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Schon seine Taufe machte ihn zu einem Besonderen seiner Art: Der Mond verbarg sich im Schatten der Erde, als der Arapaho-Indianer vor Jahrhunderten durch den Trunk aus dem Lilienkelch zum Vampir wurde. Durch die Verbundenheit mit seinem Totemtier gelang es Hidden Moon jedoch, den dunklen Trieben zu entsagen. So lebte er in Einklang mit der Natur – bis das Böse nach ihm griff... Seither ist er der gefährlichste aller Vampire. Und er steht erst am Anfang seines Weges in eine Zukunft, wie sie dunkler nicht sein könnte. Denn sein Herr ist der Leibhaftige! BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.
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ADRIAN DOYLE
&
TIMOTHY STAHL
BLUTVOLK, Band 34:
Im Zeichen des Adlers
Roman
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Die Autoren
Was bisher geschah...
IM ZEICHEN DES ADLERS
Vorschau auf BLUTVOLK, Band 35: DAS GIFT DES BÖSEN
von ADRIAN DOYLE und TIMOTHY STAHL
Glossar
Schon seine Taufe machte ihn zu einem Besonderen seiner Art: Der Mond verbarg sich im Schatten der Erde, als der Arapaho-Indianer vor Jahrhunderten durch den Trunk aus dem Lilienkelch zum Vampir wurde.
Durch die Verbundenheit mit seinem Totemtier gelang es Hidden Moon jedoch, den dunklen Trieben zu entsagen. So lebte er in Einklang mit der Natur – bis das Böse nach ihm griff...
Seither ist er der gefährlichste aller Vampire. Und er steht erst am Anfang seines Weges in eine Zukunft, wie sie dunkler nicht sein könnte. Denn sein Herr ist der Leibhaftige!
BLUTVOLK – die Vampir-Horror-Serie von Adrian Doyle und Timothy Stahl: jetzt exklusiv als E-Books im Apex-Verlag.
Manfred Weinland, Jahrgang 1960.
Adrian Doyle ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers, Übersetzers und Lektors Manfred Weinland.
Weinland veröffentlichte seit 1977 rund 300 Titel in den Genres Horror, Science Fiction, Fantasy, Krimi und anderen. Seine diesbezügliche Laufbahn begann er bereits im Alter von 14 Jahren mit Veröffentlichungen in diversen Fanzines. Seine erste semi-professionelle Veröffentlichung war eine SF-Story in der von Perry-Rhodan-Autor William Voltz herausgegebenen Anthologie Das zweite Ich.
Über die Roman-Agentur Grasmück fing er Ende der 1970er Jahre an, bei verschiedenen Heftroman-Reihen und -Serien der Verlage Zauberkreis, Bastei und Pabel-Moewig mitzuwirken. Neben Romanen für Perry-Rhodan-Taschenbuch und Jerry Cotton schrieb er u. a. für Gespenster-Krimi, Damona King, Vampir-Horror-Roman, Dämonen-Land, Dino-Land, Mitternachts-Roman, Irrlicht, Professor Zamorra, Maddrax, Mission Mars und 2012.
Für den Bastei-Verlag hat er außerdem zwei umfangreiche Serien entwickelt, diese als Exposé-Autor betreut und über weite Strecken auch allein verfasst: Bad Earth und Vampira.
Weinland arbeitet außerdem als Übersetzer und Lektor, u. a. für diverse deutschsprachige Romane zu Star Wars sowie für Roman-Adaptionen von Computerspielen.
Aktuell schreibt er – neben Maddrax – auch an der bei Bastei-Lübbe erscheinenden Serie Professor Zamorra mit.
Timothy Stahl, Jahrgang 1964.
Timothy Stahl ist ein deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Geboren in den USA, wuchs er in Deutschland auf, wo er hauptberuflich als Redakteur für Tageszeitungen sowie als Chefredakteur eines Wochenmagazins und einer Szene-Zeitschrift für junge Leser tätig war.
In den 1980ern erfolgten seine ersten Veröffentlichungen im semi-professionellen Bereich, thematisch alle im fantastischen Genre angesiedelt, das es ihm bis heute sehr angetan hat. 1990 erschien seine erste professionelle – sprich: bezahlte - Arbeit in der Reihe Gaslicht. Es folgten in den weiteren Jahren viele Romane für Heftserien und -reihen, darunter Jerry Cotton, Trucker-King, Mitternachts-Roman, Perry Rhodan, Maddrax, Horror-Factory, Jack Slade, Cotton Reloaded, Professor Zamorra, John Sinclair u. a.
Besonders gern blickt er zurück auf die Mitarbeit an der legendären Serie Vampira, die später im Hardcover-Format unter dem Titel Das Volk der Nacht fortgesetzt wurde, und seine eigene sechsbändige Mystery-Serie Wölfe, mit der er 2003 zu den Gewinnern im crossmedialen Autorenwettbewerb des Bastei-Verlags gehörte.
In die Vereinigten Staaten kehrte er 1999 zurück, seitdem ist das Schreiben von Spannungsromanen sein Hauptberuf; außerdem ist er in vielen Bereichen ein gefragter Übersetzer. Mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt er in Las Vegas, Nevada.
Bei der Flucht aus den Gefilden der Hölle – eine Dimension, die einst durch den Fall des Engels Luzifer entstand – werden die Persönlichkeiten von Lilith Eden und ihrem ärgsten Feind Landru gelöscht; sie wissen nicht einmal mehr, dass sie Vampire sind!
Während Lilith in Australien nach Spuren ihrer Herkunft sucht, taucht Gabriel, eine Inkarnation Satans, bei Landru auf. Er schließt einen Pakt mit ihm und gibt ihm die Erinnerung zurück.
Von der Werwölfin Nona erfährt Landru, dass der Dunkle Dom, die Heimstatt der Hüter, zerstört ist! Er muss in Erfahrung bringen, was dort geschah – schließlich war er selbst einer jener Hüter, die mit dem Lilienkelch das Geschlecht der Vampire verbreiteten. Zuvor aber kümmert er sich um Lilith; mit ihr hat er besondere Pläne. Derweil erwacht im Dunklen Dom der letzte überlebende Kelchhüter: Anum, der damals auch der erste Hüter war.
Landru offenbart Lilith, dass sein Gedächtnis zurückgekehrt ist. Er gibt vor, sich auch an ihre Identität zu erinnern: In Mittelamerika gäbe es eine Stadt, in der ihre gemeinsamen Kinder auf sie warteten. Diese Stadt – Mayab – ist mit Kelchmagie von der Umwelt abgeschirmt. In ihr leben Maya noch so wie vor einem halben Jahrtausend. Doch etwas in Lilith wehrt sich gegen die von ihr verlangten Grausamkeiten, und so zieht sie sich gleichermaßen den Zorn Landrus, den Unmut ihrer »Kinder«... und die Sympathien der Maya zu, für die sie zum Hoffnungsträger wird.
Zu lange schon hat Landru sich mit seiner Erzfeindin befasst; nun bricht er zum Ararat auf. Doch Anum hat den Dom bereits verlassen. Aus der EWIGEN CHRONIK, der Geschichtsschreibung des Bösen, erfuhr er von Landrus Machtgelüsten und Versagen. Nun will er das Schicksal seines Volkes in die eigenen Hände nehmen. Um die CHRONIK zu schützen, füllte Anum den Dom mit Säure und ließ einen Wächter zurück. Landru tappt in die Falle, erringt letztendlich aber das Buch. Er selbst kann die Schrift darin nicht lesen, weiß aber, dass Lilith diese Fähigkeit besitzt.
In Mayab spitzt sich die Situation zu. Liliths Einsatz für die Bevölkerung ermutigt die Widerstandsbewegung der Tiefen, einen Schlag gegen die Tyrannen zu führen.
Landrus Rückkehr beendet die Rebellion, die nur vier der Tyrannen überleben, auf drastische Weise. Dann zwingt er Lilith unter Hypnose, ihm aus der EWIGEN CHRONIK vorzulesen. Doch seine Frage nach dem Wirken des Satans endet im Fiasko: Plötzlich beginnt Lilith, von einer fremden Macht beseelt, das Buch zu zerstören! Und das ist nicht alles! Der Weltenpfeiler, der das Gewölbe über Mayab stützt, flackert – die Welt ist dem Untergang geweiht!
Landru und Nona fliehen aus Mayab; Lilith bleibt mit der CHRONIK zurück. Nun kann sie zwar darin lesen und ihre Herkunft erfahren, doch was nutzt es ihr im Angesicht des sicheren Todes?
Da taucht Gabriel bei ihr auf – und bietet auch Lilith einen Pakt an. Sie hat keine Wahl, will sie überleben. So sichert sich die Inkarnation Satans auch ihre Loyalität...
Vor zwölf Monden
South Dakota, am oberen Missourilauf
Makootemane hatte seinen Tod vorausgeahnt. Nun spürte er ihn ganz nahe – aber der alte Indianer unternahm nichts, um sich seiner zu erwehren. Nur die Hände hob er, matt und müde, doch die Bewegung war kaum mehr als ein Reflex. Beeindrucken ließ sich das schwarzhaarige Weib davon nicht – und auch nicht aufhalten.
Mit regloser Miene ergab sich Makootemane in sein Schicksal. Geradezu gleichgültig musste er jedem anderen erscheinen. Tatsächlich aber nahm der Häuptling auf seine ganz eigene Weise Abschied von diesem Dasein...
... noch bevor Lilith Eden ihm jene Art des Todes bescherte, die selbst die Unsterblichkeit eines Vampirs beendet.
Das morsche Knirschen seiner brechenden Nackenwirbel war das letzte Geräusch, das Makootemane in seinem über dreihundertjährigen Leben vernahm. Im Grunde hörte er es nicht einmal mehr richtig – der Laut drang wie von fern zu ihm, und der Schmerz, der mit dem Genickbruch doch unweigerlich einhergehen musste, blieb gänzlich aus; als erfahre ein ganz anderer diesen Tod, nicht aber der uralte Arapaho selbst.
Makootemane sah, wie sein Fleisch mürbe wurde und sich von den Knochen löste, zu flockigem Staub zerfiel, wie alles Organische des Körpers und letztlich auch die Knochen zu Asche wurden – aber er spürte nichts von alledem.
Was sterblich war an ihm, ging den Weg alles Irdischen, jetzt endlich, nachdem es der Natur so lange Zeit widerstanden hatte. Binnen weniger Sekunden forderte sie ein, worum sie über Jahrhunderte betrogen worden war.
Das Unsterbliche in Makootemane indes, sein wahres und tiefes Wesen, blieb unberührt davon. Es löste sich aus dieser Welt und trieb davon, nach oben und zu allen Seiten hin zur gleichen Zeit. Das Dorf seines Stammes verschwand in der Tiefe sowie in der Ferne zugleich.
Doch dem Alten war nicht weh darum. Er hatte um seinen Tod gewusst und Zeit gehabt, sich auf den endgültigen Abschied vorzubereiten. Nichts hatte er unternommen, um das Sterben abzuwenden. Nicht noch einmal hatte er die Pfade des Schicksals umleiten wollen – wie er es damals getan hatte, vor über dreihundert Jahren...
... als Landru den Stamm der Arapaho aufgesucht hatte.
Zunächst hatte der Hüter des Lilienkelchs damals Makootemane aus dem Kelch zu trinken gegeben, von seinem eigenen schwarzen Blut. Als der Häuptling daran gestorben und dann als Vampir wiedererstanden war, hatte der Hüter des Unheiligtums zwölf Kinder des Stammes auserwählt und sie mit Makootemanes nunmehr ebenfalls geschwärztem Blut getauft.
Aber Makootemane, Oberhaupt dieser neugeschaffenen Sippe, hinterging den Hüter: Indem er seinem Adler heimlich vom Kelchblut zu trinken gab, gelang es ihm, sich mit der reinen Seele des Tieres zu verbinden und dadurch das Böse zu überwinden. Seine vampirischen Kinder folgten seinem Beispiel, und so lebten die Arapaho-Vampire fortan in einer Art Symbiose mit den Menschen, denen sie nur so viel Blut abverlangten, wie sie zum Überleben brauchten – und ohne mit ihrem Biss je zu töten.1
So waren die Dinge also über drei Jahrhunderte in für Vampire ungewöhnlichen und ruhigen Bahnen verlaufen. Die Arapaho-Sippe hatte ihr geheimes Dasein geführt, unberührt von dem, was jenseits der Grenzen ihrer Jagdgründe vorging –
– bis ein todbringender Keim Makootemane infiziert hatte: der Keim jener Seuche, zu deren Träger alle vampirischen Sippenoberhäupter der Welt wurden. Ohne allerdings selbst daran zu sterben. Doch sie übertrugen den Keim auf ihre Kinder, und die hatten jenem Zorn Gottes nichts entgegenzusetzen, gingen elend daran zugrunde.
Makootemane jedoch war diesem Schicksal auf seine ganz eigene Weise begegnet, um seinen Stamm vor dem Niedergang zu bewahren. Auf spiritueller Ebene hatte er sich der Bedrohung gestellt. In der Gestalt seines Totemtieres, des Adlers, hatte er den Kampf gegen den Purpurdrachen, der die Traumgestalt der Seuche gewesen war, gewonnen –
– und ihn mit dem Verlust seiner Kräfte bezahlt...
So war er letztlich ein leichtes Opfer für Lilith Eden gewesen, die unter dem bösen Einfluss des Seuchenkeims über Makootemane hergefallen war und ihn getötet hatte.2
Nun, seinen Körper zumindest.
Makootemanes Geist indes entkam dem Tod. Er floh aus dieser Wirklichkeit, als trügen magische Adlerschwingen ihn fort; er ritt auf dem Wind, und schließlich kam es ihm vor, als würde er selbst Teil des Windes – mehr noch: Teil all dessen, was die Natur und ihre Gewalten und Wunder ausmachte. Der Arapaho glaubte sich mit der Welt selbst verschmolzen, eins geworden –
– und musste doch schon im nächsten Moment erkennen, dass dem nicht so war. Ganz und gar nicht!
Die Brise, die ihn bis eben noch sanft getragen hatte, gewann unvermittelt an Kraft, wuchs sich zu einem Sturm aus, der mit unsichtbaren Klauen nach Makootemanes körperlosem Wesen schlug, daran zerrte und es zu zerreißen drohte. Im wörtlichen Sinne hin und hergerissen fühlte er sich. Trotzdem ihm Schmerz noch immer fremd war, schrie der Arapaho auf, freilich stumm – und doch wurde der Sturmwind davon noch angefacht!
Alles um seinen Geist her schien in irrem Brodeln und Wirbeln zu vergehen, und schließlich fühlte auch er selbst sich davon erfasst, als schlürfe ihn eine gestaltlose Monstrosität in ihren Schlund.
Makootemane hatte dem Sog nichts entgegenzusetzen außer der Macht seines Geistes. Er dachte an Widerstand, versuchte sich bildlich vorzustellen, wie er gegen die fremden Kräfte ankämpfte. Und tatsächlich gewann er ein klein wenig an Boden. Für einen zeitlosen Moment ließ das Zerren und Ziehen von ihm ab, tobten die Gewalten nur um ihn herum, ohne ihn zu anzurühren.
Und in diesem Moment entdeckte der Alte das Licht.
Nicht auf die Art, in der ein Mensch sieht. Dieses Licht zu sehen, dazu bedurfte es keiner Augen. Makootemane erfasste es, begriff und verstand es. Wusste schlicht, was es verhieß.
Erlösung. Ruhe. Ewigen Frieden.
Dieses Licht musste sein Ziel sein. Denn jenseits davon, und auch das wusste er plötzlich mit untrüglicher Gewissheit, lag das Land seiner Ahnen, jenes Reich, in dem alle Geister sich wiederfanden, wenn der Tod sie vom Leib geschieden hatte.
Die Legenden seines Volkes berichteten von diesem Land, und Makootemane hatte sie nie vergessen. Auch nach seinem ersten Tod, den er als Vampir überwunden hatte, waren diese Legenden in einem Winkel seiner Erinnerung geblieben. Und er hatte in dreihundert Jahren die Hoffnung nicht verloren, irgendwann Einlass zu finden in jenes Land, von dem es in den Geschichten der Weißen hieß, die Indianer würden es die Ewigen Jagdgründe nennen.
Obwohl es so etwas wie Entfernung für Makootemane nicht mehr gab, nicht hier zumindest, lag das Licht doch unendlich weit weg. Dennoch würde ihm ein Gedanke genügen, es zu erreichen. Er stellte sich vor, wie es sein musste, darauf zuzutreiben.
Gleißend hell war es schon jetzt, ungleich strahlender als die Sonne am heißesten Tag, und vom reinsten Weiß, wie Makootemane es auf Erden nie gesehen hatte; und mit jedem Stück, um das er dem Licht näherkommen würde, musste seine leuchtende Kraft noch zunehmen. Bis ihn schließlich eine Macht ergreifen und leiten würde, die ihn in das Licht hineintrug, auf dass er in das Land jenseits davon einging...
Aber so geschah es nicht.
Wohl fühlte Makootemane sich von einem Sog erfasst, doch der brachte ihn dem Licht nicht näher, sondern ließ es weiter abrücken. Weil die fremde Kraft von anderswo nach ihm langte, kalt und beißend, und seinen Geist zu sich hinabzerrte –
– dorthin, wo das Gegenstück des Lichtes lauerte: etwas wie kochende Finsternis, sturmdurchwühlten Wolken in dunkelster Nacht gleich.
Makootemane mühte sich, der Anziehungskraft des lichtlosen Schlundes zu entkommen. Er stellte sich vor, gegen den eisigen Strom zu schwimmen, der diesem Moloch zufloss. Alle Kraft seines Geistes verwandte er darauf. Und wirklich wurde seine Anstrengung mit Erfolg belohnt – wenn auch nur mit geringem: Denn obwohl es ihm gelang, Abstand zu halten zu der brodelnden Finsternis, kam er doch auch dem Licht nicht näher.
Der Geist des Arapaho hing wie gebannt dazwischen. War gefangen zwischen... Himmel und Hölle?
Der Gedanke schien ihm ebenso banal wie absurd. Und dass er nicht wirklich zutraf, erfuhr er im nächsten Moment. Tatsächlich nämlich gestaltete sich seine Situation um vieles misslicher, vielfältiger in gewissem Sinne: Denn es gab nicht allein zwei Pole, zwischen denen er sich befand – sondern deren viele. Unzählige!
Hatte er sich eben noch von wirbelndem Nichts umgeben geglaubt, vermochte Makootemane nun zu sehen, was sich darin verbarg
Welten!
Aber – handelte es sich um wirkliche Welten?
Die Eindrücke, die der Arapaho auffing, wechselten in so rascher Folge, dass er keinen lange genug festhalten konnte, um ihn auch im Detail zu verarbeiten. Bizarre Szenarien waren es in jedem Fall, viele absolut fremdartig, andere vage vertraut. Makootemane fühlte sich in ihrem Tanz gefangen, als sei er selbst Teil eines mysteriösen Kaleidoskops, das unentwegt neue Bilder schuf.
Eines aber registrierte sein Geist sehr wohl: Nichts von dem, was er empfing, schien ihm wirklich echt. Jeder einzelne Eindruck kam ihm auf schwer in Worte zu fassende Weise unfertig vor. Als handle es sich bei alldem nur um unausgegorene Ideen von Welten, vielleicht um nie vollendete Pläne eines Gottes – oder von Göttern...
Makootemane hatte das Gefühl, als sei zumindest dieser letzte Gedanke nicht sein eigener; als habe er ihn nur aufgefangen inmitten des wirbelnden Wahnsinns rings um ihn her.
Aber er kam ohnedies nicht dazu, ihn weiterzuverfolgen. Denn plötzlich –
– griffen diese tosenden Kräfte wiedernach ihm, mit solcher Macht, dass die Kraft seines Geistes nicht länger genügte, um ihnen zu widerstehen.
Das Licht, auf das Makootemane hatte zustreben wollen, verschwand im Wirbel der Welten.
Wie hatte ich auch nur hoffen können, Einlass zu finden ins Land meiner Ahnen? durchfuhr es ihn. Ich bin nicht wie sie – seit dreihundert Jahren nicht mehr! Auf Wesen meiner Art – ganz gleich, wie sie ihr Schicksal auch meisterten – kann einzig ewige Verdammnis warten!
Er fühlte sich verloren zwischen den tobenden Eindrücken. Sie zerrieben seinen Geist, als wollten sie alle einen winzigen Teil davon erhaschen. Fast sehnte der Arapaho sich danach, dass der Sog aus jenem finsteren Moloch wieder nach ihm greifen und ihn hinabzerren möge, damit er diesem Irrsinn entginge.
Und beinahe wünschte Makootemane sich, Schmerz empfinden zu können – weil Schmerz den puren Wahnsinn, der auf ihn einstürmte, vielleicht gelindert hätte; zumindest aber wäre er etwas wie ein Ventil gewesen, durch das der Alte seinen Geist hätte erleichtern können.
So aber war er alldem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Und womöglich würde es nie enden.
Wie lange währt eine Ewigkeit? ging es Makootemane durch den schon zerrütteten Sinn.
Er erfuhr es nicht.
Noch nicht.
Denn ihm wurde geholfen...
Makootemane fühlte sich, als müsse er ertrinken in der Flut kochender Eindrücke seltsamer Welten. Tatsächlich war das Gefühl um vieles schlimmer! Schon weil der Tod ihm keine Aussicht auf Erlösung zu verheißen vermochte. Nicht mehr...
Als er unvermittelt aus dem Mahlstrom herausgerissen wurde, schien es dem Arapaho so, als habe eine Hand nach ihm wie nach einem Ertrinkenden gegriffen und ihn im letzten Moment aus dem Wasser gezerrt! Obwohl der Vergleich freilich nicht wirklich zutraf. Die Wirklichkeit war... unbeschreiblich.
Aber Makootemane verschwendete ohnedies keinen Gedanken daran, wie sein Entkommen im Einzelnen vonstatten gegangen war. Schon weil ihm die Kraft dazu fehlte, und weil seine Gedanken ein wüstes Durcheinander hinter seiner Stirn waren, als wüte der Weltensturm dort weiter –
Hinter seiner Stirn?
Irritiert hielt Makootemane inne. Wie konnte er den Eindruck haben, etwas geschehe hinter seiner Stirn – wo er doch keinen Körper mehr besaß!
Seine rechte Hand fuhr hoch, an seinen Augen vorüber, berührte die Stirn!
Mit den Fingern der Linken tastete er über seine Rechte, wie um sich davon zu überzeugen, dass sie wirklich vorhanden und stofflich war. Er spürte kühle, ledrig spröde Haut – die Färbung jedoch... Sie war rötlich, wie bei seinem Volk üblich, trotzdem schien sie ihm ungewohnt, anders; ihr Ton war nicht exakt derselbe wie – nun, wie zu seinen Lebzeiten eben.
Und genauso verhielt es sich mit der Landschaft, in der Makootemane sich unvermittelt wiederfand!
Steppengras entspross dem kargen Boden, dazwischen reckten vereinzelte Sträucher ihr dürres Geäst knöchernen Fingern gleich dem Himmel entgegen. In der Ferne markierten Berge den Horizont.