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Im Herzen finden wir eine Vielzahl von Eigenschaften. Diese können wir rein organisch-anatomisch, aber auch als Vorbild für unser eigenes Leben verstehen. Es sind dies zum Beispiel die Unermüdlichkeit seines Tätigseins; sein liebevolles, anteilnehmendes Wahrnehmen aller Geschehnisse im Organismus; sein selbstloses, altruistisches Handeln; das nie nachlassende Bemühen um Gleichgewichte, Harmonie und Schönheit; seine Mutkräfte; die Positivität… Auch vermittelt das Herz uns den gesunden Menschenverstand. Nur eines ist es nicht: eine Pumpe! /// Ein Bändchen voller überraschender Perspektiven aus der Anthroposophischen Medizin. /// "Das Herz will nichts für sich, es dient allem anderen. In ihm ist alles Folge, nichts Ursache." Rudolf Steiner
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Seitenzahl: 78
Volker Fintelmann
Vom Wesen des Herzens
(Schlanke Reihe Band 7)
ISBN E-Book 978-3-95779-188-7
ISBN gedruckte Version 978-3-95779-187-0
Diesem E-Book liegt die erste Auflage 2023 der gedruckten Ausgabe zugrunde.
E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck
Erste Auflage 2023
© Info3 Verlagsgesellschaft Brüll & Heisterkamp KG
Frankfurt am Main 2023
Lektorat: Ramon Brüll, Frankfurt am Main
Korrektorat: Katharina de Roos, Bonn
Umschlag: Frank Schubert, Frankfurt am Main
Coverabbildung: HubPages
Satz: Ulrich Schmid, de·te·pe, Aalen
Im Herzen finden wir eine Vielzahl von Eigenschaften. Diese können wir rein organisch-anatomisch, aber auch als Vorbild für unser eigenes Leben verstehen. Es sind dies zum Beispiel die Unermüdlichkeit seines Tätigseins; sein liebevolles, anteilnehmendes Wahrnehmen aller Geschehnisse im Organismus; sein selbstloses, altruistisches Handeln; das nie nachlassende Bemühen um Gleichgewichte, Harmonie und Schönheit; seine Mutkräfte; die Positivität und vieles mehr. Auch vermittelt das Herz uns den gesunden Menschenverstand. Nur eines ist es nicht: eine Pumpe!
Ein Bändchen voller überraschender Perspektiven aus der Anthroposophischen Medizin.
Dr. med. Volker Fintelmann, geboren 1935, war nach seinem Studium unter anderem Ärztlicher Direktor am Hamburger Klinikum Rissen und baute dort eine anthroposophisch ergänzte Medizin auf. Über 20 Jahre leitete er die von ihm gegründete Carl Gustav Carus Akademie. Er ist beliebter Vortragsredner und Autor zahlreicher Bücher.
Präludium – oder auch Vorwort
Das mehrdimensionale Herz
Leibelemente des Herzorgans
Physische Ebene
Lebensebene
Empfindungsebene
Seelenelemente des Herzorgans
Intelligenz
Empathie
Initiative
Gleichgewicht
Ich-Elemente des Herzorgans
Der Mut
Das Gewissen
Der Enthusiasmus
Das gesunde Herz und seine Pflege
Cardiodoron
Weißdorn
Seelenpflege des Herzens
Das kranke Herz
Herzverhärtung – oder Koronare Herzkrankheit
Arteriosklerose
Hypertonus (Arterieller Hochdruck)
Herzinsuffizienz
Herzrhythmusstörungen
Seelenkrankheiten des Herzens
Ausklang – oder Nachwort
Weiterführende Literatur
Solange wir als Menschheit zurückblicken können, wurde das Herz immer als das zentrale Organ des Menschen angesehen. Es war das Gefäß für Seele und Geist, an ihm erlebte Aristoteles ein Koordinationsorgan, von dem seiner Auffassung nach alles Leben, alle Bewegung und Wahrnehmung ausging. Auch für ihn war das Herz Wohnsitz der Seele. Vor seiner Zeit hatte unter anderen Hippokrates das Herz als physisches Organ mit seinen Gefäßen beschrieben. Der Entdecker des Blutkreislaufs, William Harvey (1578–1657) begründete die moderne Anatomie des Herzens, indem er dieses selbst sowie den Blutumlauf an Tieren studierte. Die treibende Kraft der Blut- und Herzbewegung sah er aber noch in einer allumfassenden Lebenskraft (Vitalismus). Erst Descartes schuf die Vorstellung der reinen Mechanik des Herzens und aller Lebensvorgänge, fußend auf der Physik Galileis. Mehr und mehr entstand dadurch die wissenschaftliche Überzeugung, dass das Herz eine Pumpe sei, die das Blut durch Arterien und Venen treibt, obwohl frühe Untersuchungen nachwiesen, dass das Blut embryologisch schon Bewegung und Pulsation zeigt, noch bevor ein zusammenhängender Kreislauf und in dessen Mitte das Herz entstanden sind.
Diese Vorstellung, das Herz sei eine Pumpe und treibe physikalisch das Blut durch die Gefäße, ist nach wie vor fester Bestandteil der medizinischen Wissenschaft und schuf die Voraussetzung, den ganzen Organismus und alle seine Vorgänge mechanisch zu verstehen. Man kann sagen, dass dieses Verständnis die gesamte Weltauffassung geprägt hat und zu der Weltanschauung des Materialismus und zur Dominanz einer vom Positivismus geprägten Naturwissenschaft führte. Nicht mehr menschliche Erkenntnis schuf neues Wissen, sondern die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschung mit dem Dreischritt Beobachtung, Hypothesenbildung und folgendem Experiment zur Bestätigung. Dessen Ergebnisse wurden dann zum „wissenschaftlich bewiesenen“ Stand des Wissens erklärt. Bezogen auf den Menschen wurde mit dieser Entwicklung das Verständnis seines umfassenden Wesens auf ein rein mechanistisch reduziertes eingeengt, in welchem eine eigenständige Seele und gar ein individueller Geist keinen Platz mehr hatten. Das gilt nicht nur für die Medizin, sondern für alle Lebensbereiche, die wir zu verstehen versuchen: für Gesellschaftsbildung, Erziehung, die Natur, die Biografie eines Menschen oder auch für die Bewegung der Gestirne, sowie am höchsten und problematischsten für den Menschen selbst. Die allgegenwärtige Problematik des 20. und 21. Jahrhunderts gründet auf dieser dogmatischen Auffassung der Wissenschaft und der damit vollzogenen Einengung des Erkennens. Dieses – und das ist die grundsätzliche Überzeugung und Fundament der folgenden Darstellungen – ist aber herzgebunden. Und ehe wir nicht zu einem wirklichkeitsgemäßen Verständnis des Herzorgans finden, wird ein neues, die Wirklichkeit erfassendes Denken und daraus gewonnenes Wissen kaum entstehen können. Das mag im Augenblick als etwas einseitige Festlegung durch den Arzt gesehen werden. Die nachfolgenden Betrachtungen und insbesondere der Blick auf die Verbindung von Herz und Intelligenz, werden mehr und mehr diese „ungewöhnliche“ Prämisse verständlich und nachvollziehbar machen.
Rudolf Steiner öffnete hier scheinbar verschlossene Tore mit der Veröffentlichung seiner Philosophie der Freiheit 1894. In ihr beschreibt er einen ethischen Individualismus, der auf moralischer Phantasie, Intuition und Technik gründet. Eine Wissenschaft muss methodisch ermöglichen, die Besonderheit des einzelnen Menschen zu erfassen, ohne den Typus Mensch infrage zu stellen. Er nannte die dafür notwendige Methode „Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“. Letztere wird also nicht abgeschafft, sie bleibt Grundlage des Erkennens, doch wird sie methodisch erweitert um ein exaktes intuitives Erfassen von Wirklichkeiten. Steiner erneuerte auch die alte, erst mit dem neunten Jahrhundert durch ein Konzil der katholischen Kirche in Konstantinopel abgeschaffte und unter Häresie gestellte, also unter Strafandrohung verbotene Auffassung einer Trichotomie des Menschen als einer Vereinigung von Leib, Seele und Geist. Auf diese erkenntnistheoretische Vorausbedingung bauend entstand dann im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts seine als „Anthroposophie“ bezeichnete Weltanschauung und sein Menschenverständnis. Beispielhaft für letzteres ist das Buch Theosophie. 1920 sprach Steiner dann erstmals auch vor Ärzten über die Notwendigkeit eines neuen Verständnisses vom Herz und der dringenden Überwindung der alles hemmenden Vorstellung, dieses Organ mit der Mechanik einer Pumpe zu erklären. Auf Steiners Methodik aufbauend und verbunden mit der eigenen intuitiv-anschauenden Praxis in sechs Jahrzehnten Tätigkeit als Arzt sind die folgenden Inhalte entstanden.
Jeder gesunde Mensch ist eine lebendig sich verbindende und rhythmisch wechselnd auch wieder trennende Einheit von Geist, Seele und Leib. Jede dieser drei Wirklichkeiten ist wiederum in sich gegliedert, zusammen bilden sie die hochkomplexe Ganzheit Mensch. Die alles verbindende ganzheitsschaffende Einheit bezeichnete Rudolf Steiner als Ich. Dieses wiederum „ist der Mensch selbst“, wie es in der erwähnten Theosophie heißt. Eine erstaunliche Übereinstimmung mit der modernen Wissenschaftslehre der Immunologie, die diese Tat sache in dem Satz „Das Selbst erkennt alles Nicht-Selbst“ ausspricht. Dieses Selbst oder Ich ist einzigartig und grenzt sich eindeutig von allem ihm Fremden ab, wie wir es in der Transplantationsmedizin erleben. Das kunstvoll eingepflanzte „fremde“ Organ wird aus dem Immunitätsstreben des Ichs sofort attackiert und ausgestoßen (Abstoßungsreaktion). Erst die Entwicklung und der Einsatz von die Immunität massiv unterdrückenden Medikamenten (sog. Immunsuppressiva) verhalf der Transplantationsmedizin zum Erfolg. Dieses zentrale Menschen-Ich schafft sich als Werkzeuge und Instrumente Leib und Seele, um sich in der Welt zu offenbaren und an der Erhaltung und Fortentwicklung derselben mitzuwirken. Es hat dabei eine Fülle von Helfern, nicht nur in Menschen (Eltern, Erzieher, Geschwister, Freunde), sondern auch in geistigen Wesen, die in ihrer Entwicklung dem Menschen vorangeschritten sind. Sie werden als göttliche Hierarchien gesehen und seit Dionys dem Aeropagiten in drei Stufen mit je drei Unterstufen gegliedert. Alle haben seit den Urzeiten der Evolution sowohl unseren Kosmos als auch die Entwicklung des Menschen selbst mit dem Ziel mitgestaltet, eine weitere, zehnte Stufe der hierarchischen Wesen zu bilden, die Träger des Wesens der Freiheit in Verbindung mit der Liebe werden sollen.
Diesen „goldenen“ spirituellen Hintergrund, den man oft in mittelalterlichen Gemälden findet, brauchen wir, wenn wir das menschliche Herz umfassend und tiefgreifend verstehen wollen. Es wird sich als ein Organ erweisen, in welchem durch das Blut eine starke und wache Ich-Präsenz anwesend ist, und zugleich als ein Ort der Begegnung und des Zusammenwirkens hoher geistiger Wesen verstanden werden kann. Seine leiblich-organische Struktur werden wir als dreigliedrig kennenlernen, ebenso das sich ihm verbindende Seelenleben. Immer neu spiegeln solche Dreiheiten, die dennoch Einheiten sind – Leib, Seele und Geist – die unserem Kosmos als Schöpfungswille und -kraft zugrundeliegende göttliche Trinität. In jeder leiblichen und seelischen Erscheinungsform lebt ein Impuls derselben, wie es der universelle Arzt und Naturforscher Carl Gustav Carus (1789–1869) formulierte: „Jeder Mensch, ja alle Kreatur, ist eine Idee Gottes. Und alle sind gleich wert.“
So werden wir im Folgenden zuerst die drei leiblichen Glieder des Herzens beschreiben, ihre Aufgaben für den Gesamtorganismus; danach das Wirken der drei Seelenglieder, und als Drittes dann das unmittelbare Wirken des Ichs als Ausdruck geistiger Dimension. Den Schwerpunkt der Darstellungen bildet das gesunde Herz (Physiologie). Zum Schluss sollen dann aber auch Ausblicke auf typische Herzkrankheiten folgen und mit ihnen verbunden Beispiele typischer Herzheilmittel. Beginnen wollen wir mit dem „leiblichen“ Herz.
Die drei Glieder des Leibs nannte Steiner Stoff- oder Physischer Leib, Lebens- oder Ätherleib und Empfindungs- oder Seelenleib. Der physische Leib zeigt die Gestalt, differenziert bis in die Formen aller Organe und Gewebe. Sichtbar werden diese durch die Einlagerung viel fältiger Stoffe („Stoffleib“), die ein Leben lang ständig ausgetauscht und erneuert werden. Das geschieht allerdings mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten: das Blut oder die Schleimhäute zum Beispiel sehr rasch, oft schon nach wenigen Tagen, Nerven- oder Knochengewebe viel langsamer. Der Lebensleib ist Träger aller orga nischen Funktionen, er ist zeitlich geordnet. In ihm leben die Gesetze von Aufbau und Abbau. Er ist Quell der leiblichen Gesundheit. Der Seelenleib ist befähigt, die Seelenglieder in sich aufzunehmen. Er ist von außerordentlich feiner Struktur, luft- oder gasförmig. Er birgt die von Rudolf Steiner erforschten zwölf Sinne in sich und ermöglicht so die Wahrnehmung von der Welt und sich selbst.