Brandmeister Gottes - Franz Meurer - E-Book

Brandmeister Gottes E-Book

Franz Meurer

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Beschreibung

Franz Meurer setzt sich für Menschen ein. So kennt man ihn in seiner Arbeit wie in seinen Büchern. Tatkräftig tritt er als Spendenorganisator für Schulranzen oder als Helfer bei der Arbeitssuche in Erscheinung, und als Kirchenmann, für den Glaube, Essen und Trinken zusammengehören. Für ihn ist klar: Eine Kirche, mit der man sich gerne sehen lässt, ist eine Kirche, die für die Menschen da ist, wenn es brennt. Das kann sogar eine nächtliche Pannenhilfe für die Zeitungsausträgerin sein. Authentisch und berührend schildert Meurer in seinem neuen Buch solche Anekdoten. Genauso menschenfreundlich entwickeln sich daraus Fragen nach dem Glück, nach sozialer und politischer Gerechtigkeit, dem Leben und Handeln im Klimawandel, dem Tod und der Hoffnung. Natürlich auch ein Wort zum Kölner Kardinal und zwei zu einer demokratischen Kirche. Im Zentrum stehen die Menschen! Es ist sein bisher persönlichstes Buch, das inspiriert und Freude am Christsein vermittelt.

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Seitenzahl: 245

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Franz Meurer

Brandmeister Gottes

Für eine Kirche, die nicht lange fackelt

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2024

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Die Bibelzitate sind entnommen der

Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift

© 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München

Umschlagmotiv: © Henning Schoon

E-Book-Konvertierung: Carsten Klein, Torgau

ISBN Print 978-3-451-39728-8

ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83978-8

Inhalt

Einleitung

1. Geschwisterliebe

2. Zum Glück

3. Signale von der Ahr

4. Die Übersehenen

5. Rheinisch miteinander leben und wirtschaften

6. Die Praxis der Mystik

7. Leitplanken zum Glück

8. Schwingungen und Widerhall

9. Recht und Vertrauen

10. Rheinisch miteinander glauben und Kirche sein

11. Identität

12. Das Ende und was danach kommt

Nachwort

Anhang

Dank

Über den Autor

Einleitung

Seit zehn Jahren mache ich kleine Sendungen im Radio, auf WDR, alle zwei Wochen freitags. Jeweils in der »katholischen Woche«, abwechselnd mit den evangelischen Sendungen. Morgens um 5:55 Uhr auf WDR 2, um 8:55 Uhr auf WDR 4. Kurz vor sechs sitzen die Hörerinnen und Hörer im Auto auf dem Weg zur Arbeit, kochen Kaffee oder rasieren sich gerade. Um kurz vor neun frühstücken dann die Rentnerinnen und Rentner sowie die Hausfrauen und -männer, die die Kinder für die Schule vorbereitet haben.

Oft gibt es Rückmeldungen, Lob wie Kritik. Besonders viel Echo hatte eine Sendung in der Corona-Zeit, am Heiligen Abend 2021. Das sagte ich:

Es kann nur eine geben ist der Titel des Bestsellers von Carolin Kebekus. Kebekus ist ja längst nicht mehr nur hier in Köln eine Größe im Comedy-Fach. Aufgewachsen ist sie übrigens in einem Nachbarveedel von Köln-Vingst, wo ich Pastor bin. Aber zurück zu ihrem Buch. Was sagt sie? Eine Frau ist genug, mehr ist nicht nötig – das gilt im Karneval für das Funkenmariechen oder in Märchen für die eine Prinzessin. Carolin Kebekus kritisiert das in ihrem Buch natürlich.

Zum ersten Mal wurde ihr das schon im Kindergarten vermittelt. Sie schreibt über das Krippenspiel in der Kita: »Ich weiß noch, mit welcher Süffisanz unsere Kindergärtnerin immer gesagt hat: ›Ich weiß schon, wer vielleicht die Maria spielen darf!‹ Wir wussten dann: ›Alles klar, da gibt es nur eine Frauenrolle. Alle anderen Rollen für die Mädchen sind die Schafe.‹« Und Kebekus fährt fort: »Der einzige Ruhm, der mir im Krippenspiel je zuteilwurde, war, dass meine Puppe mal das Jesuskind sein durfte. Da war ich dann stolz wie eine Soccer-Mom. Und so zieht sich das dann durchs ganze Leben.«

Wie lässt sich die Enttäuschung beim Krippenspiel, von der Frau Kebekus berichtet, heute, an Heiligabend, verhindern?

Auf jeden Fall kann die Rolle der Maria unter den Mädchen ausgelost werden, die Maria sein wollen. Im Kindergarten bietet es sich an, das Krippenspiel so oft aufzuführen, bis alle interessierten Mädchen mal dran waren. Vielleicht jeden Tag als Höhepunkt vor dem Mittagessen.

Vor allem können ja weitere interessante Rollen im Krippenspiel mit Mädchen besetzt werden. So kann die Herberge, in der die Heilige Familie kein Obdach findet, doch von einer Frau gemanagt werden. Die Engel haben eh kein Geschlecht und sind gendermäßig offen.

Auch hatten wir in der Gemeinde schon Krippenspiele, in denen Maria nicht die Top-Rolle war. So etwa von dem kleinen krummen Tannenbaum, den niemand haben wollte. Aus ihm wurde die Krippe, in der das Jesuskind lag. Der scheinbar Geringste wurde zum Star. Eine wunderbare Rolle, auch für Mädchen. Oder ein Krippenspiel, in dem die Tiere sich um die Heilige Familie kümmern. Nicht nur Ochs und Esel, sondern viele Waldbewohner. Hier kann dann jedes Kind das Tier spielen, das ihm gefällt. Die Anzahl der Rollen ist nach oben offen.

Einmal wollten zwei Zwillingsmädchen bei uns unbedingt beide die Maria spielen. Was tun? Es gab zwei Spielorte rechts und links vom Altar, jeweils abwechselnd vom Scheinwerfer beleuchtet. Auf der einen Seite der Stall in Bethlehem, auf der anderen ein Flüchtlingscontainer in Ägypten, in dem die Heilige Familie nach ihrer Flucht untergebracht ist. Die Weihnachtsgeschichte entwickelte sich dann teilweise in der Rückschau, eine Maria rechts und eine links vom Altar.

Von Herzen wünsche ich Ihnen frohe und gesegnete Weihnachtstage, vielleicht beginnend mit einem spannenden Krippenspiel heute Abend!

Eine Zuschrift zu dieser Sendung an Heiligabend hat mich besonders bewegt. Die Dame, die darin ihre Geschichte erzählt, hat mir erlaubt, sie gleich in der übernächsten Sendung mit den Hörerinnen und Hörern zu teilen:

Nicht traurig sein

Seit längerem denke ich darüber nach, was man denn tun kann, um jetzt in Corona-Zeiten nicht traurig zu werden. Viele Menschen sind ja mutlos und fragen: Wann ist das denn zu Ende mit all den Einschränkungen?

Da kam mir eine Hörerin dieser kleinen Sendung zu Hilfe. Ich habe sie gefragt, ob ich ihre Geschichte erzählen darf. Na klar, war die Antwort. Sie fängt Heiligabend an, schon mal kein schlechter Start.

Die Dame, die mir schrieb, ist jetzt 86 Jahre alt. Seit 17 Jahren ist sie Witwe. Da sie drei Kinder und sieben Enkel hat, ist sie froh und munter und auch in Corona-Zeiten zufrieden.

Das war in ihrer Kindheit anders. Sie schreibt: »Ich war nicht nur ziemlich mickrig und klein, sondern auch noch zwei Jahre jünger als meine Mitschülerinnen.« Das lag an den Ausfallzeiten im Krieg. Das Kind bestand zwar die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium der Ordensschwestern, blieb dann aber sogleich sitzen. Das ganze Elend wurde der Dame noch einmal bewusst, als sie vor 15 Jahren einen kleinen Zettel beim Aufräumen in einem alten Buch fand. Den Zettel, gerade fünf Mal fünf Zentimeter groß, schickt sie mir zu. Darauf steht: »Du sollst an der Krippe des Weltenheilandes das Stroh sein.« Die Ordensschwester wollte gerecht sein und die Rollen beim Krippenspiel am Heiligen Abend nach dem Zufallsprinzip vergeben. Also schrieb sie die Rollen auf kleine Loszettel, warf sie in einen Topf, alle Mädchen zogen ihr Los. Die Dame zog das Stroh.

Ihr Los im wahrsten Sinne des Wortes. Sie schreibt: »Das war für mich mental der totale K.-o.-Schlag. Damit wurde vor allen dokumentiert, dass ich war, was ich spielen sollte. Stroh steht nun einmal für grenzenlose Dummheit.«

Zum Glück hat die Dame die Traurigkeit der Kindheit überwunden. Als sie mit 72 Jahren den Zettel wiederfindet, fällt ein anderes Licht auf das Stückchen Papier. Sie schreibt: »Mir wurden auf einmal auf wunderbare Weise die Augen geöffnet. Ich hatte die schönste Rolle von allen, auch schöner als die von Maria. Ich war Tag und Nacht wie niemand anders – auch nicht seine Mutter – ganz nahe beim Jesuskind in der Krippe. Ich konnte es sogar wärmen und ihm die Härte des Krippenholzes ein wenig mildern. Gibt es etwas Schöneres? Und diese innige Verbindung hat mich mein Leben lang getragen. Ich habe es nur nicht erkannt.«

Genau das wünsche ich Ihnen und mir: Im scheinbar Schlechten das Gute zu sehen, ja manchmal sogar das Wunderbare, wie die Dame, die Stroh war … Vielleicht noch: Vorgestern, am Fest Maria Lichtmess am 2. Februar, endete die Weihnachtszeit. Denken Sie dennoch ruhig ab und zu an die Dame aus Stroh.

Warum hat mich dies so bewegt?

Weil es auf den Punkt bringt, wie ich mich fühle: Nicht wie einer der drei Heiligen Könige, auch nicht wie Ochs oder Esel, schon gar nicht wie König Herodes. Sondern: wie das Stroh Gottes.

Deshalb war »Der Strohmann Gottes« mein Titelvorschlag für dieses Buch. Der Verlag jedoch fand diesen Titel zu ambivalent. Mit Recht: Einerseits deutet er zwar auf diesen Sinn des Strohs und eines Stroh entsprechenden Menschen hin: unbedeutend, dabei ganz in Funktion von einem oder etwas anderem für etwas anderes, insofern sicher oft nützlich. Andererseits ist der Strohmann eine vorgeschobene Figur, er zeigt nicht offen, wer er ist und für wen er eintritt, er täuscht also, er wird hinterhältig eingesetzt für dubiose Zwecke. Klar, so ein zweifelhafter Strohmann möchte ich nicht sein.

Der Verlag schlug stattdessen vor: »Brandmeister Gottes«. Vielleicht finden Sie das ein wenig anmaßend. Ich würde mir selbst auch nicht so einen Titel verleihen. Aber ich war aus zwei Gründen einverstanden: Erstens muss ich gar nicht selten »im Namen Gottes« Brände löschen helfen – in Konflikten, in seelischen und sozialen Notlagen, wenn Menschen vom Leben hart getroffen werden. Zweitens und unverzichtbar kommt rheinischer Humor dazu: In der Karnevalssession 2019/20 hat mich der »Kölsche Funkentöter von 1932 e. V.«, ein einst von Feuerwehrmännern am Stammtisch gegründeter Karnevalsverein, zu seinem »Ehrenbrandmeister« ernannt. Die Vereinsmitglieder setzten mir nach einer Sonntagsmesse in Köln-Höhenberg einen Helm auf den Kopf, gaben mir eine Spritze in die Hand und stellten mich, noch im Messgewand, oben auf eine alte Feuerwehrleiter. Insofern bin ich tatsächlich ein »Brandmeister Gottes«. Ernst gemeint und ironisch zugleich. Es widerspricht keineswegs dem »Stroh-Mann«, der ich im oben beschriebenen, nicht als Täuschung gemeinten Sinn wohl auch bin, manchmal beides zugleich:

Wie das Stroh Gottes und auch wie sein Feuerwehrmann fühlte ich mich, als einmal um drei Uhr nachts das Telefon klingelte. Ist es das Krankenhaus, das zur Krankensalbung ruft? Nein, es ist die Zeitungsausträgerin, die jeden frühen Morgen in der Dunkelheit den aktuellen Lesestoff an viele Türen im Veedel (Stadtviertel) bringt. Am Anhänger hinter ihrem Fahrrad ist ein Rad abgebrochen. Sie bittet um Hilfe.

Fast fünf Stunden bin ich nun mit ihr per Auto unterwegs. Mit dem Fahrrad geht es schneller, mit dem Auto langsamer. Oft muss ich mit der eingeschalteten Warnblinkanlage mitten auf der Straße stehenbleiben, wie es ja auch die machen müssen, die die Pakete tagsüber ausliefern.

Es wird ein interessantes Praktikum bei einer Leistungsträgerin unserer Gesellschaft. Zuerst einmal bin ich stolz, dass sie mich anruft. Denn dafür bin ich doch als Mensch der Kirche da: in der Not zu helfen. Manche junge Menschen sagen ja: »Mit Kirche sehe ich scheiße aus« – Zitate darf man nicht verändern!

Die Zeitungsfrau sieht mit Kirche gut aus. Das macht mich froh.

Interessant ist, wer in unserem leider armen Veedel die Zeitung per Botin bekommt. Es sind die Menschen in den bürgerlichen Ecken des Stadtviertels, vor allem in den zwei kleinen Bereichen mit Eigenheimen. Im Hochhaus gegenüber der Kirche, das den Kirchturm überragt, sind es gerade mal zwei Abonnenten.

Eine Dame wartet am offenen Fenster auf die Zeitung. Die Botin reicht sie hoch, dann folgt ein kurzes Gespräch. Wer weiß, vielleicht ist das der wichtigste Kontakt des Tages für die alte Dame?

Eine praktische Frage treibt mich um: »Wo gehen Sie denn zur Toilette, wenn dies auf der Tour nötig wird?« Die Antwort der Zeitungsbotin: »An der Tankstelle, die kennen mich ja seit zehn Jahren.«

Das macht mich auch froh. Offensichtlich halten die Damen und Herren des Nachtdienstes der Tankstelle, die 24 Stunden geöffnet hat, und die Botin zusammen.

Ich erlaube mir am Ende der Tour die Frage: »Was verdienen Sie denn in diesem anstrengenden Job?« Es ist zum Glück kein Mini-Job. Die Botin erhält im Monat etwa elfhundert Euro, für knapp fünf Stunden an sechs Tagen in der Woche. Also ein Stundenlohn von knapp zehn Euro. Auch mit dem angehobenen Mindestlohn, den sie erhält, bleibt es knapp.

Am Ende meines Praktikums schaue ich voll Hochachtung auf die Leistung der Botin. Damit die Abonnenten beim Frühstück die druckfrische Zeitung lesen können, ist sie bei Wind und Wetter für kleines Geld unterwegs. Eine Leistungsträgerin unserer Gesellschaft. Ich hoffe, Sie sehen das auch so wie ich.

1. Geschwisterliebe

Ich bin eine Leseratte und beziehe mehrere Tages- und Wochenzeitungen. Daher war mir auch wichtig, dass die Zeitungsfrau die frischen Blätter ausliefern konnte.

Außerdem lese ich Bücher, weil ich darin oft die Motivation für mein praktisches Handeln finde. Denn die Schriftstellerinnen und Schriftsteller sind die Seismographen der Entwicklung in Gesellschaft und Politik.

Halb im Blödsinn sage ich manchmal: Das ist einer der wenigen Vorteile des Zölibats, dass ich zum Lesen komme. Denn ich bin ja nicht nur den Tag über mit vielen Menschen zusammen, sondern zu Hause auch allein. So lese ich jeden Abend im Bett vor dem Einschlafen, bis mir die Augen zufallen. Da Lesen im Liegen nicht gut klappt, habe ich mir vor Jahren ein gebrauchtes Krankenbett gekauft, an dem man den Rücken hochfahren kann, sogar elektrisch. Auch die Beine könnten hochgefahren werden, aber das mache ich nicht.

Nun könnte man ja fragen, ob mein Antrieb als Priester nicht eher aus der Bibel und dem Gebet kommen sollte als aus Zeitungen und fast ebenso flüchtigen Büchern. Das auch, und die Bibel besteht ja auch fast nur aus Geschichten. Es ist die Geschichte Gottes mit uns Menschen. Sicherlich bewegt mich besonders die Geschichte vom Menschensohn am Ende der Zeit bei Matthäus, Kapitel 25, Verse 31–46. Jesus sagt dort, er sei hungrig, durstig, nackt, krank, auf der Flucht und im Gefängnis gewesen. Dann hätten ihm die Gerechten geholfen und würden nun mit dem ewigen Heil belohnt. Doch die antworten: Haben wir doch nicht für dich getan! Wann denn auch?! Die Antwort bringt es auf den Punkt: Alles, was ihr für die Geringsten getan habt, habt ihr mir getan.

Das ist Weltliteratur. Wie auch das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lk 10,25–37). Er hilft dem von Räubern Überfallenen, der verwundet an einer Straße liegt. Priester und Levit, deren Job dies eigentlich ist, gehen vorüber. Nach dem Motto der drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

Gottes aktuelle Geschichten mit Menschen

Natürlich müssen die Geschichten der Bibel auch in die heutige Zeit übersetzt werden. Nackt heißt ja wohl nicht »puddelrüh«, wie wir Kölschen sagen, also splitterfasernackt, ganz ohne Kleidung. Sondern wohl eher: abgelehnt, weggestoßen. Ein Fremdwort kennen schon die Kindergartenkinder: Mobbing. Ihnen erkläre ich die Worte Jesu so: Wenn du zu jemandem sagst: »Hau ab, du stinkst, du spielst nicht mit«, ist das wie der Tod mitten im Leben. Wenn du aber zu jemandem sagst: »Komm her, mach mit, hier ist der Ball«, dann ist das der Himmel mitten im Leben. Das versteht jedes Kind. Denn am wichtigsten ist: dazugehören, Freundinnen und Freunde haben.

Wir haben im Basement unserer Kirche zwei Kleiderkammern, eine für Kindersachen und eine für Erwachsene; Bekleidung gibt es also. »Nackt« heißt in unserem Veedel für ein Kind aber auch: Ich habe kein Fahrrad. So verschenken wir dauernd Fahrräder, die wir gebraucht geschenkt bekommen und die gute Menschen unter der Kirche in Stand setzen. Jedes Jahr mehr als 1000 Stück. »Nackt« heißt auch, keinen schönen Schulranzen zu haben und dafür ausgelacht zu werden. Kinder können sehr empathisch, aber auch brutal sein. So verschenken wir dank guter Menschen jedes Jahr über 300 nagelneue Ranzen. Die Pänz, wie wir in Köln die Kinder nennen, strahlen vor Glück. Wenn ich Besuchergruppen das Basement der Kirche mit Lebensmittelausgabe, Fahrradwerkstatt, Schreinerei und Kleiderkammern zeige, frage ich sie, wie viel wohl so ein Schulranzen mit Inhalt (Sportbeutel, Mäppchen) kosten würde, dann wissen die richtige Antwort immer die Omas und Opas, die gerade für die Enkel einen gekauft haben: gut 250 Euro. Alle andern tippen zumeist nur auf ein Drittel: 80 Euro. Und wundern sich, wie teuer Kinder sind.

Bevor ich Ihnen zwei Bücher vorstelle, die mich bewegt und auch in der Arbeit geprägt haben, noch etwas zur Geschichte vom Menschensohn Jesus am Ende der Zeit: »Ich war im Gefängnis, ihr habt mich besucht«, sagt Jesus. Natürlich kann man das so verstehen, dass damit heute gemeint ist, einen Besuchsdienst für Gefängnisinsassen zu organisieren. Doch darüber hinaus meint es für mich auch, sich denen zuzuwenden, die in Depression versinken, einen Burn-out erleben oder ans Bett gefesselt sind: alle seelisch oder körperlich gefangen. Gerade bei älteren Menschen erlebe ich oft, dass sie nach einem Sturz nicht nur orthopädische Hilfe benötigen, sondern auch viel menschliche Zuwendung, damit sie nicht depressiv werden. Statistiken melden, dass diese Gefahr bei zwei Dritteln der Gestürzten besteht.

Also dringe ich bei Besuchen älterer Menschen darauf, Teppiche im Flur oder Bettläufer zu entfernen – manchmal darf ich sie auch direkt mitnehmen. Mir ist das sehr wichtig, denn ich bekomme häufig mit, dass alte Menschen alleine in der Wohnung stürzen und lange liegen, bis es jemand merkt; oft nicht nur lange, sondern viel zu lange. Also fordere ich auch dringend dazu auf, einen Piepser zu bestellen, der mit einer Notrufzentrale verbindet. Am besten mit einem Zusatzgerät, auf das man jeden Morgen drücken muss mit der Botschaft: Ich lebe, mir geht es gut!

Der kleine Bruder, die kleine Schwester

Nun endlich zu den zwei Büchern, die ich mit Heißhunger verschlungen habe. Sie schildern, wie Kinder im Gefängnis einer Krankheit und ihrer Familie leben. Was es mit ihnen macht, wie sie damit zurechtkommen.

Eine halbe Million junger Menschen in Deutschland kümmert sich um kranke Mitglieder der Familie. Sie verstecken die Schnapsflasche der Mutter, sie begleiten den Vater mit Schlaganfall zum Arzt. Sie kochen für die Familie, erziehen die Geschwister. Dass sie das kann, hat die Dreizehnjährige bewiesen, die nach dem Flugzeugabsturz in Kolumbien wochenlang ihre drei jüngeren Geschwister mitten im Urwald am Leben hielt. So geschehen im Frühsommer 2023.

Das Fachwort für die jugendlichen Kümmerer heißt Young Carers. Oft holen sie keine Hilfe von außerhalb, weil sie befürchten, dass das Jugendamt vielleicht der überforderten Mutter die Kinder wegnimmt. Zum Glück gerät die Not der jungen Versorger immer mehr in den Blick und es gibt erste spezielle Beratungsstellen. Auch Lehrerinnen und Lehrer sehen hin, wenn Schülerinnen und Schüler immer müde sind. Sechs Prozent der Kinder pflegen ein krankes Familienmitglied, also in jeder Klasse eins oder zwei.

Von diesem Thema handeln die beiden Bücher.

Das Buch S’adapter der französischen Autorin Clara Dupont-Monod heißt in der deutschen Ausgabe Brüderchen (Verlag Piper, München 2023). In Frankreich war es viele Monate auf der Liste der Bestseller und erhielt Preise. Das erzählt es: In den Cevennen kommt ein Kind zur Welt. Es kann weder laufen noch sprechen, nur weinen und das Gesicht verziehen. Es ist blind. Der große Bruder nimmt sich des Brüderchens an, widmet Leben und Gefühle ganz dem kleineren. Er gibt alles. Brüderchen kann riechen und hören, also trägt der Größere ihn in den Wald, so oft er kann. Er schenkt ihm so viel Liebe, dass sie für ein ganzes Leben reichen würde. Als der kleine Bruder schließlich wegen der Pflege doch zu Nonnen in ein Heim muss und dort stirbt, hat der große Bruder in ihn all seine Liebe investiert, er ist nun leer, er kann keinen anderen Menschen mehr lieben. Der französische Titel meint genau das: s’adapter, sich anpassen. Voll und ganz.

Völlig anders die Schwester. Sie schaut voll Wut auf das Brüderchen, aber später hilft sie dem großen Bruder durch das Leben. Das Buch ist große Literatur, also kein bisschen moralisch.

Genauso das Erstlingswerk von Caroline Wahl, 22 Bahnen (Verlag Dumont, Köln 2023). Die Mutter ist Alkoholikerin, der Vater vor der Geburt von Ida auf und davon. Die große Schwester Tilda kümmert sich um die kleine Ida, zehn Jahre lang. Die Schwestern gehen ins Schwimmbad, um eine Pause vom Stress zu haben. Daher der Titel: 22 Bahnen.

In beiden Büchern geht es um die Frage, wie viel man investieren muss oder soll. Tilda verlässt ihre Schwester mit der alkoholkranken Mutter, als sie elf Jahre alt ist. Die große Schwester hat ein Angebot zur Promotion in Mathematik in Berlin bekommen. Sie weiß, dass ihre kleine Schwester es nun alleine schafft. Wunderbar ist die zarte Liebesgeschichte im Buch. Die große Schwester hat nicht nur gegeben, sondern auch empfangen.

Auch im Brüderchen-Buch wendet sich das Blatt. Die Eltern bekommen ein viertes Kind, Zitat: »als Ausgleich für den vorigen«. Die wütende Schwester findet einen guten Mann, der sie von ihren inneren Fesseln erlöst.

Gottes Geschichte mit Menschen ­fortgeschrieben

In meiner Sicht werden heute die zentralen Themen des Lebens in Film und Literatur verarbeitet und natürlich auch in der bildenden Kunst. Wie die Bibel bieten sie keine einfachen Lösungen, sondern bringen die Irrungen und Wirrungen des Menschseins aufs Blatt oder ins Bild oder in eine Form.

Die beiden Bücher helfen mir einzuschätzen, welche Gefühle mich bewegen, wenn ich der Not begegne. Ich entdecke in mir zum Glück auch die wütende Schwester des behinderten Kindes. Normales Leben erfährt sie nur, wenn die Oma für sie da ist.

Ich spüre in mir auch den großen Bruder. Er gibt alles und bezahlt den Preis dafür – der ist hoch. Zum Glück hält seine Schwester zu ihm.

Etwa zur gleichen Zeit, als ich das Buch über Tilda und Ida las, geschah auch die wahre Geschichte der vier Kinder, die im Urwald in Kolumbien überlebt haben, weil die große Schwester sich zu kümmern wusste. Young Carer im Weltformat. Diese real story hat mir die Sorge um die kleine Ida genommen, die ich bei der Lektüre verspürte.

Anders als der große Bruder in S’adapter muss sich Tilda nicht ganz und gar, mit Haut und Haar der kleinen Ida anpassen. Beide schenken sich die Freiheit, die sie brauchen.

Und die Moral von den Geschichten: Meinen Spirit, meinen Antrieb sauge ich nicht nur aus der Bibel und den Heiligengeschichten der Tradition – das auch –, immer mehr sind mir aktuelle Bücher wichtig geworden, nicht nur Romane und »schöne Literatur«, sondern auch Werke der Soziologie und andere Sachbücher.

2. Zum Glück

Die ersten beiden Sätze des Katechismus der Katholischen Kirche (Verlag De Gruyter Oldenbourg, Berlin, München, aktualisierte Ausgabe 2020) machen glücklich: »Gott ist in sich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefassten Ratschluss hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe.« Was will man mehr?! Der erste Abschnitt des Katechismus bekräftigt dann das Glück noch einmal, wenn es gilt, Gottes »glückliches Leben zu erben«.

Nun ist es nicht so, dass sich alle Menschen glücklich fühlen, wenn sie den Katechismus aufschlagen. Eher denken sie an Verbote. Zum Glück verändert sich nach und nach auch der Inhalt des Katechismus. So hat Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007 den »Limbus« abgeschafft, also die Vorstellung, dass ungetaufte Kinder nicht in den Himmel kommen, sondern in den Limbus, eine Art von Extra-Kabinett außerhalb. Das Problem war hier die kirchliche Vorstellung, dass es ohne Taufe keine Erlösung gäbe: extra ecclesiam nulla salus, außerhalb der Kirche kein Heil – auch nicht für die kleinen, zumindest in unseren Augen doch unschuldigen Kinder.

»Der Herr selbst sagt, dass die Taufe heilsnotwendig ist«, steht unter der Nummer 1257 im heute gültigen Katechismus von 1993. Ein paar Abschnitte weiter, in 1261, wird immerhin als vage Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes und Jesu Liebe zu den Kindern – also ohne solch klare Lehraussage wie im Satz von der Notwendigkeit – noch in Aussicht gestellt, »dass es für die ohne Taufe gestorbenen Kinder einen Heilsweg gibt«. Ich vermute, der liebe Gott kennt noch mehr Wege und hat noch mehr Möglichkeiten als der Katechismus, obwohl der in 2865 Lehrabschnitten schon sehr viele Wegweiser, Fahrregeln und Verbotsschilder aufstellt, damit Menschen sicher ans glückliche Ziel kommen.

Für Gott ist nichts unmöglich

Thomas von Aquin, der große Theologe des Mittelalters, fand keine Antwort auf dieses Problem: Ein Kind wird in der Wüste geboren. Es gibt kein Wasser. Früher Kindstod. Was kann man machen, damit das Kind in den Himmel kommt? Thomas resignierte vor der Logik: kein Wasser, keine Taufe, kein Himmel. Er sah keinen Ausweg.

Unseren Kommunionkindern habe ich das Problem geschildert. Sie fanden spontan eine Lösung, die den Himmel öffnete: »Dann kann man doch mit Spucke taufen!« Also ewiges Glück durch einfaches Denken. Der heilige Thomas, dessen Herz zwar auch gegen seine traurige Schlussfolgerung rebellierte, war wahrscheinlich zu intellektuell, um auch einmal auf die Logik des Herzens zu hören. Dabei, das beweisen unsere Kommunionkinder, kann das ganz schön schlau sein.

Noch komplizierter macht es der Katechismus bei der Frage, ob denn Menschen anderer Religionen auch das ewige Glück, den Himmel erreichen können.

Im Abschnitt 1260 heißt es: »Jeder Mensch, der ohne das Evangelium Christi und seine Kirche zu kennen nach der Wahrheit sucht und den Willen Gottes tut, soweit er ihn kennt, kann gerettet werden. Man darf annehmen, dass solche Menschen ausdrücklich die Taufe gewünscht hätten, falls ihnen deren Notwendigkeit bewusst gewesen wäre.«

Reichlich verschwurbelt. »Hätte, hätte Fahrradkette«.

Im Koran wird die Frage, warum Allah denn verschiedene Religionen auf Erden zugelassen habe, damit die Menschen ihr Glück finden, einfacher erklärt: damit die Religionen in guter Konkurrenz nach dem Heil streben. Also sozusagen religiöse Marktwirtschaft!

Was macht glücklich?

Buddha sagt: »Das Glück liegt in uns, nicht in den Dingen.« Dies wissen die Schriftstellerinnen und Schriftsteller, dies schildern die Märchen.

Heinrich Böll erzählt eine kleine Geschichte: Das Boot des Fischers (zuerst im Norddeutschen Rundfunk zum Tag der Arbeit 1963, publiziert unter dem Titel Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral, in: Robert C. Conrad (Hg.), Heinrich Böll. Kölner Ausgabe. Bd. 12, Köln 2008):

Am Strand in Italien sitzt ein Fischer und ruht sich nach der Arbeit aus. Ein Tourist kommt vorbei und macht ihm Vorschläge für ein glückliches Leben. Damit er nicht mehr so schwer arbeiten muss und reich wird. Also: zuerst ein größeres Boot kaufen, dann Mitarbeiter einstellen, zur Hochseefischerei übergehen, eine Fischfabrik einrichten, schließlich eine Fangflotte betreiben. Dann, so sagt der Ratgeber, arbeiten die andern. »Und du kannst am Meer sitzen und ausspannen.« Da sagt der Fischer: »Das mache ich doch jetzt auch schon.«

Was macht glücklich, Haben oder Sein? Die philosophische Grundfrage verbirgt sich hinter Bölls kleiner Geschichte. Schon bei Aristoteles gibt es eine Pyramide des Glücks. Unten stehen Essen, Trinken, Kleidung, Wohnung. Darüber Kultur. Und ganz oben: etwas Sinnvolles tun. Es ist eben sinnvoll, sich nach getaner Arbeit auszuruhen.

Für Kinder kommt etwas ganz Wichtiges an die oberste Stelle: Freundschaft. Mindestens dazugehören, Teil der Gemeinschaft sein. Gemobbt werden und ausgeschlossen sein ist umgekehrt für sie das Schlimmste.

Sind wir Erwachsene da viel anders? Das große, das himmelhochjauchzende Glück hat sehr romantisch der Dichter Joseph von Eichendorff (1788–1857) in Verse gefasst. Obwohl wir nicht mehr in der Epoche der Romantik leben, aber recht viele immerhin in der Deutsche-Schlager-Welt, verstehen Sie sicher auch aus der historischen Distanz, was da los ist:

Der Glückliche

Ich hab ein Liebchen lieb recht von Herzen,

Hellfrische Augen hats wie zwei Kerzen,

Und wo sie spielend streifen das Feld,

Ach, wie so lustig glänzet die Welt!

Wie in der Waldnacht zwischen den Schlüften

Plötzlich die Täler sonnig sich klüften,

Funkeln die Ströme, rauscht himmelwärts

Blühende Wildnis – so ist mein Herz!

Wie vom Gebirge ins Meer zu schauen,

Wie wenn der Seefalk, hangend im Blauen,

Zuruft der dämmernden Erd, wo sie blieb? –

So unermeßlich ist rechte Lieb!

Kennen Sie dieses Glück?! Wie bei den Kindern weiß ich andererseits keine unglücklicheren Erwachsenen als die, deren Liebe und Wunsch nach Nähe und Miteinander ins Leere läuft, sei es durch Zurückweisung, Betrug oder auch Trennung, weil die Beziehung gescheitert ist oder durch den Tod des geliebten Menschen endet.

Heinrich Böll hatte Glück mitten in großem Unglück. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war er Soldat, seine Ehefrau war in Much im Bergischen Land untergekommen auf der Flucht aus dem zerbombten Köln. Sie gebar ein Kind, Christoph. Leider starb der Sohn nach drei Monaten, weil es keine Medikamente für ihn gab.

Böll versuchte natürlich, Frau und Sohn zu besuchen. Er fälschte sogar einen Urlaubsschein des Militärs. Ein andermal half ein Arzt im Krankenhaus zu Much mit einem Attest. Eine Begebenheit hat mich besonders berührt: Als Böll mit der Eisenbahn nicht mehr weiterkam auf dem Weg zu Frau und Kind, hat ihm ein ihm völlig unbekannter Polizist sein Fahrrad geliehen, einfach so auf Treu und Glauben, dass er es zurückbringt.

Mitten im Krieg solche Großherzigkeit und solches Vertrauen! Vielleicht solches Glück gerade in der Not – weil dann die Menschen zusammenhalten. Frage an mich und an Sie: Würde ich einem Wildfremden mein Rad ausleihen? Oder das Auto?

Dem Glück den Weg frei machen – oder es verspielen

Im August 2023 ging es durch die Medien: Unfall auf der A1 bei Wuppertal. Die Autofahrer haben eine Rettungsgasse gebildet. Der Krankenwagen mit den Rettungssanitäter:innen fährt durch, der Notarzt noch nicht. Die Autos verschließen die Gasse wieder. Der Notarztwagen kommt an, aber nicht durch. Doch der Arzt ist schlau. An einem Auto hängt hinten ein Fahrrad. Der Arzt bittet darum, es ihm auszuleihen. Er bekommt es und radelt mit dem fünfzehn Kilo schweren Arztrucksack auf seinem Rücken los. Die Autofahrer bemerken dies und bilden erneut eine Gasse, sodass der Notarzt wieder ins Auto umsteigen kann.

Doppeltes Glück im Unglück in dieser schönen wahren Geschichte!

Wie man sein Glück verspielt, zeigt ein Märchen der Gebrüder Grimm:

Ein Fischer lebt mit seiner Gattin in einer winzigen Hütte, so armselig, dass sie »Pissput« genannt wird. Der Mann fängt einen Fisch, der ein verwunschener Prinz ist und der ihn bittet, ihn leben zu lassen. Der Fischer schenkt dem Butt das Leben. Er erzählt es seiner Frau. Die ist sauer. »Warum hast du nicht gegen das Leben vom Butt eine Gegenleistung verlangt?! Also geh ans Meer und erbitte uns wenigstens ein kleines Haus!« Gesagt, getan. Der Fischer geht ans Meer und ruft den Butt mit dem berühmten Spruch:

»Manntje, Manntje, Timpe Te,

Buttje, Buttje in der See,

mine Fru, de Ilsebill,

will nich so, as ick wol will.«

Der Butt erfüllt den Wunsch. Doch die Frau ist mit dem Haus nicht zufrieden. Nacheinander fordert sie ein Schloss, dann will sie König sein, dann Kaiser, danach Papst. Wäre jetzt Schluss, gäbe es tatsächlich eine Frau auf dem Papstthron. Doch es reicht ihr noch immer nicht: Sie will sein wie Gott. Wie erfüllt der Zauberfisch diesen Wunsch? Der Fischer und seine Frau sitzen wieder in ihrem armseligen Pissput.

Und die Moral von der Geschichte: Gier macht nicht glücklich.