Wie man einen Rockstar erobert - E. Davies - E-Book

Wie man einen Rockstar erobert E-Book

E. Davies

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Beschreibung

Da Nico nach einer schweren Verletzung nicht mehr als Astronaut arbeiten kann, beschließt er, einen Job als Parkranger in den Smoky Mountains anzunehmen. Er ist zufrieden mit seinem Leben fernab der Zivilisation, weit weg von zwischenmenschlichen Dramen. Doch der Friede wird gestört, als Deen in Nicos beschauliche Welt platzt. Deen ist Rockstar, berühmt-berüchtigter Playboy und versucht, nach einem Skandal eine Zeitlang von der Bildfläche zu verschwinden und sein Image wieder aufzupolieren. Während Nico anfangs nicht gerade begeistert davon ist, den Babysitter für einen verwöhnten Promi zu spielen, erhascht er bald einen Blick hinter Deens Fassade und entdeckt dort einen faszinierenden Mann, dem er sich nicht entziehen kann. Unweigerlich kommen sich die beiden näher, aber ist eine gemeinsame Zukunft überhaupt möglich, wenn Deen seine Karriere nicht einfach aufgeben kann und Nico seine geliebten Berge nicht verlassen will? Band 1 der "Significant Brothers"-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 312

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Oktober 2021

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2017 by E. Davies

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Splinter«

Published by Arrangement with E. Davies

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2021 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock; AdobeStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Druckerei: CPI Deutschland

Lektorat: Bernd Frielingsdorf

ISBN-13: 978-3-95823-910-4

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Ella Schaefer

Liebe Lesende,

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

Klappentext:

Da Nico nach einer schweren Verletzung nicht mehr als Astronaut arbeiten kann, beschließt er, einen Job als Parkranger in den Smoky Mountains anzunehmen. Er ist zufrieden mit seinem Leben fernab der Zivilisation, weit weg von zwischenmenschlichen Dramen. Doch der Friede wird gestört, als Deen in Nicos beschauliche Welt platzt. Deen ist Rockstar, berühmt-berüchtigter Playboy und versucht, nach einem Skandal eine Zeitlang von der Bildfläche zu verschwinden und sein Image wieder aufzupolieren. Während Nico anfangs nicht gerade begeistert davon ist, den Babysitter für einen verwöhnten Promi zu spielen, erhascht er bald einen Blick hinter Deens Fassade und entdeckt dort einen faszinierenden Mann, dem er sich nicht entziehen kann. Unweigerlich kommen sich die beiden näher, aber ist eine gemeinsame Zukunft überhaupt möglich, wenn Deen seine Karriere nicht einfach aufgeben kann und Nico seine geliebten Berge nicht verlassen will?

Prolog

Deen

»Härter, Deen! Oh, fuck!«

Sie waren einander so zugewandt, dass sie sich ansehen konnten. Fans bevorzugten das normalerweise, damit sie ihn anstarren konnten.

Er war Deen Jayse, aufstrebender Rockstar und der sofortige Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in jedem Raum, den er betrat.

Der Typ, der sich wand, Deens Namen wie die Fans in der ersten Reihe zwischen den Sets keuchte und in dem er bis zu den Eiern steckte, war… Grey? Er glaubte, das könnte es sein. Es war irgend so etwas Komisches. Grey hatte ihm bei der VIP-Afterparty zugeblinzelt und wer war Deen, dass er zu einem schönen Gesicht wie diesem Nein sagte?

Grey sah besonders hübsch aus, wie er die Beine um Deens Taille geschlungen und seinen Rücken an der rauen Steinwand der Gasse gelehnt hatte.

Grey hatte ihn auf eine Zigarette nach draußen eingeladen und obwohl er nicht rauchte, hatte er Ja gesagt. Wie erwartet, waren Greys sündig hübsche Lippen stattdessen an seinem Schwanz gelandet.

Und jetzt fickte er Grey gegen die Wand, wobei er jedes entrückte Keuchen genoss, das dessen vom Blowjob geschwollene Lippen verließ.

Der Kerl war dürr. Es war sogar für Deen lächerlich einfach, ihn an der Wand festzunageln, um einen besseren Winkel zu haben. Und wenn er das tat, fühlte er sich stark. Er hatte die Kontrolle. Wurde gebraucht.

Deen unterbrach auch nicht, als Grey in seiner Hemdtasche fummelte, während er mit offenem Mund Küsse auf Deens Hals drückte. Deen küsste nicht auf den Mund, aber manchmal rieb er seinen stoppeligen Kiefer über den der anderen oder saugte an deren Haut, bis ihnen die Knie nachgaben.

Männer, Frauen oder nom-binär – Deen scherte sich nicht um Schubladen. Mittlerweile konnte ihn ziemlich wenig überraschen, aber Grey schaffte es, indem er ein Glasfläschchen mit weißem Pulver in seiner Hand auftauchen ließ.

»Was ist das?«

Er wusste verdammt gut, was das war, aber er stellte sich dumm. Das Letzte, was er brauchte, war, von so einem Undercovercop verhaftet zu werden. Normalerweise holten sie das Zeug raus, bevor er bis zu den Eiern in ihnen steckte.

»Ein kleines besonderes Extra von einem meiner Kumpels.« Grey war außer Atem und hatte einen Arm um Deens Nacken geschlungen, während er ungeschickt versuchte, das Fläschchen zu öffnen.

Er bewegte seine Hand ruckartig und verschüttete etwas von dem weißen Pulver auf Deens Schulter.

Deen machte große Augen, als Grey sich den Träger seines Tanktops von der Schulter zog. Grey tippte die Flaschenöffnung gegen sein Schlüsselbein, um ein Häufchen auf der schmalen Erhöhung des Knochens zu formen. »Was soll der Scheiß?«

»Einer der Vorteile, so dünn zu sein. Du kannst Lines auf meinem Körper ziehen. Bedien dich, Deen.«

Deen glitt aus Grey heraus und stellte ihn auf den Boden. Er pochte und war so verdammt kurz davor, dass es schmerzte, aber etwas an der ganzen Sache stank. Er zog das Kondom ab und schmiss es in die Tonne neben ihnen. Er konnte Abstand halten, während er es sich selbst mit der Hand machte – vielleicht auch ihnen beiden, falls er Grey noch einmal näherkommen wollte.

Grey legte seine Finger um Deens Hinterkopf, während er den anderen Arm unten hielt, um das Pulver, das an seiner schweißfeuchten Haut klebte, nicht zu verschütten. Er versuchte, Deen für einen Kuss heranzuziehen. »Ich dachte, du würdest es mögen. Ist gutes Zeug. Es ist fantastisch. Man fühlt dann so viel.«

Bewegung am Ende der Gasse und Kamerablitze.

»Polizei. Lassen Sie die Hände da, wo wir sie sehen können.«

Hinter der Polizei: die Paparazzi. Und als hätte er nur auf diesen Augenblick gewartet, sprang Grey auf den Müllcontainer. Er kletterte in ein Fenster im ersten Stock wie ein gottverdammter Ninja.

Er hatte Deen zurückgelassen, mit einem rasch erschlaffenden Schwanz, der aus der Jeans hing, und mit den Händen über dem Kopf. Er konnte in dem plötzlichen, blendenden grellen Schein der Polizeischeinwerfer nichts sehen. Fühlte sich so ein Tiefpunkt an?

Shit. Jetzt hab ich's geschafft.

Kapitel 1

Nico

Die Sterne erstreckten sich über ihm am Horizont – nun gut, von den Baumwipfeln bis zu den Bergspitzen. Im Great Smoky Mountains National Park war die Sicht auf die namensgebenden Berge nie durch mehr als ein Dickicht verdeckt.

»Jedenfalls hilfst du nächstes Mal, diese kleinen Arschlöcher zu verfolgen. Ich hab sie noch nicht mal ansatzweise gesehen. Aber es müssen dämliche Teenager sein. Die Picknickbank hat noch gebrannt, als ich angekommen bin. Sie können nicht so weit gekommen sein, aber… sie waren weg.«

Nico riss sich vom Anblick des Himmels los und klopfte seinem Freund und Rangerkollegen auf den Arm. Trotz seiner ganzen Beschwerden genoss Jeff den Nervenkitzel bei der Jagd. Sie hatten noch keinen Erfolg bei der Suche nach den Pyromanen gehabt, die in den letzten paar Monaten den Park unsicher gemacht hatten. Wenn man Jeff Zeit – viel Zeit – und einen Jeep gab, würde er es schaffen. Irgendwann.

»Klar«, neckte Nico ihn. »Als ob du auf die Gelegenheit, ein Megafon zu benutzen, verzichten würdest. Kommt mit erhobenen Händen raus. Wie ein verdammter Parkpolizist.« Er verpasste Jeff einen Stoß mit dem Ellenbogen. Keiner von ihnen war das – als gewöhnliche Parkranger gehörte es nicht zu ihrer Arbeit, die Blödmänner zu verhaften.

Jeff zeigte ihm den Mittelfinger. »Eines Tages könnte ich sie täuschen.«

Nico schnaubte vor Lachen. »Red dir das ruhig ein.«

Nach der abendlichen geselligen Runde waren sie alle ein bisschen angetrunken. Alle ein oder zwei Wochen mal Geschichten auszutauschen und mit dem Boss über die aktuellen Aufgaben zu reden, war alles an sozialer Interaktion, was Nico brauchte.

Es war ein ziemlich netter Job für jemanden, der die Natur liebte und Menschen nicht so sehr. Die meiste Zeit verbrachte Nico allein bei der Arbeit zum Schutz der Natur. Einen glücklicherweise niedrigen Prozentsatz seiner Zeit verwendete er darauf, Parkgäste zu betreuen. Die beliebtesten Wanderwege verliefen außerhalb seines Reviers – deshalb blieb es an Jeff hängen, die bescheuerten Teenager zu verfolgen, während Nico sich in einer Hängematte ausstrecken und die Sterne beobachten konnte.

Nicht, dass seine Arbeit an manchen Tagen nicht sehr anspruchsvoll wäre. Zur Verantwortung der Ranger gehörte die Instandhaltung der Wanderwege und ihren eigenen Stationen. Aber verglichen mit dem sportlichen Drill bei seiner alten Arbeit war das hier nichts.

»Wartest du auf Bob?«

Bevor Jeff antworten konnte, stolperte Bob zu ihnen nach draußen. Er sah fertig aus. Er trank selten, aber er war schon seit früh auf den Beinen, um den letzten Brand zu untersuchen, welcher in seinem Territorium stattgefunden hatte. Sie hatten ihn überreden müssen mitzukommen.

Nicht, dass irgendjemand gerade ihn dabeihaben wollte. Er war nicht schlimm, aber er war einer dieser Menschen, die die Laune auf jeder Party runterzogen.

»Bereit für den Rückweg?«, fragte Jeff. Seine Station lag auf dem Weg zu Bobs, darum hatten sie sich ein Geländefahrzeug für die Hälfte des Wegs hierher geteilt. Bob bot sich als nüchterner Fahrer an.

Nico hingegen war gelaufen. Er hatte seinen Alkoholkonsum hier unten nicht einschränken wollen. Er hatte selten die Gelegenheit, nicht die vollen Dosen den Berg hoch- und die leeren dann wieder runterschleppen zu müssen.

»Ja, lass uns gehen.« Bob nickte Nico brüsk zu. »Schaffst du es nach Hause?«

»Ich werde nicht im Dickicht pennen und im Morgengrauen vorbeikommende Wanderer erschrecken«, versprach Nico grinsend.

Nachdem er Jeff zugewunken hatte, machte er sich auf den langen, einsamen Weg den Pfad zu seiner Hütte hinauf und sein Blick wanderte wieder zu den Sternen.

Es war seltsam, wenn er darüber nachdachte, dass er den Sternen früher so viel näher gewesen war und durch vierfach verglaste Fenster auf die Erde hinuntergeschaut hatte.

Das war lange her. Jetzt war er ein anderer Mann, ermahnte Nico sich, als er wieder zu den Bäumen blickte. Sein Griff um die Taschenlampe wurde fester und er schritt ein wenig flotter voran.

Seit dem Unfall war er ein erdgebundener Außenseiter.

Jetzt bewegte er etwas durch den Naturschutz, die Aufklärung und die stille Aufsicht über das Land. Statt die Veränderungen zu dokumentieren, tat er jetzt etwas dagegen, und das half ihm. Es war ein Bonus, dass sein Job ihn weit von der Stadt weg geführt hatte, fort von ihrem Drama, sinnlosen Tumult und den Millionen Menschen, die ihre kleinen Kreise, in denen das Leben verlaufen konnte, für gegeben nahmen. Sie würden sich niemals trauen, diese äußeren Grenzen zu etwas Neuem zu sprengen…

Etwas vollkommen anderem.

Während er den Kiesweg hinaufknirschte, erkannte Nico jede Biegung des Pfads wieder, jedes Aufblitzen seiner Taschenlampe auf Informationstafeln, jedes Zirpen und Rufen der Grillen und Ochsenfrösche. Das hier war nun sein Habitat.

Allein. Es hatte keinen Mr. Right oder auch nur einen potenziellen Mr. Right gegeben, seit er in die Astronautenausbildung gegangen war. Das Bootcamp war zu brutal gewesen, um auch nur darüber nachzudenken, die Abende mit Dates zu verbringen. Und wer hätte mit jemandem zusammen sein wollen, der buchstäblich nicht auf dem gleichen Planeten lebte?

Danach hatte er nicht gut mit dem Ruhm umgehen können. Nicht auf die Nutten-und-Drogen-Art, aber nach den ganzen Pressekonferenzen war er untergetaucht. Ziemlich genau, bis er diesen Job bekommen hatte, wenn er ehrlich zu sich selbst war. Keine Chance, so einen Mr. Right zu finden.

Aber so war es friedlich. Er musste sich um sinkende Besucherzahlen und den Verfall des Ökosystems sorgen, aber das war es auch.

Dennoch entkam Nico ein langes Seufzen, als er an der Tür seiner Hütte innehielt und einen letzten Blick zu seinen vertrautesten Freunden hinaufwarf. Hin und wieder war er einsam.

Obwohl er in einer ziemlich abgeschiedenen Rangerstation lebte, hätte er jederzeit Gesellschaft bekommen können. Parkgäste kamen zu jeder Tages- und Nachtzeit, um nach Hilfe oder dem Weg zu fragen, allerdings selten. Und es war nie die Art von Gesellschaft, nach der er sich tief im Inneren sehnte.

Nico schloss die Tür und überprüfte die Batterie seines Funkgeräts, dann zog er sich seinen Pyjama für einen tiefen, aber unerholsamen Schlaf an.

Kapitel 2

Deen

»Du hast Glück, überhaupt hier zu sein, Deen.«

Tja, Bryan war angepisst von ihm. Und das zu Recht, da sein Manager dieses Jahr schon einige Feuer hatte löschen müssen. Dieses war das letzte in einer Reihe von kaum zu vertuschenden Indiskretionen.

Bryan schwitzte und klatschte seine Hand auf den Post-it-Block auf seinem Tisch, während er dahinter hin und her lief, als wäre das ein Hau-den-Maulwurf-Spiel. Er behielt Deen die ganze Zeit im Auge, als würde er darauf warten, dass dieser hochhüpfte.

Deen blieb entschlossen sitzen, nur für den Fall. »Ja, hab ich.«

Die Polizisten hatten ihn mit einer Verwarnung davonkommen lassen. Man hätte es als Ordnungswidrigkeit bezeichnen können, aber nicht einmal das war es. Nur dank seiner schnellen Reaktion, Bryans zügigem Eingreifen und der Tatsache, dass die Tochter eines der Polizisten ein riesiger Fan war. Er wusste immer noch nicht, wie Bryan die Paparazzi abgewehrt hatte, und er wollte es auch nicht wissen.

»Hinten rausgegangen, um gegen einen Müllcontainer zu pissen – wie zur Hölle haben sie uns die Geschichte abgekauft? Du weißt auch, dass sie eine Schwachstelle hat. Die Leute von der Veranstaltung waren bereit, dich zu decken, indem sie gesagt haben, dass die Toilette in der Umkleide verstopft war, aber…«

»Grey«, murmelte Deen. Jetzt schmeckte der Name nicht mehr so süß auf seinen Lippen. Er hatte immer noch keine Ahnung, ob das tatsächlich Koks oder alles nur ein abgekartetes Spiel gewesen war. Er hatte ja nicht wirklich etwas davon geschnupft, um es herauszufinden.

Er fühlte sich dumm, weil er bei Grey nur mit seinem Schwanz und nicht mit seinem Verstand gedacht hatte, aber wie hätte er mit dem Ganzen rechnen sollen? Er war noch nie so hereingelegt worden. Natürlich hatte er Grey vorher verdammt nochmal nicht über seine Absichten ausgefragt.

»Wenn er mit seiner Exklusivgeschichte über den wodka- und koksgeladenen One-Night-Stand mit dem aufstrebenden Star Deen Jayse an die Presse geht…«

»Vielleicht werden die Leute denken, es sei Coca-Cola gewesen«, schlug Deen vor. »Ein bisschen Rumschrauben an Rum mit Coke…«

Bryan drehte sich um und funkelte ihn wieder an, wobei er noch einmal auf den teilnahmslosen Post-it-Block schlug. »Deen.«

»Sorry, sorry.« Deen hob die Hände und verkniff sich ein Lächeln. Kein Grund, ihn zu reizen, wenn er schon wieder Schadensbegrenzung betreiben musste. »Ich habe das Koks gar nicht genommen.«

»Klar.« Bryan sah aus, als wäre ihm das vollkommen egal. »Was mich kümmert, ist, dass der Rest zu den anderen Feuern passt, die ich kaum löschen konnte.«

Deen stöhnte auf. »Ja, ich trinke zu viel und ich ficke zu viel. Das hab ich dir gleich an Tag eins gesagt.«

»Was ich sagen will: Dein Image braucht eine Rehabilitation. Du brauchst etwas Großes, das die Leute ablenkt – und sofern du kein neues Album fertig hast, das du dir aus dem Arsch ziehen kannst…«

Deen blieb still. Er hatte schon seit ein paar Monaten nichts mehr geschrieben. Jedes Mal, wenn er es versuchte, endete es damit, dass er gedanklich abdriftete und auf seinem Notizblock ins Leere starrte.

Es gab keinen richtigen Grund für eine kreative Krise. Keine Trennungen – unmöglich, wenn er nicht länger mit jemandem eine Verbindung einging, als sein Schwanz hinterher zum Schlaffwerden brauchte – und definitiv keine Depression. Keine Geldprobleme. Zum Teufel, seine Karriere war am Abheben.

Wenn überhaupt, dann tourte er vielleicht zu viel. Alle paar Tage eine neue Stadt. Aber das klang eher wie eine Ausrede und er wusste das.

»Das dachte ich mir«, fuhr Bryan fort. »Darum wirst du deine Zeit einer würdigen Sache widmen.«

»Ehrenamtliche Arbeit?«, stöhnte Deen.

Bryan interpretierte den Kommentar falsch. »Im Ernst? Du bist schon so vollgepackt, du kannst nicht umsonst arbeiten.«

Deen erhob sich halb, um auf sich aufmerksam zu machen. »Nein. Mann. Ich meine: Ist das nicht übertrieben?« Er sank auf seinen Sessel zurück und schnaubte. »Außerdem ist es wie ein Schuldeingeständnis. Immer wenn jemand Scheiße baut, bringt er plötzlich Spielzeug in ein Kinderkrankenhaus.«

»Kinder… Nun, ich denke, sie würden dich nicht mal durch die Tür lassen, Deen.«

»Lieferanteneingang? Bei den Müllcontainern?«

Bryan schaute wieder böse und diesmal fing Deen an zu lachen. Es dauerte eine Sekunde, aber dann lächelte sein Manager und streckte sich über dem Tisch, um Deens Sessel einen Stoß zu verpassen. »Zu früh, Arschloch.«

»Bin ich.« Deen rutschte mit seinem Sessel wieder zum Schreibtisch. »An was hast du gedacht?«

»Na ja, was machen die ganzen reichen Kids auf Instagram? Um gut auszusehen?«

»Ich glaube nicht, dass ich noch mehr Partybilder da brauche«, wies Deen ihn mit einem Lachen hin. »Ich weiß nicht. Reisen? Oh, Ehrenamt in Dritte-Welt-Länder.« Er schnitt eine Grimasse. »Nicht sicher, ob ich bereit bin, so viel von meiner Seele zu verkaufen. Die brauchen eher Geld und nicht irgendeinen herumschwirrenden idiotischen Rockstar.«

»Mach dich nicht schlechter, als du bist.«

»Ich bin kein Arzt oder Baumeister.« Deen war dankbar für Bryans Worte, aber das war noch nicht einmal Bescheidenheit. »Keine Ahnung. Reisevlogs?«

»Wie diese kleinen Videoreiseberichte?« Bryan sank in seinen Sessel und legte die Fingerspitzen gegeneinander.

»Dafür muss ich das Land nicht verlassen«, fügte Deen hinzu. »Aber es bedeutet… du weißt schon… Natur.«

Das letzte Mal in einem Park war er gewesen, um ein Video für seine letzte Single zu drehen. An das Mal davor konnte er sich nicht erinnern. Das Leben bestand für ihn gerade nur aus Arbeit und Party – was auch Arbeit bedeutete.

»Den Entzug könntest du gebrauchen«, meinte Bryan. »Du siehst in letzter Zeit ein wenig wie ein Alkoholiker aus.«

»Hey. Ich brauche ein paar Bier, um damit klarzukommen, dass du mir den Arsch aufreißt. Und ein bisschen Dehnen. Drei Finger.«

»Kompliment angenommen.« Bryan hatte ihn nie tatsächlich gefickt, aber anders als neunzig Prozent der heterosexuellen Männer störte es ihn nicht, darüber zu witzeln. »Also, du wirst deine Seele reinigen und einen Nationalpark besuchen und… hey…«

Deen gefiel der Ausdruck in seinen Augen nicht. »Und was?«

»Lebst dort.«

»Was?«

»Nicht für immer. Nur für ein paar Wochen oder ein, zwei Monate. Mach einen Reisevlog oder wie immer du das genannt hast. Wusstest du, dass siebzig Prozent der Amerikaner wünschten, sie könnten sich für einen verlängerten Aufenthalt in einem Nationalpark lange genug von der Arbeit freinehmen?«

Deen schüttelte den Kopf und verengte dann die Augen. Er kannte Bryan gut. »Was für eine Schwachsinnsstatistik ist das denn?«

»Sie ist vermutlich wahr.«

»Was ist mit den anderen Jungs?« Deen stand seinen Bandkollegen nicht nahe – sie hingen außerhalb der Arbeit kaum miteinander ab, um genau zu sein. Sie waren vom Label als unterstützende Künstler für ihn als Hauptact zusammengestellt worden, und das wusste jeder. Aber sie waren feine Kerle, talentiert und fleißig, und zusammen hatten sie eine tolle Bühnenpräsenz.

»Sie werden sich freuen, etwas freizuhaben«, sagte Bryan und da konnte Deen nicht widersprechen. »Schaff dir ein wenig Frieden und Ruhe, um mehr Songs zu schreiben. Krieg diese Collegekids dazu, sich für die Natur draußen zu interessieren, anstatt sich den ganzen Sommer lang einen auf deine Videos runterzuholen. Bring die Teenager endlich dazu, mit ihren Eltern campen gehen zu wollen. Dadurch gewinnst du Herzen und Geldbeutel.«

Deen schnaubte vor Lachen. Sein Image war unbestritten das eines Sexidols und er hatte ein Henne-oder-Ei-Problem. Lag es daran, dass er so viel Aufmerksamkeit von den Twens bekam, deren wandernde Blicke er leicht in der ersten Reihe ausmachen konnte? Oder wanderten ihre Blicke wegen seines Images? Wer wusste das schon und wen kümmerte es?

Es war seltsam, das mit einem Bear-Grylls-Image bei ihm in Einklang zu bringen. Andererseits, warum nicht? Er würde seine raue, wilde Seite zeigen. »Ich werde keine Fische aufspießen und Äste aneinanderreiben, um Feuer zu machen, und so einen Mist.«

»In Ordnung. Kein Ästereiben«, warnte Bryan und wedelte mit seinem Stift vor Deen herum. »Oder was anderes. Definitiv kein Cruising auf den Zeltplätzen.«

Deen stöhnte auf. Auf keinen Fall konnte er vollkommen auf Sex verzichten, aber das bedeutete eine dramatische Verschlechterung seiner Optionen. Er gabelte Leute im berauschenden Glühen der Afterpartys auf, nicht im realen Leben mit… Vögeln und Bäumen und dem ganzen Scheiß drum herum. »Oh Mann.«

Trotzdem hatte Bryan recht. Das alles konnte ihm leicht zu Kopf steigen. Limousinen, die ihn zu jeder Veranstaltung abholten, Kamerablitze, wenn er vor einer Show im Restaurant aß, Magazinreporter, die lautstark ein paar Worte von ihm forderten. Es war ein seltsames Alternativuniversum, das niemand, der kein Musikstar war, verstehen oder ertragen konnte.

»Okay.«

»Gut. Hol dir was zum Mittagessen. Ich schaue, ob ich einen Park finden kann, der dich aushält«, meinte Bryan und wedelte mit der Hand.

Deen zeigte Bryan den Mittelfinger und lachte noch einmal, als er sich zur Tür begab.

Bryan hatte recht damit, dass er Glück hatte, nicht in Untersuchungshaft zu sitzen, auf die Drogentests zu warten und sich hinterher nicht gegen eine Reihe Reporter verteidigen zu müssen. Er hätte die minderjährige Hälfte seiner Fans an die missbilligenden Eltern verlieren können. Und Deen konnte damit leben, ein etwas besseres Vorbild zu sein. Ein Bier weniger, eine gute Tat am Tag mehr oder so.

Es war nur ein Urlaub von seiner Tour, das war alles. Eine kurze Unterbrechung.

Definitiv konnte nichts Dauerhaftes daraus entstehen.

Kapitel 3

Nico

Ich bin Parkranger geworden, um Leuten aus dem Weg zu gehen, nicht um ihnen Honig ums Maul zu schmieren.

Nico gab sich Mühe, nicht so finster zu schauen oder die Arme wie ein schmollendes Kind zu verschränken, aber hier gab es noch nicht einmal Hotdogs, um ihn zu besänftigen, weil er gezwungen worden war, sich mit irgendeinem großen Rockstar, dessen Manager und deren Gefolge zu treffen.

Partys und soziale Zusammenkünfte, abgesehen von Grillfesten mit Bier und einer sehr kleinen Gruppe seiner Rangerkollegen, standen ganz unten auf Nicos To-do-Liste. Noch hinter dem Abschlagen von totem Holz, um den Pfadabschnitt wiederherzustellen, der beim letzten Sturm davongespült worden war. Er fragte sich, ob er abhauen und den Häcksler anschmeißen konnte, ohne dass jemand es hörte.

Jeff quatschte den süßen neuen Praktikanten zu, war also keine Hilfe. Bob war damit beschäftigt, verklemmt in der Ecke zu stehen und ausnahmsweise war Nico geneigt, es ihm gleichzutun.

»Und was den Social-Media-Einfluss angeht, kann man es nicht besser treffen als mit diesem Mauerblümchen hier.« Drew, sein Chef, deutete auf ihn.

Oh Gott. Sie hatten ihn entdeckt.

Nico setzte ein Lächeln auf und drückte sich von der Wand ab, um dem Mann im Anzug, der an Drews Seite seine Runde durch den Raum gemacht hatte, die Hand zu schütteln. Er hatte keine Ahnung, was ein Manager eigentlich so machte, deshalb wusste er nicht, wie misstrauisch er ihm gegenüber sein sollte.

»Ich bin Bryan Desalt von Desalt Management.«

»Nico.« Kein Grund, seinen Nachnamen zu verraten und diesen Kerl damit zum Nachdenken zu bringen, woher er ihn kannte. Nico warf seinem Chef einen Seitenblick zu, um ihm das Gleiche mitzuteilen.

Drew zögerte, doch er konnte nicht so tun, als hätte er den Blick nicht gesehen. »Nico ist ein Experte im Wald. Falls Deen mehr als nur das Wesentliche sehen will…«

»Ich sehe gerne mehr als das Wesentliche.«

Nico fuhr beinah zusammen. Er hörte für gewöhnlich die leisesten Schritte im Unterholz oder auf Kies, jedoch nicht auf dem harten Boden des Mehrzweckraums. Aber als er sich umdrehte, um den Neuankömmling, der ihn erschreckt hatte, zurechtzuweisen, war Nico für einen Moment sprachlos.

Deen war… okay, er war verdammt heiß.

Er war ungefähr so groß wie Nico, mit dunklem Haar und einem Schmollmund. Seine Wangenknochen waren messerscharf geschnitten. Sein schlichtes, schwarzes T-Shirt klebte an einem schlanken Körper mit mehr als genug Bizeps. Nicos Herz, Kopf und Schwanz waren plötzlich alle ganz aufmerksam.

Oh, Mist.

»Das Altbekannte wird… irgendwann Vanilla«, fuhr Deen fort, während Nico noch versuchte, Silben zu Wörtern zusammenzusetzen, die Sinn ergaben.

Nico brachte ein Lachen zustande. »Ja«, stimmte er zu.

»Deen.« Er streckte eine schlanke Hand aus und Nico versuchte, sie nicht zu zerquetschen, als er sofort nach ihr griff.

»Nico. Einer der Ranger hier. Falls die… Uniform nicht offensichtlich genug ist. Ha. Nicht sehr interessant, was?«

Der Funke, der zwischen ihnen übersprang, als sich ihre Handflächen berührten, war unmöglich zu ignorieren. Deen ließ Nicos Hand erst nach ein paar Extrasekunden los, als er einen halben Schritt zurückmachte, um Nico von oben bis unten zu mustern.

Oh, Scheiße. Es ist schon eine Weile her, oder? Auf Grindr trieben sich nicht gerade lauter Kerle herum, die in den Smokies campen gingen. Und normalerweise war das für Nico okay.

Aber jetzt gerade? Sein Körper war aus dem Winterschlaf erwacht. Frühling lag in der Luft. Es spross geradezu. Unsexy Gedanken. Pronto. Es war schwer, auf welche zu kommen, wenn Deen sich so viel Zeit damit ließ, wieder Nicos Blick zu suchen.

»Die Uniform war ein Hinweis«, sagte Deen schließlich mit einem spitzbübischen Lächeln, das seine Lippen umspielte. »An dir ist sie sehr interessant. Ich glaube allerdings nicht, dass ich die Nummer mit der Uniform abziehen könnte. Obwohl ich das gerne würde.«

Hat er gerade…? Nicos Wangen röteten sich. »Äh. Ja. Das würde ich gerne sehen. Ich meine. Du weißt schon.«

Um alles noch schlimmer zu machen, zwinkerte Deen. Er drehte sich ab, um nach den anderen Männern zu schauen, was Nico daran erinnerte, dass sie direkt hier sind, reiß dich zusammen – aber waren sie nicht.

Sie waren schon losgegangen und Bryan war damit beschäftigt, Drew etwas zu erzählen, wobei er mit den Händen Kreise beschrieb.

»Tja.« Das honigumschmeichelte Kratzen in Deens Stimme lenkte Nicos Aufmerksamkeit wieder auf ihn. »Jetzt, da die Erwachsenen gegangen sind, sollten wir uns wohl anfreunden, denke ich.«

Nico schnaubte belustigt. »Weil wir die einzigen Schwulen in der Gegend sind?«

»Aha. Also habe ich mich richtig entschieden. Aber ich bin bi. Uns darfst du nicht vergessen, Süßer.« Deen zwinkerte wieder.

Nico wünschte, dieses Zwinkern würde seine Knie nicht verdammt noch mal zum Schmelzen bringen. Er musste seine Entschlossenheit, sich nicht einfach von diesem Kerl am Rotahorn hinter dem nächsten Hügel bumsen zu lassen, stärken. Er hatte den schleichenden Verdacht, dass Deen diese Art von Kerl war.

Moment. Du sollst ihn nicht mögen. Solche kamen jedes Jahr vorbei, normalerweise im Yellowstone oder dem Grand Canyon: Berühmtheiten, die so wenig wie möglich laufen, schöne Fotospots und dann gehen wollten.

Aber trotz seiner Bemühung, Deen nicht zu mögen, hatte er etwas unwiderstehlich Charmantes an sich. »Gut, zu wissen«, sagte Nico. »Was bringt dich hierher?« Vielleicht würde ein richtiges Gespräch Deen davon abbringen, ihn anzusehen, als würde er planen, ihm die Uniform auszuziehen.

»Mir wurde gesagt, ich müsse mich selbst finden.« Diese Formulierung war so interessant, dass Nico nicht sicher war, welche Frage er als Erstes stellen sollte. Er blinzelte und Deen sprach weiter. »Soll heißen, etwas Zeit in der Wildnis würde mir guttun. Oder so.«

»Klassenprojekt?« Nico wollte es eigentlich nicht sarkastisch klingen lassen, aber Deens Augen leuchteten auf.

Also gefiel ihm das Geplänkel. Nico bekam den Eindruck, als wäre Deen um einiges schlauer, als sein makelloses Äußeres vermuten ließ. »Nein, ich glaube, Bryan will, dass du den Unterricht machst.«

»Bist du dir da sicher?«

Deens ausgestreckter Finger lenkte Nicos Blick weg von dessen schönen Lippen und hin zu ihrem Manager und Boss.

Scheiße. Die beiden winkten sie zu sich.

Als Nico und Deen zu ihnen kamen, klopfte Bryan auf Deens Schulter. »Es ist alles geregelt.«

»Was denn?« Nico schoss einen misstrauischen Blick auf Drew ab.

»Deen plant so etwas wie einen… betreuten Trip hier draußen. Videobloggen. Reisevideos. So was in der Art«, erklärte Drew auf eine Weise, die klarmachte, dass er nicht kapierte, was Instagram war. Er beschwerte sich immer noch darüber, dass er nirgends mehr Polaroidfilm bekommen konnte.

»Genau…«, sagte Nico auffordernd. »Und?«

»Er wird Hilfe dabei brauchen, sich im Park zurechtzufinden, zu lernen, wie man Karten und den Kompass liest, und grundlegende Überlebensstrategien. Er wird nicht campen, sondern in einer unserer Blockhütten wohnen.«

»Kein Zeltaufbauen«, sagte Bryan zu Deen. »Und mehr Platz für deinen Mist.«

»Ich bin mir sicher, dass es hier einige Zelte zum Aufbauen gibt«, grinste Deen und sein Blick huschte für eine Sekunde zu Nico, bevor er wieder zu seinem Manager schaute. »Früher oder später werde ich etwas tiefer in die Materie eintauchen. Aber das passt für mich.«

Will er mich etwa zum Erröten bringen? Es funktionierte definitiv und Nico verfluchte Deen innerlich, während seine Wangen schon wieder heiß wurden.

Nico nahm Drew an der Schulter und führte ihn ein paar Schritte weg. Er senkte die Stimme. »Und ich soll ihn babysitten?«

Drew sah ihn entschuldigend an, nickte jedoch. »Ich weiß, dass du eigentlich nichts mit Menschen am Hut haben willst, aber Bryan will Deen vom Großteil der Besucher fernhalten. Ihn in deinem Sektor zu platzieren, ergibt einfach Sinn. Und du weißt, dass wir die Publicity brauchen.«

Das stimmte. Nico konnte keine Gegenargumente aufbringen – sie alle machten sich Sorgen wegen der sinkenden Besucherzahlen. Das könnte exakt die nationale Aufmerksamkeit sein, die für den Zulauf von Einheimischen sorgen würde. Es war frustrierend, dabei zuzusehen, wie einige Leute Tausende von Kilometern zum Yellowstone latschten. Die Anzahl der in Knoxville Lebenden, die noch nie in den Smokies gewesen waren, war erschreckend.

Aber gottverdammt, Deen benutzte mehr Haar- als Nico sein Bärenspray. Er war definitiv ein Anfänger. Nico würde genug Zeit haben, seine anderen Aufgaben zu erfüllen und Deen etwas über die Geschichte und Geografie des Parks beizubringen, aber es gefiel ihm trotzdem nicht.

»Na, schön. Ist er so einer, der – na ja – an seinem iPhone klebt und nach den besten Selfiewinkeln sucht?«

Drew grinste. »Es ist dein Job, das zu verhindern.«

Fuck. Jetzt hatte er ihn. Nico verdrehte die Augen und ließ die Schultern hängen. Er schuldete Drew einiges, weil er Nicos Situation verstand. Drew hatte nie Profit aus der Tatsache geschlagen, dass einer der wenigen ehemaligen Astronauten auf seiner Gehaltsliste stand. Er war damit einverstanden gewesen, Nico im abgeschiedensten Bereich unterzubringen, und hatte ihn auch über die Jahre hinweg dort gelassen.

»Okay.«

»Danke.« Drew ruckte mit dem Kopf in die Richtung der anderen.

Sie gesellten sich wieder zur Gruppe, um Bryan zu Deen sagen zu hören: »Und morgen schickt die Firma dir die gesponserten Kameras.«

»Gesponserte Kameras?«, wiederholte Nico und zog eine Augenbraue hoch. Das klang so sehr nach weißer Hippie, der die Welt bereist, dass es wehtat.

Deen grinste zurück. »Ja. Lass dir keine Chance entgehen, Verbindungen zu knüpfen.«

Und schon wieder – mit einem einzigen Satz hing Nico am Haken. Gottverdammt.

»Also, Nico… wie war noch mal dein Nachname?«, setzte Deen hinzu und zog sein Handy hervor. »Ich will dich taggen.«

»Nico Rogers, aber wenn du das auf Facebook machst, wäre es mir lieber, du lässt es. Einfach nur Nico reicht da. Und ich habe sowieso keinen Facebook-Account.«

Oder zumindest hatte er keinen mehr, seit sein Shuttle wieder auf der Erde gelandet war. Entgegen dem Rat derjenigen, die gewollt hatten, dass er Vortragstouren und Auftritte im Naturwissenschaftsunterricht absolvierte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, war er vom Radar verschwunden.

»Roger«, entgegnete Deen zwinkernd.

Nico rollte mit den Augen. »Den hab ich ja noch nie gehört.«

»Sorry«, Deen lachte.

Als er wieder zu den anderen schaute, lachte Bryan leise. »Du wirst sein Ego in Schach halten. Gut.«

Deen keuchte und zeigte Bryan den Mittelfinger. »Verraten und verkauft.«

»Können wir ihn einen Fluss runterschicken?« Bryan schaute zu Nico. »Gibt es hier Wildwasserrafting?«

»Nope. Nein, keine verdammte Chance. Nope.«

Nico lächelte flüchtig. »Angst vor Wasser?«, neckte er.

»Wasser und diese Frisur vertragen sich nicht.« Deen deutete auf sein Haar.

»Es wird hier ziemlich feucht. Gewöhn dich an die Enttäuschungen«, meinte Nico zu ihm.

Deens dramatisches Seufzen brachte sie alle zum Lachen.

Nico fing noch einmal Deens Blick auf, bevor er sich entschuldigte, um sich unter seine Kumpel zu mischen und ihnen zu erklären, was gerade passiert war. Ohne Zweifel würden sie alle froh sein, ums Babysitten drum herumzukommen, aber… ihm kam es plötzlich gar nicht mehr so schlimm vor.

Vielleicht war er ja ganz okay. Vielleicht.

Kapitel 4

Deen

Mist, der Ranger, den Bryan für ihn ausgesucht hatte, war verdammt heiß. Und wenn Bryan nicht wollte, dass er sich durch den Park fickte, warum hatte er den Schwulen dann erst genommen?

Deen flirtete von Natur aus mit jedem, aber Nico hatte in Sekundenschnelle zurückgeflirtet. Das verriet Deen alles, was er wissen musste. Als Nico etwas ungeschickt angesprochen hatte, dass er schwul war, war das quasi eine offene Einladung in seine Hose gewesen.

Zum dritten Mal konzentrierte Deen sich wieder auf das, was er einpackte, und legte sein Glätteisen beiseite. Nur das Nötigste, hatte Nico gesagt. Er konnte mit Shampoo, Conditioner, Gel, Wachs, Haarspray und einem Föhn auskommen. Notfall-Tonpaste auch.

Bryan hatte einen Karton voller gesponserter Klamotten geschickt, die passender für die Berge in Tennessee waren als seine üblichen, dunklen Jeans. Das Problem war, das war so Outdoor-Mist. Bekleidungsproduzenten schienen keine leichten Stoffe herstellen zu können, die nicht neonfarben waren. Deen hasste die meisten von ihnen. Er hatte sie trotzdem eingepackt, weil er schätzte, dass er sie in den nächsten Wochen irgendwie würde gebrauchen können.

Wenigstens war der Fahrtweg zu seinem Haus in Knoxville nicht so weit. Wo sonst würde ein Musiker denn leben? Sicher, der Ort war etwas ländlich, aber das passte zu ihm, da er in Texas aufgewachsen war. Er hatte in letzter Zeit kaum das Gefühl, es wäre sein Haus, weil er so selten dort gewesen war.

Der Skandal war fast sofort vergessen worden. Eine Menge Fans hatte ihm in den sozialen Medien versichert, wie dumm die Paparazzi seien. Sie hatten ihm ihre unerschütterliche Unterstützung versprochen – und diverse Körperteile zu seinem Vergnügen, wie immer.

Aber Nicos Arsch in dieser hellbraunen Uniformhose war der einzige, an den Deen heute denken konnte. Er warf Hautpflegeprodukte in einen wiederverschließbaren Beutel und diesen in seinen Rucksack.

Eine Sporttasche, ein Rucksack und ein kleiner Rollkoffer waren alles, was erlaubt war, inklusive der verdammten Kameras, dem Laptop und der Geräte für die Bildbearbeitung. Er war sich fast sicher, dass Bryan ihn nur ärgern wollte, um sich wegen der ganzen Dinge zu rächen, die Deen dieses Jahr schon abgezogen hatte.

Wenn man vom Teufel sprach. Sein Handy klingelte.

Deen seufzte und ging ran. »Hey.«

»Hast du gepackt? Bist du schon unterwegs?«

»Fast fertig mit Packen. Ich hasse alles, was diese Firma geschickt hat.«

»Ich habe ihnen gesagt, sie sollen die neutralsten Farben schicken, die sie haben, und was auch immer zu deinem Image passt.«

»Haben sie einen Farbenblinden mein Instagram anschauen lassen? Sie haben nämlich ein neongrünes Shirt geschickt.«

»Du trägst doch neongrüne Shirts.«

»Tue ich nicht!« Deen pflückte die Beleidigung für seine Augen aus der Tasche, schnitt ihr eine Grimasse und wechselte zur Kamera, um Bryan ein Foto davon zu schicken. »Siehst du?«

Es entstand eine Pause. »Oh, ja. Das ist ziemlich grell.«

»Was du nicht sagst. Wenigstens werde ich nicht verloren gehen. Man wird mich bis zum verdammten Mars sehen können. Wenn sie mir diesen Mist nicht kostenlos geben würden, würde ich es nicht tragen«, informierte Deen seinen Manager.

»Du hast so ein grünes Shirt wie das, nur mit Totenköpfen drauf. Stell dir vor, es wäre das.«

»Ja, das trage ich nur, weil es im Dunkeln leuchtet und magisch ist.«

»Magisch…?«

»Aus irgendeinem Grund sieht man da drauf keine Spermaflecken.«

»Himmel, setz das auf die Liste der Dinge, die ich nicht wissen wollte.« Bryan schnaubte vor Lachen. »Apropos, du weißt noch, warum du da rausgehst, oder?«

»Kein Sex, keine Drogen, kein Alkohol oder irgendeine Form von Spaß ist erlaubt.« Deen verdrehte die Augen und schloss den Reißverschluss seiner Sporttasche. »Ich erinnere mich. Vielleicht höre ich sogar drauf.«

»Nichts, das die Paparazzi ausschlachten können«, korrigierte Bryan ihn. »Und finde vielleicht jemanden für mehr als ein oder zwei Nächte. Eine süße Sommerromanze oder so was.«

Bryan wollte schon seit Jahren, dass Deen so etwas machte. Sogar, dass er Hinweise darauf, mit jemandem zusammen zu sein, auf seinem Instagram-Account hinterlassen sollte. Wenn es nach Deen ginge, würde er das nur aus dem einen Grund tun, dann noch unerreichbarer und dadurch reizvoller zu wirken. Sein momentanes Sexappeal-Level war für ihn jedoch vollkommen ausreichend. Diesen Trick wollte er sich für den Zeitpunkt aufheben, wenn er graue Haare bekam.

»Klar. Ich werde mir eine hübsche Forelle suchen.«

»Aber Hände weg vom Ranger.« Es war, als ob Bryan seine verdammten Gedanken lesen könnte. »Oder ghoste ihn danach wenigstens nicht. Du brauchst ihn, damit du nicht von Bären gefressen wirst.«

»Ich werde brav sein.«

»Das bezweifle ich«, Bryan lachte. »Mann, entspann dich und hab auch ein bisschen Spaß. Dieses Vlog-Ding ist genau dein Stil. Mach es zu einem Urlaub. Du tourst schon zu lange ohne Unterbrechung.«

Ein kleines Seufzen entwischte ihm und Deen ließ den Kopf in den Nacken fallen. Bryan hatte recht. Er war überrascht, dass dieser das Label überhaupt davon überzeugt hatte, ihn so lange freinehmen zu lassen. Sie hatten ihm schon seit Monaten nicht länger als drei Tage am Stück freigegeben. Er war nicht undankbar für seine Karriere, aber sie zermürbte ihn. »Ja. Werde ich. Danke, Mann.«

Wenn er es rechtzeitig schaffen wollte, musste er aufhören, in letzter Minute unnötige Dinge in seine Taschen zu werfen, und losfahren.

Nur Gott wusste, wie er vier Wochen in Nicos Nähe überleben sollte, ohne ihn jede Nacht in die Matratze zu ficken.

* * *

Deen war nur zwanzig Minuten zu spät, als er auf den Parkplatz fuhr.

Er brauchte ein paar Sekunden, um sein Empfangskomitee zu entdecken, das auf einer Bank in der Nähe hockte. Nico saß auf dem Picknicktisch, die Füße auf der Bank, die Arme auf den Knien verschränkt, und starrte ins Leere. Als Deen eine Lücke gefunden und den Motor ausgeschaltet hatte, hüpfte Nico runter und kam näher.

»Ich habe mich gefragt, ob du mich versetzt.«

Deens Antwort kam, ohne darüber nachzudenken. »Könnte ich so ein hübsches Gesicht versetzen?«

Obwohl Nico die Augen verdrehte, war die leichte Röte auf seinen Wangen und den Ohren offensichtlich. Man konnte ihn so leicht in Verlegenheit bringen. Deen würde die nächsten Wochen viel Spaß mit ihm haben.

»Schmeicheleien werden mich nicht dazu bringen, deine Verstärker zu tragen.«