde identisch ist und diese bereits die sonstige Bezeichnung führt (§ 14 III 5 KVG). Ortsteilen, die vor einer Gebietsänderung als ehemalige Gemeinden die Bezeichnung Stadt geführt hatten, kann die Kommunalaufsichtsbehörde auf Antrag der Gemeinde, des Ortschaftsrates oder des Ortsvorstehers das Recht verleihen, diese Bezeichnung wieder führen zu dürfen (§ 14 II 3 KVG). Dies gilt nicht, wenn der Name des Ortsteils mit dem der Gemeinde identisch ist und diese bereits die Bezeichnung Stadt führt (§ 14 II 4 KVG). Ortsteile von Gemeinden sind berechtigt, die Wappen und Flaggen, die sie bis zum 30. Juni 2014 geführt haben, weiterzuführen (§ 15 I 4 KVG)
52Einen dem Namensrecht vergleichbaren Schutz genießt das Recht der Gemeinden, ihre bisherigen Wappen und Flaggen zu führen (§ 15 I 1 KVG LSA). Die Kommunen führen die Wappen und Flaggen, die sie bis zum 30.06.2014 geführt haben, weiter und sind berechtigt, diese zu ändern oder neue anzunehmen (§ 15 I 1-2 KVG). Die Annahme neuer Wappen und Flaggen oder ihre Änderung bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde (§ 15 I 3 KVG). Die Gemeinde ist berechtigt, ihre Hoheitszeichen auch im Rahmen ihres Schriftverkehrs (auf Briefköpfen etc.) zu verwenden. Gemeinden führen ein Dienstsiegel (vgl. § 15 II 1 KVG). Haben sie ein Wappen, so ist dieses Bestandteil des Dienstsiegels (§ 15 II 2 KVG).109
Lit.: Brodmerkel, Kommunale Selbstverwaltung im ländlichen Raum: Entsprechen Verbands- und Samtgemeinden sowie Verwaltungsgemeinschaften noch dem Leitbild der (…),2020; Nierhaus/Gebhardt, Kommunale Selbstverwaltung zur gesamten Hand. Von der Samt- und Verbandsgemeinde zur Orts- und Amtsgemeinde?, 2000
53Verbandsgemeinden sind in staatsrechtlicher Hinsicht Bestandteile der Bundesrepublik Deutschland und des Staates Sachsen-Anhalt110. Soweit sie staatliche Aufgaben wahrnehmen, zählen sie zur mittelbaren Staatsverwaltung (vgl. § 17 OrgG LSA). Zudem gehören Verbandsgemeinden jeweils einem Landkreis an (§ 13 KVG). Die Verbandsgemeinde ist kraft gesetzlicher Festlegung Gebietskörperschaft (§ 2 III 1, § 89 I KVG).111 Ihr Gebiet besteht aus dem Gemeindegebiet ihrer Mitgliedsgemeinden (§ 16 I 2, § 89 I 1 KVG). Sie sollen drei bis acht Mitgliedsgemeinden umfassen (§ 89 I 2 KVG). Für die Verbandsgemeinde gilt wie für die Gemeinde, dass sie durch die Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben und ihr Recht zur Selbstverwaltung (zum Wohl ihrer Einwohner) gekennzeichnet ist. Die Verbandsgemeinde ist ein Verwaltungsträger und Selbstverwaltungsträger (i.S.v. Art. 86 I VerfLSA), der demgemäß mit Selbstverwaltungsrecht ausgestattet ist (vgl. Art. 87 I, II VerfLSA )112. Sie ist juristische Person des öffentlichen Rechts, mithin rechtsfähig und zudem dienstherrnfähig113. Als juristische Person kann sie insbesondere auch selbst Eigentümerin von Grundstücken und beweglichen Gegenständen sein. Für ihr Eigentumsrecht im Verhältnis zu Mitgliedsgemeinden gelten besondere Vorschriften.114
54Die Verbandsgemeinde i.S.d. KVG ist keine „Gemeinde“ im Sinne des Art. 28 II GG, weil sie einen Zusammenschluss mehrerer Gemeinden i.S.d. GG darstellt. Die Verbandsgemeinde ist vielmehr ein „Gemeindeverband“ i.S.d. Art. 28 II GG. Die Verfassungsrechtsprechung versteht unter Gemeindeverbänden i.S.d. GG zum einen die kommunalen Gebietskörperschaften, zum anderen aber auch „die wegen des Gewichts ihrer Selbstverwaltungsaufgaben gleichzuachtenden Zusammenschlüsse“.115 Nach abweichender Ansicht fallen unter den Begriff der Gemeindeverbände ausschließlich die Landkreise.116
55Auch im Hinblick auf die Landesverfassung (Art. 87 I VerfLSA) stellt sich die Frage, ob die (in ihr nicht erwähnte) Verbandsgemeinde ein Gemeindeverband ist. Die Ausgangslage ist insoweit eine andere als nach dem Grundgesetz, da dort nur zwei und nicht (wie in der Landesverfassung) drei Typen von Selbstverwaltungsträgern genannt sind (Gemeinden, Landkreise, Gemeindeverbände).
Auch insoweit gilt aber, dass die Verbandsgemeinde einen Zusammenschluss mehrerer Gemeinden darstellt und daher als Gemeindeverband einzuordnen ist.
56Die Verbandsgemeinde könnte auch als eine „Gesamtgemeinde“ bezeichnet werden. Dieser Begriff findet im Recht Sachsen-Anhalts aber keine Verwendung. Als dogmatische Kategorie kann er dazu dienen, rechtsvergleichend institutionalisierte Formen einer intensiven nachbargemeindlichen Zusammenarbeit unter einen Oberbegriff zu fassen. Dieser Typus weit reichender Zusammenarbeit wird dadurch charakterisiert, dass der Gesamtgemeinde eine Vielfalt von Verwaltungsaufgaben übertragen werden, um so die unzureichende Verwaltungskraft von Mitgliedsgemeinden zu kompensieren und eine ansonsten erforderliche Eingliederung bzw. gemeindliche Gebietsreform zu vermeiden. Bedeutung hat der Zusammenschluss zu Gesamtgemeinden daher vor allem für ländliche Regionen mit einer Vielzahl kleinerer Gemeinden ohne ausreichende Verwaltungs- und Finanzkraft („Zwerggemeinden“). Unter Gesamtgemeinden werden hier so unterschiedliche Kommunalkörperschaften wie Verwaltungsgemeinschaften (in Baden-Württemberg und Sachsen oder die ehemaligen Verwaltungsgemeinschaften Sachsen-Anhalts), Verbandsgemeinden (Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz) oder Samtgemeinden (Niedersachsen) verstanden.117
57Die Verbandsgemeinde entsteht durch Verbandsgemeindevereinbarung (arg. e § 89 II KVG). Die Verbandsgemeindevereinbarung muss gem. § 89 II KVG insbesondere bestimmen: 1. die Mitgliedsgemeinden, 2. den Namen der Verbandsgemeinde und den Sitz ihrer Verwaltung, 3. die Aufgaben, die der Verbandsgemeinde nach § 90 III KVG von den Mitgliedsgemeinden zur Erfüllung übertragen worden sind (§ 89 II KVG). Änderungen der Verbandsgemeindevereinbarung werden vom Verbandsgemeinderat mit der Mehrheit seiner Mitglieder beschlossen und bedürfen des Benehmens der von der Änderung unmittelbar betroffenen Mitgliedsgemeinden und der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde (§ 89 III 1 KVG).118 Verbandsgemeinden können umgebildet werden.119
58Jede Verbandsgemeinde führt den Namen fort, den sie am 30. Juni 2014 innehatte (§ 13 I 1 KVG). Verbandsgemeinden können ihren Namen ändern, indem sie die Verbandsgemeindevereinbarung entsprechend ändern (§ 13 IV KVG).
59Die Verbandsgemeinde hat anders als die Gemeinde keine Allzuständigkeit. Sie erfüllt neben ihren Mitgliedsgemeinden öffentliche Aufgaben im Rahmen der Vorschriften des sechsten Teils des KVG (§ 2 III 2 KVG). Sie nimmt die ihr gesetzlich zugewiesenen und zusätzlich die durch ihre Mitgliedsgemeinden übertragene Aufgaben wahr.120
60In Sachsen-Anhalt bestehen folgende elf Landkreise: Altmarkkreis Salzwedel, Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Landkreis Börde, Burgenlandkreis, Landkreis Harz, Landkreis Jerichower Land, Landkreis Mansfeld-Südharz, Saalkreis, Salzlandkreis, Landkreis Stendal und Landkreis Wittenberg. Die Landkreise Sachsen-Anhalts sind in staatsrechtlicher Hinsicht Bestandteile der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Sachsen-Anhalt. Sie sind Gebietskörperschaften (§ 3 I KVG). Das Gebiet des Landkreises besteht aus den Gebieten der kreisangehörigen Gemeinden (§ 16 I 3 KVG).121 Als Gebietskörperschaften sind sie juristische Person des öffentlichen Rechts, mithin rechtsfähig und dienstherrnfähig.
61Landkreise sind Verwaltungsträger und gehören als solche zur öffentlichen Verwaltung (i.S.v. Art. 86 I Verf.LSA). Sie wirken als Bestandteil der sog. mittelbaren Landesverwaltung durch die Erfüllung von Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis bei der Landesverwaltung mit (Art. 17 I 1 OrgG LSA) mit, wobei sie der Fachaufsicht unterliegen.122 Landkreise wirken in dieser Funktion als „untere“ Behörden im Verwaltungsaufbau.
Bsp.: Kreis als untere Abfall-, Bau-, Jagd-, Naturschutz- und Wasserbehörde
Einen Schutz durch das Selbstverwaltungsrecht genießen sie bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben nicht und es ergeben sich aus der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben keine eigenen Rechte des Kreises.123 Sie sind aber auch Selbstverwaltungsträger (i.S.v. Art. 86 I VerfLSA), die ihre eigenen Angelegenheiten (im Rahmen der Gesetze) verwalten (Art. 87 I, II VerfLSA)124. Dieses Recht zur Selbstverwaltung ist geschützt.125
62Der Kreis ist Gemeindeverband sowohl im Sinne des Grundgesetzes126 als auch im Sinne der meisten Landesverfassungen,127 nicht jedoch der Verfassung Sachsen-Anhalts (!), weil diese explizit den Kreis neben dem Gemeindeverband nennt128. Die Bezeichnung des Kreises als „Gemeindeverband im Sinne des Grundgesetzes“ kann die fehlerhafte Vorstellung erzeugen, beim Kreis handele es sich um eine Verbandskörperschaft. Der Landkreis darf jedoch nicht mit einer Form der Zusammenarbeit von Gemeinden in Verbänden, wie etwa dem Kommunalen Versorgungsverband, verwechselt werden. Er ist nicht nur ein Bund mehrerer Gemeinden, sondern eine rechtlich selbständige Gebietskörperschaft129 mit seinen Bürgern als „Mitgliedern“. Demgemäß besitzt er eine eigene Gebietshoheit. Sein Gebiet umfasst das Gebiet der kreisangehörigen Gemeinden. Der Kreis ist das wichtigste kommunale Rechtssubjekt oberhalb der Ortsebene.
63Jeder Landkreis führt den Namen, den er am 30. Juni 2014 innehatte, fort (§ 13 I 3 KVG). Die oberste Kommunalaufsichtsbehörde kann auf Antrag des Landkreises den Kreisnamen ändern (§ 13 II 3 KVG). Der Name des Kreises ist rechtlich geschützt.130
64Die Landkreise sind, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen, in ihrem Gebiet die Träger der öffentlichen Aufgaben, die von überörtlicher Bedeutung sind oder deren zweckmäßige Erfüllung die Verwaltungs- oder Finanzkraft der ihnen angehörenden Gemeinden und Verbandsgemeinden übersteigt (§ 3 II 1 KVG). Die Kreise unterstützen die ihnen angehörenden Gemeinden und Verbandsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und sorgen für einen angemessenen Ausgleich der gemeindlichen Lasten (§ 3 II 2 KVG). Der Landkreis soll die Selbstverwaltung der kreisangehörigen Gemeinden ergänzen und fördern (§ 3 III 1 KVG). Der Landkreis und die kreisangehörigen Gemeinden sollen im Zusammenwirken alle Aufgaben der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung erfüllen (§ 3 III 2 KVG).
65Anders als die Gemeinde genießt der Kreis nach dem Grundgesetz keine Allzuständigkeit und nimmt nur ausdrücklich zugewiesene Aufgaben wahr. Nur im Hinblick auf die ihm durch Gesetz zugewiesenen, auf sein Gebiet begrenzten überörtlichen Angelegenheiten steht ihm ein Selbstverwaltungsrecht zu (vgl. Art. 28 II 2 GG).131 Die meisten Landesverfassungen gewähren den Kreisen nur eine ähnliche Rechtsstellung. Die Landesverfassung Sachsen-Anhalts gewährt den Kreisen jedoch das Recht, alle öffentlichen Aufgaben selbständig wahrzunehmen, soweit diese nicht durch Gesetz anderen Stellen übertragen wurden.132 Nach dem KVG sind die Kreise, wie bereits dargelegt, in ihrem Gebiet die Träger der öffentlichen Aufgaben von überörtlicher Bedeutung oder solcher, deren zweckmäßige Erfüllung die Verwaltungs- oder Finanzkraft der ihnen angehörenden Gemeinden und Verbandsgemeinden übersteigt (§ 3 II 1 KVG LSA). Man könnte insoweit von einer originären Allzuständigkeit bei überörtlichen Aufgaben und von einer „subsidiären“ Allzuständigkeit bei Aufgaben sprechen, die die Kräfte von Gemeinde und Verbandsgemeinde übersteigen. Letzteres ließe sich auch als eine „Kompetenz-Kompetenz“ des Kreises bezeichnen bestimmte Gemeindeangelegenheiten in Umsetzung einer Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion an sich zu ziehen.
66In Sachsen-Anhalt handelt der Landrat ausschließlich als Organ des Kreises und nicht als staatliche Behörde. Bereits die Fassung der Fachgesetze spricht in der Regel für eine Wahrnehmung der Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises als Kreisverwaltung und nicht als Teil der Landesverwaltung.133 Man darf sich insoweit nicht von der unterschiedlichen Bedeutung des Wortes „Staatsverwaltung“ bzw. „Landesverwaltung“ beirren lassen. Versteht man den Begriff der Landesverwaltung im staatsorganisationsrechtlichen Sinne und damit sehr weit, sind Kreise und kreisfreie Städte Bestandteile der Landesverwaltung. Diese Bedeutung von „Landesverwaltung“ ist in § 17 OrgG LSA enthalten, wonach Landkreise Teil der sog. mittelbaren Landesverwaltung sind.134 Will man hingegen den Unterschied zwischen der Landesverwaltung und der Kommunalverwaltung betonen, werden der Kreis und die anderen Kommunalkörperschaften als „Kommunalverwaltung“ gegenüber der Landesverwaltung abgegrenzt.
Bsp.: „Landesbehörde“ i.S.v. § 8 AG VwGO LSA meint nur Behörden der unmittelbaren Landesverwaltung, nicht aber kommunale Behörden.
Lit.: Fadavian, Interkommunale Zusammenarbeit und ihre verfassungsrechtlichen Grenzen: Eine Untersuchung am Beispiel des Regionalverbands Ruhr, 2017; Kluth, in: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht II, § 98; Oebbecke, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Band I, § 29, 843 ff.; Pencereci, Quo vadis interkommunale Zusammenarbeit, LKV 2005, 137 ff.; Schreiner, Die Haftung im Zweckverband: Interkommunales Kooperationsrecht, Kommunalrecht und Gesellschaftsrecht, 2016
67Die Kommunen können nach Maßgabe des KVG Formen kommunaler Gemeinschaftsarbeit nutzen, um Aufgaben gemeinsam wahrzunehmen, zu deren Erfüllung sie berechtigt oder verpflichtet sind (§ 1 GKG-LSA). Zweck dieser kommunalen Gemeinschaftsarbeit ist es, dass Kommunen ihre Aufgaben gemeinschaftlich oder füreinander wahrnehmen, um ihre Verwaltungskraft besser auszuschöpfen oder Aufgaben durchzuführen, die über das eigene Gebiet hinaus wirken.135 Die Zusammenarbeit kann sich auf sachlich und örtlich begrenzte Teile der Aufgaben beschränken (§ 1 Satz 2 GKG-LSA).
Bsp.: Gemeinsame Vergabe von Bauleistungen (wobei das Vergaberecht unberührt bleibt)
Die Anstalten des öffentlichen Rechts und Zweckverbände werden für die ihnen satzungsgemäß obliegenden Aufgaben den Kommunen gleichgestellt, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt (§ 1 Satz 3 GKG-LSA).
68Öffentlich-rechtliche Formen kommunaler Gemeinschaftsarbeit sind die Arbeitsgemeinschaft, die (delegierende oder mandatierende) Zweckvereinbarung und der Zweckverband (§ 2 I GKG-LSA). Kommunen haben auch die Befugnis, sich bei der gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben der Rechtsformen des Privatrechts zu bedienen.136 Von diesen Formen der Zusammenarbeit ist allein der Zweckverband eine rechtsfähige Kommunalkörperschaft. Von diesen Formen der Zusammenarbeit nach dem GKG-LSA zu unterscheiden sind weitere Formen öffentlich-rechtlicher Zusammenarbeit von Kommunen nach Fachgesetzen, wie nach dem KVSAG LSA oder Formen kommunalpolitischer Zusammenarbeit. Zudem können sich aus Staatsverträgen besondere Regelungen über eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit ergeben (vgl. § 2 IV KVG). Trifft das GKG-LSA keine besonderen Regelungen, gelten die allgemeinen kommunalrechtlichen Bestimmungen ergänzend (§ 2 III 1 GKG-LSA).
69Kommunen können sich zur gemeinsamen Erfüllung einzelner Aufgaben zu einem Zweckverband zusammenschließen (Freiverband, § 6 I 1 GKG-LSA). Neben Kommunen können auch andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts Verbandsmitglieder sein, soweit nicht die für sie geltenden besonderen Vorschriften eine Beteiligung ausschließen oder beschränken (§ 6 I 2 GKG-LSA). Zweckverbände können nicht Mitglieder von Zweckverbänden sein (§ 6 I 5 GKG-LSA). Natürliche und juristische Personen des Privatrechts können Verbandsmitglieder sein, wenn es für die Erreichung des Zwecks von besonderer Bedeutung ist (§ 6 I 3 GKG-LSA). Die Kommunen müssen aber die Mehrheit der Verbandsmitglieder stellen und die Mehrheit der Stimmen in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes haben (§ 6 I 4 GKG-LSA).
70Ein Zweckverband darf nur errichtet werden, wenn die Aufgaben nicht ebenso wirkungsvoll und wirtschaftlich von einer Verbandsgemeinde oder im Rahmen einer Zweckvereinbarung wahrgenommen werden können (Nachrang der Zweckverbandsgründung, § 6 III GKG-LSA). Die Aufgabenwahrnehmung auf Grundlage einer Zweckvereinbarung hat mithin Vorrang, ebenso wie sich die Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden vorrangig des Instruments der Aufgabenübertragung auf die Verbandsgemeinde bedienen müssen.
71Grundlage des jeweiligen Zweckverbandes bildet eine Verbandssatzung, welche die Beteiligten zur Bildung des Verbandes beschließen müssen (§ 8 I GKG-LSA). Sie muss einen gesetzlichen Mindestinhalt aufweisen.137 Die Verbandssatzung bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde (§ 8 IV GKG-LSA).138 Fehlerhaft gegründete Zweckverbände gelten nach näherer Maßgabe von Heilungsvorschriften als wirksam gegründet.139 Das Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hatte die äußerst weit reichende, fragwürdige Heilungsregelung des § 8a GKG-LSA a.F. für mit der Landesverfassung vereinbar erklärt.140
72Auch die Bildung von Pflichtverbänden ist möglich: Besteht für die Bildung eines Zweckverbandes zur Erfüllung bestimmter Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises ein dringendes öffentliches Bedürfnis, kann die Kommunalaufsichtsbehörde den zu beteiligenden Kommunen eine angemessene Frist zur Bildung eines Zweckverbandes setzen (§ 8b I GKG-LSA). Wird der Zweckverband innerhalb der gesetzten Frist nicht gebildet, verfügt die Kommunalaufsicht die Bildung eines Zweckverbandes und erlässt gleichzeitig die Verbandssatzung (§ 8b II 1 GKG-LSA). Vor dieser Entscheidung sind die Beteiligten zu hören (§ 8b II 2 GKG-LSA). Zudem ist die zwangsweise Gründung von Pflichtverbänden nach Maßgabe von Fachgesetzen zulässig.
Bsp.: Die obere Wasserbehörde kann gem. § 84 I WG LSA im Benehmen mit der oberen Kommunalaufsichtsbehörde Gemeinden zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbeseitigung zu einem Zweckverband zusammenschließen oder einem bestehenden Zweckverband anschließen, wenn für den Zusammenschluss oder Anschluss ein dringendes öffentliches Bedürfnis besteht.
Die Vorschriften über den Freiverband gelten für den Pflichtverband entsprechend (§ 8b IV GKG-LSA). Soweit das GKG-LSA nichts anderes bestimmt, gelten für den Zweckverband (Pflicht- wie Frei-verband) die Vorschriften für Gemeinden sinngemäß (§ 16 I 1 GKG-LSA). Hiernach können in der Verbandsversammlung etwa Fragestunden durchgeführt werden.141
73Der Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 7 Satz 1 GKG-LSA)142 und zwar Verbandskörperschaft, nicht Gebietskörperschaft143. Die Mitgliedschaft knüpft nicht, wie bei Gebietskörperschaften, an den Wohnsitz natürlicher Personen (bzw. an den Sitz juristischer Personen als Mitgliedern) in einem Gebiet an.144 Vielmehr beruht sie auf einer Willenserklärung ihrer Mitglieder. Bisherige Rechte und Pflichten der Gemeinde gehen frühestens ab dem Beitritt und nur mit Wirkung für die Zukunft auf den Zweckverband über.145 Der Zweckverband besitzt Dienstherrenfähigkeit (§ 7 Satz 1 HS 2 KVG).146
74Sofern es sich nicht um einen Pflichtverband mit zugewiesenen bzw. gesetzlichen Aufgaben handelt, entscheiden die Beteiligten durch ihre Verbandssatzung, welche Aufgaben der Freiverband wahrnimmt.147
75Mit der Entstehung des Zweckverbandes gehen das Recht und die Pflicht der beteiligten Kommunen, die übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die dazu notwendigen Befugnisse auszuüben, auf den Zweckverband über (Übergang von Recht und Pflicht zur Aufgabenwahrnehmung, § 9 I 1 GKG-LSA). Dies schließt die Befugnis ein, für die betreffenden Aufgaben Satzungen oder Verordnungen zu erlassen (Übergang des Satzungs- und Verordnungsrechts, § 9 I 2 GKG-LSA).148 Die Zweckverbände sind im Hinblick auf Zuwiderhandlungen gegen ihre Satzungen zur Verfolgung und Ahndung zuständige Verwaltungsbehörden im Sinne des Ordnungswidrigkeitenrechts149 (§ 9 II GKG-LSA).
76Zweckverbände können aufgelöst werden, Mitglieder können austreten oder ausgeschlossen werden, Aufgaben können geändert werden. Änderungen der Verbandssatzung, die den Beitritt, den Ausschluss oder den Austritt von Verbandsmitgliedern sowie die Auflösung des Zweckverbandes betreffen, bedürfen einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der satzungsmäßigen Stimmen der Verbandsversammlung und der Mehrheit der Verbandsmitglieder (§ 14 I GKG-LSA).150 Es kann geregelt werden, dass ein Austritt nur unter Beachtung von Fristen und aus wichtigem Grund zulässig ist.151 Das GKG-LSA regelt den Fall des Wegfalls von Verbandsmitgliedern (§ 15 GKG-LSA) ebenso wie den Formenwechsel (§ 15a GKG-LSA), etwa in eine Anstalt des öffentlichen Rechts.
77Die Rechtsnatur des Zweckverbandes und das für ihn geltende Rechtsregime ändern sich auch dann nicht, wenn der Verband Private als Mitglieder aufnimmt. Es wurde bereits genannt, dass natürliche und juristische Personen des Privatrechts Verbandsmitglieder sein können, wenn es für die Erreichung des Zwecks von besonderer Bedeutung ist (§ 6 I 3 GKG-LSA).
78Keine körperschaftliche Strukturen hat die kommunale Zweckvereinbarung Sie ist eine nichtinstitutionalisierte vertragliche Zusammenarbeit i.S.d. GKG-LSA. Kommunen, Anstalten des öffentlichen Rechts und Zweckverbände können durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zwei unterschiedliche Formen der Zweckvereinbarung begründen. Sie können vereinbaren, dass einer der am Vertrag beteiligten Körperschaft einzelne oder mehrere Aufgaben der übrigen Beteiligten zur Erfüllung übertragen werden, wobei eine beteiligte Körperschaft insbesondere den übrigen Beteiligten die Mitbenutzung einer von ihr betriebenen Einrichtung gestatten kann (delegierende Zweckvereinbarung, § 3 I Nr. 1 GKG-LSA).
Bsp.: Gemeinden A und B vereinbaren, dass Gemeinde A für beide Gemeinden eine Kläranlage baut und betreibt.
79Eine oder mehrere der am Vertrag beteiligten Körperschaften können einzelne oder mehrere Aufgaben für die übrigen Beteiligten in deren Namen und in deren Auftrag gemeinschaftlich durchführen (mandatierende Zweckvereinbarung, § 3 I Nr. 2 GKG-LSA)152.
80Kommunen, Anstalten des öffentlichen Rechts und Zweckverbände können in einer mandatierenden Zweckvereinbarung auch den Betrieb einer gemeinsamen Dienststelle vereinbaren (§ 3 II 1 GKG-LSA).153
Bsp.: Einrichtung und Betrieb gemeinsamer Rettungsleitstelle der Landkreise Salzwedel und Stendal
81Gegenstand der Zweckvereinbarung können Aufgaben des eigenen wie des übertragenen Wirkungskreises sein. Soweit delegierende und mandatierende Zweckvereinbarungen eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises betreffen, bedürfen sie der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Fachaufsichtsbehörde (§ 3 III 1 GKG-LSA).154
82Eine Zweckvereinbarung bedarf der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde, soweit eine Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises erfüllt werden soll (Genehmigungspflicht gem. § 3 III 1 GKG-LSA). Die Kommunalaufsichtsbehörde bedarf des Einvernehmens der Fachaufsichtsbehörde. Auch Änderungen von Zweckvereinbarung über übertragene Aufgaben sind genehmigungspflichtig. Im Übrigen sind Zweckvereinbarungen der Kommunalaufsichtsbehörde nach Abschluss anzuzeigen (Anzeigepflicht, § 3 III 2 GKG-LSA),
83Die nur anzeigepflichtige Zweckvereinbarung wird ohne amtliche Bekanntmachung mit ihrem Abschluss wirksam (Wirksamkeit ohne Bekanntmachung, § 3 V 1 GKG-LSA). Die beteiligten Kommunen und Zweckverbände haben die Zweckvereinbarung nach den für ihre Satzungen geltenden Vorschriften öffentlich bekannt zu machen (§ 3 V 2 GKG-LSA). Für die öffentliche Bekanntmachung und das Wirksamwerden einer genehmigungspflichtigen Zweckvereinbarung gilt hingegen § 8 V GKG-LSA, wonach die Kommunalaufsichtsbehörde die Satzung und ihre Genehmigung nach den für die Satzungen ihres Landkreises geltenden Vorschriften bekannt zu machen hat (§ 3 V 3 GKG-LSA). In diesem Fall tritt die Wirksamkeit erst mit dieser Bekanntmachung ein.
84Rechtsfolge der wirksamen delegierenden Zweckvereinbarung ist der Übergang des Rechts und der Pflicht zur Aufgabenerfüllung auf die übernehmende Körperschaft (§ 4 I 1 GKG-LSA). Die übrigen Beteiligten werden von der Pflicht zur Aufgabenerfüllung frei (§ 4 I 2 GKG-LSA). Der Rechts- und Pflichtenübergang schließt den Übergang der Befugnis mit ein, für die betreffende Aufgabe Satzungen und Verordnungen zu erlassen (vgl. § 4 I 1 GKG-LSA). Es entsteht mithin ein besonderes Satzungsrecht der übernehmenden Kommune. Die Satzungen und Verordnungen im Rahmen der Aufgabenübertragung gelten für das gesamte Gebiet der Beteiligten. Die die Aufgabe übernehmende Körperschaft hat Satzungen und Verordnungen, die sie für das Gebiet der übrigen Beteiligten erlässt, in den Bekanntmachungsorganen aller Beteiligten öffentlich bekannt zu machen (§ 4 I 3 GKG-LSA).155 In der Zweckvereinbarung kann dem eine Aufgabe übertragenden oder mit der Durchführung der Aufgabe beauftragenden Beteiligten ein Mitwirkungsrecht eingeräumt werden (§ 4 III GKG-LSA).
85Bei der mandatierenden Zweckvereinbarung tritt hingegen kein Rechts- und Pflichtenübergang ein. Die Rechte und Pflichten verbleiben bei den Beteiligten (§ 4 II GKG-LSA).
86Die Kündigung einer Zweckvereinbarung ist möglich. Sie bedarf nicht der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.156
87Gemeinden und Landkreise können durch öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Arbeitsgemeinschaft bilden (§ 2a I 1 GKG-LSA).157 An ihr können sich auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie ferner natürliche und juristische Personen des Privatrechts beteiligen (§ 2a I 2 GLG LSA). Die Arbeitsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss ohne eigene Rechtspersönlichkeit (§ 2a II 1 GKG-LSA). Durch die Beteiligung an einer Arbeitsgemeinschaft werden die Rechte und Pflichten der Beteiligten als Träger von Aufgaben und Befugnissen nicht berührt (§ 2a II 2 GKG-LSA).
88In einer Arbeitsgemeinschaft beraten die Beteiligten Angelegenheiten, die sie gemeinsam betreffen (§ 2a III 1 GKG-LSA). Die Arbeitsgemeinschaft dient insbesondere dazu, Planungen sowie Tätigkeiten von Einrichtungen ihrer Beteiligten aufeinander abzustimmen, um eine möglichst wirtschaftliche und effektive Erfüllung der Aufgaben in einem größeren nachbarlichen Gebiet sicherzustellen (§ 2a III 2 GKG-LSA). Die Abstimmung des Tätigwerdens der Mitglieder zur effektiveren und wirtschaftlicheren Erfüllung betrifft Aufgaben, die von überörtlicher Bedeutung sind.
89Die Befugnis, sich bei der gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben der Rechtsformen des Privatrechts zu bedienen, bleibt unberührt (§ 2 II GKG-LSA). Soweit im KVG keine besonderen Regelungen getroffen sind, gelten die allgemeinen kommunalrechtlichen Bestimmungen ergänzend (§ 2 III 1 GKG-LSA). Besondere Regelungen in Staatsverträgen über eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden von den Vorschriften zur Arbeitsgemeinschaft nicht berührt (§ 2 IV GKG-LSA).
90Die einfache Arbeitsgemeinschaft