Atem des Teufels: Teil 1 - Isobel Starling - E-Book

Atem des Teufels: Teil 1 E-Book

Isobel Starling

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Teil 1 von Band 5 der Shatterproof Bond Thriller-Reihe. Nach einer Serien von Terroranschlägen auf Fracking-Anlagen des internationalen Gaskonzerns Drilsink erhält Sir James Aikens privater Geheimdienst den Auftrag, die dafür verantwortliche Gruppe radikaler Umweltaktivisten dingfest zu machen. Sam und Declan werden undercover am Imperial College in London eingesetzt, wo die Ökoterroristen angeblich neue Mitglieder rekrutieren. Declan nimmt die Identität des Geologen Dr. Tobias Hunter an und macht sich schon bald ein wissenschaftlichen Kollegen zum Feind – einen Mann, den er mehr verabscheuen wird als Sir James Aiken!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

INHALT

ATEM des TEUFELS

TEIL 1

SHATTERPROOF BOND #5

Isobel Starling

Aus dem Englischen übertragen

von

Betti Gefecht

www.decentfellowspress.com

Copyright © 2020-2023 Isobel Starling

Aus dem Englischen von Betti Gefecht

ISBN: 9783757929190

Deutsche Erstausgabe

Alle Reche vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne vorherige schriftliche Genehmigung der Autorin nachgedruckt oder anderweitig verwertet werden. Davon ausgenommen sind Rezensionen: Kurze Passagen können in einer Rezension zitiert werden und als Teil davon auch in Zeitungen oder Zeitschriften abgedruckt werden.

Die Figuren und Ereignisse, die in diesem Buch beschrieben werden, sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Copyright © der englischen Originalausgabe 2019

by Isobel Starling

Alle Rechte vorbehalten.

Cover Art Design by Isobel Starling

INHALT

TEIL 1: OPERATION FIRE ANGEL

KAPITEL 1 NEUE BEFEHLE

KAPITEL 2 UMZUG

KAPITEL 3 DR. HUNTER

KAPITEL 4 HALLO NACHBAR

KAPITEL 5 DIE RSM

KAPITEL 6 WISSENSCHAFTSPORNO

KAPITEL 7 GESCHICHTSSTUNDE

KAPITEL 8 BRAUCHE DICH JETZT

KAPITEL 9 ERZÄHL MAL

KAPITEL 10 DÜNNE, BLAUE SCHNUR

KAPITEL 11 DURCHBRUCH

KAPITEL 12 GEOLOGISCHE ZEITRECHNUG

KAPITEL 13 FOLGE DER SPUR

KAPITEL 14 IM PARK

KAPITEL 15 ERMITTLUNGSERGEBNISSE

KAPITEL 16 KOMM, KITTY-KÄTZCHEN

KAPITEL 17 DAS ARCHIV

KAPITEL 18 ÖKO-REV

KAPITEL 19 RRRUMMS!

Über die Autorin

Was bisher geschah:

Seit sie sich auf einer schottischen Familienhochzeit ineinander verliebten, sind die Lebenswege von Sam Aiken und Declan Ramsay für immer untrennbar miteinnader verknüpft – eine Achterbahnfahrt aus Intrigen, verdeckten Operationen und glühender Leidenschaft.

Declans Boss, Sir James Aiken, ist auch Sams Vater. Sir James demonstriert unmissverständlich seinen Unwillen, die sexuelle Ausrichtung seines Sohnes zu akzeptieren – oder den Umstand, dass seine neuester Rekrut Declan Ramsay nun mit seinem Sohn verheiratet ist.

Declans Fähigkeiten, seine physische Stärke und sein wissbegieriger Verstand machen ihn zum perfekten Rekrut für Sir James Aikens privaten Geheimdienst. Sir James arrangiert für Declan ein Training auf dem Stützpunkt einer Geheimoperation in Marokko. Anschließend spielt er Sam und Declan während eines Auftrags in der harschen Kulisse der schottischen Highlands gegeneinander aus, um zu testen wie gut sie zusammenarbeiten. Aber anstatt ihren tiefen Bund zu brechen, macht die beinahe tödliche Mission Sam und Declan nur umso mehr klar, wie sehr sie einander lieben und dass für keinen von beiden je einen anderen geben wird.

Nach dem Anschlag aufs Sams Leben in Schottland konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass Sir James einige furchtbare Feinde hatte – und einer davon schickte den Ex-Special Forces-Killer Erik Madsson, um Sam zu töten.

A.L.L. nahm Madsson gefangen, den Mann, der bereits zweimal versucht hatte, Sam umzubringen. Nun sitzt Madsson ineiner Zelle in A.L.L.s unterirdischem Londoner Hauptquartier, während James’ rechte Hand Akiko Kimura versucht, ihn zu brechen und herauszufinden, wer den Anschlag auf Sam befohlen hat.

Madssons Verhör führt zur Entdeckung einer Verbindung im mittleren Osten, einem Geheimcode für die Organisation, die James leiden sehen will, und einem Namen, der in Sam Erinnerungen weckt.

Während Sam und Declan zu ihrer nächsten Mission aufbrechen – die Unterwanderung eine zwielichtigen Gruppe von Ökoterroristen – arbeiten hinter den Kulissen daran, Name und Aufenthaltsort von Sir James Aikens Widersacher herauszufinden. Und Sir James steht kurz davor festzustellen, dass es sein bisher größter Fehler war, einen Auftragskiller in seinem eigenen Haus gefangen zu halten.

****

Atem des Teufels

von

Isobel Starling

„Warum tragt Ihr eine Maske und eine Kapuze?“

„Ich glaube, in Zukunft wird jedermann so etwas tragen“,

antwortete der Mann in Schwarz.

„Sie sind unheimlich bequem.“

„Die Braut des Prinzen“ von William Goldman

TEIL 1:

OPERATION:

FIRE ANGEL

KAPITEL 1

Neue Befehle

Declan Ramsay stand draußen vor Sir James Aikens Büro, den Rücken dicht an die Wand gepresst. Er sah in jeder Hinsicht aus wie ein gewöhnlicher, gepflegter Geschäftsmann, aber er war nichts dergleichen.

Declans Job hatte sich im vergangenen Jahr geändert – er war von Aiken Luxury Lettings, wo er Sir James’ Immobilien-Portfolio verwaltet hatte, zu James’ privatem Geheimdienst A.L.L. gewechselt und praktisch über Nacht in die Rolle eines Agenten geschlüpft.

Einer der Vorzüge von Declans neuem Job war, dass er ihm einen gewissen Luxus verschaffte, wie schnelle Autos, schicke Hotels und Designeranzüge. Der dunkelblaue Anzug von Gieves & Hawk, den er heute trug, saß wie angegossen an seiner durchtrainierten Gestalt. Er hatte ihn mit einem hellblauen Hemd und der lavendelfarbenen Krawatte kombiniert, die sein Ehemann Sam ihm heute Morgen geholfen hatte auszusuchen. Der Bart des Schotten war sorgfältig getrimmt und sein dunkles Haar aus der Stirn gekämmt. Körperlich war er in seinen fünfunddreißig Jahren nie in besserer Form gewesen. Er strahlte die geschäftsmäßige Selbstsicherheit eines Mannes aus, der sein Leben und seine Karriere im Griff hatte.

Aber jetzt, da er nicht mehr in Sir James’ Büro saß, konnte er diese Maske fallen lassen, ohne sein Gesicht zu verlieren. Seine Schultern sanken herab, und er gab ein langes, gequältes Stöhnen von sich. Sein Kopf sank nach hinten und landete schwer an der Wand. Denn die Wirklichkeit sah vollkommen anders aus: Declan Ramsay hatte ganz und gar nicht das Gefühl, sein Leben unter Kontrolle zu haben.

Declan und sein Partner Sam hatten soeben ein stundenlanges Missions-Briefing erduldet, mit Sir James und dessen rechter Hand Akiko Kimura, auch bekannt als Mrs. K. – was aus Mr. Kimura geworden war, würde wohl für immer ein Geheimnis bleiben, und weder Sam noch Declan hatten genug Eier in der Hose, um zu fragen.

Declan war nicht froh darüber, wie das Briefing gelaufen war. Die Herausforderungen des bevorstehenden Auftrags würden zeigen, was sein letztes Training wert gewesen war, und alles in den Schatten stellen, was er während seiner Woche als Undercover-Agent in den schottischen Highlands erlebt hatte. Er würde auf eine langfristige, streng geheime Mission gehen – seine erste dieser Art – und obwohl Sir James ihm überraschenderweise zutraute, den Job allein bewältigen zu können, fühlte Declan sich keineswegs bereit für alles, was damit einherging.

Anfangs hatte Declan gedacht, er würde bei diesem Auftrag eng mit Sam zusammenarbeiten – ein Arrangement, über das er mehr als froh gewesen war. Aber während des Briefings hatte Sir James die Bombe platzen lassen: Es hätte sich „etwas Neues ergeben“ und Sam würde daher woanders eingesetzt werden.

Seit Declan Sam vor etwas vierzehn Monaten begegnet war, war sein Leben eine einzige Achterbahnfahrt gewesen, unbändige Liebe und Leidenschaft, aber auch Geheimnisse, Lügen und Gefahren. Declan konnte nicht aussteigen, selbst wenn er gewollt hätte – was nicht der Fall war. Er hatte sich unsterblich in Sam verliebt, und vor einem Monat hatten sie geheiratet. Nun hieß es Declan und Sam gegen den Rest der Welt, gegen ihre unsichtbaren Feinde und gegen die boshafte Macht und das falsche Spiel von Sams Vater, Sir James Aiken.

Deshalb warf Declan das Wissen, dass sie bei dieser Mission nicht zusammen sein würden, in einem Maße aus der Bahn, das ihn erschreckte. Frustriert biss er die Zähne zusammen und starrte ins Leere. Wie machte James das nur? Wie schaffte er es, Declan immer wieder so unter die Haut zu gehen? James war wie eine Zecke, und Declan wünschte, er hätte er scharfes Instrument, mit dem er den Mann aus seinem und Sams Leben schneiden konnte.

„Na komm“, drängte Sam. „So schlimm ist es nicht“, beharrte er in dem Versuch, seinen Ehemann aus seiner trübseligen Stimmung zu reißen.

„Drei Monate. Sie hatten beschissene drei Monate, um Informationen zu sammeln, und mit ihren ganzem Geld und den Kontakten konnten sie nich’ eine einzige vernünftige Spur für uns finden? Ich werd’ in ’nen Undercover-Job geschubst mit rein gar nix, wo ich ansetzen kann!“, grummelte Declan. Sein Kiefer war vor Wut ganz angespannt. Aber er bekam sofort Schuldgefühle wegen seines Ausbruchs. Es war nicht Sams Schuld, dass sein Vater ein solches Arschloch war.

Sam legte eine Hand auf Declans Schulter. Es war, als wollte James, dass Declan versagte. Aber andererseits wusste Sam aus Erfahrung, dass James die Leistungen eines jeden Agenten anhand des Auftrags bewertete, den der Agent gerade ausführte, und nicht anhand früherer Erfolge oder Misserfolge. Jede neue Mission bedeutete, in James’ Wertschätzung wieder ganz bei Null anzufangen, und alle Agenten mussten sich aufs Neue beweisen.

„Hör zu. Es ist noch zu früh zum Mittagessen. Lass uns noch ein Stück gehen und nach dem Gast schauen, ja?“, schlug Sam vor und hob hoffnungsvoll die Brauen. Er kannte Declans Stimmungsschwankungen nur allzu gut. Daher wusste er, dass Declan jetzt ein bisschen Stress abbauen musste, denn andernfalls bestand stark die Möglichkeit, dass er auf dem Absatz kehrtmachte und zurück ins James’ Büro stürmte, um die Sache mit ihm zu klären. Das wäre nicht so gut.

Sam teilte Declans ungutes Gefühl über diese Mission. Sie hatten beide in den letzten Monaten, während Sams Verletzungen geheilt waren, sämtliche Umweltstudien und Forschungsergebnisse studiert, die ihnen unentwegt ins Haus geflattert kamen. Sie waren davon ausgegangen, auf dieser Mission von Anfang an zusammen zu sein. Und Sam hatte gesehen, wie sich bei James’ Verkündung, dass Sam anderweitig eingesetzt werden würde, Declans schockierte Mine in einen Ausdruck mühsam unterdrückter Wut verwandelt hatte.

„Na komm, Buttercup, gehen wir ein Stück“, drängte Sam ihn erneut. Er hakte sich bei Declan ein und zog ihn durch den Korridor. Declan folgte, wenn auch immer noch mit versteinerter Miene, und fiel neben dem Mann, mit dem er seit vier Wochen verheiratet war, in Gleichschritt.

„Verdammt, mir gefällt das nich’. Kein bisschen. Was is’ der Sinn zu sagen, wir wär’n Partner, wenn er dich auf ’ne ganz andere Mission schickt? Er spielt doch wieder nur irgendein Spiel mit uns“, grummelte Declan.

Declan drückte die Tür auf, und sie verließen den eleganten, geschäftlichen Bereich von Sir James’ unterirdischem Hauptquartier. Sie betraten den zentralen Verbindungsgang, wo das sanfte, wässerige Licht von der über der Decke verlaufenden Schwimmbahn von den weißen Wänden und dem nackten Zementboden zurückgeworfen wurde.

Declan löste seinen Arm aus Sams und marschierte zu der Tür an der gegenüber liegenden Wand. Er wusste nur zu gut, dass diese Tür zu einem Teil des Komplexes führte, wo es weder flauschige Teppiche, noch Avantgarde-Kunst an den Wänden oder Designerlampen gab. Dieser Teil des Gebäudes machte Declan Gänsehaut. Hier fanden die Verhöre und „Interviews“ statt. Hier gab es ein Labor und einen voll funktionstüchtigen, medizinischen OP, alles hochgeheim, wo Agenten, die während eines Einsatzes verwundet wurden, wieder zusammengeflickt werden konnten, ohne dass Einzelheiten ihrer Kampfverletzungen in irgendwelchen Krankenhausakten landeten. Und hier waren auch die Zellen für Gefangene. So weit Sam und Declan wussten, gab es hier nur einen Dauergast.

„Was is’ das überhaupt für’n anderer Job, den du machen sollst?“, grummelte Declan. Er presste seine Handfläche mit etwas mehr Nachdruck als nötig auf das in die Wand eingelassene Tablet, wo sie gescannt wurde. Mit einem Klicken öffnete sich die Tür, sodass sie den abgeriegelten Bereich betreten konnten.

„Tut mir leid, Schatz.“ Sam tippte sich an die Nase.

Declan schmollte. Also ein Auftrag nach dem „Kenntnis nur bei Bedarf“-Prinzip, und anscheinend bestand für Declan kein Bedarf zu wissen, wo zum Henker sein Ehemann arbeiten würde. Das hab’ ja wohl ich zu entscheiden!

Ihre ungleichen Schritte hallten gespenstisch wider, als sie den nackten Betongang entlanggingen. Die Luft in diesem Teil des Komplexes roch viel zu frisch, so als würde die Klimaanlage Überstunden machen, um die Gänge von sämtlichen Beweisen für das zu befreien, was auch immer vor sich ging hinter den Türen ohne Klinken und in den Räumen, die Geheimnisse enthielten, über die Declan nicht einmal spekulieren wollte. Wenn man unterhalb von London in die Tiefe grub und baute, stieß man auf Archäologie, uralte Wasserleitungen, Abflüsse oder U-Bahn-Tunnel. Was es auch war, bei schlechtem Wetter, wenn die alten viktorianischen Gullys sich bis zum Bersten füllten, fanden üble Gerüche immer einen Weg hinein – so wie auch Geheimnisse.

Declan grübelte über die Details der bevorstehenden Mission, während sie durch den Gang liefen.

Ein multinationaler Energiekonzern namens Drilsink hatte A.L.L. engagiert, um herauszufinden, wer hinter den Öko-Terroristen steckte, die ihre Schiefergas-Bohrungen auf mehreren Versuchsfeldern in ganz Großbritannien sabotiert hatten. Den spärlichen Informationen nach, die sie bekommen hatten, rekrutierten Umweltradikale aktiv an britischen Universitäten, und das angesehene Imperial College in London war ihr jüngstes Jagdgebiet. Der letzte Anschlag gegen eine der Bohranlagen von Drilsink hatte zum Tod eines Wachmannes und seines Deutschen Schäferhundes mit dem sentimentalen Namen Barky McBarkface geführt. Declan hatte die IDs von sämtlichen, an früheren Anschlägen beteiligten Aktivisten angefordert, damit er ihre Hintergründe durchgehen und sehen konnte, ob es irgendwelche Verbindungen zum Imperial College gab. Aber Drilsink konnte nicht einen einzigen verdammten Namen liefern, und die einzige Aufnahme, die die Sicherheitskameras vom jüngsten Anschlag gemacht hatten, waren total körnig, deshalb erbrachte auch die Gesichtserkennungs-Software keine Resultate.

Declans Auftrag war es, in die Rolle von Tobias Hunter zu schlüpfen, eines auf hydraulisches Fracking spezialisierten Geologen. In dieser Identität sollte er nach Aktivisten unter der Belegschaft der angesehenen Londoner Universität suchen. Er konnte immer noch den strengen Tonfall von Sir James Aiken im Kopf hören.

„Wir neigen oft nicht dazu, Öko-Terrorismus in die gleiche Kategorie einzuordnen wie andere Formen des Terrorismus“, hatte er während des Briefings erklärt.

„Dennoch definieren Interpol, MI-6 und FBI Öko-Terrorismus als höchst signifikante Bedrohung. Die Welt wird von Energien angetrieben, und ohne die wird sie zum Stillstand kommen. Wer Sabotageakte betreibt und Gewalt ausübt, um Fortschritt zu verhindern, ist eine Gefahr für die freie Welt und muss gestoppt werden.“

Declan war nicht ganz sicher, wem Sir James hier etwas vormachen wollte. Er wusste, dass das Immobilien-Imperium seines Schwiegervaters nur einen Teil seiner Einkommensquellen ausmachte. Sir James hatte auch stark in Energiemärkte investiert, und es würde Declan nicht überraschen, wenn er auch Anteile an Drilsink besäße.

Nach einigen Minuten hielt Declan vor einer Tür an und legte seinen elektronischen Ausweis auf das Lesegerät. Die Tür entriegelte sich, und Declan drückte sie auf. In dem kleinen Beobachtungsraum dahinter saß ein Agent im dunklen Anzug vor einer Reihe von Monitoren mit Tastatur und Mikrofon. Eine offene Tüte Jellybeans lag vor ihm, deren farbenfroher Inhalt in einer langen Linie quer über den Tisch aufgereiht war. Sam folgte Declan in den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Der afro-karibische Agent hatte ein jungenhaftes Aussehen, braune Augen und kurzgeschorenes, schwarzes Haar. Er setzte sich abrupt auf, offenbar erschrocken über den unerwarteten Besuch, und entfernte seine Kopfhörer. Dem blechernen Klang eines Disco-Beats nach zu urteilen, lauschte er nicht der Audio-Übertragung aus der Zelle, die zu überwachen eigentlich seine Aufgabe war.

„Wie ist dein Name, Kleiner?“, fragte Declan.

„Lyron, äh … Agent Rockhopper, Sir. Entschuldigung, hier kommt nicht oft jemand her“, sagte der Agent mit einem Birminghamer Akzent. Er warf einen verstohlenen Blick auf die aufgereihten Jellybeans, verzog das Gesicht und schob sie rasch zurück in die Tüte.

„Wir sind–“, begann Sam, aber der Agent unterbrach ihn.

„Oh, ich weiß, wer ihr seid! Desert Fox. Lucky Boy“, gab der Agent zu. In seinen weit aufgerissenen Augen stand Bewunderung.

„Wir wollten nur mal nach unserem kleinen Hausgast sehen“, informierte Declan ihn und versuchte, ein verlegenes Lächeln zu unterdrücken.

Sam kam näher, trat hinter den Stuhl des Agenten und betrachtete die Konsole. Agent Rockhopper kontrollierte von hier aus alles, von der Luft, die Madsson atmete, über Licht und Raumtemperatur bis hin zur audiovisuellen Stimulation. Mahlzeiten und frische Kleidung wurden mittels eines Speisenaufzugs geliefert, sodass Madsson sich in totaler Isolationshaft ohne menschlichen Kontakt befand.

Sam blickte auf zu der Reihe von Monitoren. Sie zeigten eine Zelle, die wie ein billiges europäisches Hostel eingerichtet war, mit einem in die Wand eingelassenem Bett, das aus einem einzigen Stück Plastik geformt war. Erik Madsson saß auf diesem Bett, gekleidet in eine graue Jogginghose und passendem, grauen T-Shirt, und hielt geistesabwesend seine bandagierte linke Hand mit seiner rechten. Er starrte auf einen Fernsehschirm, der wie alles andere in diesem Raum in die Wand eingebaut war, ohne scharfe Kanten oder Teile, die sich entfernen ließen.

In den letzten vier Jahren hatte Madsson zweimal versucht – und darin versagt – Sam zu töten, und Sam hatte keine Ahnung, warum er das Ziel dieser Anschläge war, abgesehen davon, dass er Sir James Aikens Sohn war. Weshalb Sam in der Verkleidung eines gewissen Björn Östbring, schwedischer Attaché für Konsulatsangelegenheiten, und unter Einsatz von Suggestion und Hypnose seinen Erzfeind verhört hatte, um herauszufinden, in wessen Auftrag Madsson handelte.

Während jener unorthodoxen Befragung hatte Sam zwei Namen aus Madsson herausgeholt. Der erste war Ali Amir Alzzalam, ein afghanischer Warlord, den Madsson als seinen Retter bezeichnete – mehr noch, als seinen Gott, weil er Madsson aus einem “Höllenloch” befreit hatte, einem Gefängnis irgendwo in einer nicht genauer bezeichneten Wüstenregion in Afghanistan.

Der zweite Begriff war ein Geheimcode: THE LAB PA. Den hatte er noch ausgespuckt, kurz bevor er infolge der psychischen Belastung durch das Verhör einen Anfall erlitten hatte. Die Buchstaben ließen sich einfach zu dem Wort ALPHABET umstellen. Sam wusste, dass eine Bedeutung dahintersteckte. Er hatte das bereits in seiner Vergangenheit in Verbindung mit irgendetwas gehört, aber er kam nicht darauf, wo. Es machte ihn wahnsinnig.

„Was sieht er sich da an?“, fragte Declan beiläufig.

„Oh, er ist bei Staffel zwei von Strictly Come Dancing“, antwortete Rockhopper fröhlich, und Declan musste unwillkürlich schmunzeln.

„Er darf pro Tag drei Folgen einer TV-Serie gucken. Er hat schon alle 295 Folgen von Last of the Summer Wine geschaut, und im Augenblick arbeiten wir uns durch Unser Schnäppchenhaus.“

„Oh Mann.“ Declan wusste, dass es gegen die Genfer Konvention war, bei Verhören Geräusche einzusetzen, war sich aber nicht sicher, ob es als Folter galt, Madsson täglich dem Geplapper einer Fernseh-Oma auszusetzen.

„Viper sagte, dass Brightnail ziemlich einfallsreich ist und deshalb ruhiggestellt werden muss. Wir experimentieren im Augenblick mit Möglichkeiten, das ohne den Einsatz von Drogen zu erreichen, und schauen, wie er darauf reagiert. Ich kann ihn nicht eine Sekunde lang aus den Augen lassen. Ich muss sicherstellen, dass er nach seiner Fernsehzeit und dem Mittagessen nachmittags Radio hört, die Hausfrauensendung auf BBC und eine Sitcom. Die Nachtschicht ist einfacher; da ist er dann mittlerweile so sauer und erledigt, dass er schläft wie ein Baby.“

Sam fühlte sich auf seltsame Weise unbeteiligt an dem Gespräch, das Declan mit dem jungen Agenten führte, so als würden ihre Stimmen aus einem anderen Raum kommen. Er beobachtete seinen Widersacher beim Fernsehen, nahm dessen Anblick in sich auf. Das hellblonde Haar, die kalten, unbeteiligten, eisblauen Augen, die auf den Fernsehschirm starrten, während er seine verletzte, bandagierte Hand an seine Brust drückte wie einen eingewickelten Säugling. Es verschaffte Sam eine gewisse Befriedigung zu sehen, dass die Finger der Hand, die er mit einem Messer durchbohrt hatte, gekrümmt waren und aussahen, als wäre Madsson nicht fähig, sie zu strecken.

„Seine Tage als Scharfschütze sind gezählt“, hatte Agent Brody schadenfroh erklärt, als Sam sich kurz nach dem Verhör danach erkundigt hatte. Sam hoffte, dass das stimmte, als er nun den Zustand von Madssons Hand betrachtete. Er hoffte, der Bastard würde nicht einmal mehr Essbesteck halten können, geschweige denn geradeaus schießen. Madsson hatte nun Narben, die nie mehr verblassen würden – genau wie die, die er Sam zugefügt hatte.

„Hat er irgendwelchen Ärger gemacht?“, fragte Sam. Seine eigene Stimme klang entfernt und fremd.

„Nö. Seit dem Verhör und der Operation an seiner Hand hat sich sein Verhalten stark verändert.“

Das weckte Sams Interesse. „Inwiefern?“

„Vor deinem Verhör hat er viel trainiert, wie besessen geradezu, so als würde er sich darauf vorbereiten, in die Schlacht gerufen zu werden. Aber jetzt ist es, als hätte er vollkommen aufgegeben. Nichts mehr, wisst ihr? Jetzt, wo er seine Hand nicht mehr benutzen kann, bewegt er sich auch sonst nicht mehr.“

Beinahe bekam Sam Mitleid mit Madsson; durch seine Verletzung behindert zu sein, hatte Sam halb wahnsinnig gemacht. Dann bewegte Madsson sich urplötzlich, und unbewusst trat Sam rasch und einen Schritt zurück. Madsson war wie der Blitz vom Bett hochgeschossen und stand nun aufrecht in der Mitte der Zelle, den Kopf zur Seite geneigt, als würde er konzentriert auf etwas lauschen. Dann drehte er sich einmal um sich selbst, schnupperte in der Luft und starrte bedrohlich in die Kamera. Der Ausdruck seiner Augen war die reine Heimtücke. Es war ein Ausdruck, den Sam schon oft gesehen hatte, und es überlief ihn eiskalt dabei. Madsson lächelte, und dann sagte er, jedes Wort sorgfältig betonend:

„Ich weiß, dass du hier bist, Samuel.“

„Scheiße!“ Declan konnte den Fluch nicht zurückhalten.

Für einen langen Augenblick herrschte Schweigen, während die drei Agenten kollektiv den Atem anhielten. Dann sprach Madsson erneut.

„Du musst verstehen, dass ich noch nicht mit dir fertig bin, Samuel, noch lange nicht“, sagte der Schwede, als würde er nur eine Tatsache feststellen.

Declan trat einem Impuls folgend an Sams Seite und verschränkte die Finger seiner Hand mit denen seines Ehemanns. Die beiden Männer sahen einander an. Das Entsetzen angesichts Madssons Drohung durchfuhr sie wie ein elektrischer Schlag.

Wie konnte Madsson wissen, dass Sam sich im Kontrollraum aufhielt? Der Raum befand sich nicht einmal direkt neben der Zelle. Es war verblüffend und absolut gruselig. Aber wie verstörend es auch war, Sam fand es interessant, dass Madsson sich immer noch benahm, als hätte er die Oberhand in ihrer kranken, ungewollten Beziehung zueinander. Aber Madsson hatte keine Kontrolle mehr. Erinnerte er sich überhaupt an das Verhör? Madsson war fügsam und unterwürfig gewesen, hatte sich nicht gegen Sams Befragung gewehrt. Sam hatte herausgefunden, dass Madssons Verstand so empfänglich für Suggestion war, dass, wer immer den Befehl, Sam zu töten, in sein Hirn gepflanzt hatte, ihm wahrhaftig übel mitgespielt hatte. Sams Verhörmethoden hatten die vielen Ebenen der Gedankenmanipulation durchbrochen und Antworten erhalten, die Mrs. K mit all ihren Drogen und Spritzen nicht aus ihm herausholen konnte.

„Heilige Scheiße! So habe ich ihn noch nie reden gehört. Der Mistkerl ist echt gruselig!“, rief Agent Rockhopper aus. Besorgt über die plötzliche Geistesgegenwart seines Gefangenen drückte er einige Knöpfe an seiner Konsole, dann erklang die fröhliche Titelmusik der BBC-Serie The Archers in Madssons Zelle.

„Aye, ich glaub’, wir haben genug gesehen“, sagte Declan, und Sam nickte.

„Viel Glück, Rockhopper!“, rief Declan über die Schulter, als er sich zum Gehen wandte.

Sam verließ den Kontrollraum, ohne ein Wort zu sagen. Er schwieg, während sie durch den Korridor zurückgingen. Aber die leiser werdenden Töne der schwungvollen Radiomusik aus den Fünfzigern hatten in Sams Ohren noch nie so bedrohlich geklungen.

****

KAPITEL 2

Umzug

Es war nicht so, dass Declan nicht gewusst hätte, was auf sie zukommen würde. Aber jetzt war der Tag da, an dem er und Sam aus ihrer gemeinsamen Wohnung auszogen – fort aus Mayfair und der Normalität, die sie beide so schätzten.

Declan lief im Flur auf und ab, während Sam damit beschäftigt war, in der Wohnung seine Besitztümer einzusammeln – einen Stift, den er besonders gern mochte, und einen Notizblock. Beides steckte er in die Kuriertasche, die neben der Vordertür stand.

Declan konnte nicht fassen, wie sehr der Gedanke, von Sam getrennt zu leben, ihn stresste. Er hatte so lange darauf gewartet, die Person zu finden, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte, und nun, da er und Sam verheiratet waren, wurden ihnen neue Hindernisse in den Weg gelegt. Ohne Sam an seiner Seite zu arbeiten … dem fühlte Declan sich einfach nicht gewachsen. Sam war seit acht Jahren Geheimagent, und sein Wissen und seine Erfahrung übertrafen bei Weitem, was Declan nach seinen wenigen Monaten als Agent vorzuweisen hatte. Sam war es gewohnt, schnell zu denken und unter Druck kluge Entscheidungen zu treffen. Er war es gewohnt, sich in jedwedes Werkzeug zu verwandeln, das James von ihm verlangte zu werden, um an die benötigten Informationen zu gelangen. Declan versuchte sich damit zu beruhigen, dass James ihn nicht zum Einsatz bringen würde, wäre er nicht davon überzeugt, dass er der richtige Mann für den Job war. Und er versuchte, die Übelkeit erregende Nervosität und dunklen Vorahnungen abzuschütteln, die mit der Aussicht einhergingen, wer weiß wie lange von seinem Ehemann getrennt zu sein. Aber seine Selbstsicherheit hatte sich in Luft aufgelöst, und die trübsinnigen Gedanken verharrten in seinem Kopf wie dunkle Schatten.

„Kannst du mir nich’ wenigstens irgendwas sagen?

---ENDE DER LESEPROBE---