Liebeszauber der Südsee - Robyn Donald - E-Book
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Liebeszauber der Südsee E-Book

ROBYN DONALD

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Beschreibung

Rettungslos verfällt Fleur dem exotischen Zauber der Südseeinsel Fala’isi. Und dann lädt sie auch noch der Millionär Luke Chapman ein, in seiner weißen Villa am Strand zu wohnen. Wie schön wäre es, wenn Luke sie bitten würde, für immer mit ihm in diesem Paradies zu bleiben …

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Seitenzahl: 168

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IMPRESSUM

Liebeszauber der Südsee erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2007 by Robyn Donald Kingston Originaltitel: „Virgin Bought and Paid For“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 285 Übersetzung: Trixi de Vries

Umschlagsmotive: zoomteam, djv, get4net / Depositphotos

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2022

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751519953

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Kaum merklich nickte Luke Chapman dem Mann zu, der gerade an der Tür seines Elternhauses aufgetaucht war. Die Gäste der Cocktailparty bemerkten nichts von dem stummen Dialog zwischen Luke und seinem Sicherheitschef.

„Ein bezauberndes Fleckchen Erde haben Sie hier“, sagte der texanische Ölmagnat gerade. „Die Berge von Fala’isi sind atemberaubend … und erst die Strände. Ihr Plantagenhaus gefällt mir übrigens auch ausnehmend gut.“

Amüsiert lauschte Luke den Lobeshymnen des Mannes, bevor er das Thema geschickt auf die Probleme lenkte, die der Zusammenbruch einer weltweit tätigen Firma mit sich bringen würde.

Zehn Minuten später entschuldigte er sich, nachdem er dem Texaner einen anderen Gesprächspartner vorgestellt hatte. Immer wieder blieb er auf dem Weg zur Tür stehen, um mit den Gästen zu plaudern.

Eigentlich war er kein begeisterter Anhänger von Cocktailparties, doch von einem Mann seiner Position im Kleinstaat Fala’isi – einer Inselgruppe im Pazifik – erwartete die Öffentlichkeit solche Veranstaltungen nun einmal.

Schließlich hatte er die Tür erreicht und fragte seinen Sicherheitschef: „Was ist los?“

„Mrs. van Helgen ist hier“, erzählte Valo. „Sie ist direkt vor meinem Auto zusammengebrochen. Ich habe sie zu Ihrem Haus gebracht.“

Nicht ein Muskel bewegte sich im markant männlichen Gesicht seines Chefs. „Wie geht es ihr?“

„Schlecht. Als sie nicht wieder zu sich gekommen ist, habe ich die Ärztin gerufen und bin gleich hergekommen, um Sie zu informieren.“

„Gut gemacht.“ Luke sah auf seine Armbanduhr. „Ich bin in einer Stunde hier fertig, dann mache ich mich sofort auf den Weg.“

„Hier hast du dich also versteckt, Luke“, rief eine helle Frauenstimme.

Valo sah zu, wie sein junger Boss sich umwandte und der Blondine zulächelte – mit dem üblichen Effekt.

Alle weiblichen Wesen lagen dem hochgewachsenen, aristokratisch wirkenden Mann zu Füßen. Selbst Valos dreijährige Nichte hatte neulich ihren Wutanfall vergessen, als Luke ihr zulächelte, so beeindruckt war sie von ihm.

Aber auch in der Geschäftswelt genoss der Sohn des legendären Industriemagnaten Grant Chapman Bewunderung und Respekt. Man schätzte seine Intelligenz und Durchsetzungskraft.

Jetzt ließ er sich von der Blondine auf die Wange küssen und begleitete das Mädchen anschließend zurück zu den anderen Gästen.

Sie hörte leise Stimmen. Öfter war sie für einen kurzen Moment aufgewacht, jedoch gleich wieder eingeschlafen.

Dieses Mal hielt sie sich wach. Unerträgliche Kopfschmerzen und fürchterlicher Durst plagten sie. Angestrengt versuchte sie, dem leise geführten Gespräch zwischen einer Frau mit untrüglichem australischen Akzent und einem Mann mit dem singenden Tonfall der Bewohner von Fala’isi zu folgen.

„… dehydriert, und sie scheint auch nicht genug gegessen zu haben. Der Tropf wird helfen. Aber die nächsten Tage muss sie unter ärztlicher Aufsicht bleiben.“

Das war die Frauenstimme. Fleur versuchte, die Augen zu öffnen, doch ihre Lider wogen schwer wie Blei.

Die Frau hatte die Veränderung jedoch bemerkt. „Sie kommt zu sich.“

Jemand schob einen Arm unter sie, um sie zu stützen und schob ihr einen Strohhalm zwischen die Lippen. „Trinken Sie das Wasser, Janna. In ganz kleinen Schlucken.“

Wer war Janna? Egal. Das kalte Wasser rann ihren ausgetrockneten Hals hinab und weckte ihre Lebensgeister.

Als jemand den Strohhalm wieder wegnahm, protestierte sie heiser.

„Das ist genug für den Anfang. Wir haben Ihnen einen Tropf gelegt. Sie werden sich bald besser fühlen.“

Noch jemand schien hereinzukommen. Die Frauenstimme sagte: „Da sind Sie ja, Luke. Wie immer genau im richtigen Moment. Sie ist gerade aufgewacht.“

Mit großer Anstrengung gelang es Fleur, die schweren Lider zu heben. Sie begegnete einem durchdringenden Blick aus stahlgrauen Augen. Das schöne Männergesicht kam ihr irgendwie bekannt vor.

Nachdem Luke sie kurz und eindringlich gemustert hatte, wandte er sich an die anderen. „Das ist nicht Janna.“

Was für eine wohlklingende Stimme – tief und gebildet und unendlich sexy. Aber auch Autorität schwang in dem Tonfall mit.

„Ich heiße Fleur“, wisperte sie heiser. Als niemand reagierte, schloss sie die Augen und fügte noch hinzu: „Fleur Lyttelton.“

Das Wasser hatte sie so weit belebt, dass sie wieder denken konnte. Offensichtlich handelte es sich um eine Verwechslung. Merkwürdig. Sie erinnerte sich nur noch daran, auf dem Rückweg zum Strand die Straße entlanggegangen zu sein. Dabei hatte sie sich sehr elend und schwach gefühlt. Dann hatte ein Auto neben ihr angehalten …

Die Stille im Raum wurde ihr unheimlich. Besorgt machte sie erneut die Augen auf und blickte in die verschlossene Miene des Mannes. Jetzt betrachtete er sie, als handelte es sich bei ihr um eine seltene Pflanze. Der kühle analysierende Blick ging ihr durch und durch.

„Und ich bin Luke Chapman“, sagte er schließlich ruhig.

„Sehr erfreut“, antwortete sie leise. Dann fielen ihr die Augen wieder zu.

Aufgewühlt ließ Luke den Blick noch einmal über sie gleiten. Bei genauerem Hinsehen bestand überhaupt keine Ähnlichkeit mit Janna, abgesehen von dem rotgoldenen Haar, das ihr bleiches Gesicht umrahmte und schlecht geschnitten war. Im Gegensatz zu Fleur Lyttelton färbte Janna ihr Haar allerdings.

Sein männliches Interesse war geweckt, als er ihren Mund betrachtete. Die vollen sinnlichen Lippen luden förmlich zum Küssen ein.

In diesem Moment öffnete Fleur erneut die Augen und sah ihn mit ihren seegrünen Augen durchdringend an. Eine kleine Linie bildete sich zwischen ihren dunklen Brauen. Dann überraschte sie ihn mit einem hoheitsvollen Nicken, das einer Königin zur Ehre gereicht hätte. „Danke“, sagte sie deutlich und schlief wieder ein.

„Ich lasse einen Krankenwagen kommen“, erklärte die Ärztin. „Allerdings habe ich keine Ahnung, wo wir die Patientin unterbringen sollen. Das Krankenhaus ist schon völlig überfüllt. Die Grippeepidemie hat viele Inselbewohner erwischt. Ach, übrigens geht es dem Baby der Sulus wieder besser.“

„Dem Himmel sei Dank“, sagte Luke und lächelte erleichtert.

„Ich könnte Ms. Lyttelton …“, fuhr die Ärztin fort.

„Sie kann hierbleiben, vorausgesetzt aus medizinischer Sicht spricht nichts dagegen.“ Luke hatte eine seiner schnellen Entscheidungen getroffen.

„Nein, das ist in Ordnung, solange sich eine Krankenschwester um den Tropf kümmert und ihr Blut abnimmt. Wir müssen auf ihren Wasserhaushalt achten. In den nächsten Tagen wird sie noch sehr schwach sein.“

Luke nickte und betrachtete das bleiche Gesicht. Irgendetwas darin verriet ihm, dass die Fremde in ihrem jungen Leben schon einiges an Leid und Kummer erlebt hatte. Darüber täuschten auch der sinnliche Mund und die rotgoldene Haarpracht nicht hinweg.

Er wandte sich an Valo, der sie gerettet und hergebracht hatte. „Sie hatte doch bestimmt eine Tasche bei sich, oder?“

Wortlos zeigte sein Sicherheitschef auf eine abgenutzte schwarze Handtasche, die auf einer Truhe neben dem Bett lag.

„Bitte sehen Sie nach, ob sie einen Pass dabeihat und finden Sie heraus, wo sie herkommt.“ Dann wandte er sich an die Ärztin. „Können Sie für mich eine Krankenschwester besorgen? Eine, die schweigen kann?“

„Selbstverständlich.“ Da sie die Chapmans inzwischen seit Jahren kannte und wusste, dass sich die Presse auf jede Neuigkeit aus ihrem Leben stürzte, überraschte Lukes Bitte sie überhaupt nicht. „Eine meiner Krankenschwestern macht gerade Urlaub, würde sich aber bestimmt gern etwas hinzuverdienen. Ich schicke sie Ihnen noch heute vorbei.“

„Danke.“ Er ging hinaus, gefolgt von Valo, den er draußen leise instruierte: „Finden Sie alles über Fleur Lyttelton heraus, was in Erfahrung zu bringen ist!“

Als Fleur wieder aufwachte, wusste sie instinktiv, dass ein neuer Tag angebrochen war. Draußen gurrte eine Taube, Palmenwedel raschelten sanft im Wind. Es roch nach Vanille und einem anderen exotischen Duft, den sie nicht zuordnen konnte. Doch er versetzte sie zurück in die gemütliche Geborgenheit ausstrahlende Küche ihrer Mutter.

Doch dieser Duft hier war eher verführerisch, fast opulent.

Auch ohne die Augen zu öffnen wusste sie, dass sie in Fala’isi war. Allerdings nicht auf dem harten Boden, auf dem sie drei Nächte lang geschlafen hatte, sondern in einem bequemen Bett. Jetzt hob sie die schweren Lider ein wenig.

Wie ein Krankenhauszimmer sah es hier nicht aus. Von denen hatte sie bis an ihr Lebensende genug gesehen. Nein, vielmehr handelte es sich um ein modern eingerichtetes, riesiges Schlafzimmer, vor dessen Fenstern sich dünne Vorhänge bauschten.

Bekleidet war sie nur mit Slip und T-Shirt. Wem mochte das Zimmer gehören?

Fleurs Blick wanderte durch das geräumige Zimmer. Auf einem schwarzen Frisiertisch entdeckte sie einen Topf mit scharlach- und purpurroten Orchideen, die einen starken Kontrast zu den hell gestrichenen Wänden bildeten. Dann fiel ihr Blick auf einen Wandbehang aus Baststoff, Tapa genannt, mit stilisierenden Mustern in Braun- und Bronzetönen, die an die pazifischen Inseln erinnerten.

Als sie die Augen wieder schloss, sah sie den aufregenden, aristokratisch auftretenden Mann vor sich, der sie mit seinem stahlgrauen Blick gemustert hatte. Sie erinnerte sich an seine tiefe sexy Stimme. Ob ihm dieses Haus gehörte?

Trotz der wärmenden Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen, fröstelte Fleur plötzlich. Sein perfekt geschwungener Mund hatte sie ebenfalls beeindruckt. Wie hieß dieser imposante Mann noch? Ach ja, Chapman. Luke Chapman.

Der Name war in der gesamten Pazifikregion bekannt. Die Familie herrschte seit Generationen über Fala’isi. Da ihr derzeitiges Oberhaupt Grant Chapman eine Neuseeländerin geheiratet hatte, stapelten sich in den Klatschspalten Geschichten über die Familie. Besonderes Augenmerk richtete die Presse auf den einzigen Sohn, der das Imperium einmal erben sollte.

Fleur wandte abrupt den Kopf zur Tür, als sie aus der Richtung ein Geräusch hörte. Bei der heftigen Bewegung wurde ihr sofort schwindlig. Erschöpft sank sie wieder zurück in die Kissen.

Eine Krankenschwester eilte an ihr Bett. „Endlich sind Sie aufgewacht. Wie geht es Ihnen heute Morgen?“

„Danke, schon viel besser“, antwortete Fleur leicht heiser. Dann bin ich also doch im Krankenhaus, dachte sie.

„Hier, trinken Sie das!“ Die Schwester stützte sie und schob ihr einen Strohhalm zwischen die Lippen. „Wir haben Ihnen eine Infusion gelegt, um Ihnen Flüssigkeit zuzuführen“, erklärte sie. „Sie sehen schon wesentlich besser aus als gestern Abend.“

Fleur hörte gerade auf zu trinken, als die Tür erneut geöffnet wurde.

Dieses Mal betrat Luke das Zimmer, das durch seine Anwesenheit plötzlich viel kleiner wirkte.

Seine magische Anziehungskraft verstörte sie zutiefst. Das ist also Luke Chapman, dachte Fleur. Die Fotos in den Zeitschriften wurden diesem arroganten, blendend aussehenden Traumprinzen nicht gerecht.

Lächelnd trat er an ihr Bett. Fasziniert und verwirrt zugleich sah sie ihn an. In seinem Lächeln spiegelten sich Humor, Anteilnahme und unterschwelliges sexuelles Interesse. Es war ein sehr gefährliches Lächeln.

Das Lächeln eines Mannes, der ihr gefährlich werden konnte.

„Sie sehen schon viel besser aus“, sagte er mit seiner tiefen, aufregenden Stimme. „Das Frühstück wird gleich serviert. Haben Sie sich so weit erholt, dass Sie mir einige Fragen beantworten können?“

„Ja, natürlich“, antwortete sie leise. „Danke. Ich weiß nicht mehr, was passiert ist, aber …“

Er sagte etwas auf Polynesisch, woraufhin die Krankenschwester das Zimmer verließ.

Fleur und er blickten einander an.

Sein charismatisches Lächeln raubte ihr fast den Atem.

„Sie sind auf der Straße zusammengeklappt“, erklärte er. „Mein Fahrer hat Sie gefunden und hergebracht.“

„Warum ausgerechnet hierher?“

Luke widerstand der Versuchung, der Frage einfach auszuweichen. Natürlich wollte er sie nicht belügen. Andererseits drängte es ihn auch nicht danach, ihr zu erzählen, dass man sie mit einer Frau verwechselt hatte, mit der ihn vor zwei Jahren eine kurze Affäre verbunden hatte.

Auf Fleurs Wangen lag wieder Farbe, und in den großen grünen, von dichten schwarzen Wimpern umrahmten Augen konnte man förmlich versinken …

Er riss sich zusammen. „Weil mein Haus näher lag als das Krankenhaus. Außerdem ist das Krankenhaus momentan überfüllt. In Fala’isi grassiert eine Grippewelle. Sie jedoch leiden an Dehydrierung und Erschöpfung und werden sich hier besser erholen.“

Ihrem nachdenklichen Blick war anzusehen, dass sie ihm das nicht abnahm.

„Vielen Dank“, sagte sie höflich. „Aber ich muss gehen.“

„Warum? Damit Sie wieder am Strand schlafen können? Das ist hier verboten. Wie ist es Ihnen überhaupt gelungen, ohne Zimmernachweis einzureisen?“, fragte er betont unnachgiebig. Ihre Wangen wirkten eingefallen. Offensichtlich hatte sie nicht nur im Freien übernachtet, sondern auch nichts gegessen. Aus irgendeinem ihm unbekannten Grund machte ihn das wütend.

Fleur sah ihn offen an. „Ich hatte ein Ferienhaus gebucht, aber als ich hier eintraf, war es belegt. Offenbar hat jemand im Reisebüro das Datum verwechselt.“

„Warum haben Sie sich keine andere Unterkunft gesucht?“

Es ging ihr auf die Nerven, ständig zu erröten. Die Leute dachten dann immer, sie wäre schüchtern und leicht zu beeinflussen. Auf gar keinen Fall wollte sie Luke erzählen, dass ihre Mutter den Urlaub kurz vor ihrem Tod gebucht hatte. Das tat alles noch zu weh.

„Ich habe nicht genug Geld“, erklärte sie und begegnete unerschrocken seinem Blick.

Er hob eine schwarze Augenbraue. „Sie hätten sich an das neuseeländische Konsulat wenden können“, gab er zu bedenken.

Sie schüttelte den Kopf und zuckte vor Schmerz zusammen. Natürlich hätte sie den Konsul um Hilfe bitten können. Doch wozu? In diesem herrlich milden Klima konnte man doch auch draußen übernachten. Alles ging gut, bis …

„In Ihrer Handtasche war kein Geld. Und wo ist eigentlich Ihre Kleidung?“, fragte er unnachgiebig weiter.

„Man hat mir meinen Rucksack gestohlen, als ich auf dem Markt etwas zu essen kaufen wollte. Ich hatte ihn nur kurz abgestellt, um mein Geld herauszusuchen, als jemand mir einen Blütenkranz um den Hals legte, während der Händler das Obst abwog.“

„Sie haben also den hübschen Blütenkranz gekauft, und als Sie sich umdrehten, war der Rucksack weg?“

Aufgebracht funkelte sie ihn an. „Ich habe ihn nicht gekauft, aber der Rest stimmt.“ Als sie seinen ungläubigen Blick bemerkte, fügte sie hinzu: „Ich habe mein Gepäck wirklich nur eine Sekunde aus den Augen gelassen.“

„Die hat offenbar ausgereicht. Wie lange ist das her?“

Fleur überlegte. „Ich glaube, es war vor drei Tagen.“

„Sind Sie zur Polizei gegangen?“

„Ja. Die Polizisten waren sehr freundlich und haben auch versucht, den Dieb ausfindig zu machen. Doch niemand hat etwas beobachtet. Nur meinen Rucksack haben sie hinter einem der Marktstände gefunden. Bis auf Pass und Flugticket war er leer.“

„Haben Sie Ihre Kreditkarte sperren lassen?“

„Ich besitze keine Kreditkarte.“

Das Verhör ging weiter.

„Wo wohnen Sie in Neuseeland, Ms. Lyttelton?“

„In Waiora, einem Dorf an der Westküste, nördlich von Auckland“, antwortete sie kühl. „Wieso fragen Sie?“

„Ich überprüfe lediglich, ob Ihre Geschichte den Tatsachen entspricht.“

Wütend presste sie die Lippen zusammen. „Ich sage die Wahrheit“, erklärte sie mit mühsam aufrechterhaltener Selbstbeherrschung.

„Tut mir leid, dass ich Sie so hart angehe.“ Auch er wirkte nicht sonderlich entspannt.

„Schon gut.“

Sein plötzliches schuldbewusstes Lächeln verschlug ihr den Atem.

„Sie sind also Fleur Lyttelton aus Neuseeland, dreiundzwanzig Jahre alt und im Sternzeichen Löwe geboren, wie ihr Geburtsdatum verrät.“

Das Lächeln war schon umwerfend genug, und dann noch diese atemberaubende Stimme. Fleur schluckte und hoffte, dass er nichts von dem Gefühlschaos in ihrem Inneren bemerkte. Kurz angebunden sagte sie: „Ich wusste gar nicht, dass Männer sich für Sternzeichen interessieren.“

„Ich habe zwei Schwestern“, erklärte er lächelnd. „Übrigens habe ich Ihren Pass und die Flugtickets in meinen Safe gelegt. Dort sind sie sicher.“

Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Es tut mir ausgesprochen leid, was Ihnen passiert ist. Eigentlich ist Fala’isi eine sehr sichere Inselgruppe. Aber selbst hier gibt es Menschen, denen man nicht trauen kann. Die Polizei ist der Überzeugung, dass ein Tourist Ihren Rucksack gestohlen hat. Offenbar ist ihm das Geld ausgegangen. – Können Sie sich ohne Hilfe aufrichten?“

All diese Informationen musste sie erst einmal verarbeiten. Warum sollte sie sich aufrichten? Verständnislos sah sie ihn an. „Wie bitte?“

„Sie haben ganz eindeutig Durst.“ Im nächsten Moment hatte er ihr einen Arm um die Schultern gelegt und stützte Fleur.

Vor ihr drehte sich wieder alles. Aus der Nähe überwältigte Luke sie noch mehr, und seine Berührung weckte die merkwürdigsten Gefühle in ihr. Jetzt stopfte er ihr noch ein Kissen in den Rücken.

„Ganz ruhig“, sagte er. „Blinzeln Sie einige Male, und machen Sie dann die Augen langsam wieder auf.“

Sein gelassener Tonfall gab ihr neues Selbstvertrauen. Allerdings ahnte sie leider nur zu gut, was den erneuten Schwindelanfall ausgelöst hatte. Besser gesagt, wer.

Er reichte ihr ein Glas. „Trinken Sie langsam. Das Frühstück müsste jeden Moment serviert werden. Danach hilft Ihnen die Schwester beim Duschen.“

„Nein, warten Sie!“ Unter seinem stahlgrauen Blick schwand ihr Selbstvertrauen wieder. „Ich kann nicht hierbleiben“, erklärte sie.

Das brachte ihr einen ungehaltenen Blick ein. „Sie haben keine Wahl. Mit Dehydrierung ist nicht zu spaßen. Davon müssen Sie sich erst vollständig wieder erholen. Vorher gibt Ihnen die Ärztin kein grünes Licht. Solange bleiben Sie hier.“

Unnachgiebig sah er sie an, bis sie schweigend den Blick senkte. Dann verließ Luke das Zimmer und ließ Fleur zurück: mit einem Kopf, in dem die unterschiedlichsten Gefühle herumschwirrten.

2. KAPITEL

Erleichtert sah sie auf, als die Schwester ihr wenig später Müsli und tropische Früchte servierte.

„Das müssen Sie alles aufessen. Anweisung von Frau Dr. King“, sagte sie fröhlich, als sie das Tablett auf Fleurs Knien abstellte. „Warum haben Sie nicht um Lebensmittel gebeten, nachdem man Sie bestohlen hat? Niemand auf der Insel hätte es zugelassen, dass Sie Hunger leiden. Es gibt hier genug Essen für alle.“

Die Anteilnahme der Schwester war sicher gut gemeint, doch Fleur hatte schon wieder das Gefühl, ausgefragt zu werden. Daher antwortete sie nur kurz angebunden: „Ich habe auch so genug zu essen gefunden.“

„Das sieht man Ihnen aber gar nicht an. Und wie haben Sie es geschafft, unbeobachtet am Strand zu übernachten? Das interessiert mich wirklich. Denn wir Inselbewohner sind sehr wachsam. Uns entgeht so leicht nichts.“

Fleur senkte verlegen den Blick. „Ich habe eine winzige Bucht mit nur zwei Häusern gefunden. Sie sind offensichtlich unbewohnt.“

„Ungefähr einen Kilometer von hier in Richtung Stadt?“

„Genau.“

„Sie gehören einer Familie, die zu einer Hochzeit nach Australien geflogen ist und in zwei Tagen zurückerwartet wird. Spätestens dann hätte man Sie entdeckt.“

„Ich habe unter einem großen Baum geschlafen. Vom Strand aus hätte mich niemand sehen können. – Das Frühstück sieht köstlich aus. Vielen Dank.“

„Möchten Sie Kaffee oder Tee?“

Bei dem Gedanken an Kaffee drehte sich Fleur der Magen um. „Tee, bitte.“ Dann fragte sie impulsiv: „Wo bin ich hier eigentlich?“ Als sie den erstaunten Blick der Schwester auffing, setzte sie erklärend hinzu: „Ich habe Fotos vom Herrenhaus der Chapmans gesehen. Ein wunderschönes altes Anwesen. Hier erscheint mir aber alles ganz modern.“

„Sie meinen Lukes Elternhaus. Dieses Gebäude hat er vor zwei Jahren bauen lassen, als er aus dem Ausland zurückgekehrt ist. Er wollte endlich ein eigenes Dach über dem Kopf. Wir hatten gehofft, er würde vielleicht heiraten, aber momentan sieht es nicht danach aus. So, nun essen Sie schön. Anschließend können Sie duschen. Ich habe Ihnen einen Morgenmantel und ein Nachthemd mitgebracht. Sie können ja nicht die ganze Zeit in Lukes T-Shirt im Bett liegen.“

Bei der Vorstellung, ein Kleidungsstück ihres Gastgebers zu tragen, wurde Fleur ganz heiß.

„Woher kommen die Sachen?“, fragte sie.

„Lukes Haushälterin hat mir Geld gegeben, und ich habe die Sachen besorgt. Das Geld kommt vermutlich von Luke.“

Fleur nahm sich vor, ihm alles auf Heller und Pfennig zu erstatten, gleichgültig wie lange sie dafür arbeiten müsste.

Mit jedem Tag erholte sie sich mehr von ihrem Zusammenbruch. Dr. King erlaubte ihr täglich, etwas länger aufzubleiben. Die Schwester kümmerte sich weiterhin um ihr Wohlbefinden.

Luke besuchte sie zweimal am Tag. Sowie er ins Zimmer kam, fühlte Fleur sich hellwach und quicklebendig und so voller Energie wie noch nie zuvor in ihrem Leben.

Seine Besuche waren die Höhepunkte des Tages, den sie ansonsten mit Lesen, Schlafen, Essen und Trinken verbrachte.