Zenjanisches Feuer - Raik Thorstad - E-Book

Zenjanisches Feuer E-Book

Raik Thorstad

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Beschreibung

Heimatlos und doch gemeinsam versuchen Sothorn und Geryim ihr neu gefundenes Glück zu genießen, doch das Schicksal lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Nicht nur der immer knappere Vorrat an Lotus schürt ihre Sorgen, sondern vor allem die neu erwachten Fähigkeiten in Sothorn, die ihn und alle Mitglieder der Bruderschaft in Gefahr bringen. Er begibt sich mit Geryim auf die Suche nach dem Ursprung des Feuers in sich und folgt dabei den rätselhaften Stimmen, die ihn schon lange begleiten. Doch keiner der beiden ahnt, dass sie auf dem Weg sind, das Schicksal Sundas für immer zu verändern. Band 2 der "Zenja"-Serie.

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Seitenzahl: 603

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Juli 2020

© 2020 by Raik Thorstad

Verlagsrechte © 2020 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk, Taufkirchen

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

Coverillustration: creationwarrior

Druckerei: CPI Deutschland

Lektorat: Anne Sommerfeld

ISBN-13: 978-3-95823-832-9

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

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Klappentext:

Heimatlos und doch gemeinsam versuchen Sothorn und Geryim ihr neu gefundenes Glück zu genießen, doch das Schicksal lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Nicht nur der immer knappere Vorrat an Lotus schürt ihre Sorgen, sondern vor allem die neu erwachten Fähigkeiten in Sothorn, die ihn und alle Mitglieder der Bruderschaft in Gefahr bringen. Er begibt sich mit Geryim auf die Suche nach dem Ursprung des Feuers in sich und folgt dabei den rätselhaften Stimmen, die ihn schon lange begleiten. Doch keiner der beiden ahnt, dass sie auf dem Weg sind, das Schicksal Sundas für immer zu verändern.

Prolog

Es gab an diesem Ort weder Ratten noch Vögel, selbst Spinnen hielten sich fern. Die Wurzeln der nahestehenden Bäume strebten ahnungsvoll in eine andere Richtung. Kein Mensch setzte den Fuß über die einstige Schwelle, selbst die nimmermüden Schatzsucher zweifelhafter Gesinnung blieben aus. Das Leben war verschwunden.

Nur tief im Geröll besserer Tage regte sich etwas.

»Es ist Zeit anzunehmen, was geschehen ist, Liebste. Du darfst nicht länger in die Ferne schweifen.« Sorge ließ die ferne Stimme barsch klingen. Schmerz lag darin – und Angst vor einem Verlust, der nicht verwunden werden konnte.

Die Antwort war wie das Rascheln eines fallenden Blattes. »Vertrau mir. Uns hat sich ein Weg eröffnet. Nach all der Zeit steht das Tor einen Spaltbreit offen. Ich kann die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, ohne…«

»Du hast getan, was du konntest. Aber jetzt musst du zurückkehren«, unterbrach er sie drängend. »Er unterwirft sich dir nicht.«

Ein Knarren hallte durch die finsteren Gänge. Kaum mehr als ein Echo, aber es hatte genug Kraft, um Staubkaskaden von Türstürzen und zerborstenen Säulen rieseln zu lassen. Asche legte sich auf verkohlte Holzreste, die aus dem Felsen ragten wie schwarzes Gebein.

»Ich will nicht seine Unterwerfung«, erwiderte sie sanftmütig. Mit jedem Wort wurde die Anstrengung in ihrem Singsang offensichtlicher. »Er soll nicht vor mir knien. Ein gebrochener Ast hält das Gewicht der Äpfel nicht, das gelingt nur einem gesunden Trieb. Und er braucht mich.«

Für einen Herzschlag breitete sich verwundertes Schweigen zwischen den Welten aus. Dann gellte ein Fluch durch den Stein. »Der lange Schlaf muss deinen Geist verwirrt haben. Du schenkst ihm deine Kraft? Einer Hoffnung wegen, die längst verweht ist? Dazu hast du kein Recht!«

»Ich habe jedes Recht!«, antwortete die weibliche Stimme. »Es ist meine Kraft, die ihn nährt, nicht deine. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit dürfen wir hoffen. Und ich gebe ihn nicht auf. Ich habe ihn gerettet, als er im Sterben lag. Ich habe ihn getröstet, als er geschrien hat. Und ich werde an ihn glauben, bis er mich eines Besseren belehrt.«

Ein Grollen im Untergrund zeugte von den heißen Quellen, die unter dem Geröll brodelten, und spiegelte die Empfindungen des Unsichtbaren wider. Ihm war nach Toben und Schreien zumute. Was, wenn er sie verlor? Was, wenn sie nach all den Jahrhunderten mühsamsten Darbens auseinandergerissen wurden? Was, wenn er allein zurückblieb?

Er zwang sich zur Ruhe. »Was immer du ihm gibst, er wird es nicht schaffen. Sein Leib ist zerbrechlich, seine Seele beschädigt. Er ist ein allzu kleines Gefäß und wird zerbersten wie ein überbeanspruchter Krug. Ich dachte, dir liegt an ihm.«

Ihr Lachen klang wie Silber. Dafür hatte er sie stets geliebt. Für ihr Gelächter – und für ihre Bereitschaft zu schonen, wo andere rücksichtslos nahmen. Aber mit der Zeit waren sie alle hart geworden. Manchmal glaubte er, dass sie nichts anderes verdient hatten.

»Mir liegt an ihm. Dessen kannst du dir sicher sein«, erklärte sie. »Aber ich bin von seiner Stärke überzeugt. Ich glaube an ihn, wie die Frau mit der gebrochenen Stimme an den Tierkrieger geglaubt hat. Er hat Schaden genommen, aber er weiß seinen Weg zu gehen.« Sie verstummte, bevor sie stimmlos hinzufügte: »Die Zeit nagt an uns. Zu viele von uns erwachen nicht mehr, wenn sich die Mondgöttin am Himmel zeigt. Bald wird niemand mehr da sein, von dem der Bann genommen werden kann.«

Zum ersten Mal erlaubte sie ihm, in ihre Seele einzutauchen und ihre Ängste zu sehen.

Sie spürte die Zeit, die sich wie ein gieriges Nagetier zum Baum der Ewigkeit fraß. Mochten ihre Körper auch unzerstörbar sein, ihr Geist war es nicht. Wahn und Schwermut waren ihre ärgsten Feinde.

Sein Seufzen war ein Luftwirbel in einem leeren Raum. Schweren Herzens berührte er sie mit seiner Macht. Er erschrak, als er merkte, wie schwach sie geworden war.

Behutsam schob er Bilder vergangener Zeiten in ihr Bewusstsein. Die Talsenke von F'Bal im Frühjahr, erleuchtet von schwärmenden Glühwürmchen, die über dem Sumpfwasser tanzten. Erdige, betörende Gerüche, die zum Verweilen einluden. Das Rascheln und Singen ungezählter Kreaturen, die die umliegenden Wälder belebten. Über ihnen die Mondgöttin mit ihrem Kind.

Das innere Beben seiner Gefährtin ließ ihn wissen, dass er sie zu lang allein gelassen hatte. Sie flehte ihn um Hilfe an. Wäre er in der Lage gewesen, sich zu bewegen, hätte er den Kopf geschüttelt. So aber schwieg er und ließ ihr seine Kraft zukommen, damit sie sich erholen und fortsetzen konnte, was sie begonnen hatte.

Kapitel 1

Spuren im Schnee

Der Sud aus Schwefeldolde und altem Wein roch würzig, zu süß und so faulig, dass sich Geryims leerer Magen verkrampfte. Dennoch stand die heiße Flüssigkeit für das vage Gefühl von Heimat, dem er verbissener denn je nachjagte.

Zitternd und benommen vor Hunger hob er den Blick, noch nicht bereit, den Becher mit dem Sud zu leeren. Er war allein auf der Lichtung. Die krumm gewachsenen Fichten und das dornige Buschwerk im Umkreis waren ebenso von dichtem Schnee bedeckt wie der unebene Erdboden. Das allgegenwärtige Weiß blendete Geryim, als er sich einem tief verankerten Instinkt folgend nach der dunklen Gestalt eines gewissen Blauschwanzadlers umsah. Doch Syv war ebenso wenig in der Nähe wie einer seiner Kameraden. Er selbst hatte sie fortgeschickt. Sie lagerten an der Küste, wärmten sich am lodernden Feuer und warteten auf seine Rückkehr.

Geryims Finger bebten heftiger denn je, doch er verstärkte seinen Griff um den schlichten Holzbecher. Der Schnee war im Verlauf des Tages an der Oberfläche angetaut und überfror seit dem Sonnenuntergang beständig. Das junge Eis schnitt ihm in die Fußsohlen, während der Wind wie ein gieriger Räuber nach seiner nackten Haut griff.

Es war weder die rechte Zeit noch der rechte Ort. Sie waren viel zu weit in den Süden gesegelt und damit endlose Meilen von den kargen Weiten des Ingen Tjadis-Gebirges entfernt, aber er hatte auf diesen Wunsch bestanden und zu seiner Überraschung hatten sämtliche Mitglieder der Bruderschaft zugestimmt. Sei es, weil sie ihn mehr schätzten, als ihm bewusst gewesen war, oder weil sie darauf bauten, dass er nach dieser Nacht ein anderer sein würde.

Er hoffte es selbst. So sehr, dass es ihn gegen die Kälte und die untergründige Angst vor dem, was ihn erwartete, abschirmte.

Zu Geryims Füßen verlor die Glut der winzigen Feuerstelle die letzte Farbe und hüllte sich in lebloses Schwarz. Es war Zeit; zu früh und gleichzeitig viel zu spät.

Ein letztes Mal tastete er nach Syvs Geist, um über dessen Sinne seine Wahrnehmung und damit seinen Horizont zu erweitern, nur um es sich im selben Atemzug zu verbieten. Diese eine Aufgabe musste er allein bewältigen. Er würde die Regeln nicht brechen. Niemand würde je davon erfahren, doch er selbst würde es wissen, und das wäre schlimm genug.

Geryim schloss die Augen und führte den Becher an die Lippen. Der Sud schmeckte genauso, wie er roch, und benetzte seine Zunge mit einer derart süßen Fäule, dass er sich die Hand auf den Mund pressen musste, um das Gebräu nicht auszuspucken. Es brauchte ein paar lange, erzwungen tiefe Atemzüge, um seinen rebellierenden Magen zu beruhigen. Dann fiel Geryim der Becher aus der Hand. Die letzten dunklen Tropfen verfärbten den Schnee in einer Farbe, die er nicht benennen konnte. Dafür hörte er sie in seinem Blut singen, immer schneller, immer höher, immer lauter. Der Waldsaum drehte sich um ihn. Eingeflochten in die Äste flatterte ein Faden aus Licht.

Geryims Knie wurden weich. Er war überzeugt, dass sie jeden Augenblick nachgeben würden. Doch stattdessen folgte er plötzlich dem tanzenden Band, das sich innerhalb eines Wimpernschlags aus dem Licht gesponnen hatte. Es hatte dieselbe Farbe wie die Tropfen im Schnee und eine Beschaffenheit, die er nicht beschreiben konnte. Ledrig vielleicht oder doch wie das feine Fell eines jungen Hirschs, dessen erster Frühling von Regen und frischen Knospen bestimmt gewesen war?

Nur der schneidende Wind auf seinen Wangen und seiner Brust verriet ihm, dass er rannte. Für die Bewegung selbst hatte er jedes Gefühl verloren. Das war gut. Empfindungen hatten auf dieser Jagd keinen Platz. Es gab nur ihn und seinen Gegner. Die Herausforderung, der er sich stellen musste, um endlich zu dem zu werden, der er schon vor Jahren hätte sein sollen.

Und wenn es ihm gelang…

Ein Band aus Farbe wob sich durch seinen Geist, kaum mehr als ein roter Schleier. Er barg Sinn in sich und damit den Grund, warum Geryim nicht versagen konnte. Durfte. Sonst würde sich alles, was rot war, vor seinen Augen auflösen und seiner Reichweite entrissen werden. Dieses Rot, das nun so nah war und auf ihn wartete. Ihnen war nicht viel Zeit vergönnt gewesen. Das Wenige, was sie bekommen hatten, hatte Geryim ihnen verdorben. Aber wenn er heute siegreich war…

Nicht jetzt. Nicht während der Jagd, flüsterte ihm eine Stimme zu. Er kannte sie. Sie war Teil seiner Vergangenheit, doch er wusste nicht mehr, wem sie gehört hatte. Ignorieren durfte er sie dennoch nicht.

Haken schlagend lief er durch den Wald. Ihm war bewusst, dass seine Zehen vor Kälte taub wurden, dass seine Lungen vor Anstrengung brannten und dass ihm immer wieder eisiger Schnee auf den Körper rieselte, wenn er im Weg hängende Äste beiseite-stieß. Gleichzeitig spürte er nichts davon. Er folgte dem flirrenden Band, das mit jedem Atemzug breiter zu werden schien, bis es vor ihm verharrte, verschwamm und sich dann auf ihn stürzte.

Geryim geriet ins Taumeln. Ihm war, als hätte man ihm die Augen verbunden. Und doch sah er die Niederung, in die es ihn getrieben hatte, und auch seinen Gegner, der ihm mit gesenktem Kopf entgegenblickte.

Ein Herzschlag. Ein kurzer Blickkontakt. Dann wussten sie alles übereinander, was es zu erfahren gab. Geryim sandte ein kurzes, aber inniges Gebet an Gor und dankte ihm, dass er ihn mit einem so ehrenwerten Gegner bedacht hatte.

Der Keiler war alt und müde. Einer seiner Hauer war auf halber Länge abgebrochen und zersplittert, das Fell an seinem Hals so räudig, dass man die Narben vergangener Kämpfe erkennen konnte. Doch in seinen kleinen, klugen Augen stand die Erinnerung an bessere Tage. Egal, wie sehr ihn seine Knochen schmerzten, egal, wie genau er darum wusste, dass dies sein letzter Winter war, würde er nicht aufgeben, sondern diese Schlacht austragen.

Geryim fragte sich benommen, ob es vielleicht Gor selbst war, der dem alten Keiler seine Kraft lieh und ihm damit ermöglichte, ein letztes Mal zu zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt war. Es würde zu dem Halbgott passen, den alle Wargssolja und damit selbst Verlorene wie Geryim so glühend verehrten. Gor liebte die Jagd, aber die Wälder und ihre Bewohner liebte er noch mehr. Und was manchem Städter wie ein Widerspruch vorkam, war für Geryim schlichtweg eine der großen Wahrheiten, die ihm im Blut brannten.

Der Keiler schlug schnaubend mit dem Kopf. Wie Geryim bereits zuvor gewusst hatte, was in dem mächtigen Tier vor sich ging, wusste er nun auch, dass es die Geduld mit ihm verlor. Mit jedem verschwendeten Herzschlag stand der Witwenmond höher am Himmel und ließ den Schnee zu ihren Füßen und Klauen heller leuchten. Bald würde das Licht ihre Augen reizen, bis sie schneeblind waren, und dann wäre ihm der Keiler mit seinen feineren Sinnen überlegen. Offenbar kein Vorteil, den das Tier für sich zu nutzen gedachte. Falls es auf diese Weise denken konnte.

Geryim blinzelte. Die Schwefeldolde war in seinem Kopf, in seinem Blut und in seinem Herzen. Sie machte ihn sowohl träge als auch hellwach, betrunken wie nüchtern. Seine Hand zitterte nicht länger, als er nach seinem einzigen Kleidungsstück – einem schmalen Ledergurt um Brust und Hüfte – tastete. Lautlos zog er den Langdolch aus der Scheide und wog die vertraute Waffe in der Hand. Sie war bereits sein Werkzeug gewesen, als er ein an Körper und Geist tauber Meuchelmörder im Dienst eines halb vergessenen Handelsherren gewesen war. Sie hatte ihm immer beigestanden. Heute würde es nicht anders sein.

Geryim gab seiner inneren Stimme nach, den Dolch respektvoll an die linke Brustseite zu führen. Daraufhin bildete er sich ein, den Keiler einen seiner Vorderläufe beugen zu sehen, um den Gruß zu erwidern. Aber vielleicht wurden dem Schwarzkittel auch nur die Beine schwer.

Der Kampf begann, ohne dass es einer weiteren Geste bedurft hätte. Geryim dachte nicht. Stattdessen ließ er sich von Erinnerungen leiten. Manche schienen nicht seine eigenen zu sein. Er wusste um die Gefahr, die von den Hauern des Keilers ausging, und auch, dass seine eigenen Knochen zuerst splittern würden, sollten sie ungebremst aufeinandertreffen.

Daher vertraute er sich seiner Beweglichkeit und seinen Instinkten an, als der Keiler mit gesenktem Kopf auf ihn zustürmte. Geryim wartete bis zum letzten Moment, bevor er beiseitesprang. Herber Moschusgeruch strich an ihm vorbei. Sein Unterarm kribbelte, als er mit rauem Fell in Berührung geriet. Das Schnaufen des Keilers drang überlaut in Geryims Ohren und löschte beinahe alles andere aus. Nur sein Herzschlag dröhnte weiterhin zuverlässig in seinem Kopf und band ihn an die Wirklichkeit, während der Rest von ihm in eine andere Welt eintrat.

Geryims Beine ließen ihn ohne sein Zutun springen und rennen. Seine Augen nahmen Gelegenheiten wahr, die er selbst nicht bemerkte. Und sein Arm suchte nach jenem winzigen Moment zwischen Ein- und Ausatmen, in dem er niederfahren und den Kampf für sich, für sie entscheiden konnte. Jetzt.

Lodernder Schmerz fuhr ihm in die Schulter. Vor seinen Augen leuchteten rote Flecken auf und schwarzes Fell flog durch die Luft. Schulterblatt, behauptete die Stimme in Geryims Hinterkopf. So kommst du nicht weit.

Sie hatte recht. Es reichte nicht, dem Keiler in die Seite zu fallen und darauf zu hoffen, dass der Dolch weiches Fleisch fand. Er musste den Einsatz erhöhen.

Beim nächsten Ansturm wich Geryim nicht aus. Er sah den Keiler auf sich zurennen; eigentümlich langsam, wie er sich einbildete.

Auch, wenn er sich vorbereitet und seinen Körper weich gemacht hatte, trieb ihm der Aufprall die Luft aus den Lungen. Er hörte einen Aufschrei, der nur sein eigener sein konnte, und ein Keuchen, das von ihnen beiden stammen mochte. Etwas barst. Ein grauenerregendes und gleichzeitig tief befriedigendes Schmatzen war zu hören, gefolgt von einem Ächzen.

Der Schmerz traf Geryim so unerwartet, dass er versucht war, die Augen zu verdrehen. Er konnte die Hitze spüren, die ihm über das Bein rann, und mit ihr das aufgeregte Flattern in seiner Kehle.

So sollte es nicht enden, ging es ihm durch den Kopf. Das ist nicht richtig.

Dann hörte er das Stöhnen. Es erklang über ihm und drückte ihn gemeinsam mit einem unerklärlichen Gewicht in den Schnee. Die Last war kaum erträglich und dasselbe galt für das Gefühl des rauen Fells, das sich in seinen Mund drängte.

Ein Hauch von Bewusstsein schlich sich wie das Flackern einer Kerze in einer nachtschwarzen Kaverne an ihn heran. Er spuckte aus und schmeckte Blut. Seine suchenden Hände fanden zitternde Flanken, die sich unter gewaltsamen Atemzügen hoben, nur um gleich darauf ineinander zu fallen.

Der Tod kam auf leisen Sohlen. Er besaß keine Gestalt außer den schaurigen kleinen Lauten, die Geryim in seinem Brustkorb widerhallen spürte. Es waren nicht seine eigenen. Er wandte sich innerlich wie äußerlich seinem Gegner zu und strich durch dessen Fell, als wäre der Keiler ein Freund, der getröstet werden musste. Im Grunde war er das auch.

»Danke«, hörte Geryim sich raunen. »Danke für dein Geschenk.«

Einer Antwort gleich lief ein letztes Beben durch den schweren Leib. Dann lag das gewaltige Tier still, Geryims Dolch nach wie vor in der breiten Brust versenkt.

* * *

Als Geryim zu sich kam, war er bereits auf halbem Weg zur Küste. Zuerst bemerkte er den Schmerz, der von allen Seiten auf ihn eindrang und sich in seinem rechten Oberschenkel verdichtete. Dann spürte er das Gewicht in seiner Hand und dachte, dass es nicht recht war, nur das Herz seines Gegners heimzubringen.

In einem anderen Leben wäre er ebenfalls erschöpft nach Hause gestolpert – wahrscheinlich stolzer, als er es jetzt war – und hätte den Beweis für die erfolgreiche Jagd seinem Stamm gezeigt. Im Anschluss wären einige seiner Brüder und Schwestern aufgebrochen, um sich des Keilers anzunehmen. Die Wargssolja verschwendeten niemals auch nur eine Faser eines erlegten Tieres und fingen sogar dessen Blut auf. Es war nicht ehrenhaft, ein Leben zu nehmen, nur um die Gabe verwesen zu lassen. Aber Geryim war nicht bei seinem Stamm und die, die ihn begleiteten, wussten es nicht besser.

Je länger er unterwegs war, desto schmerzhafter krampften seine Muskeln. Außerdem wurde er sich der Schwäche bewusst, die bisher von Anspannung und Aufregung übertüncht gewesen war.

Sothorn war dagegen gewesen, dass er vor der Jagd tagelang fastete. Hatte gemeint, dass keiner von ihnen derzeit gut genug genährt war, um freiwillig auf Essen zu verzichten, und dass die Kälte ihr Übriges tun würde, seine Kraft auszuzehren. Er hatte nicht verstanden, dass Geryim es richtig anfangen musste, wenn dieses Ritual etwas wert sein sollte. Entsprechend düster war Sothorns Blick gewesen, als sie sich voneinander verabschiedet hatten.

Vor ihm tauchten die Überreste einer ausgebrannten Feuerstelle auf, die er allzu gut kannte. Geryim zog die Oberlippe hoch und gab ein Geräusch zwischen Fauchen und Schnarren von sich. Von hier war er aufgebrochen, was mit anderen Worten bedeutete, dass sein Marsch durch die Nacht lange nicht beendet war. Er hatte gehofft, in seinem traumverlorenen Zustand weiter gekommen zu sein.

Er umfasste das inzwischen kalte Herz des Keilers fester und kreuzte die Arme vor der Brust, um seinen nackten Oberkörper zu schützen. Die Kälte gewann mit jedem Wimpernschlag an Biss. In ihrem Schatten lauerte die Verlockung, sich in den Schnee fallen zu lassen und auszuruhen. Wenn er erst einmal schlief, konnte der Frost ihn zudecken, ohne dass er Geryim erreichen konnte. Es hieß, im letzten Augenblick vor der großen Dunkelheit würde alles warm und weich. Wie eine lang ersehnte Umarmung.

Geryim drückte das Kinn auf die Brust. Es war eine andere Umarmung, nach der er sich sehnte. Und wenn er erst das Lager erreicht hatte, würde sie ihm erstmalig zustehen. Dieser Gedanke erfüllte ihn mit einer Willenskraft, die ihm selbst sein zitternder Körper nicht nehmen konnte.

Einen unbestimmten Zeitraum später spürte er ein vertrautes Ziehen in seinem Hinterkopf, eine zaghafte Anfrage, gefolgt von einem Gefühl der Erleichterung, als er das innere Tor öffnete. Syv stand ganz in der Nähe hoch am Himmel und rief Geryim zu sich. Wahrscheinlich trug sein Schrei bis an die Küste und kündigte seine Rückkehr an.

Bald, versprach er Syv wortlos. Bald ist es vorbei und dann kannst auch du dich schlafen legen.

Syv sandte ihm ein Gedankenbild seiner selbst, wie er den Kopf unter dem Flügel barg und die Federn gegen die Kälte aufstellte. Etwas Tröstliches ging davon aus.

Geryim roch das Feuer, bevor er es sah. Der Angriff des Feuerelementars auf ihre einstige Heimat lag Monate zurück und doch nicht lange genug, als dass Geryims erste Reaktion nicht aus einem scharfen Luftholen bestanden hätte. Dann lieferte sein Verstand ihm eine weit friedlichere Erklärung für den Rauch und mit ihm die Erinnerung an die Unterstände und Zelte, die die Bruderschaft auf dem kargen Grasstreifen zwischen Strand und Wald errichtet hatten.

Geryim rief seine letzten Kräfte wach und verlängerte seine Schritte. Der Boden war abschüssig und der Schnee von zahlreichen Sohlen sowie einigen Pfoten und Hufen zertreten. Jedes Mal, wenn er die Richtung anpassen musste, um einen Baumstamm zu umrunden, sprang vor ihm ein flackernder Lichtpunkt umher. Erst im Näherkommen erkannte er, wie groß das Feuer war, das sie zu seinen Ehren in den Himmel schlagen ließen. Die Brust wurde ihm eng und drohte, unter seinem Herzschlag zu bersten. Ihre Stimmen riefen ihn zu sich.

Fast geschafft.

Mit seinem Eintreten in den Lichtkreis erstarb jeder Laut. Geryim spürte die Blicke der Bruderschaft – eine Reihe dunkler Gestalten gegen den fast schwarzen Nachthimmel – auf sich ruhen und ihr Schweigen ließ ihn beinahe glauben, taub geworden zu sein.

Dann trat eine der schattenhaften Gestalten auf ihn zu. Eine bleiche Maske verdeckte ihre rechte Gesichtshälfte. Der Widerschein der Flammen tanzte über die kunstvoll in den Knochen geschnittenen Vertiefungen und erweckte ihn zu neuem Leben.

Die rituelle Frage schwebte Geryim entgegen. »Was bringst du mir, Sohn des Wargen?«

Er richtete sich auf. »Ich bringe dir das Herz meines Gegners«, erwiderte er und war überrascht, wie kräftig seine Stimme klang. Er hatte ein mattes Fisteln erwartet.

»Hast du ihn auf ehrenhafte Weise erlegt?«, fuhr der Maskierte mit der Befragung fort. Sein grauer Pelzumhang bewegte sich im selben Küstenwind, der Geryims Körper beutelte.

»Ja, bei meiner Ehre.«

»Hast du dein Leben in Gors Hände gegeben, auf dass seine Macht von dir Besitz ergreifen konnte?«

»Ja, bei der Weisheit meines Vaters und der Stärke meiner Mutter.«

»Bist du dem Tier, das man dir sandte, im selben Kleid begegnet, in dem es dir gegenübergetreten ist?«

»Ja, bei der Ehre meiner Ahnen.«

Eine mit Runen bemalte Hand nahm Geryim das Herz ab. Für einen Augenblick betrachtete der Maskierte es, als suche er nach einem Makel. Dann berührte er mit dem kalten Fleisch seine Stirn und rief: »Ich sehe und bin dein Zeuge. Ich erkenne deine Beute an. Ich erkenne deine Taten an. Du hast bewiesen, dass du den Mut besitzt, dich der Wildnis und Gors Gericht zu stellen. Du hast bewiesen, dass du ein Zelt und eine Familie ernähren kannst. Gor heißt dich in seinen Reihen willkommen und schenkt dir seinen Segen. Und so grüße ich dich, Geryim, von diesem Tag an von Mann zu Mann.«

Es waren nur Worte. Geryim hatte sie den Maskierten selbst gelehrt. Niemand von seinem Stamm war vor Ort, um seinen Eintritt ins Mannesalter zu bezeugen. Dennoch traf ihn die Verkündigung bis in den Kern und nahm ihm ein Gewicht von den Schultern, das ihn in der Vergangenheit manches Mal zu Boden gedrückt hatte.

Das Knistern des Feuers war ganz nah und über ihm ertönte das Rauschen gewaltiger Schwingen. Jemand rief etwas. Gleich darauf wurden zahllose Stimmen laut, lachten, jubelten. Auf einmal sah er sich von Gestalten umringt. Sie sprangen erst zurück, als sich ein Schatten über ihn legte und einen Augenblick später auf seiner Schulter landete.

Syv war mindestens ebenso aufgeregt wie die ihn umgebenden Menschen. Er plusterte sein Gefieder auf, breitete jedoch nur den Geryim abgewandten Flügel aus, bevor er ihm den Schnabel entgegenreckte. Die vertraute Geste entlockte Geryim ein trockenes, kraftloses Auflachen und einen stummen Dank an seinen treuen Gefährten. Syv mochte ihn nicht begleitet haben, aber er war dennoch bei ihm gewesen. Syv war immer bei ihm.

Dann waren die anderen wieder da. Sie gaben ebenso viel Wärme ab wie die Flammen. Hände berührten seine Arme, klopften ihm auf Schultern und Rücken. Er wollte sie bitten, damit aufzuhören und ihm lieber einen Umhang zu geben, doch er brachte kein Wort heraus.

Er wusste nicht, seit wann ihm die Zähne klapperten, doch nun schlugen sie so heftig aufeinander, dass sich zu all den übrigen Schmerzen ein warnendes Ziehen in den Zahnwurzeln gesellte. Das Feuer reichte nicht. Die Kälte war zu tief in ihn hineingekrochen und er war noch nie so müde gewesen.

Geryim hob in einem schwachen Versuch, sich bemerkbar zu machen, die Hände. Die Stimmen waren zu zahlreich, zu laut. Es interessierte ihn nicht einmal, ob sie ihn bejubelten oder beschimpften. Er brauchte… brauchte…

Eine Hand legte sich auf seinen ausgekühlten Arm. Jemand sagte etwas und das so überzeugend, dass es Wirkung zeigte. Sie ließen von ihm ab. Geryim spürte, wie er vorwärts gezogen wurde und wunderte sich nicht, dass er kaum länger einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Ob sie das Herz den Flammen überantwortet hatten, wie es sich gehörte?

Eine Zeltplane hob sich. Er kämpfte mit dem Gleichgewicht, als er sich unter ihr hindurchschob. Dann schloss sich der Eingang hinter ihm und sperrte die Welt aus.

Geryim sackte nach vorn. Er landete auf den Knien und dicht neben einer weiteren Feuerstelle, die das niedrige Zelt zuverlässig aufgeheizt hatte. Das plötzliche Fehlen des Windes, die Erkenntnis, wie durchgefroren er war, löste neue Schmerzen aus.

Neben ihm bewegte sich etwas. Ein Umhang fiel zu Boden, aber Geryim konnte seine Hände nicht überreden, nach ihm zu greifen. Dann kauerte jemand an seiner Seite. Es war der Maskierte. Er hielt Geryim mit einer Hand einen Laib Brot entgegen, während er mit der anderen am eigenen Hinterkopf nestelte. Als die Maske fiel, hatte Geryim bereits die Zähne in das Brot geschlagen.

Sothorn lächelte, aber es lagen nicht nur Freude und Erleichterung in seinen dunklen Augen. Die offenkundige Sorge ließ Geryim zum ersten Mal einen Blick auf seinen Oberschenkel werfen. Die Wunde war die einzige heiße Stelle an seinem Körper.

»Was war es?«, fragte Sothorn trügerisch leise. Vermutlich ein Versuch, seine Anspannung zu verbergen.

»Ein Keiler.« Ruppig riss Geryim das Brot in zwei Hälften und grub mit den Fingern im weichen Kern.

Sothorn nickte mit zusammengepressten Lippen. »Er hat dich erwischt.«

»Ja.«

»Lass mich danach sehen. Es sei denn, ich soll lieber Szaprey oder Lilianne…«

Geryim schüttelte den Kopf. Er wollte keinen der anderen um sich haben. Nicht in dieser Nacht.

Während er sich einen Bissen Brot nach dem anderen in den Mund stopfte und damit endlich das Fasten brach, drückte Sothorn ihn auf den Rücken. Dann nahm er sich der Wunde an. Mit behutsamen, wenn auch ungeschickten Bewegungen reinigte er sie und legte einen leichten Verband aus sauberem Leinen an. Er musste auch eine Salbe dazugegeben haben, denn auf einmal lag ein blumiger Geruch in der Luft und überforderte Geryims nach wie vor eiskalte Nase.

Als seine taubgefrorene Haut zu neuem Leben erwachte, nahm das Zittern zu. Er fühlte sich hilflos angesichts der krampfartigen Wellen, die ihn erfassten. Sothorns warme Hände bildeten seinen einzigen Halt. Mit ihnen kam die Erinnerung an das, was Geryim sich von dieser Nacht erhofft hatte.

Erstaunt fragte er sich, warum er nicht glücklicher war. Es war ihm gelungen. Er war nun ein Mann. Dass Sothorn in dieser Nacht bei ihm blieb, dass sie ein Zelt teilten, war nicht länger etwas, das ihn vor Schuldgefühlen verzehren musste. Und doch… Würde es je genug sein?

Für den Moment schon, befahl Geryim sich. Er hatte es sich verdient. Er hatte sich Sothorn verdient.

Seitdem er Sothorn in der Spelunke Zur tanzenden Schiffsratte zum ersten Mal gesehen hatte, hatte er sich immer wieder heimlich und fast gegen seinen Willen ausgemalt, wie diese Nacht verlaufen könnte. Er hatte sich vorgestellt, wie er vor Stolz bebend den Beweis seines Jagderfolgs erbrachte, das Herz übergab und sofort über Sothorn herfiel; ob nun vor den Augen Dritter oder während sie allein waren. Alles, worauf es ihm angekommen war, war, dass sie sich in ihrer Lust verloren und anschließend darin schwelgten, ohne dass einer von ihnen verschämt das Lager des anderen räumen musste. Dass sie zusammen einschlafen konnten, ohne sich im Licht des neuen Tages unwohl zu fühlen.

Geryim spürte ein zögerliches Lächeln an seinen Mundwinkeln zupfen. Hätte er nur ein bisschen mehr Geduld aufgebracht und bis zum Frühjahr gewartet, wären seine Träume Wirklichkeit geworden. Doch mit dem Winter als Gegner war er viel zu erschöpft, um Sothorn auf sich zu ziehen, geschweige denn die entscheidenden Teile seines Körpers zur Mitarbeit zu bewegen.

Draußen erklangen Gesang und Gelächter, dazu das helle Spiel von Liliannes Flöte. Die Bruderschaft würde an seiner Stelle feiern. Dank des Bocks, den Varn am Vorabend geschossen hatte, war ihnen ein Festgelage sicher.

Ein erneuter Zitteranfall bahnte sich bebend seinen Weg durch Geryims Körper. Ihm dämmerte, dass Sothorn dazu übergegangen war, ihm mit warmem Wasser das Blut abzuwaschen. Es war nicht die Art Zuwendung, die Geryim wollte.

»Lass es gut sein«, murmelte er mit schwerer Zunge. »Ich kümmere mich morgen um den Rest.«

Sothorn verharrte in der Bewegung. Der feuchte Stoff lag mittig auf Geryims Bauch. »Wie du willst.« Er zögerte. »Soll ich…?« Sein Nicken in Richtung Zelteingang war kaum zu erkennen und erfüllte Geryim augenblicklich mit Widerwillen.

»Nein«, sagte er so hastig, dass es Sothorn ein Grinsen entlockte. »Nein«, wiederholte er dann noch einmal.

Ihm lagen mehr Worte auf der Zunge. Manche wollten sich zu Dank zusammensetzen, andere zu Versprechen, die er wahrscheinlich nicht halten würde, oder gefährlichen Geständnissen. Deshalb schwieg er.

Er konnte jedoch nicht verhindern, dass er Sothorns Unterarm berührte. Oder dass seine Finger dessen Handgelenk umfassten und ihn nach vorn zogen.

Sothorn sank willig neben ihm auf die Decken und schlug sie so schnell über ihnen zusammen, als hätte er seit Betreten des Zelts darauf gewartet.

»Komm her«, flüsterte er in das Halbdunkel, bevor er Arme und Beine um Geryim schlang. Wann immer er seine Kleidung abgestreift hatte, es war ein Segen, sich an seine bloße Haut zu drängen und seine Wärme zu teilen.

Geryim hörte sich selbst aufatmen und legte das Kinn auf Sothorns Schulter. Morgen würde sich zeigen, zu was er heute Nacht herangewachsen war. Bis dahin wollte er die Ruhe genießen, die sich über ihm ausbreitete. Sie besuchte ihn selten genug und meistens blieb sie nicht halb so lange, wie er es sich wünschte.

»Geryim?« Die Frage war nicht nur zu hören, sondern auch zu spüren, als Sothorns Atem über seine Haut hinwegstrich.

»Ja?«

»Das war das einzige Ritual, richtig? Ich werde nicht noch einmal mit ansehen müssen, wie du dich nackt und nur mit einem Dolch bewaffnet in irgendeinen Wald schlägst?«

Sothorns Frage bewies, dass selbst Meuchelmörder wie sie, die jahrelang nicht mehr als lebende Waffen gewesen waren, Grenzen hatten. Auch sie konnten den Tod nur bis zu einem gewissen Punkt hofieren.

Geryim rieb kaum merklich die Wange an Sothorns, um sowohl ihn als auch sich selbst zu beruhigen. »Nein, das wirst du nie wieder mit ansehen müssen«, versprach er.

Es war keine Lüge – und dennoch nicht die ganze Wahrheit.

Kapitel 2

Im Schatten des Riesengebirges

Sothorn wurde rüde von den Geräuschen eines Menschen, der am Vorabend zu wild gefeiert hatte, aus dem Schlaf gerissen. Einmal zu sich gekommen, konnte er sich nicht lange gegen den Druck in seinem Unterleib wehren und verließ das Nest, das in der Nacht durch ihre unwillkürlichen Bewegungen entstanden war.

Er ging ungern. An Schlaf mangelte es ihm nicht, dafür aber an jenen friedlichen Stunden vor dem Aufstehen, in denen man sich der Anwesenheit eines anderen Menschen wohlig bewusst war. Aber was sollte er sich gegen das Drängen seines Körpers wehren, wenn er von nun an hoffentlich die meisten Tage mit einer fremden Hand auf seinem Bauch oder dem Gesicht in weichem Haar beginnen würde?

Mit einem unvertrauten, aber angenehmen Gefühl in der Brustgegend schlüpfte Sothorn in Stiefel und Hose und kroch aus dem Zelt. Auch wenn die Sonne bereits aufgegangen war, lag ihr stiller Lagerplatz im Schatten des Riesengebirges. Es würden Stunden vergehen, bevor das erste Licht die bewaldete Halbinsel erreichte, und vermutlich genauso lange, bis die letzten Mitglieder der Bruderschaft wieder fest auf den Beinen standen.

Sothorn ging hinunter an den Felsstrand, um sich im Schutz der Böschung zu erleichtern. Er musste jedoch feststellen, dass sein angepeilter Platz bereits besetzt war: Der kleine Till kauerte auf den Knien und erbrach sich unter grausigen Lauten. Seine Mutter Nouna stand neben ihm, wippte fast unmerklich mit dem Fuß und hielt ihre hochgewachsene Gestalt auf eine Weise, die selbst Sothorn inzwischen mit drohendem Ärger verband; von ihren Kindern ganz zu schweigen.

Als sie ihn bemerkte, zog sie einen Mundwinkel hoch. »Ich hoffe, der Taugenichts hat dich nicht aufgeweckt. Es reicht mir schon, dass er all seine Geschwister hochgetrieben hat.«

»Wenn sich nicht noch jemand die Seele aus dem Leib speit, fürchte ich doch«, erwiderte Sothorn mit Blick auf den Jungen, der sich inzwischen aufgesetzt hatte und keuchte, als wäre er stundenlang gerannt. »Krank oder der Most?«

»Letzteres«, grollte Nouna. »Ich habe ihm gesagt, dass er es bleiben lassen soll. Aber natürlich musste er sich vor den anderen Kindern aufspielen und einen Krug stibitzen… Und nun stehe ich hier und darf mir die Schweinerei anschauen.«

Sothorn nickte mitfühlend, auch wenn sein Mitleid eher Till als Nouna galt. Nicht, dass er etwas gegen die fähige Jägerin und Herrin über ihre Gebirgspferde einzuwenden hatte, aber der Most, den die Bruderschaft in diesen Tagen trank, war nicht der angenehmste Begleiter, um einen ersten Rausch und dessen Folgen zu erleben. Es war ein widerwärtiges Gebräu, das sie im hintersten Laderaum aus verfaulten Äpfeln und Trauben angesetzt hatten, und verbrannte selbst erfahrenen Zechern den Magen.

Nachdem Sothorn ein Stück die Küste hinunter sein Wasser abgeschlagen hatte, trat er auf den steinigen Strand und sah hinüber zur Henkersbraut, die reglos auf dem Wasser lag. An Deck erkannte er eine einsame Gestalt, die an der Reling lehnte. Wahrscheinlich handelte es sich um Aily. Sie war die Einzige, die auch dann an Bord des Schiffs übernachtete, wenn sie an Land ein Lager aufschlugen. Die Henkersbraut war das einzige Zuhause, das sie brauchte.

Sothorn sah sie winken und hob den Arm, um den Gruß zu erwidern, als ihm auffiel, dass er nicht ihm gegolten hatte. Ein paar Hundert Schritte von ihm entfernt stand Theasa auf einer Landzunge. Sie trug ihren dicksten Mantel und hatte die Arme um den Körper geschlungen, als fröstele sie. Das tat sie in letzter Zeit häufig – unabhängig von der Witterung.

Sothorn dachte an Geryim unter ihren warmen Decken. An den Mann, der nahezu unverletzt zu ihm zurückgekehrt war und jetzt endlich ihm gehören durfte. Falls er das wollte.

Wieder stieg ein unergründliches Gefühl in Sothorn auf. Ihm fehlte nach wie vor die Fähigkeit, seinen Empfindungen Begriffe zuzuordnen, die auch andere verstanden hätten. Irgendwann würde er auch diesen Teil seiner Seele zurückgewinnen. Doch bis dahin fiel es ihm leichter, in Bildern zu denken.

Das Gefühl, das Geryim in ihm auslöste, hatte etwas von einem reißenden Fluss, der mit so atemberaubender Geschwindigkeit und Schönheit über einen Wasserfall donnerte, dass man beinahe vergaß, welche Gefahren von ihm ausgingen. Und während Sothorn wusste, dass ihm ein Sturz in einen solchen Fluss entweder die Knochen zerschmettert oder ihn ersäuft hätte, war er nicht ganz sicher, wie die Gefahr aussah, die von Geryim ausging.

Sothorn kniff sich in den Nasenrücken. Wenn er in den vergangenen Monaten eines gelernt hatte, dann, dass er seine Menschwerdung und die Neuentdeckung seines Ichs nach Jahren der Taubheit weder beschleunigen noch verlangsamen konnte. Das war genauso unmöglich, wie eine Blume anzutreiben zu blühen oder von einer Ziege zu verlangen, dass sie ihr Euter schneller füllte.

Letztendlich sorgte Theasas Anblick dafür, dass Sothorn sich gegen eine Rückkehr ins Zelt entschied. Es war nicht gut, sie so einsam aufs Meer blicken zu sehen. Man konnte ihre Verzweiflung beinahe in der salzigen Luft schmecken.

Langsam ging er ihr entgegen. Die glatt geschliffenen Steine unter seinen Füßen waren von feuchten Algen bedeckt und in einiger Entfernung waren die Knochen eines gewaltigen Meerestieres ans Ufer gespült worden. Sothorn hätte es gern gesehen, als es noch am Leben gewesen war.

Sobald er die Landzunge erreicht hatte, überwand er die Abbruchkante und stellte sich neben Theasa. Der Wind traf hier in einem anderen Winkel auf die Küste und peitschte ihm über das Gesicht. Wenn er nicht schon zuvor recht munter gewesen wäre, dann spätestens jetzt.

»Wird das zu einer neuen Unart von euch beiden?«, fragte Theasa heiser. Vor vielen Jahren hatte etwas in ihrem Hals Schaden genommen, als jemand versucht hatte, ihr die Kehle durchzuschneiden. Ihre Stimme hatte sich nie davon erholt. Dennoch hatte Sothorn den Eindruck, dass sie ihr in diesen Tagen häufiger brach als früher.

»Unart?«, wiederholte er.

Theasas Blick blieb auf das Meer gerichtet. »Trotz Eiseskälte ganz oder halb unbekleidet durch die Gegend zu laufen.«

Im ersten Augenblick wusste Sothorn nicht, worauf sie hinauswollte, doch dann wurde ihm bewusst, dass er zwar eine Hose und Stiefel trug, doch nichts darüber hinaus. Dennoch fror er nicht. Gut möglich, dass er sich immer noch an der Aufregung wärmte, die ihn in den vergangenen Tagen begleitet hatte. Genau genommen seitdem Geryim ihn gebeten hatte, während seines Mannbarkeitsrituals den Zeugen zu geben und zudem seinen gesamten Stamm zu ersetzen. Gwanja hatte es ihm ermöglicht, dieser Aufgabe gerecht zu werden.

»Ich habe nicht vor, es zur Gewohnheit werden zu lassen.«

Theasa stieß einen angewiderten Laut aus und zog ihren Umhang enger um sich. Eine Weile schien es, als hätte sie nichts mehr zu sagen, doch dann richtete sie erneut das Wort an ihn. »Und? Wie geht es ihm nun?«

Es war eine schlichte Frage, aber so bedeutungsvoll, dass Sothorn sich mit der Antwort Zeit ließ. »Er hat noch geschlafen, als ich aufgestanden bin«, begann er vorsichtig. »Und ich kann und will nicht für ihn sprechen…«

»Das würde dir auch nicht bekommen!«, unterbrach ihn Theasa und warf ihm erstmalig einen Seitenblick zu. Kurz lachten sie gemeinsam auf.

»Es hat ihm viel bedeutet«, sagte Sothorn schließlich. »Sowohl das Ritual selbst als auch die Tatsache, dass wir es ihm ermöglicht haben. Doch ich weiß nicht genug über diese Riten, um vorherzusagen, inwieweit sie…« Er geriet ins Stocken. Inwieweit sie ihn verändern werden, hatte er sagen wollen, aber das erschien ihm gefährlich. Nach einer solchen Bemerkung stünde die Frage im Raum, ob und wenn ja, welche Veränderungen er sich erhoffte. Dabei war er sich darüber selbst nicht im Klaren und nicht einmal sicher, ob er überhaupt ein Recht auf solcherlei Hoffnungen hatte.

Sicher, Geryim war launenhaft und sein Verhalten oftmals schwer nachzuvollziehen, aber wenn man ihm das nahm, wäre er dann überhaupt noch er selbst?

Theasa schien sich nicht mit Gewissensfragen herumzuschlagen. »Es wäre gut, wenn er etwas Frieden finden könnte. Und zwar nicht nur für ihn. Das Leben an Bord…« Sie zog die Nase hoch und spuckte ins Wasser. »Es sind nicht nur die Kinder und Pferde, die allmählich rastlos werden. Und ich kann nicht meine ganze Zeit damit verschwenden, Streitereien zu schlichten oder Wunden zu verbinden.«

Von letzteren gab es immer noch zu viele. Das Inferno in ihrer früheren Heimstatt klebte an ihnen wie der Rauch, der sich in ihren Haaren und wenigen verbliebenen Besitztürmern verfangen hatte. Sothorns Hände waren zu seiner Überraschung längst verheilt, auch wenn seine Haut nun ein paar neue fleckige Schattierungen trug. Varns Schulterverletzung hatte sich ebenfalls recht ordentlich verschlossen, auch wenn das Narbengewebe aufgeworfen war und er noch ab und zu Schmerzen litt. Um Shahims verbranntes Bein stand es weit schlimmer: Es hatte wochenlang geeitert und es war nicht abzusehen, ob er jemals wieder würde rennen oder schleichen können. Auf die übrige Bruderschaft verteilte sich eine Unzahl kleinerer Brandverletzungen und der eine oder andere Knöchel, der während der Flucht in ungünstigem Winkel umgeknickt war. Doch die wahren Wunden lagen unter ihrer Haut und würden Jahre oder auch ein ganzes Leben brauchen, um zu heilen.

Bis dahin hatten sie dringlichere Sorgen.

Vor seinem geistigen Auge sah Sothorn das einsame Fass vor sich, das in einer verschlossenen Kabine der Henkersbraut vor sich hinschaukelte. Am liebsten hätte er dreimal am Tag nachgesehen, wie weit der Füllstand des Zenjanischen Lotus' gesunken war. Die Vorstellung, dass sich das Fass leeren könnte, ohne dass sie Nachschub beschafft hatten, war seine größte Sorge. Er hätte sich dafür geschämt, wenn er nicht gewusst hätte, dass jeder in der Bruderschaft von derselben Angst zerfressen wurde. Das galt sogar für Lilianne und Nouna, die nie dem Handwerk der Assassinen nachgegangen waren, sondern von der Liebe in ihre Reihen gebracht worden waren. Sie fürchteten zu Recht den Gedanken, sich eines Tages inmitten einer Riege halb wahnsinniger Meuchelmörder wiederzufinden, von denen einer nach dem anderen der Raserei verfiel.

»Habt ihr schon eine Entscheidung gefällt?«, erkundigte er sich.

Endlich wandte sich Theasa ihm zu. Ihre geröteten Augen wirkten finster, doch der abrupte Themenwechsel schien sie nicht zu überraschen.

»Von welchem Ihr redest du?«, fuhr sie ihn an. »Ich muss eine Entscheidung fällen und egal, mit wie vielen von euch ich mich bespreche und wie viele Ratschläge ich mir anhöre, am Ende muss ich die Verantwortung allein schultern.«

Sothorn strich sich eine aus dem Zopf gekrochene Strähne hinter das Ohr. Zum zweiten Mal an diesem Morgen stieg Mitgefühl in ihm auf.

Theasa breitete in einer Geste der Hilflosigkeit die Arme aus. »Dass es im Grunde nur einen einzigen gangbaren Weg gibt, macht es kaum besser. Schon gar nicht, wenn ich überlege, wer ihn vorgeschlagen hat.«

Sothorn runzelte die Stirn. Bisher hatte ihn keines von Theasas Worten überrascht – er hörte sie nicht zum ersten Mal –, aber die letzte Bemerkung traf ihn unvorbereitet. »Vertraust du Szaprey nicht?«

Der Roaq war selbst zu seinen besten Zeiten das am schwersten einzuschätzende Mitglied der Bruderschaft – und das, obwohl viele von ihnen zur Geheimniskrämerei neigten und Geryim stets für einen unerwarteten Wutausbruch gut war. Dass Szaprey einer anderen Art entsprang und weder innerlich noch äußerlich mit einem Menschen zu vergleichen war, war der Nährboden zahlloser Missverständnisse. Trotzdem war es erst wenige Monate her, dass er ihnen seine Treue nachdrücklich bewiesen hatte. Ohne ihn und die alchemistische Erfindung, die er inzwischen Rauchatem getauft hatte, wäre heute keiner von ihnen mehr am Leben.

Ein Anflug von Verlegenheit breitete sich auf Theasas groben Züge aus, ließ die Macht ihrer Stellung weichen und sie um fünf Jahre jünger wirken. »Doch. Es ist nur eine Frage der…« Sie knirschte mit den Zähnen. »Er ist so schwer zu lesen. Seine Augen, seine… Schnauze. Sie sind wie eine Maske und von Masken habe ich ein für allemal genug.«

Sothorn wusste, worauf sie hinauswollte. Keiner von ihnen sprach jemals über Enes. Das Entsetzen über dessen Verrat reichte zu tief. Ranaia und ihren kleinen Sohn konnten sie betrauern und in ihren Geschichten lebendig halten, ohne dass ihnen widersprüchliche Gefühle in den Weg gerieten. Doch Enes würde für sie immer derjenige sein, der sie betrogen und in die Heimatlosigkeit gestürzt hatte.

Und ja, in dieser Hinsicht verstand Sothorn Theasa: Auch er ertappte sich dabei, dass er öfter als früher über die Schulter schaute und sich fragte, ob er den verbliebenen Brüdern und Schwestern nicht etwas mehr Misstrauen entgegenbringen sollte. Für Theasa, die über das Wohl so vieler Menschen entscheiden sollte, musste es noch schlimmer sein.

»Bitte reiß mir nicht gleich den Kopf ab, aber hat Janis denn gar nichts dazu zu sagen?«, fragte Sothorn entgegen aller Hoffnung.

Theasa legte den Kopf weit in den Nacken, als stünden die Antworten auf ihre Fragen in den Winterhimmel geschrieben. »Kein Wort. Es kümmert ihn nicht. Ob wir nach Norden oder Süden segeln oder gleich absaufen, für ihn hat es keine Bewandtnis mehr.«

Sothorn hätte ihr gern widersprochen. Es nicht zu tun, war, als würde er in eine offene Klinge greifen. Tatsächlich glaubte er nicht, dass es Janis nicht länger scherte, was aus seiner geliebten Bruderschaft wurde. Doch der hünenhafte Mann, der Sothorn vor nicht einmal einem Jahr mit ruhiger Stimme die Regeln ihrer Gemeinschaft erklärt hatte, war nicht mehr bei ihnen. Stattdessen gab es nur noch diesen in sich zusammengefallenen Greis, der stundenlang an die Wand seiner Kabine starrte und nur dann etwas aß, wenn man ihm Becher und Teller in die Hände schob. Wohin sich sein Geist auch geflüchtet hatte, er fand den Rückweg nicht.

Sothorn ging in die Hocke, um einen der runden Kieselsteine zu seinen Füßen aufzulesen. »Weißt du, ich finde…«, setzte er an, doch dann rührte sich etwas in seinem Hinterkopf und lenkte ihn ab.

Bewegung und Aufregung blitzten in seinem Geist auf, dicht gefolgt von Enttäuschung und einem so übermächtigen Reißen, dass es sich nur um Hunger handeln konnte. Instinktiv erwiderte er den Schwall fremder Eindrücke mit dem Bild eines saftigen Stücks Hirsch, das er sowohl vor dem gestrigen Festmahl als auch vor den Hunden gerettet hatte. Die Antwort bestand aus Dankbarkeit, Zuneigung und dem Versprechen, bald aufeinanderzutreffen.

»Gwanja?«, erkundigte sich Theasa.

Sothorn nickte lächelnd. Es kam häufig vor, dass sich die Verbindung zwischen seiner Löwengefährtin und ihm unerwartet öffnete. Zeugen zufolge zog er dann eine so erstaunte und gleichzeitig liebevolle Miene, dass man sofort wusste, was geschehen war.

»Sie hat sich wieder einmal im Jagen versucht. Aber sie weiß einfach nicht, wie sie es anfangen soll.« Gwanja war inzwischen fast ausgewachsen, hatte aber einen Großteil ihrer ersten Lebensmonate in einem Käfig verbracht. Ihre Mutter hatte ihr nicht zeigen können, wie man sich an eine Beute anschlich, und es waren keine Geschwister da gewesen, mit denen sie sich im Kampf hätte üben können. Entsprechend war sie eine reichlich ungeschickte Jägerin und auf Sothorn angewiesen, wenn sie satt werden wollte.

Theasa seufzte. Vermutlich dachte sie wieder einmal an das viele Silber, das Gwanja sie gekostet hatte. Es fehlte ihnen schmerzhaft. Trotzdem bereute Sothorn nicht, dass sie es ausgegeben hatten. Gwanja gehörte nun zu ihm, war ein Teil von ihm und er wollte sich nicht einmal vorstellen, sie zu verlieren.

Der Gedanke an das Geld brachte ihn jedoch zu der Überlegung zurück, die seine tierische Begleiterin unterbrochen hatte. »Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Im Grunde ist doch gar keine Entscheidung zu fällen, weder von dir noch von jemand anderem. Du hast es selbst gesagt: Vor uns zeichnet sich nur ein einziger Weg ab. Wir müssen ihn beschreiten. Unser Leben und unser Verstand hängen davon ab. Und sollten wir versagen, ist das sicher nicht deine Schuld. Nichts, von dem, was derzeit geschieht, ist deine Schuld.«

Theasa sah ihn an, als wüsste sie nicht, ob sie ihn ohrfeigen oder umarmen sollte. Letztendlich kauerte sie sich neben ihn und sah hinüber zur Henkersbraut. »Darum geht es mir nicht«, erklärte sie leise. »Glaub mir, ich habe genug Schuld angehäuft, um ein Dutzendmal gehenkt zu werden. Ich möchte nur keinen von euch mehr verlieren. Ich glaube, das könnte ich nicht ertragen. Auch um Janis' willen.«

Für eine Frau, die sich oft bärbeißig gab und der Gefahr lachend in den Hintern trat, war das ein großes Eingeständnis. Sothorn würde es gewissenhaft für sie bewahren.

Sacht stieß er sie mit dem Ellbogen an. »Dann sollten wir dafür sorgen, dass wir so sauber arbeiten wie niemals zuvor. Und wenn Blut fließen muss, dann hoffentlich nicht unseres.«

Theasa legte ihm die Hand auf den Arm, als suche sie einen Anker. Ihre Finger waren kälter als seine Haut je werden konnte.

* * *

Sothorn vertrieb sich die letzten Stunden vor der Abfahrt und geplanten Versammlung, indem er ein Stück die Küste entlangwanderte. Gwanja begleitete ihn, auch wenn sie sich im Schutz des Waldes bewegte und nur selten unter freiem Himmel auftauchte.

Durch die weit offenen Tore seines Geistes spürte er ihren Widerwillen. Sie hatte längst begriffen, dass sie aufs Meer zurückkehren und sich wieder dem beständigen Schaukeln und Kreischen der Seevögel aussetzen würden. Dichte Wälder wie dieser waren ihr fremd genug. Das Meer dagegen versetzte sie geradezu in Empörung. Wasser, das man weder überspringen noch trinken konnte, war nicht richtig.

Als sie zur Landestelle zurückkehrten, ertappte sich Sothorn dabei, dass er die verbliebenen Menschen am Strand enttäuscht musterte. Er war davon ausgegangen, dass Geryim ihn erwarten würde. Oder zumindest hatte er es sich so fest gewünscht, dass aus der Hoffnung eine Gewissheit erwachsen war.

Sie hatten seit dem Abend kaum ein Wort miteinander gewechselt. Wäre nicht der Kuss gewesen, mit dem ihn Geryim beim Verladen des Frischwassers unversehens überfallen hatte, hätte sich Sothorn gefragt, ob die vergangene Nacht und der Morgen danach ein Traum gewesen waren.

Es brauchte etwas Überredung, um Gwanja an Bord zu schaffen. Geduckt wie ein widerwilliges Kind trabte sie die Planke hinauf. Kaum an Deck angekommen, schlich sie auf eine der Treppen zum oberen Laderaum zu und verschwand im Bauch des Schiffs. Das letzte Gefühl, das Sothorn von ihr empfing, bevor sich ihre Verbindung schloss, war Missmut.

»Schlechte Laune, was?«, fragte jemand hinter ihm.

»Kann man sagen.« Er drehte sich um und entdeckte Kara, die halb gebeugt unter dem Gewicht einer gewaltigen Taurolle auf ihn zuwankte. Rasch trat er zu ihr, um ihr die Last abzunehmen und neben dem Hauptmast auf das Deck sinken zu lassen.

»Ich kann es ihr nicht verübeln.« Keuchend strich sich Kara den Schweiß von der Stirn. »Ich habe es auch satt. Wenn wir nicht bald länger als drei Tage festen Boden unter den Füßen haben, werfe ich mich den Fischen zum Fraß vor.«

»Dich oder Shahim?«, rutschte es Sothorn heraus. Manchmal vergaß er nach längerer Verbindung zu Gwanja, zu menschlichen Verhaltensweisen wie Takt und Höflichkeit zurückzukehren.

Zum Glück nahm Kara selten etwas übel; nicht einmal dann, wenn man einer offenen Wunde zu nah gekommen war. »Das ist mir egal, aber einen von uns wird es bestimmt treffen. Ich kann ja verstehen, dass er nicht eben guter Laune ist. Er wird mindestens genauso schnell seekrank wie Gwanja und kotzt auch genauso viel, sobald die Küste außer Sichtweite ist. Ich wünschte nur, er würde ab und zu einmal lächeln oder zumindest ein bisschen weniger jammern.« Sie verdrehte die Augen, lachte jedoch dabei.

Sothorn bewunderte sie. Zwar schimpfte sie ab und zu über Shahims Sturheit und Wehleidigkeit, aber letztendlich war ihr in jeder Geste und jedem Wort, ja, selbst in ihren Beschimpfungen anzumerken, wie froh sie war, ihn noch an ihrer Seite zu haben.

Es ist nicht nur Bewunderung, ging ihm auf. Es ist auch ein bisschen Neid dabei.

Als wüsste Kara, in welche Richtung seine Gedanken sich davongemacht hatten, meinte sie: »Übrigens, Theasa will anfangen. Und ich fürchte, unser ehrenwerter Wargssolja hat sich in irgendeine Ecke verkrochen und vergessen, dass wir zusammenkommen wollten. Gehst du ihn suchen oder soll ich Syv ein paar Federn rauszupfen, um Geryims Aufmerksamkeit zu erregen?« Sie deutete auf den Blauschwanzadler, der sich auf halber Höhe zum Krähennest niedergelassen hatte und sie kühl zu mustern schien.

Sofort stieg Widerwillen in Sothorn auf. Dabei war es nicht einmal sein Gefährtentier, um dessen Unversehrtheit es ging. Er konnte sich nur allzu gut den Schrei vorstellen, den Syv in Geryims Kopf ausstoßen würde, sollte ihm Kara zu Leibe rücken. »Lass nur. Ich suche ihn und stoße dann mit ihm zu euch.«

»In Ordnung.« Sie zwinkerte ihm zu. »Und guck nicht so. Ich behalte meine Hände bei mir. Selbst wenn ich Geryim ans Leder wollte, würde ich unseren Syv nicht anrühren. Das überlasse ich lieber dir. Du bist der Einzige, der so etwas überleben dürfte.«

Bevor Sothorn ihr einen spielerischen Hieb versetzen konnte, sprang sie aus seiner Reichweite. Seine Wangen fühlten sich warm an. Das war inzwischen immer der Fall, wenn er daran erinnert wurde, dass er Syv einst durch einen wütend davon geschleuderten Dolch verletzt hatte. Er hatte bald begriffen, dass dies in Geryims Augen ein Akt unnötiger Grausamkeit gewesen war. Doch erst, seitdem er mit Gwanja verbunden war, wusste er, wie es sich anfühlte, wenn das eigene Gefährtentier in Gefahr war, und welche Hilflosigkeit damit einherging.

Auf dem Weg in den Bauch der Henkersbraut begegneten ihm viele seiner Brüder und Schwestern. Die meisten wanderten bereits der Schiffsmesse entgegen. Nur die Kinder stoben wie gefangene Glühwürmchen durch die engen Gänge und erkundeten von Neuem ein Schiff, das sie erst vor wenigen Tagen mit derselben Begeisterung geräumt hatten.

Es dauerte nicht lange, bis Sothorn fündig wurde. Wie vermutet hatte Geryim sich in den winzigen Raum unterhalb der Kombüse zurückgezogen, in dem die überzähligen Segel gelagert wurden. Man konnte ihn nur durch eine lächerlich enge Luke erreichen, die den meisten Vorbeigehenden nicht einmal auffiel. Es war ein guter Ort, wenn man seine Ruhe brauchte und sie nirgendwo anders finden konnte.

Eine Öllampe warf unruhiges Licht in die Kammer und beleuchtete Geryim, der mit überkreuzten Beinen und verbissener Miene auf den Segeln saß. Sein Blick war auf einen Lederharnisch in seinem Schoß gerichtet. Er kämpfte darum, eine Ahle durch das feste Material zu treiben, und noch bevor Sothorn ein Wort sagen konnte, rutschte Geryim ab und jagte sich die Spitze in den Daumen.

»Lach bloß nicht«, knurrte er, während er sich das Blut ableckte. »Irgendwann werfe ich dieses Miststück über Bord und dann hat es sich mit abbrechenden Nadeln und viel zu dicken Fäden.«

Sothorn wunderte sich nicht, dass Geryim ihn bemerkt hatte. Man schlich sich nicht an einen Assassinen heran und schon gar nicht auf einem Schiff, das jeden Schritt mit einem Knarren beantwortete.

»Lass das lieber. Es ist ein guter Harnisch. Wenn du nicht damit zurechtkommst, gib ihn mir. Ich bringe die Nähte wieder in Ordnung.«

Geryim brummte etwas Unverständliches, bevor er endlich aufsah. Seine gelben Raubvogelaugen schimmerten im Licht der Öllampe und die Andeutung eines Lächelns spielte um seine Lippen. »Sind wir schon so weit gekommen, dass du mir die Näharbeiten abnimmst?«

Sothorn zog eine Augenbraue hoch und bemühte sich um Gelassenheit, auch wenn sein Herzschlag angesichts von Geryims leichtherzigem Tonfall freudig zugelegt hatte. »Ein Wort darüber, dass ich ein wunderbares Eheweib abgeben würde, und ich trete dir noch mal in den Hintern.«

Geryim hatte ihm bei einer früheren Gelegenheit erklärt, dass bei den Wargssolja bestimmte Arbeiten rund um die Jagd nach Geschlechtern verteilt wurden. Während die Männer sich des Fleisches und der Innereien der Beutetiere annahmen, verarbeiteten die Frauen Häute und Knochen. Und da er es natürlich nicht hatte lassen können, Sothorn für sein Geschick bei der Lederverarbeitung aufzuziehen, hatten sie sich so lange geprügelt, bis sich Geryim lachend ergeben hatte. Erst hinterher war ihm eingefallen, Sothorn mitzuteilen, dass es bei den Wargssolja keine niederen Arbeiten gab und die Frauen ebenso fähige und starke Jägerinnen waren wie die Männer. Die anschließende Versöhnung war schweißtreibend ausgefallen und zählte zu einer der besten Nächte in Sothorns Leben, wenn man von dem unvermeidlichen Abschiedsschmerz absah, der ihr gefolgt war.

Prompt grinste Geryim. »Ich erinnere mich an das letzte Mal. Und ich kann nicht behaupten, dass es mir nicht gefallen hat.« Er sah sich in der Kammer um. »Was meinst du? Könnte schlechtere Orte geben…«

Nun war Sothorn tatsächlich versucht, ihn zu treten. Erst zog Geryim für ein lebensgefährliches Ritual allein und ohne Ausrüstung in den Wald, dann kehrte er halb erfroren und verletzt zurück, sodass sie seinen neuen Status als Mann nicht angemessen feiern konnten, nur um anschließend bis in den späten Vormittag hinein zu schlafen und ausgerechnet jetzt wollte er Sothorn auf die Segel ziehen? Obwohl sie in der Messe erwartet wurden?

Es war zum Aus-der-Haut-fahren.

»Aber deutlich bessere Zeitpunkte«, widersprach Sothorn fest. In ihm sah es anders aus: Wie lange würden sie schon brauchen? Bei ihm würde es sicher nicht lange dauern. Dafür hatte es ihn gestern zu viel Beherrschung gekostet, lediglich Geryims Wunde zu versorgen, statt über ihn herzufallen.

Geryim zog skeptisch die dichten Brauen zusammen. »Wieso? Wirst du oben gebraucht?«

»Du hast die Versammlung vergessen«, stellte Sothorn fest.

»Eher verdrängt«, murmelte Geryim, bevor er den Lederharnisch beiseitelegte und ungewohnt ungelenk auf die Beine kam. »Aber von mir aus: Bringen wir es hinter uns.«

Sothorn ließ Geryim den Vortritt, sich durch die Luke in den Gang zu quetschen. Kaum, dass er ihm gefolgt war, wurde er erst am Handgelenk, dann an der Schulter gepackt und hart gegen die nächste Wand geschubst. Einen Augenblick später stand Geryim dicht vor ihm und drückte ihm den Mund gegen die Schläfe. Mit den Lippen an Sothorns Haut raunte er: »Das wird der letzte Aufschub. Wir lassen sie reden und dann verschwinden wir. Und wenn das Schiff in Flammen steht: Wir werden feiern.«

Sothorn legte erleichtert die Hände um Geryims Gesicht und zerrte ihn in einen kurzen, aber umso hitzigeren Kuss. Nachdem sich ihre Lippen wieder getrennt hatten, zischte er halblaut: »Ich nehme dich beim Wort. Du bist mir etwas schuldig, nachdem ich dir gestern das Blut dieses Wildschweins abwaschen musste.«

Er hatte es halb im Scherz gesagt. Umso überraschter war er, als Geryim ihn eindringlich musterte und dann langsam nickte. »Das bin ich. Und zwar viel mehr, als dir je bewusst sein wird.«

Seine Worte sowie sein aufrichtiger Tonfall brachen mit einer solchen Wucht über Sothorn zusammen, dass er überzeugt war, etwas in sich bersten zu spüren. Geryim machte nur selten Zugeständnisse, aber wenn er es tat, konnte man sich auf sie verlassen. Wenn er nun wirklich wiedergutmachen wollte, dass er Sothorn monatelang nach geteilter Leidenschaft allein gelassen hatte – allein lassen musste, um die Gesetze seines Volkes nicht zu brechen –, standen ihnen gute Zeiten bevor. Ihnen beiden.

Zumindest, sobald sie das Problem gelöst hatten, das sie alle ins Unglück stürzen konnte.

* * *

In der Schiffsmesse herrschte Unruhe. Alle redeten aufeinander ein. Viele hielt es nicht länger auf ihren Plätzen. Cregh, der sich gegen Ende seines Zyklus befinden musste, hielt sich den Kopf und sah aus, als würde er jeden Augenblick jemandem die Kehle aufschlitzen.

»Könnt ihr vielleicht noch mal kurz die Schnauze halten?«, bellte Theasa in die Menge. Sie saß mit angezogenen Beinen auf einem Tisch am Durchgang zur Kombüse. Weder in ihrer Miene noch in ihrem Tonfall war die unsichere Frau zu erkennen, mit der Sothorn sich am Morgen unterhalten hatte.

Die Gespräche ebbten ab. Alle Blicke richteten sich nach vorn.

»Geht doch«, murrte Theasa halblaut. Sie sah von einem zu anderen. »Glaubt nicht, dass ich nicht weiß, was ich von euch verlange. Oder dass ich mir der Gefahr nicht bewusst bin. Allerdings hat mich heute Morgen jemand zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass wir gar keine andere Wahl haben. Ich weiß, jeder halbwegs vernünftige Mensch und anständige Bürger wird behaupten, dass das, was wir vorhaben, unmöglich ist. Aber ich sage, dass wir es schaffen können. Weil wir weder anständige Bürger noch vernünftige Menschen sind!«

Zum ersten Mal waren Laute der Zustimmung und sogar Gelächter zu vernehmen. Geryim, der Seite an Seite mit Sothorn an der Schiffswand lehnte, schnaubte und raunte, dass Theasa von den Kampfrednern in der Arena von Auralis viel gelernt hätte.

»Es wird nur darauf ankommen, dass wir zusammenarbeiten, wie wir es nie zuvor getan haben. Mit Gewalt allein werden wir nicht ans Ziel kommen. Mein Schlachtplan baut auf jeden Einzelnen von euch und…«

Ein höhnisches Auflachen unterbrach sie. »Auf jeden Einzelnen?« Shahims Stimme schnitt durch den Raum. »Auch auf mich? Was sieht dein Plan für mich vor? Soll ich die Gallionsfigur geben?«

»Bei Insa…«, ächzte Kara und auch Sothorn musste ein Seufzen unterdrücken. Er sah sich zu Shahim um, der in der hintersten Ecke auf einer Bank saß und das verletzte Bein auf einen Schemel gebettet hatte. Verschwunden war der lebenslustige Oramba, der trinken, tanzen, lachen und Geschichten erzählen konnte wie kein Zweiter. Zurückgeblieben war ein Mann, der an seinem Wert zweifelte und sich jeden Tag im Stillen oder auch laut hörbar fragte, warum die Bruderschaft ihn weiterhin durchfüttern sollte.

»Nein, Shahim«, antwortete Theasa überraschend sanft, was in ihrem Fall immer noch klang, als würden Steine einen Abhang herunterpoltern. »Du, Nouna und Lilianne… Ihr werdet die vielleicht größte Verantwortung übernehmen.« Sie zögerte und sah sich zu den beiden Frauen um. »Selbst der narrensicherste Plan kann fehlschlagen. Und wenn er das tut, werden wir nicht nur unser Leben, sondern auch die Henkersbraut verlieren.«

»Eigenartige Reihenfolge«, knurrte Szaprey aus den Schatten der Tür. Wie so oft hielt er sich möglichst weit von ihnen fern, als wollte er betonen, dass er niemals ganz zu ihnen gehören würde.

Theasa ignorierte den Einwurf. »Ich weiß um eine kleine Insel. Sie liegt dicht genug am Festland, um es im Ernstfall immer noch mit einem Beiboot erreichen zu können. Wir werden euch eines vor Ort lassen. Ich möchte, dass ihr drei dort auf uns wartet. Zusammen mit den Kindern, den Pferden und dem restlichen Lotus.«