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Nachdem Evan während eines romantischen Shootings auf einer Ranch von seinem Verlobten sitzen gelassen wird, gerät sein ganzes Leben aus den Fugen. Zum Glück bietet Ranchbesitzer Josh ihm an, noch etwas länger zu bleiben, um sich wieder zu sammeln und zu überlegen, wie es weitergehen soll. Evan ergreift die Chance, seinen Alltag eine Weile hinter sich zu lassen – und dass Josh verdammt attraktiv ist, schadet da natürlich auch nicht. Es wird Evan wohl niemand verübeln, nach diesem herben Rückschlag Trost in den Armen des heißen Cowboys zu suchen. Doch je mehr Zeit Evan auf der Ranch verbringt, desto näher kommt er Josh auch emotional. Kann er seinem Herzen vertrauen, obwohl es erst vor Kurzem gebrochen wurde – oder verpasst er die wahre Liebe seines Lebens, wenn er es nicht tut? Band 6 der "Significant Brothers"-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.
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Seitenzahl: 321
Deutsche Erstausgabe (ePub) Juni 2024
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2018 by E. Davies
Titel der Originalausgabe:
»Tremble«
Published by Arrangement with E. Davies
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2024 by Cursed Verlag
Inh. Julia Schwenk
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,
des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Verlages.
Bildrechte Umschlagillustration
vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock; AdobeStock
Satz & Layout: Cursed Verlag
Covergestaltung: Hannelore Nistor
Druckerei: Amazon KDP
Lektorat: Katherina Ushachov
ISBN-13: 978-3-95823-469-7
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www.cursed-verlag.de
Aus dem Englischen von Susanne Ahrens
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Klappentext:
Nachdem Evan während eines romantischen Shootings auf einer Ranch von seinem Verlobten sitzen gelassen wird, gerät sein ganzes Leben aus den Fugen. Zum Glück bietet Ranchbesitzer Josh ihm an, noch etwas länger zu bleiben, um sich wieder zu sammeln und zu überlegen, wie es weitergehen soll. Evan ergreift die Chance, seinen Alltag eine Weile hinter sich zu lassen – und dass Josh verdammt attraktiv ist, schadet da natürlich auch nicht. Es wird Evan wohl niemand verübeln, nach diesem herben Rückschlag Trost in den Armen des heißen Cowboys zu suchen. Doch je mehr Zeit Evan auf der Ranch verbringt, desto näher kommt er Josh auch emotional. Kann er seinem Herzen vertrauen, obwohl es erst vor Kurzem gebrochen wurde – oder verpasst er die wahre Liebe seines Lebens, wenn er es nicht tut?
Evan
»Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis dieser Leo auftaucht.«
Obwohl Evan seinen verführerischsten Tonfall anschlug, schien Monty eine Weile zu brauchen, bis er begriff.
»Oh. Ja, haben wir.« Monty klang müde. Kein Wunder nach der langen Fahrt von New York hierher. Sie hatten sie in zwei sechsstündigen Etappen hinter sich gebracht, aber Monty wollte sich nicht ablösen lassen und war die ganze Strecke selbst gefahren.
Evan konnte nicht erlauben, dass Monty schon vor ihrem Spaßwochenende auf der Männerranch vollkommen erschöpft war. Grinsend rückte er näher. »Und es sind nicht viele Leute in der Nähe. Sind bestimmt alle ausgeritten und so.«
»Stimmt.« Monty zog eine Augenbraue hoch. Inzwischen wirkte er halbwegs interessiert. »Was hast du vor?«
»Warum sehen wir uns nicht ein bisschen um? Ich wette, ich finde eine Gelegenheit zum Reiten.« Evan kniff Monty in den Hintern, bevor er das Licht in ihrer Hütte ausschaltete. »Raus mit uns.«
»Cool.« Monty grinste. Wenn Evan ihn nicht so gut gekannt hätte, hätte es ihn irritiert, dass Montys Lächeln nie seine Augen erreichte. Aber das tat er und daher nahm er es nicht persönlich. Monty hatte schließlich einen anstrengenden Job und immer viel um die Ohren. Deshalb hatten sie sich ja für einen romantischen Ausflug auf die Männerranch in der Nähe von Knoxville entschieden. Endlich eine Woche ganz für sie allein. Keine Familie, keine Arbeit, keine Ablenkungen oder Ausreden. Evan wollte das Beste daraus machen, bevor sie in die Realität zurückkehren mussten.
»Meinst du, die anderen kommen damit klar? Mit… uns, meine ich?«
»Ich werde dich kaum vor aller Augen über irgendein Geländer beugen.« Evan lachte. »Übrigens ist der Typ, dem die Ranch gehört, auch schwul. Komm schon. Wo ist dein Sinn fürs Abenteuer?«
Monty aufzuziehen war immer ein Risiko. Manchmal funktionierte es, manchmal wurde er nur sauer. Heute funktionierte es zum Glück.
»Na gut«, brummte Monty und ging zur Tür. »Verschwinden wir, bevor uns die Zeit ausgeht.«
Evan folgte ihm auf den Fersen, so wie praktisch immer. Ein großer Teil seines Lebens schien daraus zu bestehen, Monty nachzulaufen, aber da gab es sicher Schlimmeres.
»Da ist eine Scheune.«
Evan feixte. »Heuboden?«
»Klingt, als wäre der weit oben.« Monty verengte die Augen. »Wir fallen da doch nicht runter, oder?«
»Das lasse ich nicht zu«, versprach Evan grinsend. »Ich lasse mich höchstens in deine Arme fallen.«
»Klingt schon besser. Es sei denn, du brichst sie mir dabei. Dann läuft es wieder auf dasselbe hinaus.«
Sie gingen zusammen auf die Scheune zu, die auf der windabgewandten Seite der Hütten stand. Dort angekommen sahen sie sich kurz um und lauschten. Kein Laut, keine Bewegung. Rasch schlüpften sie in die Scheune.
Evan arbeitete sich ungerührt auf den Heuboden hoch. Doch bei Monty in seiner schicken Stadtkleidung musste er ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Das war es wert, als sie sich zusammen ins Heu stürzten.
So viel Spaß hatten sie im Bett nicht mehr gehabt, seitdem… eigentlich noch nie.
Evan versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben. Es lag noch ein langes Leben vor ihnen und viele Jahren zum Experimentieren, Erforschen und um ihre Liebe frisch und lebendig zu halten.
»Komm«, flüsterte er, als er von der Leiter wegkroch. Die Holzbohlen des Heubodens hätten geknarrt, wenn er darauf entlanggegangen wäre, aber immerhin konnte sie niemand sehen. Er brauchte nur eine Viertelstunde.
Obwohl das Heu frisch und sauber roch, rümpfte Monty die Nase, als er vorwärtsrobbte. »Man wird sehen, dass wir hier rumgeschlichen sind«, gab er leise zurück.
»Ich staube dich hinterher ab.« Evan packte ihn vorn am Hemd, zog ihn an sich und küsste ihn. Vielleicht konnte er Monty so daran hindern, sich noch mehr Gründe einfallen zu lassen, warum ihr Besuch in der Scheune eine schlechte Idee war. Sie durch Gründe zu ersetzen, die für dieses kleine Abenteuer sprachen, war viel effizienter.
Monty stöhnte leise. Die Idee schien ihm schon besser zu gefallen. Er packte Evan an den Schultern und schob ihn auf den Rücken, bevor er sich über ihn kniete.
Evans Herz raste, als er Montys Reißverschluss aufzog und seine Hose aufknöpfte. Monty würde ihn hier nie im Lebenvögeln – schließlich hatte er sich kaumüberreden lassen, die Leiter hochzusteigen –, aber Blowjobs waren sicher drin.
Er lachte leise, als Monty sich ungeschickt an seinem Körper entlangarbeitete, aber schon bald war sein Mund zu voll, um etwas dazu zu sagen. Monty verschwendete keine Zeit, sondern stieß Evan den halb harten Schwanz in den Mund. Evan ließ die Zunge darum kreisen und unter den Schaft gleiten und bewegte den Kopf, soweit es ihm in dieser Haltung möglich war. Bald übernahm Monty die Führung und stieß schnell und tief in seinen Mund. Evan schluckte. Monty gab sich Mühe, sein lustvolles Keuchen zu unterdrücken, aber Evan hörte es dennoch.
»Ich spritz in deinem Mund ab, Baby«, kündigte Monty an.
Doch bevor es dazu kam, erstarrten sie. In der Nähe ertönten Stimmen und sie näherten sich der Scheune. »… dem Ausritt morgen?«
»Nein, das erledige ich selbst. Ich glaube, es sind sowieso nur sechs Gäste«, antwortete eine zweite Männerstimme.
Schwere Schritte ließen den Heuboden erbeben und sie hielten die Luft an. Monty hockte wie erstarrt da, den pulsierenden Schaft tief in Evans Mund versenkt. Er versperrte Evan die Sicht, aber der spitzte die Ohren, um herauszufinden, ob die Männer die Leiter hinaufkletterten.
Taten sie nicht.
»Dann soll sich Mary den Tag freinehmen. Keiner hat was von Vorerfahrungen erwähnt. Was das Paar aus New York angeht, das heute angekommen ist, weiß ich noch nichts Genaues.«
Sie setzten ihr Gespräch auf dem Weg durch die Scheune fort, bis ihre Stimmen leiser wurden.
Evan bemühte sich, nicht zu lachen, und kniff seinem Partner in den Hintern, damit er weitermachte.
Monty stieg darauf ein, vergrub die Hand in Evans Haaren und fickte hastig seinen Mund. Abgesehen von seinem schweren Atem gab er keinen Laut von sich. Er hatte es sogar geschafft, sein Gewicht so geschickt auszubalancieren, dass die Bohlen nicht knarrten.
Sie hörten immer noch die Stimmen der anderen Männer, konnten aber nicht mehr verstehen, was sie sagten. Evan kämpfte immer noch gegen Drang aufzulachen.
Sich auf dem Heuboden zu verstecken, bis die anderen verschwanden, kratzte zwar ein bisschen an seiner Würde, aber wenigstens hatten sie dabei Spaß.
Monty kam und ergoss sein warmes Sperma auf Evans Zunge und in dessen Kehle. Zum Glück wusste Evan damit umzugehen, ohne sich zu verschlucken oder zu husten, und nahm alles in sich auf.
Monty atmete hörbar ein und aus, als versuche er, sich zu beruhigen, bevor er sich zurückzog. Er bewegte sich ganz vorsichtig, um keine Geräusche zu verursachen, und schob seinen Schwanz zurück in die Hose.
Grinsend griff Evan sich in den Schritt, aber Monty warf ihm einen finsteren Blick zu. »Echt jetzt?«, flüsterte er.
»Was denn?« Sie waren nicht erwischt worden. Da konnten sie auch das Beste daraus machen.
Monty ruckte mit dem Kinn Richtung Leiter. »Sie sollten weit genug weg sein. Wir können abhauen.«
»Du willst mich hängen lassen?«
»Worauf du wetten kannst«, zischte Monty. »Ich lass mich doch nicht für… Erregung öffentlichen Ärgernisses oder so was einbuchten. Ausgerechnet in Tennessee!« Er kroch zur Leiter und ließ sich nach unten gleiten. Als Evan den Kopf reckte, sah er Monty aus dem Scheunentor schleichen.
Er verdrehte die Augen. Nicht mal ein Blowjob half gegen Montys Laune. War er nach der Fahrt wirklich so müde?
Auch Evan setzte sich in Bewegung und schaffte es unbemerkt nach draußen, aber sein Herz raste. Das war vermutlich das Mutigste gewesen, das er in seinem ganzen Leben getan hatte. Sobald er die Scheune hinter sich gelassen hatte, entdeckte er Monty, der ihn mit verschränkten Armen in der Nähe der nächstgelegenen Hütten erwartete.
»Hey«, begrüßte Evan ihn lächelnd, als hätten sie sich seit Stunden nicht gesehen.
Doch Monty warf ihm nur einen finsteren Blick zu und es fiel Evan nicht leicht, darüber hinwegzusehen.
In letzter Zeit war das der Normalzustand. Er konnte kaum noch etwas richtig machen. Selbst wenn er gutes Essen auf den Tisch stellte, wenn Monty von der Arbeit nach Hause kam, fand sein Partner irgendetwas, an dem er herumnörgeln konnte.
Offensichtlich hatte sich der Traum von den Flitterwochen schon in Wohlgefallen aufgelöst. Dabei waren sie gerade mal verlobt.
Das war der zweite Grund, warum sie hier waren: um ihr Verlobungsfoto aufzunehmen.
Evan zupfte grinsend ein paar Strohhalme von Montys Hose und Hemd. »Alles wieder sauber«, kommentierte er. »Wie versprochen.« Er beugte sich vor, um einen Kuss zu ergattern.
Aber Monty wandte den Kopf ab und marschierte auf ihre Hütte zu.
Evan blieb verunsichert und wie angewurzelt zurück, während er seinem Verlobten nachsah.
Hoffentlich konnte dieser Leo ein Wunder bewirken. Monty war schon immer gut darin gewesen, vor der Kamera den Strahlemann zu geben, aber allmählich fragte Evan sich, ob das reichte.
Oh Gott, er war so scharf, dass ihm bald die Eier platzten.
Das wird ein langer Nachmittag.
Josh
Das glückliche Paar war kaum zu übersehen.
Josh versuchte nicht mal sich einzureden, dass er nicht eifersüchtig war. Er würde es nie zugeben, nicht mal gegenüber seinen besten Freunden, aber in Gedanken? Ja, das grünäugige Monster hielt ihn eindeutig in seinen Fängen.
Einer der beiden New Yorker war sehr elegant, wirkte jedoch auf jene Weise kalt, die Josh mit gnadenlosen Geschäftsmännern in Verbindung brachte. Der andere dagegen war… er war schlicht zum Anbeißen. Es war leicht, ihn zum Lächeln zu bringen. Auch wenn er seinem Verlobten nicht nachgelaufen wäre, als wäre er es gewohnt, sein Schatten zu sein, hätte Josh sich direkt für ihn interessiert… Allerdings waren die beiden hier, um ihr Verlobungsfoto aufzunehmen.
Schön für sie. Und Josh hatte keinen Grund, eifersüchtig zu sein. Schließlich hatte er sowieso keine Zeit für einen Verlobten.
Sobald er sich sicher war, dass alle Aktivitäten für morgen durchgeplant waren, schloss er den Terminplan. Jetzt musste er sich nur noch um Adam Gedanken machen, den jungen Mann, der eigentlich im Laden der Ranch bediente. Doch zuletzt war er jedes Mal auf mysteriöse Weise verhindert gewesen, wann immer die Sonne geschienen hatte, und die Wettervorhersage für morgen war hervorragend.
Dasselbe galt für heute. Sehr praktisch für ein Verlobungsfoto. Unter ihren Gästen waren oft Paare in den Flitterwochen oder frisch Verlobte.
Joshs Kumpel Leo war Fotograf. Er hatte sich auf Hochzeitsfotos von gleichgeschlechtlichen Paaren, Porträts von trans Menschen und andere Regenbogenkunden spezialisiert. Sein größtes Talent war es, Leuten, die von der Gesellschaft oft nicht als schön, anständig, nett oder auch nur als echt angesehen wurden, tolle Fotos zu ermöglichen.
Für Josh war es nur logisch, mit Leo zusammenzuarbeiten und ihn die Ranch als Kulisse nutzen zu lassen. Wenn Fotograf und Kunden bereit waren, in die nahen Smoky Mountains zu wandern, wurden sie durch prächtige Rhododendronbüsche auf ihren Bildern belohnt. Die tieferen Lagen im nahen Umfeld boten ganze Felder mit gelb blühenden, schwarzäugigen Susannen, Sauerbäumen und Zaubernusssträuchern, die zur jeweiligen Jahreszeit blühten. Damit stand immer ein malerischer Hintergrund zur Verfügung. Und wer ein bisschen Wild-West-Feeling vorzog, fand in den bewusst rustikal gehaltenen Gebäuden der Ranch eine passende Auswahl an Kulissen.
Sie hatten eine Absprache getroffen, die ihnen beiden zugutekam: Leo empfahl seine Kunden Joshs Ranch und Josh bot seinen Gästen im Gegenzug ein Fotoshooting bei Leo an. Dadurch bekamen die Besucher nicht nur großartige Fotos fürs Familienalbum, sondern erlebten auch einen denkwürdigen Urlaub. Damit hatten alle gewonnen.
Dank des ständigen Kommens und Gehens der Gäste hatte Josh das ganze Jahr lang zu tun. Die letzten Buchungen von Leuten, die noch schnell etwas Urlaub machen wollten, bevor die Schule wieder anfing, waren allmählich durch. Jetzt ging es zunehmend weniger um Familien und eher um junge Paare. Josh rümpfte die Nase.
Andererseits war es wirklich eine Befriedigung, Menschen zu beherbergen, die sich normalerweise schwertaten, einander in der Öffentlichkeit ihre Liebe zu zeigen. Hier boten sich ihnen eine tolle Gelegenheit und ein sicherer Ort, um ihren Urlaub zu genießen, ohne so zu tun, als wären sie kein Paar. Josh hatte dafür gesorgt, dass seine Ranch ein Ort war, an dem die Gäste Händchen halten, sich aneinanderlehnen und auch darüber hinaus berühren konnten, ohne mit finsteren Blicken oder Schlimmerem rechnen zu müssen.
Leo tauchte in der Bürotür auf. »Hey, Kumpel«, begrüßte er Josh. Mit der Kameratasche über der Schulter und dem Angelhut auf dem Kopf sah er aus, als würde er sich auf eine Safari vorbereiten. »Hast du meine Kunden gesehen?«
»Das scharfe Pärchen?« Josh grinste. »Ja, die beiden haben sich vorhin überall umgeschaut. Wahrscheinlich, um sich eine gute Stelle auszusuchen.«
»Ich wollte mich mit ihnen im Hauptgebäude treffen.« Leo sah sich zum Empfang um. »Oh, ich glaube, ich sehe gerade einen von ihnen.«
»Viel Glück«, rief Josh Leo nach, als der Fotograf davonschoss. Er grinste. Es war immer wieder lustig, Leo im Arbeitsmodus zu erleben. Seine Leidenschaft war nicht zu übersehen.
Josh dagegen fiel es manchmal schwer, die Begeisterung für seinen Beruf aufrechtzuerhalten. Oft kam es ihm vor, als würde sich alles endlos wiederholen. Stumpften alle Hotelbesitzer mit der Zeit ab? Vielleicht brauche er einfach eine Runde Sex… oder ein Date.
Hah. Als würde er irgendeinem dahergelaufenen Kerl, den er gerade erst kennengelernt hatte, weit genug trauen, um ihn zu daten. Grindr war ja schön und gut, aber alles, was darüber hinausging? Er hatte es in der Vergangenheit versucht, aber es hatte sich immer als Zeitverschwendung erwiesen.
Stichwort Zeit, davon hatte er heute wenig. Sie brachten keine große Ernte ein. Die Ranch war kein richtiger landwirtschaftlicher Betrieb. Sie hielten die Bewirtschaftung nur im kleinen Rahmen am Laufen, um die Touristen zu beeindrucken. Trotzdem konnte er nicht zulassen, dass die Erntehelfer rund um die Uhr mit den Gästen flirteten.
»Josh?« Das war Ryanna, die Herrin über den Empfangsbereich. »Hast du kurz Zeit?« Das war ihr geheimer Code für Ich brauche deine Hilfe, hier steht ein Arschloch.
»Natürlich.« Josh ging mit ihr nach vorn. »Ich bin Josh. Freut mich, Sie kennenzulernen«, stellte er sich vor.
»Montgomery Ray Charles.«
Oh Gott. Jemand, der sich mit seinem Zweitnamen vorstellte, war garantiert ein Stinkstiefel. Josh hatte plötzlich Mitleid mit dem frisch gebackenen Verlobten, der mit Leo vor dem Gebäude stand und sich leise mit ihm unterhielt.
Josh lächelte verbindlich und nickte. »Was ich kann für Sie tun, Montgomery?«
»Oh, Monty bitte.«
Josh wollte ihn jetzt schon erwürgen. »Selbstverständlich, Monty. Entschuldigung.«
»Ich würde gern früher auschecken.«
Lass mich raten: Du hast im Voraus bezahlt. Er warf Ryanna einen Blick zu. Sie nickte knapp. »Das ist überhaupt kein Problem, Sir.«
»Und ich hätte gern eine Kostenerstattung für die anderen sechs Nächte.«
»Oh, verstehe. Haben Sie im Voraus gezahlt oder erst hier vor Ort?«
Monty machte eine gebieterische Geste. »Das weiß ich doch nicht. Für so was habe ich meine Leute. Aber ich muss aus geschäftlichen Gründen eher abreisen. Sie haben doch sicher keine Schwierigkeiten, diese…« Er legte eine Pause ein. »… hübsche, kleine Hütte anderweitig zu vermieten.«
Oh, er wollte Josh Honig ums Maul schmieren. Das konnte er vergessen. »Unsere Vertragsbedingungen sehen keine Rückerstattung von Vorauszahlungen vor.« Andererseits sah der Typ aus, als hätte er richtig Geld. Mit anderen Worten: Er würde Anwälte und die Bank ins Boot holen und Josh hatte keine Zeit für diesen Scheiß. »Aber wir möchten Ihnen nicht Ihre Verlobungsfeier ruinieren. Ich sehe mal, was ich tun kann.«
»Danke«, erwiderte Monty, aber sein Ton verriet deutlich, dass er diese Antwort erwartet hatte. Er machte auf dem Absatz kehrt.
»Bitte checken Sie morgen bis zwölf Uhr aus«, rief Josh ihm nach und verdrehte die Augen. Sobald der Typ verschwunden war, klopfte er Ryanna auf die Schulter. »Sag nichts. Er ist dir mit Ich will sofort den Manager sprechen gekommen.«
»Genau. Zu dir war er wesentlich netter«, antwortete sie und knirschte mit den Zähnen, bevor sie tief durchatmete. »Hoffentlich läuft der Wanderritt nachher gut und er reitet sich nicht wund.«
Josh grinste. »Oh, für wunde Stellen hat er auch schon im Voraus bezahlt. Gehört zum Paket. Es wäre doch schade, wenn er sie nicht in Anspruch nehmen kann.«
»Ach ja?« Ryanna nahm wieder Platz und tippte auf der Tastatur herum. »Soll ich den restlichen Aufenthalt erstatten?«
»Mach ruhig. Soll er irgendwohin verschwinden, wo er dich nicht wie den letzten Dreck behandelt«, sagte Josh kopfschüttelnd. Wie sich gezeigt hatte, waren ihre eigenen Leute kein bisschen besser als die Heteros. Ein Arsch war und blieb ein Arsch.
Josh beobachtete, wie Monty Leo vereinnahmte und mit ihm davonging, die Hand auf dessen Schulter gelegt. Montys Verlobter folgte ihnen mit hängenden Schultern, obwohl er sich bis gerade eben noch gut gelaunt mit Leo unterhalten hatte. Joshs Kiefer verkrampfte sich.
Oh ja, Arschloch blieb Arschloch. Wenn es etwas gab, das er in seinem Leben gelernt hatte, dann, dass er nichts dagegen tun konnte.
Evan
Evan hatte jede Menge Übung, in die Kamera zu lächeln, selbst wenn er sich lieber in einer Ecke zusammenrollen und die Welt vergessen wollte. Aber trotz Leos Anweisungen und Evans Schmeichelei gab Monty sich immer noch merkwürdig distanziert. Einmal mehr schien Evan einfach nicht gut genug zu sein.
Und dabei ging es ausgerechnet um die verdammten Verlobungsfotos, die Monty wichtiger gewesen waren als Evan selbst. Er brauchte sie für die Firma, die Familie und so weiter. Es hatte eine gute Außenwirkung fürs Geschäft, wenn er in einer festen Beziehung war, mit der er auf Instagram posieren konnte. Er gehörte zu einer Familie, die regelmäßig einen Newsletter über die Fortschritte ihrer verzogenen Kinder an der Privatschule verschickte. Verlobungsfotos waren ein Muss für Monty.
»Hey, Babe«, zog Evan ihn auf und kitzelte ihn an der Seite. Normalerweise gab er dann nach und lächelte Evan an, aber dieses Mal warf Monty ihm einen finsteren Blick zu und trat einen Schritt zurück.
Selbst Leo stutzte und senkte sichtlich die Kamera.
Evan wurde vor Verlegenheit ganz heiß und er spannte sich an. »Was ist los? Geht es dir nicht gut?«
»Hab nur viel um die Ohren«, murmelte Monty, ohne ihm in die Augen zu schauen.
Der Mann, mit dem Monty vorhin im Haupthaus gesprochen hatte, kam vorbei und nickte ihnen freundlich zu. »Wie läuft's?« Er klopfte Leo auf die Schulter, als würde er ihn gut kennen.
Er war unglaublich süß, ganz der Junge vom Land, ohne sich dessen auch nur bewusst zu sein. Und er wusste noch, wie man lächelte, als meinte man es ehrlich.
War er mit Leo zusammen? Evan ertappte sich dabei, dass er ein kleines bisschen eifersüchtig wurde.
»Alles bestens, danke«, antwortete Monty kühl.
»Ich habe mich um alles gekümmert, wie besprochen«, sagte der andere. War er ein Mitarbeiter? Er warf Evan einen raschen Blick zu und lächelte ihm zu, sodass seine herrlich weißen Zähne zu sehen waren. »Tut mir leid, dass Sie nicht bleiben können. Aber ich hoffe, Sie haben eine angenehme Nacht. Lassen Sie es mich wissen, wenn ich sonst noch etwas für Sie tun kann.«
Evan blinzelte ein paarmal. Wie, sie konnten nicht bleiben? »Danke«, antwortete er nach einer Weile, um seine Verwirrung zu überspielen. Er war es schließlich gewohnt, nicht zu wissen, was los war.
Monty entfernte sich noch weiter von ihm und nickte ruckartig, während der Angestellte weiterging.
Auch Leo ging auf Abstand, schaute sich die ersten Fotos an und beschattete die Augen mit der Hand, während er hinaus auf die Felder sah. Deutlicher konnte er ihnen kaum zu verstehen geben, dass sie sich erst mal aussprechen sollten.
»Es klappt nicht?«, murmelte Evan.
Monty verschränkte die Arbeit. »Ein Anruf aus dem Büro. Ich muss morgen zurück.«
»Oh.« Evan hatte sich allmählich an solche Nummern gewöhnt, aber sie waren sich einig gewesen, dass sie den ganzen Scheiß wenigstens eine Woche hinter sich lassen wollten. Oder etwa nicht? »Aber… wir haben doch gesagt, diese Woche…« Er unterbrach sich.
»So spielt das Leben.« Montys Miene wirkte eigenartig aggressiv. »Daran musst du dich schon gewöhnen, wenn du Teil der Familie sein willst.«
Evan zog die Augenbrauen hoch. »Ach ja?«
»Es ist halt ein bisschen mehr nötig, als sich ins gemachte Nest zu setzen.«
Wow! Wo kam das denn auf einmal her?
Evan arbeitete nicht mehr für die Werbeagentur, über die erMonty kennengelernt hatte. Er hatte sich nie ganz wohl damit gefühlt, Menschen ungesunde Produkte anzudrehen, nur um seine dreißig Silbertaler Blutgeld zu kassieren. Als Monty in sein Leben getreten war und über sein Gehalt nur lachen konnte, war es ihm irgendwie logisch erschienen zu kündigen, bei ihm einzuziehen und seine Ausgaben auf… ja, auf null zu reduzieren.
Er hatte in den letzten paar Jahren alles getan, um Montys Image, Marke und verdammtes Geschäft auszubauen. Schließlich saß er nicht den ganzen Tag zu Hause rum und drehte Däumchen.
»Und du kannst nicht so tun, als wäre alles, was ich für dich getan habe, ein Hobby.« Auch er konnte sich Besseresfüreinen Abend zu zweit vorstellen, als Pressemappen vorzubereiten. Damit trug er nicht dasselbe Risiko wie jemand, der fürdie Firma verantwortlich war, aber es war Arbeit. Und zudem unbezahlte.
»Unser Bankkonto sieht das anders.«
Evan zog die Augenbrauen hoch. »Was willst du mir eigentlich sagen? Dass ich keine Ahnung habe oder dass ich faul bin?« Er war so wütend, dass er Monty am liebsten gepackt und durchgeschüttelt hätte. Aber Leo gab jetzt schon sein Bestes, um ihren Streit zu ignorieren, und sah sich dafür gezwungen, Richtung Felder zu schlendern.
»So oder so«, fuhr Evan fort, ohne Monty zu Wort kommen zu lassen. »Wenn du weiter so guckst, sehen die Fotos aus, als wären wir schon fünfzehn Jahre verheiratet und ich hätte gerade im Bett gefurzt. Ganz sicher nicht nach Verlobungsfotos.«
»Die Fotos sind mir scheißegal.«
Evan kochte. Seitdem Monty ihm vor zwei Monaten in einem schicken italienischen Restaurant in Manhattan den Antrag gemacht hatte, hatte er auf professionelle Fotos bestanden. Gleichzeitig hatte er sich ständig beschwert, dass ihm die Zeit fehle. Evan musste ihn praktisch herschleifen. »Nein, sind sie nicht. Du wolltest doch unbedingt Fotos für deinen ach so tollen Instagram-Account.«
»Das wurde mir empfohlen.«
»Ach, auf einmal arbeite ich doch für dich?« Evan wusste, dass es sie nicht weiterbrachte, Spitzen zu verteilen, aber es war ihm egal. Allmählich kotzte es ihn an, dass Monty das Ganze wie einen Witz behandelte. Er war noch nie ein großer Romantiker gewesen, aber er hatte sich wenigstens bemüht. Bis jetzt.
»Du verdirbst uns die Stimmung«, behauptete Monty ruhig und deutete mit dem Daumen zu Leo.
Evan atmete tief durch, bevor er ihn böse musterte. »Gut. Dann sind die Fotos ausnahmsweise mal kein Fake. Nicht wie der Rest deines verdammten Lebens.«
Er war noch nie ein Freund von Montys Lebensstil gewesen, all die Abendessen mit berühmten oder reichen Leuten, Urlaub in den Hamptons und so weiter. Aber er hatte sich davon ferngehalten und so hatte es gut funktioniert.
Bis jetzt. Er sollte bald in diese Welt einheiraten und war sich auf einmal nicht mehr sicher, ob das nicht das Dümmste war, was er je getan hatte.
»Weißt du was? Wenn du keinen Bock hast, warum machen wir uns dann überhaupt die ganze Mühe?« Monty verschränkte wieder die Arme.
Evan funkelte ihn an. »Das frage ich mich langsam auch. Hast du überhaupt noch Bock auf uns?«
»Nicht, wenn du vorhast, mir mein Leben zu versauen.«
»Indem ich dich liebe?«, rief Evan. »Oder es wenigstens versuche? Du machst es mir nämlich manchmal verdammt schwer!«
Monty schnaubte. »Klar. Mich oder mein Geld.«
Wie konnte er es nur wagen?
Evan hob die Hand, um Montys Aufmerksamkeit zu erregen, dann zerrte er sich den Ring vom Finger. »Weißt du, ich dachte, du hättest dich geändert. Als du mir den hier geschenkt hast, dachte ich, dass dir klar geworden ist, worauf es im Leben ankommt. Aber ich werde für dich nie an erster Stelle stehen, oder?«
Ein Teil von ihm hoffte, dass Monty ihn anflehte, den Ring wieder anzustecken. Der andere Teil – und er fühlte sich dabei furchtbar – hoffte, dass er es nicht tat.
Monty riss ihm den Ring aus der Hand. »Sehr schön. Ich bin froh, dass du das endlich gerafft hast. Ich wünschte nur, das wäre dir schon vor einem halben Jahr aufgefallen. Dann wäre mir das ganze Theater erspart geblieben. Wir reisen sofort ab, nicht erst morgen.«
Evan kochte vor Wut. So sehr, dass er zitterte. »Du kannst dich gefälligst allein verpissen.«
»Ich lasse dir Montag dein Eigentum liefern«, verkündete Monty in vertraut geschäftsmäßigem Tonfall, wie Evan entsetzt feststellte.
Als hätten sie nicht drei Jahre lang zusammengelebt und als wären sie nicht sogar schon viel länger zusammen. Als ob er nicht seinen Beruf aufgegeben hätte, um Monty zu unterstützen. Als wäre er… ein Nichts.
Ein Geschäftspartner, den man über den Tisch ziehen konnte. Monty hatte nie viel über die Arbeit gesprochen, aber Evan hatte mit der Zeit vermutet, dass man sich besser nicht auf ihn einließ.
Oh Gott, er wünschte, er hätte schon früher auf sein Bauchgefühl gehört.
Er begann zu lachen und stellte fest, dass er nicht mehr aufhören konnte. Mir mein Eigentum liefern lassen? Welches Eigentum? Er hat doch alles gekauft. Und an welche Adresse eigentlich?
»Du hörst echt nie auf zu lachen, oder?«, fuhr Monty ihn an und machte auf dem Absatz kehrt, um Evan genauso stehen zu lassen, wie er es schon bei anderen Leuten beobachtet hatte. »Was hab ich das immer gehasst.«
Überheblich, arrogant und kleinkartiert. Und er muss immer das letzte Wort haben. Warum habe ich das nicht gesehen? Weil ich dachte, dass er unter Stress steht, dass ich ihm helfen kann. Dass sich etwas ändern würde.
Evan sank auf ein rostiges Wagenrad, das eindeutig aus ästhetischen Gründen hier platziert worden war.
»Alles in Ordnung?«
Es dauerte einen Moment, bevor Evan sich erinnerte, dass sie nicht allein gewesen waren.
Richtig. Leo.
»Tut mir leid«, murmelte er. Mit den Jahren hatte er sich so sehr daran gewöhnt, für Monty Schadensbegrenzung zu treiben, dass er schon halb durch den Satz war, bevor er es bemerkte. »Ich nehme an, du hast dein Geld schon bekommen. Falls nicht…« Hat er Leute, die sich darum kümmern.
»Es ist alles geklärt«, versicherte Leo ihm sanft, bevor er sich neben ihn hockte. »Brauchst du etwas?«
Evan lachte erneut, wenn auch nur schwach. Einen Ex-Verlobten, der nicht der größte Wichser im ganzen Land ist? »Nur die Minibar. Tut mir leid, dass wir deine Zeit verschwendet haben.« Er stand auf, um zu seiner Hütte zu gehen. Es fiel ihm schwer, die Fassung zu bewahren.
Eine bizarre Mischung an Gefühlen brach über ihm zusammen und er war nicht sicher, ob er sie alle auf einmal bewältigen konnte. Es ging ihm nicht einmal um die Wut, die Niedergeschlagenheit, die Weigerung, den Tatsachen ins Auge zu sehen, und all die anderen Phasen, die man bei einer Trennung durchlief.
Evan hatte auf einmal schreckliche Angst vor der Zukunft – allein, ohne Arbeit und Wohnung – und gleichzeitig war ihm leicht ums Herz, so widersprüchlich das auch klang.
Von jetzt an musste er sich nie wieder mit Montys Launen herumschlagen. Er brauchte nie wieder ein schlechtes Gewissen zu haben, weil er Montys Geld ausgab. Und das hatte er immer gehabt, selbst wenn Montys Erfolg der letzten Jahre auf Evans Konto ging.
Er würde sich nie wieder geschäftlich an einen Lebensgefährten binden, so viel stand fest.
Im Nachhinein kam es ihm vor, als hätte er sich keinen Ring vom Finger gezogen, sondern ein Joch von seinen Schultern geworfen. Er war ein freier Mann.
***
Die Minibar war nicht einmal ansatzweise gut genug gefüllt, um dieser Entwicklung gerecht zu werden. Für Evan, der an diesem Tag kaum etwas gegessen hatte und daran auch nichts zu ändern gedachte, war es trotzdem zu viel gewesen.
Er hatte all die kleinen Flaschen geleert, eine nach der anderen. Die Mischung aus Wodka, Whisky und Gin konnte nicht gut für seinen Magen sein. Nun lag er reglos auf dem Bett, aber selbst dabei fühlte er sich elend. Der Raum drehte sich um ihn. Er war nicht sicher, was besser war: liegen bleiben oder sich bewegen. Je länger er lag, desto mehr bewegte sich alles andere.
Es klopfte.
»Verpiss dich«, murmelte Evan. Monty war genau der Typ Mann, der nach einer Weile zurückkam und einen dazu brachte, sich zu entschuldigen.
Wieder ein Klopfen.
Mit erhobener Stimme schrie Evan: »Wenn du hier auftauchst, um mir eine zweite Chance anzubieten...« Er richtete sich mühsam auf und taumelte zur Tür. »Dann nimm deine Chance…« Er schloss auf und zog, aber die Tür ging nicht auf. »Und schieb sie dir…« Er versuchte es noch mal und schaffte es, den Schlüssel in die richtige Richtung zu drehen. »In deinen…«
Oh Mist.
Der Mann vor der Tür war nicht Monty. Ganz und gar nicht.
Evan klammerte sich an den Türrahmen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Der Raum drehte sich um ihn und sein Magen schien sich ihm anzuschließen.
Das war der heiße Kerl von vorhin, der den Streit erst ausgelöst hatte, als er… Was hatte er noch gesagt? Dass sie vorzeitig abreisen würden?
Scheiße. Allmählich hatte Evan das dumme Gefühl, dass Monty das Ganze geplant hatte.
Der Fremde hielt eine Flasche Whisky in der Hand, verbarg sie jedoch halb hinter dem Rücken. »Geht es Ihnen gut?«
»Ich…«
Dieses Mal konnte Evan nicht mehr an sich halten. Ihm kam die Galle hoch und er sank nach vorn auf die Knie, um sich zu übergeben. Wenn sein Gegenüber nicht so schnell den Rückzug angetreten hätte, hätte Evan ihm auf die Schuhe gekotzt.
Oh. Mein. Gott.
Er hustete. Seine Augen brannten fast genauso hartnäckig wie seine Kehle. Schluchzend legte er die Hände aufs Gesicht und rang um Fassung.
Er versuchte sich einzureden, dass er auf einer von Montys Partys war, den ganzen Abend Champagner in sich hineingekippt hatte und jetzt einem total wichtigen Freund der Familie vorgestellt wurde.
Es funktionierte nicht. Er blieb auf den Knien und lehnte die Wange an den Türrahmen.
Das war vermutlich der zweitschlimmste Tag seines Lebens – und das auch nur, weil der schlimmste Tag der gewesen war, an dem er sich darauf eingelassen hatte, dieses Arschloch zu daten.
»Ich bin Josh. Komm, ich bring dich mal rein.«
Josh war nicht nur scharf. Er war auch lieb. Und er war behutsam, als er Evan beim Aufstehen half und ihn zum Bett bugsierte. Er war weder ungeduldig noch wütend, oder wie auch immer Monty sich verhalten hätte, wenn er jetzt an Evans Seite gesessen hätte, während der sich an seiner Schulter ausheulte.
Okay. Es war doch der schlimmste Tag seines Lebens.
Josh
»Die Hütte ist für den Rest der Woche bezahlt«, log Josh und hoffte, dass Evan es ihm nicht ansah. Er war ein mieser Lügner, aber er tat es für einen guten Zweck. Er konnte es sich leisten, auf die Einnahmen der Hütte verzichten, die wahrscheinlich sowieso leer stehen würde.
Es war praktisch unmöglich, kein Mitgefühl mit dem armen Kerl zu haben.
Leo war auf direktem Weg und ziemlich aufgewühlt zu ihm ins Büro gekommen. Kein Wunder. Es war nicht gerade alltäglich, dass sich ein Paar während des Shootings seiner Verlobungsfotos trennte. Leo hatte früher in Kriegsgebieten gearbeitet, aber so was hatte selbst er noch nicht erlebt. Und das Ganze war auch noch Joshs Schuld, weil er die vorzeitige Abreise der New Yorker erwähnt hatte.
Monty war zu diesem Zeitpunkt längst verschwunden. Noch bevor Leo Joshs Büro erreicht hatte, war Monty vom Gelände gerast, als säßen ihm sämtliche Höllenhunde im Nacken.
Josh hatte Leo gesagt, dass er Feierabend machen sollte, und ihm versprochen, dass er später nach Evan sehen würde. Es erschien ihm sinnvoll, ihn ein paar Stunden allein zu lassen, damit er seine Freunde oder die Familie informieren und sich von dem Schock erholen konnte, bevor Josh mit einer Flasche Whisky vorbeikam. Einfach als Nachbar, der anbot, ein bisschen zu reden.
»Okay. Wenn du mich nicht gleich rausschmeißt. Ich wollte dir nicht die Schuhe vollkotzen«, ächzte Evan und schlug die Hände vors Gesicht. Er lag lang ausgestreckt auf dem Bett und sah aus, als wäre er am liebsten im Boden versunken.
Josh lachte. »So was passiert, Mann. Das war jetzt auch nicht schlimmer als das, was ich schon mit meinen Brüdern erlebt habe.«
Evan wandte kaum merklich den Kopf. »Du hast Brüder?« Er schien verzweifelt nach einem Thema zu suchen, das nichts mit seiner Trennung zu tun hatte. Josh konnte es ihm nachfühlen.
»Nicht wirklich. Ich bin Einzelkind. Aber es gibt da ein paar Jungs, mit denen ich schon seit der Highschool befreundet bin. Wir sind jetzt wie Brüder. Die meisten – alle außer mir, ehrlich gesagt – haben neuerdings einen festen Freund.«
Evan hatte Anstalten gemacht, sich aufzusetzen. Noch bevor Josh eingreifen konnte, kam er selbst zu dem Schluss, dass das keine gute Idee war. »Sie sind alle schwul?«
»Jein. Ich bin bi. Nur falls dein Bi-dar nicht funktioniert«, fügte Josh hinzu und grinste flüchtig.
»Oh, dann bist du nicht der Besitzer, oder?«
Josh fragte sich, warum Evan das wissen wollte. »Doch. Ich dachte mir, dass es eine gute Idee ist, eine Männerranch anzubieten.«
»Oh, okay. Ich hatte nur online gelesen, dass der Besitzer schwul ist.«
Josh zupfte an einem losen Faden seiner Jeans und sah zum Deckenventilator auf, der sich über ihnen drehte. »Das behaupte ich manchmal, wenn mich jemand fragt. Das ist einfacher und die meisten Leute begreifen es schneller. Man sollte meinen, dass das bei bi nicht anders ist, aber…«
Evan lachte abrupt auf. »Ja.«
»Ich habe so schon genug Probleme, ohne ständig die einzelnen Untergruppen der LGBT+-Familie auseinanderzusortieren, weißt du?« Josh schüttelte den Kopf.
Wahrscheinlich sollte er so was nicht sagen. Er sollte jederzeit bereit sein, anderen bis ins Detail zu erklären, was es bedeutete, bisexuell zu sein. Aber er war einfach nicht der Typ dafür. Einige seiner Brüder vielleicht. Aber er nicht.
»Und du hast sicher wichtigere Probleme, als dich um ein betrunkenes Arschloch zu kümmern«, kommentierte Evan mit einem verlegenen Auflachen.
Oh Gott, selbst jetzt, wo er jedes Recht gehabt hätte, sich in seinem Elend zu suhlen, hatte er Angst, andere zu belasten. Josh kannte dieses Gefühl und es traf ihn bis ins Mark.
»Mach ich gern«, sagte Josh sanft und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Eigentlich wollte ich bei ein paar Gläsern mit dir über deinen ätzenden Ex ablästern, aber…«
»Ich war zu schnell an der Minibar«, beendete Evan lachend den Satz. Er hatte sich jetzt doch aufgesetzt und obwohl Josh ihn am Arm stützen musste, schien es ihm etwas besser zu gehen. »Mein Magen hat sich beruhigt. Ich bin schon wieder nüchterner.«
»Oh Mann, war das etwa alles, was du getrunken hast?« Josh musterte die leeren Miniflaschen auf dem Tisch. Evan hatte alle vier ausgetrunken, wahrscheinlich eine nach der anderen. »Leichtgewicht.«
Evan lachte erneut, leise und heiser, aber das war immer noch besser, als ihn so verzweifelt zu sehen. »Auf leeren Magen.«
»Ich hol dir was zu essen«, bot Josh sofort an. Er konnte jederzeit etwas aus dem Laden holen oder auch aus seiner eigenen Wohnung. Was hatte er gerade im Kühlschrank?
Evan runzelte die Stirn. »Das musst du nicht.«
»Oh doch. Wenn einer meiner Brüder in deiner Situation wäre, würde ich zuerst wollen, dass jemand dem Mistkerl in den Arsch tritt, aber dann würde ich mir wünschen, dass jemand für meinen Bruder da ist. Hast du Freunde oder Familie in der Nähe?«
Evan blinzelte, als würde er angestrengt nachdenken. Dann schüttelte er den Kopf. »Es gibt nur meine Eltern und eine Schwester und die sind alle in Vermont.«
»Du bist ganz schön weit weg von zu Hause.« Josh klopfte ihm auf die Schulter. »Hast du, äh, bei ihm gewohnt?«
Evan zog die Nase kraus. »Leider ja.«
»Autsch. Was für ein Scheißkerl.«
»Ja.« Evan schenkte ihm ein zögerliches Lächeln, als würde er ihn endlich richtig wahrnehmen. Ja, er kam allmählich zu sich, auch wenn er noch lange nicht nüchtern war. Das bedeutete leider auch, dass er sich zunehmend schämte. Er sah zu Boden, seine Wangen waren feuerrot. »Tut mir echt leid, dass… das alles.«
»Mein Gott, jetzt hör schon auf, dich zu entschuldigen«, neckte Josh ihn sanft.
»Tut m…« Evan zwickte sich leicht.
Josh klopfte ihm den Rücken. »Ich hol dir was zu essen. Irgendwelche Einschränkungen? Allergien?«
Doch Evan schüttelte nur lächelnd den Kopf.
»Ein bisschen Auflauf wird dir guttun. Bin gleich wieder da.«
Josh nahm die Flasche wieder mit. Noch mehr Whisky auf die ersten Drinks zu kippen, wäre keine gute Idee.
Bei sich zu Hause schaufelte er ein paar Portionen Auflauf in eine Tupperdose. Alle Hütten waren mit Kochgeschirr und Besteck ausgestattet, sodass er nicht viel mitnehmen musste.
Keine zehn Minuten später trabte er über den Weg zurückzurHütte. Ihm fiel sofort auf, dass die Veranda frisch abgespritzt war. Das ersparte ihm eine ekelige Aufgabe.
Ein Problemlöser, dachte Josh anerkennend. Auf der Ranch und insbesondere außer Sichtweite der Touristen kamen sie oft an ihre Grenzen und brauchten schnelle Lösungen. Oft waren sie nicht sehr elegant, aber wenigstens funktionierten sie.
Er hatte erwartet, dass Evan eher der Typ unausstehliche reiche Kröte war. Besonders nach allem, was Leo ihm über den Streit mit diesem Monty erzählt hatte. Aber es klang mehr und mehr, als wäre Monty schlicht ein Wichser. Es passte jedenfalls verdammt gut zu den Erfahrungen, die Josh vorhin mit ihm gesammelt hatte.