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Es gibt Menschen, die tun uns gut. So wie Anna. Denn Anna kann den Menschen direkt ins Herz sehen. Sie sieht ihre wahre Schönheit, aber auch ihren Schmerz. Die Leute in der kleinen Stadt sind sich einig: Anna ist sicherlich die wundersamste Frau, der sie je begegnet sind. Und sie sind stolz auf sie. Keine andere hat so vielen geholfen, mit Lebensfreude und einer großen Portion Humor. Da kann man gar nicht anders, als mitzulachen und sich durch Annas Alltagsgeschichten inspirieren zu lassen - und sich ein Stück lebendiger zu fühlen. Mit einfühlsamen und farbenfrohen Illustrationen von Sabine Waldmann-Brun, die die Schönheit des Lebens vor Augen malen.
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Seitenzahl: 62
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Inhalt
Genug Platz?
Das Unwetter
Der neue Nachbar
Immer freundlich
Der alte Gartentisch
Das Rosenbild
Rad fahren im Park
Ein langer Atem
Die kleine Brücke
Annas Geheimnis
Blumen im Winter
Eine wunderbare Zeit
Ein magischer Moment
Trampelpfad
Auf Kreuzfahrt
Bildbetrachtung
Pflaumenkuchen
Drei kleine Abenteurer
Wahre Größe
Der neue Kleiderschrank
Papierschiffchen
Eine Insel
Begegnung
Die alte Gartenpumpe
Eine große Kirche
Freundschaft
Das Länderspiel
Wenn die Blätter fallen
Das Modemagazin
Alles nur Ausreden
Mitleid
Zwei verschiedene Wege
Hoch hinaus
Die Winterpause
Veruntreuung
Keine Zeit
Die alte Villa
Seniorenkreis
Kerngesund
Keine Angst
Besuch der Gartenschau
Sonnenaufgang
Hilfsbereit
Sonnenschein
Ein langer Abend
Der Sinn des Lebens
Die Kirschernte
Ein Gedicht
Kaffeekränzchen
Romantische Beleuchtung
Teebeutel
Bunte Häppchen
Ein unerwarteter Gast
Es gibt Menschen, die tun uns gut. So wie Anna. Anna sprüht vor Lebensfreude und das überträgt sich schnell auf andere. Ihr positiver Blick aufs Leben, ihr Humor, ihre Weisheit und Fröhlichkeit haben sich längst in ihrer kleinen Stadt und darüber hinaus herumgesprochen.
Anna liebt ihre Selbstständigkeit, ihren Garten am Fluss mit den vielen Rosen. Die Farben und der Duft der Blüten erinnern sie daran, lebendig zu sein. Die Weite des Himmels und das Rauschen des Windes erzählen ihr von den kleinen Kostbarkeiten des Lebens. Die alte Dame liebt die Menschen. Jemand sagte einmal über sie: „Anna kann den Menschen direkt ins Herz sehen. Sie sieht ihre wahre Schönheit, aber auch ihren Schmerz.“
Freuen Sie sich auf Anna und lassen Sie sich von dieser wunderbaren Frau inspirieren.
Rainer Haak
Genug Platz?
Anna war mitten in den Vorbereitungen für ein großes Fest, zu dem sie viele liebe Menschen einladen wollte. Eine gute Freundin half ihr dabei. „Ist denn in deinem kleinen Haus auch genug Platz für so viele Gäste?“
Anna, die gerade einen Briefumschlag beschriftete, hielt kurz inne. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in manchem einfachen Häuschen mehr Raum ist als in einem großen, teuren Haus.“
Und schon konzentrierte sie sich wieder darauf, Adressen auf bunte Umschläge zu schreiben.
Das Unwetter
Anna hatte sich sehr auf den Besuch einer lieben Freundin gefreut. Jetzt stand sie erwartungsvoll am Fenster und schaute hinaus.
Der Himmel war fast schwarz, der Regen prasselte herunter und auf den Straßen stand bereits das Wasser.
Ob sie überhaupt noch kommt?, fragte sich Anna. Sie benötigt normalerweise keine halbe Stunde für den Weg. Aber bei diesem Unwetter?
Da klingelte das Telefon. Es war die Freundin.
„Anna, ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals so heftig geregnet hat. Da geht kein Mensch freiwillig hinaus. Du hast sicherlich Verständnis, dass ich zu Hause bleibe. Lass uns den Besuch auf nächste Woche verschieben.“
Natürlich hatte Anna Verständnis. Kein normaler Mensch verließ jetzt freiwillig das Haus.
Augenblicke später stand Anna wieder am Fenster. Was soll ich jetzt mit diesem Vormittag machen?, fragte sie sich selbst ein wenig ratlos.
Sie überlegte, lachte kurz auf und ging schnellen Schrittes zum Hinterausgang ihres Hauses. Dort zog sie sich Gummistiefel und Regenmantel an und setzte sich den alten Hut mit der breiten Krempe auf. Dann stapfte sie fröhlich durch den Garten hinunter zum Fluss.
„Kein Mensch geht jetzt freiwillig hinaus“, rief sie dem Unwetter entgegen und grinste dabei. Dann stand sie lange am Fluss und bewunderte das seltene, eindrucksvolle Schauspiel der Natur. Es platschte und prasselte, brodelte und dampfte, als würde der Fluss, aus tiefem Schlaf gerissen, gleich vor lauter Kraft und Lebensfreude explodieren.
Kein normaler Mensch verlässt das Haus, machte sie sich selbst noch einmal deutlich. Wer sie jetzt sehen könnte, würde wahrscheinlich den Kopf über sie schütteln.
Sie hüpfte vor Vergnügen am Flussufer entlang, glücklich über den besonderen Augenblick, den heute kein normaler Mensch so intensiv erleben durfte wie sie.
Der neue Nachbar
Anna war unterwegs, um in einigen der kleinen Läden im Ortszentrum einzukaufen.
In der Bäckerei traf sie eine alte Bekannte, deren Mundwerk im ganzen Städtchen bekannt und berüchtigt war.
„Anna, stell dir vor, bei uns nebenan ist ein neuer Nachbar eingezogen. Und du wirst es nicht glauben, auf seinem Hof steht ein alter, knallgrüner Traktor. Wozu er den hier braucht, weiß ich auch nicht. Wenn er draußen im Garten umgräbt oder den Schuppen streicht, singt er in einer sonderbaren, fremden Sprache ganze Arien aus irgendwelchen Opern. Einen Augenblick …“ Sie musste erst einmal tief Luft holen, bevor sie weiterreden konnte.
„Manchmal verlässt er schon morgens um zwanzig nach sieben, ja, immer genau um zwanzig nach sieben, singend das Haus und kommt erst mitten in der Nacht zurück. Einmal kam ein ganzer Reisebus mit lauter Ausländern, um mit ihm in seinem Garten zu feiern. Einige hatten seltsame Kostüme an. Und neulich ging er mit ein paar finsteren Gestalten die Straße hinunter, ich habe keine Ahnung, wohin. Du, ich weiß nicht, wie lange ich das mit so einem sonderbaren Nachbarn noch aushalte!“
Anna hatte sehr konzentriert zugehört. Ihre Augen leuchteten.
„Ach, meine Liebe, das hört sich wirklich sonderbar an, höchst sonderbar. So ein interessanter Nachbar – hast du ein Glück!“
Immer freundlich
Ein Besucher fragte Anna einmal provokativ: „Sagen Sie, können Sie eigentlich nur freundlich sein?“
Anna wusste nicht, ob sie diese Frage als Lob ihrer Freundlichkeit ansehen sollte oder als Spott gegen eine alte Frau, die sich scheinbar alles gefallen ließ und dabei noch naiv lächelte.
„Wie meinen Sie die Frage?“
Der Besucher wurde deutlicher: „Na, können Sie auch mal richtig wütend sein und sich gegen bösartige Menschen wehren?“
Die Miene von Anna hellte sich auf. „Ärger tut mir und meinen Mitmenschen nicht gut, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber natürlich lasse ich mir nicht alles gefallen! Wenn mich etwas stört, warte ich nicht lange ab, sondern sage deutlich, was mir nicht gefällt. Deutlich und in aller Freundlichkeit.“
Der Besucher hakte nach: „Sofort?“
Anna lachte. „Stellen Sie sich vor, ich habe eine Maus in der Speisekammer. Wenn ich nicht schnell etwas dagegen unternehme, werden das alle anderen Mäuse in der Umgebung als freundliche Einladung ansehen.“
Der alte Gartentisch
Anna bekam Besuch von einer früheren Nachbarin. Nun saßen die beiden zusammen im Garten, wie sie es früher oft getan hatten.
Die Besucherin musterte kritisch den Gartentisch, auf dem der Tee und die Kekse standen. „Den kenne ich noch von damals. Der muss schon viele Jahre oder Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Willst du dir nicht mal einen neuen leisten?“
Anna blickte sie ein wenig erschrocken an: „Nein, ich bin doch froh, dass ich ihn habe. Früher saß ich oft hier mit unseren Kindern und wir haben gespielt und gesungen. Das war so eine schöne Zeit. Dieser Tisch weckt immer wieder wunderbare Erinnerungen in mir. Das ist so ähnlich wie mit der alten Bank am Buchenhain. Da saß ich oft mit meinem Mann, als wir frisch verliebt waren. Manchmal setze ich mich dort hin, wenn ich einen Spaziergang mache.“
Versonnen und fragend blickte sie ihr Gegenüber an: „Du hast doch bestimmt auch Dinge, die du mit schönen Erinnerungen verbindest?“
Die Augen der Besucherin wurden ein wenig feucht. „Ich mag gar nicht gern an früher denken. Am liebsten würde ich alles hinter mir lassen, auch meine Erinnerungen.“
Anna schaute sie liebevoll an. „Ach, meine Liebe, jeder Mensch braucht doch gute Erinnerungen, an denen er sich erfreuen kann. Vielleicht denkst du ja später gern daran zurück, wie wir beide hier so gemütlich an meinem alten Gartentisch saßen.“
Das Rosenbild
Ab und zu besucht Anna die kleine Kunsthandlung in der Marktstraße.