Bonded Fate - The Creature - Kitty Stone - E-Book

Bonded Fate - The Creature E-Book

Kitty Stone

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Beschreibung

Schreie in der Dunkelheit. Voller Schmerz, Hass, Qual und Wut. Sie foltern ihn. Für die Wissenschaft. Er ist ein Monster. Er hat Schreckliches getan. Er ist ein Schlächter; eine blutrünstige Kreatur; Mörder von Hunderten. Ich muss seine Wunden versorgen. Das ist meine patriotische Pflicht. Doch wenn seine Blicke sich mit meinen kreuzen, dann finde ich keine Bestie. Wenn ich in seine Augen sehe, finde ich nur … mich! Dark Paranormal Romance aus dem Hause Stone ist heiß, düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend. Es gibt eine Inhaltswarnung - man sollte sie lesen. ****** Die Bonded Fate-Reihe baut aufeinander auf. Das erste Buch kann unabhängig gelesen werden, danach empfiehlt es sich, der Reihe nach zu lesen. - Dies ist Band 1 von 3 der Reihe!

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Bonded Fate -

The Creature

Kitty & Mike Stone

Dark Paranormal Romance

 

Schreie in der Dunkelheit.

Voller Schmerz, Hass, Qual und Wut.

Sie foltern ihn. Für die Wissenschaft.

Er ist ein Monster.

Er hat Schreckliches getan.

Er ist ein Schlächter; eine blutrünstige Kreatur; Mörder von Hunderten.

Ich muss seine Wunden versorgen.

Das ist meine patriotische Pflicht.

Doch wenn seine Blicke sich mit meinen kreuzen, dann finde ich keine Bestie.

Wenn ich in seine Augen sehe, finde ich nur … mich!

 

Dark Paranormal Romance aus dem Hause Stone ist heiß, düster und spannend, aber auch überraschend und tiefgehend.

Es gibt eine Inhaltswarnung - man sollte sie lesen.

 

 

Deutsche Originalausgabe, 1. Auflage 2021

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Impressum:

Kitty Stone & Mike Stone

Breslauer Str. 11, 35274 Kirchhain

 

© Juli 2021 Kitty Stone/Mike Stone

 

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen Erlaubnis durch die Autoren.

Covergestaltung: Giusy Ame Magicalcover.de /

Bilder: depositphotos.com/ shutterstock.com

 

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Warnung vor dem bösen Wolf

Auch wenn es die schon gab. Man kann sie nicht oft genug aussprechen.

 

 

Diese Dark Romance aus dem Hause Stone hat ein entschieden paranormales Thema. Es mag überraschend kommen, aber man muss tatsächlich mit zumindest einer schaurigen Kreatur rechnen. Vielleicht sogar mit mehreren. Und mit Blutvergießen, Schmerz, Trauma und grausamen Experimenten an Mensch und … nun ja, nicht so richtig Tier, aber eben Kreatur.

Nicht zum ersten Mal legen sich die Finsterlinge im Buch ziemlich ins Zeug, wenn es darum geht, gemein, grausam und herzlos zu sein. Einige genießen das, andere tun es einfach. Die Protagonisten haben daran naturgemäß weniger Freude als der eingefleischte Sadist. Aber sie sind ja auch nicht zum Spaß hier, sondern um sich durchzuboxen.

Wenn wir als Autoren alles richtig gemacht haben, dann wird das hier Geschilderte manchmal an die Nieren gehen und auf die Tränendrüse drücken. Wer persönliche Erfahrungen mit bösartigen Übergriffen gemacht hat, kann hier und da vielleicht die eigenen Trigger sich rühren fühlen. Davor sei wie immer gewarnt.

Diese Erzählung nimmt wie immer kein Blatt vor den Mund. Sie ist voller Gewalt, Grausamkeit, Liebe, Leidenschaft und Action. Hoffentlich in einem sehr guten Verhältnis zueinander, aber das muss immer jeder Leser selbst für sich entscheiden.

Wer es mit bösen Worten arg genau nimmt, dem raten wir als Verfasser dieses Machwerks, die Finger davon zu lassen. Wer unsere Bücher kennt, sollte keine niederschmetternden Überraschungen befürchten müssen, auch wenn wir natürlich wieder einmal neue Wege gesucht und gefunden haben, gemein zu unseren Protagonisten zu sein.

Zwei Dinge seien noch angemerkt, auch wenn sie nicht direkt in die Inhaltswarnung passen:

Die Geschichte in diesem Buch ist der Anfang. Der nächste Band wird zwar eigenständig sein, aber in Bezug zu diesem Buch stehen und die übergeordnete Gesamterzählung fortführen.

Das Buch spielt nicht in unserer aktuellen Gegenwart, sondern ein wenig in der Vergangenheit. Nicht allzu weit. Wann in etwa wird schnell klar. Wann genau kann der mega-aufmerksame Leser herausfinden.

Ihr seid nun gewarnt. Viel Vergnügen!

 

 

Prolog

 

Matthew

 

 

 

 

 

Blut!

So weit das Auge reicht, ist der Dschungel nicht mehr grün.

Es tropft von den Blättern, Ästen und Stämmen. Es fließt die Schlingpflanzen hinab auf den Boden. Dort ist der Dreck zu Schlamm geworden. Roter Matsch aus Erde und Blut. Übersäht mit … Fetzen.

Stücke von Uniformen und Kleidung. Teile von Waffen. Patronenhülsen. Gesicherte Granaten. Ausrüstungsgegenstände. Und Fleisch …

Es ist überall. Große Brocken und kleine Stücke. Mitsamt Knochen und ohne. In einer Form, die noch an das erinnert, was es einmal war, oder völlig zerstückelt.

Teile von Körpern. Finger, Hände und ganze Arme. Beine und … Köpfe. Manche sogar mit fast unversehrten Gesichtern.

Die meisten sind asiatisch. Vietnamesen. Jüngere und ältere. Erschrocken, verängstigt, verblüfft oder in heilloser Panik. Die Mienen sind erstarrt, als der Tod eintrat. Sie zeichnen das Bild des Grauens.

Hier und da findet sich ein Stück des Olivgrün der Uniformen amerikanischer Marines. Hautfarben, die nicht in diesen Südostasiatischen Urwald zu passen scheinen. Oder ein Bruchstück einer Waffe, die nur von denen verwendet wird, die Eindringlinge sind - eines M-16 Sturmgewehrs der US-Streitkräfte.

Es sind so unfassbar wenige, aber jeder von ihnen weckt einen tiefen Seelenschmerz.

Sie sind tot.

Corporal Jackson, der muskulöse Schwarze, der Feuerteam 1 angeführt hat und dessen Verlobte auf den Fotos neben ihm immer so grotesk zierlich wirkte - tot. Lance Corporal Santos vom Feuerteam 2 des Platoon, dessen Frau ihm ellenlange Briefe über den Unsinn schrieb, den seine fünf Kinder anstellten - tot. Lance Corporal Turner vom dritten Team, der ewige Schürzenjäger, der sich für unwiderstehlich hielt - tot.

Ihre Männer sind es ebenso. Ihr Blut mischt sich mit dem des Feindes.

Es war eine Kompanie der regulären, nordvietnamesischen Armee mit Vietcong-Guerillas als Kundschafter. Nur der grünste und dümmste aller neuangekommenen Lieutenants konnte ernsthaft auf die Idee kommen, eine so große Streitmacht in ihrem eigenen Land unbemerkt verfolgen zu können.

Doch auch dieser Offizier ist tot.

Er starb schon bevor der erste Schuss fiel. Er war das erste Opfer dieser Schlacht.

Er fiel von der Hand eines seiner Untergebenen. Er hatte es nicht anders verdient.

Doch es war zu spät.

Und als die Kugeln zu fliegen begannen, kam der rote Nebel und hat alles verschleiert.

Nun ist es still.

Totenstill.

Und das Blut von Hunderten Menschen tränkt den Boden der Grünen Hölle.

Nur einer steht noch und begreift es nicht.

Einer ohne Waffe, der von Kopf bis Fuß mit Blut bedeckt ist, das nicht von ihm stammt.

Einer, dessen Uniform in Fetzen hängt und der einen menschlichen Arm hält, der - so, wie er aussieht - wie eine Keule geschwungen worden sein muss.

Einer von einem ganzen Platoon.

Einer nach einem Gefecht zwischen vierzehn US-Soldaten und mehr als zweihundert Vietnamesen.

Und er ist allein.

Ich … bin allein …

 

 

 

Erstes Kapitel

 

Shirley

 

 

 

 

 

Das laute Heulen hallt durch die Gänge des unterirdischen Komplexes. Es kriecht mir in jede Zelle meines Körpers und lässt mich frösteln. Meine Schritte werden langsamer. Die Laute zeugen von unvorstellbaren Qualen. Sie sind unmenschlich, aber sie schneiden mir dennoch tief ins Mark. Welche Grausamkeiten können einem Wesen solche Schreie entlocken?

Der Soldat an meiner Seite sieht zu mir. Er ist ein Corporal, ein erfahrener Mannschaftsdienstgrad. Mein Unwohlsein muss mir wohl sehr deutlich ins Gesicht geschrieben stehen, denn seine Miene verzieht sich mitfühlend. Es passt zu der zuvorkommenden Art, mit der er mich bisher behandelt hat. Aber es passt nicht zu den schrecklichen Lauten, die durch die Gänge dieser Basis hallen …

»Das tut er manchmal«, erklärt er mir. »Es geht vorüber.«

»Er?«, frage ich mit etwas unsicherer Stimme.

Ich weiß nicht, was hier vor sich geht. Niemand hat es für nötig befunden, mir etwas über meine neue Aufgabe zu erzählen. Ich bin Mitglied des Schwesterncorps und ich gehe, wohin ich befohlen werde. Als ich meine Abkommandierung zurück in die Vereinigten Staaten erhielt, dachte ich, es hätte etwas mit meinen … etwas unorthodoxen Methoden zu tun, mit denen ich das Los der Verletzten im Lazarett erträglicher zu machen versuchte. Mir kommt der Verdacht, dass ich mich geirrt haben mag.

Ich weiß allerdings nicht, ob ich erleichtert sein soll, dass mich keine Strafversetzung erwartet. Das Geheul schwillt wieder an und lässt einen Schauer über meinen Rücken laufen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich an einen Wolf denken. Einen entsetzlich leidenden, gequälten Wolf …

»Na, das … ähm, Testsubjekt, meine ich«, erwidert der Corporal im Plauderton. Ihm scheint das Heulen nichts auszumachen oder man merkt es ihm jedenfalls nicht an. Dafür bin ich mir ziemlich sicher, dass er etwas anderes als ›Testsubjekt‹ sagen wollte.

»Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht, Corporal«, lasse ich ihn wissen.

Ich klinge kühl und das liegt daran, dass mir alles andere als wohl ist. Er ist sehr nett zu mir gewesen, aber ich kann ihm gerade kein zuvorkommendes Lächeln schenken. Ich fühle eine ausgewachsene Beklemmung nach meinem Herz greifen, die mich in Atem hält.

»Oh, also … das ist …«, druckst er.

»Ah, die Schwester. Endlich!«, ruft eine Stimme und lenkt meine Aufmerksamkeit auf einen Mann vor uns im Korridor.

Ich bleibe stocksteif stehen, als ich ihn erblicke. Was er trägt, könnte ein Arztkittel sein, aber es ist vor lauter Blut nicht genau auszumachen. Ich muss an die Operationssäle im Feldlazarett denken. Dort sahen die Ärzte so aus, wenn wieder einmal eine Patrouille nach Feindkontakt aus dem Dschungel zurückgebracht wurde. Nach Amputationen und der Behandlung schwerer Verletzungen am Ende eines Tages boten sie den gleichen Anblick.

Irgendwie bezweifle ich, dass es sich hier ebenso verhält. Für den Moment ist das Geheul nicht zu hören und ich frage mich, ob das Hiersein dieses Mannes damit zusammenhängt, weil er nicht mehr woanders ist, um einem Lebewesen Schmerzen zu bereiten.

»Können Sie die Arbeit sofort aufnehmen?«, will der Mann wissen, dessen Augen wie fiebrig glänzen.

Ich nehme an, er ist ein Offizier und nicht bloß ein Zivilist, denn der Corporal hat Haltung angenommen. Von ihm ist keine Antwort zu erwarten und sonst ist hier niemand, also muss ich wohl oder übel eine Antwort auf diese Frage finden. Und die liegt auf der Hand, auch wenn es mir nicht behagt …

»Ich bin zwar gerade erst angekommen, aber …«, setze ich an.

»Sehr gut!«, unterbricht er sofort. »Folgen Sie mir.«

Wie die allermeisten Ärzte hat er keine Zeit für unnötige Worte und kein Interesse an Erklärungen. Mein ›aber‹ sagt ihm, dass ich zur Verfügung stehe. Das ist alles, was ihn interessiert.

»Würden Sie sich um mein Gepäck kümmern, Corporal?«, frage ich freundlich.

»Natürlich, Ma'am«, erwidert er. »Aber der General wollte mit Ihnen …«

»Sagen Sie dem General, dass er herzlich gern selbst den Absaugschlauch halten kann, wenn er eine vernünftige Muskelgewebsprobe haben will. Ich brauche endlich helfende Hände, verdammt!«

Mit einem Blick, wie ihn sich nur zwei Menschen zuwerfen können, die unter Militäroffizieren dienen, verständige ich mich mit dem Soldaten. Er wird seinem Vorgesetzten berichten und der wird tun, was auch immer er tun muss oder will. Doch bis er einen anderen Befehl gibt, ist der Arzt mit seinem Rang derjenige, der das Sagen hat.

Ich schlüpfe aus dem groben Mantel und krempele die Ärmel der Schwesternuniform der US-Streitkräfte nach oben, während ich mich daranmache, dem blutbesudelten Mediziner zu folgen. Dabei stähle ich mich, wie ich es auch vor dem Eintreten in einen Operationsbereich tun würde, denn ich weiß ganz genau, dass mich ein Anblick erwarten wird, der auf den Magen schlagen wird.

Doch nichts kann mich darauf vorbereiten, was meine Augen wirklich erblicken, kaum dass ich den Raum betrete. Mit einem würgenden Ächzen bleibe ich stehen und starre das Unmögliche an. Dann greife ich nach dem Türrahmen, denn mir werden die Knie weich. Zum ersten Mal in meinem Leben fürchte ich, in Ohnmacht zu fallen …

»Gütiger Gott!«, stoße ich ungläubig aus. »Was in aller Welt istdas?!«

 

 

 

Zweites Kapitel

 

Matthew

 

 

 

 

 

Schmerz!

Er kommt in Stößen und ist allumfassend.

Jeder Muskel spannt sich, ohne Kontrolle oder Gegenwehr zuzulassen.

Dem Drang sich aufzubäumen stellt sich ein unüberwindlicher Widerstand entgegen.

Wut kocht und bricht sich in einem heulenden Schrei Bahn, dem nichts Menschliches innewohnt.

Gedanken schwirren umher wie Patronen, die über ein Schlachtfeld schießen.

Es gibt keinen Sinn. Es gibt kein Entkommen.

Die Verschnaufpausen zwischen den nervenzerfetzenden Qualen sind kurz.

Kaum lange genug, um nach Luft zu ringen. Nicht genügend Zeit, um einen Gedanken zu fassen.

Arme und Beine wollen sich spannen, während sie zucken von dem, was durch den Körper gejagt ist. Es riecht nach Ozon und verbranntem Haar oder … Fell. Muskeln zittern. Da ist Kraft und Macht, aber sie lässt sich nicht richten.

Der nächste Stoß trifft wie ein Schlag.

Schmerz, Wut und schließlich blinder Hass.

Der Drang etwas oder jemanden zu zerfetzen.

Derselbe Drang, der schon einmal da war, als …

 

Das Projektil trifft den Grünschnabel seitlich ins Gesicht und reißt seinen Kopf herum.

Zähne, Fleischfetzen und Blut fliegen davon. Das verbleibende Auge ist weit aufgerissen. Er begreift nicht, was geschieht. Und ich verstehe es auch nicht. Bis … der unverkennbare Knall der Kalaschnikow den Vorsprung der Kugel aufholt und die ganze, beschissene Wahrheit offenbart.

»Deckuuung!«, brülle ich aus voller Kehle und werfe mich zu Boden.

Private Greenie taumelt und weitere Projektile schlagen in seinem Körper ein. Er dreht sich. Wie eine beschissene Puppe, die von einem Kind herumgeschleudert wird, zuckt und tanzt er. Doch sein Blick aus dem einen, unversehrten Auge ist schon leer. Er ist hinüber …

Um uns herum tut sich die Hölle auf, um zerlumpte Guerillas und abgerissene Kommunisten-Soldaten auszuspucken. Von allen Seiten und aus allen Löchern kommen sie gekrochen. Wie dreckige Insekten. Wie wütende Ameisen, die aus ihrem Bau strömen.

Sie haben nur ein Ziel: töten.

Uns!

 

 

 

Drittes Kapitel

 

Shirley

 

 

 

 

 

»Erstaunlich, nicht wahr?«, beantwortet der Arzt meinen Ausruf.

Er gibt mir einen Augenblick, um zu erfassen, was ich da vor mir sehe. Am Rand bekomme ich mit, wie zufrieden er mit dem Effekt ist, den es auf mich hat. Bisher war er nur kurz angebunden und in Eile, aber er ist eindeutig nicht frei von Eitelkeit.

Das alles ist jedoch nebensächlich, denn ich kann mich kaum auf ihn konzentrieren. Vor mir auf einer Stahlkonstruktion, die ohne viel Fantasie als Folterbank zu erkennen ist, liegt eine Gestalt, wie ich noch nie eine gesehen habe.

Die Konstruktion ist so gelagert, dass man sie drehen und auch aufrichten kann. Momentan steht sie schräg und ermöglicht einen freien Blick auf das … Wesen, das darauf festgemacht ist.

Riesenhaft erscheint es mir. Von Kopf bis Fuß mit Fell bedeckt und entsetzlich muskulös. Schwere, dicke Stahlfesseln liegen um Arme, Beine, Brust und Kopf. Ich zweifle nicht daran, dass sie notwendig sind. Nur ein flüchtiger Blick auf die langen Klauen am Ende der gewaltigen Pranken macht mir klar, wie gefährlich diese Kreatur sein muss.

Der Kopf, der sich uns zuwendet und die blutverklebten Augen aufreißt, ist … wölfisch. Ich weiß keinen anderen Vergleich. Er kommt mir wie ein gewaltiger Wolfsschädel vor, dessen Maul groß genug sein mag, um einem Menschen einen Arm oder ein Bein abzubeißen. Geifer tropft von wild gefletschten Zähnen unter hochgezogenen Lefzen. Ein lautes, grollendes Knurren wird vernehmbar.

Mein Herz macht einen gewaltigen Satz, als ich in die Augen der Bestie blicke. Eisblau und kalt sind sie. Mörderische Wut und schreckliche Blutgier funkeln darin, als der Blick den Militärarzt streift. Dann fassen sie mich ins Auge und …

»Eine genaue Bezeichnung für das Subjekt muss natürlich noch bestimmt werden«, reißt mich der Arzt aus seltsamen Gedanken. »Für den Moment wird es einfach ›die Kreatur‹ genannt. Wenn ich mit der Analyse fertig bin, werde ich einen passenden Namen gefunden haben, der nicht irgendwelchen alten, albernen Schauermärchen entspringt.«

Ich unterdrücke ein unwillkürliches Schnauben, denn ich weiß, was er meint. Wer bei diesem Anblick nicht sofort an einen Werwolf denkt, muss ahnungslos und sehr behütet aufgewachsen sein. Irgendwie ist es nicht verwunderlich, dass dieser Mann keine so einfache Bezeichnung akzeptieren will.

»Wenn Sie sich dann genug gefangen haben, um mir zur Hand zu gehen?«, will er schließlich wissen.

Ich reiße mich zusammen, schlucke und unterbreche den Blickkontakt mit dem … Wesen, der die ganze Zeit über bestand. Kann ich mich zusammenreißen und einfach losarbeiten? Erstaunlicherweise: ja.

Ich nicke ihm zu und straffe mich. Was auch immer hier vorgeht, ich werde es noch erfahren. Aber ich kann von diesem selbstverliebten Wichtigtuer keine offenen Antworten erwarten. »Stellen Sie mich ihrem Team vor, Doktor …?«, schlage ich ihm vor.

Er runzelt die Stirn und ich merke ihm an, dass meine Anmerkung ihn von Dingen abhält, die er lieber täte. Ich weiß nicht einmal seinen Namen, geschweige denn die seiner Assistenten. Und das kann böse enden, wenn schnelles Handeln gefragt ist. Vor allem in einer Ausnahmesituation. Was hier wohl sehr eindeutig zutrifft.

»Ich bin Doktor Fallay und das sind die Helfer und Wachen, die man für dieses Projekt erübrigen kann. Ich bin zuversichtlich, sie werden sich Ihnen selbst vorstellen können, falls dazu jemals eine Notwendigkeit besteht.«

»Ich bin Schwester … Shirley«, erwidere ich und verzichte kurzerhand auf eine vollständige Vorstellung. Wenn ich ihn richtig einschätze, wird er sowieso nie meinen Namen verwenden. Ich bin offenbar die einzige Krankenschwester hier und es wird keine Verwirrung erzeugen, wenn er einfach ›Schwester‹ sagt. Ihn zu etwas anderem bewegen zu wollen, erscheint mir zwecklos.

»Gut. Wir werden eine Probe von der Muskulatur am linken Bizeps entnehmen. Aufgrund gewisser Besonderheiten muss ich dafür einen sehr langen Schnitt vornehmen und dann ziemlich weit in die Tiefe vordringen. Ich habe niemanden, der mir dafür zur Hand gehen kann. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie zu tun haben?«

Sein Ton ist wieder vollkommen sachlich mit dieser erheblich herablassenden Note, aber ich zucke mit keiner Wimper. Auch nicht, als das Wesen ein Grollen vernehmen lässt, weil wir uns ihm nähern. Überhaupt bin ich selbst erstaunt, wie gelassen ich bleibe, während ich mit einem … einem Werwolf in einem Raum bin. Für diese Überlegung habe ich jetzt jedoch keine Zeit und seinem Blick kann ich auch nicht begegnen, ohne dass mir doch noch die Hände zu zittern beginnen.

Stattdessen folge ich und tue, was von mir erwartet wird. Ich brauche Zeit, um über alles nachzudenken und mich zu entscheiden, ob ein Nervenzusammenbruch nicht doch noch nachzuholen sein wird. Später …

Fast bereue ich es. Ein hysterischer Anfall von der Sorte ›typisch Frau‹ hätte mir vielleicht ein paar Dinge erspart, die ich erleben muss. An sich ist die Entnahme einer Gewebeprobe reine Routine und wirklich keine besonders komplizierte Sache. Doch hier ist nichts wie es sein sollte!

Immer wieder wird die Arbeit in sehr kurzen Abständen unterbrochen. Immer wieder werden dem … Wesen Stromstöße verpasst. Es erschreckt mich und die heulenden Schmerzschreie klingen wirklich ganz und gar nach Wolf. Leidendem Wolf, genau genommen. Elendig leidend …

»Muss das sein?«, will ich schließlich gereizt wissen, weil es mir ziemlich zusetzt.

»Wenn das Subjekt in dieser Gestalt verbleiben soll, muss es ständiger Qual ausgesetzt sein«, klärt Doktor Fallay mich beiläufig auf. »Die genauen Mechanismen dahinter sind noch zu ergründen, aber so viel weiß ich bereits mit Gewissheit.«

Die hundert Fragen, die seine Aussage aufbringt, stelle ich nicht. Stattdessen muss ich zusehen, wie dieser Metzger einen Schnitt über fast den gesamten … Oberarm des Wesens setzt. Nicht nur viel zu lang für das, was er vorhat, sondern auch alles andere als sauber und gerade. Ein Chirurg ist er jedenfalls nicht, so viel steht fest.

»Absaugen und offenhalten«, fordert er.

Ich gehorche und lasse mir nichts anmerken. Auch nicht, als er fortfährt und den Schnitt auf unnötig schmerzhafte Weise vertieft. Dabei stellen sich mir alle Haare zu Berge, denn er richtet unglaublichen Schaden am Muskelgewebe an. Das Wesen stöhnt vor Leid, wenn es nicht gerade knurrt oder ohrenbetäubend heult.

Ich kann nicht anders, ich fasse mit der freien Hand seinen Unterarm und drücke beruhigend. Monströse Kreatur hin, Werwolf her - er leidet!

»Doktor, ich …«, will ich ansetzen.

»Achten Sie auf die Wundränder und halten sie es weit offen. Die Heilfähigkeit des Gewebes ist … erstaunlich«, unterbricht er mich.

Ich will schon eine scharfe Antwort geben, als ich es selbst bemerke. Die lange, tiefe Wunde, die einen Menschen sicher verstümmelt hätte … Sie heilt! Schnell!

»Gott im Himmel«, wispere ich.

»Ich sagte ja, es ist ein faszinierendes Subjekt«, freut sich der Arzt über meine Fassungslosigkeit. »Spreizen Sie genau hier. Das ist der Strang, von dem ich ein Stück entnehmen werde.«

Ich sehe hin und tue, was er verlangt, obwohl es einer absichtlichen Verstümmelung gleichkommt. In meinem Mund schmecke ich Galle, weil ich bei so einer Grausamkeit mithelfe. Der Blick des Wesens ruht auf mir, wenn er sich nicht vor Schmerzen krümmt. Ich wage es nicht, zu ihm zu sehen, denn … er tut mir verdammt noch mal leid! Ich weiß nicht, ob ich die Tränen zurückhalten könnte, wenn ich den Schmerz in seinen Augen sähe. Niemand verdient so etwas.

Ich tue meine Pflicht wie eine Maschine. Das habe ich im Feld in Vietnam gelernt, wo ein Soldat nach dem anderen mit lebensgefährlichen Verletzungen über den Operationstisch ging und keine Zeit für eigene Gefühle blieb. Dabei vergesse ich allerdings meinen Patienten nicht und gebe ihm das Wenige, was mir offensteht. Einen Hauch menschlicher Wärme.

Und es reagiert darauf. Ich spüre es!

Was auch immer dieses Wesen ist, es ist mehr als ein Monster. Es denkt und fühlt. Es lebt. Es leidet.

Himmel, in was bin ich da nur reingeraten. Und das alles nur, weil ich ein paar Mal zu weit gegangen bin, wenn es um die Nachbetreuung der Verwundeten GIs und Marines ging, die mit fehlenden Gliedmaßen oder anderweitig verstümmelt aus dem sogenannten Kampf für die gerechte - die amerikanische - Sache nach Hause zurückkehren würden.

Vielleicht sollte ich mich lieber der Strafe für mein ach so unsittliches Verhalten stellen, als hierzubleiben. Der Preis für eine Vermeidung eines Verfahrens, das mich den Ruf kosten würde, kommt mir gerade einfach nur verdammt hoch vor.

Aber … was wird dann aus … ihm?

 

 

Viertes Kapitel

 

Matthew

 

 

 

 

 

Sie sind überall. Der ganze, beschissene Dschungel ist voll mit ihnen und jeder der verfickten Pisser schießt auf alles, was sich bewegt.

Ich liege zwischen dem durchlöcherten Leichnam des Grünschnabels und Peters. Sein Funkgerät raucht. Ob der blitzschnell abgesetzte Notruf jemanden erreicht hat, weiß der Geier.

»Wir sind am Arsch!«, heult der junge Lance Corporal.

Er ist fertig. Ich habe schon leichtere Bauchwunden gesehen, an denen die Kameraden elendig verreckt sind. Ein Feuerstoß hat ihm den Unterleib aufgerissen und seine Därme hängen heraus. Keine Chance auf Rettung, selbst wenn die Hubschrauber schon da wären, die vielleicht nie kommen.

Er hat recht. Wir sind am Arsch.

Es war eine Falle.

Der gottverdammte, vorschriftsgeile Scheißhaufen von Grünschnabel-Lieutenant hat uns mitten in eine Falle geführt. Er hat sich eingebildet, er hätte alle Antworten, dabei war er keine Woche im Land und keine zwei Wochen aus der Akademie raus.

Pisser! Wäre er nicht schon tot, ich würde ihn noch einmal umbringen!

 

Die Berührung am Arm reißt mich aus der Erinnerung und drängt sich durch die rasende Wut. Der Raum ist kahl und karg. Es sind nur wenige Personen anwesend, aber eine ist anders als die anderen. Eine ist … kein Feind …

Ich kann sie nicht richtig erfassen, so sehr ich es auch versuche. Sie bleibt schattenhaft und undeutlich. Und sie … gehört hier nicht her!

Nein, sie kann nicht real sein. Ich bin im vietnamesischen Urwald und meine Männer verrecken um mich herum. Ich verliere den Verstand. Ich … muss etwas tun.

Ich bin schuld. Ich hätte den verschissenen Lieutenant schon am ersten Tag umbringen sollen.

 

»Bringen Sie das Platoon in Ordnung, Sergeant«, verlangt der kleine, brillentragende Wichtigtuer, während ihm der Schweiß in Strömen läuft.

»Äh, was?«, erkundige ich mich.

»Was, Sir«, korrigiert er. »Und ich meine den Uniformzustand. Mein Platoon wird vorschriftsgemäß ausrücken und patrouillieren. Sorgen Sie dafür.«

»Im Ernst?«, schnaubt Corporal Jackson, mein dienstältester Mann, als er davon hört.

»Tut einfach, was er will. Ich gebe ihm einen Tag, dann kapiert er, wo wir sind. Du kennst doch die Spinner frisch von der Akademie. Lass ihn sich abbrennen und in seinem Schweiß ersaufen, dann kommt er zur Vernunft.«

Drei Tage später warte ich noch immer darauf. Und es wird nicht besser. Der dumme, kleine Wichtigtuer wird zu einer ernsthaften Gefahr für meine Jungs. Ich muss ihn beiseitenehmen und zur Vernunft bringen.So kann das nicht weitergehen …

 

 

Fünftes Kapitel

 

Shirley

 

 

 

 

 

Ich fühle mich wie betäubt, als die sogenannte Operation vorüber ist. Nichts daran verdient diese Bezeichnung. Es gibt keine Nachsorge für die Wunde und der Eingriff war unnötig grausam und schmerzhaft. Ich schmecke bittere Galle im Rachen, während der feine Doktor Fallay völlig unberührt erscheint.

»Räumen Sie hier auf und wenn die Transformation stattgefunden hat, verabreichen Sie dem Subjekt dieses Sedativum«, weist er mich an.

Ich folge seinem Fingerzeig mit den Augen und entdecke eine vorbereitete Spritze. Der Behälter mit dem Präparat steht daneben, aber ich kenne den Wirkstoff nicht. Der großen Menge nach, die ich verabreichen soll, muss es entweder ein schwaches Mittel sein oder … es wird eine sehr hohe Dosis benötigt. Vermutlich Letzteres, denn das Wesen ist sehr groß und wirkt extrem stark.

»Sie, ähm … Wilson? Jackson?«, wendet er sich an einen der anderen Assistenten.

»Petersen«, murmelt der leise, als würde er sich ohnehin keine Illusionen machen, dass sein Name gehört wird.

»Wie auch immer«, winkt der Arzt dann auch passend ab. »Bereiten Sie das Labor vor und bringen Sie die Probe dorthin. Ich mache mich frisch und bin gleich da.«

»Wollen Sie nicht die Wunde nähen?«, wundere ich mich, als er sich entfernen will.

»Wozu? Sie wächst ohnehin von allein zu. Bis Sie fertig sind, wird sie weitgehend geschlossen sein. Sie werden schon sehen.«

Noch immer entgeistert starre ich ihn an. Selbst wenn es stimmen sollte - und ich kann dem unnatürlichen Heilungsprozess aus dem Augenwinkel praktisch zusehen - kommt es mir einfach … falsch vor, so mit einem Lebewesen umzugehen. Mensch hin, Monstrum her, er fühlt Schmerzen und seine Augen …

Über seine Augen darf ich gar nicht nachdenken, denn darin ist nichts Widernatürliches zu entdecken. Wären sie alles, was ich von diesem Wesen sehe, würde ich nie auf die Idee kommen, es nicht mit einem denkenden, fühlenden Menschen zu tun zu haben.

»Konzentrieren Sie sich auf Ihre Anweisungen und überlassen Sie das Denken den Männern, die darin geübter sind als eine einfache Krankenschwester«, weist mich Fallay kühl zurecht.

Seine Herabsetzung stört mich nicht. Daran bin ich gewöhnt. Aber die Kälte, mit der er es sagt …

Ich nicke, doch ich sehe ihn dabei nicht an, denn meine Verachtung für diesen Mann wächst und ich weiß, er würde es sehen. Stattdessen wende ich mich den blutigen Instrumenten zu und beginne mit meiner Arbeit. Zufrieden mit meinem Mangel an Reaktion wendet er sich ab und geht.

Kaum dass Doktor Fallay den Raum verlassen hat, atmet der verbliebene Assistent auf und entspannt sich hörbar. Ich schenke ihm keine Aufmerksamkeit, aber es entgeht mir nicht, wie er mich mustert. Auch diese Art von Reaktion kenne ich. Mir ist bewusst, dass ich nicht hässlich bin und welche Wirkung die Schwesternuniform auf manche Männer hat. Selbst wenn sie ein paar Blutspritzer abbekommen hat.

Eigentlich sollte das hier anders sein, denn wir sind nicht in Südostasien, sondern in der Heimat. Aber ich bin mir zunehmend sicher, dass diese Militäranlage geheim ist und es für die Besatzung wenig Ausgang gibt. Es verwundert mich also noch weniger, dass man auf eine Frau mit so offensichtlichem Interesse reagiert. Nicht, dass es die Aufmerksamkeit willkommener machen würde …

»Das war ziemlich beeindruckend«, spricht mich der kitteltragende Handlanger schließlich an.

Ich bin zu erschüttert, um darauf zu reagieren. So viele Dinge, die ich gern in Ruhe durchdenken würde, sind geschehen. Angefangen mit der reinen Existenz des Wesens auf der Liege, bis hin zu den beiläufigen Grausamkeiten, die ich bereits bezeugen musste.

»Sie haben wirklich mit keiner Wimper gezuckt, als Sie das Ding gesehen haben«, versucht er es erneut.

»Ja, ziemlich cool, die Schwester«, bestätigt eine Stimme hinter mir.

Erschrocken reiße ich den Kopf herum und bemerke zum ersten Mal die beiden Soldaten - Gewehre in den Händen - die am Eingang stehen. Ich war so abgelenkt und gefangen von dem, was vor mir war, dass ich sie nicht einmal wahrgenommen habe.

Die Art, wie der Corporal und der Private mich mustern, ist noch offener aufdringlich. Das macht sie aber irgendwie vertrauter. Ich war nicht direkt im ›Feld‹ während meiner Zeit in Vietnam, aber ich habe genug Kontakt mit Soldaten gehabt, die genau von dort kamen. ›Zu lange Isolation von der normalen Gesellschaft weckt einen Hunger auf alles weibliche in einem Mann‹, hat es mir ein älterer Arzt einmal erklärt. Diesen Hunger sehe ich in den Augenpaaren, die mich mustern. Meine Theorie über diesen Komplex festigt sich.

Um die Lage zu entschärfen und die Aufmerksamkeit auf eine andere Sache zu lenken, zucke ich mit den Schultern. »Habe ich einen Grund zur Furcht?«, will ich wissen.

Es ist nicht schwer, es locker klingen zu lassen. Eine weitere Lektion im Umgang mit Soldaten, die ich gelernt habe, ist, ihnen niemals mein Unbehagen zu zeigen. Ich bin eine Krankenschwester und das ist mein Schutzschild. Ich muss kaum befürchten, dass sie über mich herfallen. Auch wenn mich wundert, dass es sie wohl nicht abhalten würde, was sich noch in diesem Raum befindet …

»Kaum«, bestätigt mir der Assistent meine Vermutung. »Es ist sicher fixiert. Am Anfang gab es ein paar Zwischenfälle, aber wir wissen jetzt, wie stark die Fesseln und die Verankerung sein müssen. Es besteht keine Gefahr mehr.«

»Und wenn doch, wären wir ja hier«, versucht der Corporal mitzuhalten, um nicht bei etwas, das an einen bescheuerten Hahnenkampf um meine Aufmerksamkeit zu erinnern beginnt, ins Hintertreffen zu geraten. »Wir beschützen Sie, falls dieses … Ding irgendwas versucht.«

Mir ist klar, dass ich eine vielleicht einzigartige Gelegenheit direkt vor der Nase habe, mehr zu erfahren. Also zwinge ich mich zu einem dankbaren Lächeln, auch wenn ich seine Worte für Großtuerei halte. Wie isoliert dieser Soldat hier sein muss, wird sehr deutlich, als er sich geradezu in Pose stellt, um mich seine Statur bewundern zu lassen.

»Und was ist es?«, erkundige ich mich mit einem bewusst unschuldigen Augenaufschlag.

»'N Werwolf 'türlich«, schnaubt der Private, der bisher geschwiegen hat, fast schon abfällig.

»Unsinn!«, widerspricht der Assistent sofort und erhebt sich von seinem Platz an den Kontrollen des Geräts, das die Stromschläge gesteuert hat. »Es ist eine äußerst seltene und ungewöhnliche Mutation, die dem Subjekt transformatorische Zustände aufzwingt, während derer es außerdem …«

»Es ist ein Killermonster«, unterbricht ihn der Corporal energisch. »Es war ein Sergeant der US-Marines und es muss eine Menge Schlitzaugen gekillt haben, nach dem, was man hört. Hat aber den eigenen Trupp mit auf dem Gewissen. Vom Lieutenant bis zum jüngsten Private. Alle tot.«

»Wie schrecklich«, stoße ich aus und schlage mir die Hand vor den Mund.

Aber es ist nicht das, was ich wirklich fühle. Und das macht mir zu schaffen. Ich sehe zu dem Wesen und es blickt mich aus leicht geöffneten Augen an. Es ist erschöpft und hat Schmerzen. Die Wut, die es getrieben hat, scheint immer mehr zu schwinden und etwas sehr entschieden menschliches tritt in seinen Blick. Ich fühle … Mitleid.

»Wir werden herausfinden, was es genau ist«, versucht der Assistent, sich wieder in den Vordergrund zu spielen.

»Und dann?«, zischt der Corporal ungehalten. »Ihr wollt doch nur rausfinden, wie ihr mehr davon machen könnt. Eine Kompanie Nordvietnamesen hat es einfach in Stücke zerrissen, oder etwa nicht? Sieh mir in die Augen und behaupte, dass niemand von einer ganzen Armee solcher Monster träumt, um den scheiß Krieg zu beenden und sie danach auf die Russen zu hetzen.«

»Und das wäre schlimm?«, erwidert sein Gegenüber. »Wenn wir die Kommunisten mit geringem Aufwand in ihre Schranken weisen könnten, würde das eine Menge Menschenleben retten, oder etwa nicht?«

»Außer den ›Freiwilligen‹, die herhalten müssten, um zu diesen Monstern zu werden, meinst du«, grollt der Soldat und überbetont das Wort Freiwillige auf sehr eindeutige Weise.

Ich weiß sofort, woran er denkt. Und es ist nicht falsch. Männer wie er wären vermutlich ganz vorne auf der Liste derer, von denen man verlangen würde, dass sie sich dafür hergeben. Was voraussetzt, dass ich diese ganze Geschichte ernstnehme, die eher klingt, als wäre sie aus einem Grusel-Heftchen oder einer Kurzgeschichte für heranwachsende Jungs entnommen.

Doch der Beweis, dass es nicht nur ein reines Hirngespinst ist, liegt hier vor mir. Sein verdammt muskulöser Körperbau und die langen, scharfen Klauen machen es zumindest vorstellbar, dass er eine ganze Reihe von Soldaten getötet haben könnte. Ein Blick auf den Schnitt an seinem Oberarm, der nur noch wie eine oberflächliche Wunde aussieht, macht es sogar denkbar, dass er sich modernen Waffen entgegenstellen könnte.

Warum nur fühle ich keine Furcht, wenn ich ihn ansehe? Warum erschreckt mich diese groteske Monstrosität nicht? Bin ich so abgestumpft, dass ich solche Regungen nicht mehr empfinde? Aber woher kommt dann dieses tiefe Mitgefühl für das Wesen und sein Leid?

Ein Stöhnen aus der Kehle des Gegenstands der Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Militär lässt alle verstummen. Etwas geschieht mit dem Körper auf der Liege. Er beginnt zu zucken und sich zu winden. Knirschende Geräusche wie von aufeinander reibenden Knochen entstehen.

»Die Transformation setzt ein«, kommentiert der Assistent. »Sie wollen vielleicht wegsehen. Es ist kein besonders erfreulicher Anblick. Für eine Frau, meine ich.«

»Ich bin unerfreuliche Anblicke durchaus gewohnt«, winke ich knapp ab und richte meine Aufmerksamkeit ganz auf das Geschehen.

Zwei Dinge werden mir dabei sehr schnell klar. Zum einen hat er recht. Ich bin mir absolut sicher, dass ich Knochen brechen höre, während eine umfassende Wandlung sich in Gang setzt. Der ganze Körper des Wesens verändert sich. Fell verschwindet, Gliedmaßen ordnen sich neu an. Haut wird sichtbar und verändert ihre Farbe. Das Gesicht … schrumpft!

Mir stockt der Atem, aber ich kann nicht fortsehen. Und ich kann die zweite Sache nicht ignorieren: Er starrt mich unverwandt an!

Während aus dem perfekten Ebenbild dessen, was ich mir bei Geschichten über Werwölfe immer vorgestellt habe, etwas sehr viel menschlicheres wird, sieht er mir in die Augen. Ich kann entsetzlichen Schmerz darin lesen, aber der Blick bricht nicht. Fest sind seine Kiefer aufeinandergepresst, während aus der wölfischen Schnauze ein menschlicher Mund wird. Sein Atem ist gepresst, aber er macht kaum Schmerzlaute.

Ich kann nicht anders, ich bin zutiefst bewegt und höchst beeindruckt. Ich habe sie gesehen, die ganz besonderen Männer, die es manchmal in der Masse aller gibt. Einen Lance Corporal, der nicht nur keinen Mucks von sich gab, als sein Unterschenkel amputiert werden musste, sondern sogar eine freie Hand zur Hilfe reichte, weil nicht genug Personal da war, um dem behandelnden Arzt zu assistieren. Oder den Mann, dessen Rang und Namen ich nie erfahren habe, der bei Bewusstsein blieb und zusehen musste, wie er am offenen Bauch operiert wurde.

Ich habe so viele gesehen, die vor Schmerz ohnmächtig wurden und ich verachte niemanden dafür. Aber die Stärke und Willenskraft, die nötig ist, um gewisse Dinge wach und bei Verstand zu überstehen, ohne wie von Sinnen zu brüllen und um sich zu schlagen, beeindruckt mich tief.

Es nimmt mich so sehr gefangen, dass ich erst nach einer Weile bemerke, dass es vorüber ist. Nicht mehr eine monströse Albtraumgestalt liegt nun vor mir auf der Liege, sondern ein … Mann. Ein stattlicher, aber ansonsten nicht weiter ungewöhnlicher Mann.

Nein, das stimmt nicht. Er sieht … verdammt gut aus, dieser Mann. Er ist alles andere als gewöhnlich. Ich muss mich beherrschen, um nicht über seine Brust und den Bauch die Augen bis in seinen Schoß wandern zu lassen. Aus dem Augenwinkel kann ich bereits erfassen, dass er dort so beeindruckend gebaut ist, wie ansonsten auch. Mehr wage ich nicht, solange ich unter Beobachtung stehe.

Wieder seinen Blick suchend finde ich die Augen geschlossen vor. Erst jetzt, nachdem die Tortur beendet ist, fällt er offenbar der Erschöpfung zum Opfer. Und wie er so schlafend oder auch bewusstlos daliegt, wirkt er alles andere als bedrohlich. Er sieht sogar irgendwie … nett aus.

 

 

Sechstes Kapitel

 

Matthew

 

 

 

 

 

Ich kann nicht weiter gegen die Müdigkeit ankämpfen. Ich will nicht einschlafen. Ich weiß nicht mehr, was Traum und was Wirklichkeit ist, aber wenn ich in die grünen Augen unter dem braunen Schopf sehe, erscheint das nicht so wichtig. Wenn ich mich allerdings der Erschöpfung ergebe, weiß ich, dass ich es bereuen werde …

Die Wut ist aufgebraucht und ich fühle mich unendlich schwach. Mein Körper ist wie zerschlagen. Ich kann kaum einen Finger rühren. Die Kraft, die mir mein Zorn gibt, ist verraucht. Nicht, dass ich etwas damit anfangen könnte. Ich kann ja nicht einmal die bleierne Schwere der Müdigkeit abwehren, die sich wie eine Decke über mich legt und mir eine Bewusstlosigkeit aufzwingt, die nicht wirklich Schlaf ist.

 

»Das sind die Spuren eines ganzen Truppenkontingents«, stelle ich mit Blick auf die niedergetrampelte Vegetation fest. »Das ist eine Nummer zu groß für uns, Sir.«

»Unsinn, Sergeant«, schnaubt der Lieutenant ungehalten und fasst sich in den hochgeschlossenen Kragen, um gegen die Enge anzukämpfen, die seine eigene Anweisung zu korrektem Uniformzustand nicht nur uns, sondern auch ihm aufzwingt.

»Sir, wir haben die Kundschafter und Peripherie-Patrouillen gesehen. Das waren keine zerlumpten Guerillas. Das waren reguläre Armee-Einheiten mit lokaler Unterstützung. Wenn wir auf das Hauptkontingent treffen …«

»Oh, das hoffe ich doch stark. Wenn wir einen Luftangriff auf eine solche Einheit herabrufen können, wäre das ein außergewöhnlicher Erfolg. Vielleicht ist das sogar einen Orden wert …«

Ich blinzele und starre den dürren, überkorrekten Brillenträger ungläubig an. Bisher habe ich ihn nur für einen Idioten gehalten. Jetzt geht mir auf, dass er die schlimmste Art von Dummkopf ist: ein ruhmsüchtiger Idiot!

»Und wie viele Verluste wären für so einen Erfolg ein angemessener Preis?«, grolle ich wütend. »Denn wenn die auf uns aufmerksam werden, wird es Verluste geben. Das ist Ihnen klar, oder etwa nicht?«

»Sie sind Soldat, Sergeant Owens«, faucht er mich an. »Wenn Sie einen ruhigen Job wollen, sind Sie hier falsch. Reißen Sie sich mal zusammen und seien Sie keine solche Memme.«

Der Drang, diesem Pisser die Faust in die Fresse zu rammen, wird immer größer. Als hätte ich eine Wahl gehabt. Als hätte irgendeiner meiner Männer eine Wahl. Wir sind Zwangsverpflichtete. Die Zeit, als es genug Freiwillige für diesen absurden, unnötig erscheinenden Konflikt gab, sind vorbei. Außer für die Offiziere …

»Wir werden uns der Truppe auf die Fersen setzen und herausfinden, wo sie lagern«, fährt der Wichser fort. »Dann entscheide ich, ob ein Luftschlag oder Artilleriebeschuss die beste Lösung darstellt. Vielleicht muss beides kombiniert werden. Bringen Sie die Männer auf Trab. Die Rast hat lange genug gedauert.«

Ich starre ihn nur an. Dieser Scheißhaufen denkt an nichts, als an einen Orden und vermutlich eine erhoffte Beförderung oder zumindest Versetzung zur Belohnung. Er hat keine Ahnung, wo wir sind und was das bedeutet.

»Sir, man verfolgt weder den Vietcong, noch die Nordvietnamesische Armee durch ihren eigenen, verfickten Dschungel«, presse ich hervor und schaffe es gerade eben so, ihn nicht lauthals anzuschreien. »Das ist deren Territorium. Wir bewegen uns hier praktisch in einem Minenfeld aus überall ausgelegten Fallen und Hinterhalten. Die Einheimischen sind vielleicht nicht immer auf der Seite des Gegners, aber auch nicht für uns. Unter diesen Umständen …«

»Sergeant, ich weiß zu schätzen, dass Sie Ihre Erfahrung einbringen wollen, aber wenn ich von einem Bauerntrottel in strategischen Fragen beraten werden will, lasse ich Sie das wissen. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie Ihre Befehle begreifen. Sie sollen nur ausgeführt werden. Und zwar jetzt!«

Er richtet sich für seine kleine, wichtigtuerische Ansprache zu seiner vollen, nicht sehr beeindruckenden Größe auf und stolziert vor mir auf und ab. Er hat dazu sogar die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als wäre er General Patton oder sonst irgendeine Figur aus der Geschichte.

Ich kann nicht glauben, was ich hier erlebe. Brandheiße, arrogante Offiziere sind mir nicht neu, aber dieser Penner sticht alle aus, mit denen ich bisher zu tun hatte. Er ist völlig beratungsresistent. Scheiße, er ist vernunftresistent! Und er ist ein unaufmerksamer Hosenscheißer, der gerade zum zweiten Mal fast auf eine verdächtige Bodenstelle tritt, die mir erst auffällt, als er sich daneben befindet.

Es kostet mich eine Menge Beherrschung, nichts zu sagen. Der Instinkt ringt mit einem sehr bewussten, sehr falschen Gedanken. Es wäre eine Lösung kurz vor der praktisch sicheren Katastrophe, wenn ihm jetzt ein Unfall passierte. Ein Schwerverletzter oder sogar Toter könnte das ganze Platoon retten, das dieser Vollidiot ansonsten in die Scheiße reiten wird. Ein Truppenkontingent der Armee mit lokalen Vietcong-Kundschaftern beschattet man nicht ungestraft.

Ich beiße die Zähne zusammen und sehe zu, wie er zum dritten Mal haarscharf an der auffälligen Bodenstelle vorbeitritt. Hat man sie erst einmal entdeckt, ist sie leicht zu identifizieren. Und es gibt noch mehr. Auf einem Trampelpfad, an dem wir mehr zufällig stehen, wurde eine ganze Reihe von Fußfallen angelegt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angespitzte Pflöcke. Vielleicht mit Scheiße und anderem Unrat beschmiert, um Infektionen zu erzeugen. Auf jeden Fall eine hässliche Erfahrung, in so etwas reinzutreten. Das weiß ich, weil ich es schon zu oft gesehen habe.

»Worauf warten Sie, Sergeant?«, faucht er. »Muss ich Sie daran erinnern, wer hier das Sagen hat und wie Ihre Pflichten aussehen?«

»Nein, Sir«, sage ich ruhig.

Ich weiß, was meine Pflicht ist. Sie gilt zuallererst den Männern in meinem Platoon. Ich bin Patriot. Ich glaube, dass es irgendeinen sinnvollen Grund geben muss, diesen Krieg zu führen. Aber die Art, wie er geführt wird, stinkt zum Himmel. Gute Marines und GIs sterben. Unnötigerweise. Durch Offiziere wie diesen!

Mit einem Ruck setze ich mich in Bewegung. Der Lieutenant stockt überrascht und begreift zu spät, dass ich nicht an ihm vorbei will, sondern auf ihn zu halte. Er begreift zu spät, was die Entschlossenheit auf meiner Miene bedeutet.

Er will sich wieder gerade machen und mich mit einer Autorität stoppen, die er zu haben glaubt. Ich verpasse ihm einen Schlag auf die Nase, der ihm das Wort im Hals steckenlässt. Ich überschreite eine Grenze. Von hier aus gibt es kein Zurück. Eine Verletzung … reicht nicht mehr aus.

Das erstickte Keuchen aus seiner Kehle ist nicht laut. Der Aufprall, als ich ihn zu Boden stoße, auch nicht. Der Schrei, als er mit dem Knie durch die dünne Schicht aus totem Pflanzenmaterial bricht, die über der Falle liegt, schallt hingegen laut durch den Dschungel. Schnell lege ich ihm die Hand über den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Er wehrt sich, aber was soll ein Hemd wie dieser Stubenhocker aus vermutlich bester Familie schon gegen einen Jungen vom Land ausrichten, der sein Leben lang hart gearbeitet hat? Ich halte ihn fest und drücke ihn zu Boden. Mit dem Kopf genau über der nächsten Trittfalle werfe ich mich auf ihn.

Ein Zucken und es ist beendet. Ich bin groß und schwer. Das reicht, um die Pflöcke auch durch seinen Schädel zu treiben. So schnell es begonnen hat, so schnell ist es auch schon vorbei.

Schritte kommen herbei, während ich mich aufrichte. Peters, der Funker, und der Grünschnabel des Platoons, Private ›Greenie‹ Greene, brechen durch das Gebüsch. Ungläubig starren sie auf den Leichnam am Boden.

»Was ist passiert, Sarge?!«

»Trittfallen«, schnappe ich.

Das reicht für den Grünschnabel, aber Peters ist schon länger hier und weiß es besser. Unsere Blicke kreuzen sich. Wir verständigen uns. Es gibt nichts weiter zu sagen.

Dann sehe ich zu Greenie und als ich den Mund aufmache, um etwas zu ihm zu sagen, fliegt sein Kopf herum und löst sich in seine Bestandteile auf. Keinen Herzschlag später kracht der Schuss.

Es war zu spät. Wir sind schon mitten in der Falle …

 

 

 

Siebtes Kapitel

 

Shirley

 

 

 

 

 

Abwesend und gedankenverloren erledige ich meine Aufgaben. Ich begreife noch immer nicht, warum mich die Existenz eines Werwolfs nicht einschüchtert.

---ENDE DER LESEPROBE---