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Was sind eigentlich Träume? Und warum träumen wir? Was geht dabei in unserem Gehirn vor? Und welche Bedeutung haben die Träume für uns? Die Psychologin Verena Kast zeigt: Wenn wir uns mit unseren Träumen beschäftigen, helfen sie, uns selbst besser zu verstehen - auch wenn wir ihr ganzes Geheimnis nicht immer enthüllen können ... Verena Kast untersucht das Phänomen Träumen aus Sicht der modernen Hirnforschung, der psychologischen Traumforschung und der Psychologie C. G. Jungs. Träume tragen zur Konfliktbewältigung und zur Persönlichkeitsentwicklung bei, wie viele eindrucksvolle Fallbeispiele verdeutlichen. Und die meisten Menschen interessieren sich auch für ihre Träume. Oft zeigen sie uns, wie wir auch sind, und nicht nur, wie wir gerne wären. Sie richten uns innerlich neu ein, so dass wir auch wieder neu ausgerichtet sind auf das Leben. Und gelegentlich sind sie auch numinos - träumen wir von Bildern oder von Geschichten, die uns lange begleiten und die uns in unserem Ringen um Sinn Wegmarken sein können."
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Seitenzahl: 315
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Buch lesen
Cover
Haupttitel
Inhalt
Anmerkungen
Literatur
Über die Autorin
Über das Buch
Impressum
Hinweise des Verlags
Verena Kast
Träume
Die geheimnisvolle Sprachedes Unbewussten
Patmos Verlag
Einleitung
Teil 1Faszination Traum
Von Gilgamesch bis C. G. Jung:Träume interessierten schon immer
Gilgameschs Albträume – Botschaften der Götter
Traumdeutung im Alten Ägypten und in der Bibel
Heilkraft und Ausdruck menschlicher Kreativität – Träume im Alten Griechenland
Träume bei den Dichtern und Philosophen der Neuzeit
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Träumen
Was ist ein Traum?
Traumwelt und Wachwelt vernetzen sich
Das Erinnern von Träumen
Der Traum als Erzählung
Warum habe ich von einem Krokodil geträumt?
Wozu sind Träume gut?
Die Funktion von Träumen – eine neurowissenschaftliche Perspektive
Hartmanns Hypothesen und die psychotherapeutische Praxis
Trauern
Angst
Regulierung der Emotionen durch eine Traumserie
Teil 2Träume in der Analytischen Psychologie C. G. Jungs
Die Traumtheorien von C. G. Jung
Erste Traumtheorie: Komplexe verursachen Träume
Emotionen und Komplexe
Was sind Emotionen?
Die Wirkkraft der Komplexe
Komplex, Symbol und Traum
Das Symbol bei Jung
Deutung auf der Objektstufe und auf der Subjektstufe: Träume ich von anderen oder von mir selbst?
Objektstufe oder Subjektstufe? Ein Traumbeispiel
Komplexe sind Beziehungsmuster
Therapeutische Implikationen
Komplexe sind die handelnden Personen unserer Träume
Ein Schamproblem – abgebildet und verarbeitet in Träumen
Wo kommt der Traum her? Wo geht er hin?
Zweite Traumtheorie: Träume kompensieren die bewusste Haltung
Was ist Kompensation?
Warum ist die Kompensation so interessant?
Schattenträume
Finalität: Was will der Traum?
Kausale Deutung – finale Deutung
Das kausale und das finale Verständnis eines Traums
Die prospektive Funktion des Traums
Das kollektive Unbewusste
Kompensation durch archetypische Bilder
Das Konzept der Archetypen – ein biologisches Konzept
Der Neurowissenschaftler und die inneren Bilder
Das Schöpferische und die Wirkung des Archetypus
Wie entsteht ein schöpferisches Werk?
Das Problem des Maßes
Archetypische Träume
Traum und Individuationsprozess
Der Individuationsprozess
Das Selbst als orientierungsstiftende Matrix
Ein Symbol des Selbst im Traum
Der therapeutisch induzierte Individuationsprozess
Individuationsprozess und die Sorge um sich selbst
Das Schöpferische im Individuationsprozess
Teil 3Die schöpferische Kraft der Träume
Arbeiten mit Träumen in der psychotherapeutischen Praxis
Symbol und Imagination
»Denken Sie sich eine Fantasie aus …«
Der Albtraum
Arbeit an einem Albtraum mit Imagination
Initialträume – Träume am Übergang
Der Initialtraum als Weg
Initialtraum einer Frau
Die Ambivalenz in Initialträumen
Ein niederstrukturierter Initialtraum
Noch einmal: Die Subjektstufe, die Objektstufe und die Deutung dazwischen
Der Untreue-Traum: Mein Mann hat eine Geliebte …
Der Beziehungskonflikt und die Komplexkonstellation
Der Traum zwischen Analysand und Analytikerin
Träume, in denen die Analytikerin nicht vorkommt
Die kollusive Übertragung-Gegenübertragung und der Traum
Die kollusive Aufspaltung – symbolisch im Traum
Archetypische Träume: Übertragung und Gegenübertragung
Archetypische Resonanz: eine Anregung zum Arbeiten mit archetypischen Symbolen
Befreiung aus dem Vaterkomplex – eine klinische Vignette
Die hölzerne Maria
Einfach träumen
Dank
Anmerkungen
Literatur
Wenn man schläft, dann träumt man auch, man kann nichts dagegen tun. Meistens wollen wir auch gar nichts dagegen tun, denn Träume sind interessant und sie interessieren. Das Interesse an den Träumen ist groß und wächst in den letzten Jahren zunehmend: neue Traumjournale werden publiziert, Traumchat-Gruppen im Internet erfreuen sich großer Beliebtheit, und auch die Wissenschaft interessiert sich dafür: Die Neurowissenschaftler möchten herausfinden, was in unserem Gehirn vorgeht, wenn wir schlafen und wenn wir träumen, die psychologischen Traumforscher und Traumforscherinnen wollen wissen, ob Männer anders träumen als Frauen, ob wir im Alter mehr oder weniger träumen usw. Veranstaltungen, in denen man sich mit der Symbolik von Träumen und auch Mythen beschäftigt, sind gut besucht. Symbollexika werden immer wieder neu geschrieben und gekauft. Wie kann man dieses Interesse an den Träumen verstehen?
Seltsames ereignet sich im Menschen, während er schläft. Träume sind spannend, sind geheimnisvoll. Wir erwarten etwas von ihnen: Bestätigung, Anregung, Warnungen – so sagen Menschen, wenn man sie fragt, warum sie sich mit ihren Träumen beschäftigen wollen. Eine vage Sehnsucht soll Gestalt annehmen, Träume sollen den Weg weisen aus einer Bedrängnis heraus.
Für das neu entfachte Interesse an Träumen gibt es verschiedene Erklärungen: Wir haben im Leben nur noch wenig Orientierung, wir haben viel Freiheit, wir wollen aber unser Leben gut, richtig, glücklich leben – und die Hoffnung ist die, dass die Orientierung, wenn nicht aus äußeren Normen, dann aus den Träumen kommt. Das geschieht auch oft; aber diese Orientierung ist keine im Sinne von einfachen Regeln und ist auch keine, die billig zu haben ist. Sollen Träume uns Sinnerfahrung vermitteln, so können sie das nur, wenn wir immer wieder neu versuchen, ihre Bedeutung für unser gegenwärtiges Leben zu eruieren, wenn wir uns von den Bildern der Träume in unserer Imagination anregen lassen.
Eine weitere Erklärung, warum Träume heute so wichtig werden, stammt von Ernest Hartmann und Robert Basile1: Sie haben festgestellt, dass nach dem 11. September 2001 die Traumbilder der Träumer und Träumerinnen sich intensiviert haben. Da sie der Ansicht sind, dass Träume emotionale Erregung verarbeiten, gehen sie davon aus, dass die Menschen intensiver träumen, wenn mehr emotionale Probleme zu bewältigen sind. Das könnte vor allem dann so sein, wenn keine andere Emotionsregulierung, zum Beispiel durch religiöse Rituale, möglich ist.
Träume, so sind die meisten Menschen überzeugt, tragen etwas bei zur Selbsterkenntnis, helfen im Umgang mit sich selbst, sie sind hilfreich – sogar dann, wenn sie sehr unangenehm sind. Träume und der Versuch, ihre Bedeutung zu erfassen, können uns eine Erfahrung von Sinnhaftigkeit unseres Lebens geben. Sinn im Leben zu erleben ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Es wäre fahrlässig, etwas, das zur Sinnstiftung beitragen kann wie die Träume, zu vernachlässigen.
In der Neurowissenschaft werden interessante Forschungen zum Thema des Träumens gemacht. In der Psychoanalyse Jung’scher Prägung spielen Träume, Imaginationen, archetypische Symbole eine große Rolle: sie werden als Wegmarken zur Konfliktbewältigung, aber auch zur Entwicklung der Persönlichkeit gesehen. Immer stehen Aspekte unserer Persönlichkeit aus – Themen, die auch gelebt werden könnten, werden vernachlässigt – und nicht selten machen uns die Träume darauf aufmerksam.
Können die Traumtheorien von C. G. Jung in Verbindung gebracht werden mit Ergebnissen der modernen Neurowissenschaft? Diese Traumtheorien stelle ich im Gespräch mit den Neurowissenschaften dar und zeige auf, welchen Einfluss die Theorie auch auf das Arbeiten mit Träumen hat, auch im Rahmen der Therapie.
Vor allem aber geht es mir in diesem Buch auch darum, dass wir zwar sehen, dass Träume, wenn wir uns mit ihnen beschäftigen, viel beitragen zur Selbsterkenntnis, auch sensibilisieren für das menschliche Zusammenleben, letztlich aber doch sehr geheimnisvoll bleiben. Sie beschäftigen uns immer wieder, können immer nur partiell verstanden werden. Und vielleicht ist es gerade das, was sie für uns so interessant macht. Geheimnisse haben die Menschen schon immer interessiert, sie lassen uns nach Lösungen suchen.
Die ersten schriftlichen Überlieferungen handeln von Träumen und deren Verständnis, und die Auseinandersetzung mit den Träumen ist bis heute ein Gebiet, das interessiert, das beforscht wird und dennoch immer noch mit vielen Geheimnissen behaftet ist. Das jeweilige Verständnis der Träume und die Auseinandersetzung damit sagt viel aus über die jeweils vorherrschende Kultur und deren Menschenbild.2
Der erste Traum, der uns schriftlich überliefert ist, stammt aus dem Gilgamesch-Epos, aus Babylon. Gilgamesch hatte böse Träume. Wie kam das? Gilgamesch, der König von Uruk, ein Drittel Mensch, zwei Drittel Gott – wurde anmaßend. Der vor Kraft strotzende König hatte nur das eigene Vergnügen im Blick. Er quälte tagsüber und nachts seine Untertanen mit viel Arbeit, die sie für ihn leisten mussten, vor allem die jungen Männer. Nachts nahm er ihnen zudem ihre Frauen weg. Die Paare konnten so nicht mehr zusammenkommen – und die Frauen beklagten sich bei Ischtar, der Göttin der Liebe, die auch die Stadtgöttin von Uruk war. Ischtar und auch die anderen Götter waren verärgert über Gilgamesch, der sie alle auch zu wenig respektierte. Sie forderten Aruru, die Muttergöttin, auf, ein Wesen zu schaffen, das dem üblen Treiben von Gilgamesch Einhalt gebieten konnte. Aruru erschuf Enkidu, der von den Wildtieren der Steppe großgezogen wurde und der Gilgamesch ebenbürtig war an Kraft und Mut. Dass bei den Göttern etwas vorging, das wurde Gilgamesch im Traum mitgeteilt – und auch Enkidu wurde darüber informiert, dass Gilgamesch bereits von ihm geträumt hatte. Es war demnach eine beschlossene Sache, dass er der Gefährte des Gilgamesch werden sollte.
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