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Molières „Der Bürger als Edelmann“ – Wenn Aufstieg zur Lachnummer wird!
Adel verpflichtet? Nicht unbedingt! Monsieur Jourdain, ein wohlhabender Bürger, träumt davon, in den Adelsstand aufzusteigen. Doch statt Ansehen erntet er vor allem eines: Spott! Mit absurden Manieren, skurrilen Lehrern und jeder Menge Missverständnissen kämpft er sich durch die feine Gesellschaft – mit urkomischen Folgen.
Eine Komödie voller Charme und Satire
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Molière
Der Bürger als Edelmann
Komödie in fünf Akten
Illustrierte Ausgabe
aionas
PERSONEN
ERSTER AUFZUG
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
ZWEITER AUFZUG
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
DRITTER AUFZUG
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Neunter Auftritt
Zehnter Auftritt
Elfter Auftritt
Zwölfter Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Sechzehnter Auftritt
VIERTER AUFZUG
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
FÜNFTER AUFZUG
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Letzter Auftritt
ZEITTAFEL
IMPRESSUM
Geld allein macht noch keinen Adeligen – und Anzüge allein keinen Gentleman. Wer das nicht glaubt, sollte sich mit Monsieur Jourdain vertraut machen, dem wohl ehrgeizigsten Möchtegern-Aristokraten der Literaturgeschichte. In seiner Welt geben Seidengewänder statt gesunden Menschenverstands den Ton an, Lehrmeister gehen ein und aus, um ihm ein wenig vornehme Eleganz beizubringen, und am Ende triumphiert vor allem das Lachen. Denn genau darum geht es in Molières unvergänglicher Komödie: die Absurdität eines Mannes, der verzweifelt versucht, jemand zu sein, der er nicht ist – und dabei von allen Seiten ausgenutzt wird.
Molière, dieser Meister der Gesellschaftssatire, schrieb "Der Bürger als Edelmann" im Jahr 1670 im Auftrag von Ludwig XIV., dem Sonnenkönig höchstpersönlich. Als höfischer Unterhalter verstand er es meisterhaft, das Publikum mit geschickten Pointen zu amüsieren und gleichzeitig subtile Spitzen gegen die Gesellschaft zu setzen. Das Stück war eine Antwort auf den damaligen Trend, dass wohlhabende Bürger mit aller Macht versuchten, sich in den Adel einzukaufen – oft mit wenig Erfolg und umso größerem Spott.
Monsieur Jourdain ist das Paradebeispiel eines Mannes, der sich so sehr nach gesellschaftlicher Anerkennung sehnt, dass er dabei jedes Maß für Realität verliert. Mit bewundernswerter Ignoranz stolpert er von einer Lektion in die nächste – Dichtkunst, Fechten, Tanzen, Manieren –, immer mit der Hoffnung, sich so das Adelsprädikat zu verdienen. Doch während er sich voller Eifer von Scharlatanen und Betrügern blenden lässt, verliert er den Blick für das Wesentliche: den gesunden Menschenverstand und seine eigene Würde.
Dabei bleibt Molière aber stets ein Menschenfreund. Er führt Jourdain vor, macht ihn lächerlich – aber verachtet ihn nicht. Vielmehr zeigt er eine gewisse Sympathie für diesen naiven, aber unerschütterlichen Träumer. Wer kann sich nicht ein bisschen in ihm wiederfinden? Schließlich sind die Sehnsucht nach Anerkennung und der Wunsch, dazuzugehören, keine exklusiven Schwächen eines wohlhabenden Tuchhändlers aus dem 17. Jahrhundert. Auch heute gibt es jene, die sich mit Designerklamotten, elitärer Sprache oder teuren Autos einen Hauch von Noblesse erkaufen wollen. Und so bleibt "Der Bürger als Edelmann" eine wunderbar zeitlose Komödie, die uns charmant daran erinnert: Man kann sich in ein Samtkostüm zwängen – doch ohne Würde und Verstand bleibt man nur ein Narr in schönen Kleidern.
Es ist genau diese Mischung aus feiner Ironie, bissigem Humor und fast liebevoller Nachsicht, die Molières Stücke so unvergänglich macht. "Der Bürger als Edelmann" ist nicht einfach nur eine Theaterkomödie, sondern eine kluge Reflexion über gesellschaftliche Eitelkeit, Täuschung und das ewige Streben nach Anerkennung. Wer also glaubt, der Adel sei passé, der möge sich einen Blick auf Jourdain gönnen – oder einfach einmal die Augen für die modernen Versionen seiner Torheit öffnen. Sie sind überall zu finden.
Der Bürger als Edelmann
Komödie in fünf Akten
(Le Bourgeois gentilhomme)1670
Herr Jourdain, ein Bürger
Madame Jourdain, seine Frau
Lucile, seine Tochter
Cleonte, der Liebhaber von Lucile
Dorimene, Marquise
Dorante, Graf, deren Liebhaber
Nicole, Dienstmädchen im Haus des Herrn Jourdain
Covielle, Diener von Cleonte
ein Musikmeister
Schüler des Musikmeister
ein Tanzmeister
ein Fechtmeister
ein Lehrer der Philosophie
ein Schneidermeister
Schneidergeselle
zwei Lakaien
Die Szene spielt in Paris.
Eine zahlreiche Musikergruppe spielt eine Ouvertüre hinter der Szene. Der Schüler des Musikmeisters ist damit beschäftigt, eine von Herrn Jourdain bestellte Serenade abzuschreiben.
EIN MUSIKMEISTER, EIN TANZMEISTER, DREI SÄNGER; ZWEI GEIGER, VIER TÄNZER.
Musikmeister(zu den Sängern). Tretet hier in dies Zimmer und ruht euch aus, bis er kommt.
Tanzmeister(zu den Tänzern). Und ihr ebenso; setzt euch dorthin.
Musikmeister (zu seinem Schüler). Seid Ihr mit der Abschrift fertig?
Der Schüler. Ja.
Musikmeister. Lasst sehen! ... So ist’s gut.
Tanzmeister. Ist es etwas Neues?
Musikmeister. Ja, es ist eine Arie für eine Serenade, die ich habe komponieren lassen, während unser Mann schlief.
Tanzmeister. Darf man sie ansehen?
Musikmeister. Sie werden sie gleich mit dem Dialog zu hören bekommen, sobald er aufgestanden ist; er muss jeden Augenblick fertig sein.
Tanzmeister. Sie und ich, wir haben jetzt beide alle Hände voll für ihn zu tun.
Musikmeister. Ja, das ist wahr: Wir haben hier einen Mann gefunden, wie wir ihn beide brauchen können. Dieser Herr Jourdain mit seinen Visionen von Adel und galanten Manieren, die er sich in den Kopf gesetzt hat, ist eine hübsche Rente für uns, und Ihre Tanzkunst und meine Musik könnten sich wünschen, dass alle Welt ihm gliche.
Tanzmeister. Doch nicht so ganz; ich möchte um seinetwillen, dass er etwas mehr von den Dingen verstünde, die wir ihm bringen.
Musikmeister. Er versteht sich freilich sehr wenig darauf, aber er bezahlt sie gut; und das ist, was uns Künstlern jetzt am meisten nottut.
Tanzmeister. Ich meinesteils muss Ihnen gestehen, ich werde auch vom Ruhm ein wenig satt. Der Beifall erfreut mich, und nach meiner Ansicht ist es in allen schönen Künsten ein unleidlicher Verdruss, sich Dummköpfen zu produzieren und das barbarische Urteil eines einfältigen Menschen über das, was wir komponiert haben, hinnehmen zu müssen. Es ist ein Vergnügen, das können Sie nicht leugnen, für Kenner zu arbeiten, die imstande sind, die Feinheiten unserer Kunst zu empfinden; die alle Schönheiten eines Werks zu loben verstehen; und die unsere Leistungen durch schmeichelhaften Beifall belohnen. Ja, der schönste Preis, den man für seine Bestrebungen empfangen kann, besteht doch darin, dass man sieht, wie sie verstanden und mit einem ehrenvollen Applaus aufgenommen werden. Nach meinem Gefühl gibt es nichts, was uns besser für unsere Mühe bezahlt; und ein verständiges Lob ist für mich der süßeste Nektar.
Musikmeister. Das gebe ich zu, und es mundet mir wie Ihnen. Nichts in der Welt kitzelt uns angenehmer als ein solches Lob: Aber man kann leider vom Weihrauch nicht leben. Leere Lobsprüche ohne irgendeine andere Zutat bringen niemand auf einen grünen Zweig, es gehört ein solider Beisatz dazu; und die beste Art zu loben, bleibt immer, dass man’s mit vollen Händen tue. Unser Mann, das gebe ich zu, hat wenig Einsicht, spricht in den Tag hinein über alles Mögliche und applaudiert stets am verkehrten Ort: Aber sein Geld macht die Urteile seines Geistes wieder gut. Er hat ein feines Verständnis in seinem Geldbeutel, seine Lobsprüche sind gemünzt; und dieser unwissende Bürger bringt uns mehr ein, wie Sie sehen, als der gebildete vornehme Herr, der uns hier eingeführt hat.
Tanzmeister. Es liegt viel Wahres in allem, was Sie da sagen; aber ich finde, Sie denken ein wenig zu sehr an das Geld, und der Eigennutz ist etwas so Niedriges, dass ein Ehrenmann ihm nie ergeben sein darf.
Musikmeister. Sie lassen sich aber das Geld, das unser Gönner Ihnen gibt, recht gut gefallen.
Tanzmeister. Allerdings; aber ich suche darum doch nicht mein ganzes Glück darin und wünschte, er möchte neben seinem Vermögen auch noch etwas Geschmack haben.
Musikmeister. Das wäre mir ebenfalls ganz lieb; und daran arbeiten wir ja auch beide, soviel wir können. Aber jedenfalls macht er’s uns möglich, in der Welt bekannt zu werden, und mag für andere bezahlen, was diese statt seiner loben werden.
Tanzmeister. Da kommt er.
Jourdain, Lakaien, Musikmeister, Tanzmeister, Streicher, Sänger, Tänzer.
Jourdain. Nun, meine Herren, wie steht’s, wollt ihr mir euren kleinen Spaß vormachen?
Tanzmeister. Wie! Welchen kleinen Spaß?
Jourdain. Nun, wie nennen Sie doch die ganze Schnurre? Ihren Prolog oder Dialog von Liederchen und Tanz?
Tanzmeister. O, o ...
Musikmeister. Wir haben alles dazu in Bereitschaft.
Jourdain. Ich habe Sie ein wenig warten lassen; aber das kam davon, dass ich mich heute wie ein Kavalier anziehen lasse; und da hat mein Schneider mir seidene Strümpfe geschickt, so eng, dass ich glaubte, ich würde sie in alle Ewigkeit nicht über den Fuß bekommen.
Musikmeister. Wir sind ja nur hier, um Ihre Befehle zu erwarten.
Jourdain. Ich bitte mir’s aber aus, dass Sie nicht fortgehen, ehe man mir meinen neuen Rock gebracht hat; und darin müssen Sie mich sehen.
Tanzmeister. Ganz, wie Sie wünschen.
Jourdain. Da sollen Sie mich herausstaffiert sehen, wie es jetzt Mode ist, vom Kopf bis zu den Füßen.
Musikmeister. Das bezweifeln wir nicht.
Jourdain. Diesen handbemalten Stoff habe ich mir auch erst machen lassen.
Tanzmeister. Sie ist sehr schön!
Jourdain. Mein Schneider hat mir gesagt, alle Kavaliere trügen solch einen Schlafrock im Haus.
Musikmeister. Er steht Ihnen vortrefflich.
Jourdain. Lakaien! Heda, meine beiden Lakaien!
Erster Lakai. Was befehlen Sie?
Jourdain. Nichts. Ich wollte nur sehen, ob ihr gut aufpasst. (Zum Musikmeister und zum Tanzmeister.) Wie gefallen euch meine Livreen?
Tanzmeister. Sie sind prachtvoll.
Jourdain(schlägt seinen Schlafrock zurück und zeigt ihnen sein enges Beinkleid aus rotem Samt und seine grün samtene Weste). Da ist auch noch so ein kleiner Morgenanzug, um meine Fecht- und Tanzübungen darin vorzunehmen.
Musikmeister. Er ist galant.
Jourdain. Lakai!
Erster Lakai. Zu Befehl!
Jourdain. Der andere Lakai!
Zweiter Lakai. Zu Befehl!
Jourdain. Haltet meinen Schlafrock. Bin ich so gut?
Tanzmeister. Vortrefflich. Man kann nicht besser.
Jourdain. Nun wollen wir einmal Ihre Geschichte hören.
Musikmeister. Ich möchte Ihnen gern vorher eine Arie vortragen lassen, die mein Schüler für die von Ihnen bestellte Serenade komponiert hat; er besitzt ein großes Talent für solche Aufgaben.
Jourdain. Ja, aber warum musste denn das der Schüler machen? Waren Sie etwa selbst zu gut für das Stück Arbeit?
Musikmeister. O, verzeihen Sie, das Wort Schüler darf Sie nicht irremachen. Solche Schüler wie der verstehen ebenso viel wie die größten Meister; und seine Arie ist, was man nur Schönes hören kann. Geben Sie nur acht!