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Glühende Augen in der Finsternis. Formen, die ich nicht ausmachen kann. Laute, die nicht menschlich sind. Sie haben mich entführt und eingesperrt. Ich bin nicht allein hier drin. Ich soll den Hunger einer Bestie stillen. Die Augen sagen mir, wonach er giert. Es gibt keinen Ausweg. Ich bin der Kreatur ausgeliefert. Doch er weckt etwas in mir. Etwas, dem ich mich nicht entziehen kann. Monster gibt es wirklich. Doch ich weiß nicht, ob sie in der Dunkelheit lauern. Oder stehen sie vor der Zellentür und halten den Schlüssel? Dark Paranormal Romance aus dem Hause Stone ist heiß, düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend. Es gibt eine Inhaltswarnung - man sollte sie lesen. ~~~~~~~~~~~~~~ Die Bonded Fate-Reihe baut aufeinander auf. Das erste Buch kann unabhängig gelesen werden, danach empfiehlt es sich, der Reihe nach zu lesen. - Dies ist Band 2 der Reihe!
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Seitenzahl: 396
Bonded Fate -
The Beast
Kitty & Mike Stone
Dark Paranormal Romance
Glühende Augen in der Finsternis.
Formen, die ich nicht ausmachen kann.
Laute, die nicht menschlich sind.
Sie haben mich entführt und eingesperrt.
Ich bin nicht allein hier drin.
Ich soll den Hunger einer Bestie stillen.
Die Augen sagen mir, wonach er giert.
Es gibt keinen Ausweg.
Ich bin der Kreatur ausgeliefert.
Doch er weckt etwas in mir.
Etwas, dem ich mich nicht entziehen kann.
Monster gibt es wirklich.
Doch ich weiß nicht, ob sie in der Dunkelheit lauern.
Oder stehen sie vor der Zellentür und halten den Schlüssel?
Dark Paranormal Romance aus dem Hause Stone ist heiß, düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend.
Es gibt eine Inhaltswarnung - man sollte sie lesen.
Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2021
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Impressum:
Kitty Stone & Mike Stone
Breslauer Str. 11, 35274 Kirchhain
© September 2021 Kitty Stone/Mike Stone
Alle Rechte vorbehalten!
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis durch die Autoren.
Covergestaltung: Giusy Ame Magicalcover.de /
Bilder: depositphotos.com/ shutterstock.com
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Warnung vor dem nächsten Wolf
Oder einem ganzen Rudel von der Sorte
Der zweite Teil der Bonded Fate Serie ist nicht nur eine Dark Paranormal Romance, sondern auch eine Fortsetzung des ersten Teils mit neuen Protagonisten und einem Wiedersehen mit alten Bekannten. Erneut geht es um die Wesen, die sich selbst Wendigos nennen. Diesmal kommen allerdings auch noch andere Dinge hinzu, die in den paranormalen Bereich fallen.
Außerdem ist es eine Dark Romance und wer den Vorgänger kennt, darf nicht mit weniger Blutvergießen, Grausamkeiten, experimentierenden Bösewichten und erschreckenden Momenten rechnen. Auch die Tränendrüse ist diesmal ein faires Ziel. Dazu kommt eine gewisse, nicht zu unterschätzende Hitze beim Aufeinandertreffen von Bestie und Frau.
Es wäre eine andere Geschichte, wenn den Protagonisten nicht wieder übel mitgespielt würde. Es kann stellenweise wirklich an die Substanz gehen. Darauf muss man sich einstellen. Die Bösen sind ausgesucht gemein und lassen sich noch mehr Hinterhältigkeiten und Qualen einfallen, als zuvor. Ob sie ihre gerechte Strafe erhalten, weiß der Geier (und die Autoren). Und auch die Guten verteilen einige Karnickelfangschläge und richten sich nicht notwendigerweise nach gutbürgerlichen Moralvorstellungen bei ihren Handlungen und Entscheidungen.
Das alles ist nicht neu. Wer sich ausgerechnet dieses Buch als erstes Werk aus der Feder des Autorenpaares aussucht, ist besser beraten, zumindest den ersten Band der Reihe zu lesen. Es ist ein eigenständiger Roman, der alle notwendigen Erklärungen liefern sollte, um auch für sich genommen verstanden zu werden. Doch die Rahmenhandlung ist eine Fortsetzung. Man gerät also mitten in die Gesamtgeschichte hinein, was nicht die von den Verfassern empfohlene Reihenfolge darstellt.
Wer es nicht ertragen kann, wenn den Charakteren Dinge aufgezwungen werden, die sie nicht wollen, dem raten wir von diesem und allen unseren Büchern ab. Wer meint, es gäbe viele Worte, die man mit X-Wort abkürzen muss oder Bezeichnungen für Menschen aus anderen Kulturkreisen, die man als Außenstehender nicht benutzen darf, der lässt besser die Finger hiervon. Wer allerdings eine gute Geschichte, die manchmal hart rangeht und kein Blatt vor den Mund nimmt, zu schätzen weiß …
Der sei unser Gast und herzlich eingeladen.
Nach diesem Band wird es noch einen weiteren geben. Man kann nach jedem Buch ein gedankliches Ende dahinter setzen und sich die Geschichte weiterspinnen, aber dann verpasst man natürlich, was wir uns ausdenken und wem wir als Nächstes übel mitspielen oder einheizen werden.
Dieser Teil der Erzählung spielt in unserem gegenwärtigen Hier und Jetzt. So ungefähr. Angefangen hat alles im ersten Band vor einigen Jahrzehnten und weiter wird es Jahre später gehen. So viel sei noch angemerkt.
Ihr seid nun gewarnt. Viel Vergnügen!
Drake
Ich folge Brian, als er in eine Seitengasse abbiegt. Seine massive Gestalt wäre für menschliche Augen kaum zu erkennen, so schnell bewegt er sich. Doch wir sind von der gleichen Art und Freunde seit unserer Kindheit. Wir haben unzählige Male zusammen gejagt und schon eine Menge Kämpfe Seite an Seite ausgetragen. Ich könnte ihm sogar mit geschlossenen Augen auf den Fersen bleiben, wenn ich müsste.
Meine Gedanken rasen, doch ich kann mir noch keinen Reim auf die Geschehnisse machen. Unsere Verfolger sind dicht hinter uns und gehen verdammt koordiniert vor. Sie scheinen genau zu wissen, womit sie es zu tun haben. Das ist verflucht beunruhigend!
Sie sind keine Plünderer, das ist sicher. Und auch keine wütenden Vertriebenen, die für die letzte Erweiterung des Reservats meines Volkes Rache nehmen wollen, indem sie in unser Territorium eindringen. Mit solchen Kerlen hatte ich schon genug zu tun und sie kommen nicht mit militärischen Kampfanzügen und futuristischen Waffen daher. Diese Leute sind entweder Soldaten oder zumindest professionelle Söldner. Und das ist mehr, als ich erwartet habe.
›Fuck!‹, höre ich Brian in meinen Gedanken fluchen, während er abrupt stoppt.
›Weiter!‹, treibe ich ihn an.
Wenn wir eine Chance haben wollen, diese Sache zu unseren Gunsten zu entscheiden, müssen wir den perfekten Ort auswählen, um uns den Verfolgern zu stellen. Eine lange, schmale Gasse ohne Deckung kommt dafür nicht infrage, denn die anderen haben mit ihren Waffen ganz klar den Reichweitenvorteil.
Kurz wallt in mir auf, wie sehr ich Schusswaffen hasse. Wenn ich jage oder kämpfe, tue ich das mit den Waffen, die meine natürliche Gestalt mir verleiht. Meine Eltern haben versucht, mir den Wert der Vertrautheit mit anderen Optionen zu vermitteln, aber ich habe einfach nie den Sinn darin gesehen. Jetzt … wäre ich für eine Pistole oder ein Gewehr durchaus dankbar, auch wenn ich meine menschliche Gestalt annehmen müsste, um davon Gebrauch zu machen.
›Sackgasse‹, reißt mich der Gedanke meines besten Freunds aus meinen Überlegungen.
Scheiße! Das ist nicht gut!
Ich richte meine Aufmerksamkeit nach vorne, statt hinter uns nach den Verfolgern zu suchen, die uns bald einholen müssen. Es ist sogar noch schlimmer. ›Scheiße‹ ist eindeutig zu schwach für die drei Wände mehrstöckiger Gebäude, die sich vor uns auftürmen.
Ein einziger Blick reicht aus, um mir zu sagen, dass wir es nicht einmal mit Anlauf schaffen würden, bis auf die Dächer zu gelangen. Wir sind eingeschlossen und ich kann unsere Jäger bereits hören.
›Klettern wir?‹, will Brian wissen.
Das wäre eine Lösung, wenn wir etwas mehr Zeit hätten. Die Hauswände würden Halt bieten, wenn wir unsere Klauen hineinschlagen. Das wäre nicht das erste Mal. Doch …
»Kontakt!«, dringt ein Wort aus einer menschlichen Kehle an meine scharfen Ohren.
Es ist nur geflüstert und der Besitzer befindet sich am Eingang der Gasse, aber ich höre es, als würde er neben mir stehen. Und ich weiß, was es bedeutet: Jemand hat uns im Visier. Tief einatmend wende ich mich dem Beobachter zu und mache mich sprungbereit.
›Also kämpfen wir‹, meint Brian und seine Gedanken sind von grimmiger Zufriedenheit erfüllt. ›Endlich.‹
›Vergiss nicht den Plan‹, mahne ich ihn, denn er genießt es zu sehr, sich im Blutrausch zu verlieren. Er kann in völlige Raserei verfallen und das … wäre gerade mehr als ungünstig.
›Scheiß auf den Plan‹, gibt er mit einem vernehmbaren Grollen zurück und bestätigt meine Befürchtungen.
Er ist wütend. Er will kämpfen. Töten. Und gewinnen.
›Wir müssen …‹, setze ich an, um zu versuchen, zu ihm durchzudringen.
Das Pfeifen eines Querschlägers unterbricht mich. Kein Schussgeräusch ist zu hören. Diese Waffen sind teuflisch und das macht mir vielleicht am allermeisten Sorge. Eines dieser Projektile hat mich schon gestreift und ich weiß nicht, wie viele Treffer wir selbst mit all der Kraft unserer wahren Gestalten aushalten können, bevor es uns in die Knie zwingt. Die Ungewissheit gefällt mir ganz und gar nicht!
Mit einem Brüllen, das mein Blut trotz meiner Zurückhaltung in Wallung bringt, springt mein Kindheitsfreund und Jagdgefährte ab und stürmt auf die Gasseneinmündung zu. Er trifft eine Entscheidung für uns beide. Und ich kann es ihm nicht verdenken.
Ich sehe zu beiden Seiten der Mündung die Bewegungen von Menschen, die sich zurückziehen. Dann entdecke ich etwas auf dem Dach direkt voraus. Mein Nackenfell stellt sich auf, als eine böse Ahnung mich überfällt …
›Brian, zurück!‹, versuche ich ihn zu warnen.
Doch er kann nicht mehr stoppen und will es auch nicht. Mit der Geschwindigkeit, die nur ein Wesen unserer Art mithilfe von Armen und Beinen zu erreichen vermag, schießt er auf den Anfang der Gasse zu und setzt zu einem Bogenlauf an, der ihn an der gegenüberliegenden Hauswand entlang um die Ecke nach rechts tragen soll. Wie ein Projektil aus Fleisch, Muskeln, Knochen und tödlichen, natürlichen Waffen schießt er auf die Kreuzung hinaus. Dann … bricht die Hölle los!
Fassungslos sehe ich dabei zu, wie ein Blitzgewitter zu beiden Seiten losbricht. Es gibt praktisch keinen Lärm, nur Lichterspiel. Und es gibt Brian, der in vollem Lauf zu zucken beginnt und statt um die Ecke zu stürmen das Gleichgewicht verliert, um mit voller Wucht gegen die Hauswand zu krachen.
Mit einem Brüllen richte ich mich auf und setze mich selbst in Bewegung. Mein Freund zuckt, als würde er unter Strom stehen. Und das scheint sogar der Fall zu sein, doch der Hauptgrund sind … Einschläge. Dutzende Projektile, die sich in seinen Körper bohren, als wäre er in ein Kreuzfeuer von Maschinengewehren gelaufen. Nur dass die Geschosse dünne Metallnadeln sind, die irgendwie auf extreme Geschwindigkeiten beschleunigt werden.
Es geht so unglaublich schnell. Ich spüre Brians Wut und tödliche Entschlossenheit. Dann seine Überraschung, gefolgt von Schreck und Schmerzen, die jedes vorstellbare Maß übersteigen. Dann … nichts mehr weiter. Absolut nichts!
»Einer am Boden«, erklingt eine Stimme von rechts.
»Feuer reduzieren, Taser aktivieren!«, fordert eine Stimme von links.
»Ziel zwei in Bewegung!«
»Bereitmachen!«
Das Wissen darum, dass sie mich erwarten und ebenso mit Projektilen spicken wollen, wie meinen Freund, lässt mich zögern. Ich hatte noch nie Angst, aber ich fühle die Präsenz nicht mehr, die ich seit meiner Kindheit kenne. Die ich selbst dann wahrnehmen kann, wenn er schläft. Es ist, als würde Brian nicht mehr existieren.
»Vorrücken!«
Der Befehl wird von einem Treffer begleitet, der mir einen Schock versetzt. Strom! Knisternd entlädt sich die Nadel und bringt meine Muskeln zum Zucken.
Bewegungen zu beiden Seiten der Einmündung geben mir eine kurze Vorwarnung, dann sehe ich die Schweine um die Ecken spähen und ihre Waffen anlegen.
Waffen, die meinen Freund zu Fall gebracht haben. Womöglich sogar … Nein! Daran kann und will ich nicht denken! Und ich will auch keinem Plan mehr folgen! Ich will nur noch … töten!
Mit einem Satz verlasse ich meine Position und springe an der Hauswand hoch. Einschläge im Mauerwerk und einzelne Treffer an meinen Beinen folgen mir, bis ich mich abstoße und zur anderen Seite herumfahre.
Zwei Soldaten mit Kampfanzügen, Helmen und Visieren vor den Gesichtern versuchen, mit ihren Waffen dem plötzlichen Wechsel meiner Bewegungsrichtung zu folgen. Doch ich bin schneller. Ich lande auf dem einen und schlage meine Klauen in den anderen.
Blut spritzt, Herzen hören auf zu schlagen, Schreie erklingen und verstummen. Meine Wut hat ein Ziel gefunden und ein Gefühl der wilden Begeisterung durchströmt mich. Kurz spült es sogar die Sorge um Brian fort.
Dann beginne ich zu zucken, ohne es kontrollieren zu können. Hundert Stiche oder mehr malträtieren meinen Rücken. Jeder löst einen Stromstoß aus, der meine Muskeln kurz lähmt. Ich kippe vorwärts und breche über dem Leichnam eines meiner Opfer zusammen.
»Ziel am Boden!«
»Betäuben!«
Noch bevor ich meinen Körper wieder unter Kontrolle bekomme, trifft mich ein Stromstoß, der mir fast das Bewusstsein raubt. Als er nachlässt, fühle ich meine Glieder schwer werden. So sehr ich auch dagegen ankämpfe, ich schaffe es nicht, mich auch nur hochzustemmen.
Das … war nicht der Plan!
Ich wollte herausfinden, ob diese Leute etwas mit dem Verschwinden anderer meiner Art zu tun haben. Ich wollte ihnen entkommen, sie verfolgen oder vielleicht einen von ihnen erwischen, um ihn zu befragen. Jetzt … werde ich wohl erfahren, wer sie sind und was sie vorhaben. Als Gefangener …
Mein letzter Gedanke gilt Brian, bevor ich in einer alles umfassenden Schwärze versinke. Hoffentlich …
Skye
»Dies ist meine letzte Übertragung, bevor ich mich in die Höhle des Löwen wage. Ich hoffe mit spannenden Eindrücken und streng geheimen Einblicken zu euch zurückzukommen. Tut nichts, was ich nicht auch tun würde. Eure Skye.«
Ich drücke den roten Knopf und die Aufnahme kommt zum Stehen. Mein lächelndes Gesicht starrt mich vom Handydisplay aus an. Im Hintergrund ragt der imposante Komplex der FuTech Corporation auf. Was einfach nur für ›Future Technologies - Zukunftstechnologien - steht, aber das Logo sieht schon ziemlich cool aus. Trotzdem drängt sich natürlich sofort der Witz mit ›Fuck U‹ - Fick dich - auf, aber den werde ich nicht bringen.
Ich sehe dabei zu, wie das aufgenommene Video in meinen Account hochlädt und kaum, dass es online ist, schon die ersten Likes eintrudeln. Es ist schade, dass ich keine weiteren Bilder und Videos aufnehmen darf. Aber die Firma war unmissverständlich in ihren Anweisungen. Keinerlei Aufnahmen. Keine Tablets, Handys. Noch nicht einmal meine Smartwatch darf mit hinein.
Diese Konzern-Fuzzis haben hohe Sicherheitsstandards. Es gab einen ellenlangen Vertrag mit viel Blabla. Hätte ich diesen nicht unterschrieben, hätte es keine Kooperation gegeben. Aber diese Chance konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Ich bin die Erste, die einen Blick auf ihre bahnbrechenden und revolutionären Erfindungen werfen darf. Wobei ich überhaupt nicht weiß, was das für Dinge sein sollen. In meinen Kreisen kursiert das Gerücht, dass sie ein noch nie da gewesenes Produkt herausbringen wollen. Es würde die ganze Onlinewelt auf den Kopf stellen.
Es ist auf jeden Fall eine verdammt große Chance für mich. Mein Kanal hat bei Weitem nicht die Reichweite anderer etablierter Influencer. Doch als ich vor zwei Jahren aus einem Zufall heraus anfing, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal überhaupt so weit kommen würde. Ich bin gar nicht wirklich technik-affin, obwohl ich meinen Zuschauern neueste, technische Errungenschaften näher bringe. Es fing alles mit einer Handy-App für ein Erotikspielzeug an. Seitdem habe ich eine beachtliche Followerzahl angesammelt.
Ich schalte das Handy aus und gehe endlich zum Eingang des riesigen Gebäudes. Lautlos gleiten die Schiebetüren auseinander und es empfängt mich angenehm kühle Luft. Diese Frische steht im starken Gegensatz zu der jetzt schon, am frühen Vormittag, herrschenden Hitze. Mein Blick schweift durch die riesige Eingangshalle. Hier trifft Moderne auf Vergangenes; starre Kühle, auf weiche Gemütlichkeit. Anders kann ich es nicht beschreiben.
Chrom und Glas werden durch Holz und Stoff ergänzt. Abgetrennte Sitzecken liegen in einem Paradies aus Grün und in der Mitte der riesigen Halle plätschert Wasser in einem Steinbrunnen vor sich hin. Es ist pompös und gleichzeitig schlicht. Das alles sieht man von draußen durch die verspiegelten Scheiben nicht. Ich habe nie mit solcher … Pracht gerechnet.
Links neben dem Brunnen befindet sich eine moderne Rezeption mit - ich habe nach dem ersten Eindruck nichts anderes erwartet - einer bildhübschen Empfangsdame und einem nicht minder adrett aussehenden Mann. Freundlich schauen mir beide entgegen. Bevor ich mich jedoch dorthin auf den Weg machen kann, nähern sich mir von der Seite her Schritte.
Erst jetzt fällt mir auf, dass das Geräusch des Brunnens bisher das einzige war, was ich hören konnte. Ich hatte mit mehr Betrieb gerechnet. Klingelnde Telefone, Gespräche mit Besuchern und Kollegen. Eben genau das, was normalerweise an einem Empfang eines großen Unternehmens vor sich geht. Stattdessen dringen weder Laute von draußen herein, obwohl ich durch die Scheiben die vorbeieilenden Menschen und fahrenden Autos erkennen kann, noch ist irgendetwas aus dem Inneren des Komplexes zu hören. Es ist eine unwirkliche Oase mitten im hektischen Großstadttrubel.
Ich wende mich den Schrittgeräuschen zu und erblicke einen Mann im schwarzen Anzug. Na logisch, dass auch er top aussieht und super gebaut ist. Jemand anderes hätte hier einfach nicht hingepasst. Ich weiß, dass ich gerade voll in Klischees denke, aber alles hier drängt es einem geradezu auf.
»Miss Hallman?«, reißt er mich aus meinen Gedanken und hält mir seine Hand entgegen. Als ich sie ergreife und nickend bestätige, spricht er direkt weiter. »Ich bin Mister Smith und für Sie zuständig.«
Schon klar Mister … Smith. Fast fange ich bei diesem Namen an zu kichern, besinne mich aber endlich darauf, warum ich hier bin. »Vielen Dank, Mister Smith. Ich bin so dankbar, dass ich hier sein darf.«
»Wir freuen uns, dass wir Ihnen die Chance geben können und Sie angenommen haben. Es wird für Sie ein unvergessliches Erlebnis werden, das versprechen wir Ihnen.«
Sein Lächeln ist professionell, aber es erreicht nicht seine Augen. Dieser Mann mag aus einem Modemagazin entsprungen und höflich sein, aber er ist absolut aalglatt. Aber mir soll es egal sein, solange er nur weiterhin nett zu mir ist.
»Folgen Sie mir bitte, Miss Hallman. Hier entlang.« Er führt mich an dem Steinbrunnen und einer der Sitzecken vorbei.
Der Geruch der verwendeten Blumen steigt mir in die Nase. Meine Güte, das ist wirklich ein Paradies. Da würde es mir nichts ausmachen, Stunden für einen Termin zu warten. Das ist ein Urlaub in den Tropen, nur nicht mit den Temperaturen, die dort herrschen. Wir biegen einen Gang ein, der nicht weitergeht. Dafür befinden sich zwei Fahrstühle auf der einen Wand und Schließfächer auf der gegenüberliegenden Seite.
Genau vor den Aufzügen bleibt er stehen und sieht mich an. »Bevor ich Sie weiter mitnehmen kann, muss ich sichergehen, dass sie keinerlei elektronische Geräte bei sich führen. Ich hoffe, das ist kein Problem für Sie.«
»Natürlich nicht. Ich habe den Vertrag ja unterschrieben«, erwidere ich und händige ihm mein Smartphone aus.
»Ich müsste Sie durchsuchen, damit ich mir sicher sein kann, dass auch wirklich keinerlei untersagte Gerätschaften mit in die Firma gebracht werden. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür. Unsere Firmengeheimnisse unterliegen hohen Sicherheitsstandards.«
Ich muss mich davon abhalten die Augen zu verdrehen. Meine Güte, die machen ein Aufhebens, als wenn sie eine Regierungsbehörde wären und die Dinge, die man hier herausfinden könnte, der nationalen Sicherheit schaden mögen. Natürlich zeige ich ihm nichts davon. Stattdessen breite ich meine Arme aus und verkneife mir, ihn darauf hinzuweisen, dass dies eigentlich nur von einer Frau durchgeführt werden dürfte. »Ich habe nur mein Handy mitgenommen, aber Sie dürfen sich gerne davon überzeugen.«
Er tritt vor und tastet mich sorgfältig ab. Sorgfältiger als bei der Flughafenkontrolle. Ich bin noch nie verhaftet worden, aber genau so stelle ich mir eine Durchsuchung durch einen Cop vor. Nach ein paar Minuten ist er dann zufrieden und geht zu den Fächern, um dort mein Handy reinzulegen. Danach reicht er mir einen Schlüssel an einem Band.
»Das können Sie sich umhängen und sobald Sie alles gesehen haben, bringe ich Sie zu den Schließfächern zurück.«
Während wir den Aufzug betreten, binde ich mir den Schlüssel ans Handgelenk. Es erinnert mich an ein Hallenbad, wo man den Schlüssel für den Spind auch an einem Band bekommt. Nur dass ich ihn dort am Träger des Badeanzugs festmache. Was Mister Smith wohl denken würde, wenn ich mir den Schlüssel am BH festbinde? Ich verdränge den Gedanken schnell wieder und versuche, den nötigen Ernst auszustrahlen, aber es wäre bestimmt ein Riesenspaß, den steifen Kerl ein wenig aus der Reserve zu locken …
Kaum spürbar setzt sich der Fahrstuhl in Bewegung und mein Blick fällt auf die Stockwerkanzeige. »Wir fahren nach unten?«, frage ich verblüfft nach. Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass ich erst einmal irgendwelchen Menschen vorgestellt werde, die hier etwas zu sagen haben. Dass es Schnittchen gibt, oder wenigstens Kaffee. Dass sie mich in der Firma herumführen. Aber anscheinend möchte man sich mit solch überflüssigem Getue nicht aufhalten, was mir die Antwort meines Begleiters bestätigt.
»Unsere Labore befinden sich in den Untergeschossen. Wir dachten, Sie möchten sich sofort die wirklich interessanten Dinge anschauen.«
»Natürlich.« Murmelnd starre ich auf die aufleuchtende Zahl. Stand es nicht eben gerade schon auf Minus Fünf? Irgendwie scheint es total langsam zu gehen, bis die nächste Nummer erscheint. Es ist, als ob wir im Schneckentempo nach unten fahren. Die Ränder der Zahlen scheinen irgendwie zu verschwimmen. Ich muss mich an der Wand abstützen, weil ein leichter Schwindel mich erfasst.
Mühsam versuche ich mich auf meinen schlagartig wackeligen und weichen Knien zu halten. Scheiße, ich hätte heute Morgen doch etwas essen sollen. Die Aufregung scheint mir auf den Kreislauf zu schlagen. Dabei dachte ich eigentlich, dass ich recht ruhig bin. Aber von Sekunde zu Sekunde wollen mich meine Beine immer weniger tragen. Schweratmend lehne ich mich gegen die Kabinenwand und muss aufpassen, an dieser nicht herunterzurutschen.
»Geht es Ihnen gut, Miss Hallman?«
Warum klingt seine Stimme so dumpf? Und warum schaffe ich es kaum noch, einen Gedanken zu fassen … oder den Mund aufzubekommen, um zu antworten? Langsam rutscht mein Körper an der Wand hinab. Ich habe keine Kontrolle mehr über ihn. Verzweifelt versuche ich meinen Kopf zu heben, um Mister Smith zu signalisieren, dass mit mir etwas nicht stimmt. Doch er sackt nach vorn auf meine Brust. Immer schwächer und müder fühle ich mich.
»Miss Hallman?« Die dumpfe Stimme hört sich an, als ob sie von weit weg herkommt.
Schuhe tauchen in meinem Sichtfeld auf. Finger greifen nach meinem Kinn und zwingen es hoch. Wäre ich noch zu einer Reaktion fähig, würde ich bei dem Anblick zurückschrecken. Er wirkt wie ein Außerirdischer mit runden Riesenaugen und einer stumpfen, vorspringenden Schnauze.
Ein Wort tanzt in meinem Kopf herum und dreht sich zu schnell, um es zu erfassen. Dann wird es langsamer. Gasmaske? Gab es einen Gas-Alarm? Hier, im Aufzug des Hauptquartiers einer der geheimnisumwittertsten, heißesten New-Tech-Firmen des Landes?
Das ist mein letzter Gedanke, bevor sich alles in meinem Kopf und vor meinen Augen zu drehen beginnt und sich die Dunkelheit durch den Wirbel immer mehr ausbreitet, um mich zu verschlucken …
***
Schmerz, der durch meinen Körper rast. Kälte, die mich erfasst. Stimmen, die wie durch Watte zu mir dringen. Ich kann mein Herz schlagen fühlen … und hören. Ein stetiges Geräusch. Ich spüre die Schwärze lauern. Sie will mich wieder verschlingen. Ich versuche, mich auf das gleichmäßige Pochen in meiner Brust zu konzentrieren. Es hält mich im Hier.
Meine Gedanken wabern schwerfällig umher. Keinen einzigen bekomme ich zu fassen. Nur mein Herzschlag ist greifbar. Daran halte ich mich fest.
Ich schwebe … oder liege ich? Ich weiß es nicht. Der Schmerz ist verschwunden. Nur die Kälte ist geblieben. Die Stimmen sind zu einem Rauschen geworden. Vor meinen Augen ist ein helles Licht und doch sehe ich nichts. Es ist ein Schimmer, der durch meine geschlossenen Lider dringt. Und doch lauert am Rand die Dunkelheit. Ich kann sie fast spüren, wie sie darauf wartet, über mir zusammenzuschlagen und mich in die Tiefe hinabzuziehen.
Jemand oder … etwas fasst mich an. Überall an meinem Körper nehme ich Berührungen wahr. Es ist unwirklich und doch so real. Ich bin zur Bewegungslosigkeit verdammt. In mir versucht sich etwas zu regen. Sich dagegen aufzubäumen. Aber … mein Körper bleibt starr und meine Kehle bleibt stumm.
Sie tasten mich ab. Die Hände sind auf meiner Haut nur dumpf zu spüren. Als ob mein Körper diese Berührungen nicht richtig wahrnehmen kann. Mein Geist versucht zu begreifen, was mit mir geschieht. Kaum kann ich ausmachen, an welchen Stellen ich angefasst werde.
Mein Herzschlag wird schneller, als ich erfasse, dass meine Beine angehoben und … gespreizt werden. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich keine Kleidung und auch keine Decke ausmachen kann. Bin ich … nackt?!
Alles in mir rebelliert gegen die Behandlung. Ich muss mich wehren! Ich muss ihnen begreiflich machen, dass sie das nicht tun dürfen. Wer ›sie‹ sind, spielt dabei keine Rolle. Meine Kniekehlen kommen gebeugt auf nachgiebigem und zugleich festem Untergrund zu liegen. Hoch über meinem restlichen Körper und viel zu weit auseinander. Vage kommt mir die Haltung vertraut vor, als hätte ich sie schon mal erlebt.
Als etwas meinen Schoß berührt, macht mein Herz einen Satz. Ich schreie auf … doch kein Laut ist zu hören. Ich bin in meinem bewegungslosen Körper gefangen. Kein einziger Muskel rührt sich. Stattdessen muss ich hilflos miterleben, wie sich Finger an meiner intimsten Stelle zu schaffen machen. Sie drängen sich in mich. Sie tasten, sie dehnen mich. Sie sind Eindringlinge, die dort nicht sein dürfen!
Mein Blut rauscht in meinen Ohren. Verzweiflung macht sich in mir breit. Warum tun sie das? Warum kann ich mich nicht rühren? Was soll das alles? Ich will das nicht. Sie sollen damit aufhören! Sofort!
Als ob man mich gehört hat, entfernen sich die Finger aus meinem Körper. Vielleicht hat man endlich wahrgenommen, dass ich hier bin. Das ich mitbekomme, was man mit mir anstellt.
Diese Hoffnung zerplatzt in dem Augenblick, als etwas Kaltes und Starres in mich geschoben wird. Schmerz explodiert in meinem Unterleib. Mein Herz pumpt wild in meiner Brust. Adrenalin rast durch meine Adern.
»Doktor, die Werte der Probandin …«, die weibliche Stimme ist schrill und gleichzeitig dumpf.
»Herrgott noch mal. Erhöhen Sie sofort die Dosis. Muss man hier denn alles selbst machen?«, flucht ein Mann.
Sein Tonfall lässt mir Schauer über den Rücken laufen. Er ist geradezu unmenschlich kalt und die einzige Emotion in seiner Stimme ist … Ärger. Nicht einmal Wut. Nur beiläufige Genervtheit, als wäre all das nicht mehr als eine alltägliche Situation, in der es zu einem kleinen Missgeschick kommt. Instinktiv will ich vor ihm zurückweichen, doch ich spüre, wie kalte Flüssigkeit von meiner Armbeuge aus langsam hinaufkriecht.
Die Dunkelheit, die nur auf eine Gelegenheit gewartet hat, um mich wieder zu packen, springt auf und schlägt ihre Klauen in mich. Schwärze schwappt über mir zusammen wie eine riesige Welle und ich habe keine Chance zu entkommen. Ich ertrinke in zähflüssiger Finsternis …
***
Ich schlage meine Augen auf. Doch die Dunkelheit bleibt. Aber diesmal ist es anders. Sie lauert nicht mehr am Rand meiner Wahrnehmung. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich schwebe, auch wenn ich noch immer liege. Die weiche Unterlage ist ganz deutlich unter mir zu spüren und eine Decke liegt auf meinen Körper.
Abrupt richte ich mich auf und sofort beginnt sich die Welt um mich herum zu drehen. »Oh, verdammt«, krächze ich, als mich eine Welle der Übelkeit erfasst. Mit schweißnassen Fingern klammere ich mich am kalten, metallisch harten Rand der Unterlage fest und starre in die Dunkelheit. Ich versuche, einen Punkt zu finden, den ich fixieren kann, damit der Schwindel vorbeigeht. Tief atme ich ein und aus, während es in meinem Kopf Karussell fährt. Meine Augen irren umher und endlich finde ich einen leichten Schimmer, den ich anvisiere.
Mit dem Fixpunkt fest im Blick, hört das Drehen langsam auf und die Übelkeit verschwindet allmählich. Mein Magen ist noch flau, aber ich habe nicht mehr das Gefühl, dass ich gleich kotzen muss. Schwerfällig fängt mein dumpf schmerzender Kopf an zu arbeiten. Ich fühle mich, als ob ich eine Nacht heftig durchgefeiert habe. Ich versuche, mich zu erinnern, wo ich war. Auf welcher Party bin ich versumpft, dass es mir heute so schlecht geht? Sofort drängt sich mir die Frage auf, warum verdammt noch mal ich auf einer Party war? Ich gehe doch sonst nie feiern.
Während ich mich - jetzt vorsichtiger und langsamer - aufsetze, krame ich nach Erinnerungen, die doch noch da sein müssten! Allerdings lenkt mich die Tatsache, dass ich unter der Decke nackt bin, komplett ab. Shit, bin ich mit jemandem …? Ich taste um mich herum die Auflage ab, aber ich bin alleine. »Was für ein Schwachsinn«, flüstere ich mit rauer Stimme. Warum sollte ich auf eine Feier gegangen sein? Moment, ich war doch bei … dieser Firma! Ich sollte doch deren neuestes Produkt …
Ich bekomme pochende Kopfschmerzen, je mehr ich versuche, mich zu erinnern. Bilder von einem beeindruckenden Brunnen tauchen auf. Eine Eingangshalle wie aus einem modernen Märchen. Ein verdammt gutaussehender Mann, der auf mich zukommt. Mister … Angestrengt überlege ich, wie er hieß. Ich weiß noch, dass ich fast gelacht hätte, aber es war kein lustiger Name. Schwarzer Anzug … voll Klischee. Ah, Mister Smith, richtig. Der Kerl, dessen Augen nicht mitgelächelt haben.
Wir sind zusammen in den Fahrstuhl gegangen und … Alles verschwamm vor meinen Augen und ich konnte mich nicht mehr auf den Beinen halten. Ich bin zusammengeklappt. Und dann … Es sind keine Bilder mehr, die auftauchen. Es sind Gefühle. Geräusche. Empfindungen. Körperliche Wahrnehmungen … Hart schnappe ich nach Luft. Ich wurde … Nein, nicht untersucht, ich wurde sexuell missbraucht, während ich kaum bei Bewusstsein war!
»Oh mein Gott, wo bin ich nur? Hallo?!«
Mein Herz klopft wild in meiner Brust. Ganz genau so war es, als ich mich nicht bewegen konnte und hilflos alles über mich ergehen lassen musste. Das kann ich mir nicht eingebildet haben. Auch wenn es mir jetzt wie ein wirklich mieser, böser Traum vorkommt.
»Hallo … ist da jemand?«, versuche ich es lauter.
Irgendwie fühle ich, dass ich nicht völlig allein bin. Höre ich ein Atmen? Hat sich der schwache Lichtschimmer, den ich noch immer im Blick halte, weil es sonst nichts zu sehen gibt, gerade bewegt?
Ein tiefes, nicht menschliches Grollen aus der Dunkelheit, lässt mein Herz einen Schlag aussetzen. Dann rast es einfach davon und ich schreie mir die Seele aus dem Leib!
Kein menschliches Wesen kann so einen Laut hervorbringen!
Drake
Die Schreie zehren an meinen Nerven, die ohnehin schon ziemlich blank liegen. Stundenlang kreischt diese verfluchte Frau fast ohne Unterbrechung. Bis ihr die Stimme versagt. Mich wundert, dass ihr nicht bereits die Kehle davon blutet, aber wann immer es ruhiger wird, muss ich mich nur rühren und sie fängt wieder an.
Ich will mit ihr fühlen, wie es meine Eltern und Geschwister mir beigebracht haben. Mensch oder nicht, sie ist ein fühlendes Wesen und wir stecken zusammen in dieser Misere. Im Gegensatz zu ihr weiß ich immerhin, was das für eine Situation ist, in die es uns verschlagen hat. Ich bin schon eine ganze Weile hier, sie scheint hingegen neu zu sein.
Sie ist die Dritte, die man mit mir in diesen Raum gesteckt hat. Wie immer in fast völliger Finsternis, was für meine nicht-menschlichen Augen kein großes Problem darstellt. Außerdem habe ich die Zelle auch schon bei Licht gesehen, denn alle zwei Tage kommen sie mit Schläuchen und reinigen nicht nur den Raum, sondern auch mich.
Letzteres habe ich mir selbst zuzuschreiben, aber es bringt mir auch ein Gefühl grimmiger Zufriedenheit. Anfangs haben sie versucht, mich dazu zu bewegen, mich mit Seife unter Aufsicht zu waschen. Aber ich weigere mich, meine menschliche Form freiwillig anzunehmen oder zu kooperieren. Wann immer sich die Gelegenheit bot, war mein erster Gedanke die Flucht. Ich habe jede Möglichkeit ergriffen, einen dieser Bastarde anzugreifen oder einen Ausbruchsversuch zu unternehmen.
Mittlerweile betreten sie meinen Teil der Zelle nur noch, wenn die langen Ketten um meine Handgelenke mich direkt an die Wand fesseln. Jedes Mal, wenn sie versuchen, mir meinen spärlichen Bewegungsspielraum zu nehmen, indem sie die Ketten aufspulen, wehre ich mich nach Kräften. Ich werde mich nicht unterwerfen und ganz sicher werde ich mich nicht brechen lassen. Diese Pisser wissen nicht, wessen Sohn sie sich hier aufgehalst haben. Aber sie werden es irgendwann erfahren …
Das Gekreische der neuesten Gefangenen in diesem Höllenloch zerfetzt allerdings meine Nerven und treibt mich an den Rand des Wahnsinns. Zweimal schon wurden meine Ketten aufgespult, ohne dass ich mich besonders gewehrt hätte, weil ich fast dankbar bin, wenn sie kommen, um ihr eine Beruhigungsspritze zu geben. Wenigstens ist es dann für ein paar Stunden still …
Ich habe noch nicht herausgefunden, was eigentlich der Zweck dieses ganzen Experiments ist. Die Zelle ist sehr geräumig und zweigeteilt. Eigentlich ist es nur ein extrem massives Gitter, das die beiden Teile trennt. Es ist beweglich gelagert. Man kann es zur Decke hochklappen. Aber solange es an Ort und Stelle ist, komme ich nicht daran vorbei. Ich habe noch nie eine so vielfach verstärkte Konstruktion gesehen. Es könnte sogar stabiler sein, als die Zugangstür zum Raum auf meiner Seite. Und die ist praktisch ein Stahlblock mit hydraulischer Aufhängung.
Auf der anderen Seite gibt es die Dinge, die man von einer Zelle erwarten würde. Ein Bett - wenn auch in ziemlicher Übergröße -, eine Toilette, Stühle mit einem Tisch und sogar eine Dusche. Dinge, die man mir vorenthält, aber entgegen meiner ersten Annahme ist es wohl kein Teil der Folter, sondern einfach eine Frage der … Aufteilung?
Meine Seite des Raumes ist nichts weiter als blanker Beton mit den verkürzbaren Ketten an einer Wand. Ich bekomme Nahrung in einem Eimer und es gibt eine Ecke mit einem Abfluss, wo ich mich erleichtern kann und eine automatische Spülanlage den Unrat beseitigt. Das ist alles.
Die einzige Erklärung, die mir einfällt, will einfach keinen Sinn ergeben. Warum stecken sie Frauen, die Todesangst bei meinem Anblick - oder in diesem Fall allein schon bei den Geräuschen, die ich mache - empfinden, mit mir in eine Zelle, deren Trenngitter man offenbar öffnen kann. Was soll der Scheiß? Diese Frage stelle ich mir wieder und wieder, während ich mir wünschte, ich hätte früher besser aufgepasst, wenn es um unsere Feinde und deren Beweggründe ging. Aber langwierige Erklärungen haben mich nun einmal schon immer gelangweilt …
Ich muss an Brian denken, der mir so viel ähnlicher ist als meine Geschwister. Wir sind Macher, keine Denker. Das unterscheidet mich von meiner seltsamen Familie. Ich scheine irgendwie aus der Art geschlagen. Mein nächstälterer Bruder ist mehr als fünfzehn Jahre älter als ich und er lebt die Idee von Frieden und friedlichem Wachstum für unseren Stamm und unsere Art voll und ganz. Was ich an Wut und Tatendrang zu viel habe, hat er zu wenig. Kaum zu glauben, dass wir die gleichen Eltern haben.
Und meine anderen Geschwister - die Zwillinge - sind … ein ganz anderer Fall. Es käme mir nicht in den Sinn, schlecht von ihnen zu denken. Ich liebe die beiden fast so sehr, wie sie mich. Wir waren uns schon immer auf seltsame Weise besonders nah. Näher als meine eigenen Eltern es für mich sind. Aber sie sind … wunderlich. Was zumindest einer der Gründe ist, warum Vater sie im Norden, in Kanada, die Beziehungen zu einer weiteren Gemeinschaft meiner Art pflegen lässt. Auch wenn ich natürlich den Hauptgrund kenne: Sie ficken einander und das ist vielen der Älteren im Stamm ziemlich unangenehm.
Für einen Moment wünschte ich mir, sie wären nicht so weit fort. Sie haben mich immer akzeptiert, wie ich bin. Vater, Mutter, mein Bruder Cooper und selbst Großmutter erwarten von mir, dass ich meine Wut zu kontrollieren lerne. Ben und Erica hingegen fordern nicht. Sie akzeptieren mich. Kein Wunder, dass sie einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen.
Ich seufze leise … und bereue es sofort. Nicht nur, dass ich denen, die mich hier gefangen halten, kein Anzeichen von Schwäche geben will, das sie ausnutzen könnten. Nein, es bleibt auch nicht unbemerkt. Sofort beginnt die Frau auf der anderen Seite des Gitters wieder zu wimmern und ich weiß mittlerweile, dass es sich zu Geheul und schließlich Geschrei steigern wird, das mir keine Ruhe lässt.
Wütend stoße ich ein tiefes, drohendes Grollen aus. Was natürlich genau das Gegenteil von dem erreicht, was ich bezwecken will. Sofort schluchzt die Fremde los und beginnt haltlos zu kreischen.
Wenn ihre Stimme nur nicht so schrill wäre! Wie ein kleiner, feiner Bohrer, der direkt an meinem Schädel angesetzt wird, frisst sich der Lärm in meinen Kopf und lässt sich nicht ausblenden. Selbst wenn ich mir die Ohren zuhalten könnte, würde es nichts bringen. Scheiße, selbst wenn ich taub wäre, würde ich sie vermutlich noch wahrnehmen!
Ohne nachzudenken richte ich mich auf und stoße einen heulenden Kampfschrei aus, der alles übertönt. Es ist eine Herausforderung, die eigentlich in den Wald gehört, wo andere Wölfe, und vor allem jeder Wendigo in weitem Umfeld, ihn hören soll. Ich hoffe, es jagt den Wärtern hier einen Schrecken ein, aber vor allem … bringt es die Frau zum Verstummen. Und das ist es, was ich damit bezwecke.
Widerwillig lasse ich meinen Körper sich wandeln. Ich weiß nicht, warum ich als Einziger aus der Familie mehr in der Schreckensgestalt heimisch bin als in der Menschenform, aber ich habe es schon lange akzeptiert. Jetzt - inmitten einer Zelle meiner Feinde - meine Stärke aufzugeben, geht gegen jeden Instinkt. Aber … wenn ich etwas sagen und verstanden werden will, brauche ich einen menschlichen Mund.
Die Schellen an meinen Handgelenken passen sich dem geringeren Umfang meiner Glieder sofort an. Die Ausrüstung der Bastarde, die mich hierher verschleppt haben, ist wirklich hochmodern. Eine beunruhigende Sache, über die ich gern weiter nachdenken würde. Dafür brauche ich jedoch verdammt noch mal Ruhe.
Langsam trete ich zum Gitter. Wer auch immer am Drücker für meine Fesseln sitzt, lässt mir den vollen Spielraum, dass ich dort auch ankomme. Dass ich gerade als Mensch erscheine, dürfte mir zugutekommen.
»Hör zu«, presse ich hervor und bemühe mich erfolglos, meine Wut nicht zu sehr in meine Stimme einfließen zu lassen. »Du musst mit dem Geschrei aufhören. Das hilft niemandem, schadet deiner Kehle und … geht mir tierisch auf den Sack!«
Ich höre ihren hektischen Atem und kann sie beinahe ausmachen, obwohl meine menschlichen Augen so viel schwächer sind. Wenn ich mich nicht irre, starrt sie in meine Richtung. Zumindest kreischt sie gerade nicht. Ein … Anfang?
Dann höre ich nackte Füße auf dem kalten Boden und spüre, wie sie sich nähert. Sie läuft geradezu. Stolpernd bewegt sie sich durch die Dunkelheit, bis ihre Hände hörbar auf die Gitter treffen. Rechts von mir. Zwei gute Schritte entfernt. Aber für jemanden, der nichts sehen dürfte, gut genug.
Ich rieche sie, als ich einatme. Ihre letzte Dusche liegt schon etwas zurück. Aber das ist es nicht, was meine Aufmerksamkeit erregt. Ich rieche Dinge, die mir widersinnig erscheinen. Ich rieche … Pussy? Und dann noch etwas, was schwerer zu identifizieren ist. Etwas, das ich vage … vertraut finde, obwohl ich genau weiß, dass ich es nicht direkt kenne.
»W-wo … bist du?«, krächzt sie mit nachvollziehbar rauer Kehle.
Ich antworte nicht sofort. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen und ich muss das erst verarbeiten. Sie … ist von einer Wendigo-Blutlinie! Es gibt keine andere Erklärung. Ich habe selten genau aufgepasst, wenn ich unterrichtet wurde, aber das war ein Thema, das mich genügend interessierte.
Meine Art ist selten und es gibt Stammlinien. Nur die wenigsten aus solch einer Familie können sich verwandeln. Doch miteinander fortpflanzen können sich auch die, in denen die Gabe - der Wolf - nur schwach ist. Und ihre Kinder, Enkel oder Urenkel mögen es in stärkerer Form aufweisen.
Diese Frau gehört einer solchen Blutlinie an, da bin ich mir plötzlich sicher. Und ich … nehme an, die anderen, die man zu mir gesteckt hat, ebenso. Aber ich war zu weit entfernt und habe es nicht wahrgenommen. Bis jetzt.
»Bist du … das Monster?«, schluchzt sie.
Fuck, ihre Stimme ist voller hoffnungsloser Verzweiflung, dass sich in mir Mitleid regt. Umso mehr, weil ich jetzt zu wissen glaube, dass sie nur durch einen verfickten Zufall der Geburt hier reingeraten ist. Wie auch immer diese Pisser, die hinter alldem stecken, ihre Abstammung analysieren können … Verdammt, das wäre eine Frage für meinen Bruder, nicht für mich!
»Ja«, brumme ich, denn was zum Fick soll eine Lüge bringen.
Sie ringt nach Luft und ich fühle das Zittern, das sie überkommt, durch das Gitter bis zu mir. Armes Ding …
»I-ich … kann nicht mehr«, wimmert sie plötzlich. »Ich halte das nicht mehr aus! Ich will nicht mehr!«
Sie kommt näher, während sie sich in Rage redet. Stück für Stück tastet sie sich auf mich zu, bis … ihre Finger meine Hand streifen und sie erstarrt.
»Bring es … hinter dich«, keucht sie. »Bitte!«
»Was?«, knurre ich und ahne es doch.
»Mach, was du machen musst. Und dann …«
Oh, du gottverdammte, arschverfluchte Scheiße! Was hat man ihr angetan?! Ich will es nicht glauben, obwohl sich in meinem Kopf ein nur zu klares Bild entwickelt. Immerhin … kenne ich die Geschichten von meiner Mutter und meinem Vater aus dem Regierungsbunker, in dem man sie gefangen hielt und zur Paarung zwingen wollte, nur zu genau. Da habe ich zugehört.
»Wer …?«, setze ich an und will versuchen, mehr über sie herauszufinden.
»Wenn du auch nur noch einen Funken Gnade aufzubringen weißt, dann … erlöse mich!«, fällt sie mir ins Wort. »Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich bin … war … Priesterin. Diese Gefühle in meinem Körper … Diese … Gelüste! Ich … kann nicht mehr! Bitte!!«
Meine Wut flutet meinen Körper und Geist, als ich endlich zu begreifen beginne. Die Verwandlung schärft meine Sinne. Ich rieche die Erregung, die ihren Körper gepackt hält. Ich rieche die Drogen, die dafür verantwortlich sind. Vor allem aber … rieche, spüre und weiß ich, wie bitterernst es ihr ist.
›Halt still, kleine Schwester‹, denke ich und bin mir sicher, dass sie es empfängt, weil ich jetzt weiß, an wen ich es senden soll und wir uns berühren. ›Es wird … schnell gehen.‹
Und das tut es.
Es geht so schnell, dass wer auch immer meine Fesseln kontrolliert nicht rechtzeitig zu reagieren vermag. Als mich die gewaltige Zugkraft verborgener Winden wieder auf meine Wand zu und vom Gitter fortreißt, spritzt das Blut bereits in hohem Bogen aus ihrem Hals heraus, dessen Vorderseite nicht mehr existiert.
Die Kraft, mit der ihr Geist sich dem Schmerz und Schock entgegenstellt und es vollbringt, mir einen dankbaren Gedanken zu senden, werde ich nie vergessen. Und die Schmerzen, die … ich ihr zufügen musste, um sie zu befreien, werde ich auch denen zufügen, die hierfür verantwortlich sind.
Das schwöre ich mir und der sterbenden Frau!
Skye
Meine Schreie sind verstummt und ein Zittern durchläuft nur noch ab und an meinen Körper. Ich starre in die Dunkelheit. Ich höre das entfernte Atmen und Ketten, die hin und wieder klirren. Etwas Schweres schabt ab und an über den Boden. Gefühlt harre ich hier schon Stunden aus. Aber ich weiß es nicht, da ich jegliches Zeitgefühl verloren habe.
Ich sitze mitten auf dem Bett, die Beine angezogen und mit den Armen umschlungen. Die Finsternis macht mich wahnsinnig. Ich habe schon immer die Nacht gefürchtet. Aber jetzt hier, mit den fremdartigen Geräuschen, ist das ein wahrgewordener Albtraum. Am liebsten würde ich die Augen fest zusammenkneifen und mir die Hände auf die Ohren pressen. Stattdessen lausche ich angestrengt auf das, was sich noch mit mir in der Zelle befindet.
Dass es ein Mensch ist, wage ich zu bezweifeln. Man muss mich mit einem Tier zusammengepfercht haben. Dem Klirren zufolge scheint es angekettet zu sein, sodass es nicht zu mir kommt. Mittlerweile kreisen meine Gedanken nur noch darum.
Ich habe aufgegeben zu ergründen, wie ich hierhergebracht wurde. Immerhin bin ich mir ziemlich sicher, dass man mich im Fahrstuhl der FuTech Corporation betäubt hat. Warum sonst sollte der aalglatte Mister Smith eine dieser Gasmasken getragen haben? Auch wenn sich das Bild nur verschwommen in meinem Kopf abzeichnet, weiß ich, dass ich das ganz bestimmt nicht geträumt habe.
Viel mehr zermartere ich mir den Kopf, warum ich zusammen mit einem Tier in diese Zelle gesperrt wurde. Zu Anfang hatte ich die Befürchtung, dass man es auf mich loslassen könnte. Die schlimmsten Bilder mir bekannter Schauermärchen spielten sich in meinem Kopf ab. Aber je länger ich wartete und nichts passierte, desto mehr beruhigte ich mich und konnte mich von den Bildern, wie ich mit aufgeschlitztem Bauch und zerfetztem Körper auf dem Boden liege, lösen.
Doch warum bin ich hier? Was will man von mir? Ist es irgendeine kranke Reality-Show? Diverse Filmeszenarien kommen mir in den Sinn, wo Zuschauer durch Nachtsichtkameras alles genau beobachten, was vor sich geht. Aber das darf doch nicht ohne meine Zustimmung geschehen! Da bin ich mir absolut sicher! Ich habe Rechte! Ohne Grund darf man mich nicht einsperren. Schon gar nicht mit einem Tier zusammen.
»Das dürfen sie nicht«, wispere ich. Sofort klirren die Ketten und ich zucke zusammen. Doch ich habe den Punkt, an dem ich nur starr auf dem Bett sitzen konnte, schließlich überwunden. »Ich habe Rechte«, sage ich etwas lauter. Klirren und Schaben wechseln sich ab. Das Vieh scheint unruhig zu werden. »Ihr dürft mich nicht gefangen halten.« Meine Stimme zittert noch leicht, aber das Gefühl der Hilflosigkeit lässt sich immer mehr abstreifen. »Lasst mich hier raus!«, fordere ich in die Dunkelheit. Dabei weiß ich gar nicht, ob man mich hört. Wobei ich fest davon ausgehe, dass man mich beobachtet und auch belauscht.
Was ich jedoch zu Hören bekomme, ist etwas ganz anderes. Es lässt mir die Haare zu Berge stehen und einen eiskalten Schauer über meinen Rücken laufen. Es klingt wie brechende Knochen und das Stöhnen, dass aus der Richtung des Tiers kommt, ist schmerzerfüllt.
Ach du Scheiße! Was machen die mit dem? Schon wieder fluten abartige Bilder meinen Kopf. Ein Tier, das in einer Presse gefangen ist, deren zwei Metallplatten sich unaufhörlich aufeinander zubewegen, bis Knochen brechen und …
Verdammt. Mein Magen fängt an zu rebellieren und ich atme tief ein und aus, um nicht sofort kotzen zu müssen.