... und haschen nach Wind - Elisabeth Dreisbach - E-Book

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Elisabeth Dreisbach

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Beschreibung

Junge Leute, verschieden in ihrem Denken und in ihrer Lebensführung, werden während ihrer Ferien inmitten der herrlichen Bergwelt in die echte Auseinandersetzung mit dem wirklichen Leben geführt. Ihre Probleme erkennen sie am Schicksal einer geheimnisumwitterten Frau, die sie in ihre Vergangenheit schauen lässt. Dabei werden sie nicht nur nach Wien, Budapest und Paris geführt, sondern auch in die Abgründe des nächtlichen Lebens der Großstädte. Diese Lebensbeichte wird der Anstoß dazu, dass die meisten jungen Menschen sich nach bleibenden Werten ausstrecken und nicht zu denen gehören wollen, die nach Wind haschen. Eine Erzählung, die keinesfalls nur junge Leute anspricht, sondern darüber hinaus auch ältere zum Nachdenken bringen kann. Elisabeth Dreisbach (1904 - 1996) zählt zu den beliebtesten christlichen Erzählerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre zahlreichen Romane und Erzählungen erreichten ein Millionenpublikum. Sie schrieb spannende, glaubensfördernde und ermutigende Geschichten für alle Altersstufen. Unzählig Leserinnen und Leser bezeugen wie sehr sie die Bücher bewegt und im Glauben gestärkt haben.

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… und haschen nach Wind

Band 15

Elisabeth Dreisbach

Impressum

© 2017 Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Elisabeth Dreisbach

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-136-7

Verlags-Seite: www.folgenverlag.de

Kontakt: [email protected]

Shop: www.ceBooks.de

 

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Autor

Elisabeth Dreisbach (auch: Elisabeth Sauter-Dreisbach; * 20. April 1904 in Hamburg; † 14. Juni 1996 in Bad Überkingen) war eine deutsche Erzieherin, Missionarin und Schriftstellerin.

Elisabeth Dreisbach absolvierte – unterbrochen von einer schweren Erkrankung – eine Ausbildung zur Erzieherin in Königsberg und Berlin. Sie war anschließend auf dem Gebiet der Sozialarbeit tätig. Später besuchte sie die Ausbildungsschule der Heilsarmee – der ihre Eltern angehört hatten – wechselte dann aber zur Evangelischen Landeskirche in Württemberg, für die sie in den Bereichen Innere Mission und Evangelisation wirkte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gründete Dreisbach in Geislingen an der Steige ein Heim für Flüchtlingskinder, in dem im Laufe der Jahre 1500 Kinder betreut wurden. Dreisbach lebte zuletzt in Bad Überkingen.

Elisabeth Dreisbach war neben ihrer sozialen und missionarischen Tätigkeit Verfasserin zahlreicher Romane und Erzählungen – teilweise für Kinder und Jugendliche – die geprägt waren vom sozialen Engagement und vom christlichen Glauben der Autorin.1

1 Quelle: wikipedia.org

Inhalt

Titelblatt

Impressum

Autor

… und haschen nach Wind

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… und haschen nach Wind

„Wer ist diese Frau?“

„Eine Heilige!“

„Nein, – eine Dime! Ein verkommenes Weib!“

Fragend blickt Werner Sternkranz die beiden Männer an. Auch Kamilla, seine junge Frau, sieht verwundert von einem zum andern.

„Das sind allerdings große Gegensätze“, sagt ihr Mann.

Ihre Begleiter lachen laut auf.

„Ansichtssache“, meint Sepp Hirsl. „Die Meinungen gehen da auseinander. Die einen können nicht vergessen, durch welche Sümpfe sie früher gewatet ist, und die anderen bewundern, ja verehren sie wegen ihres jetzigen Lebenswandels.“

„Da möchte man fast wünschen, einmal ihre nähere Bekanntschaft zu machen“, meint Frau Sternkranz.

„Dazu werden Sie Gelegenheit haben, sie ist ja Ihre nächste Nachbarin. – Aber sehen Sie – dort drüben“, Hirsl deutet mit der Hand auf eine mehrere hundert Meter entfernt liegende Sennhütte, „das ist die unsrige.“

Schweigend steigen sie weiter bergauf, gemächlich in gleichmäßigem Schritt. Die Bewohner dieser Bergdörfer hetzen nicht. Wohl hat der Zeitgeist auch vor ihren kleinen Ortschaften nicht halt gemacht, besonders, nachdem der Fremdenverkehr immer stärker in ihre Einsamkeit vordringt, dem durch die Straßenerweiterung und die Motorisierung kein Hindernis mehr im Wege steht. Doch gibt es manches, das sich weder durch das Tempo der Zeit noch durch allerlei fortschrittliche Meinungen verdrängen lässt. Nein, hetzen lassen sich die Bergbauern nicht. Das äußert sich in ihrer Arbeit, bei ihrem Sprechen und in ihren Entscheidungen. Zeit lassen! ist ihr Motto. Wie lange noch werden sie es beibehalten können? Wird es ihnen gelingen, sich auf die Dauer gegen das heute den Kurs angebende Tempo durchzusetzen? Der Möglichkeit, in den Fabriken bei wesentlich kürzerer Arbeitszeit viel Geld zu verdienen, vermögen manche nicht zu widerstehen. Gerade die Jugend lässt sich blenden, wirft vielfach Tradition und Pflicht den Vorfahren gegenüber hinter sich und verlässt die Bergdörfer, die ihr zu eng geworden sind.

Junge Menschen aus den Städten ziehen jedoch in Scharen hinaus in die Einsamkeit und Stille der Bergwelt, oft sicher, um ihren Erlebnishunger zu stillen und einmal auf andere Art und Weise irgendwelche Sensationen zu erleben – vielfach auch, um dem Lärm und der Hetze des Alltags zu entfliehen. Sie fühlen sich angewidert durch die grell und laut auf sie einhämmernde Werbetrommel von Film und Fernsehen, durch Parties und andere Sensationen.

Die junge Frau bleibt einen Augenblick stehen, um den herrlichen Ausblick zu genießen. Schon immer hat die Bergwelt auf sie einen starken Einfluss ausgeübt, ob das nun in der Schweiz, in Österreich oder im Walsertal ist. Diese gewaltigen Felsblöcke, dazwischen die lieblichen Bergmatten, die in die Wolken ragenden Berggipfel mit dem ewigen Schnee, die an den Hängen klebenden Sennhütten, von denen viele in den letzten Jahren gar nicht mehr bewohnt werden – das alles begeistert sie immer wieder.

Tief atmet Kamilla Sternkranz die reine Bergluft ein. Wie das gut tut! Sie ist sich klar darüber, dass die Aufgaben der nächsten Wochen für sie und ihren Mann nicht eitel Freude bringen werden. Ja, im geheimen fürchtet sie sich vor manchen Auseinandersetzungen mit den Teilnehmern dieser Freizeit. Aber Werner ist ganz getrost, und seine Ruhe und Zielsicherheit gehen immer wieder wohltuend auf sie über.

Fest nimmt sie sich vor, ihm tapfer zur Seite zu stehen. Wenn auch die Verantwortung in erster Linie auf seinen Schultern liegt – um die Mädchen hat sie sich hauptsächlich zu kümmern. Und unter ihnen, das weiß sie, sind einige, deren Art Schwierigkeiten befürchten lässt. Sie selbst hatte einen Augenblick gezögert, als diese sich zur Freizeit anmeldeten. Würde man mit ihnen nicht nur Last haben, und würden sie nicht als störende Elemente die Harmonie und das Gelingen dieser drei Wochen in Frage stellen?

Aber Werner hatte ihr zugeredet: „Lass uns doch nicht schon im Voraus kapitulieren. Benötigen nicht gerade sie – Helga und Susanne, Paul und Hartmut und andere ihres Schlages – ein Herausgehoben werden aus ihrem Alltag? Hab doch Vertrauen! Sicher geht es besser, als wir denken.“

Wie hätte sie ihm da noch widersprechen können? Gehilfin will sie ihm sein. Da darf sie nicht zweifeln und weniger Mut zeigen. Wie oft schon hat sie sich an seiner Zuversicht aufrichten können.

Noch einmal wendet Kamilla den Blick ins Tal hinunter. Ein ziemlicher Aufstieg liegt bereits hinter ihnen. Winzig klein sehen die Häuser des Gebirgsdorfes unter ihr aus, von denen die Kirche, umgeben von dem kleinen Gottesacker, wie man hier den Friedhof nennt, und die beiden Gasthäuser „Zur Krone“ und „Zur Alpenrose“ herausragen.

Eben will sich die junge Frau zum Weitergehen anschicken, denn ihr Mann ruft bereits nach ihr, da bleibt ihr Blick noch einmal an der Sennhütte haften, vor der vorhin die Frau stand, die sie mit ruhigem Blick gemustert und dann freundlich gegrüßt hatte. – Eine Heilige sei sie – und gleichzeitig eine Dirne – hatten die Männer von ihr gesagt. Welch ein Geheimnis umgab diese Frau? Ob sie ihm auf die Spur kommen würde in den Wochen ihres Hierseins?

„Warum kommst du nicht?“ ruft Werner seiner Frau zu.

Er ist inzwischen mit den Männern bei der Hirls-Hütte angelangt.

„Warte, ich komme und nehme dir den Rucksack ab.“ Schnell stellt er sein Gepäck neben die Hütte und wendet sich ihr zu.

„Bleib nur!“ ruft Kamilla, „ich bin gleich da!“

Wenig später steht sie mit den drei Männern in der ziemlich niederen, aber doch geräumigen Küche der Sennhütte. Platz ist offenbar genügend vorhanden. Sepp Hirsl hat die kleinen Schiebefenster geöffnet, damit frische Luft eindringen kann. Längere Zeit scheint niemand die Hütte bewohnt zu haben. Staub und Spinnweben beweisen es. Aber dem kann man abhelfen, denkt Kamilla.

Mit hausfraulich prüfendem Blick sieht sie sich weiter um. Auf dem großen gemauerten Herd mit dem offenen Rauchfang wird sie kochen. Den rohen Tisch und die Bank dahinter muss sie weiß scheuern. Dort in dem danebenliegenden Kämmerlein ist Platz für die Vorräte. Eine Wasserleitung gibt es hier natürlich nicht, aber gleich hinter dem Haus fließt ganz manierlich der Bergbach, der nur wenige Kilometer weiter oben als tosender Wasserfall von den Felsen herabstürzt, aber, je weiter er talwärts stürmt, desto gemäßigter in seinem Lauf wird. Also an Wasser fehlt es auch nicht. Holz wird man sich suchen müssen, doch liegt es genug herum. Das hat sie bereits beim Aufstieg festgestellt.

Kamilla beginnt, sich auf ihr Amt als Hüttenmutter zu freuen.

Die Männer sind inzwischen in die Nebenstube getreten. Ihnen folgt Kamilla, der als erstes der Hergottswinkel auffällt, ein grob geschnitztes Kruzifix in der Ecke zwischen zwei Fenstern. Darunter hängen ein paar verblasste Heiligenbilder. Die wird sie entfernen, wenn sie hier erst einmal Ordnung geschaffen hat, aber das Kreuz soll an seinem Platz bleiben. Irgendwie ist der Gedanke, dass es seit Jahr und Tag dort hängt, auch nachdem die Sennhütte längst verlassen und unbewohnt geblieben ist, tröstlich und beruhigend. Sie schilt sich selbst, als ob es von einem hölzernen Kruzifix abhinge, aber sie freut sich trotzdem darauf. – Auch in diesem Raum steht ein großer Tisch, an drei Seiten von einer Bank umgeben. Von der Decke herunter hängt eine Petroleumlampe. Sie ist bestimmt schon lange nicht mehr benutzt worden. Seitdem das Gipfelhotel auf dem Berg gebaut ist, begnügt man sich nicht mehr mit dieser Art von Beleuchtung. Auch hier gibt es jetzt elektrisches Licht. Schade, denkt Kamilla, romantischer wäre es mit Petroleum gewesen. Doch dann lacht sie über ihre Jungmädchenschwärmerei, die auch heute noch manchmal bei ihr zum Vorschein kommt. – Die anderen sind viel nüchterner. Sie wird darauf achten müssen, dass sie sich vor ihnen keine Blöße gibt, nachdem sie nun einmal Hüttenmutter zu sein hat. – Ein großer Kachelofen mit einer breiten Bank davor ist das Prunkstück der Stube. Werner studiert voller Interesse die Inschriften und Malereien auf den einzelnen Kacheln. Aber die beiden Einheimischen steigen schon die Leiter zu dem oberen Stock hinauf. Kamilla wirft rasch noch einen Blick auf eine alte, geschnitzte Kommode mit drei tiefen Schubladen und einem dazugehörenden, vom Holzwurm bereits durchlöcherten Schrank, die mit roten Herzen und weißen Lilien bemalt sind. Auf der gegenüberliegenden Seite steht eine dazu passende Truhe.

Kamilla nimmt sich vor, kleine rotweißkarierte Gardinen an den winzigen Fenstern anzubringen und ebensolche Sitzkissen für die Bank anzufertigen. Ihren holzgeschnitzten Leuchter mit der großen Honigkerze wird sie mitbringen.

Da hört sie schon wieder Werners Stimme: „Kamilla, kommst du nicht?“

Gleich darauf steckt sie den Kopf durch die Luke in den oberen Raum, der durch eine Bretterwand in zwei Hälften geteilt ist.

„Jahrelang ist's unser Heustadl g'wesn“, erklärte Hirsl- Sepp. „Später, als wir den Anbau g'macht ha'm, sind die sogenannten Wandervögel oder die vom Gebirgsverein da o'm des Öfteren übernachtet. Aber nachdem wir nimmer nauf'komm'n und die Hütt'n verlass'n dasteht, is scho lang keiner mehr da'gwes'n. Vor allem, seit die neu' Jugendherberg über Höh'nschwand auf'baut word'n is. Die junge Leut heutzutag' sind anspruchsvoll wor'n.“

„Uns genügt es“, meint Werner. „Unsere Freizeitteilnehmer bringen alle ihre Luftmatratzen mit.“

„Heu könn's im Anbau hol'n, so viel's brauchen.“

Hirsl ist sichtlich daran interessiert, nach langer Zeit wieder einmal die Hütte vermieten zu können, wenn er auch nicht viel dafür verlangen kann, weil alles sehr verwahrlost ist.

Werner Sternkranz wird rasch mit ihm einig. Er will die Tage vor der Anreise der Jungen und Mädel mit seiner Frau dazu nutzen, die Räume herzurichten und etwas Behaglichkeit in sie bringen.

„Wenn irgendwas passier'n sollte, etwa einer von euch krank würd' – mer kann's ja nie wiss'n –, dann können's sich getrost an die Burgunda wend'n, die is a halber Doktor.“

„Sie gehören wohl zu denen, die sie eine Heilige nennen?“ fragt Werner interessiert den Hirsl Sepp.

„Na, dös nit grad“, lacht dieser, „aber ein hilfsbereit's und g'scheits Weib is sie scho.“

„I denk anders über sie“, sagt sein Begleiter vielsagend und nickt dazu mit dem Kopf, als wisse er mehr, als er auszuplaudern gedenkt.

„Lass sie ihre Erfahrungen selber mach'n“, rät Hirsl. Und dann ziehen die beiden Männer wieder abwärts. Sie haben noch eine ziemliche Strecke vor sich, bis sie ins Tal körnigen.

Nun sind sie allein. Werner muss seine Frau rasch in die Arme nehmen. „Kamilla, ich freue mich riesig auf die drei Wochen hier oben.“

„Nur schade, dass wir das Mückchen nicht bei uns haben können. Es wird uns sehr fehlen. Ich weiß gar nicht, wie ich das durchhalten werde.“

Werner Sternkranz und seine Frau haben das Wochenende gewählt, die notwendigen Vorbereitungen für die Freizeit zu treffen. Dann wollen sie heimfahren, um anschließend mit den jungen Leuten ins Gebirge zurückzukehren. Bis dahin gibt es viel zu tun.

Im Grunde ist die Hütte zu baufällig, als dass ihr Besitzer noch damit hätte rechnen können, sie zu vermieten. Werner und Kamilla haben hier im vergangenen Jahr mit ihrer kleinen Tochter Michaela einige Ferientage verlebt, allerdings unten im Dorf beim Hirsl-Sepp.

An einem Tag hatten sie auch eine Wanderung bergan unternommen. Werner trug sein Töchterchen, das erst zweieinhalb Jahre alt war, auf einem gepolsterten Gestell wie einen Rucksack auf dem Rücken. Jauchzend und in die Hände klatschend hatte das Kind das Läuten der Kuhglocken beantwortet. Allerdings tönt es heute nicht mehr so vielstimmig wie früher, als jeder unten im Tal lebende Bauer auf der Höhe seine eigene Sennerei betrieb. Einer oder zwei aus der Familie verlebten früher stets den Sommer oben und versorgten die Kühe, die nur im Herbst und im Winter unten im Stall verblieben, während des Frühjahrs und im Sommer aber auf der Alm waren.

„Aber wer will denn heut' noch auf d'Alm 'nauf?“ klagte Hirsl. „Die jung'n Leut' könn'n nit schnell g'nug in d' Stadt eini komm'n, um Geld zu verdien'n. Mir Ältere könn'n schließlich net an zwei Ort' zu gleicher Zeit sein. Bei uns do unte im Tal is au g'nug zu tun.“

Manch eine der früher sauberen Sennhütten steht nun leer und ist, wenn der Besitzer sich nicht darum kümmert, dem Zerfall preisgegeben.

So erging es auch der Hirsl-Hütte. Sie lag in der Sicherung eines vorspringenden Felsens und war nicht lawinengefährdet. Die Vorderseite gab den Blick weit ins Tal hinein frei, während hohe, wettererprobte Tannen hinter der Hütte und neben ihr Schutz vor dem Wind boten. Linker Hand breitete sich eine typische Bergmatte aus, auf der im Sommer allerlei heilkräftige Kräuter wuchsen. Ihr schönster Schmuck aber waren die tiefblauen, kurzstieligen Enzianglocken. Über die sich anschließende Steinhalde ergoss sich der hier bereits sehr gebändigte Bach. Zur Zeit der Schneeschmelze jedoch verwandelte er sich in einen reißenden Fluss, ohne dadurch die Hirsl-Hütte und das sie umgebende Gelände zu gefährden. Die Lage war einmalig schön. Alpenrosensträucher schmückten die Steinhalde und gaben dieser prachtvollen Berglandschaft Farbe und Wärme.

Hier, auf der Bank vor der Sennhütte, hatten Werner und Kamilla mit ihrem Töchterchen gerastet, und da war der Gedanke in ihnen wachgeworden, hier oben eine Jugendfreizeit durchzuführen. Am Anfang waren sie sich nicht klar darüber gewesen, ob sie eine gemischte Freizeit wagen könnten. Schließlich waren es aber gerade die Erlebnisse der letzten Jahre gewesen, die Werner bewogen, dem doch zuzustimmen.

Er stand als Bezirksjugendleiter in einem weitverzweigten Aufgabengebiet, das ihn manche Freuden erleben ließ, in dem es aber auch nicht an Problemen und Schwierigkeiten fehlte.

Werner Sternkranz war ein entschiedener Christ und wusste, dass man sich innerlich leiten lassen musste. Auf solche Führung verließ er sich.

Als er in seiner Jugendgruppe angekündigt hatte, dass er und seine Frau in diesem Sommer eine Jugendfreizeit im Gebirge durchführen wollten, und zwar mit Jungen und Mädchen gemeinsam, wurde das von diesen mit großer Begeisterung aufgenommen.

Die Reaktion verschiedener Eltern blieb natürlich nicht aus. Prompt meldete sich bereits am anderen Morgen der Vater einer Siebzehnjährigen telefonisch: „Kann ich Sie heute Abend sprechen, Herr Sternkranz?“

„Ja, aber erst nach neun Uhr. Ich habe einen Jungmännerabend im Nachbarort zu leiten.“

„Gut, die Sache ist mir wichtig genug, dass ich die Abendstunden dafür opfere. Ich bin um viertel nach neun Uhr bei Ihnen in der Wohnung.“

Und dann hatte der Mann in heller Empörung ihm gegenübergesessen: „Haben Sie eine Ahnung, was es uns, meiner Frau und mir, im vergangenen Sommer gekostet hat, unserer Tochter die unselige Idee auszureden, mit ihrem Freund zusammen eine Ferienfahrt ans Meer zu unternehmen? Es hätte nicht viel gefehlt und unsere Familie wäre darüber auseinandergebrochen. Schließlich ist es uns gelungen, Sabine durch eine Fahrt nach Spanien, die sie dann doch noch mehr lockte, von ihrem Vorhaben abzubringen. Aber verziehen hat sie es uns bis heute nicht, dass wir ihre Pläne durchkreuzten. – Nun kommt sie gestern in heller Begeisterung nach Hause und berichtet von Ihrer gemischten Freizeit im Gebirge.“

In sichtlicher Erregung hatte der besorgte Vater seine Stimme anschwellen lassen: „Junger Mann, halten Sie sich für fähig, diese unreife Gesellschaft zu bändigen? Können

Sie mir dafür garantieren, dass nichts passiert? Glauben Sie, meine Tochter soll die dritte in ihrer Klasse sein, die von der Schule verwiesen wird, weil sie ein Kind erwartet?“

„Garantieren kann ich natürlich für nichts“, hatte Werner ruhig geantwortet. „Dass ich mir der großen Verantwortung, die ich mit dieser Freizeit auf mich nehme, bewusst bin, dürfen Sie mir glauben. Meine Frau und ich werden alles in unserer Macht liegende tun, um Ungutes zu verhüten. Selbstverständlich wird es uns nicht möglich sein, den jungen Leuten auf Schritt und Tritt nachzugehen. Aber können Sie das denn bei Ihrer einzigen Tochter tun? Glauben Sie nicht, dass sie und ihr Freund auch dann Gelegenheit finden, ihre Grenzen zu überschreiten, wenn Sie zu Hause sind? Ich meine, dass bei einer im christlichen Geist geleiteten Freizeit solche Gefahren geringer, zumindest nicht größer sind als zu Hause. Keinesfalls will ich Sie überreden, Ihrer Tochter für diese Freizeit die Erlaubnis zu geben. Im Gegenteil, es wäre mir lieber, Sabine bliebe freiwillig zu Hause, wenn sie mit Ihrer Zustimmung nicht rechnen kann. Meine Frau und ich hoffen, mit den jungen Leuten in ernsthafte Gespräche zu kommen und an Hand unserer Erfahrungen ihnen auf manchem Gebiet helfen zu können. Bitte, lassen Sie es sich durch den Kopf gehen, und wenn Sie uns dann doch Ihre Tochter an vertrauen, wollen wir uns darüber freuen und Ihr Vertrauen zu würdigen wissen.“

Der besorgte Vater hatte sich verabschiedet. „Ich will mit meiner Frau darüber reden. Sie hören von uns. Vielen Dank für das Gespräch!“

Zu den jungen Leuten hatte Werner in der nächsten Jugendstunde offen über die Besorgnis verschiedener Eltern gesprochen. Daraufhin entstand fast ein Tumult.

„Das ist es ja gerade. Sie vertrauen uns nicht. Sie behandeln uns noch wie kleine Kinder.“

„Es ist Zeit, dass wir gegen ihre veralteten Ansichten Front machen!“

„Wenn wir Verbotenes tun wollen, brauchen wir nicht erst ins Gebirge zu fahren.“

„Was heißt hier schon Verbotenes? Das ist schließlich Ansichtssache. Die Begriffe über Sitte und Moral haben sich im Laufe der Zeit geändert.“

Nicht alle waren derselben Meinung gewesen. Es hatte auch solche gegeben, die die Besorgnis der Eltern verstanden.

„Schließlich wäre es ja kein gutes Zeugnis für unsere Eltern, wenn es ihnen gleichgültig sein würde, was wir tun und wie wir uns benehmen.“

„Ihnen geht es doch nur um den guten Ruf oder um ihre Bequemlichkeit!“

„Sie schließen von sich selbst auf uns.“

Nun hatte sich Werner eingeschaltet. „Hört mal, bei aller Achtung vor eurer Ehrlichkeit, aber in dieser Weise über eure Eltern zu reden, von denen ihr alle noch abhängig seid, das halte ich für unangebracht. Ihr dürft eure Meinung sagen, was nicht bedeutet, dass ich sie unbedingt billige. Ihr habt Anspruch darauf, ernst genommen zu werden, aber das doch nur, wenn ihr es nicht an dem nötigen Respekt und der schuldigen Ehrfurcht fehlen lasst!“

„Ich höre immer Ehrfurcht!“ hatte einer halblaut zu widersprechen gewagt. Werner überhörte es absichtlich. Er wusste, dass die Eltern dieses Jungen geschieden waren und der Vater mit seiner Geliebten zusammenlebte.

„Es wird wohl darauf ankommen, was uns selbst unsere Jugend wert ist“, schaltete sich eine der Mädchen, die zu den Zurückhaltenden gehörte, jetzt ein, „was wir aus unserem Leben machen. Es ist ja schließlich in unsere eigene Hand gegeben.“

„Ganz richtig!“ pflichteten einige ihr bei. „Aber man soll endlich aufhören, uns dauernd Vorschriften zu machen und uns zu bevormunden.“

„So lange du nicht mündig bist, wirst du dir das wohl oder übel gefallen lassen müssen“, war die Meinung eines anderen gewesen.

„Herrschaften“, hatte Werner endlich abschließend gesagt, „darüber wird sich hoffentlich jeder von uns klar sein, dass wir kein ungeordneter Haufe im Gebirge sein können, dass es gewisse Hausordnungen zu beachten gibt, und dass wir keinen Augenblick vergessen wollen, eine Freizeit mit bewusst christlicher Ausrichtung zu sein. Ich will davon absehen, euch zu fragen, wer an dieser Freizeit teilnehmen will. Ihr sollt in Ruhe prüfen, ob ihr bereit seid, euch einzuordnen. Niemand wird gezwungen, mitzumachen. Aber von jedem Teilnehmer erwarte ich, dass er dazu beiträgt, dass ich bei unserer Rückkehr nicht nur euren Eltern mit gutem Gewissen in die Augen blicken kann, sondern dass wir uns auch voreinander nicht zu schämen und nichts zu bereuen haben.“

Zwei, drei hatten ihm bejahend zugenickt, einige ließen ein vielsagendes Räuspern hören, und zwei hatten unumwunden erklärt, ihre Ferien nicht in einem Kindergarten zubringen zu wollen, und somit eindeutig auf die Teilnahme an der Freizeit verzichtet.

Werner hatte an jenem Abend noch mit Kamilla über den Verlauf der Jugendstunde gesprochen.

„Es sind nur wenige, die innerlich wirklich mit uns gehen.“

„Und doch kommen auch die anderen“, hatte sie erwidert. „Ich frage mich, was ihre wirklichen Beweggründe sind.“

„Vielleicht ödet sie das bisher Genossene bereits an, und sie hoffen, bei uns etwas Besseres zu finden. Vielleicht ist es bei den Jungen auch eins der Mädchen und bei diesen einer der Jungen, die besondere Anziehungskraft besitzen. Und – warum sollte es bei dem einen oder anderen nicht auch ein ehrliches Suchen sein, ohne dass sie es selbst wirklich wissen? Wir wollen froh sein, wenn sie zu uns kommen, und wollen uns bemühen, ihnen etwas vom lebendigen Christsein vorzuleben und damit nahezubringen. Ich glaube, manches sehen wir viel zu problematisch. Trauen wir doch einfach Gott zu, dass er an ihnen noch viel größeres Interesse hat, als wir mit all unserem oft so krampfhaften Versuchen, die Jugend an die Kirche zu binden. Wir haben einfach unsere Pflicht vor Gott zu tun und müssen bemüht bleiben, eine klare Linie zu verfolgen. Alles andere dürfen wir Gott selbst überlassen.“

Und dann hatten sie mit den Vorbereitungen für die Freizeit begonnen. Zweiundzwanzig Anmeldungen waren gekommen. Neun Mädchen und dreizehn junge Männer.

Über diese Vorgeschichte der Freizeit denken Werner und Kamilla nach, während sie die Hirsl-Hütte zum Empfang ihrer jungen Freizeitteilnehmer herrichten. Sie sprechen auch darüber, doch jetzt ganz getrost und zuversichtlich.

„Neulich sprach mich die Mutter von Michael Schneider auf der Straße an“, erzählt Werner seiner Frau. „Sie dankte mir und sagte, nun sei sie ganz beruhigt, auch im Gedanken daran, dass Gerlinde mitgehe. Zwischen den beiden hat sich wohl seit einiger Zeit eine Freundschaft angebahnt. Sie wisse ihren Sohn ja in guten Händen. Worauf ich ihr sagte, dass wir uns ganz gewiss bemühen wollten, unsere Jungen und Mädchen in diesen drei Wochen recht zu betreuen, aber aufpassen müsse jeder auf sich selbst. – Sie hat mich einen Augenblick fragend und fast ein wenig enttäuscht angesehen. Vielleicht war es ihr nicht genug, was ich zu sagen hatte.“

„Ob unsere Eltern um uns auch heimlich Angst ausgestanden haben, als wir in diesem Alter waren?“

„Es scheint mir, es liegt an der Persönlichkeit eines jeden einzelnen. Manche sehen von vornherein ihren Weg klar vor sich. Die kennen auch ihre Grenzen, und man braucht um sie keine Angst zu haben. Andere wieder sind so veranlagt, dass sie bei der ersten Gelegenheit Umfallen. Jedoch die Stunde der Versuchung kommt wohl für jeden.“

Das Gespräch der beiden wird unterbrochen durch Hirsl-Sepp, der den Berg heraufgestiegen ist, um zu sehen, ob seine Hilfe nicht doch noch vonnöten sei. Nachdem er und Werner noch da und dort Verbesserungen vorgenommen, an verschiedenen Stellen Latten festgenagelt, Schrauben angezogen und etliche andere Schäden behoben haben, sieht Sepp sich befriedigt um.

„Jetzt schaut's scho ganz anders aus.“

Als alle nötigen Vorbereitungen getroffen sind und man sich zum Abstieg anschickt, überfällt Kamilla einer ihrer heftigen Migräneanfälle, an denen sie von Zeit zu Zeit leidet. Sie muss brechen, kann kein Licht ertragen und vermag nicht auf den Füßen zu stehen, so schwindelig ist es ihr.

„In diesem Zustand kannst du unmöglich mit hinunter ins Tal“, stellt Werner besorgt fest. „Aber allein kann ich dich doch hier auch nicht lassen. Und hierbleiben kann ich ebenso wenig. Die Jungen warten auf mich.“ Völlig ratlos blickt er auf Kamilla, die auf ihrer Luftmatratze liegt und der so elend ist, dass sie nur mühsam antworten kann.

„Geh nur, ich bleib schon alleine hier.“

„Aber das geht doch nicht.“ Werner weiß, wie ängstlich im Grunde genommen seine Frau ist. Fragend blickt er den Hirsl-Sepp an.

Der kratzt sich ratlos hinter'm Ohr. „Jo mei – wenn ich nur wüsste, was tun! Mei Frau kimmt nimmer den Berg aufi. Die is zu dick. Und dann die Kinder! Ich könnt' höchstens die vierzehnjährige Resl, mei Älteste, aufischick'n, dass die junge Frau net so allein war' – aber“ – und plötzlich schlägt er sich auf den Oberschenkel, dass es knallt – „ich Rindvieh, dass ich net gleich daran denkt hab' – die Burgunda – wissen's, wo die einen sag'n, sie sei a Heilige und die andern, sie sei – die könnt' doch nach Ihrer Frau schau'n. Und die tut des auch. Des weiß ich g'wiß. Wenn's Ihna recht is, dann lauf ich gleich 'nüber zu ihr und bring sie mit.“

„Willst du?“ fragt Werner und atmet auf im Gedanken daran, dass von dieser Frau vielleicht Hilfe kommt.

Kamilla nickt. Es ist ihr alles gleich, wenn sie nur ihre Ruhe hat.

Keine Viertelstunde vergeht, so kommt der Hirsl-Sepp mit Burgunda, wie er sie genannt hat. Aufrecht steht die etwas mehr als mittelgroße Frau in ihrem trachtenähnlichen Kleid vor Werner Sternkranz, der soeben Kamilla einen kalten Umschlag auf die Stirn gelegt hat. Er erhebt sich und blickt der Fremden prüfend ins Gesicht, als müsse dessen Ausdruck ihm das Geheimnis lüften, das sie umgibt.

Er nennt seinen Namen und ergreift ihre Hand, die sie ihm entgegenstreckt.

„Ich bin Frau Monier“, sagt sie mit wohlklingender Stimme. „Wie ich höre, fühlt Ihre Gattin sich nicht wohl. Kann ich etwas für sie tun?“

Ein leises Lächeln huscht über ihr Gesicht. Ahnt sie, mit welchen Gedanken der Mann ihr Aussehen prüft?

Wie seltsam, denkt Werner, die Frau sieht aus, als habe sie manches erlebt, Dunkles, Schweres, ja, vielleicht auch Schuldvolles, was unauslöschliche Spuren in ihr Antlitz gegraben hat. Andererseits ist da etwas, was diesen Eindruck mildert. Vor allem der Ausdruck ihrer Augen verrät ein tiefes Innenleben, das man im ersten Augenblick nicht hinter ihr sucht. Aber er darf sich nicht zu lange mit solchen Erwägungen abgeben. Sie wartet auf seine Antwort.

„Ich muss noch heute zurück an meinen Arbeitsplatz und wollte eigentlich meine Frau mitnehmen. In zwei Tagen komme ich mit einer Gruppe junger Leute zurück, um hier oben in der Sennhütte von Herrn Hirsl drei Wochen zu bleiben. Aber in diesem Zustand kann meine Frau unmöglich reisen. Herr Hirsl meinte …“

Frau Monier hilft ihm weiter: „Ich solle mich um sie kümmern. Aber selbstverständlich, wenn Sie mir Ihre Frau anvertrauen. Ich will gerne nach ihr sehen.“

„I hab' ihm scho g'sagt, dass du'n halber Doktor bist“, schaltet sich der Sepp ein.

„Na, so ist's nun gerade nicht. Aber ich denke schon, dass ich Ihrer Frau ein wenig helfen kann.“ Sie spricht mit gedämpfter Stimme, um Kamilla, deren Geräuschempfindlichkeit sie gleich wahrgenommen hat, nicht neuen Schmerz zu verursachen. „Wäre es Ihnen recht, wenn ich Ihre Frau etwas später, wenn die Schmerzen nicht mehr so heftig sind, zu mir herübemähme? Ich habe ein Fremdenzimmer.“

„Jo“, bestätigt der Hirsl, „dös hat sie, und alles tadellos in Ordnung.“

Werner ist es nicht ganz behaglich zumute. Er kennt die Frau nicht. Es ist aber auch zu dumm, dass diese Migräne gerade jetzt Kamilla wieder überfällt. Spätestens in einer Viertelstunde muss er mit dem Abstieg beginnen, wenn er den Zug noch erreichen will.

Frau Monier scheint seine Gedanken lesen zu können. „Bitte, machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde gewissenhaft nach Ihrer Frau sehen, und sollte sie alleine hier in der Hütte bleiben wollen, so komme ich eben von Zeit zu Zeit zu ihr herüber und vergewissere mich, wie es ihr geht.

Ich dachte nur, es ist ihr vielleicht lieber, wenn sie nicht so ganz alleine hier liegen muss. Ich selbst werde immer wieder einmal zu einem Kranken gerufen und sollte von den Leuten möglichst am gewohnten Platz zu finden sein.“

„Meine Frau soll dann selbst entscheiden, ob sie hier bleiben oder mit Ihnen in Ihre Wohnung gehen möchte. Jedenfalls danke ich Ihnen herzlich für Ihre Bereitschaft, ihr beistehen zu wollen!“

„Geh nur“, versucht seine Frau ihm zuzulächeln. „Der Anfall geht sicher bald vorüber, und du siehst ja, ich bin nicht allein.“

Aber schon diese wenigen Worte verursachen Kamilla neue Übelkeit. Sie legt ihre Hand über die Augen, die nicht den geringsten Lichtschimmer ertragen.

„Versuchen Sie, ein wenig zu schlafen. Jetzt, wo Sie völlige Ruhe umgibt, ist es vielleicht möglich. Ich werde Ihnen einen guten Kräutertee kochen und bringe ihn in etwa einer Stunde. Sie werden sehen, bis heute Abend ist das Schlimmste schon vorbei.“

„Vielen Dank!“ Mehr vermag Kamilla nicht zu sagen. Sie hat nur einen Wunsch, niemand zu sehen, nichts zu hören und selbst nicht sprechen zu müssen.

Frau Monier behält recht. Noch vor Einbruch der Nacht ist die Migräne abgeklungen. Die junge Frau atmet auf. In der Ferne vernimmt man Donnerrollen. Es wird ein Gewitter geben, kein Wunder bei der Schwüle des Nachmittags. Nun aber fühlt sie doch etwas Angst in sich aufsteigen. Schon als Kind hat sie sich vor Gewittern sehr gefürchtet. Irgendwie bringt sie diese in Zusammenhang mit den Fliegernächten, die sie erleben musste; mit dem dumpfen Einschlag der Bomben, dem vom Himmel fallenden Feuer. Der Krieg war schon längst zu Ende, als sie bei jedem Gewitter wieder an diese schrecklichen Geschehnisse erinnert wurde.

Inzwischen hat sie es mehr und mehr überwunden, besonders nach ihrer Verheiratung, da sie sich nun von ihrem Mann beschützt weiß und eine kleine Tochter hat, die eine tapfere Mutti haben soll. Aber nun ist sie hier in der Berghütte mutterseelenallein, und – wie sie gehört hat – sollen Gewitter in den Bergen oft sehr schwer und anhaltend sein. Ob sie nicht doch das Angebot dieser Frau annimmt und die Nacht bei ihr zubringt? Aber sie kennt sie ja gar nicht. Und wieder meint sie zu hören:

„Eine Heilige!“

„Eine Dirne!“

Frau Monier bringt nach einer Stunde den Tee, massiert Kamillas Kopf und rät ihr, nachdem die heftigsten Schmerzen nachgelassen haben, ein Wechselfußbad zu nehmen. Ruhig und umsichtig stellt sie alles zurecht, ohne auch nur im Geringsten aufdringlich zu wirken. Sie spürt zwar den prüfenden Blick Kamillas auf sich ruhen, tut aber, als ob sie es nicht merke.

Das Gewitter kommt näher. Frau Monier sieht, dass die junge Frau bei jedem heftigen Donnerschlag zusammenzuckt. „Wollen Sie nicht doch zu mir herüberkommen?“ fragt sie noch einmal freundlich. „Mir ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Sie hier alleine liegen zu lassen.“

„Aber Sie sind doch auch immer allein hier oben, oder nicht?“ forscht Kamilla.

„Doch, aber das ist bei mir etwas anderes. Ich bin ein Kind dieser Berge. Ja, ich bin hier oben auf gewachsen und habe meine ganze Kindheit hier zugebracht. Das Haus, in dem ich wohne, war die Sennhütte meines Ur-ur-urgroßvaters.“

Sie lacht und sieht plötzlich ganz verjüngt aus. Dann fährt sie fort. „Wie schön meine Heimat ist, habe ich erst gemerkt, als ich im Umtrieb der Großstädte lebte. Aber ich darf Ihnen mit meinen Worten nicht neue Schmerzen zufügen. Bei Migräne ist man äußerst geräuschempfindlich. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. In früheren Jahren habe ich sehr darunter gelitten.“

„Aber es geht mir wirklich schon bedeutend besser“, bestätigt Kamilla. „Was war das für ein guter Tee, den Sie mir gaben?“

„Von unseren Bergkräutern. Sie besitzen Heilkräfte! Aber auch die Massage und das Fußbad wird Ihnen gutgetan haben.“

Plötzlich weiß Kamilla: vor dieser Frau braucht sie sich nicht zu fürchten. Sie macht einen durchaus vertrauenserweckenden Eindruck. „Wenn ich Ihnen nicht zu viel Mühe bereite, komme ich gerne in Ihre – in Ihr Haus.“

„Sie dürfen ruhig Hütte sagen. Aber es ist mir wirklich ein liebgewordener Platz. Ich freue mich, dass Sie zu mir kommen und bis zur Rückkehr Ihres Mannes meine Einsamkeit mit mir teilen.“

„Ich glaube, ich könnte auf die Dauer nicht so ganz alleine hier oben leben.“

„Als ich in Ihrem Alter war, wäre ich dazu auch noch nicht bereit gewesen. Aber nun lasse ich Sie noch für ganz kurze Zeit allein, und dann hole ich Sie herüber.“

„Dauert es wohl noch eine Weile, bis das Gewitter hereinbricht?“

Frau Monier wirft einen prüfenden Blick durch eines der kleinen Fenster. „Ich hole Sie vorher herüber.“

Als sie nach einer Viertelstunde zurückkehrt, trifft sie die junge Frau bedeutend wohler an. „Wegen meiner Migräne müsste ich jetzt nicht mehr zu Ihnen kommen, sie ist beinahe ganz vorüber. Aber ich will es Ihnen ehrlich sagen: ich habe Angst vor dem Gewitter. Von jeher war es so. Und in den Bergen sollen Gewitter doch besonders heftig sein.“

„Das ist verschieden. Doch nun kommen Sie. Ich habe bereits Teewasser aufgesetzt und Ihr Bett gerichtet. Sie müssen jetzt etwas essen und dürfen sich gleich hinlegen. Oft kommen heftige Kopfschmerzen auch von den Magennerven. Haben Sie überhaupt schon richtig gegessen?“

„Nur ganz wenig. Auch gestern haben mein Mann und ich uns nicht viel Zeit dazu genommen. Es gab so viel zu tun, und wir wollten die wenigen Stunden ausnutzen.“

„Na, sehen Sie! Hier kann schon eine Ursache Ihres Unwohlseins liegen. Aber nun schlüpfen Sie in Ihren Lodenmantel und nehmen Sie den Regenumhang darüber. Es hat bereits zu regnen begonnen.“

„Ach bitte, wenn Sie dort aus der Kommodenschublade noch meinen Schlafanzug und vom Wandbord meinen Waschbeutel nehmen wollten. Das Schwindelgefühl ist noch nicht ganz vorbei. Ich muss mich ein wenig behutsam bewegen. – Vielen Dank!“

Dann gehen die beiden Frauen langsam hinüber zum Haus von Frau Monier. Diese hat Kamilla fürsorglich den Arm geboten. Der jungen Frau aber kommt es vor, als seien sie sich gar nicht mehr fremd. Irgendetwas Beruhigendes geht von Frau Monier aus. In ihr steigt der Wunsch auf, mehr von dieser Frau zu erfahren, über die die Leute im Tal so verschieden urteilen.

„Hat Ihre Hütte auch einen Namen?“ fragt sie, „sowie die unsere Hirsl-Hütte genannt wird?“

„Man gibt den Hütten landläufig den Namen ihrer Besitzer. Mein Ur-ur-urgroßvater hieß Matthis. So hieß seine Sennhütte die Matthis-Hütte. Aber seitdem ich hier meinen ständigen Wohnsitz aufgeschlagen habe, sprechen die Leute von der Burgundenhütte.“ Sie lächelt. „Sie sprechen noch mehr, und umspinnen mein Häuschen mit allerlei abenteuerlichen Gedanken und Vermutungen, aber das muss man ihnen halt überlassen. Jeder muss seinen ihm gewiesenen Weg gehen.“

Kamilla blickt erstaunt zu ihr hinüber. Es ist ihr klar, die Frau hat ihr Zögern deutlich erkannt und weiß auch den Grund dafür. Heilige oder Dirne! Aber sie nimmt ihr dieses Zögern nicht übel. Vielleicht kommt sie sogar noch darauf zu sprechen.

Ein Ausruf der Bewunderung dringt über Kamillas Lippen, als sie mit Burgunda Monier deren Wohnung betritt. Nein, das hat sie nicht erwartet. Ein mit altdeutschen Bauernmöbeln ausgestattetes Wohnzimmer, ein Spinnrad in der Ecke, zwei, drei gute Bilder an den Wänden, ein Bücherschrank, bis zum letzten Brett gefüllt. Blumen auf dem Fenstersims. Vor einem der Fenster ein kleiner, zierlicher Schreibtisch, darauf eine Schreibmaschine, in die ein Blatt eingespannt ist – so, als habe sie eben erst aufgehört zu schreiben. Eine Anzahl vollbeschriebener Blätter liegen in einer geöffneten Mappe daneben. Der Teetisch ist einladend für zwei Personen gedeckt. Ein mit Bauernmustern versehenes Teeservice auf einem Leinentuch mit einer breiten, handgearbeiteten Borte. In der auf einem kleineren Tischchen stehenden Teemaschine kocht bereits das Wasser. Alles strömt Behaglichkeit aus. Kamilla empfindet es im ersten Augenblick. Diese Hütte – nein, man kann Frau Moniers Haus nicht so nennen – ist erfüllt von gepflegter Behaglichkeit. Hier ist eine gute Atmosphäre.

Über Burgundas Gesicht huscht ein Lächeln. Kamilla hat vor Verwunderung noch kein einziges Wort hervorgebracht.

„Nun, gefällt es Ihnen bei mir?“

„Das habe ich allerdings nicht erwartet“, erwidert Kamilla in ehrlichem Staunen. „Nein, von einer Hütte kann hier nicht mehr die Rede sein.“

„Meines Ur-ur-urgroßvaters alte Sennhütte“, lacht Frau Monier und sieht mit den beiden Grübchen in den Wangen direkt jung aus, obgleich sie gewiss an die Fünfzig sein kann.

Mit einladender Handbewegung fordert Burgunda ihren Gast auf, am Tisch Platz zu nehmen.

„Nein, wie haben Sie es gemütlich!“ Kamilla kann sich gar nicht beruhigen.

„Was machen die Kopfschmerzen?“ fragt Frau Monier und gießt den Tee ein.

„Danke, die sind nur noch ganz gering.“

Burgunda reicht Brot, Butter, ein Eiergericht mit kleinen Schinkenwürfeln. Kamilla lässt es sich munden. Sie merkt plötzlich, wie hungrig sie ist.

„Schmeckt es Ihnen?“

„Danke, sehr gut! Diese Eierspeise esse ich zum ersten Mal.“

„Ich habe sie in Frankreich kennengelernt.“

„Sie haben in Frankreich gelebt?“

„Ja, fünfzehn Jahre in Paris.“

„Ach!“ staunt Kamilla. „Und nun wohnen Sie hier in dieser Bergeinsamkeit? Ist das nicht ein gewaltiger Unterschied?“

„Doch, aber ich fühle mich wohl hier oben.“

Die beiden Frauen sitzen beieinander, als kennten sie sich schon lange. Burgunda weiß gut und flüssig zu erzählen, ohne dabei aufdringlich zu sein oder gar protzig mit ihren Erlebnissen wirken zu wollen. Sie antwortet eigentlich nur auf Kamillas Fragen. Diese aber möchte immer mehr wissen. Sie schämt sich beinahe ihrer Neugierde. Aber Burgunda nimmt es ihr nicht übel.

„Fragen Sie nur. Ich begreife gut, dass Sie manches wissen wollen, zumal der Hirsl-Sepp und sein Nachbar gewiss nicht zurückgehalten haben mit ihren Berichten über mich.“

Kamilla errötet. Es ist ihr peinlich, von dieser Frau durchschaut zu sein.

„Viel haben sie nicht gesagt“, erwidert sie und nimmt einen Schluck aus ihrer Tasse.

„Unter Umständen genügt wenig, um einem Menschen das Leben zu erschweren oder ihm den Weg in eine neue Zukunft zu verbauen. In den ersten Jahren nach meiner Rückkehr in die Heimat ist es mir nicht immer ganz leicht gewesen, alles schweigend hinzunehmen, bis ich bereit war, mir einzugestehen, dass sie ja erst durch mich selber überzeugt werden müssen, dass ich nicht mehr die alte bin. Jetzt ficht mich das nicht mehr an, und ich stehe eigentlich zu fast allen Dorfbewohnern in einem guten Verhältnis.“

Kamilla ist sehr verlegen geworden. „Bitte, verzeihen Sie mir! Es war nicht sehr taktvoll, Ihnen so viele Fragen zu stellen. Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich dazu kam. Im Allgemeinen bin ich sehr zurückhaltend. Aber mir war es plötzlich, als kennten wir uns schon lange. Daran ist bestimmt Ihre Liebenswürdigkeit schuld und die Behaglichkeit, die Ihr Heim erfüllt.“

„Es freut mich, wenn Sie sich bei mir wohlfühlen. Ihr Besuch ist eine gute Abwechslung in meinem Alleinsein.“

„Sie haben wenig Besuch?“

„Die Leute aus dem Tal kommen meist dann zu mir, wenn sie irgendeine Hilfe bei der Pflege eines Kranken oder einen heilkräftigen Tee brauchen. Hin und wieder sehen auch Fremde von weiterher bei mir herein. Aber es vergehen oft viele Wochen, bis das der Fall ist.“

„Sind Sie auch im Winter hier oben?“

„So lange es irgend geht. Aber wenn der Schnee zu hoch liegt, können die Leute, die mich brauchen, nicht mehr zu mir gelangen. Darum gehe ich während der Zeit des strengsten Winters hinunter ins Tal. In meinem Elternhaus, das jetzt von meinem Bruder und seiner Familie bewohnt wird, habe ich ein Zimmer. Aber sobald es wieder geht, steige ich hinauf in meine Hütte und beginne, die heilkräftigen Bergkräuter zu suchen. Die trockne ich und beliefere verschiedene Apotheken damit.“

„Ach, darauf ist wohl der würzige Geruch, der Ihr Häuschen durchzieht, zurückzuführen?“

„Ja, so ist es.“

Kamillas Blick umfasst noch einmal den traulichen Raum, in dem sie sitzen, und bleibt an der Schreibmaschine haften.

„Sie schreiben?“

„Ja, in nächster Zeit werde ich meine Lebenserinnerungen abschließen.“

„Haben Sie schon mehrere Bücher geschrieben?“

„Bücher habe ich bisher noch nicht geschrieben. Aber als ich in Paris war, regte mein Mann an, öfter Kurzartikel für verschiedene Zeitschriften zu verfassen.“

„Ach, Sie sind – „ Kamillas Blick bleibt an Frau Moniers Hand haften. „Oh, Verzeihung, ich wusste nicht.“

„Ja, ich bin Witwe. Mein Mann liegt auf einem der großen Friedhöfe in Paris begraben.“

„Ach! So lebte er nicht mit Ihnen hier in den Bergen?“

„Nein, er war gelähmt. Viele Jahre konnte er das Haus nicht verlassen.“

Wie interessant das alles ist! Die ganze Nacht möchte Kamilla bei dieser Frau sitzen und ihr lauschen. Es ist direkt wohltuend, ihr zuzuhören. Ihre Sprache ist melodisch und ihre Ausdrucksform gut. Wer würde hinter ihr ein Kind der Berge vermuten?

„Und nun schreiben Sie Ihre Biographie? Haben Sie schon einen Verleger für Ihr Buch?“

„Nein, das ist mir auch nicht so wichtig, wenigstens im Augenblick noch nicht. Ich habe es eigentlich in erster Linie für midi selbst geschrieben. Wissen Sie, wenn man sich auf der absteigenden Linie des Lebens befindet …“

„Oh, Sie wirken noch so jugendlich!“

Frau Monier lächelt. „Ich habe meinen fünfzigsten Geburtstag bereits vor einiger Zeit begangen. Ja, wenn man sich dessen bewusst ist, dass man die Höhe des Lebens überschritten hat, dann ist es gut – ach, man sollte es längst vorher tun“ – ein Schatten fällt auf das Gesicht der Frau –, „dass man Rechenschaft ablegt vor sich selbst – vor Gott und seinen Mitmenschen – über sein Tun, seine Vergangenheit. Das habe ich versucht, in die Tat umzusetzen, als ich vor etwa zwei Jahren begonnen habe, meine Lebenserfahrungen niederzuschreiben. Für mich habe ich es getan und auch in Gedanken an meine Landsleute, denen ich durch mein Handeln nicht nur Rätsel aufgab, sondern auch Ursache, mich anzuklagen. Vor allem aber fühle ich mich Gott gegenüber verpflichtet, der an mir das große Wunder vollbracht hat, aus einer Maria Magdalena eine Magd des Herrn zu machen.“

Ohne Pathos, ohne jegliche Frömmelei sagt Burgunda Monier dies, und über Kamilla kommt ein großes Staunen.

Weder sie noch ihr Mann gehören zu der Art von Christen, die in billiger Weise über Glaubensdinge sprechen. Ja, sie meidet sogar bewusst solche, die ihre innere Einstellung durch salbungsvolle Redensarten und gewohnheitsmäßig angewandte Bibelsprüche kundzutun bemüht sind. Aber hier, das empfindet sie deutlich, hier ist es etwas ganz anderes. Das, was diese Frau soeben schlicht ausgesprochen hat, entspricht einem echten, tiefen Erleben. Sie muss unbedingt mehr von ihr erfahren.

„Aber nun haben wir nur von mir gesprochen“, sagt Burgunda und gießt der jungen Frau noch eine Tasse Tee ein. „Erzählen Sie mir, bitte, ein wenig aus Ihrem Leben.“

Kamilla empfindet: Vertrauen ist Vertrauen wert. Irgendwie hat sie auch den Eindruck, als sei die Begegnung mit Frau Monier keine Zufallsangelegenheit. Der heimliche Wunsch, mehr aus ihrem Leben zu erfahren, entspringt nicht in erster Linie ihrer Neugierde, sondern einem Ahnen, es könnte für sie von Bedeutung und ihr vielleicht irgendwie Hilfe sein. Gleichzeitig aber verpflichtet er auch. Und so beginnt sie zu erzählen:

„Ich bin nicht so weit gereist wie Sie, zumal ich ja auch erst halb solang lebe. Vor sechs Jahren etwa lernte ich meinen Mann kennen, nachdem ich kurz vorher das Abitur gemacht hatte. Meine Eltern hätten gerne gesehen, wenn ich Ärztin geworden wäre. Aber gleich nach der Schule war ich ein ganzes Jahr krank. Am meisten zog es mich zur sozialen Arbeit. Werner, mein damaliger Freund, riet mir, eine Heimerzieherschule zu besuchen, was ich dann auch tat. Nach dem Examen heirateten wir. Es ist unser Wunsch, später einmal die Leitung eines Heimes für schwererziehbare Kinder zu übernehmen. Jetzt ist mein Mann Bezirksjugendleiter im kirchlichen Dienst. Vor drei Jahren wurde unsere kleine Tochter Michaela geboren.“

„Ach, Sie haben ein Kind?“

Es entgeht Kamilla nicht, welch schmerzlicher Ausdruck für einen kurzen Augenblick das Gesicht von Frau Monier beschattet.

„Und wer hat jetzt die Kleine?“ fragt sie.