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Calimeros zweites Lebensjahr steht ganz im Bann seiner Pubertät, die er natürlich jeden Tag ausgiebig feiert. Zwischen Mottenlöchern im Fell und diversen anderen Sensationen, findet er dennoch Zeit, sein Umfeld abwechselnd mit seinen Verrücktheiten zu begeistern oder zu tyrannisieren. Calimero nimmt einen Job als Behinderten-Begleithund an, überfällt Kinderwagen und gestaltet auch mal fremde Vorgärten ungebeten um. Nach der glamourösen Entwicklung seiner Männlichkeit entdeckt er schließlich noch die Schnecke in sich und ist in diesem Teil fast ständig mit irgendwas paniert …
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Seitenzahl: 214
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Mottenfraß
Irrenhaus
Wolfsblut
Muhamed Mopsi
Schwefelwurm
Adoption wider Willen
Verwesender Kakadu
Nix machen
Packo
In Love with Dogbert
Bonni
Verwicklungen
Angelo
Fahrbare Freunde
Rocco
Uschi
Cowboy Henry
Kündigung bei den Fahrbaren Freunden
Päsä
Geraspelte Nerven
Charisma
Weckdienst
Älläfantt
Lesehunde
Miez und Mops
Biafra
Strebär
Flunder
Flunder de luxe
Meisen-Crunchie
Hamm-Hamm-Technik
Fusselfresser
Klassenfahrt
Namenssalat
Doppel-Mops
Piek, du bist’s …!
Pi-Man
City-Mops
Kau-Staubsauger
Dreckbomben
Feuchte Flips und Axel Foley
Mon Chérie
Bonanzpi
Kacktüten-Streber
Steckerlfisch
Verfolgungswahn
Bandscheibe
Salatschnecke in XXL
Igel des Grauens
Heute auf der Karte: Mops, paniert
Kinderwagen-Flip
Das muss er abkönnen
Schlickbombe
Gepinschertes
Verliebt, verlobt, verstunken
Löwenmäulchen
Franz und Sissi
Hautevolee
Bockiger Silberrücken
Miezivitäten
Wolfstag!
Weil ich ja jetzt immer ganz lässig die rechte Vorderpfote anlehnen musste beim Beinchenheben, konnte es leider schon auch mal zu kleinen, peinlichen Stil-Unfällen kommen. Da war zum Beispiel neulich dann der letzte große Schneehaufen. Ich bestieg ihn selbstsicher halb, wusste auch sofort Bescheid, welches Bein wohin musste, stützte mich dann gemütlich links ab und verschwand fast sofort seitlich von der Bildfläche. Peinlicherweise ins Innere des fluffigen Haufens. »Tja, Lässigkeit hat immer auch ihren Preis!«, sagte Mami schadenfroh. Da war natürlich dann erst mal eine Runde Doofgucken für alle dran. Mami grinste feist: »Normalerweise nimmst du doch immer die Tüte Doofgucken für ’nen Euro …? Da haben sie dir aber diesmal großzügig eingepackt, sag mal, wirklich sehr großzügig!« Haha.
Jetzt war es amtlich: Da stimmte was nicht mit Calimero …! Gut, das wusste Calimero ja schon immer und Mama seit dem Taschen-Flip – spätestens. Aber es war wegen meinem Fellchen, nicht wegen meinen sonstigen Auftritten. Wahrscheinlich war Calimero ein Locher! Hatte ich vielleicht zu viel Tagesfreizeit, fragte Mami, und machte mir jetzt schon aus lauter Langeweile lauter Löcher ins Fell!? Rechts der helle Schatten neben der putzigen rosa-braunen Rosette war leider doch keine Illusion! Das war ganz klar ein Loch im Kleid und rechts in der Flanke war auch plötzlich ein Krater, aber nicht nur kahl, sondern ein richtiges Loch, mit gar nichts drin und wie ein Markstück schon so groß. Das ganze Fellchen sah schlimm aus mittlerweile, ganz matt und strohig, richtig stumpf. Es fing ja mit dem lichten ›L‹ über dem Auge an, aber das wurde jetzt schnell schlimmer und war auch schon unter dem rechten Arm und sogar an der Achsel … Plötzlich waren dann richtige Mottenlöcher vorne auf dem rechten Beinchen, und das sah alles wirklich nicht mehr so toll aus!
Mama hatte schon mit meiner Züchterin telefoniert und die sagte schon, eine Standleitung wäre gut gewesen bei meiner Geburt … Was konnte ich denn dafür?! Klassische Montagsware eben! Die Züchterin war ratlos:
»Plötzliche, fast kreisrunde Löcher im Fell, mit öligen Schuppen drauf, ohne Juckreiz … Das riecht für mich nach den Demodex-Milben! Die gehören ja zur residualen Hautflora der Möpse, aber wenn das Immunsystem dann einen Schuss hat, kippt das Gleichgewicht ganz schnell zugunsten der Milben und die vermehren sich dann sofort katastrophal!« Die fräßen dann in ihrer Überbevölkerung nämlich nicht mehr nur den überschüssigen Hauttalg weg, sagte die Züchterin, sondern nagten dann auch, schon aus reinem Nahrungsmangel, an den Haarbälgen herum. Da fiel dann das Haar natürlich ab, weil es keinen Halt mehr hatte. Und der angefressene Rest wurde dann nicht mehr richtig ernährt und war daher staubig-stumpf … »So ist das auch bei ihm!«, sagte Mami unglücklich. »Bis vor kurzem hatte er so schön geglänzt, wie ein neues Klavier! Und jetzt glänzt er nur noch wie ein abblätterndes, altes Scheunentor!«
Die Züchterin beruhigte sie: »Das kriegt man alles in den Griff, aber man muss jetzt sehr schnell reagieren! Ich schicke Ihnen ein Shampoo gegen die Milben und alles, was sich auf den Milbenfraß noch obendrauf setzt. Damit müssen Sie alle drei Tage mal den ganzen Mops bei 30 Grad kurz durchwaschen! Wenn es nach zwei Wochen nicht deutlich besser wird, dann zum Hautarzt! Lichte Stellen, ohne Schuppen, ohne Rötung und ohne Juckreiz, das klingt für mich nämlich, als wäre das schon wieder ein ganz anderer Befund … Und weil alles rechts ist, vielleicht eine Kontaktallergie …?«
Mama kriegte einen Schreck: Wir hatten doch gerade erst das neue Nest gekauft und nicht gewaschen, weil ich ja gleich eingezogen war. Und am liebsten hing ich da tatsächlich immer auf der rechten Seite drin und ließ lässig das Ärmchen raushängen! »Färbemittel, Fussel und Co …?«, fragte Mami entsetzt und die Züchterin seufzte: »Kann das mal wieder alles sein, wenn Möpse anfangen sich zu lochen! Aber waschen tun Sie das mal trotzdem besser! Bei Allergien kann es ja sowieso immer alles sein!«, sagte die Züchterin seufzend. »Ein ganz blödes Thema ist das. Noch blöder als Durchfall! Und manchmal hängt auch noch beides zusammen!« Das beruhigte Mami nicht sehr: »Aber es kann dann ja auch das Sofa sein, die Katze, das Katzennest, der Pulli, das Cape, das Bett, der Teppich, meine Hautcreme, das Laminat, der Badvorleger, der Hocker – ich kann doch nicht die ganze Wohnung waschen?! Und dann ist er vielleicht auf das neue Waschmittel gerade allergisch?!« Die Züchterin seufzte und sagte: »Wir wollen es mal nicht hoffen! Fangen Sie mal klein an, dann sehen Sie schon …«
So wusch Mami also das Nest, die Hundeklamotten und alle Katzennester mal heiß durch. Und natürlich alle zwei Tage ihren löcherigen Hund. Erwähnte ich schon, dass ich wasserscheu bin?! Ich hasste die Wanne wahrscheinlich sogar noch etwas mehr als die Tasche, aber da war nun ein Ausbruch wirklich völlig unmöglich …! Sähe ich doch so zuckersüß unter all dem butterweichen Schaum aus, quiekte Mami ganz verliebt mich unglückliches Sahnetörtchen in der Wanne an … Naja, wenigstens einer hatte Spaß hier, die Milben jedenfalls auch nicht mehr.
Do-re-mi-fa-so-la-ti-doooo!
Das ganze Gewasche meiner Mottenlöcher hatte leider nichts geholfen, die Motten siegten und jetzt sind wir beim Tierarzt gewesen. Nach großem Zirkus im Wartezimmer, wo ich wild herumschrie, dass ich dann jetzt da sei und endlich mal drankommen wollte hier … Wirklich so laut, bis einer aus der Praxis rauskam, um zu gucken, was da vorne eigentlich los war! Mama schämte sich schon wieder, doch ich machte ungebrochen weiter mit meinem Kakadu-Geschrei. Und dann konnte ich da endlich rein! Großes Tamtam und alle freuten sich. »Ja«, sagte der Arzt »ich sehe da deutlich drei angekahlte Stellen, aber was ist das?! Habe ich noch nie gesehen in der Art!« Ohne weitere Untersuchung, er sei ja ein Kurznasen-Spezialist und kenne sich daher super in solchen Hautgeschichten aus, würde er jetzt, für die genaue Untersuchung im Labor, mal eine Biopsie an mir durchführen! Da hat Mami dann allerdings gleich mal Streit angefangen! Sie sagte sofort: »Moment mal!
Ist das tatsächlich für die Diagnose angebracht, unter lokaler Betäubung ein Stück Fleisch aus meinem Mops zu reißen und dann auch noch zwei Stiche zu legen, um diese Fleischwunde wieder zu schließen?! Was in aller Welt vermuten Sie denn, was so einen Eingriff schon jetzt rechtfertigen könnte?!« Der Tierarzt kriegte prompt die Weißkittel-Arroganz: »Ich vermute noch gar nichts, aber ich muss ja Material gewinnen, um überhaupt mal eine Vermutung zu bekommen!« Mami drückte mich löcherigen Unglückswurm fest an sich: »Von Sichtbefunden halten Sie wohl nicht viel?!« Die Weißkittel-Arroganz hatte schon die große Biopsie-Kanüle in der Hand: »Ich weiß, was ich tue! Ich stanze jetzt ein Stück Fleisch aus seiner Stirn! Geben Sie mir also jetzt den Hund!«
Mami steckte mich entschlossen unter die Jacke: »Gehen Sie sofort mit Ihrem Fleischerhaken weg! Hier wird nichts aus dem Gesicht von meinem Mops rausgestanzt! Ist Ihnen eigentlich überhaupt nicht klar, dass Ihr Eingriff ihn lebenslang optisch entstellen wird?! Eine Fleischwunde bei schwarzen Hunden wächst immer nur weiß nach, das sollten doch wohl selbst Sie wissen! Und dann zwei Stiche im Gesicht, genau über dem Auge, das wird man im Fellstrich lebenslang sehen! Und dann wegen nichts Bestimmtem, nur mal um zu gucken, was man da so findet, oder eben nicht?!« Der Tierarzt war ganz lässig, winkte ab und sagte: »Aber das ist doch alles völlig egal, Hauptsache, wir schicken das Loch mal ins Labor und wissen dann was, oder wissen dann eben nichts!« Da hatte er aber nicht mit Mama gerechnet, denn die plärrte jetzt nur noch: »Kommt überhaupt nicht in Frage!«
Der Weißkittel wurde jetzt deutlich verstimmt und begann laut zu diskutieren, er sei hier der Arzt und Mami habe überhaupt keinen Dunst und Blablabla …! Mami war aber immer noch einigermaßen freundlich, fand ich da unter der Jacke, denn ich hätte schon lange irgendwohin gepinkelt! Sie sagte: »Normalerweise legt man in solchen Fällen ein Hautgeschabsel an, das man unter dem Mikroskop betrachtet. Das dann aber nicht gleich am Kopf, immerhin haben wir ja weiß Gott genügend Auswahl! Und dass Sie wenigstens mal die Spaltlampe und die Lupe nähmen, vielleicht?!« Da kam plötzlich seine schon hysterisch kreischende Frau hereingestürzt, die musste also schon an der Tür gelauscht haben! Sie brüllte herum, Mami als Gast der Praxis würden irgendwelche Behandlungsvorschläge hier überhaupt nicht zustehen, das sei keine Quiz-Show und sie seien die Spezialisten hier, gerade für die Hautprobleme von Kurznasen! Und wenn ihr Mann sagte, er brauche jetzt ein großes Stück Fleisch aus dem Gesicht des Hundes, dann brauchte er das auch! Er wisse, was er tue, nach fast 40 Jahren! Und es sei nicht an ihr hier mit ihm zu diskutieren und sich wichtig zu machen! Und sowieso: Mami würde sie schon immer genervt haben, wirklich schon immer, weil sie jedes Mal alles besser wisse, sich hier ständig mächtig aufspiele, sich in alles einmische, permanent dumme Frage stelle und dabei überhaupt keine Ahnung habe!
Mami ging daraufhin mit mir zur Tür, das war ganz gut, denn da unter der Jacke verfiel ich langsam in die Schnappatmung und so toll roch es da nun auch nicht gerade. Da fing dann die Tierärztin aber erst richtig an herumzukreischen! So von wegen: Man wisse jetzt nichts, aber danach wisse man ja was und dann wäre alles besser! Und jetzt nähme Mami den armen, ach so kranken Mops ganz einfach wieder weg?! Und keiner wisse jetzt, was das da alles sei?! Der Weißkittel verlor nun leider auch noch die Fassung: »Genau! Vielleicht steckt er jetzt die ganze Wiese damit an?! Und alle Hunde in München verlieren dann ihre Haare?! Wollen Sie das etwa verantworten?!« Auch Mami war jetzt sauer und sagte: »Dannhaben Sie ja spätestens mal eine gute Gelegenheit, all den haarlosen Viechern mit der Reißzange etwas Fleisch aus dem Gesicht zu fetzen und das große Loch hinterher wieder für viel Geld zuzunähen! So macht Calimero doch noch viel Spaß für alle: für Postboten, für Labors und wer weiß, vielleicht auch für Ihre neue Datscha in Ungarn?!« Der Tierarzt schrie jetzt von wegen, was stimme nicht mit Mami und sie hätte wohl wahrscheinlich einen Geistesschaden, oder was?! Der plante wohl schon die nächste Biopsie, mit ganz feiner Nadel, weil er nur so wenig Masse vermutete: an Mamis Hirn …? Mami schnappte: »Für den Besuch im Irrenhaus zahle ich nichts!« Schlussvorhang. Gebremster Applaus. »Den nenne ich ab sofort nur noch Doktor Dödel!«, sagte sie stinkig draußen und setzte mich japsendes Bündel ab.
Meine Züchterin japste auch nur, als sie die Horrorgeschichte hörte, und bestätigte Mami, das sei auf keinen Fall auch nur im Entferntesten lege artis gewesen! Und das mache wirklich auch kein normaler Arzt so – und ein sogenannter Hautarzt schon gar nicht! Und warum er nicht vorgeschlagen habe, das vorsichtig neben der Rosette zu machen, warum genau über dem Auge?! Mami war immer noch sauer: »Die sind alle beide total verrückt da! Gut, dass ich mich ein bisschen auskenne und mitdenke!« Die Züchterin sagte: »Ich bin stolz auf Sie! Naja, jetzt kann es dann ja wohl nur noch besser werden …!«
Dann fand Mami einen Tierarzt mit einem Hautarzt, speziell für Kurznasen … einen echten Spezialisten diesmal sogar. Ewig fahren, aber egal, Hauptsache, keiner riss Fleisch aus dem süßen Gesichten von ihrem Calimero raus! Die haben da die Augenbrauen gehoben, als sie die Geschichte vom Rausstanzen hörten. Die ganze Praxis kam nacheinander ins Behandlungszimmer rein, weil sich so schnell rumgesprochen hatte, dass hier ein kleiner, gelochter Herzensbrecher unterwegs war! Die waren sehr gründlich, nahmen sich viel Zeit, mit Spaltlampe und Lupe, nahmen die Schuppen mit zum Mikroskop und kuschelten immer abwechselnd mit mir. Dann machten sie das Geschabsel von meinem Vorderbeinchen, es ginge wirklich nicht anders, als etwas Haut mit ganz wenig Fleisch abzuschaben, weil man sonst keinen Befund bekäme. »Wird wohl auch ein paar weiße Haare kriegen …«, sagten sie, aber sie würden das immer ganz vorsichtig ansetzen. Ich wurde da geeist, guckte ganz interessiert zu, bekam Leckerlis und schon war alles wieder vorbei. Die Hautärztin sagte: »Das ist ein klassicher Demodex-Hautschaden, aber der Befall ist nur marginal.
Ich habe im Geschabsel nur sechs Milben gefunden, das ist genau noch die Untergrenze. Nun kann es natürlich sein, dass die ganzen Dinger zufällig heute feixend rechts saßen, und ich habe ausgerechnet links geschabt, aber ich glaube nicht!« Dieser schwache Befund rechtfertige noch nicht mal die Gabe von Tabletten, denn diese hätten schwere Nebenwirkungen manchmal, und vorher wüsste man nie. »Außerdem können wir immer noch stärkere Geschütze auffahren, wenn es nicht hilft! Sie bekommen jetzt eine Schwefel-Tinktur, die tun sie da zweimal täglich drauf. Möglichst draußen oder kurz vor dem Rausgehen … Es stinkt nämlich wie Satanskacke und färbt schlimmer ab als Stempelfarbe!«, sagte die Hautärztin und kuschelte mich zärtlich. »Das passt ja dann«, sagte Mami und kuschelte mich auch. »Er ist ja auch als Höllenwürmchen bekannt. Dann benimmt er sich nicht nur so, sondern riecht auch gleich passend …!«
Die Tierärztin ermittelte, dass es sich tatsächlich um zwei unterschiedliche Hautbefunde handelte. Die schuppigen, kahlen, scharf umschriebenen, rötlichen Löcher für die Demodex-Milben und die lichten und diffus umschriebenen Stellen für eine Allergie! Dazu passten auch gut die Stellen: über dem Auge und unter dem Arm. Und auch dazu passe sowohl meine Phase als Junior, die damit verbundene Futterumstellung und sogar die ganzen Durchfälle mit den Kampfgasen. Das schien nämlich eine Futtermittel-Unverträglichkeit zu sein! Ob es eine echte Allergie würde, könne man noch nicht sagen, aber es sei ganz sicher keine Kontaktreaktion …! Mami war erleichtert. Endlich mal eine Ansage, mit der man arbeiten konnte!
Wenn sie da nur an den einen Abend beim Griechen dachte, da wurde sie schon ganz bleich. Ich lag unter dem runden Tisch und durchschnittlich alle zwölf Minuten wichen am rechten oder linken Flügel alle Teilnehmer ächzend zurück und simulierten einen Reizhusten. Das war wegen dem Kampfgas, das jeweils nach dem lautlosen Entweichen unter dem Tisch eine Glocke bildete und dann unter der Kante langsam nach oben hochstieg. Tja. Nach der vierten Attacke beugte Chris sich schließlich wortlos vor und pustete die Kerze aus. »Wegen der Explosionsgefahr!«, sagte sie röchelnd. Mama kalauerte damals nur matt: »Der Dorsch, das ist ein super Fisch, solange er im Hund drin ist. Denn ist er erst mal draußen, gibt’s viel Gehüstel außen.« Das sollte also auch demnächst der Vergangenheit angehören …
Mami bekam viel Lesestoff mit, über die Milben, über die Tabletten, über Diät bei Allergien und allgemein über eine gute Ernährung für Hunde. Sie rieten Mami zum Kauf eines Trockenfutters, das hieß »Wolfsblut« und bestünde nur aus Lachs und Kartoffeln. Die Hunde mögen das gerne und es sei sehr positive Beeinflussung zu erwarten, wenn sich das ganze System mal komplett beruhigen könne. Mami bekam jetzt endlich einen Eindruck davon, was die Züchterin eigentlich immer mit ihren Warnungen wie: »Zu viel des Guten macht leider dann Schlechtes!«, gemeint hatte. »Da habe ich sicherlich auch kräftig mitgemischt …«, jammerte sie leise. »Ich habe seinen kleinen Verdauungstrakt garantiert total überfordert mit meiner ganzen gut gemeinten Futter-Palette!« Die Tierärztin beruhigte sie: »Was passieren soll, das passiert so oder so!« Die Tierärztin beruhigte Mami noch mal und gab mir einen fetten Kuss auf die haarlose Stirn: »Das ist sogar auch typisch für den ersten Fellwechsel. Außerdem wird es schon richtig heiß – da hängt jetzt in dem Hund totes Welpen-Winterfell im angeknabberten Junior-Fell drin! Da sehen dann viele Erstpubertierende plötzlich mal eine Zeitlang etwas räudig aus! Kaufen Sie aber eine Spezialbürste namens ›Furminator‹, denn nur mit der holen Sie ganz entspannt das tote Unterfell aus ihm raus … Übrigens auch bei Langhaarkatzen ideal! Jetzt wirklich ein Vierteljahr lang nichts anderes als Wolfsblut und auch später: nicht mehr so viel durcheinander geben, gell …!« Ja, gell.
Die Züchterin war dann ja wohl so was von total begeistert von dieser Tierärztin! Sie freute sich, dass ihre Ferndiagnose gestimmt hatte. Sie hatte auch noch weiter nachgedacht: »Das ist ganz bestimmt sogar eine Futtermittelallergie! Auch dass sich alles auf einer Seite aufhält, ist typisch! Probieren Sie Folgendes aus: nur immer ein Eiweiß und ein Kohlenhydrat pro Mahlzeit! Möglichst auch nicht wechseln und am besten gar nichts mehr anderes als diese beiden Teile füttern …! Meine Landeier hier haben ja nichts dergleichen, aber in der Stadt, mit dem ganzen Feinstaub und dem Smog, da scheinen einige zu leiden! Die kurze Nase filtert ja nichts weg, das sitzt immer gleich alles in der Lunge drin! Das möchte ich Ihnen jetzt aber gar nicht vorzuschlagen gewagt haben … plötzlich nur noch ein Futter?! Und dann auch noch ausgerechnet ein Trockenfutter?!?! Und er kaute dann wieder nicht und spuckte und röchelte nur die ganze Zeit …???« Jetzt lachten Mami und die Züchterin laut und lange miteinander darüber.
»Hab’s kapiert!«, rief Mami und die Züchterin sagte:
»Auch die Durchfälle sollten sich damit jetzt schnell regulieren! Die sind oft ein Zeichen von Unverträglichkeit, Juniortum und zu viel Durcheinander!« Mami sagte wieder: »Ja, ja, Mutti hat es kapiert. Alles wird gut!«
Voll peinlich – Mami heute Morgen, sie hat es wieder getan! Sie sang schon wieder, diesmal ABBA. Und alles nur, weil ich irgendwie nicht zum Schuss kam und nur blöde rumtat. »Ohhhh, wring! Wring! Warum nur, machst du keinen Strahl …?! Ohhh, wring! Wring! Nun schau doch mal bloß diesen Pfahl! Wring! Wring! Nun mache doch endlich den Strull! Ohhhh, wring! Wring! Ist denn der Pfahl schon zu vull?!« Wegsperren. Mehr sag ich dazu nicht: einfach wegsperren!
Endlich mal wieder Molli …! Es hatte natürlich schon wieder geregnet, wie fast immer in letzter Zeit. Mami war sich sicher: Die Leute saßen alle abends im Keller und bauten heimlich an ihrer Arche! Aber uns war das ja wohl so was von egal! Wir sind eine ganze Stunde lang durch den Salat im hinteren Garten gefegt. Er versuchte sich zu rehabilitieren, aber es war vollkommen sinnlos gegen unser Bombardement anwachsen zu wollen. Wir hatten sogar hellsichtig erkannt: Da waren so ein paar Äste dabei, die konnte man gar nicht einfach umrennen, denn die standen immer von alleine dann wieder auf! Also musste da mal wieder der kleine Marder Nagfried ran und Nagfried machte heute vor gar nichts Halt! Molli, schlaues Mädchen, auch genannt ›Die Hummel‹, weil: ist schnell und hat einen dicken Hintern … flog fast schon in der Kurve heute! Und eine satte Bauchlandung von der Hummel mitten im Salat hat dann auch sofort geholfen: Alles war wieder platt, endlich!
Dann kam Mamis Kumpel Alex und den mag ich auch: Aaatttaaackeee!!! Den habe ich sofort sauber angefressen! Und dann hat er mit mir auf dem Sofa gekämpft. Man nannte mich nicht umsonst Muhamed Mopsi, den kleinsten Boxer der Welt! Und Muhamed gab Alex dann Laffka …! Als Erstes flog mal die Mütze nach hinten vom Kopf, dann kam Muhamed blitzschnell frontal, völlig ohne Deckung durchgebrochen, und rechts, und links, und mal wieder voll eins auf die Lippe … Touchdown! Alex musste in die Ecke, verarztet werden. Hatte Hand vor dem Mund, lachte sich halb schief und hielt Muhamed, die Tarantel, mit der anderen Hand mühsam von sich weg. Aber ich war jetzt leider in der Piranha-Stimmung: *schnapp!schnapp!!schnapp!!!* Aber Gott sei Dank lachte er ja noch, trotz Blut an der Lippe. Tja, Fight Club ist nun mal keine Kuschelgruppe! Dann ging Alex mit Muhamed und dem Furminator auf den Balkon und enthaarte Cassius Calimero Clay … Irgendwann rief er dann verzweifelt: »Wenn das hier so weitergeht, ist der Hund gleich original splitternackt!«
Mami winkte völlig unaufgeregt ab, sie kannte das ja nun schon: »Mach einfach nur weiter! Das ist alles nur totes Fell!« »Dir geb ich gleich totes Fell!«, dachte Cassius Calimero Clay grimmig und ging mal wieder übergangslos in die Attacke: und rechts *boing* und kämm und links *platsch* und bürst und frontal durchbrech *knall* und striegel und entfussel *kämpf* … UFF!!! Wer von uns war hinterher eigentlich platter neben dem riesigen Haufen struppigem, gelbgeflecktem, schwefligem, totem Calimero-Ex-Fell …?
So kam das also, dass ich täglich zweimal vor dem Gassi mit der knallgelben Stinketinktur eingetupft wurde. Das sah man dann deutlich auf dem schwarzen Fell und es stank wirklich bis dorthinaus: Der Hund aus der Hölle, endlich stimmte es mal …! Die Miezekatzen und viele Hunde machten jetzt sofort einen angeekelten Bogen um mich stinkendes Schwefelwürmchen. Und weil ich ja so löcherig war, sah man es auch noch ziemlich deutlich auf der Haut. Einige Leute zerrten ihre Hunde schnell weg, als sie mich gelb geflecktes, durchlöchertes Teil nahen sahen, vielleicht weil sie dachten, ich hätte was Ansteckendes …? Und ich kriegte wirklich nur noch das Trockenfutter! Mami war da so hart und zog das eiskalt durch! Hätte ich ja nun nie gedacht. Ich aß das allerdings sehr gerne, es war klein und ich konnte es kauen oder runterschlucken. Doch am liebsten biss ich überraschenderweise mit den neuen Zähnchen bei offenem Mund immer kräftig zweimal voll drauf! Ich hatte zum Essen so einen Futter-Ball mit Löchern drin bekommen und wenn ich mit dem spielte, fielen die Brocken unterwegs immerzu raus. Ich trieb ihn schon schnell höchst professionell beidpfotig wie Mopsenigge quer in der ganzen Wohnung herum. Das war toll und ganz schlechte Erziehung für schlecht erzogene Hunde: Erst das Essen selber jagen und dann auch noch dafür mit Futter belohnt werden! Mit mir konnte man es allerdings machen, ich war ja ein Butterlämmchen: gelb und mit Löchern drin.
Es war übrigens nicht alles fettfrei, was nicht glänzte, das hatte selbst ich dann jetzt mitgelernt. Man stecke, bei allem Lob auf diese Erfindung, dieses Futter besser trotzdem nicht einfach in die Hosentaschen! ›Rei in der Tube‹, mehr sag ich nicht … Und Mami konnte Flüche, da staunte ich dann ja nur noch! Mama meinte, das Fellchen wirke insgesamt schon irgendwie stabiler auf sie, die ganze Therapie schlüge sehr gut an, zumal ich jetzt immer wohldefinierte Briketts formulierte und auch nicht mehr räucherte, ä-hü.
Jedes Mal an der gleichen Ecke morgens kriegte Mami einen Temperamentsausbruch. Es war – weil – naja, sie musste umgreifen, die Leine von links nach rechts und ich, obwohl ich das ja nun alles ganz genau kannte, verlor irgendwie immer den Faden an dieser Ecke. Normalerweise kann ich wunderbar fehlerfrei abbiegen, aber da irgendwie nie! Mami plärrte genervt: »Er kommt und kommt nicht rum mit der Kiste, verläuft sich voll beim Abbiegen, steht jedes Mal dämlich und quer an der Kurve rum und ist vollkommen verwirrt!« Dann geht das Gezerre los, alles verheddert sich und … Mami denkt dann immer genervt, gleich riefe der kleine Brad Pitt der Möpse: »Text! Text! Ich hänge, wie eine Weihnachtskugel! Und könnte mir noch mal einer fix die Stirn abpudern? Ich glaub, ich glänz wie Schwarte!« Ich wusste ja auch nicht, warum mir das da jeden Morgen aufs Neue passierte, aber es war einfach so. »Trixi hängt an genau der Ecke auch immer wie ’ne Glocke und schreit nach Text!«, klagte unsere Nachbarin neulich lachend über ihren Westi. Mama kalauerte schon wieder: »Der Trixi-ismus auf dem Trixi-Meter beträgt heute wieder mal: maximale Trixizität!« Das musste dann aber wirklich an der Ecke da liegen. Vielleicht verhext – ein Vergessenszauber vielleicht?
Sara und Mama hatten wohl unter den Mecker-Pilzen in der Wiese was miteinander ausgeheckt! Ich sollte mal wieder lernen, woanders zu sein, ohne Mama. Zuerst waren wir nur auf der Hundewiese, dann wurden wir ins Auto gestopft und ich bin zum ersten Mal ganz alleine da reingehüpft! Mama kämpfte mit Schirmen, Mollis, Taschen, Regen und Sara schrie wie verrückt herum:
»Guuck! Guuck! Guuuck!! Ö iesst ganz allain eingästiegähn …!« Mama total begeistert: »Spek-ta-ku-lär, dieses Ö immer …« Und dann?! Mama brachte meine Tasche ins Auto und dann war Mama plötzlich weg, einfach so weg, und wir fuhren alleine los! Ich bin dann mal unter Molli rausgekrochen und auf Sara raufgekrabbelt, auch wenn das verboten war. Ich war mal so was sauer! »Na, gut!«, hab ich gedacht, »Dann ist das jetzt eben meine Mama, ich geh nie mehr weg von der, nicht dass mir das noch mal passiert! Lasst mich ans Steuer, ich fahr uns nach Hause, mir reichts schon wieder!« War dann aber nichts. Die Tiefgarage hatte mich total gegruselt: »Nein!
Ich geh nirgendwohin! Ich finde alles scheiße hier! Ich will nur noch nach Hause!«, schrie ich auf Kakadu wütend, original wie am Spieß! Molli kam dann und schob mich von hinten etwas an: »Alles ganz easy!«, zwinkerte sie mir zu. »Ich hab mich früher auch gegruselt, aber das ist wirklich nicht schlimm! Es stinkt nur und hat so einen komischen Hall … Komm doch mit, ich hab Lammkauschuh oben!« »Naaa guuut …«, dachte ich widerstrebend »Für müffelnden Lammkauschuh konnte man schon mal gut kurz mit seinen Prinzipien brechen. Aber nicht, dass es hier zur Gewohnheit wurde! Nun kam auch noch das glatte, glänzende Treppenhaus: Ohne mich, gar