Zaubersprüche für Anfänger - Harry Eilenstein - E-Book

Zaubersprüche für Anfänger E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Zaubersprüche sind nicht allmächtig, aber auch nicht nutzlos. Es gibt sie, aber sie sind anders als sie in den allermeisten Fantasy-Romanen dargestellt werden. Sie wirken durch Konzentration, jahrzehntelangen Gebrauch, markante Bilder, präzise Worte, einen guten Spannungsbogen, die Verbindung zu Gottheiten, und noch durch einiges mehr. Ein effektiver Zauberspruch ist wie eine wesentliche Weisheit und wie ein wirksames Mantra - sie alle sind wie ein gutes Gedicht: spannend, berührend, ergreifend, schwingend, voller lyrischer Melodie, klar, zielgerichtet, überzeugend ...

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Inhaltsverzeichnis

I Zaubersprüche?

Zaubersprüche sind neben dem Zauberstab das bekannteste Elemente in der Magie. Es gibt allerdings keine Zaubersprüche, die man nur aussprechen muß, damit ein Wunder passiert und eine Taube in einen Fuchs verwandelt wird oder damit ein Baum in Flammen aufgeht.

In dieser Hinsicht entsprechen die Zaubersprüche, die z.B. aus dem „Herr der Ringe“ oder aus „Harry Potter“ bekannt sind, nicht der Realität.

Trotzdem sind Zaubersprüche durchaus auch in der tatsächlich existierenden Magie ein wichtiges Hilfsmittel. Dabei erfüllen Zaubersprüche die verschiedensten Aufgaben vom Ausdrücken des eigenen Willens bis hin zur Koordination einer Gruppe von Magiern oder Hexen. Man kann sich natürlich fragen, was man von diesen „von einzelnen Magiern oder Magier-Gruppen in der Magie benutzten Worten“ man als „Zaubersprüche“ bezeichnen will.

Schließlich kann man noch schauen, in welchen Kulturen Zaubersprüche zu finden sind.

Dies sind zunächst einmal die Schrift-Kulturen, in denen manche Ritual-Texte aufgeschrieben und über Jahrhunderte hinweg von den verschiedensten Magiern für dieselben oder sehr ähnliche Zwecke verwendet werden. Oft werden dabei auch einzelne Teile eines größeren Ritus aus diesem herausgelöst und dann bisweilen leicht abgewandelt als Zauberspruch in anderen Zusammenhängen verwendet. Diese Schrift-Kulturen sind vor allem die Epoche des Königtum, die um 3250 v.Chr. begonnen hat.

Es gibt aber auch Zaubersprüche in den Kulturen, die der Epoche der Jungsteinzeit entsprechen. In diesen Kulturen leben die Menschen noch als Stamm oder Sippe zusammen, es gibt in ihnen keine hierarchische Strukturen und die Menschen haben ein magisch-mythologisches Weltbild. Da es in diesen Kulturen keine Schrift, aber durchaus mündlich überlieferte Texte gibt, können sich diese Texte leichter verwandeln und weiterentwickeln.

Es stellt sich natürlich die Frage, welche Rolle Zaubersprüche in der heutigen Magie sinnvollerweise noch spielen könnten.

Aber diese Frage ist nach den folgenden Betrachtungen leichter zu beantworten als am Anfang dieses Buches.

II Sprache & Co.

Zunächst einmal bestehen Zaubersprüche aus Worten, die laut ausgesprochen, leise gemurmelt oder nur innerlich gesprochen werden.

Somit ist im Zusammenhang mit Zaubersprüchen auch die Betrachtung der Sprache selber von Bedeutung.

1. Traditionelle Vorstellungen

Zu dem Zusammenhang zwischen Worten und Magie kann man in den älteren magischen Traditionen und auch in den Religionen einiges Interessantes finden.

Im Alten Ägypten gab es die Vorstellung, daß alle Handlungen im Herzen beginnen, da das Herz als der Sitz der eigenen Seele angesehen worden ist. Diese Seele nannte man auch „Gottheit im eigenen Herzen“ („netjer-em-ib-i“). Sie wird bei der Mumifizierung durch den Skarabäus auf der Mitte der Brust geschützt.

Aus dem Willen im Herzen („Sia“) entsteht das Wort im Mund („Hu“). Dadurch nimmt der Wille, der zunächst nur ein formloser Impuls ist, eine konkrete Gestalt an.

Dadurch, daß der Wille („Sia“) in der Form eines Wortes („Hu“) ausgesprochen wird, gelangt die Schöpferkraft der Seele im Herzen in die Welt hinaus und ruft dort eine magische Wirkung hervor („Heka“).

Der Sonnengott Re ist das Urbild der Individualität, des Ichs und des Willens. Daher wurden Sia, Hu und Heka bei den Ägyptern als die drei Helfer des Re angesehen.

Bei den Navahos und einigen anderen Indianerstämmen gibt es ebenfalls die Vorstellung von drei Schritten des Willens. Sie entsprechen ziemlich genau den ägyptischen Vorstellungen: Alles beginnt mit dem Gedanken; dieser wird dann zu einem Wort; und dieses wird dann zur Tat.

Diese Folge „Herz – Mund – Hand“ entspricht der ägyptischen Folge „Herz – Zunge – Magie“, da in diesen frühen Kulturen die physische Handlung und die magische Handlung nicht so klar wie heute unterschieden worden sind, sondern als zwei Aspekte derselben Tätigkeit aufgefaßt worden sind.

Auch im Chakrensystem gibt es diese Folge, wobei sie dort ein wenig differenzierter beschrieben wird:

Im Herzchakra ruht die Individualität – das Herzchakra ist der „Tempel der Seele“.

Aus dieser Individualität heraus entstehen die Impulse, die sich entweder nach außen auf die sozialen Zusammenhänge richten (Halschakra) oder nach innen auf den eigenen Körper und die eigenen Bewegungen richten (Sonnengeflecht).

Aus diesen allgemeinen Impulsen (Gefühlen) im Halschakra und im Sonnengeflecht entstehen dann in einem zweiten Schritt die konkreten Absichten (Gedanken, Haltungen), die sich wiederum nach außen (Drittes Auge) und nach innen (Hara) richten können.

Schließlich werden diese konkreten Absichten in einem dritten Schritt im Dritten Auge und im Hara zu körperlichen Kontakten (Wurzelchakra) und zu geistigen Kontakten (Scheitelchakra).

Die Worte gehören zu dem Bereich der konkreten Absichten und der Erschaffung von Formen, also zum Dritten Auge und zum Hara.

In der Bibel wird im Johannes-Evangelium die Schöpfung der Welt durch das Wort beschrieben:

„Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott selbst. Von Anfang an war es bei Gott. Alles wurde durch das Wort geschaffen; nichts ist ohne das Wort entstanden. In ihm war das Leben, und dieses Leben war das Licht für alle Menschen.“

Hier ist das Wort der Ausdruck für Gottes Schöpferkraft. Das entspricht genau den ägyptischen Vorstellungen über Sia, Hu und Heka.

Im Tao-Tê-King des Lao-tse gibt es eine ähnliche Vorstellung von drei Schritten, die jedoch nicht so persönlich gefaßt ist wie die bisher beschriebenen Ansichten über das Wirken der Worte.

Am Anfang war das Tao, die große, ungeformte Einheit. Sie hat sich in Yin und Yang aufgespalten, die sich dann auf die verschiedensten Weisen miteinander vermischt und so die Welt erschaffen haben. Das ist im Gegensatz zu dem individuellen Willen im eigenen Herzen der universelle Willen der Welt. Das entspricht dem „Sia“ des Sonnengottes Re in Ägypten.

Der Mensch hat nun die Möglichkeit, sich durch das Spüren des Tao und durch den Verzicht auf das eigene Prägen der Welt durch große Kraft und Härte wieder in Einklang mit dem Tao zu gelangen, wodurch er dann mühelos erfolgreich ist – er schwimmt im Strom des Tao mit. Diese Haltung wird „Wu-Wei“, d.h. „Nicht-Tun“ genannt. Diese Schweigen in Worten und Taten entspricht den „Worten“ in den anderen Systemen – sie werden hier zu Schweigen, damit man die Worte des Tao hören kann. Das entspricht dem „Hu“ in Ägypten.

Aus dieser Haltung heraus, also aus dem Einklang mit dem Tao, entsteht dann eine Verzauberung der Welt, ein müheloses Erreichen der eigenen Ziele. Dieser Effekt wird „Tê“, d.h. „Magie“ genannt. Das entspricht dem „Heka“ in Ägypten.

In allen diesen Systemen wird die Sprache als der Bote, Helfer, Architekt und Baumeister des Willens im Herzen (bzw. des Tao) angesehen, dessen Aufgabe es ist, die Impulse im Inneren zu konkretisieren und ihnen eine klare, feste Form zu geben.

Diese Worte bereiten die Handlungen und die Magie vor und sie geben auch Orientierung in der Welt:

- Die Worte sind der Weg, auf dem die innere Kraft auf dem Weg vom Herzen nach außen als Magie in die Welt gelangt.

- Das Schweigen, also die „Nicht-Worte“, sind daher der Weg, auf dem man wieder zur Mitte, zur Essenz, zur eigenen Seele und zum Tao gelangt.

2. Sprache, Gesang und anderes

Es gibt Zaubersprüche und Zaubergesänge.

Bei Zaubersprüchen liegt die Betonung auf dem Inhalt der Sprache. Die Worte stehen zudem zunächst einmal eher nüchtern da – sie bilden zwar Sätze und Abschnitte, aber sie sind wie eine Folge von Gegenständen, die auf einem Tisch liegen.

Wenn der Zauberspruch ein markantes Bilder beschreibt, ordnen sich die Gegenstände auf dem Tisch – um in dem Bild zu bleiben – zu einem schlüssigen Gesamteindruck.

Wenn der Zauberspruch wie ein Gedicht ein Versmaß, Reime und ähnliches besitzen, werden erwie Dinge, die auf eine symmetrische Weise auf dem Tisch angeordnet sind. Diese formale Ordnung läßt den Zauberspruch schlüssiger und überzeugender wirken.

Wenn der Zauberspruch dann noch eine Melodie erhält, wird er zum Zaubergesang. Dadurch fangen die Worte an zu schwingen – jedes Wort steht mit jedem anderen Wort in diesem Zauberspruch in Resonanz und wird dadurch sozusagen lebendig.

Daher sind generell Zaubersprüche, die eine Form der lyrischen Ordnung aufweisen, überzeugender als nicht-lyrische Zaubersprüche.

Zaubersprüche sind geeigneter, um Formen präzise darzustellen – Zauberlieder sind geeigneter, um Lebenskraft zu rufen, zu konzentrieren und zu bewegen.

Ein weiteres Element, das oft zusammen mit Zaubersprüchen verwendet wird, sind Gesten. Sie bringen Klarheit in die Ausrichtung des Zauberspruchs und eine größere Überzeugung in seine Wirksamkeit.

Gesten können daher dem Zauberspruch ein größeres „Feuer“ geben.