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Calimero beherrscht in seinem dritten Lebensjahr die Verschwinderitis vollkommen, spielt Eishockey und doubelt sogar James Dean. Wir begleiten ihn, wie er das Schwimmen lernt, erleben ihn als eingedosten Kakadu, wie auch als Gämse, und stehen sogar eine kräftezehrende Diät mit ihm durch. Eine Augenverletzung und eine Reihe "gelber Duelle" mit der fetten Perser, bringen ihn schließlich sogar unters Messer. Diese ganze Arie ist, wie üblich, wieder mit jeder Menge Aufregung verknüpft, woran Calimeros Neigung zum Drama mal wieder nicht ganz unschuldig ist ...
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Seitenzahl: 193
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Sherlock Humbug
Hundepo
Voll auf die Ohren gekriegt
Neues von alten Bekannten
Pissing Cowboys
Verschwinderitis
Gämsen und Berglöwen
Lassie für Arme
Handtuchflip
Das ging dann wohl voll ins Auge
Armer Oskar
Kronjuwelenschrumpfung
Pupsisch für Anfänger
Pumba
Nudel
Zoll
Bienentanz und … na ja!
Bescheuerte Frauen
Psalmodieren
Auf den Trichter gekommen
Alles weg, irgendwie!
Gute Unterhaltungen
Hund in der Dose
Wasserphobie
Toni
Pfötchenmatsch
Glänzi soll schwimmen
Wiesenkuddelmuddel
Trixi
Aufgeräumter Mops
Such Hasi!
Fette Sau
Hängematte
Von Kampfhunden, Bandscheiben und Flexi-Leinen
Waldis Revival
Große Hunde
Kuhfänger
Hellseher?!
Tölzer Bluthund
Der findet schon allein nach Hause
James Dean für Arme
Glänzi on Ice
Heiße Luft
Stunden der Wahrheit
Zieht euch einfach eine Nummer
Nicht sehr wendig
Mietstreber
Mopslyrik
Mama war schon wieder genervt von meinem Metabolismus … Sie lamentierte jeden Morgen, wenn sie meinen qualmenden Dünnpfiff aus der Wiese zu spachteln versuchte: »Ein neuer Fall von Sonne, Samba und Saftscheiße!« Ich wurde mal wieder auf Trockenfutter gesetzt: kein besonderer Effekt! Ich wurde mal wieder von allen gustatorischen Ausnahmen abgeschnitten: überhaupt kein Effekt! Mein Fall wurde, mal wieder, in allen Schattierungen, der Züchterin vorgetragen: keine Ahnung! Alles, was blieb, war somit tatsächlich ein Bluttest, um mal zu schauen, ob organisch bei mir vielleicht unerkannt etwas schieflief. Und wenn nicht, was Gott sei Dank dann auch der Fall war, ein Nahrungsmittel-Allergietest. Der habe schon Erstaunliches zutage gefördert, soweit die glücklichen Stimmen derer, die jetzt wussten, dass Tuppi allergisch auf mehrfach aufgewärmtes Kaktus-Chutney war … Mami war zu allem bereit, Hauptsache, die schreckliche Saftscheißerei hörte endlich wieder auf! Kam dann ja eben auch schon mal verschiedentlich zu metabolischen Unfällen in der Wohnung. Ich meine: Was rausmuss, will dann schließlich ja auch raus! Zu meinem Schutz musste man jedoch sagen, dass ich mir, wenn es wirklich nicht mehr anders ging, immer einen Baum gesucht hatte! Da waren zum Beispiel die weiße, mit dünnem Filz bezogene Bodenlampe und auch der Schirmständer mit den zarten Intarsien gewesen … »Volltreffer!«, sagte Mami röchelnd und besah sich die von oben bis unten vollgesprühte Lampe, die Hand fassungslos vor die Stirn geklatscht. Es musste dringend was passieren, soweit mal das Drehbuch.
Dem Arzt fiel nichts weiter ein, auch deshalb nicht, weil nichts in meinem Leben verändert worden war. Somit blieb nur die Lieferung von ein paar Tropfen meines kostbaren Blutes. Der Allergietest war dann sehr vielsagend, denn er sagte vieles nicht. Eigentlich sagte er gar nichts. Das wiederum konnte dann aber alles bedeuten: entweder dass ich auf nichts davon allergisch war oder möglicherweise auf alles. Vielleicht habe aber auch der Test bei mir gar nicht funktioniert, so was gäbe es leider auch. »Volltreffer!«, sagte Mami schon wieder und blätterte ein paar dicke Scheinchen auf den Tresen des Hauses.
Dann wurde die Saftscheiße plötzlich wieder etwas rückläufig nach sechs Wochen voller Aufregungen. Aus genauso ungeklärten Gründen, wie es angefangen hatte, behielten meine jüngsten Produkte dann wieder eine sichtbare Form und führten auch nicht mehr zu olfaktorischen Ausfällen mit drohender Ohnmacht. Und als Mami, nach gewissen Funden auf mir, mein Zeckenmittel erneuerte, begannen sofort die Durchfälle wieder mit Wucht einzusetzen! »Sherlock Humbug hatte wieder einen grandiosen Triumph!«, jubelte Mami. »Der Täter ist endlich gefasst!« Doch dann wurde sie auch schnell wieder sehr viel leiser, weil das nun ja auch leider bedeutete: weitere sechs Wochen lang angesprühte Bodenlampen und drohende Ohnmachten schon frühmorgens! Die Züchterin wunderte sich dann gar nicht so besonders über diese Entdeckung, denn das seien schon auch echte Granaten diese Zecken-und-Floh-Ampullen! »So super überzeugend sind die in der Wirkung weiß Gott nun dafür aber auch nicht!«, sagte Mami.
Aber was nun? Die Züchterin riet zu einem Spray mit ätherischen Ölen wie Citronella und Geraniol, das müsse aber vor jedem Gang neu aufgetragen werden – und Vorsicht mit den Augen! Man sprühe es aber bitte nie auf den Hund, sondern nur auf die Hände und wische diese dann an seinem Zeckensuchgerät ab … Das alleine schon würde nie im Leben klappen, sagte sich Mami, die schon beim Zuhören gestresst war. Zuerst jedes Mal der Sprayflip, dann das Zeug wieder aus den Augen und von den Händen waschen! Falls man überhaupt daran gedacht hatte, immer vorher erst mal die Pulle zu zücken! Und außerdem fand Mami es nicht gut, meine Nase zu vernebeln und alle anderen Hunde olfaktorisch komplett zu irritieren. So von wegen: »Riech mal: Da kommt eine Geranie mit Citrus im Abgang! Hinten allerdings Thunfisch mit Dünnschiss! Der hat doch bestimmt was zu verbergen, wenn er so stinkt!« Da fiel der Züchterin nach dem üblichen Lachanfall auch nichts mehr zu ein. Einen Vorschlag hatte sie aber doch noch: Nach dem Gassi sofort in die Badewanne setzen und mit einem Lufahandschuh kräftig gegen die Fellrichtung rubbeln! Zecken benötigten nämlich immer eine ganze Weile, bis sie einen Platz gefunden hatten, um sich ungestört dort einzurichten. Bis es so weit war, konnte man sie so noch ganz gut erwischen. Kostenlose Unterfellentfernung, Massage und Entstaubung gleich inklusive! Guter Plan, fand Mami. Wobei ihr auch schon aufgefallen war, dass wohl mein ständiges nasses Fellchen auch ein ziemlich guter Schutz gegen Zecken zu sein schien. Die konnten da möglicherweise nicht so richtig aufsatteln, weil alles zusammenklebte und möglicherweise roch ich nass auch nicht wie eine Gehwegpraline …
Neulich trafen wir mal wieder Bonnie und Anhang. Stellt euch vor, was der Anhang da spontan über mich sagte: »Er ist ein kleiner Scheich, sein Name ist Calim Ero!« »Calim«, das fand Mami klasse, war ja mal wieder klar. Sie war schon jüngst dazu übergegangen, mich zu amerikanisieren, und rief jetzt gerne mal: »Cal!«, oder, wenn ich wieder Wasser oder sonst was in den Ohren hatte: »Ca-hal …!« Ging ja wohl gar nicht! Sie erzählte heute von unserem morgendlichen Ritual und Bonnie-Mama war entzückt und hatte feuchte Augen. Oft lag ich morgens noch tief schlafend im Nest unter dem Tresen, wenn Mami aufstand. Ich blieb immer einfach (heimlich mit einem Auge blinzelnd) wie ohnmächtig liegen. Da musste Mami sich zu mir runterknien, unter den Tresen krabbeln und mich wach pieken und kitzeln. Ich tat immer ganz überrascht, reckte die Ärmchen paddelnd und gähnte dabei herzhaft schmatzend. Aber aufstehen tat ich trotzdem nicht freiwillig! Mami musste mich erst an den Ärmchen vorsichtig etwas über den Rand hinausziehen und Sachen sagen wie: »Ach, verstehe. Einer dieser Tage …!« Da hing ich dann, schmatzte, paddelte und war ansonsten komplett gelähmt. Ich bekam zuerst ein Stretching an den Ärmchen und hängte mich da auch voll mit rein … Aaaahhh! Dann hing ich lang wie ein verunglückter Spaghetto vorne aus dem Nest und bekam noch eine Energiemassage neben der Wirbelsäule. Noch ein gründliches und kräftiges Ausstreichen mit Wirbelsäulenstretching und ich wurde immer länger und flacher … Aaahhh! Dann stretchte Mami mir noch die Hinterbeinchen, ich drückte mich dabei ganz geschmeidig bis ins Hohlkreuz durch, zitter. »Ja, schön stretchen, Herr Diercks, das machen Sie ganz wunderbar so! Der Hund arbeitet wieder ganz hervorragend mit heute Morgen!«, lachte sie. Ich stretchte immer noch ein paar Mal zitternd bis zum Anschlag nach und sie massierte mir noch den Hundepo … Aaahhh! »Sehr schön definierte Musculi Glutei!«, sagte sie fachmännisch meinen kleinen Knackpo knetend, »Sie machen viel Sport, nicht wahr?« Ich musste jetzt grinsen und stand auf, um mich mal gründlich durchzuschütteln. »Warten Sie!«, sagte meine Masseurin. »Sie bekommen ja noch etwas heraus!«, und dann gab es auch noch ein Leckerli! Mein Katzenbruder Merlin stand immer gleich daneben, weil er ganz genau wusste, dass auch was für ihn abfiel, wenn er sichtbar war. Sein Lebensstandard hatte sich echt gehoben, seitdem ich hier war!
Aber es gab auch so Tage, da stand ich selbst nach dem Anziehen nicht freiwillig auf! So musste Mami mich an der Leine versuchen aus dem Nest zu ziehen, aber ich keilte leider mal wieder quer drin … Sie zog trotzdem weiter und das führte dazu, dass meine schon ziemlich verlebte Furzmulde von einem Hundenest auch mit raus zum Gassi ging. Mami schleifte also leicht genervt einen Hund in einem Nest bis ins Treppenhaus hinter sich her, bis an der Fußmatte diese bizarre Reisegelegenheit schließlich mit der Physik ins Gehege kam. Und an der Fußmatte umkippte. Tja, wenn es schon mal so weit war, ging ich eben mit … Überhaupt: Wenn ich da schon im Treppenhaus rumlag, konnte ich ja auch in den Fahrstuhl mitgehen …
Der andere Waschgang ging so: Ich hatte, zusammengerollt wie ein Engerling, auf dem Badezimmerhocker auf Mamis Klamotten geschlafen. Sie hockte sich vor mich hin und rief: »Umärmelung!«, und ich stürzte mich auf ihre linke Schulter und hängte mich voll drüber. Der Rest von mir machte wild wedelnde Gesichtspflege: Ohr, Stirn, Hals, Wangen und Haare ablecken, viel tänzeln dabei. Mittlerweile war auch der Dicke aufgetaucht und hatte sich quer mit auf den Hocker gelegt. Das passte ja super, Möpse sitzen doch einfach immer wieder mal gerne! Und so setzte ich mich zuerst mal voll in die Katze rein: Milz, Dickdarm, Pankreas. Es störte sie nicht, sie schnurrte und grinste zu uns hoch. Mami sagte dann, mich im linken und die Miezekatze im rechten Arm: »Duu-huuu … Merlin? Du riechst da voll nach Hundepo, genau da! Die Stelle musst du dir aber mal dringend merken und dann gründlich waschen, ja …?« Merlin grinste. Er schien den Geruch von Hundepo nicht allzu übel zu finden, denn er war jetzt auch schon verschiedentlich in meine Nester eingebrochen. Mami sang zu Helge Schneiders Melodie vom Katzeklo: »Hundepo, Hundepo, macht die fusselige Katze froh!« Oder nach der Melodie von der Muppet Show: »Wo ist die Miezekatze? Für deinen Hundepo! Nur wenn du auf der Kaaaatzeee sitzt, bist du richtig froh!« Wenn sich die Umarmung dann nach ein paar Minuten aufgelöst hatte, schlich ich mich immer in Mamis aufgeschlagenes Bett, haute mich in den tollen Bettmief rein und schlummerte dort selig weiter, bis es dann Zeit war rauszugehen …
Mami war genervt, weil ich mich mal wieder völlig unmöglich aufführte. Angeblich! Ich wusste von gar nichts. Ich musste mich halt ständig am Hals kratzen, am Ohr scheuern oder mir umständlich und vorwurfsvoll über die Stirn wischen. Dazu musste ich aber jeweils sitzen und das durchschnittlich alle drei Minuten. Mami war schon ganz verzweifelt: »Da ist aber nichts, Calimero, nicht das allerkleinste bisschen ist da zu sehen!« Und wie es immer so war: Das konnte man natürlich noch locker steigern. Wo ich nun schon mal saß, fing ich auch noch an wild den Kopf zu schütteln, bis die Ohren mir ans Hirn klatschten. Mami war jetzt genervt: »Was soll das da werden? Extrem-Headbanging?! Empfängt dein Ortungschip jetzt Radio Wacken, oder was ist los …?!«
Nach zwei Stunden in der Stadt war Mami fix und fertig, kehrte schließlich unvollendet um und schleifte mich auf dem Rückweg gleich mal zum Tierarzt rein. Wir kamen sofort dran, der Doc klappte das Ohr hoch und sagte befriedigt: »Ah!« Mama guckte interessiert zu: Mein ansonsten innen butterzartes, hellgraues Ohrläppchen war ganz mit einer bräunlichen, schorfigen Schicht überzogen, was es ganz hart und rau machte. Das war eine erstklassig entwickelte Ohrenentzündung beidseitig, vermutlich ausgelöst durch irgendeinen Schmuddel im Gehörgang. Der Doc reinigte meine Lauscher, gab Ohrensalbe ein und uns ein Audiospray mit. Das würde den nach unten gerutschten Schmodder gefahrlos nach oben transportieren, wo er sich dann entfernen ließ. »Das ist ein absolutes Teufelszeug!«, sagte der Doc begeistert und fuchtelte mit der kleinen Dochttube herum. »Innerhalb von sechs Anwendungen und drei Tagen sehen Sie eine signifikante Verbesserung!« Das sollte ich nun also eine ganze Woche lang mitmachen, und Mami freute sich schon jetzt riesig auf den garantiert zu erwartenden Ohrensalbenflip … Allerdings stellte sie fest, dass ich bereits auf dem Heimweg völlig symptomlos neben ihr herschlappte.
Und schon konnte ich was Neues: Den Tubenflip! Der ging wie alle anderen Flips auch, nur ohne Wasser, Gras, Schnee oder sonstige Panaden. Tief luftholen, Köpfchen schieflegen, steiler Schnauzenstoß gegen den Boden, langer Lefzenschmierer, zügig abrollen, den Rest nach hinten runterklatschen lassen, strampeln, ächzen, schubbern und sich wurmen … Außerdem am Lager heute: eine engagierte Mama mit der offenen Ohrensalbentube. Nein, eine ratlose Mama mit tropfenden Ohrensalbenfingern. Nein, eine genervte Mama mit Ohrensalbe an der Augenbraue und am Kinn. Nein, eine echt richtig schwer genervte Mama, kniend auf einem Küchenboden voller Ohrensalbe mit lauter schwarzen Hundehaaren und rutschigen Pfotenabdrücken drin. Nein, jetzt hab ich’s: eine stinksaure Mama mit einem völlig entfesselten Flipmops, der seinerseits Ohrensalbe an der Stirn, am Rücken, am Schwanz, an den Pfötchen … ach, überall eigentlich kleben hatte, außer natürlich im Ohr. Ich sag nur: Stunden später!
Heute mal wieder Überraschung auf der Wiese, neue Geschichten von alten Hunden … Der gute Packo hatte nach alter Manier zugeschlagen! Mittlerweile waren die ja mit ihrem Hund sogar schon vor Gericht gelandet, wie man so hörte. In der Wohnanlage lebte nämlich ein kesser Dackel im Nebenhaus und auf den hatte Packo wegen irgendeiner Sache einen Megahass. Daher kam er, stets vorschriftsmäßig für aggressive Rüden, ohne Leine, ohne Maulkorb und ohne jede Führung aus der Tür geschossen, wo er dann sofort den armen Dackel attackierte. Alle Bitten, das Tier nicht immer unbeaufsichtigt aus der Tür schießen zu lassen, verhallten ungerührt. Der Dackelbesitzer hatte mittlerweile den Eindruck gewonnen, die Packo-Besitzer kämen ganz zufällig immer genau dann raus, wenn er selber in der Tür erschien …
Und irgendwann war es dann natürlich passiert: Der Dackel wurde ins Bein gebissen, die Kochenhaut (~ Osteum) mit den Nerven und auch der Knochen selber wurden ernsthaft verletzt. Viel Gewese, Geeiter und Gehumpel. Tierarztbesuche ohne Ende, doch es wurde einfach nicht besser. Dann musste wegen der in den Knochen eingewanderten Entzündung doch operiert werden, aber der Besitzer vom Dackel war mittlerweile schon so finanziell erschöpft, dass er sich an Packos Besitzer wandte, von wegen der Versicherung. Die wussten dann aber leider spontan von gar nichts mehr und wurden dann sehr gewöhnlich. Das wäre jemand anders gewesen! Das schöbe er ihnen nur unter! Das wäre ja nur alles gespielt! Und der Dackel liefe seit einem Vierteljahr mit einem Dummy-Verband rum, um das Spektakel angemessen vorzubereiten! Und scheiß auf das Attest! Das wäre doch alles nur erlogen, gefälscht und gekauft! Da sah sich der geschröpfte Dackelbesitzer leider gezwungen Anzeige gegen Packo zu erstatten. Und selbst da stritten die Besitzer noch erbittert gegen ihn weiter, obwohl Packo dort bereits mehrfach aktenkundig war …
Angeblich hätten sie ihn mittlerweile ja kastrieren lassen und deswegen fühlten sie sich rechtlich irgendwie auf der sicheren Seite. Wir Hunde dagegen wussten alle, dass Kastration kein Mittel ist, wenn die Aggression eine andere Quelle hat als sexuelle Dominanz. Wenn ein Hund in der Kindheit und Jugend einen Knall bekommen hatte, halfen keine Kastration und meistens nicht mal mehr eine Psychotherapie. Wir Hunde sind ja nun leider durch Vernunft und gute Worte nicht zu erreichen! Das bedeutete: Wenn ein Hund nicht mehr über die nötige Frustrationstoleranz verfügte, sich anderslautende, nämlich gute Erfahrungen zu gönnen, dann war er einfach kaputt. Zumeist blieb ein solcher Angstschaden lebenslang erhalten und wurde nicht selten auch noch schlimmer. Denn allein schon durch das vorgreifende, aggressiv vorpreschende Verhalten, das vor etwas beschützen sollte, welches zumeist gar keine Gefahr darstellte, bestätigten sich nur oft noch die schlechten Erfahrungen! So mancher Hund ließ sich nämlich nicht ohne Weiteres anpöbeln oder attackieren, nur weil er da gerade spazieren ging … Außerdem hatte Packo jetzt schon so viele negative Erfolgserlebnisse durch seine Attacken gesammelt, dass sich die Aggression schon neuronal verselbstständigt hatte. Das war wie bei jedem anderen Lebewesen auch: Wiederholung erzeugte Gewohnheit und dann Automatismen! So funktionierte die Aggression wie ein selbstbedienter, psychischer Leckerlispender. Daraus zog er sich einfach jeweils den nächsten Adrenalinkick …
Und die neueste Geschichte war: In der gleichen Anlage lebte auch ein Rudel aus drei sehr ungezogenen, ständig kläffenden Jack-Russel-Terrier-Mädchen. Diese waren, eben weil sie sich so dermaßen unappetitlich benahmen, stets nur an Leinen und zerrten schreiend und pöbelnd in alle Richtungen gleichzeitig. Eine von denen hatte es dann wohl zu weit getrieben, bis Packo ihr ohne Vorwarnung in den Kopf biss. Und schon waren wieder die Ärzte, Polizisten und Gerichte beschäftigt … Aber sie wurden auch nicht schlauer! Anstatt endlich einen Maulkorb zu kaufen, hatten sie sich lieber aus dem Heim einen weiteren verkorksten Brocken geholt. Und der war genauso übel drauf wie sein Kumpel Packo! Zu zweit wurden sie erst richtig unerträglich. Daher gingen die vier jetzt nur noch nachts auf die Hundewiese, wenn niemand sonst mehr da war.
Und eine traurige Genugtuung: Rico, der damals ständig auf mich draufpissende Mischling des völlig Uninteressierten, hatte sich neulich überhaupt nicht abrufen lassen und dabei einen Autounfall verursacht. Er war über die Straße gelaufen, wurde angefahren und der Laster hatte sich im Ausweichen auch noch um einen Laternenpfahl gewickelt. Ich hatte da ja nur noch im Ohr: »Also ich hab meine Hunde im Griff, was deiner da macht, weiß ich ja nich, näää …« Wie man so hörte, war der Uninteressierte außerdem einer der besten Kumpels von Packo und Co, das passte dann ja. »Auf so einer Wiese geht es schlimmer zu als in der Kaffeeküche einer Firma!«, murmelte Mami leicht erschöpft im Weggehen.
Nachdem meine Geschlechtsreife nun erfolgreich abgeschlossen war, schrieb ich ganz gerne meine Kurznotizen überallhin … Nur dass dann auch alle Bescheid wussten! Es war so eine Art Post-it, die sind ja auch gelb … Weil ich aber nun keine Klebezettel zur Pfote hatte, benutzte ich einfach hausgemachte gelbe Tinte und schrieb emsig Steno auf zwei bis drei Beinen. Mama konnte alles zweifelsfrei lesen! Na ja, war ja auch sehr gut zu erkennen an der hellen Gardine und auf der weißen Tagesdecke …
Wie immer, wenn einer was zu sagen hatte, fiel dem anderen auch gleich was ein! Merlin, der fette Perser, hatte wohl schon vorher eine deutliche Neigung zum Bettnässen gehabt, was auch seine Adoption aus dem Tierheim erklärte. Der ließ sich das als »Pissnelke Numero uno« nun natürlich nicht nehmen, auch seinerseits die Post-its mal wieder rauszuholen! So kam es dann, dass Mami neulich ungelogen sieben verschiedene Klebenotizen auf ihrer weißen Tagesdecke vorfand. Sie konnte sich das Szenario gut vorstellen: Zwei Cowboys, zu allem entschlossen und quasi bis an die Zähne bewaffnet, trafen sich mit langsamen, breitbeinigen Stelzschritten High Noon auf der menschenleeren Mainstreet. Dann holten sie ohne Vorwarnung die Knarren raus und fingen an, sich gegenseitig jede Menge Post-its zu schreiben …! Leider konnte Mami nicht rausfinden, wer von uns nun damit jeweils angefangen hatte. Der postpubertäre Köter beim Männlichkeitsritual? Oder die eifersüchtige Perser, die ja schon längst ihre Kronjuwelen abgeliefert hatte und nun qualvoll fremdes Testosteron erschnüffeln musste? Sie hatte die fette Perser im Verdacht. Und dann käme nichts ahnend ich daher, läse das frische Post-it am Bett und dächte erfreut: »Ach, das darf man? Na, dann mal los, ich kann ja nun auch schon wieder …!« Unerfreulich fand Mami das, ganz und gar unerfreulich, wie da sieben Mal die Sonne auf dem Bett aufging …
Auf der Wiese trafen wir dann nachmittags das Herrchen von LouLou auf dem Fahrrad, allerdings solo. Mama erzählte entnervt die Geschichte von den pissenden Cowboys zu Hause. Und der Papa von LouLou erzählte die Gruselgeschichte von der Tierarztambulanz, den Tausenden-von-Euros-Rechnungen und den ewigen dann folgenden, fruchtlosen Diskussionen. Und schon fühlte Mami sich schäbigerweise mit ihren klebrigen, gelblichen Cowboys im Vergleich dazu schon wieder viel besser! Bei ihr war es ja nur die Tagesdecke voller Post-its, bei LouLou dagegen war es ein echtes Problem! Was war denn da nun wieder passiert …?
LouLou hatte schön gespielt mit Kessie. Kessie war ein extrem liebenswertes, etwas doof aussehendes und leider total übergewichtiges Labradormädchen. Man konnte förmlich dabei zuschauen, wie sie immer fetter wurde. Sie gehörte einem serbischen, jungen Pärchen und spielte da wohl das Baby … Er war wahnsinnig stolz auf sie, sie durfte nicht raufen und nicht mit so vielen Hunden gleichzeitig spielen. Er riss dann in Panik seine fette Kessie aus dem Knäuel, nahm sie an die kurze Leine mit sich und schleppte sie widerwillig aus dem schönen Spiel heraus. Ganz schnell nach Hause, an die heimische Pfanne, in Sicherheit! Verschiedentlich hatte er wohl mal erzählt, dass sie so teuer gewesen sein solle. Und dass sie eine reine Showlinie sei und zum Raufen einfach nicht gezüchtet. Und dass er nicht wolle, dass diese ganzen wilden Köter da sein schönes Juwel irgendwie kaputt machten! Die anderen Frauchen und Herrchen, von den ganzen wilden Kötern im Knäuel da, guckten in der Regel auf derlei Beiträge eher sparsam und sagten gar nichts. Vielleicht war das auch klüger so, dachte ich mir. Denn Besitzern von einem so dermaßen fetten Hund (den sie mit gebratenen Schweineschnitzeln mästeten, weil er das so gerne aß) und dessen Fettwallen beim Apportieren sichtbar auf und ab schwabbelten, musste man nicht mit so was wie Vernunft kommen … Mami hatte mal gesagt: »Sie hat ja schon auch – äh, sehr schwere Knochen für einen Labrador … Was sagt denn der Arzt zu ihrem Gewicht?« »Aaalläss prriiemaa! Arttzt ießt säähr zufrriieedäähn miieet iieehr! Aaallääss päärrfääckt!« Ich überlegte dann später, dass man dringend mal feststellen müsste, wie viel Dioptrien dieser Tierarzt eigentlich hatte. Ich vermutete nämlich, es waren um die acht Dioptrien, alleine schon in der Nahsicht! Der dachte wahrscheinlich die ganze Zeit über, er behandele dort ein kleineres Kalb – und keinen weiblichen Labrador! Uns anderen Hunden taten so verfettete Kumpels nur immer leid, denn wir wussten ja, wie labil unsere Gelenke oft waren. Und dass jedes glückliche Pfund Speck uns später sehr unglückliche Schmerzen in den Knochen machen konnte … Insbesondere dann, wenn wir eine Bulldogge, ein Labrador, ein Schäferhund oder ein Mops waren!
Paarlauf der Damen
Und nun war etwas wegen des kleinen Kalbs passiert. Sie hatten also zusammen gespielt und Labrador Kessie war ständig auf Akita LouLou obendrauf gewesen, die 32 Kilo wog. Diese 32 Kilo wollten die fette Kessie nun irgendwann entschlossen von sich runterschieben. Kessie hielt das für einen Spaß, machte sich schwer, was ihr sicherlich leichtfiel, (haha,) und schon machte es »kracks« und LouLous Schulter war nach hinten weggebrochen. Wer war schuld daran, das konnte man natürlich nicht sagen, wenn Hunde miteinander spielten! Tja, dann ging es los: LouLou schrie vor Schmerzen und Papa musste 32 Kilo weinenden Schlittenhund zwei Kilometer weit bei 40 Grad im Schatten nach Hause schleppen! Taxi holen, Ambulanz, Not-OP, hohe Kosten! Und dann gleich noch eine OP! Und dann eine Reha. Und Krankengymnastik und teure angepasste Bandagen. Und immer wieder Nachuntersuchungen und immer wieder Röntgen … Gebrochene Hundeschulter war in jedem Fall kein Geschenk und auch ganz bestimmt kein Spaß! Denn so ein Hund musste ja laufen, er konnte die Schulter also nicht mit angewinkeltem Arm eingipsen lassen und sich aufs Sofa legen! Es stellte sich nun heraus: Kessie wog 52 Kilogramm! Das war so ziemlich das Kampfgewicht eines ausgewachsenen Münsterländerrüden! Aber zahlen wollten die beiden stolzen Eltern des Mondkalbes trotzdem nichts zu den ganzen Operationen und den vielen teuren Instandsetzungsmaßnahmen: »Haatt jaa Kässieh nieechttss zuu LuuLuu gäämachkt, waass niieecchkt solltää maachkään!«
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