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Mit Theorie kann man Leserinnen und Leser erschrecken. Und mit Theorie erschrickt manch ein Autor sich selbst. Dieses Buch versucht, beides zu vermeiden. Es versammelt Aufsätze, die sich um eine behutsame Einführung in die sagenumwobene Systemtheorie bemühen und dabei fast unmerklich die Komplexität erhöhen. Widerstände werden bewusst gesucht, der Handlungsbegriff wird geklärt, das Verhältnis zu Netzwerken diskutiert, Negativität eingeführt. Und auch die Frage, was man mit Texten dieser Art bewirken kann, bleibt nicht außen vor: Wozu eine Theorie, die den Glauben an Kausalität akzeptiert und zugleich einschränkt? Wie kann man unter diesen Bedingungen dem Mystizismus entgehen?
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Seitenzahl: 482
Veröffentlichungsjahr: 2016
Mit Theorie kann man Leserinnen und Leser erschrecken. Und mit Theorie erschrickt manch ein Autor sich selbst. Dieses Buch versucht, beides zu vermeiden. Es versammelt Aufsätze, die sich um eine behutsame Einführung in die sagenumwobene Systemtheorie bemühen und dabei fast unmerklich die Komplexität erhöhen. Widerstände werden bewusst gesucht, der Handlungsbegriff wird geklärt, das Verhältnis zu Netzwerken diskutiert, Negativität eingeführt. Und auch die Frage, was man mit Texten dieser Art bewirken kann, bleibt nicht außen vor: Wozu eine Theorie, die den Glauben an Kausalität akzeptiert und zugleich einschränkt? Wie kann man unter diesen Bedingungen einem Mystizismus entgehen, der an die Stelle von Kausalität eine unkontrollierte Selbstreferenz der Sache setzt?
Dirk Baecker ist Professor für Kulturtheorie und Management an der Universität Witten/Herdecke. Letzte Veröffentlichungen im Suhrkamp Verlag: Organisation und Störung. Aufsätze (2011), Beobachter unter sich. Eine Kulturtheorie (2013), Neurosoziologie. Ein Versuch (2014).
Dirk Baecker
Wozu Theorie?
Aufsätze
Suhrkamp
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2016
Der folgende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2177.
© Suhrkamp Verlag Berlin 2016
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Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus und Rolf Staudt
eISBN 978-3-518-74414-7
www.suhrkamp.de
Vorwort
Handeln im Netzwerk
Zählen, Ordnen, Tauschen
Technik und Entscheidung
Negativsprachen aus soziologischer Sicht
Theoriearbeit
Systemtheorie als Kommunikationstheorie
Die Texte der Systemtheorie
Es gibt keine sozialen Systeme
Die Beobachtung komplexer Systeme
Ein neues Zeichen
Wer hat Angst vor Hegel?
Ein ordentlicher Anfang
Nachweise
Die einfachste Antwort auf die Titelfrage dieser Aufsatzsammlung lautet, dass eine Theorie dabei hilft, Relationen zu identifizieren, die ein Phänomen als Funktion eines anderen Phänomens erklären. Eine Theorie liefert eine Erklärung. Etwas komplizierter wird es erst, wenn man sich klarmacht, dass nicht jede Erklärung schon eine Theorie ist. Es gibt Erklärungen einer alltäglichen oder lebensweltlichen Evidenz, die mit einer Theorie nichts zu tun haben: Die Tasse ist zerbrochen, weil du sie fallen gelassen hast. Das ist eine Beobachtung, die eine Erklärung liefert, aber keine Theorie.
Eine Theorie ist also nicht identisch mit einer Erklärung, es kommt ein Moment hinzu. Dieses Moment besteht darin, dass die Theorie der Erklärung, die sie liefert, misstraut. Sie formuliert sie als Hypothese. Und sie formuliert sie mit zusätzlichen Hinweisen darauf, unter welchen Bedingungen sie Geltung hat, mit welchen Methoden diese Bedingungen überprüft werden und unter welchen Bedingungen man die Theorie wieder fallen lassen kann. Letzteres ist an einer Theorie – neben ihren Erklärungen – am interessantesten, denn die Theorie leistet dies, indem sie sich einem Paradigma zurechnet, also bestimmten Grundannahmen und Voraussetzungen, die Bestimmtes einschließen, anderes ausschließen und in dieser Form den Wechsel zu einem anderen Paradigma nicht nahelegen – das wäre übertrieben –, aber doch in Blicknähe und Reichweite rücken. Was antwortet der italienische Kellner auf die Frage, was der Koch heute empfiehlt? »Ein anderes Restaurant.«
Es kann sich lohnen, einer Theorie nachzugehen, weil man nur so der Möglichkeit einer anderen Theorie auf die Spur kommt. Paradoxerweise gelingt dies umso besser, je dogmatischer man vorgeht, denn Dogmen zeichnen sich durch scharfe Ablehnung von Alternativen aus und liefern so eine entsprechend genaue Beobachtung dieser Alternativen. Daher ist man schlecht beraten, Dogmen um jeden Preis aus dem Weg gehen zu wollen. Man sollte auch nicht darauf verzichten, einer Theorie bis in ihre letzten Verästelungen nachzugehen. Es ist nämlich äußerst unwahrscheinlich (wenn auch nicht unmöglich), dass sie ausgerechnet in ihrem Kern ihre Schwäche offenbart. Irgendwo muss sie brechen, und irgendwo wird sie brechen. Auch Paradigmen sollte man nicht deswegen scheuen, weil sie welche sind. Irgendwo muss man anfangen, nach Erklärungen zu suchen, wenn man daran ein Interesse hat, und jedes Paradigma vermittelt immerhin, wenn man Glück hat, die Übung, die man braucht, um sich in einem anderen zurechtzufinden.
Für die Systemtheorie gilt all dies theoretisch, dogmatisch und paradigmatisch in einem besonderen Maße. Geboren aus dem doppelten Verdacht, dass irgendetwas in einem Phänomen dessen Ausdifferenzierung und Reproduktion generiert und dass dieses Etwas von einem Beobachter, der es dort sieht, wo es wirkt, nicht unabhängig zu denken ist, ist die Systemtheorie das Musterbeispiel einer sich selbst misstrauenden beziehungsweise, weniger moralisch formuliert, einer sich grundsätzlich problematisierenden Theorie. Sie problematisiert ihre Gegenstände, sie problematisiert ihre Beobachter, und sie erfreut sich an der Einsicht, dass problematisierte Gegenstände und Beobachter in der Lage sind, sich auszudifferenzieren und zu reproduzieren und so – ein System zu generieren. »In every white box there are two black boxes trying to get out«, so Ranulph Glanville.
Die hier zusammengestellten Aufsätze beschreiben einen Weg, der sich selbst immer wieder gefährdet. Ihr Interesse gilt nicht der dogmatischen Sicherheit, sondern der kontrollierten Beweglichkeit. Sie geben einer intellektuellen Faszination nach, das ist nicht zu leugnen, sie haben Spaß an sich selbst, aber sie stellen auch immer wieder dieselbe Frage danach, von welcher Art die Funktionen sind, die die Systemtheorie hypothetisch zu formulieren vermag. Welche Phänomene werden von der Systemtheorie in den Blick, ins Gehör, in die Finger, in den Text genommen? Und welche Arten von Abhängigkeiten unter diesen Phänomenen können als Funktionen erster, zweiter oder dritter Ordnung beschrieben werden? Es stellt sich heraus, dass die Ordnungen nicht unterschieden werden können. Die Systemtheorie bewegt sich in rekursiven Zirkeln, in denen jede Ebenenunterscheidung im nächsten Moment kollabiert, um einer Paradoxie Platz zu machen, die den Beobachter bremst, während sie, wie Niklas Luhmann festgestellt hat, die Phänomene weiterlaufen lässt. Die Basisgleichung jeder Theorie selbstreferentieller Systeme, S=S (S, U), mit der das System als endogene Funktion seiner selbst und seiner Umwelt beschrieben wird und in der somit Immanenz und Nichtlinearität auf das Beweglichste miteinander kombiniert werden, gilt eben auch dann, wenn offenbleiben muss, auf wen oder was sich diese Selbstreferenz bezieht. Am Phänomen der Produktivität von etwas, das sich von Unabhängigem abhängig macht und in der Moderation dieser Abhängigkeit eigene Unabhängigkeit wiedergewinnt, ändert diese Ungewissheit nichts. In der Systemtheorie spricht man von konditionierter Koproduktion oder reflexiver Konditionierung; und dies gilt auch dann, wenn es schwerfällt, die vermutete Selbstreferenz jeweils dingfest zu machen.
Tatsächlich kann man die Systemtheorie auch als eine Theorie verstehen, die sich für die Hypothese einer funktionalen, zwar allenfalls »mitlaufenden« (Niklas Luhmann), aber in jedem Fall operational unverzichtbaren Selbstreferenz interessiert. Die Beunruhigung jeder Art von Objektivität und Subjektivität, die mit dieser Hypothese einhergeht, weil sie Objekte und Subjekte nicht mehr substantiell, sondern relational zu betrachten zwingt, liegt auf der Hand und ist seit dem von Kant zum Zweck der Bearbeitung dieser Beunruhigung entwickelten Verfahren der Kritik (vor allem: einer transzendentalen Kritik transzendenter Urteile) auch bekannt. Denn die Selbstreferenz, soweit sie sich nachweisen lässt, ist nicht etwa die neue Substanz von Objekten und Subjekten, sondern eine Randbedingung der Aufrechterhaltung von Relationen, die diesen besonderen Typ der Abhängigkeit zwischen unabhängigen Elementen begründen, der nicht nur Soziologen interessiert.
Die Frage »Wozu Theorie?« zielt im Folgenden immer wieder auf die Systemtheorie, versucht jedoch auch, diese im Kontext anderer Theorien zu betrachten. Es ist das Los der Systemtheorie, auf alternative Lösungen ihrer Problemstellungen neugierig zu machen – etwa solche der Handlungstheorie, Netzwerktheorie oder Medientheorie –, dann aber feststellen zu müssen, dass ihre eigene Theoriearchitektur zumindest auf dem Feld von Sozialtheorien seit Pareto, Parsons und Luhmann strukturmächtiger als die vieler anderer – fast hätte ich gesagt: aller anderen – ist. Der Grund dafür scheint in der eigentümlichen Kopplung des Interesses an Selbstreferenz, an Unabhängigkeiten, die im Medium von Abhängigkeiten steigerbar sind, und der prinzipiell ungelösten Frage nach den Zurechnungen des Beobachters zu liegen.
Der vorliegende Band setzt eine Reihe von Wozu-Bänden fort, die mit »Wozu Kultur?« (2000) eher zufällig begonnen hat und seither mit »Wozu Systeme?« (2002), »Wozu Soziologie?« (2004), »Wozu Gesellschaft?« (2007) und »Wozu Theater?« (2013) fortgesetzt wurde. Einen weiteren Band, »Wozu Universität?«, gibt es als Reader im PDF-Format, und »Wozu Wirtschaft?« existiert als Ordner auf der Festplatte meines Computers und wartet auf eine organisierende Idee. Jeder dieser Bände stellt immer auch die Frage nach sich selbst: Wozu dieses Buch, beziehungsweise, wie mir Freunde nahelegten, »Wozu Baecker?«. Und grundsätzlich handelt es sich um Sammlungen von Aufsätzen, die dem Wozu ihre Klammer verdanken und die der Sammlung die Lizenz verdanken, dieselbe Frage aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten oder auch denselben Blickwinkel an verschiedenen Fragen zu erproben.
Mir ist klar, dass das Wozu eine gefährliche Frage ist, da sie doch ein teleologisches Antwortmuster nahelegt, das schnell dazu führen kann, den Dingen und Phänomenen ihre Beweglichkeit und Selbstreferenz zu rauben. Tatsächlich ist mein Verständnis des Wozu ein funktionalistisches. Ich halte mich so gut wie möglich an ein wissenschaftliches Beschreibungsschema, das Dinge und Phänomene als Funktion-von-etwas und Funktion-für-etwas untersucht und erklärt. Die Relation, nicht die Substanz steht im Vordergrund. Dieses Wozu verstößt zugleich sowohl gegen kausalistische als auch gegen humanistische Erwartungen. Es liefert keine verlässlich wiederholbaren Eindeutigkeiten, und es liefert keine zur Tradition taugenden Sicherheiten. Aber warum soll sich ein wissenschaftliches Beschreibungsschema nicht auf die Bestimmung von Funktionen konzentrieren dürfen, wenn, wie Gilles Deleuze herausgestellt hat, die Philosophie sich statt für Funktionen für neue Begriffe und die Künste für neue Anschauungen interessieren? Selbstverständlich steht das eine im Zusammenhang des anderen. Philosophie und Kunst finden in »derselben« Gesellschaft statt wie die Wissenschaft. Und mehr als nur subtile Bezüge existieren zwischen den Reflexionsleistungen der Philosophie, den Abstraktionsleistungen der Künste und den Erklärungsleistungen der Wissenschaft. Aber zugleich kommt es darauf an, hier genügend Spiel zuzulassen, und das heißt unter anderem, die funktionalen Beschreibungen auch tatsächlich auszureizen. Die Frage nach dem Wozu der Theorie entpuppt sich so als Frage danach, wie die Autonomie der Wissenschaft in der Gesellschaft gesichert und mit der Reflexion auf ihre Funktion und ihre Leistung verknüpft werden kann.
»No Action Required« war die Antwort des Schauspielers Robert Mitchum auf die Frage, was die Buchstaben »NAR« zu bedeuten haben, mit denen er in den Drehbüchern seiner Filme die Stellen für seine Auftritte markiert hatte. In der Tat ist Mitchum berühmt für eine Art der Präsenz, die Ereignissen dabei hilft, sich zu sortieren, ohne dass der Held dabei eine dramatische Rolle spielt. Mitchum provoziert, indem er nichts tut. Die Maxime »NAR« bringt einen Beobachter ins Spiel, der darauf zählt, seinerseits beobachtet zu werden. In Filmen wie The Night of the Hunter (Regie: Charles Laughton, USA 1955) oder Farewell, My Lovely (Regie: Dick Richards, USA 1975) handeln der von Mitchum dargestellte böse Priester Harry Powell (auf dessen Fingergliedern der rechten Hand steht »L-O-V-E«, der linken Hand »H-A-T-E«) beziehungsweise der Privatdetektiv Philip Marlowe, indem sie nicht handeln. Indem der Held sie darstellt und aushält, ist er die bestimmte Unbestimmtheit einer Situation, die allen anderen klarmacht, dass es auf ihr Handeln ankommt, obwohl und weil sie kaum noch eine Wahl haben.
Zieht man die moderne Physik zu Rate, handelt es sich bei Mitchums Diktum jedoch um ein Missverständnis. In dem Moment, in dem mit Albert Einsteins Relativitätstheorie Raum und Zeit nicht mehr als Konstanten, sondern als Variablen gelten, wird Handlung zu einer grundlegenden Größe der Physik. Definiert als Produkt aus Energie und Zeit, liegt Handlung allem zugrunde, was als Materie, Gravitation und Beschleunigung beobachtet werden kann. Sie repräsentiert, wie Alfred Korzybski sagt,[1] eine Krümmung der Welt, in der es, gerade weil sie kontingent ist, auf ihre Selektion ankommt, um eine Situation zu bestimmen. Sie ist die Handlung eines Beobachters, der ohne sie nicht wüsste, was er beobachtet. Sie fällt nicht nur unangenehm auf, weil sie dort lärmt, wo die Welt ohne sie in perfekter Harmonie zu kontemplieren wäre, wie die alten Griechen annahmen,[2] sondern sie integriert auch dann, wenn sie stillhält, eine Mannigfaltigkeit, die ohne sie nur ein unbestimmtes Durcheinander wäre.
Die Maxime »No Action Required« markiert einen Handlungstyp, auf dessen virtuose Beherrschung Mitchum seine Schauspielerkarriere gründete. Die Maxime ist paradox, da sie keine Handlung erfordert, wo diese unverzichtbar ist. Aber mit dieser Paradoxie bringt sie eine Dramaturgie zum Ausdruck, die unentschieden lässt, ob sie sich mehr für die Krümmung der Welt und für die Verhältnisse interessiert, die in ihr zum Ausdruck kommen, oder für die Handlung, in der sich diese Krümmung bricht. Die Verhältnisse sind die der Quantenmechanik,[3] denn die Handlung bestimmt die Krümmung einer Welt, die ohne diese Handlung unbestimmt bliebe und durch andere Handlungen anders gekrümmt würde. Will man den Blick von der Handlung auf die kontingente Krümmung werfen, muss man sich an die Maxime »No Action Required« halten. Will man beobachten, dass und wie es für die Krümmung der Welt auf die Handlung ankommt, muss man deren Form beobachten,[4] ihre Innenseite, ihre Außenseite und die von ihr getroffene Unterscheidung zwischen beiden Seiten.
Wenn es stimmt, dass der Ökonom ein Handlungsverständnis hat, das auf die freie und möglichst rationale Wahl hinausläuft, während das Handlungsverständnis des Soziologen darauf hinausläuft, dass der Mensch keine Wahl hat, dann brechen wir diese allzu glatte Arbeitsteilung im Folgenden auf, indem wir zu zeigen versuchen, dass die Handlung im Feld des Sozialen immer schon als unbestimmte bestimmt ist. Eingekreist von den Selektionen und Restriktionen der Situation, eignet jeder einzelnen Handlung dennoch ein wie immer minimales Moment der Wahl, der Entscheidung. Nur in dieser Form, so vermuten wir, kann der soziologische Handlungsbegriff mit dem Weltbild einer modernen Physik abgestimmt werden, in der jede Situation ihre Bestimmtheit einem Beobachter verdankt. Deshalb versuchen wir im Folgenden, die Handlung als eine Beobachtung nachzuweisen, die das, was sie zu sehen bekommt, nicht auf die Handlung zurechnet, sondern auf die Situation und in diesem Sinne sich selbst, die Handlung, negiert.
Wir werden der Paradoxie einer Handlung, die keine action ist und keine action braucht, im Folgenden im Rahmen eines Versuchs nachgehen, das Handlungsverständnis, das sich hier zeigt, als eine, wenn nicht die soziologische Problemstellung zu rekonstruieren. Wir folgen der Vermutung, dass alle soziologische Theorie zunächst einmal Handlungstheorie ist und dass dies nicht etwa an einer positiv greifbaren und beobachtbaren Gegenständlichkeit von Handlung liegt und erst recht nicht daran, dass die soziologische Theorie einem Handlungsverständnis verpflichtet wäre, das sie mit dem Laien teilt, etwa einem Verständnis, das auf die Person des Handelnden und dessen Intentionen sowie die Situation und ihre Restriktionen zurechenbar wäre, sondern daran, dass all dies nur unbestimmt der Fall ist. Am sozialen Handeln, so werden wir zeigen, studiert die soziologische Theorie auch dann, wenn ihr die universitäre Lehrbuchsoziologie und das Selbstverständnis der Projekte empirischer Sozialforschung darin nicht immer zu folgen vermögen, die Unmöglichkeit der intentionalen im Kontext der Unmöglichkeit einer situationalen Handlung. Eine soziologische Theorie besteht darin, an Handlungen vorbei auf das zu schauen, was sich in Handlungen zeigt, um diese auf eine Art und Weise zu determinieren, zu der weder Intentionen noch Interessen in der Lage wären.
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