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Die Lunge ist hinlänglich als Atmungsorgan bekannt und wird in der mechanisch-materialistischen Anatomie als eine Art Blasebalg verstanden. Volker Fintelmann strebt ein erweitertes organisch-spirituelles Verständnis vom Wesen der Lunge an. Dabei baut er ebenso auf eigene Wahrnehmungen, die er während seiner jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Behandlung von Patienten als Internist gemacht hat, wie auch auf Anregungen aus den Vorträgen Rudolf Steiners zur Begründung der Anthroposophischen Medizin auf. Ein Bändchen voller überraschender Perspektiven, die zum Staunen und eigenen Nachsinnen über das Zusammenwirken von Geist und Materie im menschlichen Organismus ermuntern.
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Seitenzahl: 72
Wir werden feststellen, dass Lungentätigkeit, umfassend verstanden, sich nicht ausschließlich im Organ der Lunge abspielt.
Volker Fintelmann
Volker Fintelmann Vom Wesen der Lunge (Schlanke Reihe Band 6)
ISBN E-Book 978-3-95779-179-5ISBN gedruckte Version 978-3-95779-178-8Diesem E-Book liegt die erste Auflage 2023 der gedruckten Ausgabe zugrunde.E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck
Erste Auflage 2023
© Info3 Verlagsgesellschaft Brüll & Heisterkamp KG Frankfurt am Main 2023
Lektorat: Ramon Brüll, Frankfurt am Main Korrektorat: Katharina de Roos, Alfter Umschlag: Frank Schubert, Frankfurt am Main Coverabbildung: shutterstock Satz: Ulrich Schmid, de·te·pe, Aalen
Die Lunge ist hinlänglich als Atmungsorgan bekannt und wird in der mechanisch-materialistischen Anatomie als eine Art Blasebalg verstanden. Volker Fintelmann strebt ein erweitertes organisch-spirituelles Verständnis vom Wesen der Lunge an. Dabei baut er ebenso auf eigene Wahrnehmungen, die er während seiner jahrzehntelangen Erfahrungen bei der Behandlung von Patienten als Internist gemacht hat, wie auch auf Anregungen aus den Vorträgen Rudolf Steiners zur Begründung der Anthroposophischen Medizin auf.
Ein Bändchen voller überraschender Perspektiven, die zum Staunen und eigenen Nachsinnen über das Zusammenwirken von Geist und Materie im menschlichen Organismus ermuntern.
Dr. med. Volker Fintelmann, geboren 1935, war nach seinem Studium unter anderem Ärztlicher Direktor am Hamburger Klinikum Rissen und baute dort eine anthroposophisch ergänzte Medizin auf. Über 20 Jahre leitete er die von ihm gegründete Carl Gustav Carus Akademie. Er ist beliebter Vortragsredner und Autor zahlreicher Bücher.
Anatomie und Physiologie der Lunge
Ergänzende anthroposophische Gesichtspunkte
Die physisch-stoffliche Ebene („Stoffleib“)
Die Lebensebene
Die Empfindungsebene
Die geistige Ebene – das Ich
Krankheitstendenzen
Verhärtung und Erweichung
Licht und Finsternis
Grenzwahrnehmung und Grenzbildung
Ein- und Ausatmen
Hunger
Arzneimittel
Organische Lungenkrankheiten
Lungenentzündung
Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
Bronchialasthma
Lungenkrebs (Bronchialkarzinom)
Covid-19 – eine Lungenkrankheit?
Ergänzende Literatur des Autors
Die Lunge, besser gesagt: die Lungenorganisation, wird aus konventionell-medizinischer Sicht vor allem als Atmungsorgan betrachtet. Die Lunge gilt als eine Art Blasebalg, als mechanisches Pumpwerk für den Gasaustausch: Sie nimmt Sauerstoff aus der Atemluft auf und gibt ihn an das Blut weiter; sie gibt Kohlendioxid als Endprodukt des Stoffwechsels an die Luft ab.
Zur Physiologie der Lunge gehört aber sehr viel mehr. Es ist bekannt, dass sie z.B. auch für die Wärme- und Wasserregulation zuständig ist. Weil die Lunge im Embryo aus dem innersten Keimblatt entsteht, dem Entoderm, sah Rudolf Steiner in ihr eine Verbindung zum inneren Menschen, den Steiner in seinem Buch Eine okkulte Physiologie als das „innere Weltsystem“ beschrieben hat. Auch kennzeichnete er sie als „Erd-Organ“. Darauf kommen wir später noch zurück.
Dieses Organ ist gekennzeichnet von einer gewissen Asymmetrie: Der rechte Flügel teilt sich in drei Lungenlappen, der linke in zwei. Das hängt mit der Asymmetrie des Herzens zusammen, ist aber für die Funktion der Lunge ohne Belang.
Wesentliche Elemente der Lungenorganisation sind die Luftröhre (Trachea), und das gesamte Bronchialsystem. Dieses verzweigt sich in viele Seitenäste; man spricht deshalb auch vom „Bronchialbaum“. Aus einem Strang werden jeweils zwei weitere. Bei den Pflanzen ist eine solche strikt durchgehaltene Zweiteilung (Dichotomie) typisch für das Keimen, auch bei niederen Pflanzen. Auf die Lunge übertragen heißt das: Sie trägt in sich etwas ganz Ursprüngliches, Keimhaftes, oder – auf den Menschen bezogen – Kindhaftes.
Die Bronchien fächern sich bis in feinst verästelte Bereiche auf und münden schließlich in eine kaum noch mit dem Vorstellungsvermögen erfassbare Welt von etwa 30 Millionen Lungenbläschen (Alveolen), in denen der Gasaustausch stattfindet. Die Alveolen sind winzige Hohlkörper, Endstrecken mit Sackgassencharakter, mit einer hauchfeinen Membran als Hülle, an der Sauerstoff aufgenommen und Kohlendioxid abgegeben wird. Diese alveolare Welt bildet – würde man sie flächenhaft ausbreiten – eine riesige Oberfläche mit einer Ausdehnung von ca. 70 bis 80 Quadratmetern. Das entspricht in etwa der Fläche einer Dreizimmerwohnung! In den Alveolen findet durch den Austausch der Stoffe – der Luft, des Wassers – und der Wärme die Begegnung zwischen der Außenwelt und dem menschlichen Innenleben statt.
Die Atem- oder Vitalkapazität, also die Menge an Luft, die ein- und ausgeatmet werden kann, liegt bei drei bis fünf Litern je Atemzug und lässt sich durch sportliches Training auf bis zu acht Liter steigern. Normalerweise nehmen wir aber nur 50 bis 60 Prozent dieser Atemkapazität in Anspruch, wir schöpfen die Möglichkeiten der Lunge meist gar nicht aus. Deshalb spricht man auch von einem „Totraum“ (Residualvolumen) der Lunge, der die nicht genutzte, nicht vom Leben ergriffene Luft in sich trägt.
Die Lunge ist durchsetzt von flexiblen Fasern und hat deshalb eine hohe Elastizität, die man mit dem sogenannten „Atemstoßtest“ messen kann. Früher musste man dafür eine Kerze auspusten; sie wurde zuerst drei Meter weggehalten, und wenn ein Patient es auf diese Entfernung nicht schaffte die Kerze zu löschen, wurde sie sukzessive näher herangerückt. Damit konnte man die Lungenelastizität abschätzen. Heute wird das apparativ ermittelt, am exaktesten durch die sogenannte Bodyplethysmographie.
Die Lunge wird normalerweise als Luftorgan gesehen, was sie aus anthroposophisch-medizinischer Sicht aber vorrangig gar nicht ist. Das Wesen der Lunge liegt vielmehr darin, sich maximal zusammenzuziehen. Ohne die ausgebreitete Luft in ihrem Inneren wäre die Lunge – als aus Grundgewebe bestehendes (parenchymatöses) Organ – nicht mehr als ein kleines, feuchtes Klümpchen von vielleicht Faustgröße. Das kann man bei einem sogenannten Pneumothorax erleben, bei dem Luft in den Spalt zwischen der Auskleidung der Brustwand und der Außenhaut der Lunge gerät, z. B. aufgrund einer Verletzung oder versehentlich im Rahmen einer Punktion. Dieser normalerweise luftleere Zwischenraum (Pleuraspalt) weist gegenüber der Lunge einen Unterdruck auf, der zusammenbricht, wenn Luft dort eindringt. In der Folge kollabiert das Lungengewebe und „schnurrt“ förmlich zusammen, was die Atmung natürlich massiv behindert. Ein Pneumothorax kann deshalb lebensgefährlich sein.
Es ist im menschlichen Organismus etwas Einmaliges, dass ein Organ durch einen permanenten Unterdruck (hier: im Pleuraspalt) auseinandergezogen wird. Genau das ist jedoch überhaupt nicht das Wesen der Lunge, es wird ihr vielmehr ständig oktroyiert durch Kräfte, die ihr selbst gar nicht eigen sind. Die Lunge selbst würde sich eher zusammenziehen; ihr Kräftegefüge ist zentripetal ausgerichtet, ganz auf sich und ein Zentrum hin konzentriert, und nicht in die Peripherie des Brustraums. Erst bei der Geburt wird sie durch den ersten Atemzug des neugeborenen Kindes und durch den dabei entstehenden Unterdruck im Pleuraspalt auseinandergedehnt. Wir kommen auf dieses Phänomen noch zurück.
Wichtig ist auch, dass die Lunge einen Blutkreislauf in sich birgt, der nicht ihrer eigenen Blutversorgung dient, denn dafür gibt es separate Arterien. Was wir als die große Lungenarterie und die große Lungenvene kennen, die sich in den verschiedenen Segmenten vielfältig verzweigen, sind an und für sich keine die Lunge versorgenden Gefäße, sondern „Ausbuchtungen“ des Herzens in die Lunge, damit dort die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe, der Gasaustausch, ermöglicht wird. So, wie die Pfortader nicht zur Durchblutung in die Leber hineingestülpt ist, sondern zum Ausfiltern der Nahrungsstoffe aus dem Darmbereich, so haben wir in der Lunge dieses merkwürdige Arterien-Venen-System, das man nicht anders denken kann als eine besondere Art von einem in die Lunge hineingestülpten Teil des Herzens.
Bei einer krankhaft vergrößerten rechten Herzkammer spricht man deshalb ja auch von Cor pulmonale, wörtlich „Lungenherz“, sich eigenständig abgrenzend vom „Linksherz“ des großen Körperkreislaufs. Die eigentlichen Blutgefäße der Lunge nennt die Anatomie dagegen Arteriae bronchiales, Bronchialarterien. Durch diese wird die Grundsubstanz der Lunge, das Parenchym, durchblutet, und entsprechende Venen gibt es da natürlich auch.
Weiterhin wichtig ist, wie der Mensch atmet – im Verhältnis zum Tier. Das Neugeborene atmet noch 50 Züge pro Minute. Wenn ein Erwachsener das machen würde, bekäme er nach ganz kurzer Zeit eine Hyperventilationstetanie, einen generalisierten Krampf der Muskulatur. Wenn ein Hund ein wenig ausgepowert ist, hechelt er ja. So etwas erlebt man in seltenen pathologischen Situationen auch beim Menschen. Wenn man dem lauscht, merkt man, wie man selbst in Atemnot gerät, wie das in keiner Weise ein menschengerechtes Atmen ist. Dem Hund macht das gar nichts, der kann mit dieser schnellen Frequenz von Natur aus problemlos atmen. Beim Menschen ändert sich die Atemfrequenz mit dem Lebensalter. Wenn das Kind ein Jahr alt geworden ist, sind es nur noch 40 Atemzüge pro Minute, und dann stuft sich das innerhalb weniger Jahre weiter ab, bis zur durchschnittlichen Frequenz, die beim Jugendlichen und Erwachsenen bei 18 Atemzügen pro Minute liegt.
Soweit die Fakten, rein anatomisch und physiologisch gesehen. Jetzt wollen wir uns anschauen, wie die Anthroposophische Medizin die Lunge betrachtet.
Um das Wesenhafte der Lunge zu verstehen, müssen wir noch einen Schritt weitergehen. Das bedeutet einerseits zu versuchen, die hinter den reinen organischen Funktionen der Lunge wirksamen Kräfte zu verstehen, andererseits aber auch, den Blick zu weiten, indem wir der Aufgabe der Lunge im Gesamtorganismus nachzuspüren. Dabei kommen, wie sich zeigen wird, neben der Atmung weitere Tätigkeiten der Lunge hinzu und