Urlaub, oder was? - Karlheinz Huber - E-Book

Urlaub, oder was? E-Book

Karlheinz Huber

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Beschreibung

Um einen Katastrophenurlaub zu vermeiden, ist es wichtig, sich im Vorfeld ausreichend zu informieren. Lesen Sie Bewertungen, googeln Sie die Gegebenheiten vor Ort und wählen Sie eine Unterkunft, die Ihren Bedürfnissen entspricht. Soweit die Theorie. Die Praxis bei unserem Familienurlaub sah dann vollkommen anders aus. Herzlich willkommen zum ultimativen Chaosurlaubsbericht. Aber damit nicht genug. Mitreisende erzählten uns von ihren katastrophalen Urlaubserlebnissen. Aus Mitgefühl - oder Schadenfreude? Urteilen Sie selbst.

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Seitenzahl: 164

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Für Moni

Vorwort

Ein Buch über tolle Urlaubserlebnisse - wer liest so was, habe ich mich zuerst gefragt und kam zu folgendem Ergebnis: „Das wird megalangweilig!“

Mir blieb nichts anderes übrig, als tiefer in die Materie einzusteigen. Die Gretchenfrage lautete: „An welche Urlaubsereignisse erinnert man sich zuerst?“

Genau – an die Negativen. Unvermittelt bildete sich ein riesiges Potenzial an Möglichkeiten in meinem Schriftstellerkopf. Schadenfreude war letztlich der Schlüssel zu diesem vergnüglichen Buch. Garantiert kennen Sie jemanden, dem das ein oder andere Malheur selbst widerfahren ist – vielleicht sogar Ihnen? Nehmen Sie es mit Humor. Oder wie sagte ein gewisser deutscher Philosoph namens Arthur Schopenhauer:

„Neid zu fühlen ist menschlich,

Schadenfreude zu genießen ist teuflisch.“

In diesem Sinne gute Unterhaltung,

wünscht der freundliche Herr Huber.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Erinnerungen

Hallo erstmal

Rückblicke

Malle

Vorfreude

Abflug

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Tag 5

Tag 6

Tag 7

Tag 8

Tag 9

Tag 10

Tag 11

Tag 12

Tag 13

Der letzte Tag

Der Tag danach

Nachwort

Über den Autor

Weitere Bücher

Erinnerungen

„Schatz, das Telefon klingelt, gehst du bitte dran!“

„Hallo, Mayer aus dem Reisebüro. Ich möchte nochmals über den von Ihrer Frau errechneten Preis für die geplante Urlaubsreise sprechen.“

„Hallo, gerne. Aber glauben Sie mir, sie hat bis jetzt leider immer recht behalten.“

„Ha, ha, ha! Ja, normalerweise schon. Ganz ehrlich, dieses Mal nicht. Für diesen Hammerpreis nach Lanzarote in ein Vier-Sterne-Hotel mit Halbpension, vier Erwachsene und zwei Kinder, in der Ferienzeit. Niemals! Und schon gar nicht zu diesem Wahnsinnspreis.“

„Herr Mayer, jetzt mal unter uns: Sie hat sich noch nie verrechnet – oder? Wir beide kennen niemanden, der sich mit den Sonderrabatten in den Urlaubskatalogen1 so gut auskennt wie meine herzallerliebste Gattin. Am besten schauen Sie noch mal in aller Ruhe nach und melden sich später, um sich bei ihr zu entschuldigen.“

„Ähm, jetzt haben Sie mich etwas verunsichert.“

„Wir warten auf Ihren Rückruf.“

„Einverstanden.“

„Schatz, wer war das?“, trällerte meine Gattin aus dem Hintergrund.

„Du, das war lustig. Herr Mayer aus dem Reisebüro war der Meinung, dass dein Preis nicht stimmt. Ich habe ihm höflich, aber bestimmt erklärt, dass du immer recht hast. Jetzt schaut er noch mal nach und meldet sich später, um sich zu entschuldigen.“

„Recht so, der wird sich wundern.“

„Ich weiß“, murmelte ich breit grinsend.

1 Damals gab es kein Internet, nur Kataloge aus Papier – unglaublich.

Hallo erstmal

Natürlich hat der Preis gestimmt und wahrhaftig, es war ein unfassbares Schnäppchen. Im Nachhinein wäre es damals überaus sinnvoll gewesen, darüber nachzudenken, wie der Preis zustande kam. Na ja, hinterher ist man bekanntlich immer schlauer.

Aber der Reihe nach: Hallo erstmal, ich bin Ihr Erzähler und verheiratet mit Elke, der besten Ehefrau von allen. Die siebenjährige Sahra komplettiert unsere glückliche Familie.

Elke hat - mal wieder - zu einem märchenhaften Preis den anstehenden Urlaub gebucht. Thomas, Doris und ihre liebreizende Tochter Mia, ebenfalls sieben Jahre alt, werden uns begleiten. In zwei Wochen geht‘s nach Lanzarote in ein Vier-Sterne-Hotel mit Halbpension, an den Ort Costa Teguise. Umwerfende Bilder, mit der entsprechenden Beschreibung dazu, ließen Elke keine andere Wahl.

Heute Abend treffen wir uns, um die letzten Details abzusprechen. Das ist schon der dritte gemeinsame Urlaub, und langsam haben wir Routine darin, die Ausflüge vorab zu planen. Ich trommle jetzt die Familie zusammen und los geht’s.

Rückblicke

„Weißt du noch, der letzte gemeinsame Urlaub?“, erinnerte sich Elke auf der Fahrt zu unseren Freunden.

„Besser nicht“, stöhnte ich. Der Versuch, die Erinnerung zu verdrängen, schlug fehl. Gnadenlos riss mein Gehirn die Urlaubserlebnisschublade auf. Wie ein Wasserfall kam es über mich.

Wir hatten für eine Woche im Oktober ein kleines Häuschen für sechs Personen in einer Ferienanlage mit Spaßbad in Deutschland gebucht. Baden, Riesenrutsche, Sauna, Planwagen, Tennis und ein riesiger Spielplatz direkt vor der Tür – beste Voraussetzungen für einen erholsamen Familienurlaub – so der Plan.

Durch den strömenden Regen fanden wir den Weg zur Rezeption der Ferienanlage. Petrus war so nett und kippte alle prall gefüllten Eimer gleichzeitig über uns aus. So ein Mistwetter Anfang Oktober – na ja, dann ab ins Spaßbad - und schon kam das Grinsen zurück.

Nachdem mir der Finger vom Drücken des Klingelknopfes schmerzte, trottete eine gut beleibte Dame auf uns zu.

„Hallöchen“, flötete sie. Wir waren so rücksichtsvoll und ignorierten die Lockenwickler in ihren feuerroten Haaren.

„Wir haben gebucht, hier ist unsere Bestätigung“, sagte Elke und hielt ihr das Papier unter die Nase. Für mich ein klares Zeichen, dass ihre Laune im Keller vergeblich auf die Befreiung wartete.

„Einen Moment, bitte“, lächelte die Dame.

„Herbert, Kundschaft“, schrie sie ohne Vorwarnung. Elke ließ vor Schreck die Buchungsbestätigung fallen und trat einen Schritt zurück. Blitzschnell legte ich meine Hand auf ihre Schulter, zog sie sanft hinter mich.

Nach geschlagenen dreißig Minuten überreichte er uns endlich die Schlüssel. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass der nette Herbert in Unterhosen zurück zu dem Ort wanderte, wo er herkam.

„Und wo liegt das Haus?“, fragte ich.

„Sehe ich aus wie ein Wegweiser“, erklang die empörte Antwort mit einem Fingerzeig auf den Übersichtsplan an der Wand direkt hinter mir.

Wortlos orientierten wir uns und verschwanden nach draußen. Natürlich schüttete es immer noch – egal. Wir ließen uns die Laune nicht verderben und steuerten unser einwöchiges Kurzzeitdomizil an.

„Das sieht aus wie mein Puppenhaus“, lachte Sahra.

„Erst am Arsch der Welt und dann so was“, kommentierte Elke.

„Das wird schon. Positiv denken, Mädels“, versuchte ich die Stimmung zu retten.

„Wenigstens regnet es nicht mehr so stark, und wir können mit den Autos direkt vor dem Haus parken“, antwortete Elke und öffnete die Autotür.

„Häuschen, Mama. Es muss erst noch erwachsen werden“, lachte Sahra vom Rücksitz.

Thomas schloss auf und wir drängten uns nacheinander durch die schmale Eingangstür. Wir kamen nicht weit. In der Küche - direkt am Eingang, also kein Flur - war nicht genug Platz für alle.

„Puppenhaus“, hörte ich Sahras Kommentar und zog mich mit Thomas ins Freie zurück.

Erst nachdem die Frauen ihr Fluchen beendeten, trauten wir uns ins Haus.

Wir wurden mit einem unfreundlichen: „Bringt unser Zeugs rein“, empfangen.

Kopfschüttelnd luden wir die Autos aus und versuchten zunächst, alles im Wohnzimmer unterzubringen. „Vier mal vier Meter groß, mit einem offenen Kamin und einer integrierten Treppe nach oben zu den zwei Schlafzimmern.

Sind die Betten wenigstens groß genug?“, flüsterte Thomas.

„Schau doch selbst nach“, grinste Doris und gab den Weg zur Treppe frei.

Ein Doppelbett und ein winziger Schrank, mehr gab es nicht. Das Bett war nur auf einer Seite zugänglich, genau an der Tür und dem Kinderbett.

„Endlich mal ein Grund, mich zu freuen, dass ich kleiner und schmaler bin als du“, grinste Thomas und sah mir zu, wie ich umständlich über das Kinderbett balancierte und mich durch den Türspalt quetschte.

Okay, dachte ich, das wird spannend.

„Jungs, packt das zurück in die Autos. Wir holen die Sachen, wenn wir sie brauchen. Das Nötigste haben wir“, riefen Elke und Doris aus dem Wohnzimmer.

Nach einer Stunde quetschten wir uns frustriert auf die viel zu kleine Couch.

„Ein Bier wäre nett“, flüsterte Thomas, ich nickte ihm zu und seufzte.

„Kein Gejammer. Jeder schnappt sich aus dem Auto seine Badetasche, auf geht‘s“, lachte Elke.

„Kinder, seht doch, es hat aufgehört zu regnen“, gab Doris am Fenster das endgültige Startsignal.

Mit jedem Schritt in Richtung Spaßbad, das logischerweise am anderen Ende des Parks lag, stieg die Laune - bis zur Eingangstür.

Auf einem gelben Schild stand mit großen roten Buchstaben geschrieben: „Wegen dringenden Sanierungsarbeiten ist das Bad vorübergehend geschlossen.“

Ohne Worte stampften wir durch den wiederum einsetzenden Regen in Richtung Rezeption.

„Es tut mir leid, aber das mit dem Umbau haben wir bekanntgegeben. Da müssen Sie sich bei Ihrem Reiseveranstalter beschweren“, war die knappe, schnippische Antwort der Dame, diesmal ohne Lockenwickler.

„Wie sieht es aus mit Tennisspielen?“, fragte Doris.

„Diese Woche ist das alljährliche Kreisligaturnier“, kamdie Antwort wie aus der Pistole geschossen.

Die Hautfarbe von Doris wurde immer dunkler – der Vulkan brodelte. „Planwagen?“, presste sie die Frage durch ihre gefletschten Zähne.

Miss Schnippisch antwortete immer vergnügter: „Verflixt, da sind beide Räder in der Reparatur.“

Das Wörtchen leider hat sie wohl absichtlich verschluckt.

„Restaurant?“, traute sich Elke zu fragen.

„Heute haben wir eine Silberhochzeit, morgen zwei Geburtstage. Übermorgen hätte ich einen Tisch für vier Personen, wenn der Herd durchhält“, trällerte sie uns die Antwort um die Ohren.

Jetzt war es wichtig, die Initiative zu übernehmen, bevor die Eskalationsstufe zu hoch wurde. Thomas und ich zogen unsere Ladys zurück zur Eingangstür. Der Regen auf dem Rückweg kühlte die Gemüter etwas ab.

„Papa, ich friere“, jammerte Mia.

„Ist echt kalt geworden. Ich schau mal nach der Heizung“, antwortete ich. Froh, die eisige Stimmung zu verlassen. Es dauerte, bis ich die Klappe zur Schaltzentrale fand. Tief durchatmend öffnete ich sie, las den Aufkleber dreimal und schloss sie wieder. Mit hängenden Schultern kam ich die zwei Schritte zurück ins Wohnzimmer.

Fünf erwartungsvolle Augenpaare schauten mich an.

„Sorry, die Heizung wird erst in einer Woche eingeschaltet.“

Der Frust breitete sich schlagartig aus. Den Schauer über meinem Rücken ignorierend, sah ich zum Kamin. Die Eingebung rettete die Situation etwas.

„Ich hole mit Thomas Pizza und Holz für den Kamin“, rief ich freudig.

„Wenn es eine Pizzeria am Arsch der Welt gibt“, motzte Doris.

„Oder der Pizzaofen defekt ist“, ergänzte Elke.

„Das ist doch eine gute Idee. Wir finden schon was“, half mir Thomas.

Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis wir etwas einigermaßen Passendes fanden. Das Gesicht des Besitzers, als wir nach Feuerholz fragten, werde ich nicht mehr vergessen. Immerhin spendierte er uns einige ausgediente Pizzakartons und einen Tipp. Der Supermarkt war geschlossen, was uns wenig ausmachte. Wir wühlten im Müllcontainer – erfolgreich.

„Gut, dass der Abfallplatz überdacht war“, sagte Thomas auf der Rückfahrt.

„Stimmt, nasse Holzkisten brennen nicht wirklich“, erwiderte ich und stoppte den Wagen an der Einfahrt zur Ferienanlage.

„War die Schranke vorhin schon da?“, fragte ich.

„Egal, siehst du das Schild?“, antwortete Thomas.

„Ab zwanzig Uhr geschlossen. Im Notfall rufen Sie folgende Nummer an“, las ich vor, ohne den Sarkasmus zu unterdrücken.

Fluchend stellten wir den Wagen auf dem Außenparkplatz ab und stampften zu unserem Haus.

Ohne Worte platzierte ich die Pizzen auf dem Tisch und half Thomas mit dem Kaminfeuer.

Die Pizza schmeckte nach Kaugummi und das Holz reichte für mickrige dreißig Minuten Wärme.

„Alle Sardinen in ihre Blechbüchsen“, läutete ich die Nachtruhe ein.

Mein Harndrang veranlasste mich, mitten in der Nacht aufzustehen. Im Stockfinsteren versuchte der Orientierungssinn, das Kommando zu übernehmen. Leider war er genauso überfordert wie ich. Das Geländer der Empore war stabil genug, um mein Körpergewicht auszuhalten.

Nach dem Toilettengang war das Augenlicht bereit, sich der Herausforderung des Rückwegs zu stellen. Verwundert fand ich das Kinderbett leer und Sahra im Doppelbett liegen. Achselzuckend faltete ich meinen Astralkörper zusammen und quetschte mich ins Kinderbett.

„Was für eine Nacht“, fluchte ich am nächsten Morgen.

„Nix wie weg hier“, erwiderte Elke und packte.

Auf der Heimfahrt flüsterte meine Gattin: „Thomas und Doris werden nie wieder mit uns in Urlaub fahren.“

„Noch haben wir Malle in der Hinterhand“, versprühte ich Hoffnung und hatte Recht.

„Hey Papa, willst du vorbeifahren?“, riss mich Sahra aus meinen Gedanken. Wir waren angekommen.

Malle

Nach einer herzlichen Begrüßung und einem super Essen setzten wir uns auf die Couch im Wohnzimmer. Doris schickte die Mädels ins Spielzimmer und verschwand in der Küche. Mit drei Campari-Orange-Gläsern kam sie zurück.

„Du bekommst nichts, musst ja noch fahren“, sagte sie zu mir und zeigte auf die Wasserflasche unter dem Tisch.

„Prost, auf die alten und neuen gemeinsamen Urlaube“, hob Thomas sein Glas.

Bitte nicht unbedingt auf den Letzten, hoffte ich und sah, dass Elke das Gleiche dachte.

Meine Gattin ergriff die Initiative: „Wisst ihr noch, wie toll es auf Malle war?“

„Wie könnten wir diesen Urlaub je vergessen“, antwortete Doris.

„Das Super-Hotel und die Animateurin“, sagte Thomas lachend.

„Natalie“, seufzte ich. „Die wird uns auch nicht vergessen.“

„Da sollten wir vielleicht noch mal hin, oder? Alleine die Cocktailbar unten am Strand war schon die Reise wert“, sagte Doris und Thomas antwortete: „Das kannst du laut sagen.“

Nach einem Schluck Wasser räusperte ich mich und sagte: „Wisst ihr noch, die Misswahl?“

Unvermittelt verfärbten sie die Wangen unserer Ladys in ein tiefes Rot. Thomas schlug die Hände auf die Oberschenkel und lachte lauthals.

„Zu schade, dass die Batterien der Kamera leer waren“, flüsterte ich geheimnisvoll, nachdem er sich beruhigt hatte.

Elke und Doris seufzten: „Zum Glück für uns.“

„Wer hatte eigentlich die Wahl gewonnen?“, fragte ich und schaute in ratlose Gesichter.

Nach einer endlos erscheinenden Pause sagte

Doris: „Ich erinnere mich nur an die wahnsinnigen Kopfschmerzen am Morgen.“ „Haben wir nicht mit Sonnenbrillen gefrühstückt?“, bemerkte Elke.

Im Türrahmen räusperten sich Mia und Sahra: „Wie kleine Kinder habt ihr euch aufgeführt, und gewonnen hat niemand. Ihr wurdet alle zu Siegerinnen erklärt, nachdem ihr mit Natalie in den Pool gesprungen seid. Der Hotelmanager hat höchstpersönlich die Veranstaltung beendet. Wir haben uns freiwillig an einen anderen Tisch gesetzt.“

„Schön war‘s“, lachte Thomas.

„Unvergessen“, grinste Doris.

„Legendär“, beendete ich die Diskussion und schloss mich dem Lachanfall der anderen an.

„Erwachsene“, empörte sich Sahra, ergriff die Hand von Mia und zog sie ins Kinderzimmer zurück.

„Genug gelacht. Wir haben einen Reiseführer gekauft und die möglichen Ausflüge schon mal markiert“, sagte Doris.

„Danke, wir schauen ihn zu Hause an“, antwortete ich und reichte das Buch an Elke weiter, die es in ihrer Handtasche verschwinden ließ.

„Zum Urlaub aber wieder mitbringen“, mahnte Thomas mit erhobenem Zeigefinger.

„Jawohl, Herr Lehrer“, antwortete ich.

„Welches Auto mieten wir?“, fragte Doris.

„Natürlich einen Jeep – was sonst!“, erwiderte ich, wie mit Thomas abgesprochen.

Vielleicht war ich ein wenig zu voreilig, denn der Gesichtsausdruck der Mädels ließ nicht auf Begeisterung schließen. Mutig fügte ich etwas verunsichert, aber grinsend hinzu: „Natürlich ohne Verdeck – perfekt für Abenteurer wie wir!“

„Noch sind wir keine alten Säcke“, unterstützte mich Thomas, dessen Idee ich half umzusetzen. Er hatte im Vorfeld bezweifelt, dass es mir gelingen würde, alle von einem Jeep zu begeistern. Genüsslich griff ich nach meinem Joker und rief die Kinder.

„Na, Sahra und Mia, wollt ihr in einem offenen Jeep durch Lanzarote düsen?“

Das saß. Elke trat mir ans Bein, und Thomas nickte anerkennend.

Die Gunst der Stunde nutzend, fuhr ich fort: „Den Transfer zum Flughafen habe dieses Mal ich in die Hand genommen.“

„Aber das wollte ich doch morgen erledigen“, brüskierte sich Elke.

„Nur, um dich zu entlasten, mein Schatz. Zuerst werden wir dreieinhalb Stunden vor Abflug abgeholt. Danach fahren wir zu euch und dann direkt zum Terminal.“

„Spottpreis?“

„Jawohl, holde Gattin.“

„Jetzt kennen wir schon zwei Sparfüchse“, lachte Thomas.

Beschwingt endete der Abend mit der Vorfreude auf das anstehende Ereignis.

.

Vorfreude

Mein letzter Arbeitstag vor dem Urlaub verlief fast problemlos. Nichts Dramatisches, der Aufzug blieb kurz vor Feierabend stecken, zu sechst in einem für vier Personen zugelassenen. Die ersten zehn Minuten waren spaßig, bis das Ganze sauerstofftechnisch etwas problematisch wurde. Diverse Körpergerüche vermischten sich mit dem Gestank einer Zigarre und die Berührungen wurden langsam unangenehm. Die erste Panikattacke ließ nicht lange auf sich warten. Da half die belustigte Stimme: „Euer Dosenöffner ist unterwegs“, aus dem Lautsprecher nicht wirklich. Ich schloss die Augen, stellte mir vor, bei angenehmen Temperaturen und einer leichten Brise am Strand von Lanzarote zu liegen, mit einem Cocktail in der einen und einem guten Buch in der anderen Hand.

„Hey Alter, hast du gerade gefurzt?“, riss mich die Stimme eines Kollegen zurück in den Blechsarg.

„Nein“, erwiderte ich und versuchte, meinen Körper zu bewegen. Keine Chance, es half nur abwarten und den Gestank zu ertragen. Flach atmend, sehnte ich mich nach meinem Tagtraum zurück, es funktionierte nicht mehr. Abflussrohre und rauchende Schornsteine wollte ich nicht sehen. Mit offenen Augen harrte ich die dreißig Minuten bis zu unserer Befreiung aus.

War das ein Zeichen?, überlegte ich und verwarf den Gedanken schnell wieder.

„Keine Probleme mehr in Sicht“, motivierte ich mich auf dem Heimweg.

Beschwingt, die Horror-Aufzugfahrt endgültig aus dem Kopf verdrängend, öffnete ich die Haustür.

„Nein, nein und nochmals nein, Sahra“, hörte ich Elke entnervt durch den Flur brüllen.

„Papa, endlich bist du da“, stöhnte meine Tochter. In ihrem Zimmer angekommen, starrte ich auf den Kleiderberg und wusste, was auf mich zu kam.

„Papa, warum darf ich nicht alles mitnehmen?“ „Ein Fall für den Boss“, grinste Elke im Türrahmen und verschwand im Schlafzimmer.

„Was willst du denn einpacken, mein Schatz?“, fragte ich, obwohl die Antwort auf der Hand beziehungsweise auf dem Bett lag.

„Das habe ich doch schon gesagt: ALLES!“ Jetzt ist Psychologie gefragt.

„Gehen wir ein Eis essen, dann erkläre ich dir, warum das nicht geht – einverstanden?“

Sahra nickte begeistert und stolzierte siegessicher an ihrer Mutter vorbei.

„Ist das euer Ernst?“

„Mama, das regele ich mit Papa alleine.“

Achselzuckend folgte ich meiner Tochter durch die Haustür.

Auf dem Weg zur Eisdiele eröffnete ich das Strategiegespräch mit den Worten: „Was sind deine Lieblingseissorten?“

Nach Sahras Aufzählung fuhr ich fort: „Und deine zweitliebsten Sorten?“

Mit etwas weniger Begeisterung folgte die Auflistung.

Direkt vor der Theke fragte ich: „Und wie viele Eissorten passen in einen Becher?“

„Vier“, antwortete Sahra und wechselte in ihre typische Nachdenkpose. Der Eisverkäufer sah mich verständnislos an, während hinter uns die Unruhe wuchs.

„Nimm doch deine drei Lieblingssorten und eine aus der zweiten Liste“, gab ich ihr den Anstoß.

„Erdbeere, Vanille, Schokolade und Stracciatella, bitte. Und ja, ich hab’s kapiert“, antwortete meine kluge Tochter. Nach unserem gemeinsamen kleinen geschmacksunterstützenden Ausflug packte Sahra ihren Koffer, ohne zu murren.

„Wie…, was?“, staunte Elke, schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrem Koffer.

„Na?“, stolzierte ich ihr hinterher.

„Prima, Boss. Und jetzt packst du deinen auch alleine“, antwortete Elke und verbarg ihren Sarkasmus nicht wirklich.

Wieder einmal verstand ich, warum Sieg und Niederlage so nah beieinanderlagen.

Nach dem Abendessen spielten wir gemeinsam eine Runde UNO, als das Telefon klingelte. An Elkes Gesichtsausdruck war unschwer zu erkennen, dass irgendetwas nicht stimmte.

„Ja klar, bis später“, sagte sie und legte auf.

Zwei wissbegierige Gesichter starrten sie an.

„Thomas ist mit Doris im Krankenhaus. Sie ist beim Kofferpacken in einen kaputten Kleiderbügel getreten. Die Wunde wird genäht. Sie ruft später noch mal an.“

Ich flüsterte: „Mist, morgen früh um sieben Uhr hebt der Flieger ab. Ob das noch was wird?“

„Mias Mutter ist zäh, das klappt, denk doch mal positiv“, sagte Sahra und mischte die Karten.

Doris rief später an und berichtete von ihrer Operation. Eine Tetanusspritze, zwei Stiche an einer Stelle am Fuß, die das Laufen nicht wirklich behinderte. Mein Aufatmen war unüberhörbar.

Ein weiteres Zeichen?, überlegte ich, schüttelte das aufkommende unangenehme Gefühl ab, stellte den Wecker und schlief zum vorerst letzten Mal sorglos ein.

Abflug

Der Wecker klingelte zur unchristlichen Zeit um zwei Uhr morgens. Verschlafen weckte ich den Rest der Familie. Wir gönnten uns einen Kaffee, bevor es losging.

„Schatz“, lächelte Elke und zeigte auf die Koffer, nahm Sahra bei der Hand und verschwand in der Dunkelheit.

Das Imitieren eines Esels ignorierend, atmete ich tief durch und widmete mich unserem Gepäck.

Dem großen, dem mittleren, den zwei kleineren Koffern, der Reisetasche und den drei Rucksäcken.

„Oh, haben wir doch alles dabei“, grinste meine Tochter. Lächelnd richtete ich mich vorsichtig auf und wischte die Schweißperlen von der Stirn.

„Taxi schon gesehen?“, fragte ich Elke.

„Nein.“

„Sind ja noch zwei Minuten“, erwiderte ich und verbarg meine Aufregung so gut wie möglich.

„Da!“, rief Sahra.

Drei Augenpaare schauten dem Auto hinterher, bis es um die Ecke bog. Meine Nervosität wuchs.

„Ich sag Doris Bescheid, dass es etwas später wird“, meinte Elke und verschwand im Haus.

„Papa, und wenn er nicht kommt?“, fragte Sahra. Meine Gesichtsfarbe wechselte. Gut, dass es dunkel war.