Ab heute nie mehr einsam - Robyn Donald - E-Book

Ab heute nie mehr einsam E-Book

ROBYN DONALD

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Beschreibung

Als die hübsche Kate ganz unverhofft ihre große Liebe Patric in Seaworld wiedertrifft, fällt sie um ein Haar in Ohnmacht. Denn sie weiß, was jetzt kommt: Patric verlangt eine Erklärung dafür, warum sie ihn damals verlassen hat. Und die kann sie ihm nicht geben, ohne seinen Glauben an seine Familie zu zerstören …

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IMPRESSUM

Ab heute nie mehr einsam erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1999 by Robyn Donald Originaltitel: „The Paternity Affair“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1375 - 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Bettina Röhricht

Umschlagsmotive: GettyImages_MarkoNOVKOV

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733756031

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Lieber Gott, bitte lass es bald vorüber sein, betete Kate Brown im Stillen. Ihr Sohn saß neben ihr und quietschte vor Begeisterung, während die Achterbahn in atemberaubendem Tempo Loopings vollführte.

Sie öffnete die Augen nur etwas und schimpfte: „Halt dich sofort wieder fest!“

„Ach Mummy“, maulte Nick, aber er gehorchte.

Sie kniff die Augen wieder fest zu, als die Achterbahn in die nächste Kurve fuhr. Kate dachte plötzlich, wie sehr die Hände ihres Sohnes ihren glichen: sonnengebräunte Hände mit langen, schlanken Fingern. Nur dass seine Hände sich nicht krampfhaft am Wagen festklammerten. Ganz im Gegenteil: Ihm schien das Ganze riesigen Spaß zu machen, und er strahlte vor Begeisterung.

Diese Furchtlosigkeit hatte Nick sicher nicht von ihr. Mit großer Ausdauer hatte er es schließlich geschafft, sie zu einer Fahrt in der Achterbahn mit dem dreifachen Looping zu überreden. Vielleicht hatte er seine Waghalsigkeit von ihren Eltern – woher er aber seinen Charme hatte, konnte sie sich nicht erklären.

Von seinem Vater hat er ihn sicher nicht, dachte sie und zuckte insgeheim zusammen. An Nicks Vater zu denken war das Schlimmste, was sie ihrem Magen momentan antun konnte.

Schnell verdrängte sie die Erinnerung und dachte an etwas anderes, so wie sie es schon seit fast sieben Jahren tat. Endlich verlangsamte die Achterbahn ihre Fahrt und kam zum Stillstand.

Doch sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, bestürmte Nick sie: „Bitte, Mummy, lass uns noch mal fahren! Das war tierisch!“

So kann man es auch ausdrücken, dachte Kate und sah ihn ungläubig an. „Willst du, dass ich vor Angst sterbe?“

Er strahlte sie an, und seine grünblauen Augen leuchteten. „Ich wette, es hat dir gefallen. Du willst es nur nicht zugeben. Beim zweiten Mal macht es dir bestimmt noch mehr Spaß.“

„Einmal war mehr als genug für mich, und außerdem macht ‚Sea World‘ auch bald zu“, sagte Kate und steuerte dem Ausgang zu. „Wenn du vor dem Abendessen noch schwimmen willst, müssen wir jetzt los.“

Nick sah etwas enttäuscht aus, fügte sich dann aber. „Na gut, in Ordnung“, stimmte er gnädig zu.

Kate lächelte ihn an. Strahlend erwiderte er das Lächeln, und sie fuhr ihm mit der Hand durchs schwarze Haar. Doch dann hielt sie inne und zog die Hand zurück, denn die Berührung hatte die Erinnerung an etwas lange Zurückliegendes ausgelöst. Unwillkürlich drehte sie sich um und blickte in zwei kalte stahlgraue Augen, deren durchdringender Blick prüfend über sie und dann über ihren Sohn glitt.

„Hallo, Kate“, sagte Patric Sutherland mit unbewegter Stimme.

Die aufkommende Panik schnürte ihr die Kehle zu, und ihr wurde schwindelig. Ganz schwach hörte sie noch, wie Nick einen erschrockenen Schrei ausstieß, dann fingen zwei kräftige Arme sie auf und hielten sie fest.

Umgeben von Wärme und einem Duft, der Erinnerungen in ihr wachrief, hörte Kate, wie Patric ihn beruhigte: „Ihr geht es gleich wieder besser.“

Kate atmete tief durch und versuchte vergeblich, sich aus den starken Armen zu befreien, die sie noch immer hielten.

Als Kate blinzelnd die Augen öffnete, blickte sie zuerst ihren Sohn an. Er war knapp sechs Jahre alt und groß für sein Alter, hatte schwarzes, rötlich schimmerndes Haar, das einen hübschen Kontrast zu seinen Augen bildete. Er hatte blaugrüne Augen, genau wie sie.

Patric hielt sie noch immer fest. „Ich war wohl zu lange in der Sonne“, sagte sie mit schwacher Stimme.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du einen Hut aufsetzen sollst“, erklärte Nick vorwurfsvoll und fragte dann ängstlich: „Geht es dir jetzt besser?“

„Ja, mir geht es wieder gut.“ Sie atmete tief ein.

„Warum muss der Mann dich dann immer noch stützen?“

„Das muss er gar nicht mehr, ich kann mich wieder gut allein auf den Beinen halten“, antwortete Kate und trat einen Schritt zurück.

Patric gab sie frei, hielt aber weiterhin mit einer Hand ihren Arm fest. Kate spürte den festen Griff seiner langen, kräftigen Finger. Ihm so nahe zu sein, von ihm berührt zu werden, all das nahm ihr den Atem und brachte sie völlig durcheinander.

Patrics Miene war ernst und verschlossen, aber vielleicht war er nur überrascht und verlegen, weil sie sich so unerwartet getroffen hatten. Ein kurzer Blick auf ihn belehrte sie jedoch schnell eines Besseren. Seine Augen blitzten sie voller Wut an, doch bevor Kate Gelegenheit hatte, um zu reagieren, war sein Gesichtsausdruck undurchdringlich.

„Du solltest etwas trinken“, sagte er unvermittelt. „Ich lade euch ein.“

Sie hatte diesen Blick noch gut in Erinnerung. Auch wenn sie noch so viel protestierten sollte, am Ende würde sie sich doch in einem Café wieder finden und Tee trinken. Patric hatte schon immer seinen Willen durchgesetzt. Schon mit vierundzwanzig Jahren hatte er anderen Menschen Respekt eingeflößt, und in den sieben Jahren, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, hatten sich Unnachgiebigkeit und Entschlossenheit noch tiefer in seine Gesichtszüge eingemeißelt. Er strahlte jetzt das aus, was damals erst in Ansätzen zu erkennen gewesen war: Macht, Entschlossenheit und einen eisernen Wille.

Das Schicksal hatte ihr einen bösen Streich gespielt.

Kate streckte die Hand nach ihrem Sohn aus. Er warf dem Mann, der sie noch immer am Arm festhielt, einen kurzen, prüfenden Blick zu, dann griffen Nicks heiße Finger nach ihren. Sie drückte seine Hand. Er erwiderte den Druck, und sein ängstlicher Gesichtsausdruck verschwand.

„Ich finde auch, dass du einen Tee trinken solltest“, stimmte er zu.

„Gut, einverstanden“, erwiderte sie.

Bis zum Café waren es nur wenige Minuten, sodass Kate keine Zeit hatte, ihre Fassung wiederzuerlangen. Was, um alles in der Welt, machte Patric hier? Lebte er jetzt in Australien? Hier an der Gold Coast?

Aber das war unmöglich.

Als Inhaber und Vorstandsvorsitzender einer der größten und erfolgreichsten Luftfahrtgesellschaften Neuseelands musste er nach wie vor in Auckland leben. Aus dem letzten Zeitungsartikel über ihn hatte sie erfahren, dass er außerdem Häuser in Aspen, in New York und in London besaß – ein wahrer Jetsetter.

In dem angenehm kühlen Café bot er ihr höflich einen Stuhl an und wartete, bis sie sich gesetzt hatte. Ein kurzer Blick von ihm genügte, und schon näherte sich eine Kellnerin dem Tisch. Kaum jemand wurde so prompt bedient wie Patric. Zum Teil war wohl seine körperliche Präsenz der Grund. Er war ein Meter neunzig groß, hatte breite Schultern und lange Beine, aber auch noch etwas anderes, weniger Greifbares: Die Autorität, die er durch sein Auftreten ausstrahlte.

„Möchtest du Tee oder Kaffee, Kate?“, fragte er.

„Tee, bitte.“

„Und was möchtest du trinken?“, wandte er sich an ihren Sohn.

„Orangensaft oder Wasser, bitte“, antwortete Nick höflich.

Patric bestellte und lächelte der Kellnerin zu, die sich ihren Bleistift hinters Ohr schob. Während ihrer ganzen Jugend hatte Kate sich in diesem Lächeln gesonnt, und so konnte sie es nur allzu gut verstehen, dass die Kellnerin rot wurde und verlegen vor sich hin murmelte, als sie davoneilte.

Nicht der Hauch eines Lächelns lag jedoch auf Patrics markantem Gesicht, als er sich wieder Kate zuwandte. Er musterte sie abschätzend und ließ den Blick prüfend erst über ihr Gesicht, dann über ihre Hand gleiten, an der kein Ehering steckte. Dann sah er wieder auf. „Kate Brown“, sagte er überraschend sanft, „die Zeit ist spurlos an dir vorübergegangen. Du bist noch immer so schön wie früher.“

„Danke“, sagte sie und wollte möglichst locker klingen, brachte aber nur heisere Laute heraus. Sie kämpfte gegen ihre aufgewühlten Gefühle an und versuchte, die Fassung wiederzuerlangen.

„Lebst du jetzt in Australien?“, fragte Patric.

Sie konnte ihn nicht anlügen, solange Nick dabei war. „Nein.“

Kate spürte, dass Nick etwas sagen wollte, und sah ihn mit diesem gewissen Blick an, den alle Kinder verstehen: Ein Wort, und es passiert etwas. Er verstand es und sagte nichts.

„Du lebst also noch immer in Neuseeland?“ Mit seinen dunklen Augen betrachtete er ihr volles, rötlich schimmerndes Haar.

Vor fast sieben Jahren, an ihrem achtzehnten Geburtstag, drei Tage, bevor sie sich geliebt hatten, hatte er das Gesicht in ihrem Haar geborgen und ihr gesagt, sie solle es nie abschneiden.

Ob er sich daran noch erinnerte? Ja, dachte Kate erregt, als er den Blick auf ihr Gesicht richtete. Er erinnerte sich. Etwas in ihr zerbrach, löste sich auf …

„Ja“, antwortete sie. Und um höflich zu sein, fragte sie: „Lebst du jetzt hier?“

Um Patrics schönen Mund zuckte es leicht, als er erwiderte: „Nein, ich habe hier geschäftlich zu tun.“

Sie brachte ein Lächeln zu Stande, obwohl ihr plötzlich Schweißperlen auf der Stirn standen und ihr die Kehle wie zugeschnürt war. „Es muss schön sein, hier zu arbeiten.“

„Das hängt von der Arbeit ab.“ Seine Stimme hatte einen drohenden Unterton, als er fragte: „Möchtest du uns nicht vorstellen?“

Kate brachte kein Wort heraus. Sie schluckte und sagte dann sehr förmlich: „Mein Sohn Nick. Nick, dies ist ein alter Freund von mir, Mr. Sutherland.“

Nick streckte ihm die Hand entgegen. „Guten Tag, Mr. Sutherland“, sagte er höflich.

Patrics kräftige, sonnengebräunte Hand umfasste die kleine kindliche. Ernst erwiderte er den Gruß und fragte dann: „Wie alt bist du denn?“

„Sechs“, antwortete Nick und fuhr fort, bevor Kate eingreifen konnte, „na ja, eigentlich noch nicht ganz sechs, aber bald. Am einunddreißigsten Oktober werde ich sechs, also in fünf Wochen.“

Sie ließ sich von Patrics unbewegtem Gesicht nicht täuschen. Sie war sicher, dass er insgeheim seine Schlüsse zog, und war verzweifelt. Sie würde die Wahrheit sagen und damit das wohlgehütete Geheimnis lüften müssen, das sie schon so lange Zeit mit sich herumtrug.

„Du bist groß für dein Alter“, stellte Patric fest.

„Ja“, sagte Nick und lächelte stolz. Gegenüber Fremden verhielt er sich manchmal zurückhaltend, aber Patric hatte ihn schon mit seinem charmanten Lächeln für sich gewonnen, wie es ihm mit den meisten Menschen gelang. „Bald bin ich so groß wie Mummy. Sie wird nächsten Februar fünfundzwanzig.“

Ungeschickt versuchte Kate abzulenken: „Was bringt dich ausgerechnet an die Gold Coast, Patric?“ Nur mühsam wollte sein Name ihr über die Lippen kommen. Fast sieben Jahre lang hatte sie ihn nicht mehr ausgesprochen, und als sie es jetzt tat, riss sie Mauern ein, die sie nur unter großer Anstrengung und mit eisernem Willen hatte errichten können.

„Ich sehe mir ein Unternehmen an, das ich vielleicht kaufen werde“, sagte er höflich. „Und was macht ihr hier?“

„Mummy hat ein Gedicht über Limonade geschrieben“, erzählte Nick stolz.

Die Kellnerin brachte ihnen die Getränke. Dankbar trank Kate einen Schluck Tee.

Aber Nick war noch nicht fertig mit seiner Geschichte. „Und dann haben wir eine ganze Woche Urlaub im Surfer’s Paradise gewonnen und freien Eintritt zu allen Freizeitparks.“

„Ach, so ist das“, sagte Patric. Kates Gelassenheit war nur gespielt, was er mit seinem durchdringenden Blick mühelos durchschaute.

Nick setzte sich sehr aufrecht hin und fragte: „Haben Sie auch Kinder, Mr. Sutherland?“

Patrics Lächeln gefror. „Nein“, antwortete er und fügte dann hinzu: „Ich habe auch keine Frau mehr. Sie ist vor drei Jahren gestorben.“

Laura war also tot? „Das tut mir leid“, sagte Kate unbeholfen.

„Es war ein schwerer Verlust für mich“, erwiderte er und blickte wieder Nick an. „Gefallen dir die Parks?“

Nick strahlte ihn an. „Und wie! Besonders gern mag ich die Achterbahnen!“, sagte er mit so viel Begeisterung, dass sich die Leute am Nachbartisch umdrehten und ihm zulächelten.

Kates Herz zog sich vor Zärtlichkeit zusammen. Schon immer hatte ihr Sohn die Herzen anderer Menschen im Sturm erobert. Nick war ein glückliches Kind, und auch in der Schule war er sehr beliebt. Hinter seiner fröhlichen, unbekümmerten Art verbargen sich jedoch ein wacher Verstand und ein starker Wille.

Patrics Blick blieb einen kurzen Moment an Kates seidigem Haar hängen. Als sie die Teetasse zum Mund führte, zitterte ihre Hand leicht.

Beiläufig sagte Patric zu Nick: „Es wundert mich, dass du deine Mutter zu einer Fahrt in der Achterbahn überreden konntest, da sie doch schon früher Höhenangst hatte.“

„Ich habe sie einfach so lange gefragt, bis sie mitgekommen ist“, erklärte Nick und fragte dann: „Kennen Sie Mummy von früher?“

„Ich kannte sie sehr gut. Sie wohnte mit ihrer Tante, ihrem Onkel und ihren Cousinen auf der Schaf- und Rinderfarm meines Vaters.“

Davon hatte Nick schon gehört. „Tatamoa im Poto Valley?“, fragte er. „Mummy hat mir schon viel darüber erzählt. Irgendwann, wenn ich größer bin, fahren wir zusammen dort hin.“

Patric sah Kate nicht an. „Ihr Onkel hat damals die Farm verwaltet.“

„Haben Sie auch dort gewohnt?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich wohnte damals mit meinen Eltern in Auckland, weil mein Vater dort arbeitete. Aber den Sommer haben wir immer auf dem Land verbracht.“

„Haben Sie uns gesehen, als wir Achterbahn gefahren sind?“, wollte Nick wissen, in seiner kindlichen Unschuld ganz mit sich selbst beschäftigt.

„Ja, ich war im Hotel nebenan und habe euch von dort aus gesehen, und ich wollte euch gern Guten Tag sagen.“ Das leuchtete Nick ein, und er nickte zustimmend. Kates Verstand arbeitete fieberhaft. Patric muss also am Ausgang auf uns gewartet haben, dachte sie beunruhigt.

Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Entschlossen, sich endlich aus dieser unerträglichen Lage zu befreien, schenkte sie Patric ein kurzes Lächeln und sagte mit dem Mut der Verzweiflung: „Wir müssen jetzt los. Es war schön, dich einmal wieder zu sehen, Patric. Hoffentlich verlaufen deine Geschäfte erfolgreich. Nick, lass uns Auf Wiedersehen sagen.“

Nick, der sehr stolz auf seine guten Manieren war, verabschiedete sich höflich. „Auf Wiedersehen, Mr. Sutherland, und vielen Dank für die Einladung.“

„Seid ihr mit dem Auto gekommen?“, fragte Patric.

Kate war sofort klar, worauf er hinauswollte. „Nein, aber wir fahren gern Bus, nicht wahr, Nick?“

„Nick würde bestimmt gern einmal mit meinem Wagen fahren.“ Patrics Ton war freundlich, sein Blick jedoch voller Spott.

Sie versuchte, ihren Ärger zu zügeln und sich nichts anmerken zu lassen, um nicht zu viel preiszugeben. „Wir wollen dir keine Umstände bereiten. Es macht uns nichts aus, mit dem Bus zu fahren.“

„Im Bus ist es sicher heiß und überfüllt“, sagte er und lächelte erneut spöttisch. „Außerdem steht mein Auto ganz in der Nähe.“

Es sah Patric nicht ähnlich, andere zu etwas zu überreden, denn normalerweise las man ihm seine Wünsche von den Augen ab. Warum also beharrte er jetzt so sehr darauf, obwohl er doch merken musste, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte?

Nick blickte fragend von einem zum anderen. „Warum können wir denn nicht mit ihm fahren, Mummy?“

Kate war verzweifelt und wütend, aber sie musste schnell eine Entscheidung treffen. Sie nahm sich zusammen und sagte: „Also gut. Vielen Dank, es ist sehr nett von dir, uns nach Hause zu bringen.“

Sein großer dunkelgrüner Wagen stand im Untergeschoss seines Hotels.

„Toll, ein Rolls-Royce!“ Nick war begeistert. „Gehört der Ihnen, Mr. Sutherland?“

Patric hielt ihm die hintere Wagentür auf. „Nein, ein Freund hat ihn mir geliehen.“

Nick setzte sich hinein und sah sich interessiert um. Patric schloss die Beifahrertür hinter Kate und setzte sich hinter das Steuer, und Kate war die Kehle plötzlich wie zugeschnürt.

„Mummy“, rief Nick begeistert von hinten, „hier gibt es sogar einen Fernseher!“

Kate rang sich ein Lächeln ab, aber ihre Hände lagen verkrampft in ihrem Schoß. „Das war ja fast zu erwarten. Dieses Auto ist so groß, dass man darin wohnen könnte.“

So dicht neben Patric im Auto zu sitzen war mehr, als sie ertragen konnte. Ihr Herz klopfte schneller. Sie versuchte, sich zu entspannen.

Ruhig und sicher lenkte er den großen Wagen. Kate betrachtete seine Hände. Sie waren feingliedrig, aber kräftig, und sie erinnerte sich, dass sie ebenso sanft wie fordernd sein konnten.

Sie kamen an eine Kreuzung, und Patric fragte: „In welchem Hotel wohnt ihr?“

„Im Robinson’s, gleich hier in der Cavill Avenue“, sagte sie ausdruckslos.

„Das kenne ich.“ Geschickt lenkte er den Wagen zwischen zwei anderen hindurch. „Es ist schön“, bemerkte er.

Kate verkrampfte die Hände ineinander. „Ja, sehr schön.“

„Wie lange seid ihr schon hier?“

Ihr versagte die Stimme. Sie hasste es, zu lügen. „Wir sind gestern angekommen.“

Patric sagte: „Ich möchte dich wieder sehen, Kate. Dich und den Jungen.“

Damit hatte sie bereits gerechnet. Sie hörte sich erstaunlich gelassen antworten: „Das halte ich für keine gute Idee.“

„Es gibt vieles, worüber wir reden müssen.“

„Es gibt nichts, worüber wir reden müssen.“ Sie ignorierte das starke Klopfen ihres Herzens und blickte starr geradeaus.

„Nun, zuerst könntest du mir vielleicht erklären, warum du mir vor sieben Jahren verheimlicht hast, dass du schwanger warst“, sagte er, und in seiner tiefen Stimme schwang eine leichte Drohung mit, als er den Wagen geschickt zwischen den Palmen hindurchlenkte, die die Auffahrt zum Robinson’s säumten.

Ein Portier in Uniform erschien. Nick öffnete seine Tür, sprang aus dem Auto und sah sich neugierig um. Kate beobachtete ihn aufmerksam und erwiderte heiser: „Es hätte nichts an der Situation geändert, Patric. Schon damals habe ich dir erklärt, dass ich unsere Beziehung nicht fortführen möchte, und ich sage es dir jetzt noch einmal. Wir haben einfach nichts gemeinsam, und das hatten wir noch nie.“

In die Stille hinein sagte er entschlossen: „Ich werde dich anrufen. Mein Sohn wird nicht aufwachsen, ohne seinen Vater kennen zu lernen.“

Kate biss sich auf die Lippe. Nur unter Schwierigkeiten konnte sie sprechen: „Nick ist nicht dein Sohn.“

Sein schöner Mund verzerrte sich zu einem zynischen Lächeln. „Versuch nicht, mir etwas vorzumachen, Kate.“

Sie schüttelte den Kopf. „Es ist die Wahrheit.“

Mit tödlicher Ruhe stellte er fest: „Er wurde fast auf den Tag genau neun Monate später geboren, nachdem wir uns geliebt haben.“

Ich ertrage das nicht, dachte sie und fuhr sich mit zittriger Hand durchs volle, glänzende Haar, das ihr an Schläfen und Nacken klebte. Aber sie hatte keine Wahl. „Neun Monate und zwei Wochen“, brachte sie heiser heraus.

„Das liegt sicher noch innerhalb des normalen Zeitraumes“, sagte er kühl. „Du warst noch Jungfrau, ich erinnere mich noch sehr genau.“

Kate wollte etwas entgegnen, aber er fuhr unbarmherzig fort: „Und versuche nicht, mir weiszumachen, dass Nicks Vater ein Liebhaber ist, den du an der Universität kennen gelernt hast. Denn als er gezeugt wurde, warst du ja noch nicht in Christchurch.“ Unter gesenkten Lidern warf er ihr einen drohenden Blick zu. „Und außerdem hattest du keinen Liebhaber.“

Woher konnte er das wissen?

Er blickte an ihr vorbei zu Nick, der sich ihrer Autotür näherte. „Hab keine Angst, Kate. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind nie einfach zu erreichen, und Hindernisse sind dazu da, dass man sie überwindet. Ich werde dich morgen anrufen.“

Sie stieg aus dem Wagen. „Gute Nacht, Patric“, sagte sie unsicher, nahm Nick bei der Hand und ging mit ihm auf die Rezeption zu. Angestrengt lauschte Kate dem leisen Motorengeräusch des davonfahrenden Wagens.

„Mummy“, fragte Nick und sah sie mit großen Augen an, „was wollen wir denn hier?“

„Ach, ich dachte, wir könnten hier im Restaurant zu Abend essen. Komm, wir sehen es uns einmal an.“

Nachdem sie gegessen hatten, gingen sie zurück ins Foyer. Unwillkürlich warf Kate einen Blick durch die großen Glastüren, aber der Rolls-Royce stand nicht mehr vor dem Gebäude.

Kate lächelte dem Portier zu, als sie ins Freie traten und unter den Palmen entlanggingen, die so typisch waren für das Landschaftsbild der Gold Coast, vorbei an einer Mauer, die fast vollständig von einem farbenprächtigen Bougainvilleateppich bedeckt war.

Ein etwa fünfzehn Jahre alter Junge auf einem Skateboard schoss an ihnen vorbei und bremste ab, als sie zu den Schwimmbecken kamen. Gemächlich schlenderten sie weiter, vorbei an den Tennisplätzen und dann durch ein Tor zur Straße.

„Guck mal, Mummy! Da drüben kann man Bungeejumping machen!“

„Dafür bist du noch zu klein“, sagte Kate automatisch.

Im Vorbeigehen warf Nick einen sehnsüchtigen Blick auf die Anlage. Wenn er in die Pubertät kommt, wird das ein absoluter Albtraum, dachte sie grimmig. Vielleicht kann ich ihn ja fürs Skateboardfahren begeistern, dachte sie, als hinter ihnen erneut das Geräusch des Skateboardfahrers ertönte.

Langsam sickerten die Erlebnisse der letzten Stunden in ihr Bewusstsein. Kleine Schweißperlen liefen ihr den Rücken hinunter. Einige Male hatte Kate sich ausgemalt, wie es wäre, Patric zu begegnen, aber die Wirklichkeit war um einiges beängstigender und schmerzvoller.

Natürlich musste er denken, dass er Nicks Vater war, aber wenn er einmal in Ruhe über alles nachdächte, würde ihm klar werden, dass sie keinen Grund hatte, ihn zu belügen. Dann würde er sie hoffentlich in Ruhe lassen, und sie und Nick wären in Sicherheit.

„Was hast du denn?“, fragte Nick, und Kate war erstaunt, wie sensibel und aufmerksam er war.

Sie unterdrückte Angst, Wut, Selbstmitleid und tiefe Trauer und antwortete betont locker: „Nichts, nur Kopfschmerzen.“

Schuldbewusst fragte er: „Ist es noch immer wegen der Achterbahn?“

Lachend schüttelte Kate den Kopf. „Nein, mein Liebling, meinem Kopf macht das Achterbahnfahren nichts aus, nur meinem Magen.“

„Mir macht das gar nichts aus“, prahlte er. Er drehte sich nach dem Skateboardfahrer um, der jetzt auf dem Fußweg fuhr, und sagte dann, um sie aufzumuntern: „Wenn wir im Hotel sind, gehen wir schwimmen. Dann geht es dir bestimmt gleich viel besser.“ Nachdenklich meinte er: „Mr. Sutherland wird vom Achterbahnfahren bestimmt nicht schlecht.“

Kate musste daran denken, wie Patric einmal behände und leichtfüßig hoch über einer Schlucht über eine schmale Hängebrücke gelaufen war. Er hatte sich nicht einmal am Drahtseil festgehalten, das als Geländer dienen sollte. Er hatte nicht angeben wollen, sondern sich nur beeilt, zu ihr zu kommen.

Sie wollte den Skateboardfahrer vorbeilassen und trat zur Seite, aber er fuhr weiter gemütlich hinter ihnen her. Wahrscheinlich sah er sich auch die Bungeejumping-Anlage an.

Nick sagte: „Du hast mir nie von Mr. Sutherland erzählt, nur von Onkel Toby und Tante Jean und deinen Cousinen, Juliet und Josephine und Jenny. Warum habe ich eigentlich keine?“

Es schmerzte Kate, von diesen vergangenen Tagen zu sprechen, die nun schon so weit zurücklagen und in ihrer Erinnerung für immer von goldenem Sommerlicht durchflutet waren. „Weil ich keine Geschwister habe.“

„Wie alt warst du, als deine Mom und dein Dad auf dem Mount Everest verunglückt sind und du zu Onkel Toby und Tante Jean gezogen bist?“

„Drei Jahre.“

Schweigend gingen sie weiter, und er fragte beiläufig: „Kannte Mr. Sutherland meinen Vater?“

Kate hatte ihm erzählt, dass sein Vater tot sei. Es war der einzige Weg gewesen, ihn vor einer Enttäuschung zu bewahren. Sie dachte daran, wie sie vor einer halben Stunde Patric gegenüber gelogen hatte, und stellte ironisch fest, wie gut sie dies inzwischen konnte.

Aber selbst wenn sie für diese Lügen einmal würde büßen müssen – für ihren Sohn würde sie alles tun. Laut sagte sie: „Es ist möglich, dass er ihn kannte. Das Poto Valley ist ja nicht sehr groß.“

Zu ihrer unendlichen Erleichterung wurde Nick von diesem Thema abgelenkt, als eine Harley Davidson an ihnen vorbeifuhr.

Kate machte sich nichts vor, Nick würde mit absoluter Sicherheit noch einmal auf das Thema „Patric“ zurückkommen, aber für den Moment schien er an andere Dinge zu denken. Als sie in ihrem Apartment waren, spürte sie, wie die Spannung in ihrem Körper nachließ. Nun, da sie Patric entkommen waren, würden auch ihre Angst und Unruhe bald nachlassen.