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Kitty Stone

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Beschreibung

Sie nennen ihn Tier. Er muss im Käfig kämpfen und leben. Sie führen ihn an einer Leine. Sie hetzen ihn auf ihre Feinde. Es scheint nichts Menschliches an ihm zu sein. Außer, wenn er mich ansieht. Wenn niemand hinschaut. Wenn unsere Blicke sich kreuzen. Dann ist da noch etwas anderes als Blutgier. Etwas, das mich nicht kaltlässt … Dark Romance aus dem Hause Stone, das ist anders als sonst üblich. Ebenso heiß, ebenso düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend. Es gibt eine Inhaltswarnung. Man sollte sie lesen.

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Seitenzahl: 399

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Uncaged: Das Tier

Kitty & Mike Stone

Dark Romance

 

Sie nennen ihn Tier.

Er muss im Käfig kämpfen und leben.

Sie führen ihn an einer Leine.

Sie hetzen ihn auf ihre Feinde.

Es scheint nichts Menschliches an ihm zu sein.

Außer, wenn er mich ansieht.

Wenn niemand hinschaut.

Wenn unsere Blicke sich kreuzen.

Dann ist da noch etwas anderes als Blutgier.

Etwas, das mich nicht kaltlässt …

~~~~~

Dark Romance aus dem Hause Stone, das ist anders als sonst üblich. Ebenso heiß, ebenso düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend. Es gibt eine Triggerwarnung. Man sollte sie lesen.

 

 

Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2020

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Impressum:

Kitty Stone & Mike Stone

Breslauer Str. 11, 35274 Kirchhain

 

© Juli 2020 Kitty Stone/Mike Stone

 

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis durch die Autoren.

Covergestaltung: Giusy Ame Magicalcover.de /

Bilder: depositphotos.com/ shutterstock.com

 

 

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Warnung vor dem Offensichtlichen

Die Erzählung kann Spuren von Gewalt enthalten

 

 

Diese Dark Romance aus der Uncaged-Reihe ist so heiß und hart und heftig wie man es von uns als Autorenpaar bei Dark Romance gewohnt ist. Sie ist außerdem ziemlich brutal. Es können also mehr als nur ›Spuren von Gewalt‹ sein.

Tatsächlich ist damit zu rechnen, dass die Gewalt teils ebenso grafisch beschrieben wird, wie das auf die Erotik zutrifft. Böse Leute tun böse Dinge, die sich gegen die Protagonisten richten. Wem so etwas sehr nahegeht, der sei gewarnt.

Wer in der Hoffnung weiterliest, dass die Bösen im Gegenzug auch ihre gerechte Strafe erhalten … Nun, das wird man sehen müssen. Es wäre ja schrecklich, schon vor dem Beginn der Erzählung das Ende oder wichtige Meilensteine zu verraten.

Für alle Teile der Uncaged-Reihe - wie auch für die meisten Bücher der Darkstones - gilt, dass kein Blatt vor dem Mund genommen wird. Unsere Dark Romance Bücher sind nicht lieb. Sie sind heiß und in dieser Reihe sogar noch ein wenig härter als bisher. Sie sind Romance. Es gibt also ein garantiertes Happy End. Aber der Weg dorthin ist nicht immer leicht und die Inhalte können Leser mit schlimmen Erfahrungen triggern.

Seid gewarnt.

 

Über die Uncaged Buchreihe

 

Dark Romance aus dem Hause Stone, das ist anders als sonst üblich. Ebenso erotisch, ebenso düster und spannend, aber dennoch anders.

Wir nehmen uns krasser Themen an und verarbeiten sie auf unsere ganz persönliche Weise. Das kann und soll Grenzen überschreiten und in manchmal sehr düstere Abgründe führen. Nicht immer sind dabei die Protagonisten die treibenden Kräfte. Besonders die Bösen haben es oftmals in sich und sind wirklich monströs. Daher kann es extrem hart zur Sache gehen.

Für diese Reihe gilt das besonders, denn sie ist nicht einfach nur Dark Romance - sofern bei uns denn das Wort 'einfach' überhaupt anwendbar ist.

Vorweg soll allerdings noch einmal herausgestrichen werden, dass Uncaged eine REIHE ist, keine Serie. Das bedeutet, die Bücher sind völlig unabhängig von einander. Die Handlung baut nicht aufeinander auf und steht auch nicht in einer Chronologie. Die Protagonisten haben nichts miteinander zu tun. Es ist ein Projekt mit einem gemeinsamen Thema. Oder - in diesem Fall - einer gemeinsamen Grundidee, die auf verschiedene Weisen aufgearbeitet wird.

 

Für Uncaged bedeutet das konkret, dass wir uns durch mehrere Genres bewegen. Alle Bücher der Reihe sind im weitesten Sinn Dark Romance. Aber sie sind auch noch viel mehr.

Uncaged - Das Tier ist eine zeitgenössisch-moderne Geschichte. Eine Contemporary Dark Romance, die in unserer Welt und unserer Zeit spielt. Das, was man erwarten würde, wenn man zuvor unsere Dark & Deadly Reihe gelesen hat. Das Buch könnte durchaus auch als siebter Teil dieser anderen Buchreihe laufen, denn es ist dark und es ist deadly.

Uncaged - Die Bestieist etwas schwerer zu kategorisieren. Es ist eine Dark Paranormal Historical Romance. Man könnte auch Dark Romantasy sagen, aber das klingt nach einer soften, lieblichen Geschichte mit einer kleinen, düsteren Note. Und das trifft nun wirklich nicht zu. Die Erzählung ist eine Dark Romance in einer nicht zu fernen Vergangenheit und in einer Welt, die beinahe unsere sein könnte, wenn es übernatürliche Wesen in unserer Geschichte gegeben hätte.

Uncaged - Das Monster ist eine Dark Fantasy Romance. Da gibt es kein Vertun, es ist Fantasy und ansonsten eine eindeutige Dark Romance. Unsere gewohnte und bekannte Welt oder Abwandlungen davon haben darin keinen Platz. Dafür wird es besonders spannend.

 

Mit dieser Reihe wollen wir als Autoren unsere Leser entführen. Wir wollen und werden uns nicht auf reine Dark Romance in einem modernen Setting beschränken, auch wenn man die immer wieder von uns erwarten darf. Wir bieten allerdings noch mehr und das wollen wir mit dieser Buchreihe vorzeigen.

Wir freuen uns, wenn unsere Fans und neue Leser diese Reise mitmachen. Deswegen wollen wir besonders herausstreichen, dass die Geschichten so sind, wie man sie von uns kennt und mag. Es ist immer irgendwie Dark und immer irgendwie Romance, nur das Setting - der Rahmen für die Handlung - unterscheidet sich.

Lass dich von uns an der Hand nehmen, sodass wir dich das Fürchten lehren können, während wir - wie immer - für gewisse Notstände in den Höschen sorgen, die man bei der Lektüre unserer Bücher traditionsgemäß am besten gleich weglässt, weil sie so oder so ein Fall für den Wäschekorb werden würden.

 

Prolog

 

 

 

 

 

 

Da ist etwas. Um mich herum. Über mir, vor mir, überall.

Es hat einen Namen. Ich kenne ihn. Ich weiß, dass Namen wichtig sind. Ich muss mich erinnern.

Wie ist der Name? Der Name ist Licht!

Es blendet mich. Gleißend versucht es, mir die Sicht zu nehmen.

Da ist noch mehr. Formen im Licht. Oder dahinter?

Formen, die Namen haben. Schemen, die einen Zweck haben. Eine … Absicht.

Wie ist der Name? Ich muss mich erinnern.

Der Name ist … Ich weiß es nicht.

Die Schemen kommen näher. Sie werden zu Formen. Köpfe, Hälse, Schultern.

Ein Schlag gegen den leicht vorstehenden Knorpel in der Mitte des Halses - Kehlkopfbruch. Erstickungsgefahr. Qualvoller Tod.

Nein! Töten ist böse! Ich will das nicht tun. Ich werde das nicht tun.

Die Köpfe haben Gesichter, aber es sind keine richtigen Gesichter.

Augen. Verdeckt, verschleiert, abgeschirmt.

Augen, aber nichts weiter. Das, was sonst da sein muss, fehlt. Das ist nicht richtig.

Unter den Augen muss ein Ding sein. Das Ding hat einen Namen.

Wie ist der Name? Ich muss mich erinnern.

Nase! Aber sie ist nicht da!

Keine Nase, kein Mund. Was unter den Augen sein müsste, ist … nicht da.

Nur eine helle, konturlose Fläche. Wie milchweiße Haut, die über alles gewachsen ist, das dort hingehört. Und darunter … Bewegung! Bewegung, die zu den Lauten gehört, die ich wahrnehme. Aber ich verstehe nicht, was sie bedeuten.

Ich weiß, dass sie Bedeutung haben. Sie sind wichtig, diese Laute. Aber ich verstehe nicht.

Ich verstehe nie. Ich weiß nicht, was geschieht. Ich weiß nicht einmal mehr die Namen für Dinge.

Namen sind wichtig. Ich muss mich erinnern. Der Name ist …

Der Name ist … Ich weiß es nicht!

»Wie ist dein Name?«, fragt die scharfe Stimme des Bösen.

Sein Gesicht hat Kontur. Es ist kein gutes Gesicht, aber es hat eine Nase und einen Mund.

Es ist bleich, nicht gelb.

Warum sollte es gelb sein? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, es sollte gelb sein.

Die Augen sind nicht rund und nicht groß. Sie sind schräggestellt und zusammengekniffen. Sie sind … böse!

»Wie ist dein Name?«, beharrt das Böse.

Namen sind wichtig. Ich muss mich erinnern.

Ich habe einen Namen. Es ist wie ein Echo in mir. Ich kann es fast verstehen. Ich muss mich erinnern!

Mein Name ist …

Mein Name, er ist …

Ich weiß es nicht!

Ich schreie. Keine Worte, die ich nicht mehr kenne. Ich schreie und speie Wut.

Kälte erfasst meinen Körper. Bleierne Schwere. Müdigkeit.

»Wie ist dein Name?«, fragt das Böse.

Ich weiß es nicht!

Ich … habe keinen Namen!

Namenlos versinke ich in der Dunkelheit. Es gibt nichts, woran ich mich halten kann, um es zu verhindern.

Ich besitze nichts. Nicht einmal einen Namen …

 

***

 

Schwärze weicht.

Feuer rast durch mich hindurch. Erfüllt mich. Durchflutet mich.

Wut rast in mir, bis die Schwärze gewichen ist.

Dunkelheit umfängt mich. Fast-Schwärze.

Lärm ist überall vor mir, Stille überall hinter mir.

Ich höre die Laute. Ich kenne die Laute. Ich verstehe die Laute … nicht.

Wut wird zu rasendem Zorn.

Ich packe die langen, kalten, harten Dinger. Sie sind überall um mich herum.

Lärm wird lauter, Dunkelheit wird schwächer, Wut wird stärker.

»Du wirst kämpfen und du wirst töten, Tier«, hallt die Stimme des Bösen in mir nach.

»Du bist nichts.«

»Du gehörst mir.«

»Wenn du nicht kämpfst, nicht tötest, bist du wertlos.«

»Töten ist dein Zweck.«

»Töte für dein Publikum oder stirb.«

Sterben …

Ich kenne den Laut, ich kenne das … Wort.

Ich mag das Wort. Ich würde gern sterben.

Aber das Böse lässt mich nicht sterben. Das Böse … ist in mir. Es besitzt mich. Es durchflutet mich.

Zorn, Wut, das Böse. Es ist alles in mir.

Ich habe keine Wahl. Ich habe keinen Namen.

Ich bin … das Tier.

Licht scheint durch den Spalt vor mir. Die Stangen - Gitter - werden hochgezogen.

Ein Kreis im gleißenden Licht. Eine Gestalt jenseits der Dunkelheit.

Die Gestalt hat ein Gesicht. Ich kenne das Gesicht nicht.

Ich kenne nur eines mit Gesicht.

Mit einem Schrei springe ich ins Licht, um das Böse zu töten.

Ich habe keinen Namen. Töten ist mein Zweck.

Ich will nicht töten.

Aber ich … muss!

 

 

 

Erstes Kapitel

 

 

Zhou-Lin

 

 

 

Blut spritzt - die Zuschauer jubeln. Knochen brechen - die Menge tobt.

Ich drehe den Kopf weg. Warum habe ich mich nur überreden lassen, hier zu sein? Ich wollte nie mit den Geschäften meines Vaters zu tun haben.

Es wird leiser in der Halle und ich wende den Blick wieder dem Geschehen zu. Die Männer im Käfig umkreisen sich. Der Herausforderer blutet aus etlichen Wunden und sein linker Unterarm ist unnatürlich abgeknickt.

Ich könnte so eine Verletzung versorgen. Aber ich bin nur für die Kämpfer meines Vaters zuständig. Alle anderen haben mich nicht zu interessieren. Daher lege ich mein Augenmerk auf … ihn.

Er ist anders. Er bewegt sich nicht wie die anderen Männer. Dass ich ihn hier noch nie gesehen habe, ist nicht ungewöhnlich. Normalerweise meide ich die Hallen, wo die Käfigkämpfe stattfinden. Aber seit ich eingewilligt habe, als Ärztin hier eine Zeit lang zu arbeiten, habe ich einige der Männer kennengelernt und viele ihrer Wunden versorgt.

Ich sehe zu meinem Vater hinüber. Er hat seinen Platz am Ring eingenommen und während des Kampfes übernimmt ein professioneller Kommentator das Mikrofon, mit dem die Ankündigungen gemacht werden. Er sieht sogar auf die Entfernung müde aus. Seine Schultern hängen und er schaut dem Kampf nicht einmal zu. Ganz im Gegensatz zu Yong. Dem Mann, den ich … heiraten soll.

Sofort kommt der Widerwille in mir hoch. Diese Ehe ist nicht meine Entscheidung. Sie wurde arrangiert. Warum mein Vater mir das antut, weiß ich nicht. Bis vor Kurzem hat er nicht versucht, mich mit Tradition und Familie unter Druck zu setzen. Das hat sich nun geändert.

Mein sogenannter Verlobter soll der Nachfolger meines Vaters werden und er ist durch und durch Chinese. Im Gegensatz dazu bin ich in Amerika geboren und aufgewachsen. Ich hatte immer die Freiheit, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Sei es, Medizin zu studieren, weil ich verhindern möchte, das andere nach langem Leiden so qualvoll sterben, wie meine Mutter. Oder auch einfach all die für Amerikaner ganz normalen, privaten Entscheidungen über das eigene Leben.

Ich befürchte, dass diese Freiheit endet, wenn ich der Ehe mit Yong zustimme. Er ist geradezu vernarrt in viele der alten Traditionen und mag eigensinnige Frauen nicht besonders. Auch wenn er das zu verbergen versucht, merke ich es ihm nur zu deutlich an.

Jetzt gerade ist seine Aufmerksamkeit allerdings auf den Kampf konzentriert und nicht - wie so oft - auf mich und darauf, ob ich mich ›angemessen‹ verhalte. Während ich ihn unauffällig beobachte, springt er auf und prescht mit wutverzerrtem Gesicht zu den Gitterstäben.

Es ist nicht zu verstehen, was er dem Kämpfer zuruft, der für ihn antritt. Dieser Mann, der so anders ist und jetzt so rein gar nicht auf ihn reagiert.

Er verhält sich verdammt merkwürdig. Es ist nichts Ungewöhnliches daran, dass er den Gegner nicht aus den Augen lässt, aber wie er das tut … Er ist wie ein Tier, das auf den richtigen Moment lauert, um seine Beute anzugreifen.

Das ist es! Seine Bewegungen erinnern mich an ein Raubtier, das kurz davor steht, zuzuschlagen. Seine Haare fallen ihm wirr ins Gesicht und seine gewaltigen Muskeln sind angespannt. Bis auf eine kurze Hose und ein breites, halsbandartiges Ding um seinen Hals, trägt er nichts weiter. Noch nicht einmal Schuhe, im Gegensatz zu seinem Gegner. Er wirkt wild und seltsam primitiv. Obwohl der andere Kämpfer schwer verletzt ist, verhöhnt er den animalischen Mann und versucht, ihn zu reizen oder aus dem Konzept zu bringen. Aber an dem seltsamen Kerl scheint das alles abzuprallen.

Ich erkenne es sofort, als der Herausforderer einen Fehler macht. Ich mag die Kämpfe nicht besonders, aber ich habe ein Auge dafür. Nur kurz lässt er den Wilden aus den Augen und diese Sekunde nutzt dieser aus und schlägt zu.

Blitzschnell schießt er vor und greift sich den Mann. Er packt den gebrochenen Arm und reißt ihn herum. Brüllend geht der Kerl zu Boden. Die Zuschauer springen von ihren Stühlen und feuern den Wilden an. Über den Lärm ist das Schmerzgeschrei des eindeutigen Verlierers kaum noch zu hören. Genauso wenig wie das Brechen seines Rückgrats, als ihm mit voller Wucht das Knie in den Rücken kracht, während sein Kopf nach hinten gerissen wird. Solch eine Kraft habe ich noch nie bei einem Menschen gesehen.

So schnell die Attacke kam, so schnell lässt der Sieger auch von seinem Opfer ab. Noch bevor der Körper den Boden erreicht, ist das Leben aus ihm gewichen. Yong ballt triumphierend die Hände zu Fäusten und sieht mehr als zufrieden aus. Er lässt sich vom Publikum feiern, obwohl nicht er gekämpft hat. Aber ich habe schnell gemerkt, seit ich für meinen Vater arbeite, dass Yong die Fäden in der Hand hält. Wie das alles im Hintergrund genau verwoben ist, möchte ich gar nicht wissen.

Mehr Aufmerksamkeit schenke ich meinem Verlobten nicht. Stattdessen liegt mein Augenmerk auf dem Sieger. Er hat sich zurückgezogen und beginnt, am Gitter des Käfigs entlang zu wandern. Erst denke ich, er will zu einer bestimmten Stelle, aber dann dreht er abrupt um. Er … tigert auf und ab. Ungeduldig, aggressiv, kampfbereit. Als würde er auf einen neuen Gegner warten. Er sieht nicht zum Publikum, aber ich bin sicher, dass er es aus dem Augenwinkel im Blick behält.

Man sieht ihm nicht an, dass er gerade einen Mann umgebracht hat. Er hat effizient und schnell getötet. Er hat keine Show abgezogen und sich nicht verausgabt. Er ist verschwitzt, aber nicht erschöpft und schon gar nicht am Ende seiner Kräfte. Er hat nicht mit dem anderen gespielt, wie es so oft in diesen Kämpfen der Fall ist. Vor allem, wenn jemand sich als eindeutig überlegen herausstellt. Aber dieser Mann … Sobald sich ihm die Situation bot, hat er zugeschlagen. Wie ein Raubtier. Und so verhält er sich auch jetzt.

Ein Angestellter meines Vaters öffnet, wie immer nach jedem Kampf, die Käfigtür. Diesmal gibt er sich allerdings zögerlich. Vor allem, als der Blick des Wilden ihn geradezu aufspießt. Er ist der Sieger, aber er tritt nicht feiernd und im Jubel derjenigen aus der Menge badend, die auf ihn gesetzt haben, hinaus. Er scheint sich eher anzuspannen. Seine Haltung ist sprungbereit, geradezu lauernd.

Zwei Kerle, die seltsamerweise Mundschutz tragen als hätten sie Angst davor, sich mit etwas anzustecken, treten zum Käfig. Yong baut sich auf der Außenseite auf. Irgendetwas geht vor sich, als sich die Blicke meines Verlobten und des Wilden kreuzen. Dann spannt sich der Kämpfer wieder an, als die Handlanger mit einem Seil auf ihn zukommen.

Nie zuvor in meinem Leben war ich mir so sicher, dass es in den nächsten Sekunden brutale Gewalt geben würde. Ich sehe es an jeder winzigen Regung im Körper des Kämpfers. Er wartet nur auf die Gelegenheit, wie er es bei seinem Gegner getan hat. Er wird zuschlagen.

Auch die Menge spürt das. Es wird ruhiger. Mehr und mehr Zuschauer richten ihre Aufmerksamkeit auf das, was eine weitere, unerwartete Showeinlage zu werden verspricht. Doch dann verzieht sich das Gesicht des Kämpfers wie vor Schmerzen und im nächsten Moment verlässt die Anspannung seinen Körper. Er lässt den Kopf hängen.

Einer der Typen mit dem Seil tritt vor ihn und nestelt an seinem Hals herum. Scharf atme ich ein, als ich erkenne, dass es eine Leine ist. Das Ding um seinen Hals ist tatsächlich ein Halsband. Wie ein … geprügelter Hund lässt er sich aus dem Käfig führen.

Tatsächlich erinnert mich alles an ihm an ein gequältes Tier und ich weiß nicht, was gerade geschehen ist. Ich weiß nur, dass Yong etwas damit zu tun hat, denn ihm weicht der Kämpfer auf dem Weg aus. Nur um eine Winzigkeit und ohne weitere Reaktionen zu zeigen. Aber da ich ihn genau beobachte, sehe ich es glasklar.

Aus dem Publikum stört sich niemand an dieser Behandlung oder daran, dass es doch keinen ungeplanten Kampf gibt. Es ist ihnen egal oder sie denken, dass es zur Show gehört. »Tier, Tier, Tier«, beginnen sie zu rufen.

Ich folge dem Blick meines zufrieden aussehenden Verlobten zu der Punktetafel. Alle haben zumindest irgendeinen fantastischen Namen, nur der neue Kämpfer wird als ›Das Tier‹ betitelt. Auf den zweiten Blick scheint es alles nur eine Show zu sein, um den Zuschauern etwas zusätzliche Unterhaltung zu bieten. Aber ich glaube das nicht. Ich finde das seltsame Verhalten zu echt, als dass ich es für gespielt halten könnte.

Noch einmal sehe ich dorthin, wo der Kämpfer gerade zu einer Tür geführt wird. Noch immer folgt er dem Mann, der die Leine hält, wie ein geprügelter Hund. Im letzten Moment sehe ich eine Blutspur an seinem Arm und entdecke eine Wunde vom Kampf. Ich werde ihn auf jeden Fall verarzten müssen. Vielleicht finde ich dabei etwas mehr heraus.

Aber noch steht ein letzter Kampf an. Dieser läuft ganz anders als der Vorherige ab. Mehr so, wie es für die brutalen, verbotenen, oftmals tödlichen Käfigkämpfe ›normal‹ ist.

Die zwei Kämpfer, die gegeneinander antreten, wetteifern beide um die Unterstützung der Menge. Jeder reckt siegessicher die Fäuste in die Luft und lässt die Muskeln spielen. Ungeduldig warte ich, bis der Kampf endlich beginnt. Mir geht der vorherige Sieger einfach nicht aus dem Kopf. Ich will endlich nach hinten in die Kabinen kommen, wo die Verletzten warten.

Als ich Yong einmal sagte, dass ich doch schon nach jedem Kampf direkt ihre Wunden verarzten könnte, hatte er mich ungehalten angeraunzt. »Wer für uns kämpft, der hat zu gewinnen. Und wer so dumm ist, sich verletzen zu lassen, der muss warten, bis er verarztet wird. Vielleicht ist es ihnen dann eine Lehre, sich das nächste Mal noch mehr anzustrengen.«

Ich hatte nach seinen Worten an mich halten müssen. Ich bin doch nicht Ärztin geworden, um dann Verletzte erst einmal leiden zu lassen, bevor ich sie behandele. Aber ein Blick in das Gesicht meines Vaters hatte mich alles, was ich Yong an den Kopf werfen wollte, herunterschlucken lassen. Es war kein Zeitpunkt für Diskussionen.

Notgedrungen beobachte ich also die Kämpfe und gehe die einzelnen Verletzungen schon einmal geistig durch, die ich danach versorgen muss. Nun endlich beginnt der letzte Kampf. Danach habe ich es hinter mir und kann an die Arbeit gehen.

Dass dieses Gefecht wieder weniger blutig und knochenbrechend verläuft, bekomme ich nur am Rande mit. Aber es ist nicht zu übersehen, dass auch das Publikum sich nicht mehr so mitreißen lässt. Dieser Kampf ist für hiesige Verhältnisse normal und nachdem das Tier die Menge von ungezügelter und ungekünstelter Tödlichkeit hat kosten lassen, langweilt sie das Normale nur noch.

Sie lechzen nach Blut. Sie gieren nach Tod. Die wahren Tiere in diesen Kreisen sind nicht die Leute im Käfig, sondern die Menschen auf den Zuschauerrängen. Mit dieser einen, seltsamen Ausnahme, die ich nicht aus dem Kopf kriege.

 

Meine Schritte hallen in dem kahlen, langen Gang. Der letzte Kampf ist vorüber und endlich kann ich meiner eigentlichen Aufgabe nachkommen. Man hat mir einen kleinen Raum als Behandlungszimmer in der Nähe der Umkleidekabinen eingerichtet. Ich verlangsame und komme zum Stehen, als ich keinen der heutigen Kämpfer vor der Tür warten sehe. Was zum Teufel ist hier los?

Ich habe genug Wunden gesehen, die genäht werden müssen. Sogar ausgekugelte Gelenke zum Einrenken hat es gegeben. Kurz drücke ich die Klinke hinab, aber die Tür ist verschlossen, wie es sein sollte. Der Schlüssel hängt an meinem Bund. Es ist wirklich niemand hier.

Mich beschleicht eine Ahnung und ich stürze zu den Kabinen, die von unseren Kämpfern genutzt werden. Als ich die Tür aufstoße und in den Raum trete, zucken die zwei Männer zusammen, die sich dort aufhalten.

»Was geht hier vor?«, will ich scharf wissen, als ich erkenne, dass der Trainer die klaffende Wundes des Mannes zutackert.

Bevor er antworten kann, öffnet sich noch einmal die Tür. »Zhuo-Lin, du hast in diesem Raum nichts verloren«, höre ich Yongs Stimme hinter mir.

Langsam drehe ich mich herum und stütze die Hände in die Hüften. »Wenn ich meine Arbeit verrichten könnte, müsste ich das auch nicht.« Dass er mich mal wieder auf die traditionell chinesische Weise mit Nachname und Vorname angesprochen hat, versuche ich nach Kräften zu ignorieren.

Meine Widerworte lassen kurz seine Maske fallen. Eisig starrt er mich an, bis er tief durchatmet und ein neutrales Lächeln aufsetzt. »Ich werde das regeln. Warte in deinem Raum auf mich.« Damit hält er mir demonstrativ die Tür auf und ich bin weise genug, ihn nicht herauszufordern, obwohl es einen Patienten gibt, den ich und nicht der Trainer behandeln sollte.

Stattdessen gehe ich an ihm vorbei und zu meinem Raum. Beherrscht schließe ich auf und mache das Licht an. Obwohl das Zimmer klein ist und kein Fenster besitzt, habe ich es so eingerichtet, dass es weder zu steril noch zu erdrückend wirkt. Ich habe fast alles, um sogar die schlimmsten Verletzungen zu versorgen, bis der Rettungswagen eintrifft und der Patient ins Krankenhaus gebracht werden kann. Und ich habe das nötige Wissen. Ich bin in der Lage, schlimmste Kampfverletzungen zu behandeln … wenn man mich nur lässt.

Es klopft an der Tür. Ohne mein Herein abzuwarten, tritt Yong in den Raum. »Ich habe mit Sung-Zuko gesprochen. Es waren nur kleinere Verletzungen, die er ohne Probleme behandeln konnte.«

Ich weiß, dass es gelogen ist. Nicht, dass der Trainer diese Wunden nicht behandeln kann, das hat er ja in der Vergangenheit immer wieder getan. Aber dass es nur kleinere Verletzungen waren, stimmt nicht.

»Die Männer sind schon nach Hause. Aber ich habe angeordnet, dass sie beim nächsten Wettkampf bis zum Ende bleiben müssen und nur du beurteilen darfst, ob sie gehen dürfen.«

Es ist zwecklos, mit ihm über den Unsinn zu diskutieren, dass jeder von den Kämpfern so lange hierbleiben muss, bis der Wettkampf beendet ist. »Was ist mit diesem einem Kämpfer, den man das Tier nennt?«, frage ich stattdessen nach.

Sofort blitzt es in seinen Augen. »Der ist ein Glücksgriff. Die Investition hat sich schon jetzt gelohnt.«

»Ist er auch schon nach Hause?«

»Wo denkst du hin?« Er lacht. »Er ist hier im hinteren Bereich untergebracht.«

»Ich will ihn sehen.«

»Das kommt nicht infrage.« Sein Lachen verblasst.

»Yong, er war verletzt und wenn er noch hier ist, habe ich die Pflicht, nach ihm zu sehen!«, sage ich mit Nachdruck und verschränke die Arme unter der Brust.

Er hasst es, wenn ich ihn nur bei seinem Vornamen nenne. Es mag in China und vor allen Dingen hier in chinesischen Kreisen sehr beliebt sein, sich übermäßig traditionalistisch zu geben und die beiden Namen zu einem zu verbinden. Aber ich bin verdammt noch mal keine Chinesin! Ich bin Amerikanerin, wie es meine Mutter auch war. Für meinen Vater bin ich hier und für ihn sage ich Yong auch nicht meine Meinung offen ins Gesicht, aber meine Zurückhaltung hat Grenzen.

Yong holt sein Handy hervor und tippt etwas. Dann sieht er mich an. »Sung-Zuko wird dich gleich abholen und zu ihm bringen. Du solltest aber darauf vorbereitet sein, dass er unberechenbar ist und du ihn vielleicht nicht untersuchen kannst. Meine Männer werden dort sein und auf dich aufpassen.«

Ich nicke nur, denn was soll ich darauf antworten? Dass ich bei vielen meiner Schichten auf alkoholisierte, mit Drogen vollgepumpte Patienten traf, die oft genug gewalttätig waren? Dass ich auch unberechenbare Schwerverbrecher behandeln musste? Dass ich mit solchen Situationen Erfahrung habe und damit umgehen kann? Dass ich so gut in der Lage bin, mich selbst zu verteidigen, dass ich professionelle Kampfsportlerin wäre, wenn ich nicht der Medizin den Vorzug gegeben hätte?

Es wird ihn nur noch mehr daran erinnern, dass ich nicht das kleine, devote und folgsame Ding ohne eigene Meinung bin, wie er es sich doch eigentlich wünscht. Warum er mich als Frau will, ist mir völlig schleierhaft. Ich bin mir sicher, dass es damit zu tun hat, wie niedergeschlagen mein Vater ist. Noch viel mehr, als sein ohnehin schon melancholisches Selbst seit meine Mutter starb. Darüber endlich etwas herauszufinden ist der Grund, warum ich diese lächerliche Farce einer Verlobung noch nicht mit klaren Worten beendet habe.

Yongs züchtigen Kuss auf die Wange lasse ich zu, ohne ihn daran zu erinnern, dass es ein schlimmer Verstoß gegen die Traditionen ist, die er so verehrt. Wieder merke ich, dass dieser Mann nichts an sich hat, was mich reizen würde. Er löst keinerlei Kribbeln in meinem Bauch aus. Von einem Prickeln zwischen meinen Beinen ganz zu schweigen. Meistens lässt er mich völlig kalt und manchmal macht er mich wütend. Ich werde ihn ganz sicher nicht heiraten. Nicht für meinen Vater und nicht für die Familienehre. Vor allem aber, weil nichts mich zu ihm hinzieht.

Während ich auf den Trainer warte, packe ich einiges an medizinischer Ausrüstung in eine Tasche. Wieder klopft es, aber diesmal wartet derjenige immerhin ab, bis ich ihn hereingebeten habe.

»Zhou-Lin«, beginnt der Trainer.

»Nur Lin. Oder, wenn du auf das Sie bestehst, Miss oder Doktor Zhou«, unterbreche ich ihn.

Er verneigt sich leicht. »Sehr gerne, Miss Lin. Ich bringe dich zu … ihm.«

Ich habe das Zögern gemerkt und während ich meinen Raum abschließe, blicke ich zu ihm. »Ihm? Wie heißt er?«

»Er … «, Zuko zuckt mit den Schultern. »Er hat keinen Namen. Er wird von allen nur Tier genannt.«

Ungläubig sehe ich ihn an, folge ihm aber weiter durch die Gänge. Ein Mann, der nur Tier genannt wird. Gehört das alles zur Show? Ist es so mysteriöser? All das werde ich ihn hoffentlich gleich fragen können.

»Ich muss dich allerdings vorwarnen. Er ist gefährlich.«

Ich winke ab. »Das hat mir Yong schon erzählt. Damit kann ich umgehen.«

»Da bin ich mir nicht sicher, Miss Lin«, murmelt der Trainer.

Bevor ich darauf reagieren kann, höre ich Stimmen, Lachen, das Rauschen von Wasser unter Hochdruck und … ein verdammt tiefes Knurren! Als wir um die nächste Ecke biegen, bleibe ich abrupt stehen und kann nicht fassen was für ein Bild sich mir bietet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zweites Kapitel

 

 

Das Tier

 

 

 

Das Böse ist tot.

Ich weiß, dass es so ist. Ich töte gut. Ich töte schnell. Ich versage nicht.

Doch das Böse kann nicht sterben. Wie jedes Mal ersteht es wieder auf. Diesmal ist es schon da, kaum dass ich mich umdrehe. Und wieder schickt es seine Gesichtslosen, um mir die Freiheit zu nehmen.

Ich will aufbegehren. Wenn das Böse mich schickt um das Böse zu töten, stechen mich die Gesichtslosen mit den Nadeln und mein Geist wird … klarer. Der Nebel über allem, was ich zu denken versuche, lichtet sich. Ich kenne wieder Worte. Ich könnte sie auch sprechen.

Aber wenn ich das tue, bestrafen sie mich. Es ist zwecklos. Sie legen mir die Kette an und ich weiß, ich bin wieder machtlos. Ich kann nur mir selbst schaden, wenn ich mich auflehne. Ich werde vor Schmerzen zusammenbrechen, wenn ich versuche, das Böse oder die Gesichtslosen zu töten, solange die Kette an meiner Halsfessel ist.

Das Böse hat mich in seiner Gewalt und es durchdringt mich. Ich kann nichts tun. Ich kann nur … gehorchen.

 

Die Gesichtslosen binden mich mit der Kette fest. Ein Teil von mir will sie zählen. Es sind mehr als zuvor. Aber ich werde Schmerzen leiden, wenn ich mich den Gesichtslosen zuwende. Für mich dürfen sie nicht existieren. Das Böse will nicht, dass ich sie wahrnehme.

Dass ich sie sehe und höre und rieche … ist ein Geheimnis. Es ist kostbar. Niemand weiß es. Niemand ahnt es. Es ist alles, was ich habe. Ich bewahre es gut. Ich will es nicht verlieren. Ich will nicht, dass Schmerzen es wegbrennen. Ich will nicht, dass sie mich mit Nadeln stechen und es auslöschen.

Sie binden mich fest und ihre Laute sagen mir, dass nicht alle von ihnen frei von Furcht sind. Sie denken, ich könnte sie töten, wie ich das Böse töte. Sie wissen nicht, dass es unmöglich ist. Ich darf das nicht verstehen. Ich darf ihren Lauten nicht zuhören.

Ich bin froh, als das eiskalte Nasse gegen meinen Körper zu hämmern beginnt. Ich schreie auf. Ich weiß, dass sie das wollen. Wenn sie mich strafen und quälen, muss ich schreien, sonst wachsen die Schmerzen.

Eine Schlange mit spitzem Maul und einem Auge, das auf einem Stiel sitzt, spuckt das Nass auf mich. Es hat kein Ende und es hämmert auf mich ein. Die Gesichtslosen halten die Schlange und helfen ihr, mich überall anzuspeien. Doch ich weiß nicht, was das Gift tun soll.

Vielleicht funktioniert es nicht. Es wäscht mich, aber es erfrischt mich auch. Es säubert. Es riecht nicht. Es wäscht das Blut ab. Nur wenn es dorthin kommt, wo das Böse mich im Kampf verletzen konnte, brennt es in der Wunde. Aber das ist kein Schmerz, nur ein … Etwas.

Ich weiß, es gibt einen Laut dafür, aber ich kenne ihn nicht mehr. Alles, was weniger als Schmerz ist, ist dieses Etwas. Nur wenn ich schlafe, gibt es nicht den Schmerz und nicht das Etwas. Dann gibt es nur Ruhe.

 

Als die Schlange aufhört, das Nass auf mich zu speien, passiert das plötzlich. Laute fliegen herum. Ich höre einen Klang, den ich nicht kenne und doch kenne ich so einen Klang. Ein anderes meiner Geheimnisse will an die Oberfläche drängen, aber ich verbiete es der Erinnerung an die Mutter. Dieses Geheimnis muss verborgen bleiben, sonst wird es ausgelöscht. Und auch das will ich nicht verlieren.

Ich will herumfahren, aber die Kette spannt sich. Ich erstarre, denn wenn ich mich gegen die Kette auflehne, werde ich Schmerzen leiden. Ich kann nur aus dem Augenwinkel hinsehen. Aber … das reicht.

Alles in meiner Brust stoppt, als ich den Engel sehe. Es hat ein Gesicht. Aber es ist nicht das Böse. Es ist … Schönheit. Es kann nicht böse sein. Es darf nicht böse sein!

Der Engel erhebt sich über die Gesichtslosen. Ihre Laute sind lauter, denn sie hat einen Mund. Ihre Laute sind voller Zorn, denn die Gesichtslosen tun etwas, was ihr nicht gefällt. Ihre Laute sind voller Macht, denn die Gesichtslosen … müssen ihr gehorchen?

Ich ringe nach Luft. Die Gesichtslosen gehorchen nur dem Bösen. Ist der Engel böse?

Nein, der Engel ist voller Macht und die Gesichtslosen sind ohne Macht. Das Böse ist nicht hier. Sie können sich nicht gegen den Engel auflehnen, wie ich mich nicht gegen sie auflehnen kann.

So ist die Ordnung der Dinge. Ich verstehe.

Doch dann … verstehe ich nicht mehr, denn … der Engel wendet sich mir zu und … tritt zu mir.

Der Engel macht Laute. Laute, die an mich gerichtet sind. Laute, die mich wünschen lassen, ich könnte auch Laute machen.

Aber die Gesichtslosen sind da und sie lauern darauf, dass ich ein Geheimnis offenbare. Wenn ich Laute mache, erfährt es das Böse. Ich darf nur Laute machen, wenn das Böse es von mir verlangt. Und dann will ich es nicht oder ich erinnere mich nicht, wie man es tut.

Ich mache keine Laute. Auch nicht, als der Engel meinen Arm berührt. Ich erstarre. Ihre Berührung … sie ist heiß! Aber sie verbrennt mich nicht? Und was ist das, was davon ausgeht und sich über meinen Körper ausdehnt? Wie eine … Welle?

Ist das der Laut, den ich meine? Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass es nicht schmerzt. Und es ist auch nicht wie das andere Etwas.

Es ist wie nichts, woran ich mich erinnere. Es ist … eine neue Sache.

Eine Sache, von der ich mehr will …

 

 

 

Drittes Kapitel

 

 

Zhou-Lin

 

 

 

Was für eine Schweinerei läuft hier? Ich bin stinksauer. Das ist keine Show, die man mit diesem Kämpfer abgezogen hat, sondern perverse Realität!

»Ich werde dir nichts tun«, rede ich ruhig auf den an der Wand angeleinten Mann ein. Er spannt sich unter meiner Berührung, rührt sich aber keinen Millimeter von der Stelle.

»Miss Lin«, wendet sich der Trainer an mich. »Mister Chen wird das nicht gefallen.«

Zustimmendes Gemurmel der drei Männer, die wir dabei unterbrochen haben, wie sie den Kämpfer mit einem Schlauch und eiskaltem Wasser abgespritzt haben. Wieder tragen sie alle Mundschutz. Haben die etwa Angst, sich was von dem Kämpfer einzufangen?

»Das ist mir egal. Unter meiner Obhut wird kein Mensch so entwürdigend behandelt.«

»Zhou-Lin …«, meldet sich einer der Handlanger zu Wort.

»Für Sie: Doktor Zhou«, fahre ich den Kerl an. »Würden Sie mir erklären, warum der Mann hier angebunden ist und von Ihnen misshandelt wird?«

»Doktor Zhou.« Er räuspert sich. »Er ist ein Wilder, ein Tier. Und so wird er auch gehalten.«

»Haben sie keine Augen im Kopf?« Ich kann es nicht fassen. »Er ist ein Mensch. Nur weil er keinen ordentlichen Haarschnitt besitzt und voller Narben ist …« Heilige Scheiße, erst während ich es sage, verarbeite ich die Beobachtungen, die ich mache. Sehr viele Narben zieren seinen Körper.

»Er hört auf Befehle und wenn er die Leine dran hat, dann können Sie alles mit ihm machen. Er ist dressiert. Er ist wie ein Hund … oder ein Affe im Zirkus.«

Es ist zum aus der Haut fahren. Wütend blitze ich Yongs Handlanger an. »Nur weil er unter einer Konditionierung steht und, wie ich ganz stark vermute, unter Drogen gesetzt wurde, ist er nicht weniger ein Mensch als Sie oder ich.«

»Konditio-was?«

»Lassen Sie's gut sein. Ich dulde es nicht, wie er behandelt wird«, gebe ich fest zurück.

Während des Streitgesprächs liegt meine Hand noch immer auf den stahlharten Muskeln des Mannes neben mir. Ich lasse den Blick durch die … »Zelle«, zische ich. »Das ist eine verdammte Zelle! Er ist hier untergebracht?«

An der einen Seite, direkt an der Mauer, wo der Putz schon abblättert, ist eine Pritsche. Noch nicht einmal eine Matratze befindet sich auf dem Holzbrett. Lediglich eine dünne Decke liegt unordentlich darauf. Zum Gang hin gibt es keine Wand, sondern nur Gitterstäbe. Jeder, der hier entlang kommt, kann ihm beim Schlafen oder … den anderen Verrichtungen zusehen. Ein Eimer in der anderen Ecke zeugt von einem improvisierten Klo und der Ausguss in der Mitte des Raumes scheint nicht nur für das Duschwasser zu sein, sondern auch … »Selbst im schlimmsten Gefängnis der Welt wäre das hier undenkbar«, fahre ich die Männer an.

»Er ist Eigentum von Chen-Yong. Er kann mit ihm tun und lassen, was er will.«

Will der Typ das nicht begreifen? »Die Sklavenhaltung ist schon seit Jahrhunderten verboten.«

»Er ist ein Schwerverbrecher und Gefangener«, mischt sich unvermittelt von der Tür her mein Verlobter ein.

Deutlich fühle ich die Muskeln unter meiner Hand vibrieren. Ein Blick zum Gesicht des Gefangenen lässt mich die Luft anhalten. Haltung und Mimik lassen wieder an einen geprügelten Hund denken, aber in seinen Augen tobt ein Feuer. Yong kann es nicht sehen, weil der Kämpfer ihn nicht ansieht, aber mir bleibt es nicht verborgen.

»Wenn ich ihn nicht übernommen hätte, dann hätte man ihm schon längst die Todesspritze gesetzt.«

Ich sollte bei seinen Worten meine Hand von dem Mann nehmen und zurückweichen, aber, obwohl es hirnrissig ist, spüre ich, dass er mir nichts tun wird.

»Deswegen muss man ihn trotzdem nicht so behandeln. Egal was er getan hat - und ich will es nicht wissen - hat er eine Würde.« Ich fahre zu dem Handlanger herum, der mit einem Schnauben reagiert. »Möchten Sie dazu etwas sagen?«, frage ich scharf.

»Nein, Doktor Zhou.« Beschwichtigend hebt er die Hände.

Yong zieht missbilligend die Augenbrauen zusammen.

»Lass mich ihn in einen anderen Raum bringen«, schlage ich in ruhigerem Ton, an meinen Verlobten gewandt, vor. »Wo er ein Bett und ein Bad hat. Wo ich seine Wunden versorgen kann und sie sich nicht entzünden. Nur weil er ein Verbrecher ist und wie ein Tier behandelt wird, ist er nicht immun gegen Bakterien, die in seine Wunden eindringen können. Von Viren ganz zu schweigen.«

Ich spiele meinen Arzt-Trumpf aus. Was anderes habe ich nicht. Ich kann nicht zur Polizei gehen. Damit würde ich nicht nur Yong in Schwierigkeiten bringen, sondern auch meinen Vater. Ich bin nicht blöd. Die Kämpfe mögen nicht unendlich viel härter sein, als im Fernsehen übertragene Vollkontakt-Wettkämpfe, aber sie sind dennoch illegal. Und sowohl mein Vater, als auch Yong stehen eindeutig in Verbindung zum organisierten Verbrechen.

Immerhin scheint mein Verlobter zu überlegen und nickt dann endlich. Er bellt einige Befehle auf Chinesisch und zwei seiner Handlanger gehen davon. Ich mag zwar Halbchinesin sein, aber ich spreche die Sprache nicht fließend. Meine Mutter war Amerikanerin und mein Vater hat nie Wert drauf gelegt, dass ich sie richtig lerne.

»Ich werde ihn für dich in andere Räumlichkeiten verlegen lassen. Keine Medikamente für ihn, außer du meinst, dass es absolut dringend erforderlich ist. Das wirst du allerdings vorher mit mir absprechen. Haben wir uns verstanden?« Yong sieht mich abwartend an.

»Natürlich. Danke.«

Dass ich, sollte es ein medizinischer Notfall sein, ganz sicher nicht auf sein Okay warten werde, muss ich ihm nicht auf die Nase binden. Dass er mir dieses Zugeständnis gemacht hat, muss ich nicht direkt kaputtmachen.

»Guten Abend, Zhou-Lin.« Yong bedeutet dem Trainer ihm zu folgen.

Dann stehe ich nur noch mit dem letzten Handlanger und dem Kämpfer in der Zelle.

»Nehmen Sie seine Leine und folgen Sie mir.« Yongs Lakai nickt mir zu und will sich zum Gehen umwenden.

Empört atme ich laut ein. »Ich werde ihn ganz sicher nicht an der Leine führen.«

»Miss Zhuo, er ist auf die Leine geprägt. Er folgt. Ohne Leine ist er unberechenbar, wenn Chen-Yong nicht dabei ist, um ihn mit Kommandos im Zaum zu halten.« Abwartend bleibt der Handlanger stehen.

Am liebsten möchte ich dem Kerl sagen, wo er sich seine Leine hinstecken kann. Aber wenn es stimmt, dass man den Kämpfer unter Drogen gesetzt und einer Konditionierung unterzogen hat, kann das tatsächlich alles so passen. Auch wenn es mir widerstrebt, ich löse meine Hand von dem Kämpfer und nehme das Ende der Leine, die an einer Schlaufe locker an dem Haken in der Wand hängt.

»Es tut mir leid, dass ich auch diese Leine nutze«, rede ich auf den Kämpfer ein, während ich ihn aus der Zelle herausführe. Ohne Probleme folgt er mir. Es entsteht noch nicht einmal der kleinste Zug, sondern er passt sich meiner Geschwindigkeit an.

Die zwei anderen Handlanger kommen uns entgegen und wir folgen ihnen durch die Gänge. Mir kommt der Bereich vage bekannt vor, als wir vor einer Tür stehen bleiben. »Wo sind wir hier?«

»In der Nähe Ihres Raumes. Die Umkleidekabinen der Kämpfer sind auch nicht weit entfernt.«

Als wir den Raum betreten, bleibe ich abrupt im Eingang stehen. »Soll das ein Witz sein?«

»Er ist es so gewoh…«

»Es ist mir scheißegal, was man meint, das er gewohnt ist.« Mir platzt der Kragen. »Er soll auf einem Metallgestell schlafen? Würden Sie mir mal sagen, wie er darauf auch nur ansatzweise liegen soll?«

»Ich …«

»Besorgen Sie gefälligst eine Matratze, Decke und Kissen. Sofort!«

»N-natürlich.«

Mit hochrotem Kopf drängt sich der Handlanger an mir vorbei und ich weiche zurück, direkt an den Körper hinter mir. Ganz deutlich spüre ich seine Brustmuskeln an meinem Rücken arbeiten, seine gewaltige Hitze durch mein Oberteil strömen und seinen Atem meinen Nacken streifen. Ich sollte mich von ihm lösen. Einen Schritt nach vorne gehen. Aber ich bin wie gelähmt, als ob auch ich eine Leine umhätte, die er in dem Moment in seiner Hand hält. Ich höre, wie er einatmet und dann kurz stockt. Danach atmet er tiefer ein und seine Brust drückt sich fester an meinen Rücken.

»Doktor, ich habe alles auftreiben können.«

Ich zucke zusammen. Endlich kann ich mich aus meiner Starre befreien und mich von dem Körper hinter mir lösen. Mir wird bewusst, dass ich mich minutenlang völlig reglos an den fremden Körper in meinem Rücken gelehnt habe, ohne es wirklich zu bemerken. Ich räuspere mich. »Sehr gut, legen Sie alles auf das Bett. Und dann bräuchte ich meine Tasche, um ihn untersuchen und behandeln zu können.«

Als das Bett endlich nutzbar ist, führe ich den Kämpfer zu diesem hin. »Würdest du dich bitte setzen?« Ich habe keine Ahnung, ob er mich versteht. Bisher hat er noch kein Wort gesprochen. Allerdings setzt er sich ohne Probleme hin und ich stehe mit der Leine in der Hand ein wenig verloren vor ihm.

»Sie können die Schlaufe einfach dort drüber hängen. Dann wird er keine Probleme bereiten.« Er zeigt auf einen der Bettpfosten. Ich wundere mich zwar, tue aber, was er vorschlägt. In der Haltung des seltsamen Mannes gibt es keine Veränderung.

Als ich die Hände wieder frei habe, inspiziere ich das kleine angrenzende Bad. Dusche, Waschbecken, Toilette. Nicht blitzblank, aber soweit sauber. Keine Handtücher, aber immerhin eine Rolle Klopapier. Der vordere Raum dagegen enthält bis auf das Bett rein gar nichts und er ist kleiner als die Zelle. Aber, er hat eine Privatsphäre, wenn die Tür geschlossen ist und ein eigenständiges Klo. Außerdem eine Dusche, sodass er nicht mehr mit einem Schlauch abgespritzt werden muss.

»Verlassen Sie jetzt alle den Raum.«

Die zwei Männer verschwinden sofort, nur der dritte, der mit mir hergekommen ist, bleibt an der Tür stehen. »Ich habe …«

»Es ist mir egal, was Sie haben oder sollen. Wenn ich diesen Mann hier untersuche, ist er mein Patient und ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet. Einzig Yong wird in Kenntnis gesetzt, wie ich es ihm zugesichert habe.« Dass es totaler Stuss ist und ich in dieser Ausnahmesituation ganz sicher nicht an irgendeine Verschwiegenheit gebunden bin, muss ich dem Typen nicht auf die Nase binden. »Oder wird er mir Probleme machen? Ich dachte, wenn er ›angeleint‹ ist, stellt er keine … Gefahr da.«

»Ja, äh … nein. Er ist keine Gefahr …«

»Dann verlassen Sie jetzt augenblicklich den Raum.« So autoritär und vehement war ich seit meiner Arbeit in der Notaufnahme nicht mehr.

»O-okay. Hier.« Er reicht mir einen Schlüssel. »Wenn Sie fertig sind, schließen Sie ab und geben ihn mir dann wieder.«

Ich nehme den Schlüssel an mich und warte, bis er endlich die Tür hinter sich geschlossen hat. Dann erst wende ich mich dem Mann auf dem Bett zu. Er ist so ungewöhnlich. Einerseits sitzt er in sich eingesunken und doch aufrecht. Das ist ein Widerspruch in sich, aber anders kann ich es nicht beschreiben. Die Leine drückt ihn runter, aber da ist etwas in ihm, dass nicht … oder noch nicht, gebrochen ist.

Was ich da denke, ist totaler Blödsinn. Es ist keine fundierte medizinische Diagnose, sondern esoterischer Humbug. Ich muss mich zusammenreißen.

»Wie heißt du?«, frage ich zuerst. Wie ich schon erwartet habe, fängt er nicht sofort an zu sprechen, als wir alleine sind.

---ENDE DER LESEPROBE---