A Touch of Storm - Tracy Wolff - E-Book

A Touch of Storm E-Book

Tracy Wolff

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Beschreibung

Luc & Cam – können sie die Eisschicht um ihre Herzen schmelzen lassen, um endlich mehr als Freunde zu sein?

Snowboarder Luc Jennings konnte bisher weder beruflich noch in seinem Liebesleben einen bedeutenden Sieg für sich verbuchen. Seit langem schon ist er in Freundin und Wintersportlerin Cam Bradley verliebt – doch sieht die in ihm lediglich einen guten Freund. Nach einem betrunkenen One-Night-Stand drohen die beiden auseinanderzudriften – können sie sich ihre Gefühle für den jeweils anderen eingestehen, bevor es zu spät ist?
Langsam beginnen ihre eisigen Schutzpanzer zu schmelzen und Luc ist fest entschlossen, den einzigen Preis zu erringen, für den es sich zu kämpfen lohnt: Cams Herz.

Sports Romance trifft auf Second Chance und Friends to Lovers – Band 3 der »Hearts on Boards«-Reihe von Nr.-1-SPIEGEL-Bestsellerautorin Tracy Wolff!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 322

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Buch

Snowboarder Luc Jennings konnte bisher weder beruflich noch in seinem Liebesleben einen bedeutenden Sieg für sich verbuchen. Seit Langem schon ist er in Freundin und Wintersportlerin Cam Bradley verliebt – doch die sieht in ihm lediglich einen guten Freund. Nach einem betrunkenen One-Night-Stand drohen die beiden auseinanderzudriften – können sie sich ihre Gefühle für den jeweils anderen eingestehen, bevor es zu spät ist? Langsam beginnen ihre eisigen Schutzpanzer zu schmelzen, und Luc ist fest entschlossen, den einzigen Preis zu erringen, für den es sich zu kämpfen lohnt: Cams Herz.

Autorin

Tracy Wolff schrieb ihr erstes Buch bereits in der zweiten Klasse. Seitdem sind viele »New York Times«-, »USA Today«- und SPIEGEL-Bestseller dazugekommen. Die Autorin hat ihren Ursprung in der zeitgenössischen Romance: »Hearts on Boards« zählt zu ihren beliebtesten Reihen und erscheint erstmals auf Deutsch bei Blanvalet. Die ehemalige Englischprofessorin widmet sich heute ganz dem Schreiben und lebt mit ihrer Familie in Austin, Texas.

Die »Hearts on Boards«-Reihe bei Blanvalet

A Touch of Snow

A Touch of Ice

A Touch of Storm

TRACY WOLFF

A TOUCH OF STORM

ROMAN

Deutsch von Anita Nirschl

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel »Slashed« bei Flirt, an imprint of Random House, a division of Random House LLC, a Penguin Random House Company, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2014 by Tracy Deebs-Elkenaney

All rights reserved.

This edition published by arrangement with Ballantine Books, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2025 by Blanvalet in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

[email protected]

(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)

Redaktion: Angela Kuepper

Umschlaggestaltung: © www.buerosued.de

Umschlagdesign und -motiv: © www.buerosued.de

SH · Herstellung: DiMo

Satz: satz-bau Leingärtner, Nabburg

ISBN 978-3-641-33014-9V001

www.blanvalet.de

Für Tera Lynn Childs, die eine ebenso großartige Freundin wie Autorin ist … und die dieses Buch liebte, noch bevor es überhaupt ein Buch war.

Kapitel 1

CAM

Ich mag es nicht, ignoriert zu werden. Genauer gesagt, ich mag es nicht, von Luc ignoriert zu werden.

Dem Typen, der mein bester Freund ist, seit ich vier Jahre alt war.

Dem Typen, der mir beigebracht hat, mein allererstes Snowboard zu fahren.

Dem Typen, der alles von mir weiß – und von dem ich alles weiß.

Oder zumindest war das mal so. Jetzt, da er mir gegenübersitzt und mit allen und jedem außer mir redet und herumalbert, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich überhaupt noch etwas von ihm weiß. Er will auf jeden Fall nichts von mir wissen. Er sieht mich nicht einmal an. Und falls er noch mehr auf Abstand zu mir geht, wird er am Ende bei der ersten rauen Welle aus dem verdammten Boot fallen.

Wofür ich im Moment sogar gutes Geld bezahlen würde, um das zu sehen. Vor allem, als er von seinem superintensiven Gespräch mit Ash aufsieht und sich unsere Blicke zum ersten Mal seit viel zu langer Zeit treffen. Ich beginne zu lächeln, aber er wendet sich ab, bevor er es sieht. Ich komme mir vor wie eine totale Idiotin.

Und das Schlimmste ist, dass alles meine Schuld ist. Die Verlegenheit, das Merkwürdige, Lucs Unfähigkeit, mich überhaupt anzusehen – dafür bin ich verantwortlich. Ich bin diejenige, die sich vor ein paar Monaten, als Z mit Ophelia zusammengekommen ist, total betrank. Ich bin diejenige, die sich Luc an den Hals warf, als er genauso betrunken war, und die ihn immer weiter bedrängte, bis er mich mit zu sich nach Hause nahm. Und ich bin diejenige, die total ausflippte, als ich am nächsten Morgen mit ihm im Bett aufwachte. Er gab sich Mühe, cool zu sein, nett zu sein – und ich drehte völlig durch.

Seitdem ist nichts mehr wie zuvor.

Ich habe die letzten Monate damit verbracht, den Schlamassel, den ich angerichtet habe, wiedergutzumachen. Ich habe alles getan, was mir einfiel, um uns wieder auf vertrauten Boden zu bringen – aber es hat nicht funktioniert. Früher waren wir praktisch unzertrennlich, und jetzt hängen wir nur noch zusammen ab, wenn die anderen dabei sind. Wenn er Z und Ash und Tansy und Ophelia als Puffer zwischen uns benutzen kann. Und nur, wenn er nicht mehr als ein oder zwei Sätze zu mir sagen muss.

Das macht mich komplett irre.

Ein Teil von mir will sich – noch einmal – dafür entschuldigen, dass ich ausgeflippt bin, anstatt es einfach als einmalige »Freunde mit gewissen Vorzügen«-Sache zu betrachten, vor allem, weil ich diejenige war, die das alles angeleiert hatte. Aber ein anderer Teil von mir möchte ihm am liebsten eine knallen. Ich meine, ja, ich bin mit der Situation am Morgen danach schlecht umgegangen. Aber ernsthaft, ein einziger Fehler – und sechzehn Jahre Freundschaft sind plötzlich null und nichtig?

Schon allein der Gedanke macht mich wütend. Ich würde ihn nie so ausschließen – ich wüsste nicht einmal, wie. Die Tatsache, dass er es so mühelos kann, verletzt mich mehr, als ich eingestehen möchte, sogar mir selbst gegenüber.

»Also, wer will als Erstes?«, ruft Ash, lässig an die Bordwand gelehnt, während seine Freundin Tansy auf seinem Schoß sitzt.

»Ich«, sage ich und greife nach meinem Wakeboard.

»So ist es recht, Mädel!«, johlt Z, während er das Speedboot abbremst. »Geh da raus und zeig ihnen, wie es gemacht wird!«

»Oh, genau das habe ich vor.«

Lachend hält Zs Freundin Ophelia die Hand zum Abklatschen hoch. »Zehn Mäuse, dass Cam länger draufbleiben kann als irgendeiner der Jungs.«

»Darauf wette ich nicht«, sagt Ash zu ihr. »Cam ist die absolut Beste auf einem Wakeboard.«

Ich werfe ihm einen Blick zu. »Fast so, wie ich die absolut Beste auf einem Snowboard bin.«

»Hey, hey, ist noch ein bisschen früh dafür, Blödsinn zu labern, oder?«, meint Z.

»Es ist kein Blödsinn, wenn es wahr ist«, wirft Ashs vierzehnjähriger Bruder Logan ein. Er schenkt mir ein breites Lächeln, und ich kann nicht widerstehen, ihn kurz mit einem Arm an mich zu drücken. Ich liebe diesen Jungen so sehr, dass es lachhaft ist, und die Tatsache, dass er immer noch lächeln kann, immer noch so fröhlich ist, trotz allem, was er im letzten Jahr durchmachen musste, haut mich völlig um. Nicht nur, dass er seine Eltern bei einem schrecklichen Autounfall verlor, er wurde durch diesen Unfall auch noch querschnittsgelähmt. Und trotzdem ist er hier, lacht und scherzt herum wie der knallharte Typ, der er ist.

»Wenigstens kennt Logan die Wahrheit«, sage ich mit einem Augenzwinkern. »Und das ist alles, was zählt.«

»Kannst du es mir beibringen?«, fragt Tansy, während Z das Boot zum Stillstand bringt.

»Klar. Ich …«

»Hey, ich werde es dir beibringen, Baby«, sagt Ash zu ihr.

»Aber du hast doch gerade gesagt, dass Cam besser ist als du«, erwidert sie mit großen, unschuldigen Augen. »Und ich will von der Besten lernen.«

Ich lache laut los. Ich kann nicht anders – wie Ash die Kinnlade runterklappt, ist absolut unbezahlbar, und eine Sekunde lang wünschte ich, ich hätte mein Handy draußen, damit ich ein Foto davon machen könnte. Ich werfe einen Blick zu Luc, weil ich den Witz mit ihm teilen möchte, doch der sieht hinaus aufs Wasser. Sieht mich ganz bewusst nicht an. Beteiligt sich ganz bewusst nicht an der Unterhaltung über mich.

Ich hasse das, verdammt!

Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt – oder der richtige Ort –, um über das Desaster unserer Freundschaft nachzudenken. Also bahne ich mir einen Weg zum Heck des Bootes und klettere auf den Sitz. Wobei ich darauf achte, Luc unterwegs anzurempeln. Es funktioniert. Für eine Sekunde, nur eine Sekunde, sieht er mich an. Und dieses Mal, als sich unsere Blicke treffen, lächelt er ein wenig.

»Zeig es ihnen da draußen.«

Erleichterung durchströmt mich, und ich lächle wahrscheinlich viel mehr, als seine Bemerkung es rechtfertigt.

»Das habe ich vor.«

Ich schnalle mir mein Wakeboard an die Füße, dann rutsche ich über den Bootsrand und mit einem Platschen in den See. Erschrocken schnappe ich nach Luft – es ist zwar erst September, aber hier oben in den Bergen ist das Wasser bereits ziemlich kalt. Nicht kalt genug für einen Neoprenanzug, aber definitiv kalt genug, um mich bei der ersten Berührung frösteln zu lassen.

»Bist du so weit?«, ruft Z.

Ich greife die Leine und bringe mich mit an die Brust gezogenen Knien und parallel zum Heck des Bootes ausgerichtetem Board in Position.

»Gib Gas!«, rufe ich ihm zu.

Er lacht wie ein Verrückter, aber als er losfährt, tut er es langsam und gleichmäßig. So ist Z eben. Er ist ein Adrenalinjunkie, der so ziemlich alles einmal ausprobieren würde – sogar Dinge, die das Potenzial haben, ihn umzubringen –, doch wenn es um den Rest von uns geht, ist er total bodenständig und absolut verantwortungsbewusst.

Das ist eines der Dinge, die ich an ihm liebe. Eines der Dinge, die mich früher glauben ließen, ich sei in ihn verliebt, obwohl es in Wirklichkeit mehr Vernarrtheit als irgendetwas anderes war. Es gibt nicht viele Menschen in meinem Leben, die versuchen, sich um mich zu kümmern – die Tatsache, dass Z das immer getan hat, machte ihn zu etwas Besonderem. Aber diese Art von Freundschaft mit Liebe zu verwechseln, war dumm von mir und etwas, worüber ich völlig hinweggekommen bin, sobald ich akzeptierte, dass Ophelia nirgendwo hingehen würde. Weil sie Z wirklich liebt und er sie genauso liebt. Was sie für ihn getan hat – wie sie ihm geholfen hat, mit dem ganzen Mist in seinem eigenen Leben klarzukommen –, bedeutet mir mehr als alle Gefühle, die ich damals für ihn gehabt haben mag.

»Hey, schneller«, rufe ich, als er sich in Sachen Geschwindigkeit allzu sehr zurückhält. »Wir kommen ja kaum vom Fleck!«

Er stößt ein weiteres wahnsinniges Lachen aus, winkt aber zur Bestätigung. Und dann setzen wir uns in Bewegung und pflügen mit genug Geschwindigkeit durchs Wasser, um meinen Adrenalinspiegel in die Höhe zu treiben.

Ich verlagere die Hüften, lasse das Brett einsinken, wie es das schon will, seit wir Fahrt aufgenommen haben. Inzwischen kann ich den Zug in meinen Schultern spüren, aber ich widerstehe dem Drang, aufzustehen. Noch nicht, noch nicht, noch nicht …

Wir erreichen geschätzte dreißig Stundenkilometer, und jetzt ziehe ich mich hoch. Wir rasen inzwischen über den See, und ich lache, als mir das Wasser ins Gesicht spritzt. Für lange Sekunden lasse ich die Arme entspannt, die Knie gebeugt und fahre einfach. Wir sind schnell, und das Boot wirbelt das Wasser auf und macht es ein wenig kabbelig. Aber so mag ich es – und während Z das Tempo weiter erhöht, verlagere ich mein Gewicht und haue ein paar Ollies raus.

Logan jubelt anfeuernd, und ich lache, lasse mich aber darauf ein, noch ein paar Tricks für ihn zu machen – einen Corked Spin, gefolgt von einem Monkey Spin, einem Invert, ein paar verschiedenen Drehungen. Dann gibt Z richtig Gas und macht eine Kehrtwende, um dieselbe Strecke ein zweites und auch ein drittes Mal zu fahren.

Ich grinse jetzt wie eine Verrückte, denn ich liebe es, wenn er das macht, liebe das Gefühl, wenn sich die Wellen kreuzen und dreimal so hoch werden wie normal. Ich senke die Schultern, ducke mich, und als es sich richtig anfühlt, als es sich perfekt anfühlt, springe ich. Ich kriege wahnsinnig viel Air, genau so, wie ich gehofft habe, und mache einen Double Inverted Cork, den ich trotz der riesigen Heckwelle perfekt lande.

Das ist ein verdammt tolles Gefühl. Der Trick. Die Landung. Der Rausch.

Logan schreit aufmunternd, und ich höre auch Tansy und Ophelia klatschen, also mache ich es noch einmal.

Diesmal lande ich härter – die Kielwelle löst sich auf, und ich bekomme nicht mehr so viel Airtime, aber es klappt trotzdem. Doch dann steht Luc auf und sagt etwas zu Z, obwohl ich nicht hören kann, was. Das Boot wird jetzt langsamer, sehr zu meiner Enttäuschung.

Ich schaffe noch einen kleinen Sprung, bevor Z die Geschwindigkeit zu stark verringert, um zu boarden. Ich lasse das Seil los und falle rückwärts ins Wasser. Dann greife ich nach unten und löse die Bindung, die meine Füße auf dem Brett hält, während ich darauf warte, dass Z zurückkommt und mich einsammelt.

Es dauert nur ein oder zwei Minuten, und dann zieht Luc mich hoch und ins Boot. Sieht so aus, als würde er sich doch noch erinnern, dass es mich gibt. Was ich, hey, nicht verurteilen werde.

»Danke«, sage ich, während ich das Brett neben ihm ablege.

Er nickt nur und lässt dann so schnell die Hände fallen, dass ich nicht umhinkann, ein bisschen beleidigt zu sein. Ich meine, wir sind schließlich nicht mehr im Kindergarten, und ich habe keine Läuse.

»Wer ist der Nächste?«, fragt Ophelia.

»Ich«, sagt Luc, schnappt sich sein eigenes Wakeboard und springt über den Rand des Bootes, ohne sich überhaupt damit aufzuhalten, es anzuschnallen.

What. The. Fuck?

»Das war der Wahnsinn!«, ruft Tansy, während sie rüberkommt, um sich neben mich zu setzen. »Ich möchte all die Tricks können, die du gemacht hast!«

»Es ist nicht so einfach, wie Cam es aussehen lässt«, sagt Ash zu ihr, während wir darauf warten, dass Luc sein Board anschnallt – was viel schwieriger ist, wenn man im See statt im Boot ist.

»Na, offensichtlich.« Tansy verdreht die Augen. »Ist ja nicht so, als würde ich glauben, dass ich morgen da rausgehen und das tun kann. Aber ich will es lernen.«

»Ich bringe es dir gerne bei«, sage ich ihr, während ich Ash beschwichtigend die Hand auf die Schulter lege. Der Kerl meint es gut, aber er hat einen superstarken Beschützerinstinkt. Was ich verstehe – er hat bereits seine Eltern verloren, und sein kleiner Bruder ist gelähmt. Das Letzte, was er will, ist, dass Tansy etwas zustößt, die ihr Wunder irgendwie schon hatte, da sie den Krebs besiegt hat, und zwar gleich zwei Mal. Aber er kann sie auch nicht einsperren und in Watte packen. Das Mädchen braucht ein wenig Luft zum Atmen. Und da sie mit einem Haufen Extremsport-Fanatikern rumhängt, ist es da wirklich so überraschend, dass sie ein paar der Dinge ausprobieren will, die wir tun?

»Juhu! Wann können wir anfangen?«

»Heute. Wir probieren später ein paar einfache Basics aus, okay?«

»Absolut!«

Ash sieht aus, als wollte er etwas einwenden, aber ich lehne mich zu ihm und flüstere: »Nichts Verrücktes, versprochen. Nur das Seil nehmen und aufstehen, während Z langsam fährt, okay?«

Er sieht nicht erfreut aus, aber er nickt widerstrebend. »Versprochen?«

»Pfadfinderehrenwort.« Ich strecke den kleinen Finger aus und lache ein wenig, als er tatsächlich seinen kleinen Finger einhakt, so wie wir es als Kinder immer gemacht haben.

»Ich wär dann so weit, wenn ihr es auch seid«, ruft Luc.

»Lass es krachen!«, ruft Z zurück. Er fährt los, nicht ganz so langsam wie bei mir – dieser Sexist –, aber es dauert trotzdem ein paar Minuten, bis er auf Geschwindigkeit kommt.

Jetzt rollt sich Luc auf die Füße. Und dann legt er los und haut einen Trick nach dem anderen raus, auf eine Weise, wie er es auf einem Snowboard noch nie geschafft hat. Es ist einfach unglaublich, ihm zuzusehen – seine Airtime ist absolut krass –, und wie er sich dreht, ist verrückt. Als sollte er eigentlich niemals in der Lage sein, das zu tun, zumindest nicht ohne einen Kicker, von dem er abspringen kann. Aber er schafft es wieder und wieder.

Wir schauen jetzt alle zu, jubelnd und staunend, und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, wann er so gut geworden ist. Wann hat er geübt? Und mit wem? Wir waren schon seit ein paar Monaten nicht mehr auf dem Wasser, und das letzte Mal konnte er nur etwa die Hälfte dieser Tricks.

Ich wundere mich immer noch darüber, als Z beschließt, dass er genug hat, und das Boot abbremst. Luc lässt los und fällt mit einem Grinsen und einem Schrei zurück ins Wasser.

»Nichts für ungut, Cam, aber vielleicht möchte ich doch, dass Luc mir zeigt, wie es geht«, sagt Tansy mit vor Ehrfurcht geweiteten Augen.

»Schon okay. Ich glaube, ich möchte auch, dass er mir zeigt, wie es geht.«

Es ist eine merkwürdige Situation. Nicht, dass Luc nicht talentiert wäre, und nicht, dass er nicht viele Dinge besser könnte als ich, aber eben nicht auf einem Board. Er ist ein talentierter Allroundsportler, doch wenn es ums Boarden geht – Snowboarden oder Surfen oder Wakeboarden –, blieb er immer ein kleines bisschen hinter dem Rest von uns zurück. War ein kleines bisschen schwächer. Immer noch großartig, nur nicht so großartig.

Ein rascher Blick zu Ash verrät mir, dass er ähnliche Gedanken hat wie ich. Was irgendwie eine Erleichterung ist, wenn ich ehrlich bin. Denn wenn ich die Einzige wäre, die nicht wusste, dass Luc daran gearbeitet hat, wenn ich die Einzige wäre, der er es nicht verraten hat, würde ich mich noch schlechter deswegen fühlen, wie die Dinge zwischen uns stehen. Aber wenn er es niemandem erzählt hat, ist es vielleicht nur seine Sache. Vielleicht wollte er einfach, dass es eine Überraschung ist. Immer noch seltsam, aber vielleicht nicht ganz so seltsam?

Als wir anhalten, strecke ich den Arm hinunter, um ihm ins Boot zu helfen, aber er lässt mich abblitzen und klettert ohne jede Hilfe an Bord. Seine Oberarmmuskeln treten ein wenig hervor, als er sich hochzieht, und ich beobachte es, bevor ich mich zurückhalten kann. Für eine Sekunde, nur eine Sekunde, denke ich an die Nacht zurück, die wir zusammen verbracht haben – an die Art und Weise, wie sich diese Muskeln wölbten und anspannten, während er wieder und wieder in mich stieß.

Meine Wangen werden heiß bei dem Gedanken, und diesmal bin ich diejenige, die den Blick von ihm losreißt.

Kapitel 2

LUC

Verdammt, sie sieht gut aus. Und verdammt, es ist schwer, den Blick von ihr abzuwenden.

Wie die anderen Mädchen trägt Cam einen Bikini. Aber im Gegensatz zu Ophelia und Tansy besteht ihrer nicht aus zwei kleinen Stofffetzen, die von Schnüren zusammengehalten werden. Nein, in typischer Cam-Manier trägt sie einen schlichten schwarzen Zweiteiler, bei dem es mehr um die sportliche Funktion als um den Hotness-Faktor geht.

Und trotzdem sieht sie darin fantastisch aus. Nichts als schlanke Linien und gebräunte, herrliche Haut, mit superlangen Beinen – Beine, die wie geschaffen dafür sind, sich über die Schultern eines Mannes zu legen, während er wieder und wieder und wieder in sie stößt.

Nicht, dass mich das kümmern würde. Nicht mehr. Ich mag zwar früher einmal in sie verliebt gewesen sein, aber nach dieser einen katastrophalen Nacht, die wir zusammen verbracht haben, bin ich total darüber hinweg.

Voll und ganz.

Absolut.

Zumindest rede ich mir das einmal täglich ein. Öfter, wenn ich mich längere Zeit in ihrer Nähe aufhalte.

Fake it, till you make it. Das ist das Motto, nach dem ich derzeit lebe.

»Alter, wo zum Teufel ist das denn hergekommen?«, will Ash wissen, während er sich auf den Rand des Bootes setzt und sein Wakeboard anschnallt.

Ich zucke mit den Schultern. Was ich absolut nicht sagen will, ist die Wahrheit, nämlich, dass ich es verdammt satthabe, immer der Letzte zu sein. Ich bin ein guter Sportler, ein wirklich guter Sportler, und in jeder anderen Gruppe würde das wahrscheinlich etwas zählen. Bei meinen drei besten Freunden – von denen alle regelmäßig auf Snowboard-Siegertreppchen stehen – jedoch nicht so sehr.

Es ist nicht so, dass ich neidisch auf sie wäre, denn das bin ich nicht. Jeder von ihnen hatte im Lauf der Jahre mit wirklich schlimmen, wirklich schweren Dingen zu kämpfen, und ich denke, ihre irren Fähigkeiten sind sozusagen die Art des Universums, für einen Ausgleich zu sorgen. Trotzdem wäre es schön, sich nicht immer wie der Verlierer zu fühlen. Wie der Ballast, den sie mit sich herumschleppen. Weil ich nichts zum Team beitrage und sie trotzdem Loyalität zeigen wollen.

»Das war total abgefahren«, sagt Ophelia zu mir, als ich zum vorderen Teil des Bootes gehe. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«

»Danke.« Ich schenke ihr ein Lächeln, obwohl ich weiß, dass sie mich nur aufmuntern will.

»Äh, sicher hast du das«, sagt Z zu ihr, während er mich angrinst. »Ich glaube, du hast mich schon mal in einer Halfpipe gesehen.«

Sie verdreht die Augen. »Natürlich, Baby. Und du hast auch einen größeren Penis.«

»Hey!«, krächze ich gespielt empört. »Das scheint mir ein wenig voreingenommen, wenn man bedenkt, dass du die Ware noch nicht gesehen hast.«

»Lust, das zu ändern?«, fragt sie mit hochgezogenen Brauen. Aber sie ist schon lange genug Zs Mädchen, dass ich weiß, das ist nur Maulheldentum von ihr.

Ich greife zum Bund meiner Boardshorts. »Klar …«

»Nein!« Z steht abrupt auf und schnappt sich Ophelia. »Nein, tut sie nicht.« Er hebt sie auf die Arme und marschiert rüber zur Seite des Bootes, während ich auf den frei gewordenen Fahrersitz schlüpfe.

»Willst du es mal versuchen?«, rufe ich ihm zu, aber statt zu antworten, steigt er einfach auf die Sitzbank im Heck des Bootes.

»Wage es ja nicht«, kreischt Ophelia. »Ich meine es ernst, Z! Du lässt das besser …« Ihr Schrei wird abrupt unterbrochen, als er ins Wasser springt, sie immer noch in den Armen haltend.

Ich schaue zu Ash, der nur den Kopf schüttelt, als würde er sich fragen: Wann wird sie es endlich lernen? Ich weiß, was er meint. Z fordert so ziemlich alles heraus, und ihm zu sagen, dass er etwas nicht tun soll, ist ein todsicherer Weg, ihn dazu zu bringen, dass er genau das tut.

Logan und Cam sind fast schon hysterisch, so heftig lachen sie, und als ich ins Wasser zu Ophelia sehe – die immer noch so geschockt ist, dass sie den Mund auf- und zuklappt wie ein Fisch –, kann ich es ihnen nicht verdenken. Vor allem, als sie endlich zur Besinnung kommt und auf Z einzuschlagen beginnt, der genauso heftig lacht wie die anderen beiden.

Tansy blickt zwischen ihnen allen hin und her, als wären sie nicht mehr ganz nüchtern. Aber als Ophelia endlich aufhört, auf Z einzuprügeln, lehnt sich Tansy über den Bootsrand und ruft: »Hier. Ich helfe dir hoch.«

Ash geht zu ihr – um ihr zu helfen, da bin ich mir sicher. Tansy ist nicht annähernd so zerbrechlich, wie sie es war, als wir sie vor ein paar Monaten zum ersten Mal trafen und sie gerade eine Chemotherapie hinter sich hatte, aber Ash neigt immer noch dazu, sie wie Glas zu behandeln. Doch bevor er sie erreichen kann, packt Ophelia ihre Hand und zieht.

Tansys einziger Protest ist ein erstauntes kleines Quietschen, und dann stürzt sie kopfüber in den See. Ash hechtet auf sie zu, verfehlt sie und fällt ihr hinterher.

Inzwischen lachen Cam und Logan so heftig, dass ihnen praktisch die Tränen kommen, und ich bin nicht weit davon entfernt. Vor allem, als Ophelia auf Zs Rücken springt und versucht, ihn unterzutauchen.

Völlig selbstverständlich sehe ich zu Cam, um ihren Blick aufzufangen und den Witz mit ihr zu teilen. Zumindest, bis ich mich daran erinnere, dass wir das nicht mehr tun. Wir tun gar nichts mehr. Also schaue ich stattdessen zu Logan, und da sehe ich es. Die Wehmut. Den Neid. Er sagt es nicht – der Junge sagt es nie –, aber ich weiß, dass er es vermisst, einfach aus dem Boot springen zu können, ohne darüber nachzudenken. Einfach tun zu können, was er will, anstatt jede Kleinigkeit im Voraus planen und mit Ash besprechen zu müssen, der, wie wir bereits festgestellt haben, ein großes Beschützerinstinkt-Problem hat, was die Menschen betrifft, die er liebt.

Das Boot hat angehalten, aber ich stelle die Zündung ganz ab, bevor ich aus dem Fahrersitz klettere und zu Logan gehe. Ich hebe ihn mühelos auf – er mag zwar groß sein, aber er ist auch sehr schlaksig – und werfe ihn mir über die Schulter. »Halt die Luft an«, warne ich, dann springe ich vom Heck des Bootes, ohne abzuwarten, ob er der Anweisung folgt. Es ist genau das, was ich vor einem Jahr, vor dem Unfall, getan hätte, und obwohl sich ein kleiner Teil von mir fragt, ob das wirklich in Ordnung ist, bringe ich ihn zum Schweigen. Abgesehen von der Lähmung ist er völlig geheilt. So gut in Form wie jeder andere vierzehnjährige Junge. Also Scheiß drauf. Er hat es auch verdient, Spaß zu haben.

Ich halte ihn fest, bis wir wieder auftauchen, und vergewissere mich dann, dass er sich mithilfe seiner Arme über Wasser halten kann – was ihm sehr gut gelingt, trotz der Tatsache, dass er immer noch lacht. Erst danach schaue ich zu Ash, in der Erwartung, dass er mich anmotzt. Was okay ist. Ich weiß, wie er tickt, und bin darauf vorbereitet. Doch als sich unsere Blicke treffen, sind seine Augen von etwas erfüllt, das so ähnlich aussieht wie – Scham.

Ich werfe ihm einen fragenden Blick zu, aber er schüttelt nur den Kopf. Formt mit den Lippen lautlos »Danke« und schwimmt dann herüber, um seinen Bruder ein zweites Mal unterzutauchen.

Cam gesellt sich nach ein paar Minuten zu uns, und obwohl ich weiß, dass es total masochistisch ist, kann ich mich nicht zurückhalten, hinter sie zu schwimmen. Meine Hände an die seidige Haut ihrer Taille zu legen.

»Hey, nicht …«, sagt sie lachend und dreht sich um, um zu sehen, wer von uns sie untertauchen will.

Aber sie unterzutauchen, ist das Letzte, woran ich denke – auch wenn das anfangs ein vager Plan von mir war –, und als ihr überraschter Blick auf meinen trifft, drücke ich sie nicht runter, bis sie unter Wasser ist. Ich ziehe mich aber auch nicht zurück. Stattdessen bleibe ich genau da, wo ich bin, die Hände leicht an ihren Hüften, während meine Daumen sanft über ihre harten, flachen Bauchmuskeln streichen.

Ihre grünen Augen sind riesig, als sie mich betrachtet, und dann lächelt sie ein wenig bebend. »Hi.« Es ist beinahe ein Flüstern.

»Hi«, antworte ich. Es ist das erste Wort, das ich seit Wochen zu ihr gesagt habe und das nicht nur Show ist.

Ich setze an, mehr zu sagen – obwohl ich keine Ahnung habe, welche Worte aus meinem Mund kommen werden –, aber bevor ich das tun kann, packt Tansy sie an den Schultern und drückt Cam runter, heftig.

Wir sind beide so überrascht, dass wir es einfach geschehen lassen, ohne jeglichen Widerstand. Und als Cam wieder auftaucht, ein gutes Stück entfernt, ist dieser eine Moment zwischen uns verloren – was auch immer das war.

Wir bleiben noch ein wenig länger draußen, schwimmen und albern herum. Es ist die beste Zeit, die ich seit Langem hatte – auf jeden Fall die entspannteste –, und irgendwie wünsche ich mir, dass es ewig so weitergeht. Aber selbst während ich herumalbere, behalte ich Logan im Auge und merke trotz seines tapferen Lächelns, dass er müde wird.

Ich will kein großes Ding draus machen, und ich will ganz sicher nicht, dass Ash es mitbekommt, weil der nämlich gleich ein Riesending daraus machen würde, selbst wenn er versuchen würde, subtil vorzugehen. Das würde Logan nur wütend machen, und das wiederum würde uns allen den Tag ziemlich schnell vermiesen – was schade wäre. Ich will nicht, dass alles ruiniert wird. Also schwimme ich ruhig zu Logan hinüber und remple ihn mit der Schulter an. Er nimmt die angebotene Unterstützung an, ohne dass ich noch etwas sagen muss, und schlingt die dünnen Arme von hinten um meinen Hals.

»Soll ich dich zurück zum Boot mitnehmen?«, frage ich ihn, weil ich ihm die Entscheidung nicht aus der Hand nehmen will. Wenn er sich nur ein paar Minuten hier festhalten will, um wieder zu Atem zu kommen, ist das für mich auch in Ordnung.

Aber er nickt sofort, sagt »Gern!«, und da weiß ich, dass er noch müder sein muss, als ich dachte.

Ich fange an zu schwimmen, und wie sich herausstellt, hat Ash wohl doch aufgepasst, denn innerhalb von Sekunden ist er an meiner linken Seite und schwimmt mit uns mit. Vielleicht bekommt er allmählich wirklich den Dreh raus, seinem Bruder etwas Freiraum zu geben.

Ich schaffe es in wenigen Minuten zurück zum Boot, und als ich reinklettere und Ash und ich Logan ziehend und schiebend aus dem Wasser holen, sind alle anderen direkt hinter uns. Ich überlasse Logan Ashs und Tansys fähigen Händen, rutsche wieder auf den Fahrersitz, und nachdem ich mein Handy mit dem Bordradio gekoppelt habe, um Musik abzuspielen, starte ich den Motor.

»Willst du boarden?«, frage ich Z, als er auf den Sitz neben mir rutscht.

»Nö, ich hab genug. Warum fährst du uns nicht zurück zur Marina, während ich mich ums Essen kümmere?«

Ich nicke, und nachdem ich mich noch einmal vergewissert habe, dass alle an Bord sind, mache ich mich auf den Weg. Z lässt mich nach ein paar Minuten allein, und ein kurzer Blick über die Schulter zeigt mir, dass er die Kühlboxen mit den Lebensmitteln und Getränken auspackt, die wir heute Morgen eingeladen haben.

Wir sind auf halber Strecke über den See, als Cam auf den Sitz neben mir rutscht. »Hab dir was mitgebracht«, sagt sie und hält mir eine kalte Orangenlimonade hin. Mein Lieblingsgetränk.

»Danke«, sage ich, während ich es nehme. Wow, jetzt haben wir es schon geschafft, sieben ganze unbeaufsichtigte Worte zu wechseln. Das muss ein Rekord für diesen Monat sein.

»Was ist das, was wir da hören? Imagine Dragons?«, fragt sie, nachdem ein paar Minuten in unbehaglichem Schweigen verstrichen sind. »Cool.«

Ich nicke, weil es stimmt. Und weil ich noch nie gut im Small Talk mit Menschen war, die mir etwas bedeuten.

Als Cam merkt, dass ich nicht auf ihre Gesprächseröffnung einsteige, seufzt sie schwer. »Wollen wir das wirklich ewig so machen?«, fragt sie. »Denn es wird langsam wirklich langweilig und unangenehm, und ich hasse es.«

Ich bin ein lächerlich schlechter Lügner – einer der Gründe, warum wir in diesem Schlamassel stecken –, also mache ich mir nicht die Mühe, so zu tun, als wüsste ich nicht, wovon sie spricht. »Was willst du von mir hören, Cam?«

»Irgendwas! Alles! Du bist mein bester Freund, Alter. Ich vermisse es, mit dir zu reden.«

Ja, genau. Ihr bester Freund. Das bin ich. Ich bin dieser Typ, der nie eine Chance hatte, aber zu dumm war, das zu erkennen, bis es zu spät war.

Was für ein verdammter Schlamassel! Trotzdem, es ist nicht ihre Schuld, dass sie nicht auf mich steht, genauso wenig, wie es Zs Schuld ist, dass er nie auf sie stand. Anstatt sie also abblitzen zu lassen, wie es der immer noch verletzte Teil von mir möchte, zwinge ich mich zu einem Lächeln und sage: »Schönes Wetter haben wir.«

»Ach, leck mich doch.« Aber sie entspannt sich ein wenig und ich auch.

Vielleicht wird ja doch noch alles wieder okay.

Wir verbringen den Rest der Fahrt zurück zum Jachthafen damit, über nichts Wichtiges zu reden – ich zwinge mich, es zu versuchen –, und selbst nachdem wir angelegt haben, scheint sie ihren Platz neben mir nur ungern verlassen zu wollen. Nicht, dass ich da irgendetwas hineininterpretieren würde. Kenn ich, schon mal gemacht, war den Ärger nicht wert. Aber da ich es nicht eilig habe, unsere erste zwanglose Unterhaltung seit Monaten zu beenden – auch wenn ich am Verhungern bin –, stehe ich ebenfalls nicht auf. Zumindest nicht, bis Z sich mein Handy schnappt, um eine andere Playlist auszusuchen.

»Wenn ihr euch nicht bald was zu essen holt, wird nichts mehr da sein«, warnt er uns. »Ich schwöre, Logan könnte eine halbe Kuh verdrücken, wenn wir ihn lassen.«

Cam blickt zu ihm hoch, und auf ihrem Gesicht liegt ein sexy schiefes Lächeln, für das ich töten würde, um damit bedacht zu werden. Diese Erinnerung verdirbt mir die Laune, ich rutsche von meinem Platz und schnappe mir ein Sandwich, auf das ich plötzlich nicht mehr auch nur den geringsten Appetit habe.

Aber ich kann so tun, als ob – darin bin ich schließlich gut –, und bald darauf lümmeln wir quatschend und herumalbernd auf dem Boot verteilt herum. Es dauert nicht lange, bis das Gespräch aufs Snowboarden kommt, denn, mal ehrlich, wann tut es das nicht?

»Also, Mitch hat gestern angerufen«, sagt Z. »Neuer möglicher Sponsor.« Er liegt mit dem Kopf in Ophelias Schoß, und in all den Jahren, seit ich ihn kenne, hat er nie ruhiger oder friedlicher gewirkt. Ich riskiere einen Blick zu Cam, wobei ich mich frage, ob sie das auch sieht. Ob sie merkt, wie gut Ophelia für ihn ist.

Aber sie unterhält sich mit Ash und sieht dabei ziemlich ernst aus, also lehne ich mich ein wenig zurück und blende Z und die anderen aus, während ich zu verstehen versuche, worüber sie reden.

»Natürlich fahren wir zur Freeride World Tour«, sagt Ash mit ungläubiger Miene. »Warum zum Teufel sollten wir das nicht?«

Cams Stimme ist zu leise, als dass ich sie hören könnte, aber wie sie zu mir rüberschaut und dann schuldbewusst zusammenzuckt, als sie merkt, dass ich sie beobachte, verrät mir, dass etwas nicht stimmt. Zumal Ash jetzt den Kopf einzieht und plötzlich ganz still wird.

»Ja«, sagt er nach einer Sekunde. »Wir könnten stattdessen nach Aspen fahren. Auch cool.«

Das Aspen Invitational? Genauso cool wie das Freeride World Tournament? Nicht mal annähernd. Also was ist mit Cam los, dass sie das vorschlägt? Und warum ist Ash damit einverstanden?

Freeride ist sick, Mann. Die besten Boarder fahren die krassesten Berge, machen die coolsten Tricks. Wer zum Teufel will da nicht dabei sein? Klar, für die Mehrheit der Boarder ist es zu schwer, aber … Und da begreife ich Dummkopf, der ich bin, es endlich.

Verdammt!

Sie reden über mich. Über die Tatsache, dass sie denken, ich sei nicht gut genug für die Freeride Tour. Über die Tatsache, dass sie lieber in Aspen bei irgendeinem lausigen Turnier festsitzen, als bei einer der größten Snowboard-Sausen mitzumischen, weil sie denken, dass ich es nicht gebacken kriege.

Vielleicht haben sie recht. Vielleicht kriege ich es nicht gebacken. Streetstyle ist definitiv mehr mein Ding als Backcountry-Pisten. Ich boarde Rails genauso gut wie die besten, und in der Halfpipe kann ich mich normalerweise auch behaupten. Aber Slalom? Oder große Bergabfahrten? Gar nicht meine Stärke.

Wir alle wissen es, also verstehe ich nicht, was die Geheimniskrämerei soll. Oder warum sie plötzlich so wild entschlossen sind, etwas nicht zu tun, nur weil es einen großen Teil der Tour gibt, bei dem ich nicht konkurrieren kann. Außer … Außer sie haben das schon immer so gemacht, und ich war bisher einfach zu dumm, um es zu kapieren.

Verdammt!

Der Gedanke trifft mich hart, macht mich fast fertig. Ich versuche, ihn nicht zuzulassen, mich auf das Positive zu konzentrieren. Vielleicht sollte ich dankbar sein, dass sie so gute Freunde sind und mich nicht zurücklassen wollen. Vielleicht sollte ich dankbar sein, dass sie mich über ihre eigenen Karrieren, ihre eigenen Ziele stellen.

Aber scheiß drauf, Mann. Scheiß auf ihre Schuldgefühle. Und scheiß auf ihren Mangel an Vertrauen. Ich brauche das nicht, und ich will es ganz sicher auch nicht. Ich bin einundzwanzig Jahre alt. Es ist lange her, dass ich einen Babysitter gebraucht habe.

Nicht, dass es darauf ankäme, was ich brauche – oder was ich kann. Es geht nur darum, was sie von mir erwarten, oder sollte ich sagen, was sie nicht von mir erwarten? Und dieser Mist wird schnell langweilig.

Aber ich sage nichts. Was gibt es da zu sagen, was nicht zu einem Streit führen würde? Oder noch schlimmer, den ganzen verdammten Tag ruinieren würde? Also halte ich den Mund und versuche, nicht darüber nachzugrübeln. Ich reiße Witze, bringe sie zum Lachen, so, wie sie es von mir erwarten. So, wie ich es immer tue.

Derselbe alte Mist, jeden Tag. Die verdammte Geschichte meines Lebens.

Kapitel 3

CAM

Es gibt Dinge im Leben, deren Anblick man nie mehr vergisst, egal wie sehr man es sich wünscht.

Deinen ersten Horrorfilm.

Blut, das auf den Schnee spritzt, nachdem sich jemand, der dir am Herzen liegt, bei einem schweren Sturz einen schlimmen offenen Bruch zugezogen hat.

Der Junge, den du liebst und der ein anderes Mädchen küsst.

Und jetzt mein Vater, rammelnd auf meiner Mutter – rammelnd auf meiner lange verschollenen Mutter – auf dem Wohnzimmersofa. Mein Vater.

Plötzlich weiß ich genau, wie sich Ödipus fühlte, als er sich mit diesen Nadeln die Augen ausstach.

In dem verzweifelten Versuch, das Bild meiner Eltern zu verdrängen, die sich auf dem dunkelblauen Sofa winden, kneife ich fest die Augen zu, drehe mich um und taste mich aus dem Zimmer. Aber ich schaffe nur ein, zwei Schritte, bevor ich das Glas in meiner Hand fallen lasse. Es schlägt hart auf dem Holzboden auf und zerspringt in tausend kleine Scherben, während Wasser über die Wände, den Boden, meine nackten Füße und den Saum der Jeans spritzt, die ich über meinen Bikini gezogen habe, bevor ich vom See aufgebrochen bin.

Scheiße! Was für ein verdammter Schlamassel.

»Nicht bewegen, Cam!«, ruft mein Vater, als er vom Sofa herunterspringt – und von meiner Mutter. Meiner Mutter. Schon allein die Worte – schon allein die Tatsache, dass sie da ist – reichen aus, um mich wie wild zur Haustür rennen zu lassen, trotz der Glasscherben, die den Boden um mich herum übersäen.

Der Schmerz hält mich nicht auf, selbst als ich spüre, wie die Splitter in meinen Fuß schneiden. Mit Schmerz kann ich umgehen. Schließlich habe ich gerade den Nachmittag damit verbracht, so viele neue Wakeboard-Tricks zu lernen, dass ich mit Luc mithalten kann, und immer wieder ins Wasser zu knallen, wenn mir die wirklich komplizierten nicht gelangen. Und das alles, während Luc mich trotz unseres kleinen, kurzlebigen Waffenstillstands ansah, als wäre ich etwas, was er von der Unterseite seines Snowboards gekratzt hat.

Ein zerschnittener Fuß ist nicht mal ansatzweise ein Vergleich dazu.

Außerdem will ich unbedingt flüchten, es unbedingt zur Tür schaffen, zu meinem Auto, damit ich von hier verschwinden und so tun kann, als wäre das alles nie passiert.

Ich bin gut darin, so zu tun, als ob – Gott weiß, dass ich genug Übung darin habe.

Schade, dass ich es nicht aus dem Haus schaffe. Gerade als ich nach dem Türknauf greife, trifft die Hand meines Vaters das Holz direkt darüber. Ich bin zwar stark, aber gegen einen Mann, der sein Leben lang körperliche Arbeit verrichtet hat, habe ich keine Chance. Die Tür öffnet sich nicht mal einen Spaltbreit.

»Cam, Schatz, beruhige dich. Setz dich irgendwo hin, und dann mache ich deinen Fuß sauber.«

»Meinem Fuß geht es gut.« Wieder versuche ich, die Tür aufzureißen. Wieder scheitere ich.

»Nein, tut es nicht, Cameron.« Ich versteife mich, als sie zum ersten Mal spricht mit ihrer süßen, butterweichen Stimme, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Ich möchte kotzen. Noch schlimmer ist, dass ich weinen möchte.

Wie kann sie immer noch so klingen wie früher? Es ist siebzehn Jahre her, seit ich ihre Stimme das letzte Mal gehört habe, und seitdem hat sich alles verändert – alles.