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Eine zwölfblättrige Blüte, umgeben von Dunkelheit. Ein zauberhaftes Reich der Magie, in dem alle Träume wahr werden können: Umbra. 13 Kinder, erwählt nach den reinsten und schönsten Träumen, kämpfen um die Möglichkeit, ihr Traumland erschaffen und für immer in Umbra bleiben zu können. Im vierten Land, dem Land der schwerelosen Steinriesen, kann nur existieren, was leicht ist. Maggies Geheimnisse wiegen schwer und als das Land der Leichtigkeit abzustürzen droht und die Königin den Zauber des Vergessens verweigert, fallen die Berge vom Himmel. Wird die Dunkelheit in Umbra einkehren und das Land der Träume zerstören?
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Seitenzahl: 114
Veröffentlichungsjahr: 2025
Sabina S. Schneider
Umbra 03
Von fliegenden Steinriesen und vollgefressenen Katern
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Inhalt
Prolog – Manilla: Wandlung
Kapitel 01 – Schwerelose Steinriesen
Kapitel 02 – Die Linderung des Vergessens
Kapitel 03 – Die Schwere der Leichtigkeit
Kapitel 04 – Verlogene Herzenswünsche
Kapitel 05 – Ungesehene Möglichkeiten
Kapitel 06 – Erzwungene Balance
Epilog
Impressum neobooks
UMBRA III
Von fliegenden Steinriesen und vollgefressenen Katern
Sabina S. Schneider
Copyright © 2025 Sabina S. Schneider
All rights reserved.
Sie hatte alles verloren. Nichts mehr war ihr geblieben. Manillas Herz blutete. Mit aller Kraft sprach sie den Fluch des Verderbens über Emilia aus.
Die Liebe wird dich finden
Familie wirst du haben
Von dem Glück sollst du kosten
Um alles zu verlieren
Die Schuld soll dich erdrücken
Der Tod soll sich das holen
Alles was dir wertvoll ist
Stück für Stück soll er nehmen
Wie du mir alles genommen hast
Familie wird er stehlen
Deine Freunde an sich reißen
Die Früchte deines Leibes
Verdorben bis zum Kern
Alleine sollst du leben
Und in dem Wissen sterben
Dass du selbst das Unglück bist
Der Welt immer Unglück bringst
Wie über meine sie gebracht hast
Schwärzer als die Dunkelheit entstiegen die Worte Manillas Herzen, griffen in ihrer Stärke und ihrem Hass durch die Welten und legten sich um ein weinendes Mädchen, das glücklich ihre Arme um ihre Mutter warf.
Wie Gift verließ sie der Fluch, doch der Schmerz blieb, wurde genährt von der Einsamkeit. Denn das war Manilla jetzt: einsam. Ihr Tochter war vom Nichts verschlungen worden, ihr Sohn lag reglos am Boden und so oft sie nach ihm rief, rührte er keinen Finger.
War er an gebrochenem Herzen gestorben? Doch in seiner Brust klopfte es noch, sein Atmen wärmte ihre tränennassen Wangen. Doch er reagierte nicht auf ihre Berührungen, auf ihre Schreie. Die anderen Kinder waren im ewigen Schlaf gefangen. Und so sollte es bleiben. Niemand würde Umbra verlassen und das Nichts näher an das Herz, den Körper ihres Geliebten bringen.
Ihr Geliebter… wie lange war es schon her, dass er sie im Traum besucht hatte? Manilla schloss die Augen und konnte sich nicht mehr an seine Züge erinnern, seine Augen. Wie hatte sie ihn vergessen können?
Sie war allein.
Sie hatte nicht einmal eine Erinnerung, die sie begleitete.
Und der Schmerz zerriss ihre Brust. Und in ihrem Schmerz verwandelte sich die warme Hütte in eine kalte Burg. Umschloss sie und den reglosen Körper ihres Sohnes.
Sie war für immer alleine.
Als ihre Schreie sich in stummes Weinen wandelten, hörte sie ein leises Echo ihres Schmerzes. Die Wesen, erschaffen von den Träumern, scharrten sich um sie, spiegelten ihren Schmerz und fragten Manilla, warum sie so sehr weinte.
„Ich bin alleine, für immer alleine.“
Aber wir sind doch hier … riefen ihr die Wesen entgegen.
„Ihr seid nicht mehr als Tiere! Wie wollt ihr die Löcher in meinem Herzen füllen?“
Und langsam veränderten sich die Tiere um sie herum. Sie stellten sich aufrecht, bekamen Arme und Beine, manche sogar Nasen und Münder wo vorher Schnauzen waren. Hier und da waren noch Fuchsschwänze zu sehen, Waschbärschwänze. Hasenohren und Hufen statt Füße. Langsam verneigte sich einer nach dem anderen und aus einer Stimme riefen sie: „Wir sind Eure ergebenen Diener. Wir sind Eure Soldaten im Kampf gegen den Schmerz und die Einsamkeit. Es lebe die Königin!“
Ihre Worte klangen in Manillas gebrochenem Herzen und die unüberwindbare Festung wurde zu einem Schloss und sie zur Königin.
„Ihr werdet mit helfen, meine Tochter wiederzufinden und mit ihrem Erscheinen wird mein Sohn wieder erwachen. Seid meine Untertanen! Seid meine Soldaten!“
Und wieder verneigten sich die Mischwesen mit den menschlichen Zügen vor Manilla, der Königin.
War es der Wunsch zu helfen, der die Bewohner Umbras verwandelte oder der Wunsch nach Rache? Die Angst vor Einsamkeit?
Und der Schmerz der Königin, der nur ein wenig gelindert werden konnte durch die Loyalität und Ergebenheit ihrer Untertanen, spiegelte sich in den Herzen der Bewohner Umbras, die spürten, dass sie nicht ausreichten. Dass ihr Wunder der Königin nicht wirklich helfen konnte.
Und so wurde Umbra, erbaut auf Hoffnung und Träumen, nach und nach verformt durch Schmerz, Einsamkeit und Unzulänglichkeit.
Der Himmel war schwer, er jedoch war leicht. Leicht wie eine Feder. Hier in seiner Welt, geschenkt von seinem Träumer, schwebte er im Himmel, während die Vögel unter ihm schwammen. Zu schwer waren zum Fliegen. Wie ein junges Reh, das er noch nie gesehen hatte, sprang er leichtfüßig von einem Stein zum nächsten.
Sein Körper war plump, er war kaum mehr als eine runde Ansammlung von Steinen, aus denen zwei Arme und zwei Beine ragten. Er blickte zum Land der Elfen, als die Welt grazil mit seinem Hüpfen ihm folgte. Auf und ab, und auf und ab. Er dachte nicht viel, war erfüllt von der Schönheit des Fliegens und der Beweglichkeit seiner Welt, die aus Hügeln und Bergen bestand, die im Himmel schwammen. Nein, sie schwebten. Wie er, warn die Gipfel leichter als Wolken, die unter ihnen schwammen.
Er war erfüllt mit Freude und sein Geist kannte kaum etwas anderes außer Spaß und Fröhlichkeit. Denn so hatte ihn sein Schöpfer erschaffen. Ein einfältiges, gutgläubiges Wesen, das nur Leichtigkeit kannte und Spaß und Freude. Doch als sein Blick in den Osten schweifte, zu den weißen Gebirgen des Schneeelfenlandes, ergriff etwas von ihm Besitz, zog ihn herunter und machte ihn … schwer.
Sein Körper krachte auf einen Felsgipfel und der Berg erzitterte unter ihm, der hier eigentlich schwerelos sein sollte.
Doch etwas hatte ihm die Leichtigkeit geraubt, machte ihn schwermütig und somit schwer. Steine lösten sich von dem Berg, rollten herunter und purzelten in Schnelligkeit und Schwere in die Tiefe. Und der Steinriese saß fest. Sein Körper zitterte und unter ihm der Berg.
War es soweit?
Würde er bald sein Ende finden?
Sterben?
Er war der erste seiner Art und schon lange nicht mehr so leicht, wie am Anfang. Die Zeit fraß nicht an ihm. Nein, sie machte ihn schwerer. Und hier, in seiner Heimat existierte nichts, das schwer war. Konnte hier nicht existieren. Das war der Wunsch seines Träumers gewesen. Ein Land, in dem es nur Leichtigkeit gab und Spaß. Keine Ernsthaftigkeit.
Und was war leichter, als ein Stein, der nicht wusste, dass er ein Stein war und nicht fliegen konnte? Doch selbst das einfältigste Gemüt war nicht gefeit von Verständnis und Erkenntnis. Und Smoth war schon sehr alt. Allein diese Erkenntnis machte ihn schwer. Doch er war zu oft außerhalb gewesen. Zu oft hatte er in die traurigen Augen der Königin gesehen und ihr Schmerz war ein Teil von ihm geworden.
Doch wenn er so darüber nachdachte, und das tat er nicht oft und auch nicht gerne, war es ein Wunder, dass es überhaupt so lange gedauert hatte, bis die Traurigkeit ihn mit ihrer Schwere erreicht hatte. Er war nicht für sie gedacht. Er war erschaffen worden um einfach Spaß zu haben und leicht zu sein. Und die Schwere, die die Traurigkeit mit sich brachte, tötete ihn nach und nach.
Er war der älteste, und somit auch der kleinste, denn Steinriesen wuchsen nicht mit dem Alter. Sie schrumpften. Es würde nicht mehr lange dauern, dann wäre Smoth so schwer, dass er nicht mehr hier sein konnte. Wer würde seine Nachfolge antreten? Wer würde nach ihm sich langsam mit Traurigkeit vollsaugen und schwer werden?
Smoth blickte wieder in den Osten und sein Gipfel erschien ihm tiefer als zuvor, tiefer als all die anderen.
Im Gegensatz zu den anderen Ländern und ihren Bewohnern, hat es immer nur eine feste Zahl von ihnen gegeben. Und sie vermehrten sich nicht, existierten einfach. Denn so waren sie gemacht. Für die Ewigkeit, in Leichtigkeit. Dass sein Gipfel sich senkte, konnten alle sehen. Und mit ihm, senkten auch sie sich ein Stück.
Konnten die Kinder ihm helfen? Konnten die Kinder seine Leichtigkeit zurückbringen? Konnte man Leichtigkeit, einst verloren, je wiedergewinnen?
Er wusste es nicht und das Grübeln half nicht. Es machte ihn schwerer und zog seinen Gipfel weiter nach unten.
Kinderlachen erreichte ihn und in dem Laut hallte etwas mit, dass ihm etwas nahm und Leichtigkeit wiedergab. Vielleicht konnten sie ihm helfen.
Maggie hatte Schwierigkeiten, mit den anderen mitzuhalten. Obwohl sie die Hasenstiefel trug. Wie kam es, dass die anderen Kinder ohne Probleme von Stein zu Stein hüpfen konnten, ohne auch nur einmal Angst zu haben, herunterzufallen? Wäre Knork nicht, der ihren Körper zwang weiter und weiter zu hüpfen, wäre Maggie nicht einmal bis hierhergekommen.
Riesige Steinwesen hüpften neben den Kindern von Berg zu Berg. Alle hatten Spaß, nur Maggie nicht. Sie hielt sich abseits und hatte Schwierigkeiten, den anderen zu folgen. Nur die Steinwesen kannten ihr Ziel und Maggie hatte das Gefühl, sie würden immer weiter im Kreis hüpfen.
Und dann hielten die Steinriesen an, bildeten einen Kreis um einen Berg, der am tiefsten war, wie eine dunkle Schlucht. Und mitten in der Schlucht saß ein Berg mit Augen. Wenn er sich bewegte, rieselten die Steine herunter und er wirkte… schwer. Ein anderes Wort fiel ihr nicht ein.
„Das ist Smoth“, flüsterte Pmiph auf ihrem Kopf, „was macht er da unten?“
„Er stirbt“, erwiderten die Knorkpuschellschuhe unter ihr.
„Er stirbt?“, fragte Maggie traurig, „ist er krank?“
„Nicht kränker als ganz Umbra.“
„Wie meinst du das?“
„Er ist nicht mehr fähig, in seiner natürlichen Umgebung zu leben.“
„Steine können sterben? Ich habe noch nie gehört, das Steinriesen sterben. Aber es ist nicht viel über sie bekannt.“
„Vlad, der Erträumer, war ein seltsamer Junger. In allem, was er tat, konsequent. Im Gewinnen, wie im Erträumen. Er wollte etwas erschaffen, das er nicht hatte. Eine Welt der Freiheit und der Leichtigkeit. Und alles, was nicht leicht ist, kann hier nicht leben.“
„Das bedeutet, Smoth ist zu schwer geworden? Warum?“
Knork schwieg und es war Pmiph, der Maggie nach einer Weile antwortete: „Smoth ist der einzige Steinriese, der sein Land verlässt und ins Herz Umbras kommt, direkten Kontakt hat mit der Königin.“
„Das bedeutet, dass die Königin ihn schwer gemacht hat? Um ihn zu töten?“
„Die Königin ist nicht böse!“, riefen Knork und Pmiph wie aus einer Stimme.
„Sie will mich töten, seit ich hier bin und sie ist nicht böse?“
„Sie ist verletzt und traurig und einsam.“
„Und diese Gefühle machen es ihr schwer nett zu sein. Doch sie ist nicht böse.“
„Nur verbittert.“
„Wegen …“, Knork sprach nicht weiter. Doch Maggie kannte die Antwort.
„Wegen meiner Großmutter.“
Die Knork-Hornhasenschuhe und die Pmiph-Waschbärenmütze schwiegen. Und die Stille fraß sich in Maggies Bauch, machte sie schwerer und ihre Beine zitterten. Dieses Land verzieh keine Schuldgefühle, keine Trauer. Es wollte nur Freude und Spaß und stieß alles andere ab.
Und als Maggie nicht mehr stehen konnte und in die Knie sank, erklang eine raue Stimme, wie das aneinander Reiben von Steinen: „Helft mir!“
Alle starrten auf den Riesen hinunter, der langsam sank, und als die anderen Steinriesen zu ihm hinunterblickten, zuckten die Berge unter ihnen und sanken mit.
„Wenn sie so weitermachen, wir das ganze Land vom Himmel fallen. Diese Dummköpfe!“, murmelte Knork, der mit beiden Gesichtern gegen den Stein gepresst wurde.
„Schaut weg, ihr Tölpel, sonst werdet ihr alle verenden!“, brummte er.
War das die Lösung?
Sollten die anderen Steinriesen sich wegdrehen und ihren Freund alleine fallen lassen? Ihn und sein Leid vergessen? Wäre es nicht besser gewesen, er wäre einfach verschwunden, so wie Maggie es vorhatte? Wäre es vielleicht besser, wenn er nie geboren worden wäre? Doch dann hätte jemand anderes seine Rolle einnehmen müssen. War es dann die Schuld der Königin, die mit ihrer Trauer ihr ganzes Land vergiftete?
Wenn Emilia nicht geflohen wäre, hätte die Königin nicht alles verloren, was ihr teuer und lieb gewesen war. Hätte die Königin Emilia nicht verflucht, wären Maggies Eltern noch am Leben? Und der Gedanke und die Gefühle, die mit ihm einhergingen, waren so schwer, das die Steine unter Maggie erzitterten und fielen.
Die Wesen um sie herum sprangen schreiend zum nächsten Felsen, doch Maggie war zu schwer. Sie fiel mit, schloss die Augen und schrie. Dann prallte sie hart auf etwas. Sie öffnete die Augen und blickte in Smoth riesiges, steinernes Gesicht.
„Danke!“, flüsterte Maggie, „du hast mich gerettet!“
„Helfen?“, fragte Smoth und Maggie erwiderte: „Du hast mir geholfen, aber ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll.“
„Nicht helfen …“, schmirgelte der Riese die Worte von seinen Lippen.
„Bist … bist du traurig?“, fragte Maggie leise.
„Traurig.“
„Wegen der Königin?“
„Traurig!“
„Kannst du nicht einfach vergessen, dass sie traurig ist?“
„Vergessen?“
„Ja, ist vergessen nicht die Lösung?“
„Wie vergessen?“
„Wie man etwas vergisst? In dem man nicht darüber nachdenkt. Es verdrängt.“
„Dummes Mädchen! Wissen kann man vergessen, Gefühle zu verdrängen, bringt überhaupt nichts. Für niemanden. Sie kommen immer wieder“, zischten ihre Hasenschuhe, die viel Übung im Davonrennen und ignorieren hatten.
Maggie kaute auf ihrer Lippe herum. Sie wusste, dass Knork recht hatte. Was konnte ein schweres Herz wieder leicht machen? Und ihr Herz flüsterte ein Wort.
Vergebung.
Vergebung, würde ihr Herz wieder leicht machen. Doch wer musste vergeben? Ihr konnte niemand vergeben, da alle Menschen, die ihr etwas bedeuteten, tot waren. Wer könnte ihr vergeben? Niemand konnte ihr vergeben und um sich selbst zu vergeben, dafür war ihre Schuld zu groß.
Doch wenn… „Wenn die Königin vergeben könnte, wäre sie nicht mehr traurig“, flüsterte Maggie den Gedanken laut.
„Vergebung?“, fragte der Steinriese.
„Stell dir vor, es gäbe etwas, dass die Königin wieder glücklich machen könnte. Was wäre das?“, fragte Maggie und Knork heulte auf, als der Wind die Worte zum Steinriesen trug.
„Der Tod des Mädchens würde mich glücklich machen“, flüsterte der Wind mit der Stimme der Königin.
Und die Finger des Steinriesens schlossen sich um Maggie.