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Über 200 Millionen verkaufte Alben und Welttourneen, die alle Publikumsrekorde sprengen: AC/DC ist die erfolgreichste Hardrock-Band aller Zeiten. It's a long way to the top! Aber stoische Beharrlichkeit und ein eisernes Arbeitsethos führten die australischen Proletenkinder innerhalb einer Dekade in die Charts und Stadien dieser Welt. Ihre Musik ist laut, rudimentär, konsequent und unverwechselbar. Die Rockkritik hat sie dafür lange verspottet, die Fans malten ihren Schriftzug auf Jeansjacken und Klowände. Frank Schäfer erzählt die 50-jährige Erfolgsgeschichte dieser Band, die sich Skandalen und Schicksalsschlägen zum Trotz stets treu blieb.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 130
Frank Schäfer
Reclam
Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:
www.reclam.de/100Seiten
2024 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH nach einem Konzept von zero-media.net
Infografik: annodare GmbH, Agentur für Marketing
Bildnachweis: siehe Anhang; Autorenfoto: © Moritz Thau
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2024
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN978-3-15-962230-9
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020710-9
www.reclam.de
Playlists zum Buch
Iʼll win the fight – Identifikationsmuster
Dirty, mean and mighty unclean – die Anfänge down under
Iʼm gonna ride on – hinaus in die Welt
On the way to the promised land – die USA erobern
Back on the track – in der Erfolgsspur
Feel the blood run – im Abwärtsstrudel
We’ll get full of desire – erfolgreiche Regeneration
In rock we trust – bis zum bitteren Ende
Lektüretipps
Bildnachweis
Zum Autor
Über dieses Buch
Leseprobe aus Metallica. 100 Seiten
Zwei Playlists zum Mithören – einmal Original-AC/DC-Songs, einmal Coverversionen von AC/DC-Songs – finden Sie online unter https://www.reclam.de/acdc
Das Publikum, das die Parkhäuser vor dem Messegelände überflutet, fährt gern SUV, Kombi, Transporter, Kleinbus. Man brauchte Platz, als die Kinder kamen. Aber da sind auch frühpubertäre Kuttenträger, Kleinkinder mit Micky-Mäusen auf den Ohren, sogar Hipster-Bärtlinge. AC/DC sind ein Mehrgenerationenprojekt, das seine weit über zweihundert Millionen Alben natürlich nicht nur gesattelten Altrockern verkauft hat. Das Wimmelbild prägen dennoch die Herbstzeitlosen, Graubärte, Knittergesichter. Einer von ihnen bin ich. Ein gutes Viertel des Publikums ist weiblich, und das hat besser gelernt, mit den Defiziten umzugehen. Ein bisschen Karnevalsstimmung blitzt auf. Einige haben sich als Angus verkleidet, in einer gefakten Schuluniform mit kurzen Hosen. Auf diversen Köpfen blinken die notorischen Teufelshörnchen, die später im Dunkeln so romantisch leuchten. Statt Feuerzeugen. – AC/DC hatten nie einen Feuerzeugsong im Programm.
Schließlich dämmert es, und die Show beginnt – mit einem Mondlandungsvideo. Doch was müssen die Astronauten sehen? Ein AC/DC-Schriftzug brennt sich durch das Gestein und startet durch ins All, um dann irgendwo mit großem Bumms einzuschlagen. Das ist genau die absurde Bildsprache, die Brian Johnson vor vielen Jahrzehnten in die Texte eingeführt hat. Ein grandioser Blödsinn, der nichts anderes sein will als eben grandios und blödsinnig. Und dann kommt auch schon das trockene, abgestoppte Erkennungsriff von »Rock or Bust«, das hier und jetzt in den Abendhimmel geblasen auf einmal eine Überzeugungskraft besitzt, mit der man kaum noch gerechnet hatte. Stevie Young, Malcolms Neffe, der Gesichtsälteste heute Abend, nicht nur auf der Bühne, sondern auf dem ganzen Gelände, der den verstorbenen Onkel ersetzen soll, bekommt seine Zeit auf den Videowänden. Er wird hier nicht als Ersatzmann geführt, er ist der neue Rhythmusgitarrist und darf denn auch eine von Malcolms alten, zerschundenen Gretschs spielen, der die beiden vorderen Tonabnehmer herausoperiert wurden. Einer hat immer schon gereicht – und dass er auch für den Neffen reicht, ist wohl als Zeichen zu verstehen.
Die kleineren und größeren Gimmicks, die seit Jahrzehnten zum Live-Spektakel gehören, die aufblasbare Wuchtbrumme bei »Whole Lotta Rosie«, die »Hells Bells«-Glocke und die Kanonen bei »For Those About to Rock«: Sie alle werden abgerufen – und dennoch zeigt sich wieder einmal, wie zweitrangig sie sind. Und auch Angus, dauergrimassierend, nach Luft schnappend wie ein Fisch auf dem Trockenen, ist zwar die aufmerksamkeitsheischende Lichtgestalt auf der Bühne, aber immer noch nicht die Hauptattraktion. Denn das sind einmal mehr die Songs, diese aufs Allernötigste runtergestrippten, simplen, die kalkulierte Reduktion aber allemal trickreich umspielenden Riffbretter. Wer AC/DC stumpf nennt, hat nichts, aber auch gar nichts verstanden.
Ein AC/DC-Konzert ist vielleicht am ehesten vergleichbar mit einer Kampfsportveranstaltung. Man sieht dabei zu, wie sich die Hauptdarsteller im Laufe des Abends langsam, aber todsicher in den Zustand gesteigerter Derangiertheit hineinarbeiten. Bei AC/DC hat das noch eine weitere Dimension, weil sie schon ziemlich derangiert beginnen – und den vielen zerdellten Lebensläufen vor der Bühne stellvertretend beweisen, dass man es trotz allem immer noch bringt.
Angus’ schweißnasses Hemd hängt irgendwo, in seinem Gesicht spiegelt sich Apathie, der Stoizismus des unbedingten Durchhaltens. Brian Johnson pfeift nach der Hälfte des Konzerts auf dem letzten Loch, er macht so gut wie gar keine Ansagen mehr, weil es nicht geht, weil er gar keine Sprechstimme mehr hat, nur noch die AC/DC-Stimme, dieses heisere, kehlkopfschreddernde Kreischen, das mit zunehmender Dauer des Auftritts immer stärker an quietschende Bremsen erinnert.
Nach jedem Song gehen sie in ihre Ringecke, zum Drumpodest, wo die Erfrischungen stehen, wo sie kurz verschnaufen können, bis der unerbittliche Chris Slade am Schlagzeug die nächste Runde einläutet. Es ist ein heroischer Kampf, voller Schmerzen und Pathos, und erst wenn am Ende die Kanonen knallen, ihnen zu Ehren, erst dann ist alles gut. For those about to Rock, we salute you! Amen, verdammt noch mal.
Es wird noch eine lange Nacht an diesem 21. Juli 2015. Wir stehen anschließend dreieinhalb Stunden in unserem Parkhaus im Stau, weil Hannover zwar ein Messegelände hat, das 75 000 Menschen fassen kann, aber nur eine Straße, die von dort wegführt. Wir sind gegen sechs Uhr früh zu Hause, ich zwinge mich um zehn aus dem Bett, weil ich bis zum Mittag die versprochene Konzertkritik abliefern muss. Beim Schreiben blitzen immer wieder ältere Erinnerungen auf. An mein erstes AC/DC-Konzert im Niedersachsenstadion Hannover zum Beispiel. Es ist der 31. August 1991, wie mir die gut geführte »Tour History« auf der offiziellen Website verrät. Metallica, Mötley Crüe, Queensrÿche und Black Crowes spielen vor ihnen, wir sind mit großem Anhang da, die Sonne scheint, und AC/DC haben mit The Razors Edge seit Jahren mal wieder ein durchgängig gutes Album aufgenommen. Bei »Money Talks« regnet es AC/DC-Dollars, wie sie die in die Luft bekommen haben, ist uns ein Rätsel. Unser Nachbar im Pulk hat sich schon einige Scheine gesichert und tanzt vor uns herum, um nach weiteren zu grabschen. Wir sehen ihn mitleidig an. Er missdeutet unseren Gesichtsausdruck offensichtlich als Bedauern darüber, dass er uns alles wegschnappt, und lächelt kleinlaut. »Oh, Tschuldigung«, schreit er gegen den Chorus an und zählt meiner Freundin zwei Dollarscheine in die Hand. Wir sind so gerührt von der Geste, dass wir sie bis heute aufgehoben haben. Doch zeigt sich uns die schlichte Größe dieser Band auch noch an diesem Abend. Bei »Let There Be Rock«, dem letzten Stück vor der Zugabe, peitscht Malcolm noch einmal seine Herde voran, und Angus reitet auf den Schultern eines Roadies durch die Menge. Da plötzlich, vermutlich hat er sich zu weit von der Bühne entfernt und die Reichweite des Senders überschritten, fällt die Sologitarre aus. Was dann folgt, ist schwer in Worte zu fassen, wie immer, wenn man einer Epiphanie teilhaftig wird. Malcolm Young sieht nicht mal auf, geschweige denn vor Überraschung seine Mitmusiker an. Angus Youngs Leadgitarre ist mausetot, gibt kein Geräusch mehr von sich, aber Bruder Malcolm schlägt weiter seine Akkorde. Er wird nicht schneller, nicht langsamer, gibt keine einzige Note, keine einzige rhythmische Variante dazu und lässt auch nichts weg. Er schlägt einfach seine Akkorde. Und schlägt. Und schlägt. Minutenlang ist nur diese eine sattsam bekannte Riff-Figur zu bestaunen. Das reicht vollkommen aus, das Publikum explodiert. Malcolm sieht immer noch nicht auf, aber eine überirdische Lumineszenz umspielt ihn und seine abgerockte 1963er Gretsch Jet Firebird, ein Heiligenscheinchen, das möglicherweise dem gewieften Lichtmixer zu verdanken ist – und dessen irgendwie metaphysische Qualität trotzdem außer Frage steht. Kein Angus-Solo hätte diese konzentrierte rohe Durchschlagskraft haben können. Und genau das ist die Essenz von AC/DC, und 60 000 Menschen wissen es und preisen Malcolm dafür.
Noch so ein Film … Wir fahren gegen Mitternacht los in die gut eine Autostunde entfernte Hannover’sche Metalkaschemme Deutz, um uns ein paar Stunden zur Krawallmusik die Beine in den Bauch zu stehen. Dort wartet schon ein naturgelockter Mensch in Jeansweste auf uns, dessen Brusttasche verräterisch ausgebeult ist. »Lockenbürste«, dachten wir anfangs, aber wir hatten ja keine Ahnung. Er ist immer schon da, wenn wir kommen, steht mit seiner Entourage in der gegenüberliegenden Ringecke, guckt mürrisch und versenkt, was nur reingeht – ein sympathischer Typ. Er wartet geduldig, bis seine Zeit kommt, und sie kommt jedes Mal. Denn wenn sich der DJ genügend Sprüche angehört hat, wird er doch noch weich und spielt AC/DC, und Locke verwandelte sich vor unseren Augen. Sein erster Griff geht zum Fetisch in der Westentasche. Ja, jetzt sehen wir, was er da über seinem Herzen trägt, ein feingedrechseltes Mikrophon aus Holz. Der beauftragte Tischler versteht etwas von seinem Job, hervorragende Handarbeit, die Locke die Kraft gibt für eine wahrhaftige Metamorphose. Mimisch, gestisch voll auf der Höhe und textsicher nicht nur beim kanonischen »Hells Bells«, sondern auch bei so einem eher versteckten Schätzchen wie »Burnin’ Alive«, steht er auf einmal im Kreis johlender Fans, die nur auf diesen Moment gewartet haben, und verwandelt sich in Brian Johnson. Es ist Magie. Reine schwarze, bocksfüßige Magie. Der Sänger ist ein Spiegel meines dreizehnjährigen Ichs, das auf der Klassenparty der 6d zum ersten Mal »T. N. T.« grölt und tags darauf in einer Deutschstunde mit Kugelschreiber den AC/DC-Schriftzug auf die Federmappe kalligraphiert, immer noch ganz erfüllt von diesem Abend. Angus’ einpeitschende »Oi«-Rufe überreden uns zum Mitgrölen, und dann kommt auch bald der Refrain, der alles klar macht. »’Cause I’m T. N. T. I’m dynamite / T. N. T. and I’ll win the fight / T. N. T. I’m a power load / T. N. T. watch me explode«. Was ich davon wirklich verstehe, spielt keine Rolle, denn der Song stärkt mir den Rücken gegen was auch immer, nimmt mir für Momente meine präpotente Unsicherheit, möbelt mein Ego auf wie sonst nur ein Superhelden-Comic. Er macht das mit einem ganz einfachen Trick: Er suggeriert mir und allen anderen, wir könnten so sein wie sie. Einfach so, indem wir das »Oi« mitgrölen. Wir verwandeln uns in Dynamit und gewinnen den Kampf.
All das und noch mehr fällt mir wieder ein, als ich müde und mit dröhnendem Schädel, ein Echo des Urknalls vom Abend zuvor, am Bildschirm sitze und dieses Phänomen auf zwei, drei Seiten einzukreisen versuche und natürlich daran scheitere und dann überlege, dass dafür vermutlich nicht mal hundert Seiten reichen würden. Versuchen muss man es natürlich trotzdem.
Die meisten Konzerte in einem Jahr spielten AC/DC 1976: 173 Shows. Bis heute sind es insgesamt etwa 2800.
Mit 200 Millionen verkauften Alben gehören sie – neben Led Zeppelin – zu den mit Abstand meist verkaufenden Hard-Rock-Acts.
Allein um 60 Millionen Exemplare von Back in Black gingen über den Ladentisch, damit ist es das zweitmeistverkaufte Studioalbum in der Popgeschichte.
Es braucht nur 12 Minuten, am 10. Oktober 2008, um die Deutschland-Konzerte der Black Ice-Tour auszuverkaufen.
Mit geschätzten 76,5 Millionen Dollar Einnahmen im Jahr sind AC/DC laut dem US-Business-Magazin Forbes die finanziell erfolgreichste Rockband 2016, noch vor den Rolling Stones, Bruce Springsteen, Paul McCartney und U2.
In den Top 250 der besten Gitarristen, die der Rolling Stone gekürt hat, landet Angus Young auf Platz 38.
Man schreibt die frühen 1960er Jahre. In der tristen Glasgower Proletensiedlung Cranhill träumt sich die Familie Young ins Eldorado. Australien, die ehemalige englische Strafkolonie, braucht frische Arbeiter für den Wirtschaftsaufschwung und lockt mit Einwandererprämien. Die Youngs hält in England nichts mehr.
In Sydney wohnen sie zunächst in einem Immigrantenwohnheim, danach in einer Blechhütte. Das Wetter ist besser hier unten, aber sonst nicht viel. Immerhin gibt es Arbeit, und die wird anständig bezahlt. Das eherne protestantische Ethos, mit dem die Eltern und größeren Geschwister aus dem falschen Paradies so etwas wie ein Zuhause machen, bekommen die beiden Brüder Malcolm und Angus früh eingebimst – und nicht minder die Sehnsucht, dem Malocherschicksal des Vaters zu entgehen.
Ihr älterer Bruder George schafft den Absprung. Als Gitarrist der Easybeats versucht er sich an einer Känguru-Version der Beatles und hat damit sofort Erfolg: Australien im »Easyfever«. Mit »Friday on My Mind« landen sie 1966 sogar einen Welthit, als erste Band von dort unten. Ein gutes Vorbild.
Malcolm, zwei Jahre älter als Angus, gründet zuerst eine Band, eine Glam-Rock-Truppe mit dem eigentlich schon vergebenen Namen Velvet Underground. Angus darf nicht mitspielen. Die beiden konkurrieren in der Familie, streiten sich oft, auch handgreiflich. Mit seiner eigenen Band Kantuckee tritt der irgendwann im Vorprogramm des Älteren auf – und die respektlose Art, mit der er Songs von Deep Purple, Mountain und Hendrix zerlegt, macht Eindruck auf Malcolm.
Sein kurioses Bühnenacting, das den totalen Kontrollverlust inszeniert und bis heute jedem Auftritt eine Art Choreographie verleiht, macht die Band in den Clubs seiner Heimatstadt bekannt. Als Angus einmal lang hinschlägt, wird auch das zur Showeinlage. Er windet sich wild auskeilend auf dem Boden herum, als stünde er unter Strom. Das merkt er sich. Auf der Bühne gibt es keine Missgeschicke.
Es scheint, als hätte Malcolm nur die Volljährigkeit seines Bruders abgewartet, um doch noch mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Obwohl der technisch versiertere Gitarrist, überlässt er Angus bald die Solistennummer. »Mach du das – mich stört’s nur beim Saufen«, soll er gesagt haben. Für Larry Van Kriedt, einen anderen Mitstreiter aus den Anfangstagen, ist mehr dran. Malcolm habe den Song im Blick gehabt, glaubt Van Kriedt. »Er sagte mal, er wäre gern derjenige, der mit seiner Gitarre alles zusammenhält.«
Sie sehen das Kürzel auf der Nähmaschine der Schwester und benennen ihre neue Band kurzerhand nach dem Strom, der ihre Verstärker zum Laufen bringt. Die Namensfindung offenbart bereits vieles von dem, was die Band später auszeichnen wird – Instinkt, schlichte Genialität und eine leicht verruchte Uneindeutigkeit. Denn in den Schwulenbars der Stadt ist AC/DC der Code für Bisexualität. Am Anfang ihrer Karriere spielen sie gelegentlich in solchen Etablissements und haben Spaß dabei.
Malcolm Young passt auch optisch ganz gut in dieses Ambiente mit seinen auftoupierten Haaren und den Plateaustiefeln. Das sind die letzten Relikte seiner Glam-Vergangenheit, denn ihre Musik ist jetzt sehr viel reduzierter und rüder. Sie gehen zurück zu den Wurzeln und fangen noch einmal von vorne an. Mit wildem, plebejischem Blues Rock. Mal liegt die Betonung auf der ersten, meistens auf der zweiten Silbe. Ihr offizielles Live-Debüt im Chequers Club, Sydney, Silvester 1973, bestreiten sie mit Coverversionen von Chuck Berry, The Rolling Stones, Little Richard und Big Joe Williams, aber auch bereits mit ein paar Eigenkompositionen wie »Soul Stripper«, »Rock’n’Roll Singer« und »Can I Sit Next to You Girl«, die allesamt bald auf Platte erscheinen.
Vorher muss aber noch der Sänger weg. Dave Evans kann sich auf der Bühne nicht durchsetzen gegen das Gitarrenpfund, klagt ständig über Halsschmerzen und schont sich, wann immer es geht. So kann Malcolm nicht arbeiten. Die Australien-Tour im Vorprogramm von Lou Reed im Sommer 1974 zeigt, in welch kurzer Zeit sie sich professionalisiert und in der Szene etabliert haben. Evans darf sie noch mitmachen, danach kommt mit Bon Scott ein adäquater Sänger in die Band, dessen Stimme auch von vollaufgedrehten Marshalls nicht kaputtzukriegen ist.
Ronald Belford Scott (geb. 9. Juli 1946) ist schottischer Immigrant wie die Young-Brüder. Er ist gerade mal sechs Jahre alt, als die Scotts nach Australien auswandern. Zunächst lassen sie sich in Melbourne nieder, nach einigen Umzügen landen sie 1956 in der Hafenstadt Fremantle bei Perth. Sein Vater spielt in einer Dudelsackkapelle, Bon schließt sich dem Trupp als Schlagzeuger an und zeigt auf diesem Instrument durchaus Talent. Nur Dudelsack spielen lernt er nicht. Als AC/DC später den Song »It’s a Long Way to the Top« vom Debütalbum mit einem Dudelsacksolo ironisch aufhübschen wollen, muss er das Instrument neu lernen, stellt sich dabei aber gar nicht so blöd an. Blockflöte, immerhin, kann er schon, auch auf der Bühne. Kein leichtes Unterfangen, wie er selbst zugibt, es fühlt sich für ihn stets an, als ob man »mit einem Oktopus Liebe macht«.