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„Ihr Herz pochte wild. Mit jeder Faser ihres Körpers wünschte sie sich, dass er sie in die Arme nahm und küsste. Aber vielleicht hatte er schon längst eine Frau. Verrückt, wie weh ihr diese Vorstellung plötzlich tat.“ Auf windige Flirts kann Jessica gut verzichten. Lieber konzentriert sie sich auf ihre Karriere: Im Auftrag eines Verlags fliegt sie für drei Wochen nach Tunesien, um Land und Leute zu fotografieren. Doch schon am Flughafen von Tunis muss die New Yorkerin feststellen, dass man mit Englisch nicht überall weiterkommt. Als Retter in der Not entpuppt sich ein Mann, den Jessica unter normalen Umständen wegen seiner abgewetzten Kleidung und seinem unverschämten Lächeln keines zweiten Blickes würdigen würde. Nun aber stellen sich David Taylors Sprachkenntnisse als ausgesprochen hilfreich heraus – und ehe sie recht weiß, was sie tut, hat sich Jessica schon für den nächsten Tag mit dem Unbekannten verabredet… Die Romantic-Kiss-Romane bei dotbooks: Große Liebesgeschichten und prickelnde Flirts für die schönsten Lesestunden. Jetzt als eBook: „Zu viel Liebe – gibt es das?“ von Isabelle Wallon. dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 160
Über dieses Buch:
Auf windige Flirts kann Jessica gut verzichten. Lieber konzentriert sie sich auf ihre Karriere: Im Auftrag eines Verlags fliegt sie für drei Wochen nach Tunesien, um Land und Leute zu fotografieren. Doch schon am Flughafen von Tunis muss die New Yorkerin feststellen, dass man mit Englisch nicht überall weiterkommt. Als Retter in der Not entpuppt sich ein Mann, den Jessica unter normalen Umständen wegen seiner abgewetzten Kleidung und seinem unverschämten Lächeln keines zweiten Blickes würdigen würde. Nun aber stellen sich David Taylors Sprachkenntnisse als ausgesprochen hilfreich heraus – und ehe sie recht weiß, was sie tut, hat sich Jessica schon für den nächsten Tag mit dem Unbekannten verabredet …
Die Romantic-Kiss-Romane bei dotbooks: Große Liebesgeschichten und prickelnde Flirts für die schönsten Lesestunden.
Über die Autorin:
Isabelle Wallon, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Romantic-Kiss-Romane: Urlaub – Liebe inbegriffen / Der Geliebte aus Texas / Zu viel Liebe – gibt es das? / Immer wenn ich von dir träume / Verführung in Caracas / Liebe, so stürmisch wie das Meer / Ein total verrücktes Wochenende / Halt mich fest in deinen Armen / Bleib heute Nacht bei mir / Mit dir in meiner Hängematte / Traumfrau ohne Trauschein / Paris-New York mit Turbulenzen
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Überarbeitete Neuausgabe März 2014
Copyright © der Originalausgabe 1987 by Bastei-Verlag, Gustav H. Lübbe GmbH & Co.
Copyright © der überarbeiteten Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München
ISBN 978-3-95520-476-1
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Isabelle Wallon
Zu viel Liebe – gibt es das?
Ein Romantic-Kiss-Roman
dotbooks.
»Sie müssen sich jetzt anschnallen, Miss.«
Die Stimme des Mannes, der neben ihr saß, riss Jessica Williams aus ihren Gedanken. Nur langsam konnte sie den Blick von dem unendlich weiten Wolkenteppich lösen, der sich vor ihren Augen ausbreitete. Sie drehte sich seufzend um und griff nach dem Sicherheitsgurt.
»Wir werden gleich landen, hat die Stewardess gesagt«, verkündete der Mann, der sich ihr als Peter Whitney vorgestellt hatte. Seit dem Start in New York hatte er verzweifelt versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Und natürlich bemühte er sich nach besten Kräften, Eindruck bei der attraktiven Jessica zu schinden. Er schien einfach nicht zu begreifen, dass sie sich mit ihm nicht unterhalten wollte.
»Haben Sie in Tunis geschäftlich zu tun?«, erkundigte sich Peter Whitney neugierig weiter und fingerte an seiner Hornbrille herum. »Vielleicht können wir mal zusammen essen gehen, Miss?«
Er setzte ein Lächeln auf, oder besser gesagt, er versuchte es. Eine schiefe Grimasse war das Ergebnis.
»Mr. Whitney, ich bin untröstlich«, erwiderte Jessica mit zuckersüßer Stimme, um den aufdringlichen Kerl endlich loszuwerden. »Mein Verlobter holt mich am Flughafen ab. Ich bedauere sehr, dass ich Ihre geheimen Wünsche nicht erfüllen kann …«
Sie ließ offen, was sie damit meinte, aber Peter Whitney bekam auf einmal einen knallroten Kopf. Seine Bemühungen, der attraktiven Brünetten den Hof zu machen, versickerten ganz plötzlich im Sande. Nervös blätterte er in einer Zeitung herum und versuchte, die Sache zu vergessen.
Jessica atmete im Stillen auf. Natürlich war sie nicht verlobt, und sie wurde am Flughafen von Tunis auch nicht abgeholt. Das hatte sie nur gesagt, um Whitney abblitzen zu lassen. In Wirklichkeit war sie für die nächsten drei Wochen ganz auf sich allein gestellt.
Culture Life, das bekannte Bildmagazin in New York, hatte Jessica beauftragt, nach Tunesien zu fliegen und dort eine großangelegte Bildreportage über Land und Leute zu machen. Alte Kultstätten und Basare, Moscheen, Dörfer und Städte sollte sie fotografieren.
Jessica war dankbar für diese Chance. Immerhin war das ihr erster Auslandsaufenthalt. Trotzdem war Michael Hopkins, ihr Ressortleiter, felsenfest davon überzeugt, dass Jessica gut genug war, um diesen Job zu schaffen. Sie machte hervorragende Bilder, und Hopkins versprach sich von Jessicas Reportage eine ganze Menge.
Die Maschine ging jetzt tiefer und durchstieß wenige Augenblicke später die Wolkendecke. Jessica sah aus dem Fenster und erkannte tief unter sich den Meeresstrand und die ersten Häuser der Stadt, die dem Land seinen Namen gegeben hatte – Tunis.
Die Boeing 747 senkte sich immer tiefer, so dass Jessica weitere Einzelheiten erkennen konnte. Sie sah die orientalischen Einflüsse im Baustil der Häuser und entdeckte die zahlreichen schlanken Türme, die in den blauen Himmel ragten. Minaretts nannte man sie, und von dort oben rief der Muezzin – der Priester – die gläubigen Moslems zu den täglichen Gebetsstunden.
Auf einmal fieberte Jessica der Ankunft regelrecht entgegen, denn die ersten Eindrücke überwältigten sie schon von hier oben aus. Sie wollte so schnell wie möglich weiter nach Süden. Hammamet war eines ihrer Ziele, weil es dort besonders farbenprächtige Basare geben sollte.
Der Jumbo setzte mit einem sanften Ruck auf der Landebahn auf und kam dann zum Ausrollen. Als er stand, griff Jessica nach ihrem Handgepäck und ging zum Ausgang. Peter Whitney beachtete sie gar nicht mehr.
***
Drückende Hitze schlug ihr entgegen, als sie die Gangway betrat. Es war zwar noch Frühling, aber trotzdem schon sehr heiß. Wie mochte es dann erst im Sommer hier sein?
Jessica stieg die Gangway hinunter und ging zu einem wartenden Bus, der die Passagiere zur Ankunftshalle beförderte. Dort holte sie zunächst ihr Gepäck ab und ließ dann die übliche Pass- und Zollkontrolle über sich ergehen. Anschließend ging sie zu einer Wechselstube und wechselte dreihundert Dollar in Dinar um. Der Tunesier hinter dem Schalter musterte sie kurz und zahlte dann den Wechselbetrag aus.
Der Informationsschalter in der Ankunftshalle war Jessicas nächstes Ziel. Eine freundlich lächelnde Angestellte kam auf sie zu.
»Wie komme ich am schnellsten und bequemsten nach Hammamet?«, erkundigte sich Jessica und stellte den Koffer ab.
Die Angestellte stutzte einen Moment und redete dann in französischer Sprache auf sie ein. Damit fingen die ersten Probleme an. Jessica konnte nicht genügend Französisch, um eine richtige Unterhaltung zu führen. Das hatte sie ihrem Chef auch gesagt. Der aber hatte nur abgewinkt.
»Englisch ist eine Weltsprache, Jessica. Sie kommen damit überall durch.«
Dummerweise sah die Realität nun aber ganz anders aus. Jessica verstand noch nicht einmal die Hälfte von dem, was die freundliche Angestellte ihr erklärte. Irgendwie glaubte sie aber herauszuhören, dass man nach Hammamet am besten mit dem Bus oder mit dem Zug fuhr.
Jessica bedankte sich und verließ den Informationsschalter. Wie an jedem Flughafen musste es auch hier ein Busterminal geben, und das war jetzt ihr Ziel. Sie schnappte sich ihren Koffer und ging ins Freie hinaus.
Suchend blickte sie sich um, bis sie ungefähr hundert Meter entfernt auf der linken Straßenseite einige Busse stehen sah.
Na, wer sagt’s denn, dachte Jessica. Es geht auch ohne Dolmetscher. Gutgelaunt marschierte sie zu den Bussen hinüber. Die Blicke einiger Taxifahrer, die ihre Autos direkt vor der Ankunftshalle abgestellt hatten, folgten ihr. Kein Wunder, denn mit ihrer langen braunen Mähne war die vierundzwanzigjährige Jessica eine Attraktion. Und ihre schlanke sportliche Figur tat ein Übriges. In der engen Jeans und dem T-Shirt fiel sie eben auf.
Aber Jessica kümmerte sich nicht um die Blicke der Männer. Sie hatte ein bestimmtes Ziel, und das hieß Hammamet.
***
Der Busfahrer zuckte bedauernd mit den Schultern, als Jessica ihn fragte, ob er Englisch spreche. Stattdessen erwiderte er etwas in gutturalem Arabisch und zeigte auf das Schild an seinem Bus. Die arabischen Schriftzeichen konnte Jessica natürlich auch nicht lesen. Es war zum Verzweifeln.
»Hammamet?«, fragte sie dann.
»Sousse«, erwiderte der Mann kopfschüttelnd. Er deutete auf einige seiner Kollegen, die vor ihren Bussen standen und in ein lebhaftes Gespräch vertieft waren. Jessica schloss aus seinem Wortschwall, dass einer von ihnen nach Hammamet fuhr. Aber wie sollte sie nur herausfinden, welcher, wenn keiner ein Wort Englisch verstand?
Jessica wollte gerade zu den Tunesiern gehen, als ihr Blick zufällig auf die andere Straßenseite fiel. Dort stand ein Mann, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Er war groß, schlank, sportlich und trug jämmerlich ausgefranste Jeans. Das verwaschene Hemd stand bis zum Bauchnabel offen und zeigte einen sonnengebräunten Oberkörper.
Zufällig schaute der Mann gerade in diesem Moment in Jessicas Richtung. Ein kleiner, angenehmer Schauer erfasste sie, als sie in seine Augen blickte, und auf einmal fühlte sie, wie ihr trotz der Wärme eine leichte Gänsehaut über den Rücken strich.
Merkwürdig, dachte Jessica, und dann kam ihr eine Idee. Vielleicht konnte ihr dieser Mann helfen. Er sah jedenfalls ganz so aus, als wenn er sich schon einige Zeit in diesem Land aufhielte. Wie ein Weltenbummler wirkte er, ein wenig heruntergekommen, aber gleichzeitig weitgereist und interessant. Das Wort Tramp schoss ihr durch den Kopf.
Gerade als Jessica dem Fremden zuwinken wollte, war dieser schon im Begriff, die Straße zu überqueren. Das war nicht leicht, denn von den Autofahrern schien hier keiner sein Tempo drosseln zu wollen. Aber dann schaffte es der Mann doch.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, fragte er mit einer so dunklen, warmen Stimme, dass Jessicas Augen unwillkürlich aufleuchteten. »Sie sehen nämlich ganz so aus, als wenn Sie kein Französisch sprechen.«
Er grinste dazu geradezu unverschämt, und das machte Jessica ein wenig wütend. Dieser Tramp wollte sich wohl lustig über sie machen?
»So, das sehen Sie mir also an«, bemerkte sie mit schnippischer Stimme und sah, wie er ihre Figur betrachtete. Das, was er sah, schien ihm offensichtlich zu gefallen, denn sein Lächeln wurde noch eine Spur intensiver.
»Sollten Sie mit Ihrer Musterung endlich fertig sein, dann würde ich mich freuen, wenn Sie mir wirklich helfen«, fügte Jessica nach einigen Sekunden hinzu. »Es sieht so aus, als wenn ich auf die Hilfe eines Dolmetschers angewiesen bin. Sprechen Sie zufällig Französisch oder Arabisch?«
Der Mann nickte, und Jessica atmete auf. »Dann reden Sie doch bitte mit den Busfahrern, und fragen Sie, wer von ihnen nach Hammamet fährt. Da möchte ich nämlich hin, und zwar schnell, wenn das möglich ist.«
»Kein Problem«, erwiderte der Tramp. »Ich werde die Sache für Sie regeln. Sie werden feststellen, dass alles viel schneller geht, als man glaubt.«
Bevor sie ihn fragen konnte, was er damit meinte, ging er auf die Gruppe der Tunesier zu und begrüßte sie lautstark. Er verhandelte in Arabisch mit den Männern; Jessica vermutete, dass dieser wie ein Tramp wirkende Mann schon einige Zeit in Tunesien lebte, denn er konnte sich ausgezeichnet auf die arabische Mentalität einstellen.
Mit vielen Gesten trug er sein Anliegen vor und wies dann auf Jessica. Die Busfahrer sahen einen Augenblick lang zu ihr hin, dann hatte der Tramp das allgemeine Interesse wieder auf sich gelenkt.
Das Gespräch dauerte ungefähr zehn Minuten, wie Jessica ungeduldig feststellte. Dann kam der gutaussehende Tramp wieder zurück.
»Geht alles klar«, sagte er und grinste dabei geradezu unverschämt. »Ich habe mit einem der Fahrer abgesprochen, dass er Sie bis nach Hammamet fährt. Normalerweise müssten erst genügend Fahrgäste vorhanden sein, aber bei Ihnen macht er eine Ausnahme. Geben Sie ihm ein ordentliches Bakschisch – das regelt vieles von selbst.«
»Bitte, was soll ich ihm geben?«, fragte Jessica.
»Ja, wissen Sie denn noch nicht einmal, was ein Bakschisch ist?« Der Tramp schüttelte den Kopf. »Sie sind vielleicht eine! Kommt nach Tunesien und kennt sich überhaupt nicht mit Land und Leuten aus. Lady, Sie werden es sehr schwer haben, wenn Sie hier nicht Bescheid wissen.«
»Aber zum Glück habe ich ja Sie, Mister Tramp«, fiel Jessica ihm ironisch ins Wort. Sie mochte es gar nicht, dass dieser Typ, von dem sie noch nicht einmal den Namen wusste, so von sich überzeugt war.
»Sie lesen meine Gedanken, junge Frau«, grinste er. »Und rein zufällig haben Sie großes Glück, dass ich ebenfalls nach Hammamet muss. Ich habe natürlich Ihr Einverständnis vorausgesetzt, als ich dem Busfahrer sagte, er solle uns beide dorthin bringen. Und nun kommen Sie endlich, sonst glaubt der gute Mann noch, dass Sie es sich anders überlegt haben.«
Damit schnappte er sich Jessicas Koffer und schleppte ihn zu einem Omnibus, der schon zu französischen Kolonialzeiten im Einsatz gewesen zu sein schien. Er wirkte staubig und heruntergekommen, aber Jessica war jetzt alles recht. Hauptsache, sie kam so schnell wie möglich ans Ziel, damit sie mit ihrer Arbeit beginnen konnte.
Der Busfahrer, ein kleiner rundlicher Typ, lächelte verschmitzt, als er Jessica die Tür öffnete und sie mit einem kehligen Wortschwall begrüßte. Jessica verstand ihn natürlich nicht, nickte ihm aber freundlich zu. Erst dann stieg sie ein.
Von ihrem Fensterplatz aus überzeugte sie sich, dass ihr Koffer ordnungsgemäß im Laderaum verstaut wurde. Dann stieg auch der Tramp ein. Ohne Jessica um Erlaubnis zu fragen, setzte er sich einfach neben sie, während der Tunesier den Bus startete. Der Motor brauchte eine Zeitlang, bis er die Phase des Stotterns hinter sich gebracht hatte, aber dann lief er wie am Schnürchen.
»Verzeihen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt«, sagte der Tramp. »Ich heiße David Taylor. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
»Von Vergnügen ist bis jetzt noch nicht die Rede, Mr. Taylor«, sagte Jessica prompt und nannte ihm dann erst ihren Namen. Sie wusste selbst nicht, weshalb sie sich in David Taylors Gegenwart irgendwie unsicher fühlte. Wahrscheinlich reagierte sie deswegen so gereizt. »Ich bin keine Touristin, die hier Urlaub macht, sondern ich arbeite hier!«
David Taylor machte Augen, als wolle er sie fragen, was das Wort Arbeit denn überhaupt bedeutete. Wahrscheinlich gehörte er zu den zahlreichen Weltenbummlern, die sich einfach treiben ließen und das Abenteuer suchten.
»Was für eine Art Arbeit ist es denn?«, erkundigte er sich dann. »Oder bin ich zu neugierig?«
Das Lächeln, das er jetzt aufsetzte, ließ Jessicas Gereiztheit schwinden. Natürlich war er nicht zu neugierig. Im Gegenteil, sie war im Stillen sogar froh, dass er ein Gespräch mit ihr begann. Dieser David Taylor interessierte sie immer mehr, sie wollte es sich nur nicht eingestehen.
»Ich soll Material für einen Bildband über Tunesien zusammenstellen, Mr. Taylor«, erwiderte sie dann. »Sie kennen vielleicht unser Magazin Culture Life in New York. Für dieses Magazin arbeite ich, und deswegen fahre ich auch nach Hammamet. Die nächsten drei Wochen werde ich dort und anderswo fotografieren.«
»Das klingt gut«, bemerkte David. »Ist doch ein abwechslungsreicher Job, den Sie da haben, und er scheint Ihnen auch Spaß zu machen. Warten Sie nur, bis wir in Hammamet sind. Ich kenne mich da recht gut aus, und vielleicht kann ich Ihnen einige Tipps geben, wo Sie gute Fotos schießen können.«
Das hörte sich annehmbar an, fand Jessica. Jemand wie David Taylor kam sicher weit herum und kannte sich demzufolge bestimmt gut aus. Vielleicht konnte er ihr wirklich einiges zeigen.
Und vielleicht hält er sich auf diese Weise noch ein wenig länger in meiner Nähe auf, dachte Jessica …
***
Aus dem Radio klangen schwermütige arabische Klänge, als der Bus Tunis verließ und auf die Schnellstraße in Richtung Süden zuhielt. Ein großes Hinweisschild zeigte Jessica, dass Hammamet noch fünfzig Kilometer entfernt war.
David Taylor hatte unterdessen in seinem Rucksack herumgewühlt und zwei Büchsen Bier herausgeholt. Eine drückte er Jessica wortlos in die Hand, die andere trank er in einem Zug fast leer.
»Genießen Sie die Aussicht«, riet er ihr dann, während er sich genüsslich einige Feigen in den Mund stopfte. »So lernen Sie am besten Land und Leute kennen. Da drüben sehen Sie schon die ersten Orangenhaine.«
Jessica blickte aus dem Fenster. An der rechten Straßenseite befanden sich einige Hügel, an deren Fuß sich Baumgruppen ausbreiteten. Direkt an der Straße hatte ein fliegender Händler einen Stand aufgebaut und bot Orangen feil. Der Tunesier war in ein weites, weißes Gewand gehüllt und winkte Jessica von der Straße aus zu, als der Bus an ihm vorbeifuhr.
Die Straße war gut ausgebaut, und so ging es zügig voran. Während der Busfahrer versuchte, einen anderen Sender im Radio zu finden, betrachtete Jessica die Landschaft. Wohin sie auch blickte, überall war das Land öde und ziemlich karg. Die Häuser am Fuße der Hügel, die sie vereinzelt sah, erschienen ihr wie abbruchreife Hütten. Und doch lebten dort Menschen.
»Sie müssen erst einmal das Landesinnere sehen«, meinte David, der Jessicas Gedanken offenbar lesen konnte. »Dagegen ist das hier die reinste grüne Oase. Tunesien ist ein Land, in dem große Armut herrscht. Ohne den Tourismus könnten diese Menschen kaum existieren. Am besten vergessen Sie das nicht in Ihrem Bericht.«
»Mr. Taylor, ich schreibe keine Artikel, sondern mache nur die Fotos«, warf Jessica ein. »Und die werden für sich selbst sprechen – darauf können Sie sich verlassen.«
David zuckte mit den Schultern und knabberte weiterhin genüsslich an seinem Feigenvorrat herum. Dabei blickte er ab und zu zu Jessica hinüber und betrachtete ihre schlanke, an den richtigen Stellen verführerisch gerundete Figur.
Er zieht mich mit den Augen fast aus, dachte Jessica und erschauerte bei der plötzlichen Vorstellung, wie es wohl sein mochte, wenn sie seine Hände auf ihrer Haut spürte.
Trotzdem beschloss sie, seine herausfordernden Blicke einfach zu ignorieren. Stattdessen konzentrierte sie sich mehr auf die Landschaft, die sich vor ihr erstreckte. Am östlichen Horizont erkannte Jessica die Ausläufer eines Gebirgszuges, dessen Formen ziemlich bizarr wirkten.
Ein weiteres blaues Schild wies darauf hin, dass die Stadt Hammamet jetzt nur noch zwölf Kilometer entfernt war. Jessica atmete auf. Sie sehnte sich nach einer kalten Dusche und ein paar Stunden Schlaf. Die lange Flugzeit forderte langsam ihren Tribut.
Am Horizont tauchten die ersten Häuser von Hammamet auf, und als der Bus den Stadtrand passierte, war Jessica fast ein wenig enttäuscht. Irgendwie hatte sie sich Hammamet viel größer vorgestellt. In Wahrheit wirkte es wie ein verschlafenes Provinznest.
Jessica hörte, wie sich der Tramp mit dem Busfahrer unterhielt. Der Tunesier nickte.
»Ich habe ihm gesagt, dass er Sie zum Sheraton Hotel fahren soll«, erklärte ihr David und grinste wieder. »Das dürfte das Richtige für Sie sein. Ich nehme doch an, dass Ihr Magazin die Spesen übernimmt, hab ich recht?«
Jessica nickte.
»Lassen Sie sich überraschen«, fuhr David fort. »Im Sheraton können Sie sich ausruhen und gleichzeitig an Ihrer Fotoserie arbeiten. Ich selbst muss weiter in die Stadt. Ich möchte mich dort mit einigen Freunden treffen. Aber ab morgen könnte ich Ihnen zur Verfügung stehen. Ich weiß da einige schöne Fleckchen, die sich hervorragend zum Fotografieren eignen. Sie sind doch noch an meiner Mitarbeit interessiert?«
Die Art der Frage brachte Jessica zum Lachen. Dieser Mann gab sich ja ganz so, als sei er ein Experte in Sachen Fotografie. Nur seine abgerissene Kleidung sprach dagegen. Wirklich – David Taylor war ein seltsamer Mann, aus dem Jessica nicht ganz schlau wurde. Und solche Männer interessierten sie.
Der Bus bog von der Hauptstraße ab, in Richtung Touristenzentrum. Eine schmale, aber trotzdem geteerte Straße führte in der Nähe des Strands entlang. Dort befand sich ein Hotel neben dem anderen.
Schon bald entdeckte Jessica das Hinweisschild zum Sheraton Hotel. Der Busfahrer bremste ab und bog nach links ein.
»So, da wären wir«, sagte David dann. »Ich trage Ihnen noch den Koffer. Morgen früh komme ich dann bei Ihnen vorbei – einverstanden?«