Über Behinderung schreiben - Domingos de Oliveira - E-Book

Über Behinderung schreiben E-Book

Domingos de Oliveira

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Beschreibung

Diskriminierung kann in den unterschiedlichsten Varianten auftreten. In diesem Leitfaden erfahrt ihr, wie ihr über Behinderung schreiben könnt, ohne in eine der vielen Fallen der Political Correctness zu stolpern. Es reicht nicht, bestimmte Begriffe wie "an den Rollstuhl gefesselt" zu vermeiden. Es geht darum, die Haltung zu ändern, die sich häufig in einer diskriminierenden Sprache verbirgt. Der Leitfaden richtet sich an Journalisten, Redakteure und Autoren. Ihr erfahrt, wie ihr über behinderte Menschen schreibt, ohne sie zu beleidigen oder zu unterdrücken.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 37

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Teil I Sprache und Einstellung

2.1 Warum schwarze Listen nicht reichen

2.2 Insider und Outsider

2.3 Framing und die große Erzählung

2.4 Der Ability-Ansatz

Teil II Über Behinderung berichten

3.1 Die Kunst der Verankerung

Interesse und Neugier wecken

Involvement

Personalisierung

Mitgefühl, aber kein Mitleid

Komplexität reduzieren

Leicht verständlich

3.2 Mit Kritik umgehen

3.3 Behinderte kritisch darstellen

3.4 Behinderung in Bild und Film

3.5 Sich der eigenen Klischees bewusst werden

Teil III Behinderung in fiktionalen Stofen

4.1 Behinderung in Literatur und Film

4.2 Gelungene Darstellungen

TEIL IV Unbbehinderter Aktivismus

5.1 Selbstbild und Fremdbild

5.2 Positive Frames aktivieren

5.3 Positive Ziele anstreben

5.4 Kritikfähig werden

Zum Weiterlesen

1. Einleitung

Dieser Leitfaden richtet sich an alle, die über Behinderung schreiben wollen, egal ob sachlich oder fiktiv. Natürlich richtet er sich an behinderte wie nicht-behinderte Menschen gleichermaßen. Schließlich kann jeder über jeden schreiben.

Ich habe in den letzten sechs Jahren Hunderte von Blogbeiträgen, Foren und Mails von Betroffenen gelesen und mich mit vielen Leuten ausgetauscht. Daraus habe ich die hier gemachten Aussagen abgeleitet. Wenn jemand es besser weiß, freue ich mich, wenn er seine eigenen Ansichten niederschreibt.

Beim Schreiben über behinderte Menschen geht es nicht darum, ihnen zu gefallen, sondern ihnen gerecht zu werden, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. In einem Fall geht es einfach darum, niemandem weh zu tun und damit letzten Endes auch berechtigte Kritik zu unterdrücken. Im anderen Fall geht es darum, niemanden wegen etwas zu verurteilen, abzuwerten oder schlechter zu behandeln, für das er nichts kann.

Es klingt zwar nach einer netten Idee, ein paar Begriffe auf die schwarze Liste zu setzen und dann ist alles fein, aber das funktioniert nicht. Frauen können auch im feinsten Gender-Jargon diskriminiert werden und bei Behinderten ist das nicht anders. Die Begriffe sind anders, die Haltung ist die Gleiche. Wer es sich einfach machen möchte, kann ein paar Begriffe auf seine Blacklist setzen. Wer sich für die Inhalte interessiert, sollte diesen Leitfaden lesen. Wenn ihr die Idee dahinter verinnerlicht, dann werden eure Texte besser. Es geht nur vordergründig um behinderte Menschen, eigentlich sind alle Gruppen davon betroffen, die als benachteiligt gelten: Obdachlose, Flüchtlinge, ehemalige Gefängnisinsassen und viele mehr.

Dieser Leitfaden ist bewusst locker und flapsig geschrieben. Moralisch aufgeladene und humorfreie Pamphlete gibt es genug und sie verfehlen zumeist ihre Wirkung.

Der Leitfaden besteht aus vier Teilen: Der erste Teil legt die theoretischen Grundlagen und sollte von allen Lesern zumindest überflogen werden. Der zweite Teil gibt euch Tipps, wie ihr Behinderung darstellen könnt. Der dritte Teil richtet sich vor allem an Schriftsteller und Drehbuch-Autoren. Der vierte Teil richtet sich an Behinderten-Aktivisten.

2. Teil I Sprache und Einstellung

2.1 Warum schwarze Listen nicht reichen

Jede Redaktion hat Begriffe, die sie nicht verwendet. Diese Begriffe werden oft auf eine schwarze Liste gesetzt. Vieles davon geht auf Initiativen zur Political Correctness zurück.

Unter behinderten Menschen ist vor allem das Projekt leidmedien.de bekannt geworden. Leidmedien hat sich darauf spezialisiert, bestimmte Formulierungen wie „an den Rollstuhl gefesselt“ zu tabuisieren.

So lobenswert diese Initiative ist, sehe ich sie dennoch kritisch. Wenn solche Begriffe verwendet werden, steckt oft eine bestimmte Haltung dahinter. Diese Haltung wird durch das Black Listing aber nicht geändert.

Andererseits schießen die Initiatoren oft über das Ziel hinaus. Wer einen kleinen Shitstorm auf Twitter auslösen möchte, sollte die Begriffe „autistisch“ als Synonym für dumm oder gefühlsblind oder „taubstumm“ für gehörlos verwenden.

Nun trauen sich große Institutionen wie Medien nicht, auf solche Shitstürmchen kritisch zu reagieren. Die dahinter stehenden Journalisten nimmt man durch Beschimpfungen und persönliche Angriffe aber sicher nicht für sich ein. Im Gegenteil: Sie werden wahrscheinlich privat zu Behindertenhassern und beruflich werden sie sich andere Themen suchen.

Das Problem mit Leidmedien im Speziellen und der Political Correctness im Besonderen ist, dass sie den Zusammenhang völlig ignorieren. Sie achten nur darauf, ob bestimmte Begriffe verwendet werden. Ob die Gesamt-Darstellung positiv oder negativ ist, ignorieren sie.

Damit wird aber kein Problem gelöst. Deswegen verfolge ich in diesem Leitfaden einen anderen, umfassenderen Ansatz. Deswegen verzichte ich auch auf eine Liste von Begriffen, die ihr vermeiden sollt.

2.2 Insider und Outsider