Zwangsarbeitende in Kellinghusen 1939 - 1945 - Walter Vietzen - E-Book

Zwangsarbeitende in Kellinghusen 1939 - 1945 E-Book

Walter Vietzen

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Beschreibung

Im Zeichen der Hochrüstung und infolge der Einberufung zur Wehrmacht wurde bereits vor Kriegsbeginn 1939 der Arbeitskräftemangel im Deutschen Reich immer drückender. Nach Beginn des Krieges kamen billigste Arbeitskräfte für die Landwirtschaft und die Rüstungsindustrie aus allen Teilen Europas nach Deutschland, auch nach Kellinghusen. Ende 1944 waren auf dem Gebiet des "Großdeutschen Reiches" knapp 8 Millionen ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz tätig. Zwangsarbeiter oder Fremdarbeiter wurden gemäß der Rassenlehre der Nationalsozialisten klassifiziert: Am unteren Ende der Zwangsarbeiterhierarchie standen die Ostarbeiter. Sie waren russische, weißrussische oder aus der Ukraine stammende Arbeiter, stigmatisiert durch das Abzeichen "Ost", dadurch auch äußerlich gekennzeichnet. Sie mussten in sehr primitiven Lagern leben, in Kellinghusen im ehemaligen Schweinestall des Bauern Gosau. Das umgebende Gelände war mit Stacheldraht umzäunt.

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Inhaltsverzeichnis

Editorial

Zwangsarbeiter

Zwangsarbeiter – Versuch einer Definition

Zur Situation der Zwangsarbeiter

Transport und Ankunft der Zwangsarbeiter

Deutsches Reich – Das Arbeitsbuch für Ausländer

Ernährung der Zwangsarbeiter

Bekleidung

Löhne

Ostarbeiter

Ostarbeiterabgabe

Das Verhältnis Deutsche - Zwangsarbeiter

Behandlung der Fremd- und Zwangsarbeiter gemäß ihrer rassischen Hierarchisierung

Auf Rassenschande stand die Todesstrafe

Ausnahmerecht für Polen und „Ostarbeiter“

Kellinghusener im Arbeitserziehungslager Nordmark

Lageralltag im Arbeitserziehungslager Nordmark - Zeitzeugen berichten

Lageralltag—Zeitzeugen berichten

Lageralltag—Zeitzeugen berichten

Die Krankenbaracke—Zeitzeugen berichten

Massenerschießungen—Zeitzeugen berichten

Exekutionen Ende April 1945 im „AEL-Nordmark“

Die Lager

Krankheit, Invalidität und Tod – Sozialversicherungsvorschriften

Das Russenlager in Kellinghusen

Zwangsarbeiter in Kellinghusen und Umgebung

Briefe ehemaliger Zwangsarbeiter

Zofia Kaczmarek

Liste der Zwangsarbeiter (ausländischen Arbeitskräfte) in Kellinghusen – Oktober 1944

Sonderaktion für Zwangsarbeiter vom 29. 9. 1942

Lagerordnung für Ostarbeiter

Literatur- und Quellenhinweise

Editorial

Im Zeichen der Hochrüstung und infolge der Einberufung zur Wehrmacht wurde bereits vor Kriegsbeginn 1939 der Arbeitskräftemangel im Deutschen Reich immer drückender. Deshalb wurde der Einsatz von Ausländern in der deutschen Wirtschaft zwar von den Nationalsozialisten nicht gerade begrüßt – aber als Notlösung akzeptiert.

Nach Beginn des Krieges kamen billigste Arbeitskräfte für die Landwirtschaft und die Rüstungsindustrie aus allen Teilen Europas nach Deutschland, auch nach Schleswig-Holstein.

Mit der Ernennung Fritz Sauckels, des Gauleiters von Thüringen, zum „Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz“ begannen umfassende systematische Verschleppungen von Arbeitskräften. Ende 1944 waren auf dem Gebiet des „Großdeutschen Reiches“ knapp 8 Millionen ausländische Arbeiter und Kriegsgefangene im Arbeitseinsatz tätig.

Der von den Nazis niemals gebrauchte aber heute allgegenwärtige Begriff „Zwangsarbeiter“ trifft nicht auf alle im Deutschen Reich arbeitenden ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen zu, sondern nur auf die zwangsweise aus dem Ausland nach Deutschland verschleppten Arbeiter und Arbeiterinnen, die Kriegsgefangenen und die männlichen und weiblichen Häftlinge der Konzentrationslager und der Arbeitserziehungslager. Diese waren der Gewalt der SS bzw. der Gestapo ausgeliefert.

Die Nationalsozialisten inhaftierten beginnend ab 1933 willkürlich politische Gegner – später auch sogenannte „Asoziale“, Landfahrer, Homosexuelle und angeblich „rassisch minderwertige“ Juden, Sinti und Roma (sogenannte Zigeuner) und Zeugen Jehovas (sogenannte Bibelforscher) in Arbeitslagern. Die Bezeichnungen der Lager waren euphemistisch. Die ersten größeren Konzentrationslager wie das KZ Dachau und das KZ Oranienburg wurden ursprünglich Schutzhaftlager“ genannt.

In fast allen Konzentrationslagern, Arbeitslagern und Umerziehungslager waren harte Zwangsarbeit, willkürliche Misshandlungen und teilweise auch Vernichtung durch Arbeit an der Tagesordnung.

Zwangsarbeiter oder Fremdarbeiter wurden gemäß der Rassenlehre der Nationalsozialisten klassifiziert: Am unteren Ende der Zwangsarbeiterhierarchie standen die Ostarbeiter. Sie waren russische, weißrussische oder aus der Ukraine stammende Arbeiter, stigmatisiert durch das Abzeichen „Ost“, dadurch auch äußerlich gekennzeichnet. Sie mussten in sehr primitiven Lagern leben, in Kellinghusen im ehemaligen Schweinestall des Bauern Gosau, das umgebende Gelände war mit Stacheldraht umzäunt. Allerdings waren auch für die Ostarbeiter die Lebensumstände von Ort zu Ort und von Lager zu Lager unterschiedlich.

Die sanitären und hygienischen Bedingungen in diesen Baracken waren äußerst schlecht, wie auch die Bekleidung. So lebten besonders die Ostarbeiter in notdürftig selbstgebauten Baracken und waren gezwungen, auch im Winter unbeschuht zur Arbeit zu gehen.

Außerdem wurden sie häufig von den Deutschen misshandelt: „Die Leute wälzten sich oft vor Schmerzen wegen des dauernden Schlagens mit Gummiknüppeln und Ochsenziemern“. Für Zwangsarbeiter galt kein Arbeitsschutz, so dass sie am Arbeitsplatz allen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt waren. Sie durften bei Bombenalarm keine Schutzräume aufsuchen. Bei Verstößen gegen die Anordnungen und Befehle der Deutschen drohte ihnen eine Einweisung in ein „Arbeitserziehungslager“, in denen KZ-ähnliche Zustände herrschten.

Es gab verschiedene Wege, Zwangsarbeiter oder Zwangsarbeiterin in Deutschland zu werden:

Kriegsgefangene wurden, entgegen der Bestimmungen der Genfer Konvention, zur Arbeit in der Rüstungsindustrie gezwungen.

Ehemalige Kriegsgefangene verpflichteten sich zum Arbeitseinsatz.

Zivilisten wurden gegen ihren Willen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt.

Zivilisten wurden durch falsche Versprechungen zum Arbeitseinsatz nach Deutschland gelockt.

Zivilisten meldeten sich freiwillig zum Arbeitseinsatz nach Deutschland , durften aber nach Ablauf ihres Vertrages nicht in ihr Heimatland zurückkehren.

Nach dem Krieg wurden exemplarische Prozesse gegen das Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS (es hatte Zwangsarbeiter gegen Prämien an Firmen vermietet) und die Firmenverantwortlichen von Flick, I.G. – Farben und Krupp (sie hatten die Zwangsarbeiter zu tausenden von der SS gemietet) durchgeführt. Es kam in den Nürnberger Nachfolgeprozessen zu Verurteilungen wegen Versklavung, Misshandlung, Einschüchterung, Folterung und Ermordung der Zivilbevölkerung und dem planmäßigen Einsatz von Zwangsarbeitern. Im Verlauf der folgenden Jahrzehnte, die geprägt waren von der politisch-gesellschaftlichen Fehl-entwicklung des Vergessens- und Verdrängenwollens der national-sozialistischen Gräueltaten, ebbte das Interesse an einer koordinierten Strafverfolgung ab.

Für viele, insbesondere sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, war der Leidensweg 1945 aber nicht zu Ende. Sie wurden in ihrer Heimat pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt; nicht wenige verschwanden in den stalinistischen Lagern. Die meisten litten, wenige leiden noch immer und besonders im Alter unter den psychischen und physischen Folgeschäden des „Totaleinsatzes“; in vielen osteuropäischen Ländern leben sie nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Gesellschaften am Rand des Existenzminimums. Die deutschen Regierungen und die von dem Sklaveneinsatz profitierenden Betriebe lehnten lange Zeit - von wenigen Ausnahmen abgesehen - jegliche Übernahme von Verantwortung für diese Opfer ab.

Auf den folgenden Seiten soll an das Schicksal etlicher Zwangsarbeiter in Kellinghusen erstmalig erinnert werden. Es wird höchste Zeit sich der moralischen Verpflichtung ihnen gegenüber zu stellen.

An dieser Stelle sei Herrn Richard Kolang für seine Unterstützung gedankt.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Familie Mohr für die langjährige Unterstützung und Hilfsbereitschaft.

Ein besonderer Dank gilt Dr. Reimer Möller für seine langjährige selbstlose Hilfe. Ohne ihn und seine Forschungsarbeiten wäre auch in Kellinghusen vieles unentdeckt geblieben.

Walter Vietzen

September 2017

Zwangsarbeiter

Nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden in den besetzten Gebieten Arbeitskräfte für die deutsche Kriegswirtschaft im großen Ausmaß zwangsrekrutiert und zur Zwangsarbeit in Deutschland verpflichtet. Im Sommer 1940 waren über eine Million Polen in Deutschland beschäftigt. Spätestens nach dem Krieg gegen die Sowjetunion und der gescheiterten Offensive vor Moskau Ende 1941 war der Einsatz sogenannter Fremdarbeiter für die deutsche Kriegswirtschaft unerlässlich. Überhaupt war es Ziel der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik, aus allen Gebieten, die von der deutschen Wehrmacht erobert und besetzt worden waren, Wirtschaftsgüter , Kriegsgefangene und Zivilarbeiter ins Reich zu bringen. Ende 1944 arbeiteten mehr als 7,5 Millionen ausländische Arbeitskräfte in fast allen Bereichen der deutschen Wirtschaft. Ohne den Arbeitseinsatz von Millionen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen, Kriegsgefangenen und Häftlingen aus den Konzentrationslagern wäre die Weiterführung des Krieges für das Deutsche Reich spätestens ab 1942 nicht möglich gewesen.

Belgrad 1941: Zur Zwangsarbeit verhaftete Juden

(Aus dem Privatbesitz Walter Vietzen)

Belgrad 1941: Juden werden zur Zwangsarbeit registriert

(Aus dem Privatbesitz Walter Vietzen)

Zwangsarbeiter – Versuch einer Definition

An dieser Stelle bedarf der benutzte Begriff „ Zwangsarbeiter “ der Definition, zumal die Nationalsozialisten ihn selber nie verwendeten.

Eine allgemeine, aber sehr treffende Definition, wie ich finde, gibt Rolf Schwarz:

„Diese als Zivilarbeiter, Zivilpolen und Ostarbeiter bezeichneten Kräfte wurden nach Plänen des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Sauckel, zu Millionen in den besetzten Gebieten ausgehoben und ins Deutsche Reich verfrachtet. Ihre offiziellen Bezeichnungen täuschten über den Charakter ihres Einsatzes, der durch Zwang gekennzeichnet war, hinweg. Diesen Zwangsarbeitern war jede freie Entscheidung genommen, und sie hatten lediglich das Recht zu leben, um zu arbeiten.“ 1

Es geht bei diesem Begriff zuerst einmal um die zwangsweise ins deutsche Reich verschleppten Menschen, also Zivilisten, die gegen ihren Willen mit Gewalt oder Androhung von Gewalt zum Arbeitseinsatz nach Deutschland gebracht wurden. Nach Einschätzung des polnischen Historikers Czeslaw Luczak waren von den Zivilisten etwa 95% zwangsverpflichtet.2

Es geht aber zweitens auch um die Zivilisten, die sich freiwillig zum Arbeitseinsatz in Deutschland gemeldet hatten, die sich aber in den Versprechungen der Werber getäuscht 2

Es geht drittens um Kriegsgefangene, die entgegen den Bestimmungen der Genfer Konvention zur Arbeit in den Rüstungsindustrien gezwungen wurden.

Zwangsarbeit mussten aber auch alle deutschen und nichtdeutschen Häftlinge der Konzentrationslager und der Arbeitserziehungslager leisten. Allerdings unter dem Kommando der SS.

1 Schwarz, Rolf: Verschleppt nach Büdelsdorf; in: Hamer, Kurt, Karl-Werner Schunck und Rolf Schwarz(Hrsg): Vergessen und verdrängt, Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus in den Kreisen Rendsburg und Eckernförde, Eckernförde 1984, S. 227

2 Czeslaw Luczak, Polnische Arbeiter im nationalsozialistischen Deutschland während des Zweiten Weltkriegs. Entwicklung und Aufgaben der polnischen Forschung, in: Herbert, Reichseinsatz

Zur Situation der Zwangsarbeiter

Bei Kriegsende 1945 befanden sich noch ca. sechs Millionen ausländische, zivile Zwangsarbeiter, zwei Millionen ausländische Kriegsgefangene und 750000 KZ-Häftlinge in den deutschen Lagern. Auch in Schleswig-Holstein gibt es kaum eine Stelle, wo keine Lager vorhanden waren. Ein Konzentrationslager gab es in Schleswig-Holstein zwar nicht, dafür aber einige Außenkommandos des KZ-Neuengamme bei Hamburg, nämlich in Ladelund, Husum-Schwesing, Kaltenkirchen, Hohwacht und Mölln. Ein Arbeitserziehungslager gab es in Kiel-Russee. Kriegsgefangene mussten die gleichen Arbeiten verrichten wie die Zwangsarbeiter, wurden aber in Lagern interniert und bewacht.

Zwangsarbeiter wurden häufig demütigend behandelt, schlecht ernährt und erhielten oft keinen Lohn. Sie mussten schwerste Arbeit verrichten. Die Unterbringung erfolgte in Zwangsarbeiterlagern, den Stammlagern (im nationalsozialistischen Sprachgebrauch als Stalag bezeichnet), häufig Barackenlager, mit Stacheldraht eingezäunt. Die sanitären und hygienischen Bedingungen in diesen Baracken waren äußerst schlecht, wie auch die Bekleidung. So lebten besonders die Ostarbeiter in notdürftig selbstgebauten Baracken, oft ohne Ofen, und waren gezwungen, „auch im Winter unbeschuht zur Arbeit zu gehen“. Außerdem wurden sie häufig von den Deutschen misshandelt. Für Zwangsarbeiter galt kein Arbeitsschutz, so dass sie am Arbeitsplatz allen möglichen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt waren. Sie durften bei Bombenalarm keine Schutzräume aufsuchen. Bei Verstößen gegen die Anordnungen und Befehle der Deutschen drohte ihnen eine Einweisung in ein „Arbeitserziehungslager“, in denen KZ-ähnliche Zustände herrschten.

Ostarbeiter wurden schlechter behandelt als die italienischen und französischen Zwangsarbeiter, da sie in der NS-Rassenideologie als Untermenschen galten. Für sie galt der Ostarbeitererlass, durch den sie weitestgehend entrechtet wurden. So war zum Beispiel der Besitz von Geld, Wertsachen, Fahrrädern und Feuerzeugen und der Erwerb von Fahrkarten verboten. Verkehr mit Deutschen wurde streng bestraft, teilweise sogar mit dem Tode.

Die aus Polen nach Deutschland gebrachten Polen waren entweder Kriegsgefangene, Zwangsrekrutierte oder „Freiwillige“. Mit den so genannten Polen-Erlassen, schuf die nationalsozialistische Reichsregierung am 8. März 1940 per Polizeiverordnung ein Sonderrecht. Darin wurden polnische Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs diskriminierenden Vorschriften unterworfen. Die rassistisch begründete Vorstellung von einer Minderwertigkeit der

„Zivilarbeiter“ genannten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen aus Polen war ein herausstechendes Merkmal dieser Anordnungen.

Sie wurden herausgegeben vom „ Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern “ Heinrich Himmler.

Die Anordnungen umfassten z. B. folgende Vorschriften:

Polnische Zwangsarbeiter mussten sich der Kennzeichnungspflicht unterwerfen: Ein „P“ musste deutlich sichtbar an jedem Kleidungsstück befestigt werden.

Polnische Zwangsarbeiter bekamen geringere Löhne als deutsche Arbeiter.

Die Verpflegung war in Menge und Qualität schlechter als die Verpflegung für Deutsche.

Das Verlassen des Aufenthaltsortes war verboten.

Ab der Dämmerung galt eine allgemeine Ausgangssperre.

Der Besitz von Geld oder Wertgegenständen, Fahrrädern, Fotoapparaten oder Feuerzeugen war verboten.

Der Besuch von Gaststätten oder Tanzveranstaltungen war verboten.

Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln war verboten

Der Kontakt von Polen mit Deutschen war strengstens verboten, selbst der gemeinsame Kirchenbesuch. Zuwiderhandlungen wurden mit einer Einweisung in ein Arbeitserziehungslager oder ohne weitere Gerichtsverhandlung mit dem Tode bestraft.

Die Geheime Staatspolizei war für die Verfolgung und Bestrafung von Verstößen zuständig. Dabei wurden Kriegsgefangene entgegen der zweiten Genfer Konvention von 1929 verfolgt, in Arbeitserziehungslager eingewiesen oder sogar öffentlich von Mitarbeitern der Geheimen Staatspolizei gehängt.

Am 25. April 1940 gibt der beigeordnete Kellinghusener Bürgermeister Wilken eine entsprechend formulierte Anweisung an alle Gast- und Schankwirte der Stadt Kellinghusen und an den Kinobesitzer Johann Lützen heraus:

Der §4 der vom Herrn Regierungspräsidenten in Schleswig am 27. März 1940 erlassenen Polizeiverordnung sagt folgendes:

Der Besuch deutscher Veranstaltungen kultureller, kirchlicher und geselliger Art sowie der Besuch von Gaststätten ist den Zivilarbeitern und – arbeiterinnen polnischen Volkstums untersagt. Ich weise Sie hiermit auf diese Bestimmung hin und fordere Sie auf, polnischen Zivilarbeitern und Zivilarbeiterinnen das Betreten Ihres Lokals zu untersagen und hierher sofort Mitteilung zu machen, damit gegen dieselben vorgegangen werden kann.

Den Herren Polizeibeamten zur Kenntnis und Beachtung.

gez.

Der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde

Wilken 3

Nach dem Angriff auf die Sowjetunion kamen im „Ostarbeiter-Erlass“ vom 20. Februar 1942 nach dem Vorbild der Polen-Erlasse noch schärfer gefasste Bestimmungen für sowjetische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter (sogenannte Ostarbeiter) und Deportierte hinzu. Zu den Erlassen wurden schriftliche Anordnungen an die lokalen Verwaltungs- und Polizeistellen sowie die Betriebsführer herausgegeben.

Polnische Zwangsarbeiterinnen

(Aus dem Privatbesitz Walter Vietzen)

Die „Ostarbeiter-Erlasse“ enthielten z. B. folgende Bestimmungen:

Es ist verboten, den Arbeitsplatz zu verlassen.

Es ist verboten, Geld und Wertgegenstände zu besitzen.

Es ist verboten, Fahrräder zu besitzen.

Es ist verboten, Fahrkarten zu erwerben.

Es ist verboten, Feuerzeuge zu besitzen.

Ostarbeiter müssen sich der Kennzeichnungspflicht unterziehen: Ein Stoffstreifen mit der Aufschrift „Ost“ musste gut sichtbar auf jedem Kleidungsstück befestigt werden.

Die Betriebsführer und Vorarbeiter besaßen ein Züchtigungsrecht.

Ostarbeiter bekamen in Menge und Qualität schlechtere Verpflegung als Deutsche.

Sie bekamen weniger Lohn als Deutsche.

Es ist den Ostarbeitern jeglicher Kontakt mit Deutschen verboten, selbst der gemeinsame Kirchenbesuch ist verboten.

Ostarbeiter wurden gesondert untergebracht, und zwar nach Geschlechtern getrennt.