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Magisch verspielt und inständig tummeln sich bizarre Figuren in diesem surrealen Kosmos. Alldadarin ist eine Reise ohne Ende, eine Art Versuchslabor des Lebens, in dem Figuren mit viel Zeit und einer gewissen Ungestörtheit agierend unterwegs sind und auf konkrete Phänomene und gemeinsam verbindende Momente unbeirrt reagieren. Der Roman von René Sommer enthüllt, welche Leidenschaften sie tragen, welche Strategien sie anwenden oder wie sie sich in ausdrücklich zugewandten Situationen aufeinander einlassen. Manchmal übertreiben sie, radikalisieren sich zuweilen und lassen sich auf Eigenarten und Widerständigkeiten ein, kreieren Antworten, bestenfalls erfinden sie das sinnlich Wahrscheinliche. Die reale Handlung selbst wird zum vertrauten Motiv, entschleiert nichtig Übersehenes im alltäglichen In-der-Welt-sein. Die bildhafte Fülle von traumhaft versponnenen Ereignissen in diesem formidablen Figurentheater wirkt wie Wimmelbilder, die sorgfältig komponiert, das Andersdenken inkludieren und die Selbstwirksamkeit gleich einer kulturellen Technik, die einen durch Handlungen produzierten Raum etabliert, in Spiel verwandeln.
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Seitenzahl: 296
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Zuletzt erschienen (edition jeu-littéraire):
Das Popcorn und die Vögel. Kurzgeschichten. ISBN: 978-3-7448-6475-6
Woanderswoher. Roman. ISBN: 978-3-7460-8082-6
Das Mädchen mit rotem Hut. Kurzgeschichten. ISBN: 978-3-7528-1413-2
Play Huch. Gedichte. ISBN: 978-3-7528-2037-9
Das avocadogrüne Känguru. Kurzgeschichten. ISBN: 978-3-7481-3002-4
Das Krokodil
Der Salzball
Die Harfe
Der aufgesägte Wohnanhänger
Das Nilpferd
Der Cadillac
Der Tisch auf der Straße
Die Tür springt auf
Sand in der Sonnencreme
Das Paarfoto
Der große Bügel
Geheimnisvolles Rubinrot
Das goldene Besteck
Das Ziel
Das rebellische Leuchten
Das Suchteam
Weit draußen
Das Strandhaus
Kuckuck
Binnen eines Wimpernschlags
Der Weg windet sich um die Bäume. Johann Sebastian Huch blickt durch die Wipfel zum Himmel. Am Waldrand gerät er vor ein blühendes Mohnfeld. Ein Zettel liegt am Boden. Darauf stehen 3 Worte.
- Probier es aus.
Über die Worte ist ein grüner Pfeil gemalt. Huch folgt der Richtung, findet eine Landstraße.
Eine Frau tanzt mit ausgebreiteten Armen.
- Hallo, ich bin Amelia Gould.
Sie trägt einen kurzen Petticoat.
- Triffst du hier jemanden?
Er lüpft den Hut.
- Ja, dich.
Amelia fährt sich mit der Hand durchs Haar.
- Mir gefällt dein Hut. Wir sollten ihn der Giraffe aufsetzen.
Huch winkelt den Fuß an.
- Welcher Giraffe?
Sie führt ihn vor ein windschiefes Haus. Eine Giraffe aus Joghurtgläsern lehnt an die Wand.
- Wie findest du diese Giraffe?
Er schaut gebannt.
- Zu hoch.
Amelia stellt sich auf ein Bein.
- Wir könnten auch eine Giraffe mit einem kurzen Hals bauen.
Huch fährt über seine Fingerkuppen.
- Wieso?
Ihre Augen blitzen klug und lustig.
- Damit wir ihr den Hut besser aufsetzen können.
Ein Mann stapft über die Landstraße.
- Hallo, ich bin Hannes Keck.
Er trägt einen flachen Hut. Seine langen Haare sind efeugrün gefärbt.
- Ich freue mich, euch zu begegnen.
Amelia hebt den Kopf.
- Dein Hut gefällt mir.
Keck geht auf Huch zu.
- Du und ich, wir haben etwas gemeinsam.
Huch guckt neugierig.
- An was denkst du?
Keck tippt an seine Hutkrempe.
- Wir tragen beide einen Hut.
Huch zuckt leicht die Schultern.
- Du hast einen Sinn fürs Gemeinsame.
Keck legt den Handrücken auf die Hüfte.
- Ich weiß auch, wie ich das Ziel erreiche.
Er nimmt seinen Hut ab und wirft ihn wie ein Frisbee auf den Kopf der Giraffe.
- Was sagt ihr?
Amelia zieht die Augenbraue kurz hoch.
- Grün steht dir.
Keck stutzt.
- Wie meinst du das?
Sie richtet den Blick auf seine Haare.
- Ich mag die Farbe.
Er schließt die Augen halb.
- Hast du eine Kreide?
Amelia runzelt die Stirn.
- Wozu brauchst du sie?
Keck legt den Kopf in den Nacken.
- Jemand sollte meinen Namen an die Wand kritzeln oder den Satz: Hannes Keck trifft beim ersten Wurf.
Eine Frau tritt auf Stelzen auf.
- Hallo, ich bin Marla Rea.
Sie trägt ein weites Kleid, das sich fallschirmartig bauscht, als sie von den Stelzen springt.
- Ihr wollt eine Kreide, stimmt’s?
Keck wirft ihr einen Blick zu.
- Genau gesagt, brauchen wir nicht irgendeine. Wir möchten nämlich an die Wand schreiben.
Marla gibt ihm die Stelzen zum Halten, klaubt eine Kreide aus der Tasche ihres Kleids.
- Sie ist speziell dick, und die Farbe leuchtet. Etwas Besseres findet ihr nirgends auf der Welt.
Er legt die Stelzen auf den Boden.
- Dann fang gleich an zu schreiben.
Marla verdreht die Augen.
- An die Wand habe ich noch nie geschrieben. Das ist nicht mein Ding.
Sie tänzelt wie eine Feder zu Amelia.
- Du hast die richtigen Schreibhände.
Amelia atmet flach durch den Mund.
- Ich sehe es ein bisschen anders. Das ist eine riesige Wand. Meine Hände sind zu klein.
Marla nähert sich Huch auf Zehenspitzen.
- Du scheinst an der Kreide Spaß zu haben.
Sie drückt sie ihm in die Hand.
- Mal doch einfach die Giraffe mit Hut. Dann ist die Wand nicht mehr leer, und wir sind die Hemmungen los.
Huch sagt, ohne merklich mit der Wimper zu zucken.
- Ja, das kann ich machen. Ich nehme mir aber viel Zeit.
Mit einfachen Strichen und Kreisen zeichnet er die Giraffe groß an die Wand.
- Wenn ich nämlich angefangen habe, kann ich fast nicht mehr aufhören.
Ein alter Lastwagen fährt vor. Der Fahrer klettert aus der Kabine.
- Hallo, ich bin Till Grell.
Er trägt eine Krawatte und Hosenträger.
- Hier hat es eine Menge Altglas.
Amelia winkelt einen Arm in Taillenhöhe an.
- Willst du es entsorgen?
Grell kann sich nur schwer entscheiden.
- Man müsste die Joghurtgläser von oben her abtragen.
Wenn ich irgendwo eins herausziehe, gibt es ein Scherbenmeer. Vielleicht lasse ich lieber die Finger davon.
Keck hält sich die linke Hand an die Stirn.
- Es geht auch um meinen Hut. Wir bräuchten eine Leiter.
Marla stellt sich auf die Stelzen.
- Wieso denn?
Sie stelzt zur Giraffe, nimmt ihr den Hut ab.
- Möchtet ihr mitmachen?
Grell hebt die Arme.
- Ja sicher. Wirf den Hut runter!
Keck hebt die Augenbraue.
- Entschuldige, der gehört aber mir.
Marla schleudert ihn in die Luft.
- Wer ihn fängt, hat ihn.
Eine vorüberfliegende Krähe sperrt den Schnabel auf, schnappt ihn, flattert fort.
Keck rennt hinterher.
- Gib den Hut zurück! Er ist zu groß für dich.
Eine Frau taucht aus dem Halbdunkel des Hausschattens auf.
- Hallo, ich bin Jette Watts.
Sie trägt ein Brautkleid mit einer langen Schleppe.
- Habt ihr schon daran gedacht, meine Schleppe als Rutsche zu benützen?
Amelia schüttelt leicht den Kopf.
- Was soll rutschen?
Jette zeigt einen Anflug von Lächeln.
- Die Joghurtgläser.
Sie geht auf Huch zu.
- Tust du mir einen Gefallen?
Er schiebt die Kreide in die Tasche. Sein Blick wandert langsam suchend herum.
- Fragst du mich?
Sie dreht sich um, blickt über die Schulter.
- Ja. Öffne bitte den Reißverschluss.
Huch biegt die Finger nacheinander ein.
- Vielleicht kann das jemand besser als ich.
Grell reißt den Mund auf.
- Zum Beispiel ich.
Jette reagiert mit Kopfschütteln.
- Du kannst mir vielleicht später helfen, aber nicht jetzt.
Ihre Augen sind ständig auf Huch gerichtet.
- Wievielmal muss ich dich fragen?
Er öffnet den Reißverschluss.
- Ich probiere es, weiß aber nicht, ob ich es kann.
Sie zieht das Brautkleid aus, stellt sich auf die Zehenspitzen, streckt es Marla hin.
- Das ist aus Seide. Die Gläser werden wie Forellen durch den Bach flutschen.
Marla bückt sich, nimmt es ihr ab.
- Niemand verwendet ein Brautkleid als Rutsche.
Grell spannt die Schleppe zum Lastwagen.
- Warum nicht? Willst du lieber jedes Glas einzeln hinunterreichen?
Amelia klettert auf die Ladefläche des Lastwagens.
- Ich bin bereit. Du kannst anfangen.
Marla hebt das oberste Joghurtglas vom Kopf der Giraffe.
- Noch ist das Brautkleid rein und weiß.
Jette blickt, den Kopf im Nacken, mit ihren großen Augen verzückt nach oben.
- Das hast du schön gesagt.
Marla legt alle Zuneigung in ihre Stimme.
- Ich stelle dir jetzt ein wichtige Frage: Willst du, Jette Watts, dass ein Joghurtglas über die Schleppe deines Brautkleids rutscht?
Jette legt die Hände vor dem Herzen zusammen.
- Ja, ich will.
Marla lässt das Glas über die Schleppe sausen.
- Ich bemühe mich ständig herauszufinden, ob jemand etwas wirklich will.
Grell hält unbeirrt die Schleppe über die Ladefläche.
- Schau lieber, wie gut wir zusammenarbeiten.
Amelia fängt das erste Glas auf.
- Warum sind wir nicht gleich auf die Idee gekommen?
Glas für Glas baut Marla die Giraffe ab, legt die Gläser auf die Schleppe, während Jette den Blick auf Huch richtet.
- Was machst du?
Er zieht die Mundwinkel hoch und die Kreide aus der Tasche.
- Ich kritzle an die Wand.
Sie nestelt am Saum ihres Unterrocks.
- Ich habe ein Brautkleid und hätte gern einen Mann.
Huch blickt um sich.
- Hast du schon Till gefragt, ob er dein Mann werden möchte?
Grells Interesse ist geweckt.
- Ja, ich will.
Jette schaut ihn an.
- Soll ich dich fragen?
Er trommelt mit den Fingern auf die Schleppe.
- Ja gern! Stell mir die Frage.
Jette legt die Hand auf Huchs Schulter.
- Wie steht es mit dir?
Huch lässt die Schulter runterfallen.
- Das möchte ich dir überlassen.
Marla ruft dazwischen.
- Achtung, da unten!
Jette fährt herum.
- Was ist?
Marla lässt das Brautkleid fallen.
- Die Giraffe ist tief abgebaut. Wir brauchen nun die Schleppe nicht mehr.
Grell rennt los, fängt das herunterflatternde Kleid auf.
- Ich bin mir sicher, dass es klappt.
Jette beugt den Rücken.
- Was hast du vor?
Er übergibt ihr das Brautkleid.
- Ich fahre mit dir in die Kirche.
Amelia schaut von der Ladefläche herab.
- Mit dem halbvollen Lastwagen? Wollen wir nicht zuerst alle Joghurtgläser einladen?
Jette schlüpft ins Brautkleid.
- Doch. Man soll nicht überstürzt heiraten.
Ein Roboter läuft über die Landstraße.
- Hallo, ich bin Adrian Piel.
Er trägt einen hellgrauen Hut und einen taubengrauen Mantel.
- Ich bin verliebt in Altglas.
Marla verschränkt die Arme.
- Wir haben das Altglas auch sehr gern, wie du siehst.
Piel dreht den Kopf zur Seite.
- Wie sieht euer Plan aus?
Grell wischt über den Mund.
- Wir würden dem Glas gern Beine machen.
Piel nimmt ein Joghurtglas in die Hand.
- Das ist ein originelles Konzept. Ich habe noch nie einem Glas Beine gemacht.
Er öffnet seinen Mantel.
- Alle Hände fliegen aus!
Aus den Innentaschen flattern unzählige Hände, schwärmen um die tief abgebaute Giraffe, setzen den Joghurtgläsern Beine an.
Piel tippt mit dem Zeigefinger an die Stirn.
- Meine Hände lernen gern Neues.
Die Gläser stellen sich auf die Beine und in eine lange Reihe.
Amelia schlägt die flache Hand auf die Klappe der Ladefläche.
- Klettert auf den Lastwagen.
Die Joghurtgläser setzen sich wie ein Tausendfüßler in Bewegung, erklimmen den Lastwagen und beigen sich reihenweise auf.
Amelia springt rasch herunter.
- Mit Gläsern reden, ist schwierig. Sie nehmen alles wörtlich und keine Rücksicht. Um ein Haar hätten sie mich zugedeckt.
Grell wirft eine Plache über die Ladefläche, zurrt sie fest.
- Und ich decke sie lieber zu, bevor sie etwas Anderes wörtlich nehmen.
Piel winkt mit dem Zeigefinger.
- Alle Hände in die Taschen.
Die fliegenden Hände schwirren in die Innentaschen zurück.
Piel schließt den Mantel.
- Darf ich sonst noch etwas Beine machen?
Grell deutet auf Jette.
- Du könntest ihr beim Brautkleid den Rückenreißverschluss schließen.
Sie winkt höflich ab.
- Adrian, du bist ein spezieller Roboter. Du kannst Hände ausschwärmen lassen und Beine ansetzen. Ohne dich wären wir noch lang mit den Joghurtgläsern beschäftigt.
Aber meinen Reißverschluss schließen kann nur...
Eine Frau tanzt pfeifend über die Landstraße.
- Hallo, ich bin Emmi Timid.
Sie trägt ein maisgelbes Kleid, einen rosafarbenen Luftballon und hat ihre Lippen rosa angemalt.
- Ich werde ihn schließen.
Jette hängt andächtig an ihren Lippen.
- Warum gerade du?
Emmi weist auf den Schriftzug, der den Ballon ziert.
- Lies selber.
Jette reckt das Kinn vor.
- I love you.
Sie sperrt die Augen auf.
- Liebst du mich?
Emmi bindet den Ballon an den Rückspiegel des Lastwagens.
- Ja sicher, aber nicht so sehr wie der Mann, der mich schickt.
Jette zieht die Unterlippe ein.
- Und wer ist das?
Emmi geht um sie herum, schließt den Reißverschluss.
- Komm mit. Er wartet.
In diesem Moment hebt der Lastwagen vom Boden ab, schwebt über die Landstraße davon.
Grell ringt um Worte.
- Was ist das?
Emmi blinzelt verschmitzt.
- Die Macht der Liebe.
Er schüttelt verwundert den Kopf.
- Aber das ist mein Lastwagen.
Emmi gluckst belustigt.
- Der Mann, der mich schickt, liebt auch deinen Lastwagen.
Grell rennt hinterher.
- Ich möchte nur wissen, wer das ist.
Sie kehrt das Gesicht Jette zu.
- Und du? Möchtest du es auch herausfinden?
Jette hält die Hände verlegen auf dem Rücken.
- Ich kenne den Mann gar nicht.
Emmi schließt halb die Lider.
- Aber er kennt dich.
Amelia steht von einem Bein aufs andere.
- Wer immer es ist, ich mag ihn.
Emmi und Amelia nehmen Jette in ihre Mitte, führen sie weg.
Piel grätscht die Beine.
- Wenn ein Mann, der gar nicht da ist, einer Frau den Reißverschluss zumacht, ist das widersprüchlich. Ich muss der Sache auf den Grund gehen, sonst lerne ich etwas Falsches.
Huch klaubt die Kreide aus dem Sack hervor.
- Emmi hat den Reißverschluss geschlossen.
Piel zieht davon.
- Danke, dein Hinweis war sehr hilfreich.
Er holt die 3 Frauen ein.
- Ich komme mit euch. Vielleicht kann ich dem Reißverschluss doch noch Beine machen.
Marla schaut von den Stelzen auf Huch herab.
- Zeichnest du einfach weiter?
Er reckt den Kopf hoch.
- Ja, möglichst einfach.
Sie beugt sich vor.
- Darf ich dir eine Frage stellen?
Huch lehnt an die Wand.
- Ist das deine Frage?
Marla bückt sich.
- Nein, das ist erst die Anfrage.
Er schließt die Augen.
- Also gut, was möchtest du wissen?
Sie springt von den Stelzen.
- Du kritzelst da an einer Giraffe mit Hut rum. Kannst du auch einen Menschen zeichnen?
Huch macht ein Strichmännchen.
- Das ist der Freund der Giraffe.
Marla fährt sich durchs Haar.
- Was bedeutet es, der Freund der Giraffe zu sein?
Huch hebt die Hand.
- Er unternimmt etwas mit ihr zusammen.
Sie schaut ihm unverhohlen ins Gesicht.
- Woran denkst du?
Ein Mann schlendert vorbei.
- Hallo, ich bin Julius Hoppe.
Er trägt eine eisweiße Lederjacke und hat ein Stück Brot in der Hand.
- Ich habe eine Idee, was du machen könntest.
Huch kehrt den Handteller auf Höhe der Brust nach oben.
- Meinst du mich?
Hoppe legt das Brot auf seine Hand.
- Ja.
Huch betrachtet es.
- Das hast du vielleicht nicht ganz mitbekommen. Wir reden über meine Zeichnung.
Hoppe schüttelt leicht den Kopf.
- Wenn schon. Ich rede mit dir. Schau mal das weite Kleid deiner Freundin an!
Marla hält sich zwar die Hand vor den Mund, kann aber gar nicht mehr aufhören zu kichern.
- Wie kommst du darauf, dass ich seine Freundin bin?
Er stemmt den Ellbogen raus, reißt das Kinn hoch.
- So wir ihr passen selten 2 Menschen zusammen. Ich bin beeindruckt.
Huch schielt mit halbem Auge zu Marla.
- Marla kann eben auf Stelzen gehen. Darum trägt sie das weite Kleid.
Hoppe zieht eine ungnädige Schnute.
- Das ist doch egal, was sie kann. Schieb das Brot in die Falte ihres Kleids.
Huch zieht die Schultern ein.
- Das möchte ich nicht.
Marla reißt ihm das Stück aus der Hand, schiebt es in die Falte.
- Wenn du nicht willst, musst du nicht. Aber mir macht es Spaß.
Das Brot verwandelt sich in eine Rose.
Marla küsst Huch.
- Du bist ein Zauberkünstler.
Er verschränkt die Hände hinter dem Rücken.
- Wieso ich?
Hoppe klopft ihm auf die Schulter.
- Du bist mir einer, lässt dir nichts anmerken, kannst aber Brot in Rosen verwandeln!
Marla berührt mit der Rosenblüte die Nasenspitze.
- Wir sollten den Trick üben. Hast du noch mehr Brotstücke?
Hoppe stellt die Hüfte schräg aus.
- Ich lade euch ein. Zu Hause habe ich eine Brotbüchse.
Da sind noch ein paar Stücke drin.
Ihr Blick zielt direkt und forsch auf Huch.
- Bist du dabei?
Er lehnt sich mit angewinkeltem Bein gegen die Wand.
- Nein, ich bleibe hier und zeichne die Giraffe fertig.
Hoppe schaut schräg und keck.
- Lass dir Zeit. Komm, wenn du fertig bist.
Er deutet auf eine aus Wellblech und Brettern zusammengeflickte Hütte am Weg, der von der Landstraße abzweigt.
- Ich wohne dort oben. Mein Haus ist berühmt.
Marla stellt sich auf die Stelzen, ruft Huch zu.
- Denk nicht zu viel beim Malen.
Sie geht in Riesenschritten voraus.
- Sonst wirst du nie fertig.
Hoppe legt ihm eine Hand auf den Arm.
- Bis bald. Es gibt keine ausreichenden Worte für dein tolles Bild. Trotzdem solltest du schnell und bald den Schlussstrich ziehen.
Er läuft Marla nach.
- Es ist nicht zwecklos, ihn zu beraten. Ich denke, er nimmt unsere Tipps ernst.
Huch schaut ihnen nach.
Sie biegen von der Straße ab, eilen den Weg zur Hütte hinauf.
Er kritzelt weiter.
Eine Frau wandelt über die Landstraße.
- Hallo, ich bin Aylin Wasa.
Sie trägt ein kurzes, kohlrabenschwarzes Kleid.
- Warum zeichnest du eine Giraffe mit Hut?
Huchs Zeigefinger weist in die Luft.
- Da stand eine Giraffe mit Hut.
Aylin rempelt ihn an.
- Du hast eine blühende Fantasie, kannst mir einen Blumenstrauß schenken.
Ein Mann flaniert die Landstraße entlang.
- Hallo, ich bin Mattis Rupp.
Er trägt purpurrote Socken, drückt Huch einen Strauß aus Plastik in die Hand.
- Da ist der Blumenstrauß.
Huch weist auf Aylin.
- Sie hat ihn gewünscht.
Aylin sagt mit glockenreinem Lachen.
- Ja, aber ich will, dass du ihn mir schenkst.
Huch atmet flach.
- Gefallen dir Plastikblumen?
Sie gibt ihm einen Kuss.
- Wenn sie von dir kommen, finde ich sie die schönsten Blumen der Welt.
Sein Herz steht einen Wimpernschlag lang still.
- Aber sie sind von Mattis.
Rupp klopft ihm auf die Schulter.
- Ich könnte sie nie so elegant schenken wie du. Darauf kommt es an.
Huch senkt die Lider.
- Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Er bietet Aylin den Strauß an.
- Wenn ich sie dir schenken darf, mache ich es gern.
Sie nimmt die Plastikblumen, drückt sie ans Herz.
- Wird es eine Hochzeit geben?
Ein großes, langes Krokodil nähert sich auf der Landstraße. 2 Sättel sind auf seinen Rücken geschnallt.
Rupp dreht sich nach Huch um.
- Nicht zögern, nicht warten! Es kommt kein besseres. Steig schnell auf.
Huch legt die Hand über die Schläfe.
- Vielleicht will jemand vor mir aufsitzen.
Aylin schwingt sich auf den vorderen Sattel.
- Ich sitze am liebsten vorn.
Rupp rempelt Huch an.
- Schnell! Nimm hinter ihr Platz.
Huch spreizt die Finger seiner linken Hand weit auseinander.
- Ich würde lieber schauen, wie es geht.
Rupp setzt sich auf den hinteren Sattel.
- Das Reiten auf dem Krokodil ist einfach. Wir zeigen es dir.
Das Krokodil läuft mit ihnen davon. In der Ferne schimmert bläulicher Nebel. Darin verschwindet das Krokodil.
Huch steckt die Hände in die Taschen.
- Was er sagte, stimmt.
Eine Frau fegt über die Landstraße, hält inne.
- Hallo, ich bin Lenya Moreno.
Sie trägt einen mintgrünen Wollmantel.
- Brauchst du einen Nagel?
Huch spreizt die Arme ab.
- Es gibt viele verschiedene Nägel.
Lenya klaubt einen Nagel aus der Manteltasche. Er ist ungefähr so lang wie ein Streichholz.
- Nimm ihn! Bei mir daheim kann ich ihn nicht einschlagen.
Huch klopft an die Fassade des windschiefen Hauses.
- Ich fürchte, diese Wand ist auch zu hart.
Sie greift nach seiner Hand, dreht sie um.
- Kennst du dich aus?
Er reißt erstaunt die Augen auf.
- Ich werde über diese Frage nachdenken.
Lenya legt ihm den Nagel auf den Handteller.
- Kannst du nageln?
Ein Mann hastet durch die Straße, bleibt stehen.
- Hallo, ich bin Levi Hard.
Er trägt einen bunten Kittel.
- Einmal habe ich einen Mann kennengelernt, der einen Nagel von mir wollte.
Huch hört sich das in aller Ruhe an.
- Ja, man lernt auf der Landstraße viele Leute kennen.
Hard schaut ihm fest in die Augen.
- Du siehst wie einer aus, der Nägel sammelt.
Lenya fällt ihm ins Wort.
- Ich musste ihm auch einen geben.
Hard betrachtet den Nagel, der auf Huchs Hand liegt.
- Ist er gut?
Huch dreht schräg und unsicher die Schultern.
- Er könnte Eisen enthalten.
Hard zwinkert spitzbübisch.
- Frag nicht, was ein Nagel enthält. Frag, ob er hält.
Huch setzt ein breites Lächeln auf.
- Ich frage mich eher, wer ihn hält.
Hard gibt ihm seinen Nagel dazu.
- Du natürlich.
Eine Frau überquert die Landstraße.
- Hallo, ich bin Carolin Simmer.
Sie hat moosgrüne kurze Haare und trägt einen Hammer.
- Gute Nägel sind selten.
Lenya dreht ihr Gesicht zu Huch.
- Er hat sogar 2.
Carolin beugt sich über seine Hand.
- Ganz in der Nähe hat es ein Holzhaus.
Sie verlässt die Landstraße, betritt einen Trampelpfad.
- Dort könnten wir die Nägel einschlagen.
Hard raunzt in rauem Ton.
- Ist es weit?
Durchs Blätterdach der dicht beieinander stehenden Bäume dringen nur wenige Sonnenstrahlen, werfen hellgrüne Lichtpunkte auf den Pfad.
Carolin stößt die Nasenspitze nach vorn.
- Wenn man miteinander geht, sind alle Wege kurz. Ich bin sicher, du verstehst, was ich meine.
Sie geraten vor ein Haus aus verwittertem Holz.
Lenya schubst Huch an.
- Was willst du annageln?
Ein Mann öffnet die knarrende Tür.
- Hallo, ich bin Ole Katzenstein.
Er trägt Badelatschen, winkt mit einem Zettel.
- Tu mir den Gefallen und nagle das Papier an die Wand.
Huch blickt direkt in Carolins Augen.
- Der Hammer liegt so gut in deiner Hand.
Sie legt den Hammer auf ihr moosgrünes Haar.
- Er liegt auch gut auf dem Kopf.
Huch hält gespannt den Atem an.
- Pass auf, dass du dich nicht verletzt.
Carolin neigt den Kopf.
- Ich brauche einen Fänger.
Der Hammer rutscht übers Haar und fällt.
Huch fängt ihn auf.
- Das habe ich nicht erwartet.
Lenya zieht die Mundwinkel beim Lächeln nach oben.
- Ich habe dir einen Nagel gegeben, Carolin den Hammer.
Fang an!
Hards Zähne blitzen beim Lächeln hervor.
- Vergiss meinen Nagel nicht! 2 Nägel fixieren den Zettel besser als einer.
Huch drückt sein Kreuz durch.
- Angenommen, du hättest den Hammer, was würdest du tun?
Eine Frau stapft über den Pfad.
- Hallo, ich bin Amira Fontana.
Sie hat einen Bleistift hinter das Ohr gesteckt.
- Darf ich den Zettel an die Wand hängen?
Huch übergibt ihr den Hammer und die Nägel.
- Ich werde dir zuschauen.
Katzenstein reicht ihr den Zettel.
- Bist du mit Werkzeugen vertraut?
Amira raschelt mit dem Papier.
- Einen Nagel einschlagen trau ich mir schon zu.
Er weist auf eine Stelle neben der Tür.
- Hier ist der Platz.
Sie nagelt den Zettel mit kräftigen, gezielten Schlägen an die Wand.
- Ob groß oder klein, ein Hammer der trifft, ist brauchbar.
Katzenstein schnipst mit den Fingernägeln.
- Das hast du gut gemacht.
Er legt Huch die Hand auf den Rücken.
- Auf einem richtigen Zettel sollte etwas stehen.
Huch guckt interessiert und freundlich.
- Schreib etwas.
Katzenstein schenkt ihm einen hilflosen Blick.
- Ich kann dir gleich sagen, was mir fehlt: Ein Stift.
Amira klaubt den Bleistift vom Ohr, hält ihn Huch hin.
- Ist er gut gespitzt?
Er dreht und wendet ihn, prüft die Spitze.
- Ich bin leider kein Experte.
Lenya hebt nur kurz den Finger und lässt ihn wieder sinken.
- Wer ist das schon! Schreib einfach etwas.
Huch bietet den Stift Katzenstein an.
- Ich dachte, du hättest den Zettel gern beschrieben.
Katzenstein beugt den Kopf zu ihm.
- Natürlich hätte ich ihn gern beschrieben. Darum sei so gut und setz etwas drauf. Ein Wort, einen Satz, was du willst.
Hard stellt sich dicht neben Huch.
- Warum zögerst du?
Huch winkelt die Arme an.
- Das sieht nur so aus. In Wirklichkeit denke ich nach.
Carolin probiert einen Tanzschritt.
- Ich versuche dir zu helfen. Möchtest du die Kleider wechseln?
Huch zieht die Schulter hoch.
- Du meinst, ich soll eine Art Einkaufsliste auf den Zettel schreiben?
Katzenstein zeigt beim Lächeln alle Zähne.
- Warum sich die Mühe machen und einen Einkaufszettel schreiben?
Er tänzelt über den Trampelpfad.
- Wir gehen ins Warenhaus und streifen einfach durch die Kleiderstangen. Etwas Neues finden wir immer.
Amira betrachtet den Hammer.
- Er bekommt Haare am Kopf. Was soll ich machen?
Stoppeln sprießen aus dem Eisen.
Lenya kann sich nicht halten vor Lachen.
- Bring ihn in den Zoo.
Hard blickt verstört.
- Stell ihn auf den Boden. Vielleicht läuft er. Dann sind wir ihn los.
Die blauschwarzen Haare am Hammerkopf wachsen, werden struppig und länger.
Carolin reckt das Kinn energisch.
- Normalerweise bekommen die Hämmer keine Haare.
Katzenstein dreht sich um.
- Was planen wir jetzt? Gehen wir ins Warenhaus oder nicht?
Amira lässt den Hammer fallen.
- Ich gehe mit.
Der Hammerstiel treibt Beine und Füße aus. Er strampelt, rennt weg.
Sie blickt ihm versonnen nach.
- Vermisst ihn jemand?
Lenya schließt sich Katzenstein an.
- Wieso denn? Die Nägel sind eingeschlagen, und wir wollen neue Kleider.
Hard tigert hinterher.
- Ich assistiere euch.
Carolin verfolgt sie mit übermütigem Gang.
- Ich habe rissige Lippen, brauche dringend einen Stift.
Katzenstein richtet den Blick kühl in die Ferne.
- Wahrscheinlich keinen Bleistift, nehme ich kurz an.
Huch spielt mit dem Bleistift, schaut ihnen nach, bis sie hinter einer Biegung des Trampelpfads verschwunden sind, hört einen Ast knacken.
Ein Mann tritt aus dem Unterholz.
- Hallo, ich bin Nick Gerster.
Er trägt einen kurzen pfefferschwarzen Schal um den Hals und ein T-Shirt mit einem Reißverschluss.
- Ich kann dir etwas sagen: So ein Reißverschluss bringt nur Verdruss.
Huch schirmt sein Auge mit der Hand ab.
- Gibt es ein Problem?
Nick starrt auf den Stift.
- Ja, mit deiner Fingerstellung. Darf ich dir zeigen, wie man den Bleistift richtig hält?
Huch neigt den Kopf zurück.
- Was ist richtig?
Gerster nimmt ihm den Bleistift aus der Hand, führt den Zeigefinger gegen die Spitze.
- Beim angespitzten Bereich findest du die Stelle, wo dein Zeigefinger völlig entspannt den Bleistift führen kann.
Eine Frau winkt schon von Weitem zur Begrüßung.
- Hallo, ich bin Leticia Krull.
Sie trägt ein entengrünes Kleid.
- Seid ihr gerade am Schreiben?
Gerster blinzelt in die Sonne.
- Wir hoffen, dass wir bald so weit sind.
Leticia wirft ihre Haare zurück und lacht.
- Macht keine Umstände und schreibt: T-Shirt.
Seine Augen wandern nervös herum.
- Wo hat es Papier?
Sie deutet auf den Zettel an der Wand.
- Genau hinter dir.
Gerster dreht sich um.
- Das ist seltsam. Ich habe ihn gar nicht bemerkt.
Er gibt Huch den Bleistift zurück.
- Weißt du, wie man T-Shirt schreibt?
Huch richtet die Augen auf Leticia.
- Vielleicht möchtest du es schreiben?
Sie ergreift den Bleistift.
- Das mache ich gern für dich.
Ein Mann schiebt eine Druckermaschine auf wackligen Rädern über den Trampelpfad. Die Maschine hat einen langen Hals mit einem großen Kameraauge und einem silbernen Trichter, in welchen eine Blitzlichtbirne geschraubt ist.
- Hallo, ich bin Phil Lombard.
Er trägt giftgrüne Turnschuhe.
- Wer hat ein T-Shirt bestellt?
Leticia lässt den Blick zu Huch schweifen.
- Bitte gib ihm ein T-Shirt.
Lombard richtet das Kameraauge und den Trichter auf ihn.
- Auf dem Mond lächeln alle Menschen. Aber du kannst es auch auf der Erde tun.
Huch öffnet staunend den Mund.
- Wer lächelt auf dem Mond?
Ein Blitz blendet ihn. Der Drucker surrt.
Als Huch die Augen wieder aufschlägt, zuckelt ein T-Shirt aus der Maschine.
Lombard hält es mit beiden Händen hoch, als würde er es an eine Wäscheleine hängen.
- Vorn habe ich dein Porträt aufgedruckt.
Gersters Gesicht hellt sich auf.
- Ich möchte das T-Shirt haben.
Lombards Augen flackern verwirrt.
- Aber da ist doch sein Bild drauf.
Gerster schaut das frisch ausgedruckte T-Shirt unverwandt an.
- Ja, aber es hat keinen Reißverschluss.
Er will seinen Schal Leticia geben.
- Wenn ich dich bitten darf.
Sie bricht das Ende des Bleistifts ab.
- Ich wünsche, nicht gestört zu werden.
Eine Zündschnur kommt zum Vorschein.
Lombard tritt näher. Seine Stimme klingt unstillbar neugierig.
- Was machst du?
Leticia strafft die Schnur mit den Fingern.
- Ich starte den Bleistift. Hast du Feuer?
Er klaubt das Feuerzeug aus der Tasche.
- Soll ich für dich Feuer fangen?
Sie zieht die Oberlippe ein.
- Nein.
Lombard zündet die Schnur an.
- Was für eine trockene Antwort!
Funken sprühen. Der Bleistift zischt wie eine Rakete zwischen den Wipfeln hindurch in den Himmel.
Leticia wendet sich Gerster zu.
- So, nun kannst du mich bitten. Was soll ich mit dem Schal?
Gerster legt ihn in ihre Hände.
- Halt ihn für eine Sekunde.
Leticia reicht Huch den Schal weiter.
- Fühl mal. Das ist kein schaler Stoff.
Er lässt ihn durch die Finger gleiten.
- Ist das Seide?
Sie schlüpft aus dem entengrünen Kleid.
- Ja, reine Seide.
Huch sieht sie mit großen Augen an.
- Woran merkst du das?
Leticia wirft ihm eine Kusshand zu.
- Seide wird begehrt.
Sie geht summend und tänzelnd zu Gerster.
- Gib mir das T-Shirt mit dem Reißverschluss.
Er zieht es ab, händigt es ihr aus.
- Mit Vergnügen! Das wollte ich schon lange loswerden.
Sie probiert es an.
- Mir passt es. Es ist wie ein Minikleid. Und noch etwas hätte ich gern.
Sie nimmt Huch den Schal ab, wickelt ihn um den Hals, läuft davon.
- Danke vielmals!
Gerster greift nach dem T-Shirt mit dem Porträt von Huch, stülpt es über.
- Warte! Den Schal will ich wieder haben.
Leticia verschwindet im Unterholz.
- Ich halte ihn nur, aber um den Hals.
Er verfolgt sie.
- So haben wir nicht gewettet.
Lombard zieht die Schultern hoch.
- Das Wechseln und Tauschen wird immer beliebter.
Er hebt Leticias entengrünes Kleid auf.
- Schade ist nur, wenn etwas liegen bleibt.
Eine Frau trippelt über den Trampelpfad.
- Hallo, ich bin Amina Wilke.
Sie trägt eine Langhaarperücke.
- Zunächst einmal möchte ich dir etwas sagen. Es kann schädlich sein, etwas schade zu finden.
Lombard rollt die Zunge mit halboffenem Mund.
- Wieso? Kannst du das Kleid brauchen?
Sie nimmt es ihm ab, schmiegt es mit verzückter Miene an ihren Körper.
- Ich weiß, was ich damit mache.
Er reibt sich an der Nase.
- Legst du es in einen Koffer?
Amina schlüpft hinein.
- Nein, ich lege es an.
Lombard lächelt gequält.
- Auf die Idee hätte ich auch kommen können.
Sie schaut verständnislos.
- Aber du hast doch schon Kleider an.
Er spitzt seinen Zeigefinger und zeigt auf sie.
- Die Idee war für dich. Mit einer Perücke ist man nur unzureichend bekleidet.
Amina sieht ihn herausfordernd an.
- Willst du es ausprobieren?
Lombard hebt abwehrend die Hände.
- Lieber nicht! Wenn sich alle Menschen nur noch mit einer Perücke bekleiden, kann ich mit meiner Maschine Brotbüchsen bedrucken gehen.
Ein Mann schlendert daher.
- Hallo, ich bin Lias Ziller.
Er trägt eine Plastiksonnenbrille und hat eine Brotbüchse unter dem Arm.
- Hast du eine Maschine, die Büchsen bedrucken kann?
Lombard faltet die Hände über dem Bauch.
- Ich bitte dich, das ist doch keine Frage!
Amina spitzt die Lippen.
- Im Gegenteil, das ist eine Frage.
Er bläst die Backen auf.
- Sicher nicht!
Sie wendet sich an Huch.
- Was meinst du dazu?
Er breitet die Arme aus.
- Könnt ihr mir mehr darüber sagen, was für euch eine Frage ist?
Ziller hebt die Büchse hoch.
- Klar kann ich das. Wie ihr alle seht, hat diese Büchse keinen Aufdruck. Meine Frage lautet daher: Kann diese Maschine Büchsen bedrucken?
Lombard macht eine Faust mit nach oben zeigendem Daumen.
- Ja sicher! Gefällt dir meine Maschine?
Ziller bewegt sich in kleinen Schritten darauf zu.
- Wo führt man die Büchse ein?
Lombard nimmt sie ihm aus der Hand.
- Bei diesem Schacht. Wenn du einverstanden bist, starten wir den Druck.
Ziller legt die Hände mit gespreizten Fingern auf die Hüfte.
- Fang an, aber stell sicher, dass sie keinen Kratzer abbekommt.
Lombard schiebt die Büchse in die Maschine.
- Hab keine Angst!
Bedruckt mit Huchs Porträt, zuckelt die Büchse aus der Druckmaschine.
Ziller schnuppert daran und dreht verträumt den Kopf.
- Vorher war es eine gewöhnliche Brotbüchse, wie es Abertausende gibt. Jetzt ist sie ein Unikat.
Lombard wedelt mit dem Finger gegen Huch.
- Aber wir haben sein Bild aufgedruckt.
Ziller ergreift seine Büchse, bewegt sich in Trippelschritten fort.
- Ja, das hat sonst niemand. Das macht sie eben einzigartig.
Lombard stößt seine Maschine über den Trampelpfad.
- Ich muss schnell weitere Brotbüchsen auftreiben. Sie sind begehrt.
Amina betrachtet das Haus aus verwittertem Holz - Gibt es in der Nähe einen anderen Weg?
Sie geht darum herum, ruft.
- Ich habe ihn gefunden.
Huch folgt ihr. Der Weg ist schmal und holprig.
- Wo führt er hin?
Sie geht voraus.
- Sehen wir nach, wenn es dich interessiert.
Er öffnet die Lippen zu einem strahlenden Lächeln.
- Ja, ich würde gern die Gegend kennenlernen.
Ein Specht haut eine Höhle in einen Baum. Der Schlag hallt durch den Wald. Eine Kletterpflanze säumt den Weg, schlingt sich um den Stamm bis in die Baumkrone hinauf. Der Boden ist weich, gibt bei jedem Schritt nach.
Ein aufgeschrecktes Reh flüchtet ins Unterholz. Mitten auf einer Kreuzung steht ein Tisch, von einem Schilfdach geschützt.
Ein Mann eilt in großen Schritten herbei.
- Hallo, ich bin Timo Keun.
Er trägt eine eichengrüne Brille und hat eine Papiertüte in der Hand.
- Könnt ihr einen Ball aus Salz formen?
Amina tritt beschwingt auf die Kreuzung und blinzelt.
- Hast du Salz?
Er stellt die Tüte auf den Tisch.
- Als ich deine Augen sah, dachte ich, du würdest es auf den ersten Blick erkennen.
Sie hat ein wie gemaltes Lächeln auf den Lippen.
- Was?
Keun reißt die Verpackung auf.
- Nun, dass ich Salz mitgebracht habe.
Amina wirft einen fragenden Seitenblick auf Huch.
- Kannst du mit beiden Händen eine Schale machen?
Huch kehrt die Handteller nach oben, schiebt sie übereinander.
- Meinst du etwas in der Art?
Sie streut Salz in seine Hände.
- Ja. Und nun schließe die Schale mit den Daumen, wie wenn du einen Schneeball pressen möchtest.
Er zieht die Schulter zurück, das Kinn hoch.
- Ich hätte nie gedacht, dass man mit Salz einen Schneeball herstellen könnte.
Amina drückt einen flüchtigen Kuss auf seine Hände.
- Abgesehen von einem Ball, was willst du machen?
Er öffnet die Hände. Ein Ball aus Salz rollt über den Tisch.
- Ich staune. Oder wie soll ich es nennen?
Keun hält den Salzball an.
- Das genügt. Mehr musst du nicht zustande bringen.
Er bückt sich, rollt sich selber zum Ball zusammen.
- Kannst du das auch?
Huch legt die Arme auf den Rücken.
- Ist das eine Gymnastikübung?
Keun lässt sich den Waldweg hinunterrollen.
- Ich bin der Typ, der nicht lang überlegt, was er tut. Es gelingt mir einfach.
Amina rollt sich ebenfalls zum Ball zusammen.
- Bleib locker! Das kannst du auch.
Huch schaut ihr nach, wie sie hinter Keun her rollt.
- Vielleicht könnte ich es schon. Aber es würde mich verwirren.
Von der anderen Seite steigt eine Frau leichtfüßig den Waldweg hinauf.
- Hallo, ich bin Milla Strasser.
Sie trägt ein fallschirmweißes Kleid.
- Darf ich mal sehen, was auf dem Tisch liegt?
Er lässt die Arme baumeln.
- Lass dich nicht aufhalten. Nur zu!
Milla streckt die Finger aus.
- Darf ich den Salzball anfassen?
Huch neigt den Kopf leicht gegen die linke hochgezogene Schulter.
- Die ganze Zeit nur schauen kann anstrengend sein.
Sie berührt den Ball mit der Fingerspitze.
- Ich versuche nur herauszufinden, ob er wirklich zusammenhält.
Er blickt gespannt.
- Ich bin auch interessiert.
Milla richtet die untersuchenden Augen auf ihn.
- Wer hat ihn gemacht?
Huch beugt den Oberkörper vor.
- Amina und ich.
Sie verschließt etwas länger die Augen beim Blinzeln.
- Wer ist Amina?
Er tippt an den Hut.
- Eine Frau.
Milla lehnt zwanglos gegen ihn.
- Ist sie deine Freundin?
Huch hält die Hand weit offen.
- Freundin ist ein lustiges Wort, hat gar keine Vorsilbe.
Sie zeigt beim Lächeln die strahlenden Zähne.
- Sie ist deine Geliebte?
Er sagt mit verschmitztem Lachen.
- Nein, wir haben nur den Ball gemacht.
Milla spitzt die Lippen.
- Wenn du etwas mit einer Frau machst, ist sie deine Freundin.
Huch tritt 2 Schritte beiseite.
- So könnte man das sehen. Ich denke darüber nach.
Ein Mann tritt auf die Kreuzung.
- Hallo, ich bin Theodor Torre.
Er trägt eine goldene Sonnenbrille und hat ein Notebook dabei.
- Wenn ich diesen Salzball sehe, muss ich ganz langsam einatmen und ausatmen.
Milla faltet die Hände vor der Brust.
- Tu dir keinen Zwang an. Du kannst auch kräftig pusten.
So schnell zerbröselt der Ball nicht. Ich habe ihn mit dem Finger angetippt. Er hält zusammen.
Torre zieht seine laut tickende Taschenuhr aus der Westentasche.
- Die Uhr beruhigt mich. Der Sekundenzeiger macht ständig Fortschritte. Das hilft.
Sie schlägt entzückt die Hand vor den Mund.
- Ist die Uhr aus echtem Silber?
Er atmet ein oder 2 Mal tief durch.
- Ja. Du kannst den Deckel öffnen. Innen ist eine Schrift eingraviert. Sie bestätigt es. Die Uhr ist echt und erst noch aus Silber.
Milla sieht ihn besorgt an.
- Was ist los mit dir?