Abschied von der besseren Republik - Wolfgang Link - E-Book

Abschied von der besseren Republik E-Book

Wolfgang Link

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Beschreibung

Dieses Buch enthält Augenzeugenberichte, angefangen vom Alltag im real existierenden Sozialismus bis hin zu weltgeschichtlichen Ereignissen wie die blutige Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen des Warschauer Paktes, der Befreiung Rumäniens vom roten Vampir bis hin zur Euphorie, die in der DDR vor den ersten freien Wahlen herrschte. Es sind spannende Schilderungen von Tatsachen, die nicht in Geschichtsbüchern stehen.

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Seitenzahl: 49

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Vorwort

Bis heute werden Diktaturen unter sowjetischer Hegemonie verherrlicht. So bezeichnete der frühere Alterspräsident des Deutschen Bundestages, Stefan Heym, die DDR als “die bessere Republik”. Gesine Schwan, als Kandidatin für das Bundespräsidialamt im Gespräch, behauptete, die DDR sei kein Unrechtstaat. Angesichts der Opfer des Stalinismus ist dies eine Verhöhnung derer, die bei einem Fluchtversuch ums Leben kamen oder in DDR-Gefängnissen gefoltert oder gar hingerichtet wurden, Bisher ist- abgesehen von klösterlichen Gemeinschaften- jeder sozialistische Versuch, angefangen vom Nationalsozialismus bis zum sozialistischen Experiment in der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten politisch, wirtschaftlich und ideologisch gescheitert. Eine wesentliche Ursache für das Scheitern sozialistischer Modelle neben ökonomischen Gründen ist im

Wesen des Menschen angelegt: Dies hat Friedrich von Schiller treffend im folgenden Satz formuliert: Frei ist der Mensch, und wär’ er in Ketten geboren.

Trotzdem versuchen bis heute linke Utopisten, den Sozialismus schönzureden. In subtiler Form wird der Versuch unternommen, sozialistische Elemente zu etablieren wie Grundgehalt für alle oder Schuldenübernahme anderer Staaten innerhalb der Eurozone, gepaart mit zentralistischen, demokratiefeindlichen Strukturen. Auch dies ist über kurz oder lang zum Scheitern verurteilt. Es ist eine traurige Tatsache: Wenn man aus der Geschichte nichts lernt, wird sich die Geschichte wiederholen.

Danksagung

Allen im Ostblock lebenden, namentlich nicht Genannten, die mich freundlich aufgenommen und offene, bereichernde Gespräche geführt haben, sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Danken möchte ich auch den Eheleuten Birgit und Heino Bruns für die sorgfältige Korrektur des Manuskriptes, ebenso ein Dankeschön an Herrn David Zimmermann der die technische Umsetzung meisterhaft ausgeführt hat.

Inhalt

Vorwort

Danksagung

Berliner Blockade

Eindrücke vom antifaschistischen Schutzwall

Illegaler Grenzübertritt

Ein deutsches Schicksal

Eindrücke von einer Reise in die Sowjetunion

Rumänientranfahrt

Mit Hilfsgütern ins Kriegsgebiet

Das ist nicht mehr unsere Heimat

Weihnachtsbescherung in Westslawonien kurz nach Ende des Bürgerkrieges

Fahrt nach Tambow,

Not und Elend im Ostblock und die große Freiheit

Statt eines Nachwortes :

1. Berliner Blockade

26. Juni 2008. Ein Propellerflugzeug, das in den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts von der US Air Force eingesetzt war, landet in Berlin-Tempelhof. Sieben Veteranen werden von der Berliner Bevölkerung begeistert empfangen, an ihrer Spitze der bekannt gewordene „Candy Bomber“ Gail Halverson in Kampfanzug und breitkrempigem Westernhut, ein großer, stattlicher Mann, dem man sein hohes Alter von achtundachtzig Jahre nicht ansieht. Unter dem Jubel der Menge verteilt er zur Erinnerung an die Zeit der Luftbrücke Schokolade, die er damals an Fallschirmchen an wartende Kinder abgeworfen hatte. Den Journalisten sagt er: „Ich fühle mich so gut heute Morgen. Es ist für michwie nach Hause zu kommen. “

Sechzig Jahre zuvor. Große Teile Berlins liegen in Trümmern. Die den Bombenhagel überlebt haben, fristen ein elendes Dasein. Hunger, Entbehrungen, Kälte sind ihr Los. So auch Frau K. mit ihren zwölf, acht und sechs Jahre alten Kindern.

Nachdem ihr Mann an der Ostfront gefallen und sie selbst ausgebombt ist, muss sie im Keller eines zum Teil noch bewohnbaren Hauses mittels Hamstern sich und ihre Kinder durchbringen. Das Dröhnen von Militärflugzeugen seit dem 24. Mai 1948 erinnert sie an die Tag und Nacht andauernden Luftangriffe in den letzten Monaten des Krieges, als sie die meiste Zeit im Luftschutzkeller ausharren musste. Dort war auch ihre jüngste Tochter zur Welt gekommen.

Aus den spärlich erhältlichen Nachrichten erfuhr sie von der drohenden Kriegsgefahr infolge der Verschärfung des Gegensatzes zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion. Ein neues Inferno fürchtete ganz Europa. In eindringlichen Bildern, unter anderem in seinem Holzschnitt „Es geht schon wieder los“, stellte der Künstler Hermann Sprauer die Schreckensvision eines Dritten Weltkrieges mit Deutschland als Schlachtfeld dar. Schließlich erfuhr Frau K. über ihren aus den Trümmern geretteten Volksempfänger: „Die sowjetische Militärregierung sperrt ab sofort alle Zufahrtsverbindungen auf Straße, Schiene und Flüssen zwischen den drei von den Westmächten kontrollierten Sektoren Westberlins und Westdeutschland mit dem Ziel, Westberlin dem sowjetischen Einfluss zu unterwerfen“. Das geschah auf Befehl Stalins. Nachdem dieser in Friedenszeiten Millionen Sowjetbürger umbringen oder in Straflager deportieren ließ, riskierte er in seiner Menschenverachtung auch den Tod von unzähligen Westberlinern durch Verhungern.

Was tun? Sollte Frau K. bei ihren Angehörigen im Ruhrgebiet Zuflucht nehmen? Von ihnen hatte sie erfahren, dass die englischen Besatzer menschlich mit den Besiegten umgingen. Aber daran war nicht zu denken, da inzwischen nicht nur für den Güter-, sondern auch für den Personenverkehr die Zufahrt in Richtung Westen blockiert war. Frau K. war wie alle Westberliner verzweifelt. Angst vor einem neuen Krieg, vor Verhungern oder Unterwerfung unter die sowjetische Militärdiktatur machte sich breit.

Als sie eines Morgens ihre Behausung verließ, um „Hamster“-Einkäufe zu tätigen, traute sie ihren Augen nicht: Auf Plakatwänden wurde die Bevölkerung aufgefordert, in Sammellagern die von der US Air Force eingeflogenen Hilfsgüter abzuholen neben Grundnahrungsmitteln hochwertige Trockenkost wie Ei- und Milchpulver, Corned Beef und Schokolade mit einem Nährwert von 1700 Kilokalorien pro Person und Tag. Zum Vergleich: In der französischen Besatzungszone gab es nur 900, kurz nach dem Krieg sogar unter 600 Kilokalorien pro Person und Tag. Frau K. konnte dies nach den zurückliegenden Hungerjahren nicht fassen. Voller Dankbarkeit und mit Tränen in den Augen nahm sie die für ihr Empfinden großzügigen Rationen in Empfang.

Tränen in den Augen hatten auch jene Berliner, die beim Ausladen der pausenlos Tag und Nacht landenden Militärmaschinen halfen. Einer hatte gegen Ende des Krieges an der Flak gedient, ein anderer war gerade aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen worden. Es war für sie unbegreiflich, dass die ehemaligen Feinde ihnen jetzt Überleben und Freiheit sicherten.

Mit gemischten Gefühlen hatte der US-Pilot Gail Halvorsen seinen ersten Flug angetreten, hatte er doch von den Deutschen ein überwiegend negatives Bild. Einer seiner engsten Kameraden war bei einem Kampfeinsatz von der deutschen Luftwaffe abgeschossen worden. Berichte aus den NS-KZs und den Verbrechen der SS und des SD hinter der Front machten Ressentiments gegenüber dem am Boden liegenden Feind verständlich.