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Es gibt viele gute Gründe, das Leben zu feiern. Das Leben? Natürlich - wir können unser Leben mit Sorgen füllen, können uns schlecht behandelt fühlen, können jammern und unser Schicksal beklagen oder uns immer mehr Lasten aufladen. Schade drum! Dieses Buch schenkt einen frischen, positiven Blick auf die guten Möglichkeiten, die das Leben uns bietet. In seinen Streifzügen durch den Alltag nimmt Rainer Haak das vermeintlich Kleine in den Blick. Und erhebt es zu etwas Kostbarem. Nehmen Sie die Einladung an, jeden Tag als Geschenk zu betrachten.
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Seitenzahl: 158
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Über den Autor
Rainer Haak ist Schriftsteller und Theologe. Nach dem Studium der Theologie war er als Gemeinde- und Jugendpfarrer tätig. Seit 1990 arbeitet er hauptberuflich als freier Schriftsteller. Bekannt wurde Rainer Haak vor allem als Autor meditativer Geschenkbücher. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die Gesamtauflage seiner Bücher beträgt über neun Millionen. Er ist regelmäßig unterwegs zu Lesungen und Vorträgen und lebt mit seiner Frau, der Sängerin Angelika Haak, und zwei Kindern in Lüneburg.
www.rainerhaak.de
Inhalt
Vorwort
1 | Sonnenstrahlen sammeln
2 | Eine lächelnde Kirche
3 | Augenblicke der Sorglosigkeit genießen
4 | Mitfreuen tut gut
5 | Weniges kann viel sein
6 | Die Wirklichkeit genießen
7 | Unterschiedliche Menschen
8 | Sturm und Regen
9 | Einfachheit als Abenteuer
10 | Kleine Schritte wagen
11 | Sich als Original erkennen
12 | Werden wie die Kinder
13 | Einander zuhören können
14 | Unterschiedliche Menschen
15 | Neue Hoffnung entdecken
16 | Die Stille hören
17 | Sprünge ins Leben
18 | Die Schublade öffnen
19 | Zu Gast sein
20 | Zeichen der Liebe
21 | Lauter gute Gaben
22 | Gute Erinnerungen
23 | Wunder erkennen
24 | Aktiv altern
25 | Jeden Tag Musik
26 | Kostbare Augenblicke
27 | Lächelnd die Welt verändern
28 | Die Wirklichkeit genießen
29 | Regelmäßige Glücksmomente
30 | Beachtet werden
31 | Dankbarkeit
32 | Ältere Ehepaare
33 | Lebendig sein für Abenteuer
34 | Wieder Freude am Leben finden
35 | Sich Herausforderungen suchen
36 | Sonnenschein
37 | Abwechslungsreiche Routine
38 | Ein freundlicher Gott
39 | Die unheimlich schöne Natur
40 | Mehr als reiner Zufall
41 | Nicht die Hoffnung verlieren
42 | Mitgefühl und Hilfe
43 | Probleme lösen
44 | Das Geschenk der Liebe
45 | Begeistert leben
46 | Ein Glaube, der »groß« macht
47 | Auf und Ab
48 | Mitmenschlichkeit
49 | Zu sich selbst freundlich sein
50 | Erfolge feiern
51 | Gern teilen
52 | Das Lächeln suchen
53 | Freude am Besitz
54 | Das Leben auskosten
55 | Mit Liebe zubereitet
56 | Kind des Lebens
57 | Der neue Tag
58 | Lebensabschnitte beschreiten
59 | Aus Verliebtsein wird Liebe
60 | Hilfreiche Kritik
61 | Liebevolle Gedankenübertragung
62 | Geschenke des Lebens
63 | Sich selbst akzeptieren
64 | Bilanz ziehen
65 | Altes und junges Potenzial
66 | Ein fröhliches Herz
67 | Gott ist Liebe
68 | Sehnsucht
69 | Handwerk
70 | Nicht aufs Irgendwann warten
71 | Selbst entscheiden
72 | Überraschende Augenblicke
73 | Besondere Menschen
74 | Neid ablegen
75 | Selber denken
76 | Wahrer Reichtum
77 | Das Geschenk des Gottvertrauens
78 | Glückliche Menschen
79 | Geheimes Ehrenamt
80 | Ein Wagnis eingehen
81 | Veränderung zulassen
82 | Gaben entdecken und entwickeln
83 | Lachen tut gut
84 | Einzigartig geschaffen
85 | Seelisches Grundvertrauen
86 | Sich verändern
87 | Leise danke sagen
88 | Die Komfortzone verlassen
89 | Abschied nehmen
90 | Lieblingsorte
91 | Zeiten der Stille
92 | Träume verwirklichen
93 | Fehler machen dürfen
94 | Himmel und Erde
95 | Freundliche Gesichter
96 | Kinderlachen
97 | Über sich selbst freuen
98 | Gaben der Natur
99 | Fröhlich feiern
Vorwort
Feiern Sie gern? Still oder ausgelassen, im kleinen Kreis oder in großer Runde? Wie auch immer – es gibt viele gute Gründe, das Leben zu feiern. Das Leben?
Natürlich, wir können unser Leben mit Sorgen füllen, können uns schlecht behandelt fühlen, können jammern und unser Schicksal beklagen oder uns immer mehr Lasten aufladen. Schade drum!
Dieses Buch schenkt Ihnen einen frischen, positiven Blick auf die guten Möglichkeiten, die das Leben bietet – auf wunderbare Begegnungen von Mensch zu Mensch, auf mutige Schritte in die Freiheit und faszinierende Momente und Erlebnisse zwischen Himmel und Erde.
Ich lade Sie ein, jeden neuen Tag als kostbares Geschenk anzusehen und immer wieder einmal still oder ausgelassen das Leben zu feiern. Lassen Sie sich entführen zu spannenden und sehr lebendigen Ausflügen!
Rainer Haak
1 |Sonnenstrahlen sammeln
Manchmal geht es uns richtig gut, nicht wahr? Dann spüren wir, dass wir vom Leben reich beschenkt sind. Manchmal können wir lachen und fröhlich sein. Manchmal sind wir voller Zuversicht und Entdeckerfreude.
Doch dann gibt es auch wieder ganz andere Zeiten, viel zu oft! Da sind wir tief unten. Wir sind unglücklich und verzweifelt, enttäuscht und verstimmt. Wir sind von Dunkelheit umgeben und haben den Eindruck, die Sonne würde nie wieder scheinen. Nie wieder?
Wie gut täte es jetzt, wenn wir uns an schöne, unbeschwerte Augenblicke zurückerinnern könnten! An eine wunderbare Feier, ein gutes, ehrliches Gespräch, einen herrlichen Urlaubstag, einen fröhlichen Nachmittag mit den Kindern oder mit guten Freunden, an Mut und Leichtigkeit und Vertrauen.
Natürlich können wir solche Augenblicke nicht wiederholen. Aber wir können die Gefühle von damals hervorholen, noch einmal fühlen und genießen. Allein die Erinnerung kann uns schon ein Lächeln ins Herz und Gesicht pflanzen. Wäre es da nicht angebracht, die positiven Erinnerungen in einem imaginären Schatzkästchen tief in unserem Inneren zu sammeln und dort bereitzuhalten?
Sie haben bereits eine Schatzkiste mit kostbaren Erinnerungen? Herzlichen Glückwunsch! So haben Sie stets eine Art Reiseproviant für den Weg, der vor Ihnen liegt.
Was finden wir in so einer Schatzkiste vor? Auf jeden Fall sind dort Erlebnisse und Erfahrungen gesammelt, an die wir immer wieder gern denken. Dort finden wir intensive Augenblicke, in denen wir alles um uns herum vergessen konnten, Erfolge, für die wir hart gearbeitet haben, und Sonnenstrahlen, die einfach so vom Himmel zu uns geschickt wurden.
Wir brauchen in einer schwierigen Situation einen Grund, uns zu freuen und das Leben zu feiern? Dann lassen Sie uns die Schatzkiste öffnen und zahlreiche gute Gründe hervorholen. Und jeder zusätzliche Schatz, der in die imaginäre Kiste kommt, ist ein neuer Grund zu feiern.
2 |Eine lächelnde Kirche
In jedem Sommer verwandelt sich die Kirche von Skärhamn an der Ostküste Schwedens auf auffällige Weise: Der weiße Kirchturm mit den beiden Fenstern, die so sehr an Augen erinnern, erhält unter ihnen einen nach oben geöffneten Halbkreis montiert. Entstanden ist ein herrliches, einladendes Lächeln. So werden die meisten Touristen, die den Ort im Sommer besuchen, bei ihrer Ankunft schon von Weitem von der »lächelnden Kirche« begrüßt und willkommen geheißen. Allein dieser Anblick lohnt schon die Reise in das kleine Küstenstädtchen.
Viele Menschen haben so ein »Willkommen« in ihrer Kirche leider nie erlebt, sondern mussten die bittere Erfahrung machen, abgewiesen oder abgekanzelt zu werden. Sie fühlten sich eingeengt oder niedergedrückt. Darunter haben sie gelitten oder leiden noch. Was für eine Freude muss es gerade für diese Menschen bedeuten, Erfahrungen »der anderen Art« zu machen! Was für eine Freude, die Kirche auf so wohltuende Weise zu erleben – lächelnd und einladend!
Ich hoffe, Sie haben diese wunderbare Erfahrung auch schon machen dürfen. Vielleicht in ihrem Heimatort, in einer Nachbargemeinde oder irgendwo fernab im Urlaub. Noch nicht? Dann mache ich Ihnen diesen Vorschlag: Verankern Sie das Bild der lächelnden Kirche von Skärhamn tief in Ihrer Seele. Das wird Ihnen guttun. Es ist schließlich die wichtigste Aufgabe jeder Kirche, die Besucher willkommen zu heißen und ihnen in Liebe und Freundlichkeit zu begegnen.
Je mehr Menschen dieses Bild der lächelnden Kirche verinnerlichen und ein menschenfreundliches Bild der Kirche vor ihrem inneren Auge haben, umso häufiger werden wir das tatsächlich erleben – Kirche als Ort, an dem Menschen die Liebe und das »große Willkommen« Gottes feiern. Denn Kirche besteht nicht nur aus Steinen, sondern vor allem aus sehr lebendigen Menschen. Wenn diese Menschen sich von der Freundlichkeit Gottes berühren lassen, kann es geschehen, dass nicht nur der Kirchturm lächelt, sondern das ganze Kirchenschiff »strahlt«. Was für eine wunderbare Vorstellung!
3 |Augenblicke der Sorglosigkeit genießen
Wer schon einmal nachts vor lauter Sorgen um die Zukunft nicht einschlafen konnte, weiß sehr gut, wie zermürbend das sein kann. Und wer sich eine lange Zeit von seinen Problemen völlig beherrschen ließ, kann sich genau erinnern, wie gefangen und niedergedrückt er sich damals fühlte.
»Wo bekomme ich nur das Geld her?«
»Wie soll ich den Termin einhalten?«
»Was tue ich nur, wenn ich keinen Erfolg habe?«
Sorgen helfen nicht, unsere Probleme in den Griff zu bekommen. Im Gegenteil! Sie haben die Tendenz, immer größer zu werden und immer mehr Raum in unserem Leben zu beanspruchen. Sie nehmen uns die Luft zum Atmen. Sie drücken uns an den Rand. Sie machen uns das Leben unnötig schwer.
Deshalb ist es oft geradezu lebenswichtig, Sorgen loszulassen. Sie gehören nicht länger in den Mittelpunkt unseres Lebens. Es ist wichtig, Abstand von ihnen zu gewinnen. Am besten ist es, sie so oft wie möglich ganz einfach zu vergessen.
Wie das möglich ist?
Wir suchen etwas, das besser und größer und vor allem lebendiger ist als unsere Sorgen. Wir suchen etwas, wofür wir uns begeistern können: Wir feiern ein fröhliches, ausgelassenes Fest. Wir singen mit Freunden, bis die Wände wackeln. Wir schauen uns einen aufregenden Film an. Wir laufen drei Runden um den Park, bis wir erschöpft und glücklich zurückkehren. Wir bereiten einen romantischen Abend vor – nur für uns zwei! Wir leben völlig im Augenblick und vergessen alles um uns herum. Und wir stellen fest: Solch ein kostbarer Augenblick kann wie ein ganzes Leben sein, rund und erfüllt und durch nichts zu überbieten. Wir feiern diesen Augenblick, als würden wir unser Leben feiern. Alles andere ist jetzt unwichtig. Unsere Sorgen haben wir längst vergessen.
Hinterher sind wir dann meistens müde und glücklich. Und erstaunt stellen wir fest: In der nächsten Nacht können wir wunderbar schlafen. Und Dinge, die uns Sorgen bereitet haben, regeln sich dann meistens wie von selbst.
4 |Mitfreuen tut gut
Er wohnte nur ein paar Häuser von mir entfernt. Manchmal kam er vorbei und bat mich um etwas Geld. Dann ließ ich ihn herein und bot ihm stattdessen einen Kaffee und ein Brötchen an. Er roch nach Alkohol, egal ob morgens oder abends. Wenn ich ihn fragte, wie es ihm ging, war die Antwort meistens: »Danke, es geht aufwärts. Den Alkohol habe ich im Griff. Ich trinke nur noch ab und zu, meistens dann, wenn ich traurig bin oder mich einsam fühle. Keine Sorge, ich schaffe das schon!« Am Anfang hatte ich ihm das noch geglaubt, doch nach und nach war offensichtlich, dass sein Weg immer weiter bergab ging. War er am Anfang noch ordentlich gekleidet, so fielen mir jetzt immer häufiger die Löcher in seinem Pullover und die vielen Flecken auf seiner Hose auf. Er war aufgedunsen und fahl im Gesicht. Was für ein trauriges Bild!
Dann kam er längere Zeit gar nicht mehr. Auch auf der Straße begegnete er mir nicht mehr. »Er hat es ja nicht anders gewollt«, sagte eine Nachbarin schnippisch »dabei habe ich ihm immer so gut zugeredet!« So verlor ich ihn aus den Augen, aber dachte noch oft an ihn.
Drei Jahre später klingelte es schon morgens an meiner Tür. Ich öffnete. Vor mir stand ein lächelnder, gut gekleideter Mann, der mich erwartungsvoll anblickte. »Ja, bitte?«, fragte ich. »Erkennen Sie mich nicht? Ich bin es doch!« Tatsächlich, ich konnte es kaum fassen. »Mein« Alkoholiker stand dort, völlig verwandelt. Ich nahm ihn in den Arm, so sehr freute ich mich. Er kam herein, trank seinen Kaffee, aß sein Brötchen, so wie damals, und erzählte während der ganzen Zeit – vom Krankenhaus, von der Kur, von seinem Umzug in eine andere Stadt, von der Gruppe, in der er sich regelmäßig mit anderen Betroffenen austauscht, und von seiner großen Liebe, die er gefunden hatte. Während der ganzen Zeit strahlte er.
Ich freute mich mit ihm von ganzem Herzen. Und ich dachte: Manchmal ist es das größte Glück, sich selbst für einen Augenblick zu vergessen und sich mit einem anderen zu freuen.
5 |Weniges kann viel sein
Manche Menschen im wohlhabenden Teil der Welt durchlaufen eine sonderbare Entwicklung. Hier ein Beispiel, wie diese Entwicklung aussehen kann:
»Vor langer Zeit, damals als kleines Kind, brauchte ich nicht viel zum Leben: Liebe, Nähe und Zuwendung, Essen und Trinken, Trost und Lachen und wenigstens ab und zu etwas Sonnenschein. Mehr war nicht nötig. Und es war wunderbar. Doch die Zeiten änderten sich. Nach und nach ›brauchte‹ ich mehr: den neuesten Computer und ein schickes Handy, stets die angesagte Markenkleidung, später ein schnelles, schnittiges Auto, ein repräsentatives Haus mit kostbarer Einrichtung, aufregende Reisen in alle Welt, edles Essen und guten, teuren Wein. Und es kam immer noch etwas dazu. Das alles und viel mehr brauchte ich. Ein einfaches Leben ohne all den Luxus konnte ich mir längst nicht mehr vorstellen. Je mehr ich hatte, umso mehr brauchte ich und umso unzufriedener wurde ich.«
Ich weiß nicht, ob so eine Entwicklung »normal« ist. Aber was ist heute schon normal? Doch für etliche jener Luxusgeschöpfe nimmt diese Lebensgeschichte zum Glück noch einmal eine erstaunliche Wendung:
»Irgendwann stellte ich fest, dass ich so nicht weiterleben wollte. Mir war alles zu viel und zu anstrengend. Sicher, äußerlich hatte ich fast alles, was ich mir wünschte, doch innerlich war ich leer. Da begann ich, Ballast abzuwerfen. Ich machte mich frei von vielem, was mich und mein Herz besaß und auffraß. Und ich wurde auf wunderbare Weise überrascht: Ich entdeckte wieder tiefe Gefühle in mir, die lange Zeit verschüttet waren. Ich freute mich wieder über die kleinen Dinge, so wie damals als Kind. Ich genoss die Zuwendung und das Vertrauen meiner Mitmenschen. Und ich stellte fest: Was für ein Glück ist es doch, zu leben, einfach zu leben!«
Ich wünsche Ihnen, dass Sie an jedem Tag Ihres Lebens neu erfahren, wie viel Sie haben und wie wenig Sie brauchen. Die wirklich wichtigen Dinge können wir uns schließlich nicht kaufen, sie werden uns geschenkt!
6 |Die Wirklichkeit genießen
Sicher träumen Sie gern, nicht wahr? Wahrscheinlich malen Sie sich immer wieder einmal etwas Schönes in Ihrer Vorstellung aus. Ich liebe solche Träume. Fast alle Menschen träumen gern von schönen Dingen und wunderbaren Überraschungen, von Glück und Freude: Wir träumen vom nächsten Urlaub oder von einem romantischen Abend. Wir träumen von einem großen Erfolg oder einem rauschenden Fest. Wir stellen uns vor, die Sonne würde scheinen und wir würden gemütlich im Garten liegen. Wir malen uns das Wiedersehen mit unseren Freunden in den schönsten Farben aus und hoffen, dass wir das Problem, das uns quält, bald lösen werden. Wir gehen in Gedanken am See spazieren und spielen mit unserem Sohn ausgelassen Fußball.
Nicht alle Träume erfüllen sich. Manchmal stehen wir uns selbst im Weg, weil wir Angst haben oder zu bequem sind. Manchmal sind unsere Erwartungen zu hoch oder einfach falsch. Manchmal bleiben es schöne Träume, auf die wir uns trotzdem immer wieder freuen. Dabei besteht die Gefahr, dass wir es uns in unseren Träumen so bequem und schön einrichten, dass wir darüber die Wirklichkeit vernachlässigen. Deshalb ist es so wichtig, von der Welt der Träume immer wieder Abschied zu nehmen und ins wirkliche Leben zurückzukehren.
Erst dann können wir staunend die Erfahrung machen, dass die Wirklichkeit oft viel schöner ist als unsere Träume. Das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinen Hindernissen, seinen Wundern und Möglichkeiten, übersteigt immer wieder jede Vorstellung.
Sicher, das Wetter im Urlaub konnte wieder einmal nicht mit unseren Träumen mithalten. Als der Wolkenbruch uns überraschte, wurden wir bis auf die Haut nass. Aber wir spürten uns und das Leben und waren glücklich.
Und als wir mit unserem Sohn Fußball spielten, stolperten wir so unglücklich, dass wir nur noch humpeln konnten. Aber unser Sohn stützte uns auf dem Heimweg ganz rührend und konnte so auch einmal »der Große« sein. Da kann nun wirklich kein Traum mithalten!
7 |Unterschiedliche Menschen
Gleich und Gleich gesellt sich gern, heißt es oft. Und tatsächlich: Einheimische reden meistens mit Einheimischen, und Zugezogene treffen sich mit Zugezogenen. Erfolgreiche sind am liebsten mit ihresgleichen zusammen, und junge Mütter treffen sich mit jungen Müttern. Senioren bleiben oft unter sich, und manche Jugendliche wollen mit den Älteren am liebsten nichts zu tun haben. Viele Menschen ziehen sich in ihre »Szene« zurück, in ihren Klub oder Freundeskreis, ihre Gemeinde, ihren Verein, ihre Stammkneipe oder ihre Familie. Doch muss das so sein?
Zum Glück geschieht an jedem Tag unzählige Male das Wunder, dass völlig unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch kommen. Hier ein Beispiel: Vor einiger Zeit traf ich in Mannheim eine freundliche ältere Dame, die bis zu ihrer Pensionierung in verschiedenen Krankenhäusern und Seniorenheimen gearbeitet hat. Heute hat sie Zeit, weiter Sinnvolles zu tun. Seit drei Jahren trifft sie sich regelmäßig mit einer jungen türkischen Frau, die gern Deutsch lernen wollte. Die war damals gerade erst 16 Jahre alt und soeben aus der Türkei zu ihrem Vater gezogen, der schon länger in Deutschland arbeitet.
Die so unterschiedlichen Frauen aus zwei verschiedenen Kulturkreisen gehen gemeinsam Eis essen, besuchen die Bibliothek oder unternehmen ausgedehnte Spaziergänge. Inzwischen spricht die junge Frau bereits perfekt die Sprache ihres neuen Heimatlandes.
Sie haben es sicher selbst schon oft erlebt. Ausländische Mitbürger freunden sich mit ihren einheimischen Arbeitskollegen an und laden sie zu sich ein. Anhänger verschiedener Religionen feiern zusammen ein buntes Fest. Ein tätowierter Handwerker renoviert seiner 83-jährigen Nachbarin kostenlos die Wohnung. Eine junge Mutter diskutiert mit einem älteren Herrn über Kindererziehung. Ein Mann im feinen Anzug lädt den obdachlosen Zeitungsverkäufer zum Essen ein.
Was für ein Fest, wenn unterschiedliche Menschen aufeinander zugehen und sich gerade in ihrer Verschiedenartigkeit zu schätzen wissen!
8 |Sturm und Regen
Als Kind entdeckte ich in einem Bilderbuch die Wunderwelt des Schlaraffenlandes: Zuerst musste man sich durch einen wohlschmeckenden Puddingberg »fressen«, um zum Ort des Glücks zu gelangen. Dort flogen den Menschen die gebratenen Tauben in den Mund, und immer und überall standen die tollsten Leckereien bereit. Fett und benebelt lagen die beglückten Menschen im Gras.
Ich muss gestehen: Schon damals konnte ich mich weder mit diesen Bildern noch überhaupt mit der Vorstellung eines Schlaraffenlandes anfreunden. Ich kann auch heute nicht irgendwo am Strand wochenlang in der Sonne liegen und nichts tun außer essen und trinken. Und ich mag keine Menschen, die immer nur lächeln und niemals traurig oder ärgerlich sind.
Ich habe aber auch meine Probleme mit Zeitgenossen, die ständig meckern. Sie erleben solche Menschen auch regelmäßig? Sie sind ständig unzufrieden, entweder ist es ihnen zu kalt und regnerisch, oder die Hitze ist kaum auszuhalten. Entweder haben sie gerade keine Arbeit und kommen deshalb mit dem Geld nicht aus, oder sie haben Arbeit und stöhnen, wie anstrengend sie ist. Entweder melden sich ihre Kinder seit Wochen nicht mehr, oder sie sitzen ihnen ständig auf der Pelle. Dahinter steht die unrealistische Vorstellung, alles müsste so sein, dass es ständig Glück vom Himmel regnet. Das Wetter bitte angenehm warm, aber kühl genug, um nicht zu schwitzen. Die Arbeit interessant und leicht zu erledigen, aber sehr gut bezahlt. Und die Kinder sollen immer dann kommen, wenn ihre Hilfe gebraucht wird. Das hört sich alles sehr verdächtig nach einem neuen Schlaraffenland an.