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Das Auto war vollkommen in eine Segeltuchplane eingewickelt. Man konnte kaum erraten, was sich unter der Plane verbarg. Es hätte ebenso gut ein Heuhaufen sein können. Katharina hatte plötzlich ein vage mulmiges Gefühl in der Magengrube, das sie manchmal überkam, wenn sich eine Vorahnung zu bestätigen schien. Gleich darauf fing sie an, die komplizierten Befestigungen und verknoteten Seile, die durch Löcher in der wasserfesten Hülle hindurchführten, zu entfernen.
Sie brauchte fast fünf Minuten, um den Wagen freizulegen. Katharina blickte durch die Fensterscheibe. Der Innenraum glich einer Schreckenskammer. Offensichtlich hatte ein wilder Kampf stattgefunden. Ein schwarzer Damenschuh lag auf der Fußmatte. Sie sah Kleidungsstücke mit rotbraunen Flecken und Streifen. Auf dem Sitz lag eine schwarze Ledertasche …
Paul Runge, ein junger Bezirksstadtrat, wird erpresst und bittet Privatdetektivin Katharina Ledermacher um Hilfe. Ihr gelingt es problemlos, die Angelegenheit zu erledigen. Doch dann geschieht ein Mord.
Und Katharina muss erkennen, dass es um weitaus mehr geht als um einen typischen Erpressungsversuch …
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Bernd Teuber
Zwei Morde sind genug
Ein Fall für Katharina Ledermacher
Ein Kriminalroman
nach Motiven von Richard Hey
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2023
Korrektorat: Bärenklau Exklusiv
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
Alle Rechte vorbehalten
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Zwei Morde sind genug
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
Verzeichnis der bisher erschienen Katharina Ledermacher-Krimis
Das Auto war vollkommen in eine Segeltuchplane eingewickelt. Man konnte kaum erraten, was sich unter der Plane verbarg. Es hätte ebenso gut ein Heuhaufen sein können. Katharina hatte plötzlich ein vage-mulmiges Gefühl in der Magengrube, das sie manchmal überkam, wenn sich eine Vorahnung zu bestätigen schien. Gleich darauf fing sie an, die komplizierten Befestigungen und verknoteten Seile, die durch Löcher in der wasserfesten Hülle hindurchführten, zu entfernen.
Sie brauchte fast fünf Minuten, um den Wagen freizulegen. Katharina blickte durch die Fensterscheibe. Der Innenraum glich einer Schreckenskammer. Offensichtlich hatte ein wilder Kampf stattgefunden. Ein schwarzer Damenschuh lag auf der Fußmatte. Sie sah Kleidungsstücke mit rotbraunen Flecken und Streifen. Auf dem Sitz lag eine schwarze Ledertasche …
Paul Runge, ein junger Bezirksstadtrat, wird erpresst und bittet Privatdetektivin Katharina Ledermacher um Hilfe. Ihr gelingt es problemlos, die Angelegenheit zu erledigen. Doch dann geschieht ein Mord.
Und Katharina muss erkennen, dass es um weitaus mehr geht als um einen typischen Erpressungsversuch …
***
Ein Fall für Katharina Ledermacher
Privatdetektivin Katharina Ledermacher musterte den Mann genauso, wie er es eben mit ihr getan hatte. Er deutete auf die Couch, wartete, bis seine Besucherin Platz nahm, und setzte sich in einen Sessel. Sekundenlang herrschte Schweigen.
»Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragte Katharina schließlich.
Paul Runge war nervös. Unvermittelt begann er über seinen beruflichen Werdegang zu erzählen, und wie er sich zum Bezirksstadtrat emporgearbeitet hatte – lauter Dinge, die Katharina längst wusste und die nichts mit ihrem Besuch bei ihm zu tun hatten. Der Mann musste kürzlich einen Schock erlitten haben. Katharina waren die Symptome nur zu bekannt. Die einen pflegten überzusprudeln von persönlichen Sorgen, die anderen schwiegen.
Dann brauchte es unendlich viel Geduld, aus ihnen herauszuholen, worum es sich eigentlich handelte. Meist hatten sie dann bereits schlaflose Wochen hinter sich, mit dem hoffnungslosen Versuch, so viel Mut zusammenzuraffen, sich einer fremden Person anzuvertrauen. Paul Runge gehörte eher zum zweiten Typ, und Katharina wusste aus Erfahrung, dass man mit ihnen am schwersten zurechtkam.
Plötzlich, mitten in der Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit, brach er ab. Ein schuldbewusster Ausdruck zeigte sich auf seinem ernsten, fast jungenhaften Gesicht.
»Ach, zum Teufel!«, murmelte er. »Es ist verdammt schwierig. In ein paar Minuten werden Sie denken, ich habe zumindest meine Frau umgebracht. Dabei bin ich nicht einmal verheiratet. Das ist übrigens ein Teil meiner Schwierigkeiten. Ich meine, Heirat hat damit zu tun. Eine verheiratete Frau … Ich werde erpresst, Frau Ledermacher. Und so wie es aussieht, habe ich mich unbesonnen verhalten. Unbesonnen – ja, das ist der passende Ausdruck. Und ich habe dafür bezahlt. Aber es gibt Grenzen, und ich habe meine erreicht. Die Sache muss beendet werden.«
Geistesabweisend holte er ein Zigarettenetui aus seiner Jackentasche. Seine schmalen, kantigen Finger zitterten leicht, als er das Feuerzeug aufklappte.
»Wenn ich Sie richtig verstehe, hatten Sie eine Affäre mit einer verheirateten Frau«, warf Katharina ein. »Und nun verlangt sie von Ihnen …?«
»Aber nein! Mein Gott, doch nicht Christa. Nicht die Frau … Entschuldigen Sie. Ich habe eine geradezu verrückte Abneigung, auch nur darüber zu sprechen. Aber ich muss. Es ist der Mann. Ihr Mann, der … Nun, ich will es so ausdrücken: Er ist der Übeltäter in diesem Stück.«
»Verstehe«, sagte Katharina.
Natürlich verstand sie kein Wort. Sie sah sich ihren Klienten genauer an. Paul Runge wirkte vielleicht ein wenig simpel – aber nicht naiv oder treuherzig. Gerade die Art Einfachheit, die ihre Wurzeln zum größten Teil in Ausgeglichenheit und Ehrlichkeit hatte. Es war der ungebändigte, dunkle Haarschopf, der ihn auf den ersten Blick so jung erscheinen ließ. Das etwas kantige, braungebrannte Gesicht wirkte anziehend und ganz bestimmt nicht weichlich. Die Augen verrieten sowohl Beobachtungsgabe und Humor als auch eine Neigung zur Ehrlichkeit. Seine kultivierte Stimme wirkte nicht affektiert.
»Hören Sie, Frau Ledermacher«, sagte er schließlich. »Ich muss Ihnen die ganze Geschichte von Anfang an berichten. Ich traf Christa Nietsch vor einem Jahr auf einer Benefizveranstaltung. Ich muss wohl sagen, ich traf sie wieder. Ich erfuhr, dass sie geheiratet hatte. Sie ist nun Frau Hartwig, die Frau von Georg Hartwig. Ein außergewöhnlich beliebter Mann und großer Spaßvogel vor dem Herrn.«
»Verstehe.«
Diesmal begann sie zumindest die Umrisse des Bildes zu ahnen, und sei es bloß nach der Bitterkeit in Paul Runges Stimme zu schließen.
»Sie entdeckten also diese alte Freundin von Ihnen, die jetzige Frau Hartwig? Und vielleicht schien sie nicht sehr glücklich zu sein, was ihre Ehe betraf?«
»Genau das, Frau Ledermacher. Sie ist es tatsächlich nicht. Natürlich war das nicht meine Angelegenheit. Es verging eine ganze Weile, bis ich überhaupt nur zu ahnen begann, wie die Dinge standen. Georg Hartwig war zwar nicht gerade mein Typ, aber ich fand ihn auch nicht übel. Nun gehöre ich vielleicht auch zu den Leuten, die ein bisschen wählerisch sind, und außerdem bin ich gerne allein. Mein Job ist schon stressig genug, deshalb genieße ich jede ruhige Minute, die ich kriegen kann. Georg Hartwig ist das genaue Gegenteil. Er verwandelt jede Party in eine Ein-Mann-Show. Niemand kann mit der gleichen Treffsicherheit Weintrauben werfen. Seine Taschenspielertricks sind überall bekannt. Er weiß genau, wann und an welchem Ort er diese Nummern vom Stapel lassen muss. Zuerst wunderte ich mich, wie ein solch geistloser, lärmender und oberflächlicher Mann Christas Zuneigung gewinnen konnte, denn sie war inzwischen zu einer schönen Frau herangewachsen. Damals, als ich sie und ihren Vater in Hannover kennenlernte, war sie noch sehr jung und ein bisschen unscheinbar gewesen.«
Er machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach.
»Es war im vergangenen Juni, als ich entdeckte, dass Christa nicht einmal drei Kilometer von mir entfernt lebte. Zuerst fand ich es wundervoll. Dann, mit der Zeit lernte ich Georg näher kennen. Ich kam dahinter, dass Christa auf ihre stille, zurückhaltende Art litt. Gelegentlich machte sie mir gegenüber vage Andeutungen. Aber ich begriff immer noch nicht. In ihren Augen war Georg weiter nichts als ein – nun, ein Narr. Inzwischen ist mir aber schmerzlich klar geworden, dass ich der Narr gewesen bin!«
»Das soll heißen, dass Georg keineswegs der ist, für den Sie ihn hielten?«
Paul schüttelte den Kopf.
»Ich glaube, kein Mensch hält ihn dafür, was er wirklich ist. Jedenfalls nicht hier in Berlin. Christa muss ungefähr über ihn Bescheid wissen, doch vermutlich ahnt sie nicht einmal die Hälfte davon. Er ist schlau, rücksichtslos und gefährlich. Ich war mit Blindheit geschlagen, als ich ihn zuerst kennenlernte. Aber schließlich wurden mir doch die Augen geöffnet. Vom lieben fröhlichen Georg – Clown und Komiker jeder fröhlichen Gesellschaft.«
Seine Stimme wurde hart und sein Gesicht sah finster aus.
»Eine meiner ersten Entdeckungen betraf Christas Geld«, fuhr er fort. »Sie ist die Tochter und das einzige Kind von Hermann Nietsch, einem reichen Industriellen. Nach seinem Tod erbte sie alles, was er besaß. Georg hat bereits eine Menge davon erhalten. Ich erzähle Ihnen das in voller Absicht, weil ich glaube, dass sich diese Angabe auf Tatsachen bezieht, die verhältnismäßig leicht zu überprüfen sind. Was meine persönliche Geschichte betrifft, dürften Beweise nicht ganz so leicht zu beschaffen sein. Wie ich schon erwähnte, lernte ich die Nietschs in Hannover kennen, als ich dort studierte. Christa und ich verliebten uns, aber wir nahmen das Ganze nicht besonders ernst. Ich war voller Ambitionen und wollte Karriere machen. Deshalb verloren wir uns aus den Augen. Erst als ich mich in Berlin niederließ, entdeckte sich sie wieder – als schöne Frau. Und mit dem Namen Christa Hartwig.«
Er lächelte ein bisschen unsicher.
»Damit war die Bühne bereit für die Komödie, nicht wahr?«, fragte Katharina. »Oder Tragödie?«
»Eine Mischung von beidem, Frau Ledermacher. Die berühmte Mischung, die wir Leben nennen.« Er hob seine breiten Schultern und ließ sie wieder fallen. »Selbstverständlich dauerte es nicht lange, bis Christa und ich uns häufiger trafen. Georg verbrachte die meiste Zeit in seinem Büro. Er fährt jeden Tag dorthin. Behauptet, Anlageberater zu sein. Doch das scheint nicht zu stimmen. Er hat zwar ein Büro, aber ich habe nie herausgefunden, was er dort genau arbeitet.« Er schwieg einen Moment und sah Katharina an. »Machen Sie sich keine Notizen?«, fragte er.
»Nein. Aber wenn Sie es wünschen?«
Er lachte. »Ich persönlich habe ein miserables Gedächtnis«, bemerkte er. »Nun, Georg fährt jeden Tag in sein Büro, wozu er für jeden Weg mindestens ein und eine Viertelstunde braucht. Außerdem kommt er meistens sehr spät nach Hause. Wie er sagte, gehört er der Freimaurer-Loge Zur goldenen Sonne an und hält sich abends häufig dort auf.«
»Und lässt Sie und Frau Hartwig in dieser Zeit allein?«, fragte Katharina.
»Ja …« Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. Die Detektivin sah, dass sich seine Kiefermuskeln spannten.
»Vielleicht ist es besser, wenn ich Ihnen sage, dass weder von meiner noch von Christas Seite jemals ein unkorrektes Verhalten vorkam. Kein Material für eine billige Seifenoper. Wäre es anders gewesen, würde dieses Treffen nicht stattfinden.«
»Schon gut«, beruhigte sie ihn. »Ich glaube Ihnen. Doch soviel ich verstanden habe, werden Sie von Georg Hartwig erpresst. Wie wäre das trotz Ihrer Korrektheit möglich?«
»Es ist möglich. Ich war ein Idiot. Wenn ich auf die vergangenen Monate zurückblicke, überkommt mich das Gefühl, das ich verrückt gewesen sein muss. Aber ich durchschaute Georg eben nicht. Das ist der entscheidende Punkt. Wenn man mich verstehen will, muss man daran denken, dass ich eine absolut falsche Vorstellung von diesem Mann hatte. Ich hielt ihn für einen hohlköpfigen Trottel. Hysterisch und unausgeglichen. Mein Hauptinteresse war, ihn zum Schweigen zu bringen, wenn er wieder einmal herumschrie. Und vor allem einen Skandal zu vermeiden – Christa zuliebe. Ich dachte, der geringste Widerstand ist das Beste, was man einem Idioten gegenüber einnehmen kann, der wie ich annahm, nach ein paar Tagen wieder zur Besinnung kommen würde. Also gab ich Georg, was er verlangte.«
»Und was war das?«
Paul Runges Gesicht wurde erst rot und dann sehr blass.
»Ein Brief.«
Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und schwieg eine ganze Weile.
»Am besten erzähle ich Ihnen kurz, was geschah«, stellte er fest. »Sie werden mich zwar für einen Dummkopf halten, aber das spielt keine Rolle. Ich habe in der Nähe vom Wannsee ein kleines Ferienhaus. Gelegentlich vertrieb ich mir dort die Zeit mit einem Paddelboot. Sehr laienhaft. Ich war ziemlich hilflos und machte mir auch nicht die Mühe, es zu erlernen. Dafür interessierte es mich zu wenig. Eines Nachmittags – es war Ende Mai – sagte Christa, sie würde gerne einmal mit dem Paddelboot fahren.