Wie man einen Rennfahrer fasziniert - E. Davies - E-Book

Wie man einen Rennfahrer fasziniert E-Book

E. Davies

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Beschreibung

Physiotherapeut Alec hat sich fest vorgenommen, nichts mehr mit Männern anzufangen, die nur Ärger bedeuten. Als er jedoch den draufgängerischen Rennfahrer Tyler nach einem schweren Unfall wieder auf die Beine bringen soll, gerät dieser Entschluss gehörig ins Wanken. Tyler ist attraktiv, hat eine große Klappe und tut viel zu oft Dinge, die nicht gut für ihn sind – zum Beispiel, seinen Physiotherapeuten hemmungslos anzuflirten. Alec kann der Anziehung zwischen ihnen nicht widerstehen, redet sich allerdings ein, dass es bei einer einmaligen Sache bleiben wird. Schließlich sind beide in ihrem beruflichen Umfeld nicht geoutet und wollen eigentlich auch nichts daran ändern. Doch nachdem sie sich einmal aufeinander eingelassen haben, reicht ihnen das bald nicht mehr. Plötzlich scheint eine gemeinsame Zukunft möglich… sofern Alecs Herz mit Tylers Hochgeschwindigkeitsleben mithalten kann. Band 5 der "Significant Brothers"-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 312

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Deutsche Erstausgabe (ePub) März 2024

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2018 by E. Davies

Titel der Originalausgabe:

»Clutch«

Published by Arrangement with E. Davies

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2024 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock; AdobeStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: Amazon KDP

Lektorat: Uta Stanek

ISBN (ePub): 978-3-95823-465-9

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Susanne Ahrens

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Physiotherapeut Alec hat sich fest vorgenommen, nichts mehr mit Männern anzufangen, die nur Ärger bedeuten. Als er jedoch den draufgängerischen Rennfahrer Tyler nach einem schweren Unfall wieder auf die Beine bringen soll, gerät dieser Entschluss gehörig ins Wanken. Tyler ist attraktiv, hat eine große Klappe und tut viel zu oft Dinge, die nicht gut für ihn sind – zum Beispiel, seinen Physiotherapeuten hemmungslos anzuflirten. Alec kann der Anziehung zwischen ihnen nicht widerstehen, redet sich allerdings ein, dass es bei einer einmaligen Sache bleiben wird. Schließlich sind beide in ihrem beruflichen Umfeld nicht geoutet und wollen eigentlich auch nichts daran ändern. Doch nachdem sie sich einmal aufeinander eingelassen haben, reicht ihnen das bald nicht mehr. Plötzlich scheint eine gemeinsame Zukunft möglich… sofern Alecs Herz mit Tylers Hochgeschwindigkeitsleben mithalten kann.

Prolog

Alec

»Du erzählst aber keinem was, oder?«

»Alles gut, Mann. Du sagst nichts und ich auch nicht«, erwiderte Alec automatisch. Er arbeitete seit Jahren mit dieser Art Klienten. Männer, die männlicher waren, als gut für sie war, und dadurch völlig hysterisch, dass die Medien hinter ihr großes, ach so böses Geheimnis kommen könnten.

Warum konnte er kein Physiotherapeut für Schauspieler sein? Aber nein, er musste sich ja auf Sportler verlegen. Also behielt er seine eigenen… homosexuellen Tendenzen, wie seine Eltern es gerne ausdrückten… ebenfalls für sich.

Natürlich hätte Gordon um Diskretion bitten können, bevor Alec vor ihm auf dem Boden kniete, aber besser spät als nie.

Beruhigt legte Gordon eine Hand an Alecs Hinterkopf. Sein Schwanz ragte steil in die Höhe und sah trotz der Latexschicht erstaunlich verführerisch aus. Alec konnte erst den Blick nicht abwenden – und dann auch die Zunge nicht fernhalten.

Als er über den Schaft leckte, stöhnte Gordon kehlig auf. »Oh ja«, raunte er.

Unter normalen Umständen hätte er sich Alec auf keine zwei Schritte genähert, aber jetzt? Alec konnte nur hoffen, dass Gordon allein in seiner Villa lebte. Falls jemand hereinkam…

Gordons Bein war fast wiederhergestellt. Damit lief Alec Gefahr, einen ernsthaften Tritt zu kassieren, falls Gordon in Panik geriet und ihn wie einen Football durch den Raum kickte. Alec schob den Gedanken rasch beiseite, bevor er lachen musste und die Stimmung verdarb. Schließlich hatte er hier etwas zu tun.

Egal, wie oft er sich sagte, dass er nie wieder einen Blick auf einen Sportler werfen würde – schon gar nicht auf einen seiner ehemaligen Klienten –, fand er sich doch immer wieder in derselben Position wieder.

Ein Mann hatte schließlich Bedürfnisse. Dummerweise konnten diese Kerle besagtes Bedürfnis nur rund fünfzehn Minuten befriedigen, bevor sie ihn vor die Tür setzten. Er hatte feste Grundsätze, die ihm jedes Gejammer über vergangene One-Night-Stands verboten, aber manchmal wünschte er sich doch etwas, das eher Richtung Essen gehen und ein Glas Wein ging.

Allerdings stand ihm kaum zu, die Nase über die Entscheidungen seiner Bettgefährten zu rümpfen. Schließlich ging er mit seiner Liebe zu Männern auch nicht hausieren.

Wer stellte schon einen schwulen Physiotherapeuten ein?

Definitiv nicht die Klientel, dank der er seine Miete zahlen konnte. Nicht hier unten, in Tennessee, wo er es in erster Linie mit Footballern und Motorsportlern zu tun bekam. Viel öffentliches Interesse, große Kerle mit noch größeren Egos… die für einen Mann von Alecs Ruf viel Geld auf den Tisch legten.

Auf gar keinen Fall wollte Alec zum jetzigen Zeitpunkt seine Karriere ruinieren. Wenn erst einmal Gerüchte die Runde machten, würden sich seine Klienten fragen, ob er sie vielleicht länger oder anders berührte, als notwendig war.

Mit anderen Worten: Er hätte es mit noch stärker verkrampften Muskeln zu tun, was bedeutete, dass er seinen Job nicht machen konnte und keine Folgeaufträge bekommen würde. Daher konzentrierte er sich ganz auf die Arbeit. Und wenn er Feierabend hatte, begnügte er sich mit den Männern, die durch die Hintertür ins Haus schlichen.

»Ja, Baby. Lutsch ihn mir.« Es war schon das zweite Mal, das Gordon diese Phrase ausstieß, und sie klang genauso verlockend wie beim ersten Mal: gar nicht. Er schien nicht einmal besonders daran interessiert, einen geblasen zu bekommen, sondern nur daran, wie ein Pornostar zu klingen.

Alec stand darauf, anderen einen zu blasen. Aber er ahnte jetzt schon, dass er im Gegenzug nicht viel zu erwarten hatte. Und so, wie Gordon sich aufführte, würde er nicht mal zulassen, dass Alec versuchte, mehr zu bekommen. Diese Pseudo-Pornostar-Attitüde lief nie auf guten Sex hinaus. Alec konnte sich den Versuch und die Enttäuschung sparen. Vermutlich fand er wesentlich mehr Befriedigung, wenn er hinterher eine Runde um den Block lief.

Nun, da er entschieden hatte, die ganze Sache mit dem Mund zu Ende zu bringen, verdoppelte er seine Bemühungen. Er legte die Hand um Gordons Schaft und schloss die Finger um den Rand des Kondoms, damit es nicht abrutschte.

»Oh Gott, ja. Ich fick dir die Fresse. Ich spritz gleich richtig ab, Baby.«

Alec stellte fest, dass er froh war, dass sein Kiefer bald eine Pause bekam. Sosehr er auf Oralsex stand, Gordon war nicht gerade der interessanteste Kerl der Welt – und er schaffte es nicht, Alec weit genug anzutörnen, dass er den Latexgeschmack vergaß.

Warum hatte er sich überhaupt darauf eingelassen, verdammt noch mal? Immer dasselbe. Ein heißer Kerl sah ihm tief in die Augen und schon sagte er Ja.

Nächstes Mal such ich mir was Besseres, versprach er sich stumm. Für heute ist es okay.

Kapitel 1

Tyler

»Reifenteile auf der Gegengeraden. Geh in der nächsten Kurve innen an der 45 vorbei, aber pass auf die 67 auf.«

Tyler blendete das Geplapper seines Renningenieurs mehr oder weniger aus und richtete seine Aufmerksamkeit auf den nächsten Bremspunkt. Bei jeder Kurve dasselbe. Wenn er den Scheitelpunkt nicht richtig traf, lief er Gefahr, dass ein anderer Fahrer innen überholte und ihm die Position abnahm. Und wenn er es richtig verbockte, bestand das Risiko, dass er mit 240 Sachen in die Wand krachte und nicht nur sich, sondern auch die Fahrer um sich herum aus dem Rennen nahm.

Das war sein Element. Dafür lebte er.

Er flog um die Kurve.

Der Asphalt wurde immer heißer. Aber das war nichts gegen das, was sie später im Sommer erwartete. Die meisten Strecken lagen im Süden und gegen Juli wurden die Bedingungen im Wagen zermürbend. Drei Stunden oder mehr bei einer Innentemperatur von sechzig Grad und er gehörte zu den wenigen, die verrückt genug waren, sich, ohne mit der Wimper zu zucken, darauf einzulassen.

Sein Renningenieur warnte ihn erneut vor Richie in der 67. Er war direkt hinter ihm und versuchte, ihn von der Ideallinie zu drängen.

In Tylers Kopf schrillten die Alarmglocken.

Richie hatte ihn vor dem Start angesprochen und ihm kaum hörbar zugemurmelt, dass Tyler bald den nächsten Sponsor verlieren würde, wenn er sich weiter so eine Scheiße zusammenfuhr.

Tyler war nicht darauf angesprungen. Manche der Jungs standen vor dem Rennen ziemlich unter Adrenalin und quatschten die anderen Fahrer dumm an, um in Stimmung zu kommen. Er hatte das schon immer für dämlich gehalten. Es hatte allgemein wenig Sinn, sich mit den anderen Fahrern zu beschäftigen.

Beim Rennfahren ging es nur um den Fahrer und sein Auto. Sicher, da waren auch die Mechaniker, der Teambesitzer, der Renningenieur, insgesamt rund hundert Leute, dank denen er an den Start gehen konnte, aber auf die kam es letztendlich nicht an.

Es ging nur darum, bei dieser gefährlichen Jagd auf Punkte die entscheidenden Zentimeter vorn zu liegen. Tyler hatte dieses Jahr gute Chancen, die Meisterschaft zu gewinnen. Nach mehreren großartigen Ergebnissen sah sein Punktestand gut aus – genau wie Richies.

Wenn er es in diesem Rennen unter die ersten fünf schaffte, reichte ihm das. Je weiter er nach vorn kam, desto mehr Punkte konnte er verbuchen. Und damit auch mehr Sponsorengelder. Egal, was Richie behauptete.

Er sah es nicht kommen. Sein Renningenieur auch nicht. Als er ihm ins Ohr schrie, konnte Tyler schon nichts mehr tun. Sein Wagen wurde getroffen und geriet ins Trudeln. Dann wurde er in die Luft geschleudert. Himmel, Barrieren und Zuschauer verschwammen vor seinen Augen.

Er war angeschnallt, konnte nur den Kopf bewegen und versuchen, den Adrenalinschub unter Kontrolle zu halten.

Jeder hatte Unfälle. Das war unvermeidlich. Es war ihm selbst oft genug passiert. Normalerweise kletterte man anschließend einfach aus dem Wagen, ließ sich vom Team und den bereitstehenden Ärzten durchchecken und bevor man sichs versah, war der Wagen wieder…

Bevor er den Gedanken zu Ende bringen konnte, kam ihm der Boden entgegen.

Dunkelheit.

***

War das das Medical Center? Die schmucklosen Wände und Vorhänge deuteten darauf hin. War er ein Rennen gefahren?

Tyler regte sich und versuchte, den Arm zu heben, um sich über das Gesicht zu reiben. Aber seine Arme gehorchten ihm nicht. Sie fühlten sich bleischwer an. Genau wie seine Gedanken.

Also hatten sie ihm Schmerzmittel verpasst. Verdammte Scheiße. Er musste ernsthaft verletzt sein. Keine Chance, das Rennen fortzusetzen.

Um welches Rennen ging es überhaupt? Er konnte sich nicht erinnern.

»Ty? Oh Mann, du bist endlich wach.«

Das war Josh. Er musste es sein. Sein bester Freund kam zu jedem Rennen rund um Knoxville. Zum Glück waren von Knoxville aus gleich ein halbes Dutzend Strecken gut zu erreichen. Daher war es für Josh kein Problem, während der zehnmonatigen Saison immer mal wieder vorbeizuschauen. Und es war schön, Unterstützung zu haben. Besonders nach einem Unfall.

»Was…?«, begann Ty und versuchte einmal mehr, sich über das Gesicht zu reiben. Dieses Mal warf er einen Blick nach unten. Seine Arme waren bandagiert. Er war sich nicht ganz sicher, aber in seinem Bein schien ebenfalls ein dumpfer Schmerz zu pochen… Dazu gesellte sich ein heißes Stechen in seinem Brustkorb, das die Schmerzmittel nicht dämpfen konnten.

»Du hast eine Gehirnerschütterung. Leg dich hin und ruh dich aus.«

»Scheiße«, murmelte Tyler und schloss gehorsam die Augen. »Wie schlimm ist es?«

Josh reagierte nicht.

Tyler öffnete die Augen, um die Wahrheit vom Gesicht seines besten Freunds abzulesen. Wenn Josh nicht antworten wollte, musste es ihn übel erwischt haben. »Oh Scheiße.«

»Sie glauben, dass du dir mehrere Knochen gebrochen hast. Vielleicht auch ein paar Muskelfaserrisse. Du hast immer wieder das Bewusstsein verloren. Erinnerst du dich noch an den Unfall?«

Tyler schüttelte den Kopf. Er war ständig auf der Strecke. Trainingssessions, Qualifyings und natürlich die Rennen, tagein, tagaus. »Ist es im Rennen passiert?«

»Oh Gott. Du erinnerst dich ja an gar nichts«, murmelte Josh.

Ty warf ihm einen finsteren Blick zu. »Jetzt red schon.«

»Ja, ist es. Drei Runden vor Schluss hat jemand… Wir wissen auch nicht so genau, was passiert ist. Ich glaube, jemand hat dich touchiert. Dein Wagen ist ausgebrochen und…« Josh deutete eine vage Geste an, die eher an einen durch die Luft schießenden Vogel erinnerte als an einen Rennwagen.

Tyler zuckte zusammen. »Wie groß ist der Schaden?«

Als Josh eine Grimasse zog, fluchte er leise. Der Teambesitzer Roger Marcsonwürde stocksauer sein.

Er schloss die Augen. Sein dröhnender Schädel forderte Ruhe ein. »Das war's noch nicht.« Wenn er Finger und Zehen bewegen konnte, mussten sie noch da sein. Selbst Fahrer, die welche verloren hatten, kehrten auf die Rennstrecke zurück, verdammt noch mal. »Wie lange muss ich aussetzen?«

»Sie müssen erst mal rausfinden, was genau dir fehlt, bevor sich das sagen lässt, Mann«, antwortete Josh düster.

»Ich bin nur ein bisschen durchgeschüttelt. Das heißt noch gar ni… Oh Mist.« Er hatte mühsam einen seiner bleischweren Armen gehoben. Der stechende Schmerz verriet ihm, dass er keineswegs nur ein bisschen durchgeschüttelt worden war. Prellungen waren kaum der Rede wert, aber hier ging es mindestens um ein paar Muskelfaserrisse.

Den Spaß auf der After-Race-Party kann ich wohl knicken.

Tyler seufzte tief und schloss erneut die Augen.

Als er sie wieder aufschlug, standen mehrere Ärzte um ihn herum. Er fühlte sich benommen. Wo war Josh? Oh, da in der Ecke.

Genau genommen waren eine Menge Leute im Zimmer. Auch Roger war inzwischen eingetroffen und mit ihm einer der anderen Fahrer. Chess. Wie nett von ihnen, nach ihm zu sehen.

Tyler drehte den Kopf auf die Seite und ließ sich von der Erschöpfung und den Schmerzmitteln davontragen.

Kapitel 2

Alec

»Ich habe einen neuen Patienten für dich. Einen Rennfahrer«, rief Alecs Sekretärin Rosie ihm zu.

Alec blieb am Empfang seiner Physiotherapiepraxis stehen. »Ach ja?«

Er lehnte nur selten einen Auftrag ab. Die Vorstellung, sich an ein einziges Team oder auch eine bestimmte Liga zu binden, hatte ihm noch nie gefallen. Er mochte die Abwechslung und es war klüger, nicht auf ein einzelnes Pferd zu setzen.

In und um Knoxville lebten, arbeiteten und spielten erstaunlich viele Sportler. Anfangs war er davon ausgegangen, dass er nach Nashville umziehen musste, aber er hatte hier mehr als genug zu tun. Man hatte ihm immer wieder versichert, dass ein guter Physio sein Gewicht in Gold wert war – ein Kompliment, das er zu gern hörte.

Von all den Spinnern, mit denen er in der Vergangenheit zusammengearbeitet hatte, waren Rennfahrer mit die schlimmsten. Sie waren stur wie Esel und daran gewöhnt, nach ihren eigenen Regeln zu spielen.

Auf der anderen Seite konnten sie erstaunlich gefügig sein. Wenn sie darauf vertrauten, dass sie durch ihre Arbeit mit Alec schneller wieder fit wurden, taten sie alles, was man ihnen sagte. Das war nicht bei allen Sportlern der Fall.

Rennfahrer wollten nie hören, dass sie besser aufhören sollten. Egal, wie oft sie ihren Hals riskierten, sie konnten es nie erwarten, wieder im Wagen zu sitzen.

Manchmal konnte Alec darüber nur den Kopf schütteln. Sie setzten für ihren Sport so viel aufs Spiel. Alecs Meinung nach war das Leben viel zu kurz – selbst wenn man nicht mit ein paar Hundert Kilometern pro Stunde über eine Rennstrecke raste.

Rosie pfiff leise. »Tyler Joseph.« Als er den Kopf schüttelte, seufzte sie und fuhr fort: »Der schwere Unfall letzte Woche? Der dicke Einschlag mit Feuer und allem, was dazugehört?«

»Klingt, als hätte es wehgetan.«

»Klingt nach mindestens vier Sitzungen. Er hat sich gerade erst von einer schweren Gehirnerschütterung erholt, hat eine Woche gelegen und klingt, als würde er am liebsten ins nächste Autohaus einbrechen, um wieder hinters Steuer zu kommen. Nächste Woche ist das Folgerennen. Der Beschreibung seiner Verletzungen nach kann er das vergessen, ganz unprofessionell gesprochen.«

Alec zog eine Braue hoch.

Rosie kicherte und korrigierte sich: »So wie ich die Beschreibung seiner Verletzungen interpretiere, meine ich natürlich.«

Rennfahrer unterschätzten grundsätzlich ihre Verletzungen und spielten sie herunter. Sie zu früh wieder hinters Steuer zu lassen, brachte alle Beteiligten in Gefahr, aber sie konnten es trotzdem nicht erwarten.

Alec wusste genau, was das bedeutete: Er musste seinen Kunden überzeugen, eine Weile auszusetzen. Eine unmögliche Aufgabe. »Autsch. Wünsch mir Glück.«

»Mach ich. Er ist in Zimmer drei.« Rosie zwinkerte vielsagend. Das bedeutete normalerweise, dass der Kunde heiß und vielleicht schwul war.

Na wunderbar. Der nächste also.

Alec schüttelte den Kopf und ging mit schnellen Schritten zu Raum drei.

Rosie wusste eindeutig mehr, als sie gesagt hatte, aber er versuchte, professionell zu bleiben. Er baggerte nie Kunden an – und wenn sie ihn anbaggerten, sorgte er dafür, dass auf der Arbeit nichts lief. Immerhin war er nicht so richtig geoutet.

Und dann sah er den Mann, der auf ihn wartete.

Oh Gott. Nicht schon wieder.

Er war der Typ Kerl von nebenan, aber süß. Zum Niederknien süß. Und sein träges, aufrichtiges Lächeln verriet, dass er es genau wusste, sich aber nicht zu viel darauf einbildete.

»Tyler?«

Tyler drehte seinen Charme voll auf und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Alec Lands, richtig?«

»Genau.« Alec gab ihm die Hand. Es überraschte ihn nicht, wie fest Tyler zupacken konnte. Er schloss die Tür und ging zu seinem Stuhl. »Du hast dir ja ganz schön was eingehandelt. Erzähl mir, was passiert ist.«

»Ja, sie sagen, der Unfall sah ziemlich übel aus.« Tylers Lächeln verblasste. »Ich war seit einer Woche nicht auf der Strecke. Gestern haben sie mich endlich aus dem Bett gelassen, damit ich mir ein bisschen die Beine vertreten kann.«

»Das ist hart«, sagte Alec mitfühlend. »Schauen wir uns mal deine Krankenakte an.«

»Oh, es ist nicht so schlimm, wie sie behaupten.« Tyler war wie so viele andere Rennfahrer der aufmüpfige Typ, der sich für unverwundbar hielt. Aber Alec fiel auf, wie er saß und wie er Beine und Arme hielt. Jeder, der einen solchen Unfall hinter sich hatte, sollte froh sein, noch am Leben zu sein. Und das trotz der hohen Sicherheitsstandards, die im Rennsport heutzutage Pflicht waren. Kein Wunder, dass die Jungs zu selbstsicher wurden.

»Hmhm. Muskelfaserrisse, angebrochene Rippen, geschwollener Knöchel und ein Arm, der… Oh, da haben wir ja eine Haarrissfraktur.« Alec sah vom Bildschirm auf. »Lass mich raten: Du willst nächste Woche zurück auf die Strecke.«

Tylers Miene hellte sich auf. »Darf ich denn?«

»Nein.« Alec ersparte es sich, um den heißen Brei herumzureden. Trotz all ihrer Fehler waren Rennfahrer es gewohnt, dass man ehrlich zu ihnen war. Sie erwarteten die Wahrheit. Nicht das, was sie gernhören würden. Und Alec hatte das Gefühl, dass er es mit einem sehr geradlinigen Menschen zu tun hatte.

Tyler nahm die Neuigkeit gut auf. Er seufzte schwer und schüttelte den Kopf. »Dachte ich mir schon. Und in zwei Wochen? Ich darf nicht mehrere Rennen hintereinander verpassen. Das macht einen schlechten Eindruck.«

»Ich weiß. Wir schauen uns heute mal an, wo du stehst. Dann kann ich mehr sagen. Aber es kann sein, dass dir meine Antwort nicht gefällt«, warnte Alec ihn vor.

»Und es kann sein, dass ich nicht auf dich höre«, konterte Tyler grinsend. Sein Lächeln wirkte mehr als nur freundlich. Machte er Alec etwa an?

»Wenn du nicht auf mich hörst, fällst du wahrscheinlich noch länger aus«, erklärte Alec ihm schlicht. »Und dann verlierst du jede Menge Punkte auf die anderen Fahrer.«

Das hatte gesessen. Tyler sog scharf die Luft ein und nickte. »Was soll ich machen?«

Alec deutete auf den Behandlungstisch. »Fürs Erste hoffen, dass deine Shorts halbwegs locker sitzen.«

»Glaub mir, sie sind lockerer als ich nach ein paar Bier«, versprach Tyler und zwinkerte ihm zu, bevor er aufstand und sich auf den Tisch setzte.

Alecs Wangen wurden warm, aber er musste zusehen, dass er professionell blieb. »Gut. Ich will jetzt sehen, wie es um den Bewegungsumfang von Armen und Beinen steht. Was die Rippen angeht… Du weißt sicher, dass das eine ziemlich üble Verletzung ist.«

»Ja. Bei Rippen kann man nicht viel machen«, bestätigte Tyler.

Irgendwie schien dieser Mann den ganzen Raum im Zimmer für sich einzunehmen. Es war fast unmöglich, seinem Sog zu entkommen. Eine magnetische Anziehungskraft ging von ihm aus. Etwas in seiner Körpersprache vermittelte, dass er genau wusste, wer er war und was er wollte.

Alec befahl sich, sich zu beruhigen, verdammt noch mal. Ihm stand eine lange Sitzung bevor, wenn er nicht runterkam.

***

»Noch mal fünf Wochen? Das kannst du vergessen!«

Tyler hatte sich während der Untersuchung zusammengerissen. Alec hatte sogar zu hoffen begonnen, dass er mit der Zeit die Funken ignorieren konnte, die jedes Mal auf ihn übersprangen, wenn er Tylers Haut auf die eine oder andere Weise berührte.

»Wir können erst richtig loslegen, wenn die Schwellungen abgeklungen sind«, erklärte Alec in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Es sollte bald so weit sein, in zwei Tagen können wir anfangen. Wir lassen es erst mal langsam angehen, damit wir nichts schlimmer machen.«

»Langsam. Das ist doch scheiße«, murmelte Tyler.

»Wenn du wieder gesund werden willst, musst du dich an meine Anweisungen halten.«

Tyler reckte das Kinn und wollte sich aufsetzen. Doch er zuckte zusammen und ließ sich wieder auf den Rücken sinken. In seinem Zustand war es nicht leicht hochzukommen. Daher legte Alec ihm eine Hand auf die Schulter, damit er liegen blieb.

»Ich bin nicht gut darin, Anweisungen zu befolgen«, verriet Tyler.

Und plötzlich ging es wieder los. Alec hatte die Chemie zwischen ihnen fast vergessen. Sie bewegten sich auf einem schmalen Grat zwischen verspieltem, aber professionellem Geplänkel und Flirt.

Jede Sekunde, in der er Tyler nicht küsste, schien eine verschwendete Gelegenheit zu sein. Und Tylers Lippen waren feucht und voll. Er strich immer wieder mit der Zunge darüber, besonders, wenn Alec ihn berührte. Verdammt ablenkend.

Doch jetzt gab es keinen Grund mehr, Tyler zu berühren. Daher widerstand er der Versuchung und ließ es bleiben. Stattdessen schob er die Hände in die Taschen und schüttelte den Kopf. »Wir können den leichten Weg nehmen oder den schweren. Dann wird es hart.«

Tyler richtete sich mit verhangenem Blick auf die Ellbogen auf. »Wie hart genau?«

Alec holte tief Luft, um Tyler seine übliche Rede über die Wahrung von Grenzen im professionellen Umfeld zu halten.

Doch Tyler kam ihm zuvor. »Ich weiß, ich weiß. Du bist nicht schwul.« Er verdrehte die Augen.

Alec blinzelte. »Das… ist es nicht. Aber ich gehe nie mit ehemaligen Patienten ins Bett.« Innerlich fügte er hinzu: nicht mehr. Aber das musste Tyler nicht wissen. »Es ist nicht unbedingt unethisch, aber es geht nie gut aus.«

»Was ist mit aktuellen Patienten?« Tyler schenkte ihm sein einnehmendstes Grinsen.

Lachend schüttelte Alec den Kopf. »Das ist sogar noch schlimmer.«

»Mist.« Tyler schmollte. »Also hatte ich von Anfang an keine Chance?«

Alec musterte ihn und trat einen Schritt zurück. Erst dann konnte er wieder atmen. Er setzte sich auf den Schreibtischstuhl. Der Abstand half ihm, sein Gehirn neu zu starten. »Was nimmst du noch mal für Schmerztabletten?«

Tyler stöhnte und setzte sich auf die Kante des Behandlungstischs. Er ließ die Beine schwingen und zog ein Gesicht, als wäre er mit der Hand in der Keksdose erwischt worden. »Keine Sorge, so stoned bin ich nun auch wieder nicht.«

»Hmhm.« Alec zwinkerte ihm zu. »Da bin ich mir nicht so sicher.«

Tyler gab auf und schüttelte den Kopf. »Na gut.« Er zog sich die Sandalen an. »Aber du lässt dir was entgehen, das kann ich dir sagen. Wie viele Schwule behandelst du schon?«

Alecs Lippen zuckten. »Jede Menge. Viel mehr, als du dir vorstellen kannst. Sie hängen es nur nicht an die große Glocke.«

Tyler zog eine finstere Miene und war plötzlich ganz damit beschäftigt, die Klettverschlüsse seiner Sandalen zu richten. »Hm.«

»So, zwei Tage noch. Rosie vergibt vorn die Termine. Also vergiss nicht, bei ihr vorbeizugehen.«

Tyler nickte und richtete sich auf. Er streckte die Hand aus und Alec nahm sie. Prompt wurde sein Arm in die Höhe gezogen und Tyler küsste ihm verspielt die Hand. »Es war mir ein Vergnügen.«

Lachend zog Alec die Hand weg. Tyler würde ihn ganz schön auf Trab halten. »Abmarsch, raus hier.«

»Aye, aye, Sir!« Tyler zwinkerte ihm zu und salutierte mit einem Finger, dann schlenderte er aus dem Behandlungsraum.

Alec musste ein paarmal tief durchatmen, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Ihm stand um vier noch ein Termin bevor. Besser, er verbannte die Erinnerung an die weichen, warmen Lippen auf seinem Handrücken an einen Ort, von dem er sie nach Feierabend, wenn er unter der Dusche stand, wieder hervorkramen konnte.

Das würde eine ziemlich tolle Dusche werden.

Kapitel 3

Tyler

»Ich meine, das ist einfach nicht fair! Richie ist doch kein Amateur. So ein kleiner Stups hätte mich nicht in die Luft katapultieren sollen wie… wie ein…« Tyler hielt die Hände hoch, als versuche er, das richtige Wort aus der leeren Luft zu greifen.

»Wie ein Katapult?« Joshs breites Grinsen versprach Tyler nicht den Trost, den er sich erhofft hatte.

»Ja. Wie ein Katapult. Sehr sinnvoll, Bro. Heißen Dank.«

»Immer wieder gern.« Lachend rammte Josh die Axt ins Holz. Er hackte vor dem Schuppen neben seiner Hütte Feuerholz für den nächsten Winter.

Es war nicht der schlechteste Ort, um rumzugammeln, wenn man denn schon rumgammeln und sich erholen musste. Auf JoshsMännerranch ging es sehr entspannt zu, aber Tyler hätte mehr Spaßgehabt, wenn erirgendetwas zu tun gehabt hätte.

Aber er konnte nicht mal ein bisschen Holz hacken. Oder auch nur danebenstehen und zusehen, wie er es sonst tat, verdammt noch mal. Josh hatte ihm einen Stuhl nach draußen geschleppt.

Stöhnend lehnte Tyler sich mit dem Stuhl nach hinten, bis er nur noch auf zwei Beinen stand. »Er hat gesagt, ich kann das nächste Rennen vergessen. So viel steht jetzt schon fest.«

»Blöd.« Josh verzog mitfühlend das Gesicht. »Bekommst du trotzdem dein Geld?«

»Nicht so viel, wie wenn ich an den Start gehen würde«, knurrte Tyler. »Und ich habe letztes Jahr schon einen Sponsor verloren. Ich kann es mir nicht leisten, dieses Jahr noch einen zu verlieren.«

Niemand musste ihn daran erinnern, dass die vergangene Saison nicht seine beste gewesen war. Er war zu abgelenkt gewesen. Zum einen… na ja, von seinen Freunden. Und dann war da noch der endlose Müßiggang seines Singlelebens gewesen und all der Frust, den es mit sich brachte.

Es war hart gewesen, dabei zusehen, wie sich seine Freunde nach und nach verliebten, und gleichzeitig zu wissen, dass er in der Klemme stecken würde, sollte er je selbst Gefühle für jemanden entwickeln.

Tyler schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht noch einen verlieren«, korrigierte er sich und ließ den Stuhl wieder nach vorn kippen. »Mir egal, was die Leute bei Hanson denken.«

Die Fahrer des Hanson-Teams – zum einen Richie, der sich einen so üblen Fehler geleistet hatte, dass er Tyler beinahe umgebracht hätte, und die drei anderen Fahrer – waren unerträglich, seitdem sie den Sponsor an Land gezogen hatten, den er letztes Jahr verloren hatte. Er fragte sich fast, ob der Unfall Absicht gewesen war.

Zudem hatte er Richie vor rund einem Jahr auf einer After-Race-Party angebaggert. Praktisch jeder hatte den Eindruck gehabt, dass Richie an ihm interessiert war. Aber dann hatte er so schnell den Rückzug angetreten, dass er beinahe über die eigenen Füße gestolpert wäre.

Aber das reichte kaum, um ihn bis aufs Blut zu hassen. Und Tyler hatte sich nicht mehr Feinde gemacht als andere Fahrer auch. Er beschimpfte seine Konkurrenten nicht und deckte sie auch nicht mit unhöflichen Gesten ein. Er räumte niemanden von der Strecke und hatte nie auch nur versucht, die Regeln zu umgehen.

Es bestand kein Grund, ihn abzulehnen. Es sei denn, weil er gut aussah, jung war und in einem schnellen Wagen saß – und das galt für praktisch alle Fahrer.

»Hast du je darüber nachgedacht aufzuhören?« Josh warf die frisch gespaltenen Scheite auf den Stapel. »Und dich vielleicht nicht umzubringen?« Er warf Tyler einen besorgten Blick zu. »Du sahst echt beschissen aus, als du in diesem… wie heißt das noch? Als du im Medical Center warst.«

»Und genau deshalb habe ich keinen Freund«, murmelte Tyler kaum hörbar.

»Wie war das?«

»Vergiss es.« Tyler wollte das Thema abhaken.

Aber Josh ließ nicht locker. »Von wegen.« Er legte sich die Axt auf die Schulter. »Gehst du deshalb nie mit jemandem aus? Weil du Rennfahrer bist?«

»Nicht weil ich Rennfahrer bin, sondern weil es niemand ertragen könnte, mich zur Arbeit gehen zu sehen. Man kann sich nie sicher sein, ob ich wieder nach Hause komme.« Josh warf ihm einen Blick zu, als hielte er ihn für komplett bescheuert. Tyler war inzwischen daran gewöhnt. »Was denn?«

»Es gibt verdammt viele Berufe, die genauso gefährlich sind wie deiner, Mann. Und die Leute führen trotzdem Beziehungen. Cops, Feuerwehrleute, Lkw-Fahrer, die Jungs von der Müllabfuhr… Gott, Fischer, Holzfäller, was du willst. Also zieh den Kopf aus dem Arsch und versuch es einfach.« Josh grinste. »Du weißt, dass es HunderteMädels gibt, die sofort springen, wenn du mit den Fingern schnipst. Und statistisch gesehen auch zwei bis fünf Männer. Falls du sie nochnicht alle gevögelt hast, heißt das.«

Tyler warf ihm einen finsteren Blick zu und zeigte ihm den Mittelfinger.

»So hässlich bist du gar nicht und wir Jungs sind bekanntlich leicht zu haben. Vielleicht sind es also auch zehn.«

Tyler gab sein Bestes, um Josh zu ignorieren. »Ist klar. Als wären eine Beziehung und Sex ein und dasselbe.«

»Stimmt. Dann geh halt mit den Leuten aus, nachdem du sie gefickt hast. Oder vorher. Mir egal.« Josh lachte.

»Die meisten Leute mit gefährlichen Berufen – du weißt schon, bei denen sich die Partner damit arrangieren, dass der Mann oder die Frau zur Arbeit geht und vielleicht nicht wiederkommt – sind Helden. Ich nicht. Ich rette keine Leben. Ich bin nur ein Blödmann in einem schnellen Auto.«

Josh brummte. »Aber dafür siehst du in feuerfester Unterwäsche ziemlich sexy aus.«

»Du mich auch.« Tyler lachte. »Egal. Es hat keinen Zweck, darüber nachzudenken. Du weißt doch, wie die Medien reagieren würden. Von den ganz großen Sportlern hat sich immer noch niemand geoutet. Klar, bei einigen ist bekannt, dass sie schwul sind, aber die halten sich zurück. Mit denen war ich schon im Bett. Aber sie würden sich nie öffentlich outen. Nicht, solange sie auf ihre Sponsoren angewiesen sind.«

Dem hatte Josh nichts entgegenzusetzen. Seufzend rieb er sich den Hals und sah hinaus auf die Felder. Zweifelsohne suchte er nach einem stichhaltigen Argument. Dann schüttelte er den Kopf und griff nach dem nächsten Holzscheit.

»Du weißt, dass ich recht habe.« Tyler grinste. »Und abgesehen davon tue ich mir diesen Zirkus nicht für nichts und wieder nichts an.«

»Es wäre nicht für nichts.«

Tyler verdrehte die Augen. »Für irgendeinen Freund, schon klar. Wahre Liebe und überhaupt.«

»Warte ab, bis es dich erwischt.« Josh lachte. »Es trifft einen immer zum ungünstigsten Zeitpunkt.«

»Sagt der Kerl, der praktisch chronisch Single ist«, erinnerte Tyler ihn.

»Nein, das sagen die anderen. Und die müssen es wissen.«

Damit hatte Josh ihn erwischt. Die anderen aus ihrem Freundeskreis – vier von sechs Jungs – hatten innerhalb von weniger als einem Jahr einen Freund gefunden. Einige waren sogar schon verlobt.

Damit blieben nur Josh und er als traurige, einsame Außenseiter. Wenn man es dann so sehen wollte. Aber was, wenn man sich für bedeutungslosen Sex und Partys entschied? So schlecht sah das seiner Meinung nach gar nicht aus.

Nur Josh tat ihm leid. Er arbeitete jeden Tag von Sonnenaufgang bis -untergang auf der Ranch und hatte kaum Zeit, geeignete Männer kennenzulernen. Er hatte etwas Besseres verdient, aber er gönnte sich nie eine Pause, nahm sich nie Zeit für sich.

»Warum outest du dich nicht einfach? Die Medien sind doch gar nicht mehr so verbissen«, meinte Josh schließlich, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten. Er untermalte die Frage mit dem Krachen seiner Axt.

»Weil… Oh Gott. Wir sind hier immer noch in den Südstaaten, oder?« Tyler schüttelte den Kopf. Sie waren beide in Tennessee geboren und aufgewachsen. Sie wussten genau, wie groß die Gefahr war, von der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Auch wenn es um etwas ging, das nicht in ihrer Hand lag. »Die Medien würden steilgehen. Mein Image wäre im Eimer. Ohne Sponsoren fließt kein Geld und dann bin ich ratzfatz meinen Sitz los. Ich muss jetzt schon froh sein, wenn sie mich nicht feuern. Immerhin habe ich einen Totalschaden verursacht. Da kann ich keinen zusätzlichen Stress gebrauchen.«

Josh hielt inne und legte die Axt beiseite. »Und was passiert, wenn du jemanden kennenlernst, der gut für dich, aber schlecht für dein Image ist?«

Darauf hatte Tyler keine Antwort. Wenn er ehrlich war, wollte er Josh nicht antworten, denn er hatte das dumme Gefühl, dass er dabei nicht besonders gut aussehen würde. Er sah hinaus auf die Felder und zu den Gästehütten.

Josh interpretierte sein Schweigen richtig. »Genau. Für die Kameras den perfekten Südstaatengentleman zu geben, ist das eine. Aber wie ein Mönch leben, weil du es dir nicht leisten kannst, in aller Öffentlichkeit einem heißen Kerl nachzusteigen? Und was ist mit Liebe? Willst du darauf etwa auch verzichten, weil du sie dir nicht leisten kannst? Wo soll das denn aufhören?«

»Tja.« Tyler schüttelte den Kopf. Er hatte bisher immer versucht, solche Überlegungen zu verdrängen. Obwohl seine letzte Saison nicht gut gelaufen war, hatte er in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Darauf wollte er nicht verzichten. Andererseits war er dadurch wesentlich angreifbarer geworden.

Bevor er in den Profisport eingestiegen war, hatte er nie einen Hehl daraus gemacht, dass er schwul war. Er hatte es allerdings auch schon zu seinen Gokart-Zeiten nicht an die große Glocke gehängt, weil Arbeit nun einmal Arbeit war und sein Privatleben etwas anderes. Natürlich teilten nicht alle seine Einstellung. Einige Fahrer führten ihre schönen Ehefrauen allzu gern vor, um Schlagzeilen zu machen.

Der richtige Sponsor könnte sogar eine Chance in ihm sehen, aber das Risiko war verdammt hoch.

Sein Team wusste Bescheid. Er war immer der Meinung gewesen, dass das reichte. Aber tat es das wirklich?

Tyler seufzte. »Warum zerbrechen wir uns den Kopf über ungelegte Eier? Ich sollte in erster Linie sauer sein, weil ich mir die Knochen demoliert habe. Nicht, weil ich gerade auf Partys und guten Sex verzichten muss.«

»Oh.« Josh grinste. »Wir können uns gern darüber unterhalten, wenn dir das lieber ist.«

Er hatte schon einige von Tylers After-Race-Partys miterlebt. Als bester Freund war er häufig eingeladen worden, doch er hatte aus Rücksicht auf Tyler nie jemanden mit nach Hause genommen. Die Leute redeten einfach zu viel und mit etwas Pech hätte Tyler sich ganz schnell in einem Blogartikel über einen wilden schwulen Dreier wiedergefunden.

»Hat sich inzwischen sonst noch jemand durchgerungen, sich mit dir ins Abenteuer zu stürzen?«, hakte Josh nach.

Tylers sexuelle Orientierung hatte noch nicht den Status eines offenen Geheimnisses erreicht, aber allmählich sprach sich rum, dass er schwul war. Ihm war nur zu bewusst, dass sein Leben ein Tanz auf der Rasierklinge war, aber darum ging es schließlich: um den Reiz des Rennens, um die Jagd und den Nervenkitzel, beinahe erwischt worden zu sein. Um Adrenalin. Um den Rausch des Siegs und den bittersüßen Nachgeschmack der Niederlage.

Wenn man nicht richtig lebte, warum lebte man dann überhaupt? Seltsamerweise hatte er nie versucht, diese Philosophie auf sein Liebesleben zu übertragen. Das war etwas anderes, sagte er sich. Josh konnte doch nicht ständig recht behalten.

Und es war auch eindeutig kein Anflug von Einsamkeit, der ihn jedes Mal packte, wenn er Pärchen ihre Flitterwochen auf der Ranch verbringen sah. Wenn er erlebte, dass sie für nichts und niemanden außer den Partner Augen hatten.

Tyler biss sich auf die Zunge. Sein Seufzen wurde vom Knacken splitternden Holzes übertönt. »Da war vor ein paar Wochen dieser Typ, der Champagner von meiner Haut schlürfen wollte.«

Wenn er sonst schon zu nichts zu gebrauchen war, konnte er Josh wenigstens eine gute Geschichte bieten.

Kapitel 4

Alec

Die Abende machten Alec am meisten zu schaffen. Tagsüber lenkten die Patienten ihn ab. Aber abends war es viel zu still im Haus. Dann gerieten seine Gedanken auf gefährliche Abwege.

Er hatte sich jahrelang eingeredet, dass er zu viel zu tun hatte, um sich ein neues Hobby zu suchen oder unter Leute zu gehen. Und wenn er es doch versucht hatte, hatte er es nie durchgezogen. Keine Ahnung, warum.

Ab und zu trieb es ihn in eine Bar, aber selbst in den frühen Zwanzigern, als er noch bis zum Hals in Anatomielehrbüchern gesteckt hatte, hatte ihm die Flucht nach vorn nie viel gegeben. Je älter er wurde, desto weniger Lust hatte er, sich zu betrinken und sich zum Narren zu machen.

Dummerweise gab es kaum eine Alternative, wenn er Freunde finden wollte – oder sogar einen Lover.

Alec kämpfte gegen die Bitterkeit an, die ihn einmal mehr zu überschwemmen drohte. Von Zeit zu Zeit hatte er das Gefühl, als hätte er sich bereits geoutet – und nebenbei sein halbes Leben verloren – und wofür das Ganze?

Was nutzte es schon, offen schwul zu sein, wenn er weder eine Familie noch einen Freund hatte, die mit ihm mitfühlten?

»Okay, ich muss hier raus«, knurrte er. Wenn er seine Launen bekam, war er draußen besser aufgehoben. Dann war alles besser, als allein zu Hause zu sitzen.

Alec zog sich die Laufschuhe an. Es war Dienstagabend. Das bedeutete, dass die schwule Jogginggruppe Knoxville im Lakeshore Park ihre Runden drehte. Aber wenn jemand sah, dass er mit einem Verein schwuler Männer unterwegs war…

Was für eine Ironie. Er hatte sich gerade weit genug geoutet, um die Unterstützung seines Umfelds zu verlieren, aber nicht so sehr, als dass er aufrecht und stolz durch die Welt gehen konnte. Wenn er seine Praxis behalten wollte, konnte er sich keine Sperenzchen leisten. Scheiße, er konnte nicht mal nebenher sein Privatleben erwähnen, wie es seine Patienten und Kollegen taten.

Er redete sich zwar ein, dass er sich für nichts schämte, aber war das dasselbe, wie stolz auf sich zu sein?

Gedankenverloren verließ Alec das Haus und trabte zum Bürgersteig, bevor er Tempo aufnahm.

Der erste Kilometer war immer der härteste. Es dauerte eine Weile, bis man seinen Rhythmus gefunden hatte und Herzschlag und Beine miteinander im Einklang waren.