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Wer kennt sie nicht, diese Situationen, in denen wir - lieb, nett und angepasst, wie wir nun einmal sind - zu allem Ja sagen, obwohl wir eigentlich 'NEIN!' schreien sollten? Diese Situationen, in denen wir nicht auf unsere Intuition hören und jene Frage völlig ignorieren, die wir uns eigentlich permanent stellen sollten: 'Will ich das überhaupt?' Die kleine wilde Frau ist eine Personifikation dieser inneren Stimme. Sie ist der Teil in uns, der ganz genau weiß, was wir brauchen, um erfüllt und glücklich zu sein. Mit konkreten Beispielen aus dem Alltag sowie Meditationen und Übungen veranschaulicht Susanne Hühn, wie Frauen ihrer ursprünglichen, intuitiven Weiblichkeit Raum und Gehör verschaffen können.
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Seitenzahl: 285
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SUSANNE HÜHN
WILDE FRAU SEIN
BAUCH UND HERZ IN EINKLANG BRINGEN
EIN RATGEBER FÜR ALLE, DIE (NOCH) NICHT »NEIN« SAGEN KÖNNEN
Über die Autorin
Susanne Hühn wurde 1965 in Heidelberg geboren. Schon mit fünf Jahren beschloss sie, Masseurin zu werden. Nach dem Abitur besuchte sie eine Schule für Physiotherapie, machte 1986 ihr Staatsexamen und arbeitete danach als Krankengymnastin.
Der Zusammenhang zwischen dem Denken und Fühlen und dem körperlichen Symptom, das ihre Patienten jeweils zeigten, interessierte Susanne Hühn besonders, und so absolvierte sie Ausbildungen und Seminare zum Thema ganzheitliche Medizin. Mit 28 Jahren ließ sie sich zur psychologischen Beraterin ausbilden, und aufgrund eigener Themen kam sie in Kontakt mit spirituellen Therapieformen.
Parallel zu ihrer Tätigkeit als Physiotherapeutin begann Anfang der Neunzigerjahre Susanne Hühns Weg als spirituelle Lebensberaterin und Meditationslehrerin. Zudem fing sie 1992 an zu schreiben. Nach wie vor faszinierte sie der Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele, und so begab sie sich auf ihre eigene Forschungsreise. Ihr erstes spirituelles Selbsthilfebuch entstand 1999 und wurde im Schirner Verlag veröffentlicht.
Im Jahr 2005 beendete Susanne Hühn ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin. Seither widmet sie sich ganz der Lebensberatung und dem Schreiben von Büchern, Artikeln und Geschichten.
© 2014 Schirner Verlag, Darmstadt
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten
ISBN 978-3-8434-6135-1
1. E-Book-Auflage 2014
Umschlag: Murat Karaçay, Schirner, unter Verwendung von # 21831765 (Ksym), www.fotolia.com Redaktion: Tamara Kuhn und Sandra Frey, Schirner
E-Book-Erstellung: HSB T&M, Altenmünster
www.schirner.com
INHALT
Über die Autorin
Vorwort
Einführung
Das Land der wilden Frau
Der wilden Frau begegnen
Von verzauberten Prinzen und echten Königen
Die Fühlen-Wollen-Tun-Methode
Meditation: Das innere Kind zu dir zurückholen
Der Erdtopf der wilden Frau
Aschenputtel und das beschämte Selbst
Meditation: Die Konferenz der wilden Frauen
Die Frequenz der Liebe
Meditation: Die Heilung des Mentalkörpers
Meditation: Die Kraft des Glaubens
Über die Astralebene
Deine weibliche Kraft und ihre Verpflichtung anerkennen
Die kleine Meerjungfrau
Über Depressionen
Meditation: Die kleine Meerjungfrau
Meditation: Die Erlösung des Emotionalkörpers
Das Land deiner Sehnsucht
Die WILDE Meerjungfrau
Meditation: Die Rettung unserer Herzenswünsche
Spieglein, Spieglein an der Wand …
Meditation: Der Spiegelsaal
Der Irrgarten des Lebens
Literatur
Vorwort
Liebe Leserin,
kennst du eigentlich die wilde Frau, die du in dir trägst?
Die wilde Frau ist diese leise innere Stimme, die sich wehrt, wenn uns etwas gegen den Strich geht, die »Nein« denkt, bevor wir lächelnd »Ja« sagen, die verstohlen an den Gitterstäben feilt und sich nach einem Ausweg aus dem Gefängnis umsieht, in das wir uns so bereitwillig immer wieder selbst einsperren. Die wilde Frau ist jener Teil in uns, der ausschließlich unser seelisches Heil im Sinn hat und der genau weiß, was wir – besonders als Frau – brauchen, um erfüllt und glücklich zu sein.
Zum Glück gibt es sie, diese wilde Frau. Ja, auch in dir! Sie wohnt tief in deinem Bauch, kommuniziert mit deinem Herzen und ist in der Lage, zu spüren, ob das, was du von Herzen gern auf die Erde bringen willst, überhaupt machbar ist. Sie erkennt, ob genug Kraft da ist und ob deine Energie ausreicht. Sie ist in Kontakt mit deinem Körper und mit deinen Selbstheilungskräften.
Mit diesem Buch möchte ich dir zeigen, wie du sie in dein Leben integrieren kannst; wie du dich allein durch die Frage »Will ich das?« in einen wundervollen Zustand der Klarheit und der inneren Ruhe führen lassen kannst – in einen Zustand, der dich wieder handlungsfähig werden lässt.
Die Frage »Will ich das?« setzt ungeahnte Kräfte frei, wenn wir sie zulassen. Sie ruft unsere inneren Heilungs- und Ordnungskräfte zu Hilfe und erweckt uns aus unserem Dornröschenschlaf.
Einführung
»Man kann gar nicht oft genug im Leben das Gefühl des Anfangs in sich aufwecken, es ist so wenig äußere Veränderung dafür nötig, denn wir verändern ja die Welt von unserem Herzen aus, will dieses nur neu und unermesslich sein, so ist sie sofort wie am Tage ihrer Schöpfung und unendlich.«
Rainer Maria Rilke
Wie oft stellst du sie dir eigentlich, die Frage »Will ich das?« Nicht: »Darf ich das, muss ich das, bin ich gut genug dafür, erlaube ich mir das, sollte ich das?«, sondern: »Will ich das?«
Es gibt eine innere Instanz, die nur darauf wartet, uns in der Entscheidung zu unterstützen, ob uns etwas dient oder nicht, ob wir also etwas wirklich wollen oder nicht. Nenne sie deine innere Stimme, deine Intuition oder dein Bauchgefühl – und stelle sie dir vor wie eine wilde Frau in dir, frei von Co-Abhängigkeiten und Schuldgefühlen, die ganz und gar sich selbst und ihrem eigenen Weg verpflichtet ist.
Sie weiß, was sie will. Sie steht in unmittelbarem Kontakt zu deinem inneren Wissen und zu deiner höheren Stimme, zu deinem Seelenplan und zu deinem ureigenen inneren Auftrag. Sie hat keine Angst davor, andere zu verletzen – was nicht heißt, dass sie es tun will. Sie erlaubt nur nicht, sich selbst verletzen zu lassen. Sie kennt ihre Grenzen und weiß sie zu setzen, charmant und liebenswürdig oder klar und deutlich, je nachdem, wie es angemessen und nötig ist. Sie kann fließende Grenzen ziehen, »Ja« und »Nein« sagen. Und weil sie das kann, ist ihr »Ja« genauso authentisch, ehrlich und verpflichtend wie ihr »Nein«. Sie ist weder radikal noch egoistisch, wie du es vielleicht befürchten könntest. Sie ist nur nicht ganz so nett und gefällig, sondern sich selbst verpflichtet.
Sie weiß, wie groß und heilig die Aufgabe ist, den eigenen Weg zu gehen, und dass es weder dem Leben noch der Schöpfung, weder Mutter Natur noch deinem eigenen Seelenfrieden dient, wenn du es allen recht machen willst. Sie nimmt ihre Verpflichtung dem Leben, der Liebe und der inneren Wahrheit gegenüber ernst und erlaubt nicht, dass du dich in Nettigkeiten, Gefälligkeiten und Co-Abhängigkeiten verzettelst.
Sie ist die ultimative Hilfe gegen dein Rettersyndrom, deine Art, zu sehr zu lieben und andere damit zu bevormunden oder mit deiner Liebe zu ersticken, aber auch gegen die Art, mit der du dich vielleicht selbst vernachlässigst, dein inneres Kind im Regen stehen lässt und deine eigenen Bedürfnisse noch unter die des verstopften Abflussrohres in der Küche stellst. Sie ist wild, das heißt, sie unterliegt nicht den gesellschaftlichen und moralischen Normen, die uns wie in einem Korsett gefangen halten. Sie dient ausschließlich den Gesetzen des Lebens, der Natur und der Liebe. Sie hat die Freiheit, voll und ganz ihrem Herzen zu folgen und im Einklang mit sich selbst Entscheidungen zu treffen, was nicht heißt, dass sie den leichten Weg geht. Das tut sie nie. Sie geht den Weg des Wachstums und der Liebe. Sie hat die Kraft, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen, wenn sie der Lebendigkeit und der Liebe dienen. Dieser Weg kann leicht sein, aber wenn er steinig wird, kneift die wilde Frau nicht, sondern spürt, ob er letztlich ihrem Ziel dient oder nicht. »Will ich das?« heißt nicht immer »Habe ich gerade Lust darauf?«, sondern: »Entspringt es meiner tiefen Überzeugung und meiner inneren Wahrheit?« Die wilde Frau schlummert in uns allen. Sie kommt vielleicht in sehr unterschiedlichen Formen daher, verbindet uns aber alle auf der gleichen Ebene, nämlich der Ebene der Selbstbestimmung.
Warum brauchen wir die wilde Frau überhaupt so dringend? Was hält uns davon ab, uns immer wieder ganz selbstverständlich zu fragen, ob wir das, was geschieht oder wozu wir »Ja« (oder zumindest nicht »Nein«) sagen, überhaupt wollen? Wie konnte es passieren, dass wir uns so weit von dieser vollkommen natürlichen Frage entfernt haben? Kinder stellen sich diese Frage bis zu einem gewissen Alter ganz automatisch. Sie schreien, wenn sie etwas wollen oder nicht wollen, und die ganze Welt erfährt es. Wieso haben wir verlernt, unser »Ja« und unser »Nein« zu zeigen? Vielleicht spüren wir unser »Nein« nicht einmal mehr, weil wir so oft »Ja« sagen und gute Miene zum bösen Spiel machen. Oder wir erlauben uns eventuell deshalb nicht mehr, diese Frage zu stellen, weil wir viel zu oft auf »Will ich das?« unbequem »Nein!« antworten müssten.
Aber, höre ich dich sagen, aber wir alle müssen doch andauernd Dinge tun, die wir nicht tun wollen. Wie soll denn unsere Gesellschaft, meine Ehe oder meine berufliche Tätigkeit überhaupt funktionieren, wenn wir uns andauernd fragen, ob wir das wollen? Will ich morgens um halb sieben aufstehen, mich hastig zurechtmachen, die Kinder versorgen, in die Schule schicken und dann durch den Berufsverkehr ins Büro fahren? Nein, natürlich nicht! Will ich Diät halten, mich zurechtzupfen, Sport treiben, immer wieder zurückstecken und meine Träume vom Märchenprinzen begraben, um überhaupt einen Mann abzukriegen? Nein, natürlich nicht! Will ich putzen gehen, um meine kleine Wohnung zu halten, um die Kinder versorgen zu können, um wenigstens irgendetwas zu tun, was mir das Gefühl gibt, ein vollwertiges Mitglied in dieser arbeitssüchtigen Gesellschaft zu sein? Um Himmels willen, natürlich nicht!
Geht es mir besser, wenn ich mir diese Fragen stelle und sie mit »Nein« beantworten muss? Nein. Im Gegenteil: Ich spüre meine Ohnmacht, meine Enttäuschung und meine grundsätzliche Machtlosigkeit dem Leben gegenüber, wenn ich sie zulasse. Will ich, dass mein Mann krank ist, dass ich meine alte Mutter pflegen muss? (Verstehe das nicht falsch, bitte. Natürlich willst du für deine Mutter sorgen, aber du kannst nicht ertragen, dass sie überhaupt krank oder einfach nur bedürftig ist. Dein inneres Kind bekommt mit großer Wahrscheinlichkeit Panik, wenn du nun für sie da sein musst, anstatt von ihr versorgt zu werden. Hier brauchst du die wilde Frau, denn sie hat die Kraft, für beide zu sorgen: für deine Mutter und für dein inneres Kind. Außerdem ist sie offen für jede funktionierende Lösung.) Will ich, dass mein Kind Drogen nimmt und ich ständig zu wenig Geld habe? Will ich das, viel zu viel essen, arbeiten, rauchen, mich depressiv und unzulänglich zu fühlen? Will ich wirklich Single sein? Will ich tatsächlich mit diesem Partner leben …? Nein!
Auch umgekehrt führt uns die Frage »Will ich das?« nur in Schwierigkeiten. Will ich das, heute Abend ausgehen und mich einmal nicht um meine Familie kümmern? Will ich das, aufzuhören zu arbeiten und mich den Dingen zu widmen, die mir wesentlich erscheinen, wie Schreiben, Malen, Tanzen, einen Bioladen aufmachen, Tiere in Not retten? Will ich das, mit dem schönen Mann dort drüben einen Kaffee trinken gehen und dann mal weitersehen, obwohl ich weiß, dass sich mein Gemahl nicht so sehr darüber freut? Will ich das, dieses viel zu teure, wundervolle Kleid kaufen, das mein Konto restlos ruiniert, mir aber dieses Königinnengefühl zurückgibt, das die Kittelschürze mir genommen hat?
JA … ehrlich gesagt, JA …
Aber WIE?
Also, was machen wir?
Wir haben diese wilde Frau in uns, diese unglaublich tiefe und lebendige Kraftquelle, die nur darauf wartet, genutzt zu werden. Und wir haben unser äußeres Leben, das mehr oder weniger in einer Sackgasse steckt, zumindest in den Bereichen, aus denen wir die wilde Frau verbannt haben.
Was wäre, wenn wir ihr erlaubten, ganz sanft, ganz vorsichtig, in kleinen Schritten, das Kommando zu übernehmen? Das können wir natürlich nur zulassen, wenn wir lernen, ihr zu vertrauen, wenn wir sie als gute Kraft anerkennen, wenn wir wissen: Sie ist auf unserer Seite, und sie weiß tatsächlich, was wir brauchen, um erfüllt zu sein.
Die Anonymen Alkoholiker sprechen nach jedem Treffen folgendes Gebet:
»Gott gebe mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«
Wenn wir der wilden Frau nur einmal probehalber jene Dinge anvertrauen, in denen wir den Mut finden müssen, etwas zu ändern, dann sind wir doch schon ein ganzes Stück weiter auf dem Weg der Selbstbestimmung. Du kannst nicht verhindern, dass dein Mann krank wird, dass du deinen Job verlierst, dass du deine alte Mutter pflegen musst. Du kannst das, was das Leben dir zumutet, nicht kontrollieren. Aber du kannst sicherlich in sehr vielen Bereichen deines Lebens die Entscheidung treffen, anders zu reagieren, anders mit der Situation umzugehen, oder?
Bestimmt gibt es auch für dich Möglichkeiten, »Nein« zu sagen – oder eben »Ja«! Denn auch das »Ja« nutzen wir oft nicht: Es fällt uns schwer zu glauben, dass wir etwas Gutes verdient haben; entweder ist es zu teuer, oder wir fürchten, wir würden augenblicklich abhängig von einer Sache oder Person, wenn wir »Ja« sagen. Manchmal ist der Preis für das »Ja« zu hoch, das stimmt; aber dann würde die wilde Frau dir das mitteilen, denn dann ist es letztlich ein »Nein«. Ich merke schon, das ist dir alles viel zu abstrakt. Wie wäre es also mit einem Beispiel?
Es ist Montagmorgen, du stehst auf, hast deinen Tag ziemlich straff durchgeplant. Es geht dir gut. Du weißt, alles, was du dir heute vorgenommen hast, schaffst du auch, wenn nichts dazwischenkommt. Du kochst Kaffee, trinkst ihn in aller Ruhe, denn auch diese Zeit hast du dir eingeplant (herzlichen Glückwunsch!), überprüfst deine Termine … alles im grünen Bereich, aber jetzt musst du los.
Da klingelt das Telefon. Du willst nicht drangehen, weil du eigentlich genau jetzt das Haus verlassen müsstest, um alles zu schaffen. Du bekommst jetzt schon Stress, weil dich der Verlust dieser Minuten unter Zeitdruck setzt; und es ist noch nicht einmal neun Uhr. Du schaust auf die Nummer – oh nein! Es ist deine beste Freundin. Sie ist gerade in einer schwierigen Trennung und braucht dich dringend. Wenn du jetzt drangehst, schaffst du deinen ersten Termin nicht. Gehst du nicht dran, hast du ein schlechtes Gewissen. Natürlich gehst du dran und hoffst, sie rasch abwimmeln zu können. Dabei überlegst du, wie du es doch noch zu deinem Termin schaffen könntest, und erklärst dir selbst, dass es nichts macht, wenn du zehn Minuten zu spät kommst; du bist ja sonst immer pünktlich … Du bist sauer auf deine Freundin, weil sie solche Probleme hat, ärgerst dich über dein Leben, weil es so straff durchorganisiert ist, und hast mal wieder das Gefühl, für dich selbst nie Zeit zu haben – während du ihr zuhörst und tröstliche Worte produzierst.
Was für eine anstrengende Vorstellung, oder? Aber leider vollkommen normal …
An welcher Stelle hätte die wilde Frau eingreifen dürfen, wann hättest du die Frage »Will ich das?« stellen müssen? Natürlich an der Stelle, an der das Leben deine Pläne durchkreuzen wollte, an der Stelle, an der das Telefon klingelte. Die Frage kam mit Sicherheit in dir auf; aber du hast keine Antwort erlaubt, sondern automatisch reagiert, oder? Wahrscheinlich fühltest du sogar eine Antwort, aber du hast (verständlicherweise) nicht entsprechend gehandelt …
Wie lautet deine Wahrheit?
Da gibt es verschiedene Antworten, je nachdem, wie deine Lebensumstände und deine inneren Möglichkeiten aussehen. Denn beides ist sehr wichtig: deine Termine und die emotionale Unterstützung, die du deiner Freundin gibst. Zunächst unterscheiden wir, ob deine Freundin jeden Tag anruft und du das Gefühl hast, sie benutzt dich als »Mülleimer«, ohne ihr Leben selbst in die Hand nehmen zu wollen, oder ob es ein echter, dringender und außergewöhnlicher Notfall ist. Wie unterscheiden wir das? Nun, die wilde Frau weiß es. Wenn in dir dieses »Nicht schon wieder« auftaucht, dann kannst du davon ausgehen, dass dir der Anlass hierfür gerade jede Menge Energie raubt. Dann fragst du dich »Will ich das?« und spürst ein klares »Nein«, selbst wenn du Schuldgefühle bekommst. Du nimmst deine Handtasche und verlässt das Haus, rufst deine Freundin vielleicht kurz vom Handy aus an, um ihr zu sagen, wann du für sie Zeit haben wirst. Oder, das ist noch besser und wirkt sofort: Du schickst ihr in Gedanken Licht und Segen. Dann kümmerst du dich um deine Angelegenheiten und vertraust darauf, dass sie im Augenblick von anderer Stelle Unterstützung bekommt. Hilfreich ist auch, wenn du an so etwas glaubst, ihren Schutzengel um ganz besonders viel Kraft und Einsicht für sie zu bitten, sie zu segnen oder ein kurzes Gebet für sie zu sprechen. (Es ist erwiesen, dass Kranke, für die gebetet wird, rascher genesen als solche, für die nicht gebetet wird; auch dann, wenn die Kranken das gar nicht wissen oder nicht an Gott glauben.)
Wenn du aber alarmiert bist und deine Termine automatisch in den Hintergrund deiner Aufmerksamkeit rücken, dann ist dieser Freundschaftsdienst notwendig und unaufschiebbar. Dann beantwortet die wilde Frau in dir die Frage »Will ich das?« mit »Aber selbstverständlich!« Selbst wenn du nun zu spät kommst, setzt du dich nicht selbst unter Druck, denn du hast klare Prioritäten gesetzt und übernimmst die volle Verantwortung für deine Entscheidung, zuerst mit deiner Freundin zu reden. Die Frage »Will ich das?« erlaubt dir, die Verantwortung für deine Entscheidungen zu tragen und zu übernehmen, und damit hört das vage Opfergefühl in dir auf.
Lass uns nun gemeinsam einige Lebensbereiche anschauen, lass uns erkennen, welche inneren Stimmen dich daran hindern könnten, der wilden Frau zu folgen, und lass uns überlegen, wie wir mit diesen ängstlichen, vielleicht aber auch verletzten und erstarrten inneren Anteilen anders umgehen können. Wenn wir uns unserem eigenen Willen zuwenden, müssen wir uns natürlich auch mit folgenden Fragen herumschlagen: Spielt es wirklich eine Rolle, ob ich etwas will oder nicht? Beten wir nicht schon lange, es möge Gottes Wille geschehen? Bewerte ich nicht die Ereignisse, indem ich sie hinterfrage? Verwirre ich mich nicht, wenn ich immer wieder frage, ob ich etwas will oder nicht? Werde ich nicht handlungsunfähig? Und was ist, wenn ich ein »Nein« spüre und mich die Umstände dennoch dazu zwingen?
Nun, die wilde Frau fragt nicht danach, ob ihre Wünsche erfüllbar oder angemessen sind. Sie ist einfach nur ein innerer Anzeiger für deine Wahrheit. Ob du ihr folgen willst oder nicht, hängt davon ab, wie sehr du bereit bist, dich aus deiner Komfortzone hinauszubewegen und zu erlauben, dass das Leben dir neue Wege zeigt. Die wilde Frau lässt sich nicht kontrollieren. Sie pfeift auf sogenannte vernünftige Argumente, die letztlich doch nur Angst spiegeln. Sie zeigt dir nur, was du in Wahrheit willst. Wenn wir ihr immer wieder erlauben, in unserem Leben zu wirken, dann macht sie uns ganz automatisch auf alles aufmerksam, was nicht zu uns passt und nicht unseren wahren Wünschen entspricht. Dazu genügt unsere Bereitschaft, auf sie zu hören.
Die wilde Frau ist sehr sozial, aber sie ist nicht zu faulen Kompromissen bereit, und ganz sicher unterstützt sie keine co-abhängigen Strukturen. Sie küsst weder verzauberte Prinzen wach, noch arbeitet sie in einem Büro, in dem sie nicht gewürdigt wird. Sie räumt ihren Kindern nicht über Gebühr hinterher, sie lässt sich nicht ausnutzen, und sie legt keinen Wert darauf, irgendeinem Bild zu entsprechen.
Gleichzeitig hat sie aber auch keine Angst, ihr ganzes Herz in die Waagschale zu legen und wirklich und wahrhaftig anwesend zu sein, wenn sie einmal »Ja« gesagt hat. Die Halbheiten hören auf, wenn du ihr erlaubst, in deinem Leben zu wirken. Sie bemuttert ihre Kinder zwar nicht übermäßig, aber sie würde sie auch nie allein lassen, wenn sie spürt, dass sie gebraucht wird. Sie folgt schlicht ihrem natürlichen Instinkt und ihrem Herzen, egal ob es »pädagogisch wertvoll« ist oder nicht. Die wilde Frau ist einfach, wie sie ist, und erlaubt ihrer Umwelt, sie so wahrzunehmen, wie diese das will. Sie folgt ihrer Kraft und ihrem unbestechlichen inneren Richtungsweiser. Wenn du ihr zuhörst und ihre Kraft zulässt, spürst du sehr schnell, wo du domestiziert und angepasst bist, wo du um des lieben Friedens willen den Mund hältst, wo du dich aus Angst ausbeuten lässt und wo du versuchst, dich selbst zu kontrollieren. Die wilde Frau steht in Kontakt mit der kraftvollen Urfrau in dir. Sie ist ein wildes, freies, sexuelles und liebendes, lebendiges Wesen. Sie ist magisch, kennt ihre Kraft und weiß sie einzusetzen. Nähern wir uns ihr an, lernen wir sie kennen, damit sie unser Leben verzaubert. Oder wollen wir uns darauf einigen, dass sie unser Leben entzaubert, dass der Bann, der darüber hängt, gelöst wird und wir zurückfinden zu unserer wahren Kraft? So öffne deinen viel zu ordentlichen Zopf, schüttle deine perfekt gesträhnte Föhnfrisur, zieh die allzu hochhackigen oder die allzu vernünftigen Schuhe aus, und folge ihr in das Land der wahren Lebenskraft!
Das Land der wilden Frau
Hörst du die Trommeln? Riechst du die Feuer? Spürst du die Lebendigkeit, die Freiheit, aber auch die Wärme, Liebe und Zärtlichkeit, die im Reich der wilden Frau herrschen? Es ist das Land des Herzens, nicht der Gefühle, nicht des Verstandes, sondern der Sitz echter Kraft und echter Freiheit. Es ist eine Freiheit, die sich nicht scheut, klar zu sein, Grenzen aufzuzeigen, »Nein« zu sagen; aber auch eine, die sich erlaubt, zu verstehen, zu vergeben, hinter die Dinge zu schauen. Wenn das Herz spricht, schweigen der beleidigte und innerlich auftrumpfende, aber auch der verängstigte, verstummte Anteil in uns, und wir reagieren aus einem Bereich der echten Fülle heraus.
»Ich verstehe, ich vergebe, ich vergesse, und ich kämpfe, ich gebe nicht auf. Ich diene dem Leben, nicht deiner Angst, nicht deiner Bequemlichkeit, nicht der Trägheit, nicht der Lüge. Ich diene der Wahrheit, und ich zeige das Leben in all seinen Facetten, ich schaue hinter die Dinge, darüber hinaus, darunter und drum herum, ich weiß, was ich weiß, und ich rüttele dich so lange, bis du aus deiner Ohnmacht erwachst. Ich gebe dir deine Selbstbestimmung wieder, indem ich mich, ohne die Folgen zu scheuen, auch der unbequemen Wahrheit stelle. Ich sage »Nein«, wenn ich NEIN meine, aber ich scheue mich auch nicht, »Ja« zu sagen, wenn ich liebe und spüre, das Leben braucht mein »Ja«, um weiterzufließen.«
Schließe bitte deine Augen, und erlaube der wilden Frau, sich dir zu zeigen. Bitte sie, sich bemerkbar zu machen. Wo in deinem Körper spürst du sie? Vielleicht sitzt sie tief im Bauch, im Herzen oder im ganzen Körper. Vielleicht spürst du sie unter deinen Füßen als Teil deiner Verwurzelung mit der Erde. Schau, wie sie aussieht – jede von uns hat eine andere wilde Frau in sich. Nun bitte sie, dir diese ganz besondere Kraft zu zeigen. Sie ist vielleicht viel weniger emotional oder gar sentimental, als du glaubst. Vielleicht aber spürst du sehr viel Liebe und Klarheit, wenn du ihr begegnest. Frage sie, was sie will und was zu tun ist, damit du sie besser spüren kannst, aber auch, in welchen Bereichen deines Lebens sie sich bereits jetzt schon zeigt. Wie sieht sie aus? Kannst du sie erkennen? Wenn nicht, dann ist das nicht weiter schlimm, denn sie ist eine Energie, sie braucht kein Gesicht zu haben. Möglicherweise nimmst du sie eher wie eine wilde, freie Kraft in dir wahr. Lass dir ihr Land zeigen! Bitte sie zu verschiedenen Themen in deinem Leben um ihre Meinung, und lausche nach innen. Vielleicht antwortet sie dir ganz anders, als du es erwartest, viel weniger romantisch und gleichzeitig viel weniger streng, viel organischer und pragmatischer.
Sie denkt nicht Schwarz oder Weiß. Für die wilde Frau besteht das Leben immer aus mehreren Aspekten und Möglichkeiten. Sie tanzt mit dem Leben, fließt mit ihm, weiß, dass die Dinge und ihre Entwicklung magisch und vielschichtig sind und ihre Zeit brauchen. Sie weiß, dass du dein Leben nicht zu kontrollieren brauchst, dass die Frage »Will ich das?« nicht dazu dient, dogmatisch zu werden, sondern dir eine Ausrichtung gibt. Schau sie dir an, oder spüre sie. Wie fühlt sie sich an, was ist anders, was ist das für dich Besondere an deiner wilden Frau?
Erlaube ihr, ihre Energie in dich einfließen zu lassen, und frag sie, wie sie handeln würde und wie sie die Dinge sieht. Sie richtet deine Energie aus, gibt dir einen Kurs, nimmt dir die Unklarheit, pflückt dir aber auch die Rosinen aus dem Kopf. Vielleicht ist sie ganz anders, als du es erwartest: radikal in Bereichen, in denen du zögerlich bist, aber versöhnlich in Angelegenheiten, in denen du vor Wut oder Verletzung am liebsten einen klaren Schnitt machen würdest.
Sie ist angebunden an den Rhythmus der Erde, an organisches Wachstum. Sie lebt nicht von den Vorstellungen, wie etwas zu sein hat, sondern sie kennt die wahre Kraft des Wachstums und der Entwicklung und weiß, was zu tun ist, damit sich die Dinge entfalten können. Sie weiß, welches Unkraut dem Gedeihen deiner inneren Rose hinderlich ist, welche Nährstoffe du brauchst und wo du dich entspannen und den Dingen einfach ihren Lauf lassen darfst. Sie ist wie die Hüterin deines inneren Gartens – jenes Gartens, in dem deine Träume wachsen, reifen und darauf warten, gepflückt und geerntet zu werden, wenn die Zeit dafür reif ist. Sie kennt sich mit Erdkraft aus und mit Magie, mit Ritualen und der Heilkraft der Kräuter, ganz direkt oder im übertragenen Sinne.
So erlaube ihr, dir ihre Kraft zu zeigen, lade sie in dein Leben ein, bitte sie, wirksam zu werden, auch wenn du ihre besondere Energie vielleicht nicht ganz verstehst. Das brauchst du auch nicht: Sie ist ja ein Teil von dir. Es genügt, wenn du sie bittest, von nun an in dir lebendig zu sein, und ihren Impulsen folgst. Sie macht sich ohne zu zögern die Hände schmutzig, wenn es etwas zu tun gibt. Sie scheut sich nicht, in der Erde herumzuwühlen. Sie ist bereit, das zu tun, was nötig ist, damit sich deine Träume auf der Erde verwirklichen. Sie hängt nicht an Ideen, sondern erkennt, wie dein nächster Schritt aussehen muss. Sie weiß, wann was zu tun oder zu lassen ist, und hat die Kraft, die Geduld und den Mut, den Gesetzen des Wachstums zu folgen. So, wie eine gute Gärtnerin weiß, wann sie welche Kräuter pflücken kann und wie sie mit den Schnecken in ihrem Garten umgeht, so weiß die wilde Frau, wie deine innere Landschaft bestellt werden muss, damit deine Träume, deine Bestimmung und deine Lebensaufgabe blühen und gedeihen können.
Sie zeigt dir, wann du eine Beziehung eingehen oder verlassen, einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung wechseln oder ein bestimmtes Verhalten ändern kannst und solltest. Sie steht in unmittelbarem Kontakt zu den Rhythmen deines Lebens und erkennt die Zeichen, weiß, wann die Zeit reif ist. Genau dann ist auch die Kraft vorhanden, Dinge anzugehen oder zu ändern. Wenn du auf sie hörst, dann lebst du dein Leben im idealen Gleichklang mit deiner eigenen Energie. Du tust, was sich richtig anfühlt, egal ob du es gerade verstehst oder nicht, und erlaubst dem Leben gerade dadurch, sich ungehindert in all seiner Harmonie und Schönheit zu entfalten. So schau, ob du bereit bist, ihr zu vertrauen, und erkenne, wo sie bereits in deinem Leben wirkt. Frag sie, ob sie dir eine Situation zeigen kann, in der du ihre Kraft schon kennengelernt hast.
Sie handelt vielleicht nicht immer so, wie es dir Selbsthilfebücher raten würden, weil es für die wilde Frau kein Richtig oder Falsch gibt. Wenn du ihr vertraust, dann musst du Abschied nehmen von allen, die versuchen, dir ihre Vorstellungen von dir und der Welt überzustülpen. Die wilde Frau richtet sich ausschließlich nach den natürlichen Gesetzen der Erde und des Wachstums. Es spielt für sie keine Rolle, was man von ihr hält, denn sie bezieht ihre Kraft aus dem Wissen, angebunden zu sein an ein größeres Gesetz, Teil zu sein einer unermesslich kraftvollen Energie. Sie dient dem Leben und nur dem Leben, nie der Angst, nie der Vorstellung über das Leben, nie den verdrehten Ideen darüber, wie etwas zu sein hat. Die wilde Frau ist die Richtschnur, die dich zurückführt zu deiner wahren Kraft und damit auch zu dem Gefühl, richtig zu sein, angekommen, deiner Bestimmung zu folgen und ein nützlicher, unersetzlicher Teil von Gottes Plan zu sein.
Hier ist eine Meditation, durch die du mit deiner eigenen wilden Frau in Kontakt kommen kannst. Sie zeigt sich vielleicht immer wieder unterschiedlich, denn sie hat wie Mutter Erde sehr viele Facetten. So wundere dich nicht, wenn sie ganz anders ist, als du es dir vielleicht vorstellst.
Der wilden Frau begegnen
Und so mach es dir nun bequem, schließ deine Augen. Es gibt nichts mehr für dich zu tun. Du darfst dich ausruhen, darfst ganz und gar sein, wie du bist. Du brauchst niemandem zu gefallen, es niemandem recht zu machen. Es geht jetzt ganz und gar nur um dich. Vor deinem inneren Auge entsteht nun ein Tor. Du durchschreitest es und befindest dich in einer wunderschönen Landschaft, einer Landschaft, in der du sehr deutlich deine wahren weiblichen Kräfte spüren kannst, was immer das für dich auch bedeuten mag. Du gehst ein wenig spazieren, ruhst dich aus. In einiger Entfernung bemerkst du ein Feuer, ein großes, gemütliches Lagerfeuer. Du gehst auf das Feuer zu, suchst dir einen guten Platz und setzt dich. Tröstlich und nährend ist es, das Feuer. Es gibt dir die Kraft zurück, die dich der Weg, den du gegangen bist, gekostet hat. Du machst es dir bequem, lässt dich von der Wärme und der Energie des Feuers erfüllen. Auf einmal bemerkst du, du bist nicht allein. Eine Gestalt wartet auf dich. Sie strahlt eine ganz besondere Kraft aus, und du fühlst dich zu ihr hingezogen, spürst, ihr kannst du vertrauen.
»Ich bin deine innere wilde Frau«, sagt die Gestalt, und es kann sogar sein, dass sie sich dir als Mann zeigt – dann, wenn du dem Weiblichen nicht besonders vertraust und dich lieber an der männlichen Tatkraft orientierst. Wie immer du sie wahrnimmst, es ist für heute genau richtig. Sie nähert sich dir, setzt sich zu dir. »Ich bin verbunden mit deiner innersten Wahrheit und deiner Körperenergie zugleich«, sagt sie. »Ich weiß deshalb, was dir wirklich guttut, was du brauchst, um möglichst kraftvoll und lebendig dein Leben zu leben. Wann immer du nicht weißt, was du willst, komm zu mir, ich erkenne ganz genau, wohin dich deine wahre Kraft ruft, das ist meine Aufgabe.«
Sie beginnt nun, Energie in dich einfließen zu lassen, auf die für dich genau richtige und stimmige Weise, und du spürst, welche Kraft sie dir zur Verfügung stellen kann. Vielleicht kommt die wilde Frau auch mit einem Krafttier daher, dann bemerkst du es jetzt. Was immer es ist, vertrau deinen inneren Bildern, sie haben oft ganz andere Bedeutungen, als deine verstandesgemäße Bewertung annimmt. Lass dich von der wilden Frau berühren, emotional, geistig, körperlich, so, wie du es heute brauchst. Sie ist immer für dich da. Vielleicht hast du heute, jetzt, eine Frage, kommst in einem bestimmten Lebensbereich nicht weiter. Frag sie, was zu tun ist, was du wirklich willst, wie dein nächster Schritt aussehen könnte.
Ruh dich noch ein wenig bei ihr am Feuer aus, lass dich halten und nähren, damit du dich selbst wahrnimmst und deine ureigene Wahrheit erkennst.
Wenn du so weit bist, dann komm in den Raum zurück, in dem du dich befindest. Natürlich kannst du jederzeit zu ihr ans Feuer zurückkehren.
Schauen wir uns nun dein Leben an. Schauen wir uns an, welche inneren Anteile zurzeit noch wirksam sind: Damit die wilde Frau beginnen kann, ihr wundersames, heilendes Werk zu tun. Bitte sie, dich zu begleiten und die jeweiligen Schleier zu heben, die dich von echter Erfüllung trennen.
Von verzauberten Prinzen und echten Königen
Eines der ersten Wesen, die uns begegnen, wenn wir unsere innere Landschaft betreten, ist das Prinzesschen, das verzweifelt versucht, seinen Frosch wachzuküssen, nicht wahr? Wie viele Männer hast du schon versucht zu heilen, indem du ihnen hast alles durchgehen lassen, obwohl es dich verletzte? Bei wie vielen dachtest du, dass er schon irgendwann zu dem Mann werden würde, den du brauchst, wenn du ihn nur genug lieben würdest?
Aber wenn wir uns das Märchen »Der Froschkönig« einmal aufmerksam betrachten, dann steht da nicht viel vom Küssen. Die Prinzessin warf den Frosch gegen die Wand, und daraufhin war er erlöst! Es gibt bestimmt sehr viele Interpretationen dieses Märchens, ich nutze hier eine, die ich im Internet gefunden habe* und die mir sehr gut gefällt, weil sie deutlich zeigt, wie wenig sinnvoll wir uns oft verhalten.
Wir bitten einen Frosch um einen kleinen Gefallen – und er wird geradezu unverschämt. Kennst du das? Du gehst mit einem Mann zum Abendessen und glaubst, du müsstest dir nun seine ganze Lebensgeschichte anhören, gute Ratschläge parat haben, emotional für ihn da sein und hinterher womöglich noch für sein körperliches Wohlbefinden in Form von sexuellen Handlungen sorgen? Vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber bestimmt weißt du, was ich meine. Was sind wir nicht bereit, für ein bisschen Zuwendung und Zärtlichkeit zu tun? Wie lange therapieren wir an diesem einen, emotional schwierigen Mann herum? Was tun wir nicht alles, damit er überhaupt in der Lage ist, uns zu lieben … oder? Sag mir, wenn ich mich irre, aber strengst du dich nicht auch maßlos an, damit der Herr mal ein wenig aus sich herausgeht? Bist du nicht so aufmerksam, süß, sexy und verständnisvoll, wie du es nur sein kannst, damit er sich aus seinem Schneckenhaus heraustraut? Verleugnest du nicht deine wahren Bedürfnisse, Meinungen, Gefühle und besonders deine Kraft, deine Wut, dein »Nein«, damit er auf dich zukommen kann? Glaubst auch du, Männer hätten Angst vor allzu starken Frauen, und du müsstest dich etwas zurücknehmen? Das darfst du alles tun, wenn es sich gut anfühlt, aber meistens bleiben wir selbst dabei völlig auf der Strecke. Ein Mann ist kein Konto, auf das du erst einzahlen musst, damit du etwas abheben kannst. Und ein Mann ist kein verhuschtes Häschen, das zurückschreckt, wenn wir offen, präsent und voll inniger Kraft sind. Die wilde Frau würde das niemals tolerieren – sie lässt die verhuschten Häschen in aller Liebe und voller Achtung links liegen.
Du weißt, woher das kommt: Immer noch versuchen wir – nun stellvertretend von diesem Mann – jene Liebe und Aufmerksamkeit zu bekommen, die unser Vater uns nicht geben konnte oder wollte. Natürlich wissen wir das. Hören wir deshalb auf? Nein, denn vielleicht ist es diesmal wirklich ein Prinz? Möglicherweise lohnt es sich diesmal? Hat er uns nicht so lieb und fürsorglich unsere goldene Kugel aus dem Brunnen geholt? Ich sag dir was: Ein echter verzauberter Prinz verlangt dafür keine Gegenleistung! Er stellt keine unverschämten Forderungen, sondern holt uns die goldene Kugel aus dem Brunnen und freut sich an unserer Freude. Er nutzt nicht unsere momentane Bedürftigkeit aus. Natürlich küssen wir ihn dann freiwillig vor Dankbarkeit, oder? Und wenn er dann auch äußerlich zum Prinzen wird – umso besser! Er hat sich aber bereits als Prinz gezeigt, deshalb muss er nicht mehr entzaubert werden. Darauf sollten wir achten: Ein echter Prinz benimmt sich auch so, egal wie er aussieht.