Amphitryon: Molière. Text und Kommentar - Jean-Baptiste Molière - E-Book

Amphitryon: Molière. Text und Kommentar E-Book

Jean Baptiste Molière

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Molières heiteres Verwirrspiel: Text und Interpretation. Molières »Amphitryon« ist ein leichtfüßiges, geist- und humorvolles Verwirrspiel, stets Heiterkeit verbreitend: Während Amphitryon gegen die Taphier zu Felde zieht, verführt Jupiter, der Vater der Götter, Amphitryons Gemahlin Alkmene und nimmt hierzu die Gestalt des Feldherrn an. Als Amphitryon aus der Schlacht heimkehrt, fliegt der Schwindel auf. Er und sein Diener Sosias müssen sich ihrer göttlichen Doppelgänger erwehren. »Molière ist so groß, dass man immer wieder von Neuem erstaunt, wenn man ihn wieder liest.« Goethe über den größten Komödienschreiber der europäischen Literatur Die Ausgabe enthält: • das Vorwort Molières an den Prinzen von Condé, • den Text der Komödie, • eine umfangreiche Zeittafel über Meilensteine im Leben Molières und • einen Interpretationsteil zum besseren Verständnis der Lektüre.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



MolièreAmphitryon

Eine Komödie in drei Akten

herausgegeben vonAlexander Varell

aionas

Inhaltsverzeichnis

VORWORTPERSONENPROLOG
ERSTER AKT
Erster AuftrittZweiter AuftrittDritter AuftrittVierter Auftritt
ZWEITER AKT
Erster AuftrittZweiter AuftrittDritter AuftrittVierter AuftrittFünfter AuftrittSechster AuftrittSiebenter Auftritt
DRITTER AKT
Erster AuftrittZweiter AuftrittDritter AuftrittVierter AuftrittFünfter AuftrittSechster AuftrittSiebenter AuftrittAchter AuftrittNeunter AuftrittZehnter AuftrittZeittafelNachwortLiteraturFussnotenImpressum

Seiner Durchlaucht dem Prinzen von Condé

Durchlaucht!

Unseren Schöngeistern will ich nicht zu nahe treten, doch kenne ich nichts Langweiligeres als Widmungen. Gewiss werden Eure Durchlaucht zustimmen, wenn ich mir die Art und Weise jener Herren nicht zum Vorbild nehme und mir die zwei oder drei dürftigen und stets benutzten Floskeln erspare anzuführen, Floskeln, die auf allen Seiten abgenutzt sind. Der Name des großen Condé ist zu glorreich, man darf mit ihm nicht verfahren wie mit jedem beliebig anderen Namen. Man darf diesem ruhmvollen Namen nur Verwendungen geben, die seiner würdig sind. Und wenn ich schon etwas besonders Schönes sagen soll, so möchte ich ihn lieber an der Spitze einer Armee, als an der Spitze eines Buches gestellt sehen, weil ich mir besser vorstellen kann, wenn man ihn der Feindesmacht dieses Reiches entgegenstellt, als der Kritik der Feinde einer Komödie.

Das soll nicht heißen, dass der würdige Beifall Eurer Durchlaucht nicht auch ein starkes Schutzschild für die Werke dieser Gattung ist und dass man von Ihrem hohen Urteilsvermögen nicht weniger denkt als von Ihrer Tapferkeit und Ihrer Hochherzigkeit. Auf der ganzen Welt weiß man: Ihr strahlender Verdienst beschränkt sich nicht allein auf Ihren unerbittlichen Heldenmut, den selbst die Bezwungenen anerkennen, er erstreckt sich auch auf die edelsten und erhabensten Kenntnisse, und ihrem Urteil über die Werke der Literatur pflichten stets auch die tiefsinnigsten Kenner bei. Ebenso gut aber wissen wir, Eure Durchlaucht, wie einfach solche wohlwollenden Bekräftigungen zu drucken sind, mit denen unsereins sich vor dem Publikum hervortun möchte. Es sind Dinge, über die wir willkürlich bestimmen. Und es ist bekannt, dass eine Widmung sagt, was sie will, und es steht jedem Autoren frei, sich die erhabensten Persönlichkeiten auszuwählen und die ersten Blätter ihres Buches mit jenem vortrefflichen Namen zu zieren. Nichts hindert sie, sich mit der Schilderung ihrer hohen Bewunderung soviel zu schmücken, wie sie nur wollen, und sich Gönner zuzulegen, die nicht die Absicht hatten, es zu werden.

Ich will weder Ihren Namen noch Ihre Güte missbrauchen, um gegen die Kritiker des Amphitryon vorzugehen und mir eine Ehre zuzuschreiben, die mir vielleicht nicht ansteht. Vielmehr erlaube ich mir die Freiheit, Euch meine Komödie aus nur einem einzigen Anlass zu widmen: Ich versichere Ihnen meine beständige, tiefe Verehrung für die hohe Stellung, die Sie mit dem Privileg Ihrer erhabenen Abstammung bekleiden. Mit der allergrößten Ehrfurcht und aller erdenklicher Hingabe bin ich

Euerer Durchlaucht

untertänigster, gehorsamster und verbundenster DienerMolière.

Personen

MERKUR

DIE NACHT

JUPITER, in der Gestalt von Amphitryon

MERKUR, in der Gestalt von Sosias

AMPHITRYON, Feldherr der Thebaner

ALKMENE, seine Gemahlin

CLEANTHIS, seine Frau

SOSIAS, Amphitryons Diener

ARGATIPHONTIDAS,
NAUKRATES,
POLIDAS,
PAUSIKLES, thebanische Hauptleute

Der Schauplatz ist in Theben, vor dem Haus des Amphitryon.

Prolog

MERKUR, auf einer Wolke; die Nacht, in einem von zwei Rossen durch die Luft gezogenen Wagen.

MERKUR. Gemach nur, holde Nacht! Hemm deinen Lauf;Denn wir bedürfen deiner hier am Orte.Als Bote nah ich dir; zwei WorteAn dich trug Jupiter mir auf.

DIE NACHT. Ei, ei, bist du es, Freund Merkur?Dich hier zu lagern, was bewog dich nur?

MERKUR. Von all den Botengängen müd und matt,Denn mühsam ists, Herrn Jupiter zu dienen,Erwählt’ ich, wartend, bis du hier erschienen,Dies Wölklein mir zur Ruhestatt.

DIE NACHT. Merkur, bedenk doch, oder treibst du Spott,Sich müd zu nennen, ziemt das einem Gott?

MERKUR. Sind Götter denn von Stahl?

DIE NACHT. Nein; doch die GöttlichkeitMuss ihr Dekorum stets ins Auge fassen.Gewisse Worte gibts, die wenig passenZur himmlischen Erhabenheit,Und die wir besser, weil ihr Klang entweiht,Den Staubgebornen überlassen.

MERKUR. Du hast gut reden, schöne Frau.In deinen Polsterwagen hingegossenLässt du dich ziehen von zwei flinken Rossen,Wohin du willst im weiten Himmelsbau.Mir ward nicht gleiche Schicksalshuld,Und jeden Tag verwünsch ich drum die Dichter:Sie sind an meinem Elend schuld;Denn dies vorwitzige GelichterHat allen Göttern insgesamtNach eignem Willen und BeliebenDurch ein Gesetz nicht nur das Amt,Nein, auch die Gangart vorgeschrieben,Und so ward ich dazu verdammt,Dorfläufern gleich, zu Fuß einherzuschieben,Ich, der zum Boten doch dem Herrn der WeltIm Himmel und auf Erden bin bestellt!Ich, dem unübertrieben mehrAls andern bei den tausend Pflichten,Die er mich täglich heißt verrichten,Ein gutes Fuhrwerk nötig wär!

DIE NACHT. Da hilft nun nichts. Im Kopfe stecktDen Dichtern eigensinnge StarrheitUnd das ist nicht die einzge Narrheit,Die diese Herren ausgeheckt.Doch ungerecht scheint mir dein Zorn zu brennen;Denn gaben sie dir nicht die Flügelschuh’?

MERKUR. Jawohl, um doppelt schnell zu rennen;Das aber setzt mir doppelt zu.

DIE NACHT. Nun sag, Merkur, führt dich ein neuerAuftrag hierher?

MERKUR. Wie dir bekannt,Hat Jupiter mich hergesandt.Er wünscht, dass um ein süßes AbenteuerDein Mantel sein gefällig Dunkel spannt;Denn wieder einmal fing er Feuer.Wohl bist du längst vertraut mit seinen Schlichen:Wie oft vom Himmel, heimlich wie ein Dieb,Der Göttervater zu der Erd’ entwichenUnd Mensch ward schönen Sterblichen zulieb,Ja, hundert Gaukelkünste trieb,Bis auch die Sprödesten die Segel strichen.Nun traf ihn aus Alkmenes Aug’ ein Strahl,Und während kämpfend in Böotiens EbnenAmphitryon, ihr Ehgemahl,Befehligt seine Untergebnen,Nahm dessen Form er an; in dieser HülleStillt er die heiße LiebesqualUnd schwelgt in holdesten Genusses Fülle.Ein Umstand noch kommt seiner Glut zu statten:Seit wenig Tagen ist das Paar vermählt,Und Jupiter, dieweil noch frisch beseeltVon junger Liebeslust die beiden Gatten,Hat diese Kriegslist ausgewählt.Sie wirkt im hier gegebnen Fall;Jedoch mit solchem MaskenzeichenWird man nicht allzu oft das Ziel erreichen;Denn dem Verliebten frommts nicht überall,Dem Ehemann genau zu gleichen.

DIE NACHT. Bewundernswerter Jupiter! Doch sag,Was reizt ihn, ewig neu sich zu vermummen?

MERKUR. Ein Gott, der jeden Zustand kosten mag,Gehört fürwahr nicht zu den Dummen.Wie hoch ihn auch der Menschen Andacht stellt,Ich würd ihn herzlich doch bedauern,Wollt’ er in starrer Majestät versauern,Stets einsam thronend überm Himmelszelt.Ich weiß mir keine schlimmere Betörung,Als wenn man seiner eignen Größe Sklav’;Zumal wen jäh der Pfeil Cupidos traf,Dem ist sein hoher Rang nur lästge Störung.Als Kenner unerreicht im Liebesspiel,Pflegt Jupiter vom Thron herabzusteigen;Damit ihm nichts entgeht, was ihm gefiel,Entsagt er allem, was ihm eigen,Und als Nicht-Jupiter dringt er ans Ziel.

DIE NACHT. Ich will’s ihm nachsehn, dass die höchsten SphärenVerlassend er auf Erden weilt,Irdische Wonnen mit den Menschen teilt,Mit ihnen Scherz treibt nach Begehren,Wenn die Verkleidungen stets menschlich wären,Die wechselnd anzulegen er sich eilt.Doch Jupiter als Schlange, Stier und Schwan,Ja, noch in anderen Gestalten,Das scheint mir doch nicht wohlgetan,Und man hat recht, sich drüber aufzuhalten.

MERKUR. Lass doch den Nörglern ihr Gerede!Von diesen Masken spendet jedeMehr Freuden, als ihr Hirnchen ahnt.Nein, Jupiter tappt nimmermehr im Blinden;Denn auch das Tier kann Zärtlichkeit empfinden;Ein Schwan ist darin klüger, als uns schwant.

DIE NACHT. Und bringt auch heut nach leichtem ÜberwindenIhm seine Kriegslist süße Früchte dar,Was könnt’ er noch von meinem Dienst ersehnen?

MERKUR. Von dir gehemmt wünscht er dein Rossepaar.Indes ihn ganz umstrickt sein Liebeswähnen,Sollst du die Freudennacht ihm dehnenZur längsten Nacht, die jemals war.Die Frist verlängern sollst du seinem Glück,Hinzögern des verhassten Tages Kommen;Denn mit dem Morgen kehrt zurückDer, dessen Platz er eingenommen.

DIE NACHT. Fürwahr, das Amt ist ehrenwert,Das Jupiter mir auferlegt,Und einen saubren Namen trägtDer Dienst, den er von mir begehrt!

MERKUR. Für eine Göttin, die so jung,Sprichst du recht sehr veraltet. HeuteWird dieses Amts BerechtigungNur noch bekämpft durch kleine Leute.Ein hoher Platz, auf den das Glück uns stellt,Zeigt jede Tat in einem goldnen Rahmen,Und je nach unserm Ansehn in der WeltVerändert jedes Ding den Namen.

DIE NACHT. Weil in derartigen ProblemenDu viel erfahrener als ich,Vor deiner Einsicht beug ich michUnd will den Auftrag übernehmen.

MERKUR. Je nun, Frau Nacht, nur ganz gemach,Und stelle dich nicht allzu spröde;Denn forscht man deinem Leumund nach,So giltst du keineswegs für blöde.In allen Zonen wird manch heikle LageVerliebter Pärchen dir vertraut,Und mir scheint, ich sag es frei und laut,Wir beide halten uns die Waage.

DIE NACHT. Stehn wir nun ab, uns anzuschwärzen!Wir wollen bleiben, wie wir sind.Aus unsern Häkeleien gewinntDas Menschenvolk nur Stoff zum Scherzen.

MERKUR. Leb wohl. Nun ruft mich mein Geschäft von dannen.Abstreifen werd ich den Merkur,Um mich geschwind in die FigurDes Dieners von Amphitryon zu bannen.

DIE NACHT. Und ich, auf meines Weges dunkler Spur,Bequeme mich, ein Weilchen auszuspannen.

MERKUR. Nacht, gute Nacht!

DIE NACHT. Auf Wiedersehen, Merkur.

Merkur steigt von seiner Wolke herab; die Nacht fährt quer über die Bühne.

Erster Akt

ERSTER AUFTRITT

SOSIAS. Wer da? Mir wächst die Furcht bei jedem Schritte!Gut Freund, ihr Herrn, mit jedermann.O Tollkühnheit, allzeit voranZu tappen durch des Dunkels Mitte!Von meinem Herrn, das muss ich sagen,Ist dies fürwahr kein schöner Zug!Wenn er je Nächstenlieb’ im Herzen trug,Könnt er in schwarzer Nacht hinaus mich jagen?Zu melden, dass er heimwärts kehrt im FlugUnd dass der Feind aufs Haupt geschlagen,War morgen früh dazu nicht Zeit genug?

---ENDE DER LESEPROBE---